Verwaltungsgericht Schwerin Beschluss, 26. Aug. 2013 - 7 B 441/13

published on 26/08/2013 00:00
Verwaltungsgericht Schwerin Beschluss, 26. Aug. 2013 - 7 B 441/13
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Tenor

Der Antragsgegner wird im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, dem Antragsteller für die Bundestagswahl 2013 über die bereits erlaubten 17 Doppelplakattafeln im Format DIN A 1 hinaus das Anbringen weiterer 41 Wahlplakate in Gestalt von 20 Doppelplakattafeln und einem Einzelplakat im Format DIN A 1 an Lichtmastenanlagen im öffentlichen Verkehrsraum im C-Städter Stadtgebiet zu erlauben.

Der Antragsgegner trägt die Kosten des Verfahrens.

Der Streitwert wird auf 5.000 Euro festgesetzt.

Gründe

I.

1

Der Antragsteller erstrebt die Gestattung zur Aufstellung weiterer Wahlplakate zur Bundestagswahl 2013.

2

Er ist im Lande für die Durchführung des Wahlkampfes der politischen Partei zuständig, dessen Landesverband er ist und die durch die zuständigen Wahlausschüsse zur Bundestagswahl am 22. September 2013 mit ihrer Landesliste unter Nr. X und im Wahlkreis Nr. 012 (Schwerin – Ludwigslust-Parchim I – Nordwestmecklenburg I) unter Nr. X mit einem Kreiswahlbewerber zugelassen ist, und beabsichtigt die Anbringung von Wahlplakaten im Stadtgebiet von C-Stadt nebst weiteren Ortsteilen.

3

Der Antragsgegner veröffentlichte am 20. Juni 2013 im Internet auf dem städtischen Netzsitus www.stadtcstadt.de die Datei „Wahlbekanntmachung_Statistik.pdf“, deren Speicherort bei Mausberührung des Menüpunkts „Öff. BEKANNTMACHUNGEN“ über das Anklickfeld „BEKANNTMACHUNGEN“ als Verweisung erreichbar ist. Im städtischen Bekanntmachungsblatt gleichen Datums wies er auf die Veröffentlichung im Internet hin. Es handelt sich um ein Faksimile der mit Dienstsiegel der Stadt und Unterschrift des Antragsgegners versehenen „Allgemeinverfügung für die Stadt C-Stadt und deren Ortsteile D-Dorf, E-Dorf, F-Dorf, G-Dorf/H-Dorf zur Regelung der Werbung für die Bundestagswahl am 22. September 2013“. Diese war mit einer Rechtsbehelfsbelehrung versehen und wurde auf §§ 1, 13 und 16 des Sicherheits- und Ordnungsgesetzes – SOG M-V – gestützt. Auf die Einzelheiten des fünfseitigen Schriftstücks wird Bezug genommen.

4

Unter dem 10. Juli 2013 teilte der Antragsgegner mit Bezug auf den per E-Mail am 21. Juni 2013 eingegangenen vorsorglichen Antrag des Antragstellers auf Erlaubnis der Plakatwerbung vom 17. Juni 2013 diesem den Erlass der Allgemeinverfügung mit. Diese regelte u. a., dass der Partei des Antragstellers an Lichtmastenanlagen im Stadtgebiet 17 Plakatanschlagstellen für Doppelplakate im Format DIN A 1 zur Verfügung gestellt werden.

5

Als der Antragsteller sich mit Anwaltsschreiben vom 17. August 2013 gegen das Schreiben vom 10. Juli 2013 wandte, geltend machte, ihm seien nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts – BVerwG – mehr Plakatanschlagstellen zur Verfügung zu stellen, und unter Fristsetzung eine Sondernutzungserlaubnis zum Anbringen weiterer 122 [einzelner] Wahlplakate beantragte, erwiderte der Antragsgegner unter dem 20. August 2013, sein Schreiben sei kein Bescheid, sondern habe nur auf die — mittlerweile bestandskräftige — Allgemeinverfügung hingewiesen. Diese ermögliche eine angemessene Wahlwerbung nach den Grundsätzen der „abgestuften Chancengleichheit“.

6

Am 23. August 2013 hat der Antragsteller sich wegen einstweiligen Rechtsschutzes an das Gericht gewandt. Er rügt, dass der Antragsgegner ihm — nach Maßgabe in der Rechtsprechung befürworteter Berechnungsweisen — keine hinreichende Anzahl von Plakat-Anbringungsorten in C-Stadt und den weiteren Ortsteilen der Stadt zugestehe, und beantragt schriftsätzlich sinngemäß,

7

den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung anzuweisen,

8

dem Antragsteller für die Bundestagswahl 2013 über die erteilte Sondernutzungserlaubnis hinaus das Anbringen weiterer 41 Plakattafeln im Format DIN A 1 im C-Städter Stadtgebiet zu erlauben,

9

hilfsweise ihn hinsichtlich der Aufstellung von Plakaten neu zu bescheiden.

10

Der Antragsgegner beantragt schriftsätzlich sinngemäß,

11

den Antrag abzulehnen,

12

da seinem Erfolg die Bestandskraft der — für alle Parteien geltenden — Allgemeinverfügung entgegenstehe. Diese sei im Übrigen auch inhaltlich nicht zu beanstanden.

13

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

II.

14

Der Eilantrag nach § 123 Abs. 1 Satz 2 der VerwaltungsgerichtsordnungVwGO – ist zulässig und begründet.

15

Nach dieser Vorschrift kann das Gericht, auch schon vor Klageerhebung, auf Antrag einen vorläufigen Zustand in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis regeln, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint. Dabei hat der Antragsteller sowohl die Notwendigkeit einer vorläufigen Regelung (Anordnungsgrund) als auch das Bestehen einer vorläufigen Schutzes bedürftigen eigenen Rechtsposition glaubhaft zu machen. Die Anforderungen hieran sind gesteigert, wenn, wie im Streitfall, mit dem Erlass der beantragten einstweiligen Anordnung die Hauptsacheentscheidung vorweggenommen wird, d. h. der Antragsteller so gestellt wird, als ob er mit einer inhaltsgleichen Klage rechtskräftig Erfolg hätte. Im Eilverfahren ist eine solche Entscheidung ausnahmsweise aus verfassungsrechtlichen Gründen zulässig, wenn etwa die Erfolgsaussichten in der Hauptsache erkennbar hoch sind und ferner dem Antragsteller sonst kein effektiver gerichtlicher Rechtsschutz möglich ist, weil die Versagung der Anordnung zu einem irreparablen Zustand unter für den Antragsteller unerträglichen rechtlichen Einbußen führte. Letzteres ist wegen des drohenden Zeitablaufs regelmäßig der Fall, wenn, wie im Streitfall, eine politische Partei unmittelbar vor einer Wahl die Verbesserung ihrer Werbemöglichkeiten erstrebt (vgl. die Beschlüsse des Oberverwaltungsgerichts für das Land Mecklenburg-Vorpommern – OVG M-V – vom 23. August 2011 – 1 M 145/11 –, juris Rdnr. 9, und des Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgerichts vom 23. Mai 2013 – 3 B 52/13 –, juris Rdnr. 6 m. w. Nachw.), und vorliegend zu bejahen.

16

Auch der notwendige Anordnungsanspruch steht dem Antragsteller zur Seite.

17

Das Anbringen von Plakaten für Wahlwerbezwecke im öffentlichen Verkehrsraum ist nach § 22 des Straßen- und Wegegesetzes bzw. § 8 des Fernstraßengesetzes zulässigerweise (s. den Beschluss des BVerwG vom 18. März 1971 – VII B 18.71 –, bei Buchholz Nr. 27 zu Art. 5 des Grundgesetzes [11]) als Sondernutzung erlaubnispflichtig; soweit der Antragsgegner zuständig ist, regelt die städtische Sondernutzungs- und Sondernutzungsgebührensatzung vom XX. I-Monat 2001, dass Sondernutzungen für die Tätigkeit von politischen Parteien, wie auch die Erlaubniserteilung, jedenfalls bei rechtzeitiger Antragstellung gebührenfrei, vor ihrer Aufnahme aber einzelfallbezogen zu erlauben sind (§ 6 Abs. 1 Buchst. d und Abs. 3, § 3 Abs. 1 und 2 sowie Abs. 3 UAbs. 1).

18

Bundesverfassungsrecht begrenzt (unabhängig vom verfassungs- und parteienrechtlichen Gleichbehandlungsanspruch) das Ermessen bei der Entscheidung über Anträge auf Erteilung von Sondernutzungserlaubnissen dahingehend, dass — jedenfalls im Regelfall — eine Wahlsichtwerbung auf öffentlichen Straßen zu ermöglichen ist. Dies ist eine Auswirkung der Bedeutung von Wahlen für einen demokratischen Staat und der Bedeutung der Parteien für solche Wahlen. Die Sichtwerbung für Wahlen ist — ebenso wie die Wahlwerbung im Rundfunk — ein wichtiger Bestandteil der Wahlvorbereitung in der heutigen Demokratie und darf, als gewissermaßen selbstverständliches Wahlkampfmittel, daher durch gänzliche oder auch nur weitgehende Verweigerung vorgesehener Erlaubnisse grundsätzlich nicht beschnitten werden (BVerwG, Urteil vom 13. Dezember 1974 – VII C 42.72 –, amtliche Entscheidungssammlung BVerwGE Bd. 47, S. 280 [283 f.]).

19

Entsprechend genehmigte bereits mit „Erlass“ vom 17. August 1994 (AmtsBl. M-V S. 899) der Wirtschaftsminister im Einvernehmen mit dem Innenminister allgemein und dauerhaft jeweils für die Zeitspanne von drei Monaten unmittelbar vor u. a. Bundestagswahlen eine nicht verkehrsbehindernde Plakatwerbung der Wahlbewerber und erteilte hierfür bezogen auf Bundes- und Landesstraßen straßenverkehrsrechtliche Ausnahmegenehmigungen und straßenrechtliche Sondernutzungserlaubnisse.

20

Auch der Antragsgegner genehmigte mit seiner Allgemeinverfügung vom 20. Juni 2013 die mit der Anbringung von Wahlplakaten jeweils verbundene Sondernutzung an den Gemeindestraßen sowie den Ortsdurchfahrten von Bundes- und Landesstraßen. Dies ist in der Allgemeinverfügung, auch bei Heranziehung der dort zitierten Rechtsquellen, zwar nicht ausdrücklich ausgesprochen, in deren Präambel heißt es jedoch, die Allgemeinverfügung zur Regelung der Wahlwerbung ergehe, „um eine Vielzahl an Nachfragen und Einzel-Sondernutzungsgenehmigungen zu vermeiden“; dieser Passus beinhaltet bei sachgerechter Auslegung die jeweilige Erlaubniserteilung, so dass auch der Antragsteller, unter zusätzlicher Würdigung des Schreibens vom 10. Juli 2013, zutreffend zu dem Schluss kam, dass ihm die Anbringung von 34 Plakaten (als an 17 Standorten beidseitig von Lichtmasten anzubringenden Doppelplakaten) bereits erlaubt wurde.

21

Die Allgemeinverfügung, die sich ausdrücklich lediglich auf polizeiliche Generalklauseln des SOG M-V stützt, konkretisiert nach ihrem Inhalt einige Schranken, innerhalb derer zur Wahrung anderer schützenswerter Rechtsgüter die durch Bundesrecht bewirkte Ermessensverdichtung auf Erteilung von Sondernutzungserlaubnissen anzuerkennen ist (vgl. BVerwG, a. a. O., S. 284 f.). In der Rechtsprechung ist anerkannt, dass eine Gemeinde den Wünschen der Wahlbewerber auf Wahlsichtwerbung nicht unbeschränkt nachzukommen braucht. In welcher Weise sie dem verfassungsrechtlichen Gebot auf Einräumung von Gelegenheiten hierzu in einem für die Selbstdarstellung der jeweiligen Partei notwendigen und angemessenen Umfang Rechnung trägt, ist ihre Sache. Insbesondere ist sie nicht durch Bundesrecht gehindert, die Straßen während eines angemessenen Zeitraums für freies Plakatieren nur mit bestimmten Auflagen freizugeben, etwa zur Gewährleistung der Verkehrssicherheit, zur Wahrung des Ortsbildes, zur Vermeidung von Verschmutzungen des Straßenraums durch „wildes Plakatieren“ und nicht wieder abgenommene Plakate oder zur Wahrung der Chancengleichheit der Wahlbewerber. Ebenso darf sie selbst Plakatflächen in notwendigerweise beschränktem Umfang zur Verfügung stellen. Es muss aber immer sichergestellt sein, dass die Parteien angemessene und wirksame Wahlwerbemöglichkeiten haben (vgl. die Nachweise in den Beschlüssen des OVG M-V, a. a. O., Rdnr. 16, und des Verwaltungsgerichts des Saarlandes vom 16. April 2009 – 10 L 248/09 –, juris Rdnr. 24).

22

Die Allgemeinverfügung des Antragsgegners vom 20. Juni 2013 erscheint der Kammer bei summarischer Prüfung als formell nicht zu beanstanden, was ihre Geeignetheit zur formellen Bestandskraft betrifft. Insbesondere ist der Antragsgegner im Sinne von § 37 Abs. 3 Satz 1 des Landesverwaltungsverfahrensgesetzes – VwVfG M-V – als Erlassbehörde jedenfalls durch den Zusatz zu der wiedergegebenen Unterschrift erkennbar. Die öffentliche Bekanntgabe der Allgemeinverfügung war nach § 41 Abs. 3 Satz 2 VwVfG M-V statthaft. Die hierzu erforderliche öffentliche Bekanntmachung entsprach, was die Veröffentlichung im Internet betrifft, der Regelung in § 12 Abs. 1 Satz 1 der mit Satzung vom X. J-Monat 2013 jedenfalls zuletzt geänderten städtischen Hauptsatzung; die gemeindliche Regelungsbefugnis für diese Formalien ergab sich aus § 5 Abs. 4 Satz 3 der Kommunalverfassung – KV M-V –, und der Regelungsinhalt entspricht dem in §§ 8 f. der Durchführungsverordnung zur Kommunalverfassung aufgrund von § 174 Abs. 1 Nr. 2 KV M-V für gemeindliche Satzungen Vorgeschriebenen. Da die Allgemeinverfügung auch mit einer zutreffenden Rechtsbehelfsbelehrung versehen war, dürfte sie im Verhältnis zum Antragsteller formell bestandskräftig geworden sein; denn ein Widerspruch des Antragstellers ist nicht ersichtlich, obgleich gerade dieser durch das Schreiben vom 10. Juli 2013 veranlasst wurde, die Allgemeinverfügung und die etwaige Einlegung von Rechtsbehelfen zu prüfen.

23

Gleichwohl gestaltet die Allgemeinverfügung des Antragsgegners nicht das Verwaltungsrechtsverhältnis zwischen den Beteiligten, was die in ihr geregelte und für den Streitfall wesentliche Anzahl der zulässigen Wahlplakate des Formats bis zu DIN A 1 betrifft (Die Aufstellung großformatiger Werbetafeln behält sie unter Punkt 1.4. der Regelung in gesonderten Sondernutzungserlaubnisverfahren vor.).

24

Als wirksam und bestandskräftig sieht die Kammer in diesem Zusammenhang die Regelungen über den Zeitraum der Plakatwahlwerbung (Punkt 1.1.) an, ferner über die von der Stadt zur Verfügung gestellten 250 Aufhängeorte in der Gestalt mit grünen Banderolen gekennzeichneter Lichtmasten an sieben aufgezählten Ortsdurchfahrten von Bundesstraßen sowie über das Freihalten der Straßenzüge K-Straße, L-Straße, M-Straße, N-Straße, O-Straße und P-Straße aus Gründen des Denkmalschutzes (Punkt 1.2.), über die weiteren Einzelheiten der Anbringung von Wahlplakaten (Punkt 1.3.), insbesondere auch die Notwendigkeit, sie (nach Punkt 1.3. Nr. 2 Satz 2 und Nr. 3 der Allgemeinverfügung) ausschließlich paarweise („Rücken an Rücken“) an nicht kunststoffummantelten Lichtmasten aufzuhängen, sowie die Androhung der Ersatzvornahme und die Regelung einer Sicherheitsleistung.

25

Wegen der Beschränkung der Gesamtzahl der Plakate und deren Aufteilung auf Parteien (Präliminarien und Tabelle unter Punkt 1.2.) ist die Allgemeinverfügung dagegen teilweise unwirksam. Die vorgenommene Beschränkung der durch Sondernutzungserlaubnisse zu fördernden Wahlwerbefreiheit in Gestalt eines numerus clausus mit korrespondierender Verteilungsentscheidung ist nicht haltbar. Die Allgemeinverfügung ist, bezogen auf diesen abtrennbaren Teil ihrer Regelungen, nach § 43 Abs. 3 VwVfG M-V unwirksam, weil sie insoweit gemäß § 44 Abs. 1 VwVfG M-V nichtig ist. Sie leidet nämlich an einem besonders schwerwiegenden Fehler, was auch bei verständiger Würdigung aller in Betracht kommenden Umstände offenkundig ist.

26

Die Allgemeinverfügung unternahm es, auf dem Gebiet der Stadt die Plakatwerbung zur bevorstehenden Bundestagswahl (außerhalb der Nutzung von Großwerbeanlagen) auf insgesamt 500 an Lichtmastanlagen aufzuhängende Doppelplakate im Format bis zu DIN A 1 zu beschränken. Dies mag bei dem in 15 Wahlbezirke zzgl. zweier Briefwahlbezirke eingeteilten Stadtgebiet mit wenigen überschaubaren Siedlungskernen vielleicht noch angehen (vgl. die Beschlüsse des OVG M-V vom 23. August 2011 – 1 M 146/11 – und vom 24. August 2011 – 1 M 127/11 –, juris Rdnr. 32 ff. bzw. 27 ff.), denn die Beschränkung wurde (wohl) unbeschadet der genannten Regelung des Wirtschaftsministers von 1994 verfügt, die für den Straßenraum der zahlreichen vorhandenen außerörtlichen Fernverkehrsverbindungen gilt. Zur Nutzung der (an den Ortsdurchfahrten der Bundesstraßen einzeln gekennzeichnet) von der Stadt kostenlos zur Verfügung gestellten Aufhängeorte an Laternenmasten wollte der Antragsgegner dabei laut der Allgemeinverfügung „Parteien, Wählergemeinschaften bzw. Einzelbewerber“ in unterschiedlichem Umfang zulassen. Bei der Verteilung der Gesamtzahl der zulässigen Doppelplakate wollte er die Grundsätze der abgestuften Chancengleichheit nach § 5 Abs. 1 des Parteiengesetzes unter Heranziehung des Ergebnisses der Bundestagswahl 2009 als „Abwägungskriteriums“ anwenden. Hierbei unterliefen dem Antragsgegner jedoch mehrere, den Sinn der getroffenen Regelungen durchgreifend in Frage stellende Gestaltungsfehler, mit denen eine Anwendung seiner Beschränkungs- und Verteilungsentscheidung, zumal angesichts des hierzu verlautbarten Regelungswillens, offensichtlich untragbar wäre:

27

Zum Ausgleich von Benachteiligungen der kleinsten Wahlvorschlagsträger sollte jedem von ihnen ein „Sockelbetrag“ von 3 % der Aufhängeorte, also jeweils 15 Stellen für die Anbringung von Doppelplakaten, zur Verfügung gestellt werden. Da der Antragsgegner für seine Verteilungsentscheidung jedoch erkennbar ausschließlich die bundesweiten, auf eine Stelle hinter dem Komma gerundeten prozentualen Zweitstimmen-Anteile der Parteien und Wählervereinigungen nach dem endgültigen Ergebnis der Bundestagswahl von 2009 heranzog (wie sie der Bundeswahlleiter auf seinem Netzsitus nach wie vor öffentlich zugänglich hält), konnte diesem Unterfangen kein Erfolg zuteil werden. Denn von den 26 von der Verteilungsentscheidung Begünstigten standen bei der Bundestagswahl 2009 (im damaligen Wahlkreis Nr. 013 — Schwerin – Ludwigslust) nur neun zur Wahl und werden bei der kommenden Bundestagswahl wiederum nur neun Wahlvorschlagsträger antreten (s. die vom Bundeswahlleiter veröffentlichten Reihenfolgen der Kreiswahlvorschläge und Landeslisten auf den Stimmzetteln innerhalb der Bundesländer von 2009 und, veröffentlicht mit einer Pressemitteilung vom 12. August 2013, von 2013; s. ferner die Bekanntmachung der zugelassenen Landeslisten durch die Landeswahlleiterin vom 1. August 2013, AmtsBl. M-V S. 591, und die Bekanntmachung der zugelassenen Kreiswahlvorschläge durch den Kreiswahlleiter vom 5. August 2013 mit Berichtigung vom 7. August 2013). Hiernach werden 17 „Sockelbeträge“, d. h. siebzehnmal 15 und somit insgesamt 255 Plakataufhängeorte und mehr als die Hälfte des gesamten zu „bewirtschaftenden“ numerus clausus, an Begünstigte verteilt, deren Einbeziehung in die Verteilungsentscheidung nicht ernsthaft in Betracht zu ziehen war, da das Publikum im Wirkbereich der hiermit ermöglichten Wahlwerbung im Wesentlichen zu einer Stimmabgabe in deren Sinne nicht in der Lage sein wird. Wenn auch angesichts der touristischen Bedeutung der Stadt C-Stadt nicht auszuschließen ist, dass die zulässigen 15 Doppelplakate etwa der Bayernpartei (BP) von vereinzelten zu deren Gunsten stimmberechtigten Bürgern aus den Regionen wahrgenommen werden könnten, in denen die Bayernpartei zur Bundestagswahl antritt, ist es gleichwohl vollkommen lebensfremd, dieser und vergleichbaren, nur auswärts agierenden Wahlbewerbern mit der Absicht, eine Chancengleichheit unter den Parteien zu wahren, beachtliche Anteile und insgesamt den überwiegenden Teil der Möglichkeiten zur Wahlsichtwerbung zuzuwenden. Besonders augenfällig ist der Missgriff auch bei der 2009 noch angetretenen Vereinigung Freie Wähler Deutschland (FWD), die bundesweit ein Ergebnis von 11.243 Zweitstimmen (0,0 %) erreichte und vom Bundeswahlausschuss am 4. Juli 2013 nicht erneut als Partei anerkannt wurde (s. den Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 23. Juli 2013 – 2 BvC 9/13 –, www.bundesverfassungsgericht.de). Diese unter Gleichheitsgesichtspunkten schon nicht mehr vertretbare Begünstigungsentscheidung ging zudem mit einer ebenso offensichtlich fehlsamen Benachteiligung der an der kommenden Wahl tatsächlich teilnehmenden Wahlvorschlagsträger einher. Denn die Allgemeinverfügung gesteht sowohl den drei erstmals zur Wahl zugelassenen Landeslisten (Alternative für Deutschland [AfD], Bürgerbewegung pro Deutschland [pro Deutschland] und FREIE WÄHLER Mecklenburg-Vorpommern [FREIE WÄHLER]) als auch den zwei im Wahlkreis Nr. 012 antretenden Einzelkandidaten (A... und F...) keinerlei Möglichkeit der Wahlsichtwerbung mit Plakaten im Format bis DIN A 1 zu — sowohl neue Wahlvorschläge als auch solche, die nicht anhand eines (früheren oder zu erwartenden) Zweitstimmenergebnisses bewertet werden können (von den Erststimmen wurden 2009 „immerhin“ 0,3 % an „Freie Union“ und „Übrige“ vergeben), „passen“ augenfällig nicht zu dem vom Antragsgegner gleichwohl gewählten Verteilungsmaßstab. Dieser ist daher evident ungeeignet.

28

Die Problematik setzt sich fort bei der am prozentualen Wahlergebnis 2009 orientierten Verteilung der über den „Sockelbetrag“ hinausgehenden 110 Plakatanbringungsmöglichkeiten. Diese wurden unter den neun 2009 erfolgreichsten Wahlbewerbern verteilt, d. h. offenbar denen, die mehr als 0,3 % der Zweitstimmen erreichten. Dabei entfielen bei dem kleinsten von ihnen (DIE REPUBLIKANER [REP]) rechnerisch zweieinhalb Plakatierungsmöglichkeiten auf einen Prozentpunkt, während es bei der Liste der Piratenpartei Deutschland (PIRATEN), die 2009 2,0 % erreichte, eine ist; die Werte der übrigen Parteien liegen — ohne feste Ordnung — dazwischen. Problematisch erscheint hauptsächlich wiederum der fehlende Bezug der Verteilungsentscheidung zu den Gegebenheiten des Wahlkreises. Das Gebiet des früheren Wahlkreises Nr. 013 gehört jetzt insgesamt zum Wahlkreis Nr. 012. Im Wahlkreis Nr. 013 wichen die (ebenfalls noch vom Bundeswahlleiter elektronisch veröffentlichten) Prozentanteile der angetretenen Landeslisten durchaus erheblich vom bundesweiten Zweitstimmenergebnis ab. So stand etwa bei der Liste DIE LINKE ein Wahlkreisergebnis von 27,5 % einem Bundesergebnis von nur 11,9 %, bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN dagegen ein Wahlkreisergebnis von 5,8 % einem Bundesergebnis von 10,7 % und bei der Freien Demokratischen Partei (FDP) ein Wahlkreisergebnis von 9,6 % einem bundesweiten Ergebnis von 14,6 % gegenüber. Derlei Spezifika muss eine das örtliche Wahlvolk ansprechende Wahlwerbung berücksichtigen und hätte auch die Allgemeinverfügung nicht außer Acht lassen dürfen, die eine an den Wahlchancen und der Bedeutung der Wahlbewerber orientierte Verteilung der Wahlwerbemöglichkeiten unternimmt.

29

Schließlich fehlt es auch an jeder Berücksichtigung der unterschiedlichen Ergebnisse der Wahlbewerber, was die Verteilung der Erst- und der Zweitstimmen, nicht nur im Wahlkreis, angeht. Erstere sind zwar mit letzteren zu verrechnen und werden daher allgemein für weniger bedeutend gehalten; die letzte Bundestagswahl führte allerdings zu einer besonders hohen Zahl von Überhangmandaten (auch aus Mecklenburg-Vorpommern), die Bestandteil des Wahlerfolgs des begünstigten Wahlbewerbungsträgers sind.

30

Wenn zudem auch, gemäß dem Beschluss des OVG M-V vom 24. August 2011 – 1 M 127/11 – (juris Rdnr. 25), wegen der Einheitlichkeit der Wahl eine Berücksichtigung des Umstands, ob im Wahlkreis nicht nur die Landesliste, sondern auch ein Direktkandidat zur Wahl steht, nicht zwingend sein mag, so vermisst die Kammer umgekehrt jedoch, wie gesagt, die „Einpassung“ der allein auf Erststimmen angewiesenen, nicht listengebundenen Direktkandidaten in das Verteilungssystem.

31

Dieses ist hiernach offenkundig gescheitert, und zwar wegen der untrennbaren Verbundenheit der Regelungsbestandteile sowohl hinsichtlich des den einzelnen Bewerbern zugewiesenen Anteils an den zur Verfügung gestellten Plakatiermöglichkeiten, als auch hinsichtlich deren Gesamtzahl, die bei einer hinreichenden Berücksichtigung der genannten, sich aufdrängenden Gesichtspunkte für eine neue Zuteilungsentscheidung möglicherweise auch anders bestimmt werden müsste.

32

Mangels einer derzeit wirksamen Beschränkung des genannten bundesrechtlichen Anspruchs auf eine der Bedeutung der Wahlwerbung gerecht werdende Ermessensausübung bei der Erlaubnis von Sondernutzungen kann der Antragsteller daher vom Antragsgegner die im Antrag genannte Zahl von Erlaubnissen verlangen; seine Partei ist, soweit ersichtlich, gegenwärtig die einzige Wahlbewerbungsträgerin, die weitere Wahlwerbemöglichkeiten beansprucht, und solche stehen auch nach der vom Antragsgegner beabsichtigten Verteilungsentscheidung noch unproblematisch in hinreichender Zahl zur Verfügung. Die Zahl der vom Antragsteller beantragten und hiermit zugesprochenen Plakate hat die Kammer aus dem Zusammenhang der Antragsschrift bestimmt, in der bei der ausführlichen Darstellung der von der Rechtsprechung als angemessen erachteten Wahlsichtwerbungsmöglichkeiten sowie bei der Angabe, dem Antragsteller seien 34 Plakate erlaubt, mit Einzelplakaten gerechnet worden ist. Gemäß der bezeichneten, wirksamen Beschränkung der Anbringungsmöglichkeiten durch den Antragsgegner sind die Plakate beidseitig einsehbar an „Doppelstandorten“ aufzuhängen; das verbleibende 41. Plakat kann — da der Antragsteller die Einbuße an Werbewirksamkeit seiner örtlichen Wahlkampagne offenbar hinnehmen will — unter unschädlicher Durchbrechung der Ordnungsvorschrift auch einzeln aufgehängt werden.

33

Die Kostenentscheidung zum Nachteil des unterliegenden Antragsgegners beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.

34

Der Wertfestsetzung für die Gerichtsgebühren liegen § 63 Abs. 2 Satz 1 und § 52 Abs. 2 und 7 in Verbindung mit § 53 Abs. 2 Nr. 1 des Gerichtskostengesetzes zugrunde.

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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

(1) Auf Antrag kann das Gericht, auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, daß durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Ant
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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

(1) Auf Antrag kann das Gericht, auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, daß durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Ant
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published on 24/08/2011 00:00

Tenor Die Beschwerde der Antragstellerin wird zurückgewiesen. Die Antragstellerin trägt auch die Kosten des Beschwerdeverfahrens. Der Streitwert wird für das Beschwerdeverfahren auf 5.000,- EUR festgesetzt. Gründe I. 1 Die Beteiligten
published on 23/08/2011 00:00

Tenor Die Beschwerde des Antragstellers wird zurückgewiesen. Der Antragsteller trägt auch die Kosten des Beschwerdeverfahrens. Der Streitwert wird für das Beschwerdeverfahren auf 5.000,- EUR festgesetzt. Gründe I. 1 Die Beteiligten st
published on 23/08/2011 00:00

Tenor Auf die Beschwerde des Antragstellers wird der Antragsgegner unter Abänderung des Beschlusses des Verwaltungsgerichts Greifswald vom 29. Juli 2011 – 6 B 726/11 – zu Ziffer 1. des Tenors im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, dem A
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Annotations

(1) Auf Antrag kann das Gericht, auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, daß durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint.

(2) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen ist das Gericht der Hauptsache zuständig. Dies ist das Gericht des ersten Rechtszugs und, wenn die Hauptsache im Berufungsverfahren anhängig ist, das Berufungsgericht. § 80 Abs. 8 ist entsprechend anzuwenden.

(3) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen gelten §§ 920, 921, 923, 926, 928 bis 932, 938, 939, 941 und 945 der Zivilprozeßordnung entsprechend.

(4) Das Gericht entscheidet durch Beschluß.

(5) Die Vorschriften der Absätze 1 bis 3 gelten nicht für die Fälle der §§ 80 und 80a.

(1) Ein Verwaltungsakt ist demjenigen Beteiligten bekannt zu geben, für den er bestimmt ist oder der von ihm betroffen wird. Ist ein Bevollmächtigter bestellt, so kann die Bekanntgabe ihm gegenüber vorgenommen werden.

(2) Ein schriftlicher Verwaltungsakt, der im Inland durch die Post übermittelt wird, gilt am dritten Tag nach der Aufgabe zur Post als bekannt gegeben. Ein Verwaltungsakt, der im Inland oder in das Ausland elektronisch übermittelt wird, gilt am dritten Tag nach der Absendung als bekannt gegeben. Dies gilt nicht, wenn der Verwaltungsakt nicht oder zu einem späteren Zeitpunkt zugegangen ist; im Zweifel hat die Behörde den Zugang des Verwaltungsaktes und den Zeitpunkt des Zugangs nachzuweisen.

(2a) Mit Einwilligung des Beteiligten kann ein elektronischer Verwaltungsakt dadurch bekannt gegeben werden, dass er vom Beteiligten oder von seinem Bevollmächtigten über öffentlich zugängliche Netze abgerufen wird. Die Behörde hat zu gewährleisten, dass der Abruf nur nach Authentifizierung der berechtigten Person möglich ist und der elektronische Verwaltungsakt von ihr gespeichert werden kann. Der Verwaltungsakt gilt am Tag nach dem Abruf als bekannt gegeben. Wird der Verwaltungsakt nicht innerhalb von zehn Tagen nach Absendung einer Benachrichtigung über die Bereitstellung abgerufen, wird diese beendet. In diesem Fall ist die Bekanntgabe nicht bewirkt; die Möglichkeit einer erneuten Bereitstellung zum Abruf oder der Bekanntgabe auf andere Weise bleibt unberührt.

(3) Ein Verwaltungsakt darf öffentlich bekannt gegeben werden, wenn dies durch Rechtsvorschrift zugelassen ist. Eine Allgemeinverfügung darf auch dann öffentlich bekannt gegeben werden, wenn eine Bekanntgabe an die Beteiligten untunlich ist.

(4) Die öffentliche Bekanntgabe eines schriftlichen oder elektronischen Verwaltungsaktes wird dadurch bewirkt, dass sein verfügender Teil ortsüblich bekannt gemacht wird. In der ortsüblichen Bekanntmachung ist anzugeben, wo der Verwaltungsakt und seine Begründung eingesehen werden können. Der Verwaltungsakt gilt zwei Wochen nach der ortsüblichen Bekanntmachung als bekannt gegeben. In einer Allgemeinverfügung kann ein hiervon abweichender Tag, jedoch frühestens der auf die Bekanntmachung folgende Tag bestimmt werden.

(5) Vorschriften über die Bekanntgabe eines Verwaltungsaktes mittels Zustellung bleiben unberührt.

(1) Ein Verwaltungsakt wird gegenüber demjenigen, für den er bestimmt ist oder der von ihm betroffen wird, in dem Zeitpunkt wirksam, in dem er ihm bekannt gegeben wird. Der Verwaltungsakt wird mit dem Inhalt wirksam, mit dem er bekannt gegeben wird.

(2) Ein Verwaltungsakt bleibt wirksam, solange und soweit er nicht zurückgenommen, widerrufen, anderweitig aufgehoben oder durch Zeitablauf oder auf andere Weise erledigt ist.

(3) Ein nichtiger Verwaltungsakt ist unwirksam.

(1) Ein Verwaltungsakt ist nichtig, soweit er an einem besonders schwerwiegenden Fehler leidet und dies bei verständiger Würdigung aller in Betracht kommenden Umstände offensichtlich ist.

(2) Ohne Rücksicht auf das Vorliegen der Voraussetzungen des Absatzes 1 ist ein Verwaltungsakt nichtig,

1.
der schriftlich oder elektronisch erlassen worden ist, die erlassende Behörde aber nicht erkennen lässt;
2.
der nach einer Rechtsvorschrift nur durch die Aushändigung einer Urkunde erlassen werden kann, aber dieser Form nicht genügt;
3.
den eine Behörde außerhalb ihrer durch § 3 Abs. 1 Nr. 1 begründeten Zuständigkeit erlassen hat, ohne dazu ermächtigt zu sein;
4.
den aus tatsächlichen Gründen niemand ausführen kann;
5.
der die Begehung einer rechtswidrigen Tat verlangt, die einen Straf- oder Bußgeldtatbestand verwirklicht;
6.
der gegen die guten Sitten verstößt.

(3) Ein Verwaltungsakt ist nicht schon deshalb nichtig, weil

1.
Vorschriften über die örtliche Zuständigkeit nicht eingehalten worden sind, außer wenn ein Fall des Absatzes 2 Nr. 3 vorliegt;
2.
eine nach § 20 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 bis 6 ausgeschlossene Person mitgewirkt hat;
3.
ein durch Rechtsvorschrift zur Mitwirkung berufener Ausschuss den für den Erlass des Verwaltungsaktes vorgeschriebenen Beschluss nicht gefasst hat oder nicht beschlussfähig war;
4.
die nach einer Rechtsvorschrift erforderliche Mitwirkung einer anderen Behörde unterblieben ist.

(4) Betrifft die Nichtigkeit nur einen Teil des Verwaltungsaktes, so ist er im Ganzen nichtig, wenn der nichtige Teil so wesentlich ist, dass die Behörde den Verwaltungsakt ohne den nichtigen Teil nicht erlassen hätte.

(5) Die Behörde kann die Nichtigkeit jederzeit von Amts wegen feststellen; auf Antrag ist sie festzustellen, wenn der Antragsteller hieran ein berechtigtes Interesse hat.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 3 der Zivilprozessordnung:

1.
über die Anordnung eines Arrests, zur Erwirkung eines Europäischen Beschlusses zur vorläufigen Kontenpfändung, wenn keine Festgebühren bestimmt sind, und auf Erlass einer einstweiligen Verfügung sowie im Verfahren über die Aufhebung, den Widerruf oder die Abänderung der genannten Entscheidungen,
2.
über den Antrag auf Zulassung der Vollziehung einer vorläufigen oder sichernden Maßnahme des Schiedsgerichts,
3.
auf Aufhebung oder Abänderung einer Entscheidung auf Zulassung der Vollziehung (§ 1041 der Zivilprozessordnung),
4.
nach § 47 Absatz 5 des Energiewirtschaftsgesetzes über gerügte Rechtsverletzungen, der Wert beträgt höchstens 100 000 Euro, und
5.
nach § 148 Absatz 1 und 2 des Aktiengesetzes; er darf jedoch ein Zehntel des Grundkapitals oder Stammkapitals des übertragenden oder formwechselnden Rechtsträgers oder, falls der übertragende oder formwechselnde Rechtsträger ein Grundkapital oder Stammkapital nicht hat, ein Zehntel des Vermögens dieses Rechtsträgers, höchstens jedoch 500 000 Euro, nur insoweit übersteigen, als die Bedeutung der Sache für die Parteien höher zu bewerten ist.

(2) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 52 Absatz 1 und 2:

1.
über einen Antrag auf Erlass, Abänderung oder Aufhebung einer einstweiligen Anordnung nach § 123 der Verwaltungsgerichtsordnung oder § 114 der Finanzgerichtsordnung,
2.
nach § 47 Absatz 6, § 80 Absatz 5 bis 8, § 80a Absatz 3 oder § 80b Absatz 2 und 3 der Verwaltungsgerichtsordnung,
3.
nach § 69 Absatz 3, 5 der Finanzgerichtsordnung,
4.
nach § 86b des Sozialgerichtsgesetzes und
5.
nach § 50 Absatz 3 bis 5 des Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetzes.