Verwaltungsgericht Schwerin Urteil, 29. März 2016 - 5 A 2716/15 As SN
Tenor
Die Klage wird als offensichtlich unbegründet abgewiesen.
Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens als Gesamtschuldner.
Gerichtskosten werden nicht erhoben.
Tatbestand
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Die Kläger sind Staatsangehörige von Albanien. Sie reisten eigenen Angaben zufolge am 5. Mai 2015 über Italien und Österreich auf dem Landweg in die Bundesrepublik Deutschland ein und beantragten am 9. Juni 2015 ihre Anerkennung als Asylberechtigte. Die Beklagte hörte die Kläger zu 1. und 2. am 18. Juni 2015 persönlich zu ihren Asylgründen an. Sie trugen im Wesentlichen zur Begründung vor, sie seien wegen eines Grundstücksstreits aus Albanien ausgereist. Sie hätten in Albanien ein Grundstück von den Eltern des Klägers zu 1. geerbt. Auf dem Nachbargrundstück sei eine Steinmühle errichtet worden, hierdurch sei auch ihr Grundstück betroffen. Der Nachbar sei zur Rede gestellt worden und habe sich auch entschuldigt, eine Entschädigung habe er jedoch nicht zahlen wollen. Der Nachbar habe viel Macht und eine Rechtsanwältin habe sie dahingehend beraten, dass ein Betrieb der Mühle seit Jahren nachgewiesen werden könne. Der Versuch einer außergerichtlichen Einigung sei gescheitert. Auch hätten sie ihr Grundstück wegen des Widerstands des Nachbarn nicht verkaufen können, obwohl sie das Geld für eine medizinische Behandlung der Klägerin zu 3. benötigen und die älteren Kinder studieren würden. Sie seien terrorisiert worden. Zwar habe es keine Handgreiflichkeiten gegeben, es sei jedoch Psychoterror von verschiedenen Personen ausgeübt worden. Sie hätten eine Anzeige erstattet, die Polizei habe jedoch nicht geholfen. Als der Nachbar hiervon erfahren habe, habe dieser mit Waffengewalt gedroht. Die Klägerin zu 3. leide an Kleinwüchsigkeit und an einem Gehörfehler. Sie sei in Albanien ärztlich versorgt worden, die Ärzte hätten jedoch eine Operation empfohlen, die nur in einer amerikanischen Klinik durchgeführt werden könne und 2.000,- Euro koste. Diese Summe könnten sie nicht aufbringen. Wegen der Einzelheiten wird auf die Niederschrift über die Anhörung Bezug genommen.
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Mit Bescheid vom 19. Juni 2015 lehnte die Beklagte die Anträge auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft sowie auf Asylanerkennung als offensichtlich unbegründet ab, versagte subsidiären Schutz und die Feststellung von Abschiebungsverboten nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG und forderte die Kläger zur Ausreise innerhalb einer Woche nach Bekanntgabe der Entscheidung auf. Für den Fall der nicht rechtzeitigen Ausreise drohte die Beklagte den Klägern die Abschiebung nach Albanien an. Wegen der Einzelheiten der Begründung wird auf den Bescheid vom 19. Juni 2015 verwiesen. Der Bescheid wurde den Klägern am 9. Juli 2015 zugestellt.
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Die Kläger haben am 16. Juli 2015 Klage erhoben.
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Sie tragen im Wesentlichen vor, in Albanien drohe ihnen ein empfindliches Übel. Sie seien aufgrund der Bedrohungen durch den Nachbarn geflohen. Staatliche Hilfe habe es nicht gegeben. Die Klägerin zu 3. sei krank und reiseunfähig. Sie leide an dem Turner-Syndrom und benötige dringend eine Operation. Es liege zudem eine Nierenschädigung vor sowie der Verdacht auf eine Herzerkrankung. Eine Operation in Deutschland sei für den 21. September 2015 vorgesehen gewesen; diese habe in Albanien nicht durchgeführt werden können. Die medizinische Versorgung in Albanien sei katastrophal, niedergelassene Ärzte gebe es nicht. Die ärztliche Betreuung erfolge nur in Krankenhäusern. Zudem sei in Albanien ein hohes Maß an Korruption, Nepotismus, organisiertem Verbrechen sowie eine Kultur der Straflosigkeit und der fehlenden Implementierung vorhandener Regelwerke festzustellen. In machen Regionen in Albanien sei der Staat faktisch nicht präsent, dies begünstige die Kriminalität und das Wiederaufleben der Blutrache. Die Klägerin zu 3. sei aufgrund ihrer Erkrankung nicht reisefähig, auch bestehe ein zielstaatsbezogenes Abschiebungsverbot. In Albanien sei eine Blutanalyse in Auftrag gegeben worden, diese sei in Italien durchgeführt worden, da das albanische Gesundheitssystem nicht entsprechend entwickelt sei. Erst am 9. Januar 2015 sei das Turner-Syndrom diagnostiziert worden. Zuvor habe die Klägerin über einen Zeitraum von zwei bis drei Jahren falsche Medikamente bekommen. Auch nach der Diagnose des Turner-Syndroms sei die medikamentöse Behandlung unzureichend gewesen. Ihr seien die Medikamente Florinef und Genotropin verschrieben worden. Diese hätten zur Folge gehabt, dass ihr die Haare ausgefallen seien und sie unter starken Kopfschmerzen gelitten habe. Die Familie habe für die Blutanalyse 300 Euro gezahlt, diesen Betrag habe man sich von einer Nachbarin geliehen und eigenen Schmuck verkauft. Der Kläger zu 1. habe das Familieneinkommen mit Gelegenheitsjobs verdient. Die Klägerin zu 2. habe zuletzt lediglich kleinere Artikel wie z.B. Feuerzeuge verkauft. Insgesamt habe man eine durchschnittliches Monatseinkommen von 100,- Euro gehabt. Eine Behandlung der Klägerin zu 3. sei in Albanien wegen fehlender medizinischer Voraussetzungen und aufgrund der beschränkten Verhältnisse der Kläger nicht möglich. Für Medikamente und Fahrten zu ärztlichen Einrichtungen hätten sie von Januar 2015 bis zur Ausreise im Mai 2015 ca. 200,- Euro gezahlt; für die Blutanalyse seien 300,- Euro gezahlt worden.
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Ein ebenfalls am 16. Juli 2015 bei Gericht eingegangener Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes (Az.: 5 B 2717/15 As SN) wurde mit Beschluss vom 30. Juli 2015 als unbegründet abgelehnt. Wegen der Einzelheiten wird auf den Beschluss Bezug genommen.
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Die Kläger beantragen,
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unter Aufhebung des Bescheides vom 19. Juni 2015 die Beklagte zu verpflichten, sie als Asylberechtigte anzuerkennen, ihnen die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen, hilfsweise ihnen internationalen subsidiären Schutz zu gewähren und weiter hilfsweise das Bestehen von Abschiebungsverboten nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG festzustellen.
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Die Beklagte beantragt schriftsätzlich,
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die Klage abzuweisen.
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Sie bezieht sich zur Begründung auf die angefochtene Entscheidung.
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Der Rechtsstreit wurde mit Beschluss vom 27. Januar 2016 auf den Berichterstatter als Einzelrichter zur Entscheidung übertragen.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakten sowie auf den Verwaltungsvorgang der Beklagten, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung war, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
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Das Gericht konnte trotz des Ausbleibens der Beklagten in der mündlichen Verhandlung am 29. März 2016 verhandeln und entscheiden, da diese in der Ladung hierauf hingewiesen worden war, vgl. § 102 Abs. 2 VwGO.
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Die Klage ist offensichtlich unbegründet. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts setzt eine Abweisung der Asylklage als offensichtlich unbegründet voraus, dass im maßgeblichen Zeitpunkt der Entscheidung des Verwaltungsgerichts an der Richtigkeit der tatsächlichen Feststellungen des Gerichts vernünftigerweise keine Zweifel bestehen können und bei einem solchen Sachverhalt nach allgemein anerkannter Rechtsauffassung die Abweisung der Klage sich dem Verwaltungsgericht geradezu aufdrängt (BVerfG, Stattgebender Kammerbeschluss vom 20. September 2001 – 2 BvR 1392/00 –, juris). Offensichtlich unbegründet ist ein Asylantrag insbesondere dann, wenn der Kläger aus einem sicheren Herkunftsstaat stammt, es sei denn, die von dem Ausländer angegebenen Tatsachen oder Beweismittel begründen die Annahme, dass ihm abweichend von der allgemeinen Lage im Herkunftsstaat politische Verfolgung droht (§ 29a Abs. 1 AsylG).
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Diese Voraussetzungen sind hier gegeben. Der angefochtene Bescheid ist zum maßgeblichen Zeitpunkt der vorliegenden Entscheidung (§ 77 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 AsylG) offensichtlich rechtmäßig und verletzt die Kläger nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO). Diese haben offensichtlich weder einen Anspruch auf Anerkennung als Asylberechtigte gemäß Art. 16a Abs. 1 GG noch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft im Sinne des § 3 Abs. 1 AsylG. In ihrer Person liegen offensichtlich auch weder Gründe für die Zuerkennung subsidiären Schutzes nach § 4 Abs. 1 AsylG noch nationale Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 oder 7 Satz 1 AufenthG vor.
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Soweit die Kläger die Anerkennung als Asylberechtigte nach Art. 16a GG und die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft im Sinne des § 3 Abs. 1 AsylG begehren, ist die Klage bereits deshalb offensichtlich unbegründet, weil sie aus einem sicheren Herkunftsstaat im Sinne des Art. 16a Abs. 3 Satz 1 GG, § 29a Abs. 2 AsylG i.V.m. der Anlage II zum AsylG, nämlich aus Albanien stammen (vgl. VG Berlin, Beschluss vom 22. Dezember 2015 – 33 L 357.15 A –, Rn. 13, juris). Die Kläger haben die durch § 29a AsylG normierte Nichtverfolgungsvermutung nicht durch den schlüssigen Vortrag von Verfolgungstatsachen erschüttern können. Zur Begründung wird gemäß § 77 Abs. 2 AsylG auf den angefochtenen Bescheid und auf die Begründung im Beschluss des einstweiligen Rechtsschutzverfahrens Bezug genommen.
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Schließlich haben die Kläger offensichtlich keinen Anspruch auf Zuerkennung subsidiären Schutzes nach § 4 Abs. 1 AsylG und auf Feststellung von Abschiebungsverboten nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird auch insoweit gemäß § 77 Abs. 2 AsylG auf die zutreffenden Ausführungen der Beklagen in dem angefochtenen Bescheid sowie auf die Ausführungen im Beschluss des einstweiligen Rechtsschutzverfahrens verwiesen.
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Soweit die Kläger vortragen, sie hätten ihr Heimatland wegen eines Streits mit einem Nachbarn und wegen Bedrohungen durch diesen verlassen, rechtfertigt dies kein anderes Ergebnis. Der Vortrag der Kläger bleibt unsubstantiiert. Weder werden konkrete Bedrohungshandlungen geschildert noch werden Orts- oder Zeitangaben gemacht. Der Vortrag bleibt insgesamt vage und detailarm. Schließlich haben die Kläger in der mündlichen Verhandlung bestätigt, dass sie aufgrund der Erkrankung der Klägerin zu 3. und einer erforderlichen Operation nach Deutschland gekommen seien.
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Jedenfalls ist nicht ersichtlich, dass die albanischen Sicherheitsbehörden nicht willens oder in der Lage sind, den Klägern Schutz vor einem ernsthaften Schaden durch nichtstaatliche Akteure zu gewähren. Daher sind die Kläger auf den innerstaatlichen Schutz in Albanien durch dortige Behörden – insbesondere durch die albanische Polizei – zu verweisen. Zwar sind Teile der albanischen Gesellschaft nach wie vor von einem hohen Gewaltniveau geprägt. Auch ist noch immer eine Kultur der Straflosigkeit und der fehlenden Implementierung von Regelwerken festzustellen. Staatliche Stellen leiden zudem unter einem Mangel an finanziellen und personellen Ressourcen; administrative Kapazitäten sind gering ausgeprägt. Aufgrund der Schwäche der Institutionen des Staates werden viele Rechtsverstöße entweder gar nicht oder nicht in ausreichendem Maße verfolgt. Gerichtliche Verfahren können mitunter mehrere Jahre in Anspruch nehmen. Zudem führen mangelnde Qualifikation und Anfälligkeit der Richter für Korruption häufig zu rechtsstaatlich zweifelhaften Ergebnissen. Polizeiliche Aktivitäten werden oft von der jeweiligen politischen Interessenlage beeinflusst. Zum Teil können Polizisten, Staatsanwälte und Richter mit Geldzuwendungen veranlasst werden, Beweise zu unterschlagen und Verfahren fallen zu lassen oder diese unnötig in die Länge zu ziehen (vgl. Bericht des Bundesamtes, Blickpunkt Albanien, Aktuelle Lage, Rechtsstaatlichkeit, Menschenrechtslage, Oktober 2015 sowie Lagebericht des Auswärtigen Amtes vom 10. Juni 2015).
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Auch werden vor allem in den ländlichen nördlichen Gebieten noch heute viele Bereiche des Alltagslebens von den Normen und Regeln des Gewohnheitsrechts (des sog. Kanuns) bestimmt. Zur Sühnung von Tötungen und Ehrverletzungen ist auch die Blutrache in Albanien weiterhin präsent mit erheblichen sozialen Folgen für die Betroffenen (vgl. Bericht des Bundesamtes, Blickpunkt Albanien, Aktuelle Lage, Rechtsstaatlichkeit, Menschenrechtslage, Oktober 2015). Dabei wird der Kanun inzwischen oftmals zur Rechtfertigung von Racheakten, gewöhnlicher Kriminalität und allgemeiner Selbstjustiz herangezogen (Bericht des Bundesamtes, Blickpunkt Albanien, Blutrache, April 2014 sowie Auskunft der Schweizerischen Flüchtlingshilfe vom 13. Februar 2013).
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Hingegen ist aufgrund aktueller Erkenntnismittel (vgl. Bericht des Bundesamtes, Blickpunkt Albanien, Aktuelle Lage, Rechtsstaatlichkeit, Menschenrechtslage, Oktober 2015; Auswärtiges Amt, Lagebericht, 10. Juni 2015; Bericht des Bundesamtes, Blickpunkt Albanien, Blutrache, April 2014; Auskunft der Schweizerischen Flüchtlingshilfe vom 13. Februar 2013) auch festzustellen, dass der albanische Staat in den vergangenen Jahren erhebliche Anstrengungen unternommen hat, um die Arbeit der Polizei und der Justiz zu verbessern und um Missstände abzubauen. Es wurden wichtige Maßnahmen zur Reform des Justizwesens und der öffentlichen Verwaltung eingeleitet und Schritte zur Bekämpfung von Korruption und organisierter Kriminalität sowie in Bezug auf Menschenrechtsfragen ergriffen; diese werden als Schlüsselbedingungen für den Prozess der EU-Annäherung bewertet. Die Regierung ist entschlossen, glaubwürdige Fortschritte zu erzielen und hat die Bekämpfung der Korruption im Rahmen ihres Programms zur Priorität erklärt. Im November 2013 wurde ein nationaler Anti-Korruptions-Koordinator installiert und eine neu strukturierte Einheit eingerichtet, die sich nur auf die interne Verwaltungskontrolle konzentriert; zudem wurde im April 2014 eine Anti-Korruptionsstrategie entwickelt. Seit Herbst 2014 hilft eine EU-Rechtsberatungsmission der albanischen Regierung, die richtigen Reformschritte zu identifizieren und umzusetzen. So wurde beispielsweise zur Bekämpfung von Korruption die Verfassung hinsichtlich der Immunität von Parlamentariern und Staatsfunktionären geändert.
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Die Regierung arbeitet insbesondere an einer Professionalisierung der Polizei und unternimmt Anstrengungen, durch verstärkte Controllingmaßnahmen, Lehrgänge zur Berufsethik, Verbesserung der Besoldung und drastische Maßnahmen im Falle des Verstoßes gegen Dienstvorschriften die Korruptionsanfälligkeit zu reduzieren. Das Bild der Polizei in der Bevölkerung hat sich aufgrund dieser Anstrengungen durchaus zum Positiven entwickelt. Auch wird das Strafgesetzbuch kontinuierlich überarbeitet, um westlichen Standards zu entsprechen. Zur Stärkung prozessualer Rechte hat der albanische Staat ein Prozesskostenhilfegesetz verabschiedet und eine Kommission für die Gewährung von Prozesskostenhilfe gegründet. Zum Teil stellen auch Nichtregierungsorganisationen Prozesskostenhilfe zur Verfügung (vgl. die oben genannten Berichte).
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Des Weiteren hat die albanische Regierung einen Ombudsmann eingesetzt, den die Bürger bei Menschenrechtsverletzungen anrufen können. Er untersucht entsprechende Missstände und Beschwerden gegen Polizeibeamte und kann gerichtliche Verfahren einleiten. Er veröffentlicht jährliche Empfehlungen und Berichte zur Situation der Menschenrechte. Ebenso berichtet das albanische Helsinki Komitee regelmäßig über Entwicklungen und Probleme im Menschenrechtsbereich. Ein internes Kontrollorgan untersucht und ahndet zudem Amtsvergehen (a.a.O.).
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Blutrachekonflikte und ähnliche Familienfehden lehnt der Staat ab und bekämpft diese. Das Strafgesetz sieht für Blutrachemorde mittlerweile härtere Strafen als für andere Morde vor. Bereits 2001 wurde das Strafgesetz um den Tatbestand „Blutrache“ erweitert, 2008 und 2012 wurde das albanische Strafgesetz weiter angepasst. Heute wird vorsätzliche Tötung im Kontext von Rache oder Blutfehde mit nicht weniger als dreißig Jahren oder lebenslänglicher Haft geahndet. Die Androhung von oder die Anstiftung zur Androhung von Blutrache, welche zur Isolation der betroffenen Familien führt, wird mit bis zu drei Jahren Haft bestraft. Zusätzlich wurden weitere Maßnahmen von der albanischen Regierung beschlossen, um Blutrache und Ehrenmorde zu bekämpfen und Opfer zu unterstützen. So unterstützt sie Versöhnungsbestrebungen mit finanziellen Mitteln und versucht mit Hilfe von UNICEF aufgrund von Familienfehden isolierte Kinder mit Schulbüchern und Hauslehrern zu versorgen. Des Weiteren gibt es einige Nichtregierungsorganisationen, die sich um die Schlichtung von Blutrachefehden bemühen. Sie betreiben Konfliktmediation, bieten Rechtsberatung an und leisten von Blutrache betroffenen Personen Hilfestellung (a.a.O.).
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Vor diesem Hintergrund kann nicht festgestellt werden, dass ein etwaiges Schutzersuchen der Kläger bei den albanischen Strafverfolgungsbehörden – einschließlich der albanischen Polizei – von vorne herein aussichtslos wäre (vgl. Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 23. Februar 2015 – 11 A 334/14.A –, Rn. 8, juris; Oberverwaltungsgericht des Saarlandes, Beschluss vom 18. Dezember 2015 – 2 A 128/15 –, Rn. 12, juris; VG Düsseldorf, Beschluss vom 7. Dezember 2015 – 17 L 3873/15.A –, Rn. 2, juris; VG Düsseldorf, Beschluss vom 23. November 2015 – 17 L 3729/15.A –, Rn. 24, juris; VG Osnabrück, Urteil vom 31. August 2015 – 5 A 94/15 –, juris; VG Düsseldorf, Urteil vom 12. März 2015 – 6 K 8197/14.A –, Rn. 64, juris; VG Aachen, Urteil vom 16. Oktober 2014 – 1 K 1201/14.A –, juris).
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Soweit die Kläger geltend machen, bei örtlichen Polizeibehörden hätten sie keinen Schutz erhalten oder zu erwarten, hätten sie sich jedenfalls an andere oder höherrangige Polizeidienststellen, an den Ombudsmann oder an Nichtregierungsorganisationen wenden können (vgl. VG Berlin, Beschluss vom 21. Oktober 2015 – 33 L 300.15 A –, Rn. 16, juris). Dass es für sie unmöglich gewesen sein könnte, bei entsprechenden Stellen um Schutz nachzusuchen, ist nicht dargetan.
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Im Übrigen besteht für die Kläger die Möglichkeit, sich einem an dem Wohnort drohenden Konflikt durch Umzug in einen entfernt liegenden Landesteil und dort bestehenden hoheitlichen Schutz zu entziehen (vgl. Oberverwaltungsgericht des Saarlandes, Beschluss vom 18. Dezember 2015 – 2 A 128/15 –, Rn. 12, juris; VG Düsseldorf, Beschluss vom 7. Dezember 2015 – 17 L 3873/15.A –, Rn. 2, juris; VG Düsseldorf, Beschluss vom 23. November 2015 – 17 L 3729/15.A –, Rn. 24, juris; VG Düsseldorf, Beschluss vom 14. Oktober 2015 – 17 L 3111/15.A –, Rn. 19, juris; Verwaltungsgericht Oldenburg, Beschluss vom 19. März 2015 – 5 B 1167/15 –, juris).
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Soweit vorgetragen wird, die Klägerin zu 3. leide an Kleinwüchsigkeit und an einem Gehörschaden, führt dies nicht zur Annahme eines zielstaatsbezogenen Abschiebeverbots. Zwar wird in den ärztlichen Attesten der Universitätsklinik R. vom 25. Juni 2015 und des Facharztes für Innere Medizin Dr. med. S. K. sowie dem Gutachten des Gesundheitsamtes vom 25. Januar 2016 ausgeführt, dass die Klägerin zu 3. an beidseitigen Cholesteatomen leide und eine Operation erforderlich sei, dass eine kardiale Fehlbildung, eine Pubertätsverzögerung mit Gonadeninsuffizienz und eine Sehminderung vorliege bzw. dass sie wegen eines Turner-Syndroms und wegen einer Hepatopathie in ärztlicher Behandlung sei.
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Insoweit kann zum einen jedoch dahinstehen, ob eine Reiseunfähigkeit vorliegt. Denn es ist in der Rechtsprechung anerkannt, dass im Rahmen des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG nur solche Umstände relevant sind, die für den betreffenden Ausländer den Aufenthalt im Zielland der angedrohten Abschiebung unzumutbar machen und damit in Gefahren begründet liegen, welche diesem im Zielstaat drohen (zielstaatsbezogene Abschiebungsverbote). Treten die befürchteten negativen Auswirkungen jedoch – wie bei einer Reiseunfähigkeit – allein durch die Abschiebung als solche und nicht wegen der spezifischen Verhältnisse im Zielstaat der Abschiebung ein, so handelt es sich um ein sogenanntes inlandsbezogenes Vollstreckungshindernis. Ein solches ist nicht durch das zuständige Bundesamt bei der Entscheidung über Abschiebungsverbote, sondern durch die zuständige Ausländerbehörde zu berücksichtigen (vgl. BVerwG, Urteile vom 21. September 1999 – 9 C 8.99 – und vom 15. Oktober 1999 – 9 C 7.99 –, jeweils zitiert nach juris).
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Zum anderen geht das Gericht nicht vom Vorliegen eines zielstaatsbezogenen Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG aus. Nach dieser Vorschrift soll von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. Unerheblich ist dabei, von wem die Gefahr ausgeht und auf welchen Ursachen sie beruht. Entscheidend ist allein, ob für den Ausländer eine konkrete individuelle Gefahr für die in der Vorschrift genannten Rechtsgüter besteht und die Gefahr dem Einzelnen mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit landesweit droht (vgl. BVerwG, Urteile vom 17.Oktober 1995 – 9 C 9.95 – und 17. Oktober 2006 – 1 C 18.05 –, jeweils juris). Ein Abschiebungsverbot nach dieser Vorschrift kann auch darin begründet sein, dass sich die individuelle Erkrankung eines ausreisepflichtigen Ausländers alsbald nach der Rückkehr in seinen Heimatstaat wesentlich oder gar lebensbedrohlich verschlimmern würde, weil die Behandlungsmöglichkeiten dort unzureichend sind und er auch anderswo wirksame Hilfe nicht in Anspruch nehmen könnte (vgl. BVerwG, Urteil vom 29. Juli 1999 – 9 C 2.99 – sowie Urteil vom 25. November 1997 – 9 C 58.96 –, Beschluss vom 17. August 2011 – 10 B 13/11 –, jeweils zitiert nach juris).
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Voraussetzung für die Annahme eines Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG ist jedoch, dass die dem Ausländer drohende Gefahr erheblich ist, sein Gesundheitszustand sich also wesentlich oder gar lebensbedrohlich verschlechtern würde (vgl. auch den am 17. März 2016 in Kraft getretenen § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG). Außerdem muss die Gefahr konkret sein, was voraussetzt, dass die Verschlechterung des Gesundheitszustands alsbald nach der Rückkehr in das Heimatland eintreten würde (vgl. BVerwG, Urteil vom 25. November 1997 – 9 C 58/96 –, zitiert nach juris). Für die Bestimmung der „Gefahr“ gilt der Prognosemaßstab der beachtlichen Wahrscheinlichkeit, d.h. die drohende Rechtsgutverletzung darf nicht nur im Bereich des Möglichen liegen, sondern muss vielmehr mit überwiegender Wahrscheinlichkeit zu erwarten sein (vgl. OVG Lüneburg, Urteil vom 28. Juni 2011 – 8 LB 221/09 –, juris, m.w.N.). Die Gefahr ist "erheblich", wenn eine Gesundheitsbeeinträchtigung von besonderer Intensität zu erwarten ist. Das ist der Fall, wenn sich der Gesundheitszustand des Ausländers wesentlich oder sogar lebensbedrohlich verschlechtern würde. Eine wesentliche Verschlechterung ist nicht schon bei einer befürchteten ungünstigen Entwicklung des Gesundheitszustandes anzunehmen, sondern nur bei außergewöhnlich schweren körperlichen oder psychischen Schäden (vgl. OVG Lüneburg, Urteil vom 28. Juni 2011 – 8 LB 221/09 –, juris, m.w.N.). Daraus leitet sich zugleich ab, dass eine wesentliche Verschlechterung des Gesundheitszustandes nicht schon dann vorliegt, wenn von einer Heilung der Erkrankung im Zielland der Abschiebung wegen der dortigen Verhältnisse nicht auszugehen ist, die Erkrankung sich aber auch nicht gravierend zu verschlimmern droht. Das Abschiebungsverbot dient nämlich nicht dazu, dem ausreisepflichtigen erkrankten Ausländer die Heilung seiner Erkrankung im Rahmen des sozialen Systems der Bundesrepublik Deutschland zu eröffnen; vielmehr stellt es alleine den Schutz vor einer gravierenden Beeinträchtigung von Leib und Leben im Zielland einer Abschiebung oder Rückkehr sicher. Der Ausländer muss sich grundsätzlich auf den Behandlungsstandard, der in seinem Herkunftsland für die von ihm geltend gemachten Erkrankungen allgemein besteht, verweisen lassen, wenn damit keine grundlegende Gefährdung verbunden ist (vgl. VG Gelsenkirchen, Urteil vom 27. November 2014 – 17a K 3614/13.A –, juris, m.w.N.). Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat gleichwertig ist mit derjenigen in der Bundesrepublik Deutschland (vgl. den am 17. März 2016 in Kraft getretenen § 60 Abs. 7 Satz 3 AufenthG).
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Nach diesen Vorgaben ist nicht beachtlich wahrscheinlich, dass sich der Gesundheitszustand der Klägerin zu 3. im Falle ihrer Rückkehr nach Albanien wegen fehlender Behandlungsmöglichkeiten erheblich oder gar lebensbedrohlich verschlechtern wird. Es ist bereits nicht ersichtlich, dass eine ärztliche Behandlung zur Abwendung einer konkreten Gefahr erforderlich ist. Nach dem zur Akte gereichten Bericht der Universitätsmedizin R. wurde die geplante Operation des linken Ohres inzwischen durchgeführt. Die Klägerin zu 3. wurde zur weiteren ambulanten Behandlung entlassen. Auch die Fädenentfernung und die Detamponade dürften inzwischen durchgeführt worden sein. Warum eine ambulante weitere Behandlung und die im ärztlichen Bericht empfohlene Second-Loop-Operation – sofern erforderlich – nicht in Albanien durchgeführt werden können, erschließt sich dem Gericht nicht. Auch aus dem Gutachten des Gesundheitsamtes vom 25. Januar 2016 und dem undatierten Attest des Facharztes für Innere Medizin Dr. med. S. K. (vgl. Bl. 69 d.A.) folgt keine akute Behandlungsbedürftigkeit zur Abwendung einer erheblichen oder lebensbedrohlichen Gefahr. Zwar wird ausgeführt, dass aufgrund einer Pubertätsverzögerung und einer Gonadeninsuffizienz eine Geschlechtshormonbehandlung ärztlich indiziert und im Juni 2015 angepasst worden sei; Behandlungen seien am 1. Juni 2015, am 26. Oktober 2015 und am 26. Januar 2016 durchgeführt worden. Der Therapieplan der Gemeinschaftspraxis für Kinder- und Jugendmedizin Dr. med. V. W. und Dipl. med. G. W. vom 29. 12.2015 listet neben dem Wachstumshormon Saizen die Pubertätsinduktionen Estradiolvalerat und Dydrogesteron auf. Dass beim Ausbleiben einer solchen Therapie konkrete wesentliche oder lebensbedrohliche Gefahren zu erwarten sind, ist jedoch nicht ersichtlich. Die empfohlenen halbjährlichen kardiologischen Kontrolluntersuchungen bzw. die empfohlenen regelmäßigen endokrinologischen Behandlungen mit fachärztlicher Betreuung können auch in Albanien stattfinden. Ebenso werden in dem in der mündlichen Verhandlung zur Akte gereichten Attest der Gemeinschaftspraxis für Kinder- und Jugendmedizin Dr. med. V. W. vom 14. März 2016 verschiedene Erkrankungen, Risiken und erforderliche (Kontroll-)Untersuchungen genannt. Dass bei einer Rückkehr nach Albanien wegen wesentlicher oder lebensbedrohlicher Gefahren im oben genannten Sinne ärztliche Behandlungen zwingend erforderlich sind bzw. dass wegen eines Ausbleibens der in Deutschland begonnenen Hormontherapie mit solchen Gefahren zu rechnen ist, geht hieraus nicht hervor.
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Die medizinische Versorgung in Albanien ist grundsätzlich gesichert (vgl. VG Arnsberg, Beschluss vom 23. Februar 2016 – 5 L 242/16.A –, Rn. 57, juris; VG Düsseldorf, Beschluss vom 1. Februar 2016 – 17 L 95/16.A –, Rn. 26, juris; VG Düsseldorf, Beschluss vom 3. Dezember 2015 – 17 L 3639/15.A –, Rn. 19, juris; VG Düsseldorf, Beschluss vom 9. November 2015 – 17 L 3463/15.A –, Rn. 14, juris; VG Düsseldorf, Beschluss vom 19. Oktober 2015 – 17 L 3327/15.A –, Rn. 20, juris).
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Es wird zwar nicht verkannt, dass die Behandlungsmöglichkeiten in Albanien im Vergleich zu denjenigen in Deutschland stark eingeschränkt sind, wofür auch der Umstand spricht, dass ausweislich des undatierten ärztlichen Attestes des Facharztes für Innere Medizin Dr. med. S. K. die erste Vorstellung mit deutlich zu geringerer Medikamentendosierung erfolgte. Auch wird im aktuellen Lagebericht vom 10. Juni 2015 ausgeführt, dass die Ausstattung und Hygiene der staatlichen Krankenhäuser und Polikliniken erheblich zu wünschen übrig lasse und Ärzte zwar im Regelfall gut ausgebildet seien, beim Pflegepersonal jedoch Defizite zu verzeichnen seien. Komplizierte Behandlungen seien nur in Tirana und in anderen größeren Städten möglich. Andererseits wird im Lagebericht jedoch ausgeführt, dass die Versorgung mit Medikamenten kein Problem darstelle und die örtlichen Apotheken ein relativ großes Sortiment gängiger Medikamente anbieten würden, die man zum Teil aus der EU importiere. Es bestehe die Möglichkeit, weitere Medikamente aus dem Ausland zu beschaffen.
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In der Auskunft der Botschaft der Bundesrepublik Deutschland an das Bundesamt vom 6. Dezember 2010 wird ferner ausgeführt, dem albanischen Gesundheitssystem unterstünden 42 Krankenhäuser und 416 „Health Centres“. In zwei Krankenhäusern würden psychologische Behandlungen angeboten, eines sei auf Lungenkrankheiten und Rehamaßnahmen spezialisiert. Bei elf der Krankenhäuser handle es sich um „Kreiskrankenhäuser“ die über das Land verteilt und eine breite Versorgung anbieten könnten. In Tirana gebe es ein Universitätskrankenhaus mit den umfassendsten Behandlungsmöglichkeiten. Die „Health Centres“ seien mit deutschen Hausärzten vergleichbar und grundsätzlich für die medizinische Versorgung verantwortlich; sie würden zudem die Aufgabe übernehmen, Patienten bei Bedarf an Fachärzte zu vermittelt. Ein großer Teil ambulanter Behandlungen werde von Krankenhäusern durchgeführt. In Tirana gebe es zudem drei Polikliniken. Die Finanzierung der Krankenhäuser und „Health Centres“ erfolge durch die Krankenversicherung. Die Ärzte müssten einen bestimmten Leistungskatalog anbieten. Zudem gebe es einen privaten Gesundheitssektor, für welchen die Krankenversicherung jedoch keine Leistungen übernehme.
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Aufgrund dieser Erkenntnisse geht das Gericht davon aus, dass die Erkrankung der Klägerin zu 3. in Albanien grundsätzlich behandelbar ist. Auch sind die Medikamente Estradiol und Dydrogesteron in der albanischen Medikamentenliste aufgeführt (vgl. die unter http://de.scribd.com/doc/258953185/Lista-Barnave-2015 im Internet abrufbare Medikamentenliste). Das Wachstumshormon Somatropin (Handelsname Saizen oder Genotropin) hat die Klägerin zu 3. nach eigener Aussage ebenfalls in Albanien erhalten.
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Auch ist nicht ersichtlich, dass der Klägerin zu 3. eine Behandlung wegen fehlender finanzieller Mittel verwehrt bleiben wird (vgl. VG Arnsberg, Beschluss vom 23. Februar 2016 – 5 L 242/16.A –, Rn. 61, juris; VG Düsseldorf, Beschluss vom 1. Februar 2016 – 17 L 95/16.A –, Rn. 26, juris; VG Berlin, Beschluss vom 22. Dezember 2015 – 33 L 357.15 A –, Rn. 28, juris; VG Düsseldorf, Beschluss vom 9. Dezember 2015 – 17 L 3839/15.A –, Rn. 3, juris; VG Düsseldorf, Beschluss vom 3. Dezember 2015 – 17 L 3639/15.A –, Rn. 19, juris; VG Düsseldorf, Beschluss vom 23. November 2015 – 17 L 3729/15.A –, Rn. 46, juris; VG Düsseldorf, Beschluss vom 9. November 2015 – 17 L 3463/15.A –, Rn. 14, juris; VG Berlin, Beschluss vom 30. Oktober 2015 – 33 L 305.15 A –, Rn. 18, juris; VG Düsseldorf, Beschluss vom 19. Oktober 2015 – 17 L 3327/15.A –, Rn. 20, juris). Nach dem aktuellen Lagebericht des Auswärtigen Amtes ist die medizinische Versorgung in staatlichen Krankenhäusern und Polikliniken grundsätzlich kostenlos. Vollständig versichert sind Pensionierte, Arbeitslose, Studierende, Kinder und Jugendliche bis 18 Jahre; ebenfalls versichert sind Personen, die an Krebs, Tuberkulose, oder Multipler Sklerose erkrankt sind, eine Nierentransplantation benötigen oder an durch chronisches Nierenversagen induzierter Anämie oder Thalassämie leiden (vgl. Schweizerische Flüchtlingshilfe, Albanien: Posttraumatische Belastungsstörung; Blutrache, 13. Februar 2013). Die übrige Bevölkerung ist gesetzlich verpflichtet eine jährliche Versicherungsprämie an die staatliche Krankenversicherung zu zahlen und bekommt ein individuelles „Health Booklet“, mit dem sie Zugang zu medizinischen Dienstleistungen erhält. Die Höhe der Prämie variiert je nach Wohnort (vgl. Schweizerische Flüchtlingshilfe, Albanien: Posttraumatische Belastungsstörung; Blutrache, 13. Februar 2013: zwischen jährlich 30,- Dollar in ländlichen Gebieten und 80,- Dollar pro Jahr in Städten bzw. 3,4 % des Grundlohns). Arbeitnehmer und Arbeitgeber zahlen den Betrag jeweils zu 50 %; Selbstständige müssen den Betrag vollständig alleine zahlen (vgl. Auskunft der Botschaft der Bundesrepublik Deutschland an das Bundesamt vom 6. Dezember 2010). Durch diese Versicherungsbeiträge wird die staatliche Krankenversicherung zu 25% und im Übrigen durch Steuergelder finanziert (vgl. Schweizerische Flüchtlingshilfe, Albanien: Posttraumatische Belastungsstörung; Blutrache, 13. Februar 2013). Die staatliche Krankenversicherung übernimmt in der Regel die Kosten für das billigste Generikum. Diese Medikamente sind in einer Medikamentenliste aufgeführt; versicherte Personen erhalten Medikamente in der Regel gegen Vorlage eines Rezeptes in einer privaten Apotheke und können sich den Gesamtpreis oder zumindest einen Teil der Kosten von der staatlichen Krankenversicherung zurück erstatten lassen (vgl. Schweizerische Flüchtlingshilfe, Albanien: Posttraumatische Belastungsstörung; Blutrache, 13. Februar 2013; Schweizerische Flüchtlingshilfe, Albanien: Behandlung von Epilepsie und Depressionen, 2. Dezember 2015 sowie die unter http://de.scribd.com/doc/258953185/Lista-Barnave-2015 im Internet abrufbare Medikamentenliste). Zwar bestehen nach den zur Verfügung stehenden Erkenntnissen aufgrund der allgegenwärtigen Korruption im albanischen Gesundheitswesen und der langen Wartezeiten faktische Beschränkungen (vgl. Schweizerische Flüchtlingshilfe, Albanien: Posttraumatische Belastungsstörung; Blutrache, 13. Februar 2013); Patienten müssen nach dem aktuellen Lagebericht in der Praxis erhebliche Zuzahlungen leisten. Dass medizinische Leistungen grundsätzlich verwehrt bleiben, ist jedoch nicht ersichtlich. Hiergegen spricht auch der Umstand, dass die Klägerin zu 3. nach Aussage der Eltern in Albanien behandelt worden ist; dies folgt auch aus dem Gutachten des Gesundheitsamtes vom 25. Januar 2016, wonach in Albanien das Turner-Syndrom mit einer Wachstumstherapie behandelt worden sei. Selbst wenn – wie vorgetragen wird – die Eltern der Klägerin zu 3. für die ärztliche Behandlung wie in der Vergangenheit eigene Mittel aufwenden müssen, ist nicht ersichtlich, dass ihnen dies, gegebenenfalls mit Hilfe von weiteren Verwandten oder Freunden, nicht möglich sein wird, zumal der Kläger zu 1. nach eigener Aussage eine Ausbildung als Kfz-Mechaniker sowie im Elektro- und Hydraulikbereich abgeschlossen und in dem zuletzt genannten Bereich in der Vergangenheit gearbeitet hat. Die Klägerin zu 2. hat nach eigener Aussage als Pflegekraft gearbeitet. Zudem haben die Kläger Strandartikel an Urlauber verkauft.
- 38
Auch erweist sich die von der Beklagten gemäß § 36 Abs. 1, § 34 Abs. 1 AsylG i.V.m. § 59 AufenthG erlassene Ausreiseaufforderung und Abschiebungsandrohung als rechtmäßig.
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Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1, § 159 VwGO und § 83b AsylG.
- 40
Das Urteil ist unanfechtbar (§ 78 Abs. 1 AsylG).
Urteilsbesprechung zu Verwaltungsgericht Schwerin Urteil, 29. März 2016 - 5 A 2716/15 As SN
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(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.
(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.
(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.
(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.
(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.
(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.
(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.
(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.
(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.
(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.
(11) (weggefallen)
(1) Sobald der Termin zur mündlichen Verhandlung bestimmt ist, sind die Beteiligten mit einer Ladungsfrist von mindestens zwei Wochen, bei dem Bundesverwaltungsgericht von mindestens vier Wochen, zu laden. In dringenden Fällen kann der Vorsitzende die Frist abkürzen.
(2) Bei der Ladung ist darauf hinzuweisen, daß beim Ausbleiben eines Beteiligten auch ohne ihn verhandelt und entschieden werden kann.
(3) Die Gerichte der Verwaltungsgerichtsbarkeit können Sitzungen auch außerhalb des Gerichtssitzes abhalten, wenn dies zur sachdienlichen Erledigung notwendig ist.
(4) § 227 Abs. 3 Satz 1 der Zivilprozeßordnung ist nicht anzuwenden.
(1) Der Asylantrag eines Ausländers aus einem Staat im Sinne des Artikels 16a Abs. 3 Satz 1 des Grundgesetzes (sicherer Herkunftsstaat) ist als offensichtlich unbegründet abzulehnen, es sei denn, die von dem Ausländer angegebenen Tatsachen oder Beweismittel begründen die Annahme, dass ihm abweichend von der allgemeinen Lage im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des § 3 Absatz 1 oder ein ernsthafter Schaden im Sinne des § 4 Absatz 1 droht.
(2) Sichere Herkunftsstaaten sind die Mitgliedstaaten der Europäischen Union und die in Anlage II bezeichneten Staaten.
(2a) Die Bundesregierung legt dem Deutschen Bundestag alle zwei Jahre, erstmals zum 23. Oktober 2017 einen Bericht darüber vor, ob die Voraussetzungen für die Einstufung der in Anlage II bezeichneten Staaten als sichere Herkunftsstaaten weiterhin vorliegen.
(3) Die Bundesregierung bestimmt durch Rechtsverordnung ohne Zustimmung des Bundesrates, dass ein in Anlage II bezeichneter Staat nicht mehr als sicherer Herkunftsstaat gilt, wenn Veränderungen in den rechtlichen oder politischen Verhältnissen dieses Staates die Annahme begründen, dass die in Artikel 16a Abs. 3 Satz 1 des Grundgesetzes bezeichneten Voraussetzungen entfallen sind. Die Verordnung tritt spätestens sechs Monate nach ihrem Inkrafttreten außer Kraft.
(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.
(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.
(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.
(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.
(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.
(1) Politisch Verfolgte genießen Asylrecht.
(2) Auf Absatz 1 kann sich nicht berufen, wer aus einem Mitgliedstaat der Europäischen Gemeinschaften oder aus einem anderen Drittstaat einreist, in dem die Anwendung des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge und der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten sichergestellt ist. Die Staaten außerhalb der Europäischen Gemeinschaften, auf die die Voraussetzungen des Satzes 1 zutreffen, werden durch Gesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf, bestimmt. In den Fällen des Satzes 1 können aufenthaltsbeendende Maßnahmen unabhängig von einem hiergegen eingelegten Rechtsbehelf vollzogen werden.
(3) Durch Gesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf, können Staaten bestimmt werden, bei denen auf Grund der Rechtslage, der Rechtsanwendung und der allgemeinen politischen Verhältnisse gewährleistet erscheint, daß dort weder politische Verfolgung noch unmenschliche oder erniedrigende Bestrafung oder Behandlung stattfindet. Es wird vermutet, daß ein Ausländer aus einem solchen Staat nicht verfolgt wird, solange er nicht Tatsachen vorträgt, die die Annahme begründen, daß er entgegen dieser Vermutung politisch verfolgt wird.
(4) Die Vollziehung aufenthaltsbeendender Maßnahmen wird in den Fällen des Absatzes 3 und in anderen Fällen, die offensichtlich unbegründet sind oder als offensichtlich unbegründet gelten, durch das Gericht nur ausgesetzt, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Maßnahme bestehen; der Prüfungsumfang kann eingeschränkt werden und verspätetes Vorbringen unberücksichtigt bleiben. Das Nähere ist durch Gesetz zu bestimmen.
(5) Die Absätze 1 bis 4 stehen völkerrechtlichen Verträgen von Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaften untereinander und mit dritten Staaten nicht entgegen, die unter Beachtung der Verpflichtungen aus dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge und der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, deren Anwendung in den Vertragsstaaten sichergestellt sein muß, Zuständigkeitsregelungen für die Prüfung von Asylbegehren einschließlich der gegenseitigen Anerkennung von Asylentscheidungen treffen.
(1) Ein Ausländer ist Flüchtling im Sinne des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559, 560), wenn er sich
- 1.
aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe - 2.
außerhalb des Landes (Herkunftsland) befindet, - a)
dessen Staatsangehörigkeit er besitzt und dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will oder - b)
in dem er als Staatenloser seinen vorherigen gewöhnlichen Aufenthalt hatte und in das er nicht zurückkehren kann oder wegen dieser Furcht nicht zurückkehren will.
(2) Ein Ausländer ist nicht Flüchtling nach Absatz 1, wenn aus schwerwiegenden Gründen die Annahme gerechtfertigt ist, dass er
- 1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit begangen hat im Sinne der internationalen Vertragswerke, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen zu treffen, - 2.
vor seiner Aufnahme als Flüchtling eine schwere nichtpolitische Straftat außerhalb des Bundesgebiets begangen hat, insbesondere eine grausame Handlung, auch wenn mit ihr vorgeblich politische Ziele verfolgt wurden, oder - 3.
den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen zuwidergehandelt hat.
(3) Ein Ausländer ist auch nicht Flüchtling nach Absatz 1, wenn er
- 1.
den Schutz oder Beistand einer Organisation oder einer Einrichtung der Vereinten Nationen mit Ausnahme des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Flüchtlinge nach Artikel 1 Abschnitt D des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge genießt oder - 2.
von den zuständigen Behörden des Staates, in dem er seinen Aufenthalt genommen hat, als Person anerkannt wird, welche die Rechte und Pflichten, die mit dem Besitz der Staatsangehörigkeit dieses Staates verknüpft sind, beziehungsweise gleichwertige Rechte und Pflichten hat.
(4) Einem Ausländer, der Flüchtling nach Absatz 1 ist, wird die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt, es sei denn, er erfüllt die Voraussetzungen des § 60 Absatz 8 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes oder das Bundesamt hat nach § 60 Absatz 8 Satz 3 des Aufenthaltsgesetzes von der Anwendung des § 60 Absatz 1 des Aufenthaltsgesetzes abgesehen.
(1) Ein Ausländer ist subsidiär Schutzberechtigter, wenn er stichhaltige Gründe für die Annahme vorgebracht hat, dass ihm in seinem Herkunftsland ein ernsthafter Schaden droht. Als ernsthafter Schaden gilt:
- 1.
die Verhängung oder Vollstreckung der Todesstrafe, - 2.
Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung oder - 3.
eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit einer Zivilperson infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts.
(2) Ein Ausländer ist von der Zuerkennung subsidiären Schutzes nach Absatz 1 ausgeschlossen, wenn schwerwiegende Gründe die Annahme rechtfertigen, dass er
- 1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit im Sinne der internationalen Vertragswerke begangen hat, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen festzulegen, - 2.
eine schwere Straftat begangen hat, - 3.
sich Handlungen zuschulden kommen lassen hat, die den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen, wie sie in der Präambel und den Artikeln 1 und 2 der Charta der Vereinten Nationen (BGBl. 1973 II S. 430, 431) verankert sind, zuwiderlaufen oder - 4.
eine Gefahr für die Allgemeinheit oder für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland darstellt.
(3) Die §§ 3c bis 3e gelten entsprechend. An die Stelle der Verfolgung, des Schutzes vor Verfolgung beziehungsweise der begründeten Furcht vor Verfolgung treten die Gefahr eines ernsthaften Schadens, der Schutz vor einem ernsthaften Schaden beziehungsweise die tatsächliche Gefahr eines ernsthaften Schadens; an die Stelle der Flüchtlingseigenschaft tritt der subsidiäre Schutz.
(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.
(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.
(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.
(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.
(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.
(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.
(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.
(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.
(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.
(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.
(11) (weggefallen)
(1) Politisch Verfolgte genießen Asylrecht.
(2) Auf Absatz 1 kann sich nicht berufen, wer aus einem Mitgliedstaat der Europäischen Gemeinschaften oder aus einem anderen Drittstaat einreist, in dem die Anwendung des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge und der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten sichergestellt ist. Die Staaten außerhalb der Europäischen Gemeinschaften, auf die die Voraussetzungen des Satzes 1 zutreffen, werden durch Gesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf, bestimmt. In den Fällen des Satzes 1 können aufenthaltsbeendende Maßnahmen unabhängig von einem hiergegen eingelegten Rechtsbehelf vollzogen werden.
(3) Durch Gesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf, können Staaten bestimmt werden, bei denen auf Grund der Rechtslage, der Rechtsanwendung und der allgemeinen politischen Verhältnisse gewährleistet erscheint, daß dort weder politische Verfolgung noch unmenschliche oder erniedrigende Bestrafung oder Behandlung stattfindet. Es wird vermutet, daß ein Ausländer aus einem solchen Staat nicht verfolgt wird, solange er nicht Tatsachen vorträgt, die die Annahme begründen, daß er entgegen dieser Vermutung politisch verfolgt wird.
(4) Die Vollziehung aufenthaltsbeendender Maßnahmen wird in den Fällen des Absatzes 3 und in anderen Fällen, die offensichtlich unbegründet sind oder als offensichtlich unbegründet gelten, durch das Gericht nur ausgesetzt, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Maßnahme bestehen; der Prüfungsumfang kann eingeschränkt werden und verspätetes Vorbringen unberücksichtigt bleiben. Das Nähere ist durch Gesetz zu bestimmen.
(5) Die Absätze 1 bis 4 stehen völkerrechtlichen Verträgen von Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaften untereinander und mit dritten Staaten nicht entgegen, die unter Beachtung der Verpflichtungen aus dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge und der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, deren Anwendung in den Vertragsstaaten sichergestellt sein muß, Zuständigkeitsregelungen für die Prüfung von Asylbegehren einschließlich der gegenseitigen Anerkennung von Asylentscheidungen treffen.
(1) Ein Ausländer ist Flüchtling im Sinne des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559, 560), wenn er sich
- 1.
aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe - 2.
außerhalb des Landes (Herkunftsland) befindet, - a)
dessen Staatsangehörigkeit er besitzt und dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will oder - b)
in dem er als Staatenloser seinen vorherigen gewöhnlichen Aufenthalt hatte und in das er nicht zurückkehren kann oder wegen dieser Furcht nicht zurückkehren will.
(2) Ein Ausländer ist nicht Flüchtling nach Absatz 1, wenn aus schwerwiegenden Gründen die Annahme gerechtfertigt ist, dass er
- 1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit begangen hat im Sinne der internationalen Vertragswerke, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen zu treffen, - 2.
vor seiner Aufnahme als Flüchtling eine schwere nichtpolitische Straftat außerhalb des Bundesgebiets begangen hat, insbesondere eine grausame Handlung, auch wenn mit ihr vorgeblich politische Ziele verfolgt wurden, oder - 3.
den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen zuwidergehandelt hat.
(3) Ein Ausländer ist auch nicht Flüchtling nach Absatz 1, wenn er
- 1.
den Schutz oder Beistand einer Organisation oder einer Einrichtung der Vereinten Nationen mit Ausnahme des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Flüchtlinge nach Artikel 1 Abschnitt D des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge genießt oder - 2.
von den zuständigen Behörden des Staates, in dem er seinen Aufenthalt genommen hat, als Person anerkannt wird, welche die Rechte und Pflichten, die mit dem Besitz der Staatsangehörigkeit dieses Staates verknüpft sind, beziehungsweise gleichwertige Rechte und Pflichten hat.
(4) Einem Ausländer, der Flüchtling nach Absatz 1 ist, wird die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt, es sei denn, er erfüllt die Voraussetzungen des § 60 Absatz 8 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes oder das Bundesamt hat nach § 60 Absatz 8 Satz 3 des Aufenthaltsgesetzes von der Anwendung des § 60 Absatz 1 des Aufenthaltsgesetzes abgesehen.
(1) Politisch Verfolgte genießen Asylrecht.
(2) Auf Absatz 1 kann sich nicht berufen, wer aus einem Mitgliedstaat der Europäischen Gemeinschaften oder aus einem anderen Drittstaat einreist, in dem die Anwendung des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge und der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten sichergestellt ist. Die Staaten außerhalb der Europäischen Gemeinschaften, auf die die Voraussetzungen des Satzes 1 zutreffen, werden durch Gesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf, bestimmt. In den Fällen des Satzes 1 können aufenthaltsbeendende Maßnahmen unabhängig von einem hiergegen eingelegten Rechtsbehelf vollzogen werden.
(3) Durch Gesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf, können Staaten bestimmt werden, bei denen auf Grund der Rechtslage, der Rechtsanwendung und der allgemeinen politischen Verhältnisse gewährleistet erscheint, daß dort weder politische Verfolgung noch unmenschliche oder erniedrigende Bestrafung oder Behandlung stattfindet. Es wird vermutet, daß ein Ausländer aus einem solchen Staat nicht verfolgt wird, solange er nicht Tatsachen vorträgt, die die Annahme begründen, daß er entgegen dieser Vermutung politisch verfolgt wird.
(4) Die Vollziehung aufenthaltsbeendender Maßnahmen wird in den Fällen des Absatzes 3 und in anderen Fällen, die offensichtlich unbegründet sind oder als offensichtlich unbegründet gelten, durch das Gericht nur ausgesetzt, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Maßnahme bestehen; der Prüfungsumfang kann eingeschränkt werden und verspätetes Vorbringen unberücksichtigt bleiben. Das Nähere ist durch Gesetz zu bestimmen.
(5) Die Absätze 1 bis 4 stehen völkerrechtlichen Verträgen von Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaften untereinander und mit dritten Staaten nicht entgegen, die unter Beachtung der Verpflichtungen aus dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge und der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, deren Anwendung in den Vertragsstaaten sichergestellt sein muß, Zuständigkeitsregelungen für die Prüfung von Asylbegehren einschließlich der gegenseitigen Anerkennung von Asylentscheidungen treffen.
(1) Der Asylantrag eines Ausländers aus einem Staat im Sinne des Artikels 16a Abs. 3 Satz 1 des Grundgesetzes (sicherer Herkunftsstaat) ist als offensichtlich unbegründet abzulehnen, es sei denn, die von dem Ausländer angegebenen Tatsachen oder Beweismittel begründen die Annahme, dass ihm abweichend von der allgemeinen Lage im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des § 3 Absatz 1 oder ein ernsthafter Schaden im Sinne des § 4 Absatz 1 droht.
(2) Sichere Herkunftsstaaten sind die Mitgliedstaaten der Europäischen Union und die in Anlage II bezeichneten Staaten.
(2a) Die Bundesregierung legt dem Deutschen Bundestag alle zwei Jahre, erstmals zum 23. Oktober 2017 einen Bericht darüber vor, ob die Voraussetzungen für die Einstufung der in Anlage II bezeichneten Staaten als sichere Herkunftsstaaten weiterhin vorliegen.
(3) Die Bundesregierung bestimmt durch Rechtsverordnung ohne Zustimmung des Bundesrates, dass ein in Anlage II bezeichneter Staat nicht mehr als sicherer Herkunftsstaat gilt, wenn Veränderungen in den rechtlichen oder politischen Verhältnissen dieses Staates die Annahme begründen, dass die in Artikel 16a Abs. 3 Satz 1 des Grundgesetzes bezeichneten Voraussetzungen entfallen sind. Die Verordnung tritt spätestens sechs Monate nach ihrem Inkrafttreten außer Kraft.
(1) In Streitigkeiten nach diesem Gesetz stellt das Gericht auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung ab; ergeht die Entscheidung ohne mündliche Verhandlung, ist der Zeitpunkt maßgebend, in dem die Entscheidung gefällt wird. § 74 Absatz 2 Satz 2 bleibt unberührt.
(2) Das Gericht kann außer in den Fällen des § 38 Absatz 1 und des § 73b Absatz 7 bei Klagen gegen Entscheidungen nach diesem Gesetz im schriftlichen Verfahren durch Urteil entscheiden, wenn der Ausländer anwaltlich vertreten ist. Auf Antrag eines Beteiligten muss mündlich verhandelt werden. Hierauf sind die Beteiligten von dem Gericht hinzuweisen.
(3) Das Gericht sieht von einer weiteren Darstellung des Tatbestandes und der Entscheidungsgründe ab, soweit es den Feststellungen und der Begründung des angefochtenen Verwaltungsaktes folgt und dies in seiner Entscheidung feststellt oder soweit die Beteiligten übereinstimmend darauf verzichten.
(4) Wird während des Verfahrens der streitgegenständliche Verwaltungsakt, mit dem ein Asylantrag als unzulässig abgelehnt wurde, durch eine Ablehnung als unbegründet oder offensichtlich unbegründet ersetzt, so wird der neue Verwaltungsakt Gegenstand des Verfahrens. Das Bundesamt übersendet dem Gericht, bei dem das Verfahren anhängig ist, eine Abschrift des neuen Verwaltungsakts. Nimmt der Kläger die Klage daraufhin unverzüglich zurück, trägt das Bundesamt die Kosten des Verfahrens. Unterliegt der Kläger ganz oder teilweise, entscheidet das Gericht nach billigem Ermessen.
(1) Ein Ausländer ist subsidiär Schutzberechtigter, wenn er stichhaltige Gründe für die Annahme vorgebracht hat, dass ihm in seinem Herkunftsland ein ernsthafter Schaden droht. Als ernsthafter Schaden gilt:
- 1.
die Verhängung oder Vollstreckung der Todesstrafe, - 2.
Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung oder - 3.
eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit einer Zivilperson infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts.
(2) Ein Ausländer ist von der Zuerkennung subsidiären Schutzes nach Absatz 1 ausgeschlossen, wenn schwerwiegende Gründe die Annahme rechtfertigen, dass er
- 1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit im Sinne der internationalen Vertragswerke begangen hat, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen festzulegen, - 2.
eine schwere Straftat begangen hat, - 3.
sich Handlungen zuschulden kommen lassen hat, die den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen, wie sie in der Präambel und den Artikeln 1 und 2 der Charta der Vereinten Nationen (BGBl. 1973 II S. 430, 431) verankert sind, zuwiderlaufen oder - 4.
eine Gefahr für die Allgemeinheit oder für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland darstellt.
(3) Die §§ 3c bis 3e gelten entsprechend. An die Stelle der Verfolgung, des Schutzes vor Verfolgung beziehungsweise der begründeten Furcht vor Verfolgung treten die Gefahr eines ernsthaften Schadens, der Schutz vor einem ernsthaften Schaden beziehungsweise die tatsächliche Gefahr eines ernsthaften Schadens; an die Stelle der Flüchtlingseigenschaft tritt der subsidiäre Schutz.
(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.
(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.
(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.
(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.
(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.
(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.
(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.
(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.
(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.
(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.
(11) (weggefallen)
(1) In Streitigkeiten nach diesem Gesetz stellt das Gericht auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung ab; ergeht die Entscheidung ohne mündliche Verhandlung, ist der Zeitpunkt maßgebend, in dem die Entscheidung gefällt wird. § 74 Absatz 2 Satz 2 bleibt unberührt.
(2) Das Gericht kann außer in den Fällen des § 38 Absatz 1 und des § 73b Absatz 7 bei Klagen gegen Entscheidungen nach diesem Gesetz im schriftlichen Verfahren durch Urteil entscheiden, wenn der Ausländer anwaltlich vertreten ist. Auf Antrag eines Beteiligten muss mündlich verhandelt werden. Hierauf sind die Beteiligten von dem Gericht hinzuweisen.
(3) Das Gericht sieht von einer weiteren Darstellung des Tatbestandes und der Entscheidungsgründe ab, soweit es den Feststellungen und der Begründung des angefochtenen Verwaltungsaktes folgt und dies in seiner Entscheidung feststellt oder soweit die Beteiligten übereinstimmend darauf verzichten.
(4) Wird während des Verfahrens der streitgegenständliche Verwaltungsakt, mit dem ein Asylantrag als unzulässig abgelehnt wurde, durch eine Ablehnung als unbegründet oder offensichtlich unbegründet ersetzt, so wird der neue Verwaltungsakt Gegenstand des Verfahrens. Das Bundesamt übersendet dem Gericht, bei dem das Verfahren anhängig ist, eine Abschrift des neuen Verwaltungsakts. Nimmt der Kläger die Klage daraufhin unverzüglich zurück, trägt das Bundesamt die Kosten des Verfahrens. Unterliegt der Kläger ganz oder teilweise, entscheidet das Gericht nach billigem Ermessen.
Tenor
Der Antrag wird abgelehnt.
Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens, für das Gerichtskosten nicht erhoben werden.
1
G r ü n d e :
2Der Antrag hat keinen Erfolg.
3Die geltend gemachte grundsätzliche Bedeutung (§ 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylVfG) wird nicht entsprechend den gesetzlichen Erfordernissen des § 78 Abs. 4 Satz 4 AsylVfG dargelegt.
4Zur Darlegung einer grundsätzlichen Bedeutung muss eine tatsächliche oder rechtliche Frage aufgeworfen werden, die entscheidungserheblich ist und über den Einzelfall hinaus im Interesse der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder Fortentwicklung des Rechts einer Klärung bedarf.
5Vgl. BVerwG, Urteil vom 31. Juli 1984 - 9 C 46.84 -, BVerwGE 70, 24 ff., und Beschlüsse vom 2. Oktober 1984 - 1 B 114.84 -, InfAuslR 1985, 130 f., sowie vom 19. Juli 2011 - 10 B 10.11, 10 PKH 10 PKH 4.11 -, juris, Rn. 3.
6Diesen Anforderungen wird das Zulassungsvorbringen nicht gerecht.
7Die von den Klägern aufgeworfenen Fragen,
8„Handelt es sich bei polizeilichen Übergriffen in Albanien gegenüber Personen, die aufgrund der Teilnahme an Demonstrationen oder Protesten festgenommen wurden, um dem Staat zurechenbare Verfolgungshandlungen im Sinne des § 3a Abs. 1 und 2 AsylVfG oder um nicht zurechenbare Amtswalterexzesse?
9Spielt die ethnische Zugehörigkeit eine Rolle bei dem Risiko, durch Polizeikräfte in menschenrechtswidriger Art und Weise behandelt zu werden?“,
10bedarf keiner Klärung in einem Berufungsverfahren. Sie lassen sich auf der Grundlage der dem Senat vorliegenden und allgemein - etwa im Internet - zugänglichen aktuellen Erkenntnisquellen beantworten. Danach können die von den Klägern behaupteten polizeilichen Übergriffe auf Teilnehmer an Demonstrationen und Protesten nicht als dem albanischen Staat zurechenbare Verfolgungshandlungen im Sinne des § 3a Abs. 1 und 2 AsylVfG qualifiziert werden. Es kann nicht davon ausgegangen werden, dass der albanische Staat grundsätzlich nicht willens und in der Lage ist (vgl. § 3d Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 2 AsylVfG), vor solchen Übergriffen Schutz zu bieten bzw. dagegen einzuschreiten oder solchen vorzubeugen. Im Juni 2014 wurde Albanien der Status des Beitrittskandidaten zur Europäischen Union verliehen. Die Entscheidung des Europäischen Rats war Anerkennung der von Albanien unternommenen Reformmaßnahmen und gleichzeitig eine Ermutigung, notwendige Reformen weiter voranzutreiben. Aus den sich auf den Zeitraum Oktober 2013 bis September 2014 beziehenden Fortschrittsberichten der EU-Kommission ergibt sich, dass Albanien, auch wenn in vielen Bereichen noch Mängel festzustellen sind, u. a. Reformmaßnahmen im Bereich der Justiz und der öffentlichen Verwaltung umgesetzt, Fortschritte im Kampf gegen die Korruption erreicht sowie auch Maßnahmen zur Anerkennung der Rechte von Minderheiten unternommen hat. Die Lebensbedingungen, der Zugang zu Bildung, Beschäftigung und Gesundheits- sowie Sozialfürsorge von Roma müssen allerdings noch weiter verbessert werden.
11Vgl. hierzu European Commission, Albania, Progress Report, October 2014, Enlargement, S. 1; European Commission, Brussels, 8.10.2014, Commission Staff Working Document, Albania 2014 Progress Report, Enlargement Strategy and Main Challenges 2014 - 2015, u. a. S. 12 f., 49 f., 53 f., und Auswärtiges Amt, EU-Perspektive für Albanien, www.auswaertiges-amt.de.
12Mit Blick darauf kann, auch wenn nach den Feststellungen der EU-Kommission in Albanien noch weitere Reformmaßnahmen erforderlich sind, eine grundsätzlich dem albanischen Staat zurechenbare Verfolgung durch polizeiliche Übergriffe auf Demonstrationsteilnehmer oder ethnische Minderheiten wie den Roma nicht bejaht werden. Denn der albanische Staat hat Reformwillen nicht nur gezeigt, sondern auch Reformen, gerade im Bereich der Justiz und Verwaltung, nachweisbar auf den Weg gebracht. Soweit der von den Klägern beigebrachte Bericht des Menschenrechtskommissars des Europäischen Rats vom 16. Januar 2014
13- Commissioner for Human Rights, Straßbourg, 16 January 2014, Report by Nils Muižnieks, Commissioner for Human Rights of the Council of Europe, Following his visit to Albania from 23 to 27 September 2013 ‑
14anderes aufzeigt und etwa „an die Einhaltung der Null-Toleranz-Politik in Bezug auf die Menschenrechte erinnert, an die Einführung einer Antikorruptionspolitik und von Kontrollmechanismen, die in Übereinstimmung stehen mit den Empfehlungen des European Code of Policy Ethics“, führt dies zu keiner anderen Bewertung. Der Bericht bezieht sich auf einen dem Status Albaniens als Beitrittskandidat zur Europäischen Union vorangegangenen Zeitraum und ist damit nicht nur zeitlich, sondern - wie sich aus den oben wiedergegebenen Ausführungen aus den benannten Erkenntnissen ergibt - auch inhaltlich weitestgehend überholt, sodass er jedenfalls keinen Anlass zur Klärung der von den Klägern aufgeworfenen Fragen in einem Berufungsverfahren bieten kann.
15Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 154 Abs. 2, 159 Satz 1 VwGO, 100 ZPO 83b AsylVfG.
16Das Urteil des Verwaltungsgerichts ist nunmehr rechtskräftig (§ 78 Abs. 5 Satz 2 AsylVfG).
17Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 80 AsylVfG).
Tenor
Der Antrag wird abgelehnt.
Die Antragsteller tragen die Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens.
1
Gründe:
2Der am 16. November 2015 sinngemäß gestellte Antrag,
3die aufschiebende Wirkung der Klage 17 K 7649/15.A gegen die in Ziffer 5 des Bescheides des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) vom 9. November 2015 enthaltene Abschiebungsandrohung anzuordnen,
4hat keinen Erfolg.
5I. Der zulässige Antrag ist unbegründet.
6Das Gericht kann die aufschiebende Wirkung der Klage gemäß § 80 Abs. 5 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) i.V.m. Art. 16a Abs. 4 Satz 1 Grundgesetz (GG), § 36 Abs. 4 Satz 1 Asylgesetz (AsylG) nur anordnen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsaktes bestehen. Dies ist nicht der Fall. Der Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 9. November 2015 begegnet insoweit keinen rechtlichen Bedenken.
7Die Antragsteller haben in dem für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage gemäß § 77 Abs. 1 Satz 1 AsylG maßgeblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung keinen Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft gemäß § 3 Abs. 1 AsylG sowie auf Anerkennung als Asylberechtigte gemäß Art. 16a Abs. 1 GG. Darüber hinaus besteht kein Anspruch auf Zuerkennung subsidiären Schutzes gemäß § 4 Abs. 1 AsylG. Unter Berücksichtigung des Vorbringens im Verwaltungsverfahren und im gerichtlichen Verfahren sind die Antragsteller in Albanien einer asyl- oder flüchtlingsrechtlich relevanten Verfolgung offensichtlich nicht ausgesetzt. Des Weiteren besteht kein Anspruch hinsichtlich der Feststellung nationaler Abschiebungsverbote gemäß § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 Aufenthaltsgesetz (AufenthG). Beachtliche Anhaltspunkte, der Klage entgegen der in § 75 Abs. 1 AsylG getroffenen gesetzlichen Grundentscheidung aufschiebende Wirkung zukommen zu lassen, sind nicht ersichtlich.
8Das Gericht folgt den tragenden Feststellungen und der im Wesentlichen zutreffenden Begründung des ausführlichen Bescheides des Bundesamtes vom 9. November 2015 und sieht von einer weiteren Darstellung der Gründe – mit Ausnahme der folgenden ergänzenden Ausführungen – ab (§ 77 Abs. 2 AsylG).
91. Ein Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft gemäß § 3 Abs. 1 AsylG besteht bereits deshalb nicht, weil den Antragstellern in Albanien keine flüchtlingsrechtlich relevante Verfolgung wegen ihrer Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe droht (§ 3 Abs. 1 Nr. 1 AsylG).
10Der Antragsteller zu 1. trägt im Wesentlichen vor, er sei wegen eines Blutrachekonfliktes in die Bundesrepublik Deutschland geflohen. Sein Bruder habe in einem Nachtlokal im Kosovo den Cousin seiner Mutter im Juni 2013 umgebracht. Er sei selbst nicht bei der Tat gewesen. Der Bruder sei daraufhin vor der dortigen Polizei nach Albanien geflohen, habe sich jedoch dann im Kosovo gestellt und sei schließlich wegen der Tat fünf Monate im Kosovo im Gefängnis gewesen. Wann dass genau gewesen sei, erinnere er sich nicht. Gegen Geldzahlung sei sein Bruder vorzeitig frei gekommen. Der Onkel mütterlicherseits habe daraufhin seinen Bruder mit dem Tode bedroht, so dass dieser vor etwa vier Monaten nach Spanien geflohen sei nachdem der Antragsteller zu 1. ihn zuvor versteckt gehalten habe. Vor vier Monaten habe auch er, der Antragsteller, beschlossen, nach Italien auszureisen, er habe dort drei Schwestern und in Albanien außer Vater und Mutter keine Familie mehr. Zudem sei seine Frau, die Antragstellerin zu 2., schwanger gewesen. Er habe so nicht mehr leben können. Direkt von Angesicht zu Angesicht sei er nicht bedroht worden, er habe nur Nachrichten erhalten. Zur Polizei sei er nicht gegangen. Unterlagen über den vermeintlichen Blutrachekonflikt könne er nicht vorlegen, er habe nur solche über die Entlassung seines Bruders aus dem Gefängnis.
11Die Antragstellerin zu 2. trägt maßgeblich vor, sie habe mit einem ihrer Onkel Probleme gehabt, der sie seit ihrem 13. Lebensjahr sehr streng habe erziehen wollen. Nach Abschluss der Ausbildung zur Krankenschwester habe sie sich verlobt und sei von dem Antragsteller zu 1. schwanger geworden. Gegen diese Verbindung sei ihr Onkel gewesen, auch wegen der Konfessionsverschiedenheit zu ihrem Ehemann. Sie sei Muslimin, er Katholik. Anlässlich eines Familienfestes habe dieser Onkel auf sie geschossen. Ihr jüngster Onkel habe eine für sie bestimmte Kugel abbekommen und sei gestorben. Dies belaste sie sehr. Der Onkel sei daraufhin von der Polizei festgenommen worden und befinde sich im Gefängnis.
12Im Rahmen der Verfolgungsmerkmale des § 3 Abs. 1 Nr. 1 AsylG wäre hier allenfalls nach dem geltend gemachten Vortrag beider Antragsteller eine Verfolgung wegen Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe in Betracht zu ziehen. Die von den Antragstellern behauptete Bedrohung von ihnen und gegebenenfalls ihrer Familien durch nichtstaatliche Akteure (vor allem den Onkel mütterlicherseits / älteren Onkel) begründet jedoch nicht die Eigenschaft der „Familie“ als „soziale Gruppe“ im Sinne dieser Norm,
13vgl. OVG Schleswig-Holstein, Urteil vom 27. Januar 2006 – 1 LB 22/05 –, juris Rn. 36ff.; VG Düsseldorf, Urteil vom 12. März 2015 – 6 K 8197/14.A –, juris Rn. 25ff.; VG Düsseldorf, Beschluss vom 14. Oktober 2015 – 17 L 3111/15.A –, n.v.; VG Düsseldorf, Beschluss vom 29. Oktober 2015 ‑ 17 L 3382/15.A ‑, n.v.
14Eine Definition des Begriffs der „sozialen Gruppe“ fehlt zwar im AsylG und ist auch den Gesetzesmaterialien nicht zu entnehmen. Art 10 Abs. 1 lit. d) der Richtlinie 2011/95/EU vom 13. Dezember 2011 lässt sich indes entnehmen, dass eine Gruppe im Sinne der Verfolgungsgründe in dem betreffenden Land einen unveränderlichen Hintergrund sowie eine deutlich abgegrenzte Identität aufweisen muss, da sie von der sie umgebenden Gesellschaft als andersartig betrachtet wird. Diese Abgrenzbarkeit muss schon vor der in Rede stehenden Verfolgung bestehen,
15vgl. zur Richtlinie 2004/83/EG: EuGH, Urteil vom 7. November 2013 – C-199/12 u.a. –, juris Rn. 45; OVG Schleswig-Holstein, Urteil vom 27. Januar 2006 – 1 LB 22/05 –, juris Rn. 38.
16Es ist grundsätzlich davon auszugehen, dass eine Familie durch die alle Mitglieder verbindende Verwandtschaft ein unveränderbares Merkmal teilt. Allerdings wird eine Familie in der Gesellschaft in Albanien in der Regel nicht als von der übrigen Gesellschaft deutlich abgrenzbare Gruppe mit eigener („Gruppen“-)Identität im Sinne von § 3b Abs. 1 Nr. 4 AsylG wahrgenommen. Im Fall der Antragsteller ist dies nicht der Fall. Der Antragsteller zu 1. wird von den Angehörigen des Opfers, das 2013 von seinem Bruder getötet worden sein will, allenfalls als Angehöriger der Familie des „Täters“ bedroht; nur von diesen, nicht auch von (irgendwelchen) anderen Bürgerinnen und Bürgern in Albanien werden sie in diesem Sinne „unterscheidend“ wahrgenommen. Die Unterscheidung, die auf Grund der vermeintlichen Blutracheproblematik getroffen wird, entsteht somit erst durch die Verfolgungshandlung. Ein solcher Fall liegt nicht im Anwendungsbereich des in §§ 3 Abs. 1, 3b Abs. 1 AsylG geschützten Rechtsguts,
17vgl. OVG Schleswig-Holstein, Urteil vom 27. Januar 2006 – 1 LB 22/05 –, juris Rn. 39; OVG Hamburg, Beschluss vom 5. Dezember 2008 – 5 Bf 45/07.AZ –, juris Rn. 23ff.; Sächs.OVG, Urteil vom 26. Februar 2013 – A 4 A 702/08 –, juris Rn. 45; Bay.VGH, Urteil vom 9. August 2010 ‑ 11 B.0930091 ‑, juris Rn. 38; VG Düsseldorf, Urteil vom 12. März 2015 – 6 K 8197/14.A –, juris Rn. 28f.; VG Düsseldorf, Beschluss vom 14. Oktober 2015 – 17 L 3111/15.A –, n.v.; VG Düsseldorf, Beschluss vom 29. Oktober 2015 ‑ 17 L 3382/15.A ‑, n.v.
18Die Antragstellerin zu 2. wird schon nicht als Mitglied einer bestimmten sozialen Gruppe, sondern letztlich wegen ihres individuellen Lebenswandels bedroht. Schwierigkeiten mit den albanischen Behörden haben beide Antragsteller bei ihrer Anhörung am 6. November 2015 nicht angegeben.
192. Die Voraussetzungen für eine Anerkennung der Antragsteller als Asylberechtigte gemäß Art. 16a Abs. 1 GG liegen schon deshalb nicht vor, weil sie nach ihren eigenen Angaben von Albanien aus über Italien und weitere Drittländer auf dem Landweg in die Bundesrepublik Deutschland mithilfe eines Schwagers des Antragstellers zu 1. eingereist sind. Da die Bundesrepublik Deutschland ausschließlich von sicheren Drittstaaten umgeben ist (vgl. § 26a Abs. 2 AsylG i.V.m. Anlage I zu § 26a AsylG), ist die Asylanerkennung hier bei einer Einreise über den Landweg gemäß Art. 16a Abs. 2 Satz 1 GG i.V.m. § 26a Abs. 1 AsylG ausgeschlossen. Ungeachtet dessen liegen auch die materiellen Voraussetzungen für die Gewährung des Asylgrundrechts aus denselben Gründen nicht vor, die einer Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft entgegenstehen.
203. Die Antragsteller haben auch keinen Anspruch auf Zuerkennung subsidiären Schutzes gemäß § 4 Abs. 1 AsylG. Sie haben keine stichhaltigen Gründe für die Annahme vorgebracht, ihnen drohte in Albanien ein ernsthafter Schaden gemäß des hier allein ernstlich in Betracht zu ziehenden § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 AsylG durch Folter, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung sowie Bestrafung.
21a) Hinsichtlich des Antragstellers zu 1. ist bereits unglaubhaft, dass eine Blutfehde mit der Familie des Onkels mütterlicherseits besteht. An den entscheidenden Stellen bei der Anhörung vor dem Bundesamt am 6. November 2015 bleibt sein Vortrag substanzarm und unkonkret. So will die Ermordung seines Cousins durch den Bruder des Antragstellers zu 1. innerhalb der Familie zunächst als Selbsttötung getarnt worden sein. Nach Angaben des Antragstellers hat dies der Onkel mütterlicherseits auch geglaubt. Weshalb die Familie des Antragstellers zu 1. dann dem Onkel die Ermordung ohne Weiteres berichtet und die etwaige Konsequenz einer Blutrachefehde in Kauf genommen haben will, erschließt sich schon nicht. Weiterhin ist wenig nachvollziehbar, weshalb sich der Antragsteller zu 1. sofort nach der angeblichen Tat seines Bruders im Juni 2013 jedenfalls aber nach dessen Freilassung (hier ist der Vortrag widersprüchlich) versteckt gehalten, zugleich indes sein Ladenlokal noch bis Ende April 2015 weitergeführt haben will. Selbst wenn er „einen Manager“ für die Führung des Geschäfts gehabt hätte, ist der Vortrag, die Brüder des Onkels mütterlicherseits hätten sofort mitbekommen, wenn er aus seinem Versteck gegangen wäre und hätten ihn dann töten können, unstimmig zu seiner Einlassung, er habe sich mit seiner Mutter in seinem Lokal getroffen und habe sein Versteck mit ihr verlassen können („Ich bin mit meiner Mutter raus“). Schließlich war es ihm auch möglich unbehelligt seine Frau, die Antragstellerin zu 2., die angeblich getrennt von ihm in ihrem eigenen Haus gelebt haben will, regelmäßig zu sehen, zumal sie von dem Antragsteller zu 1. auch schwanger wurde. Die Antragstellerin zu 2. hat ihn nach ihrem eigenen Vortrag im Übrigen im Mai 2015 in Italien besucht, so dass erkennbar unglaubhaft ist, wenn der Antragsteller zu 1. angibt, er habe sich die ganze Zeit bis zu seiner Ausreise in Albanien versteckt gehalten. Angesichts der behaupteten Bedrohungssituation ist es schließlich nicht nachvollziehbar, weshalb er weder ansatzweise versucht hat, in einen anderen Landesteil Albaniens auszuweichen noch zu irgendeinem Zeitpunkt Kontakt zur Polizei zu suchen bzw. sich an ein Versöhnungskomitee oder eine sonstige Schlichtungsstelle für Blutrachefälle zu wenden. Verfolgungsversuche durch den Onkel mütterlicherseits, geschweige denn hartnäckige, werden letztlich nicht benannt. Die geschilderten Rachenachrichten bleiben unkonkret. Wenn der Antragsteller schließlich behauptet, er wolle die Familie seiner Frau nicht in den Blutrachekonflikt hineinziehen, deswegen könne er zum Teil keine weiteren Angaben machen (Antwort beim Bundesamt: „Jetzt ziehen Sie meine Frau da nicht mit rein“), übersieht er, dass Blutrache sich nach dem „Kanun“, auf den sich der Antragsteller zu 1. selbst namentlich beruft, in erster Linie gegen den Täter und dann männliche Angehörige seiner Sippe richtet, wenn dieser nicht zu fassen ist. Frauen und Kinder sind grundsätzlich ausgenommen und damit nicht nur die Antragstellerin zu 2., sondern deren ganze Familie,
22vgl. Auskunft des Auswärtigen Amtes vom 30. Mai 2015; Bundesamt, Blickpunkt Albanien - Blutrache, April 2014, S. 11.
23Aus dem Vortrag der Antragsteller ergeben sich keine Anhaltspunkte dafür, ausnahmsweise sei die Antragstellerin zu 2. einer solchen Bedrohung durch Teile der Familie ihres Ehemannes ebenfalls ausgesetzt. Es liegt daher die Annahme nahe, dass der Antragsteller zu 1. keiner persönlichen Bedrohungssituation ausgesetzt war.
24b) In der Person der Antragstellerin zu 2. liegen ebenso keine stichhaltige Gründe für die Annahme, sie sie im Falle ihrer Rückkehr nach Albanien mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit einer unmenschlichen Behandlung in Gestalt eines Racheaktes ihres Onkels ausgesetzt, vor. Selbst wenn sich die von ihr geschilderte Auseinandersetzung bei der einer ihrer Onkel auf sie geschossen und statt ihrer den jüngeren Onkel getötet haben will so zugetragen hat, lässt sich die Gefahr eines ernsthaften Schadens für sie nicht beachtlich wahrscheinlich bei Rückkehr mit der gebotenen konkreten Gegenwärtigkeit ableiten. Denn ihr Onkel ist unstreitig verhaftet worden und befindet sich derzeit im Gefängnis; erweisen sich die Tatvorwürfe als wahr hat er offenkundig mit einer mehrjährigen Haftstrafe zu rechnen. Ob er gegen Bestechungsgeld freikommt oder einen gedungenen Mörder gegen sie beauftragt, ist bloße Spekulation und befindet sich nur im möglichen, nicht aber beachtlich wahrscheinlichen Bereich. Auch kann aus dem Umstand, dass ihr Ehemann in einen - vom Gericht hier nicht für glaubhaft befunden - Blutrachekonflikt verwickelt sein will, keine Gefahr für die Antragstellerin zu 2. abgeleitet werden. Wie unter I. 3. a) dargelegt, richtet sich Blutrache in erster Linie gegen den Täter und dann männliche Angehörige seiner Sippe, wenn dieser nicht zu fassen ist. Anhaltspunkte für eine Abweichung hiervon sind weder dargelegt noch sonst ersichtlich.
25c) Darüber hinaus scheidet die Zuerkennung subsidiären Schutzes auch deshalb aus, weil nicht erwiesenermaßen feststeht, dass die albanischen Sicherheitsbehörden nicht willens oder in der Lage sind, beiden Antragstellern Schutz vor einem ernsthaften Schaden durch nichtstaatliche Akteure zu gewähren, vgl. § 4 Abs. 3 i.V.m. § 3c Nr. 3 AsylG. Die albanischen Sicherheitsbehörden sind trotz nach wie vor bestehender Defizite generell fähig und willig, vor einem solchen Schaden durch nichtstaatliche Akteure Schutz zu gewähren, vgl. § 3d Abs. 1 und 2 AsylG. Im Juni 2014 wurde Albanien der Status des Beitrittskandidaten zur Europäischen Union verliehen. Die Entscheidung des Europäischen Rats war Anerkennung der von Albanien unternommenen Reformmaßnahmen und gleichzeitig eine Ermutigung, notwendige Reformen weiter voranzutreiben. Aus den sich auf den Zeitraum Oktober 2013 bis September 2014 beziehenden Fortschrittsberichten der EU-Kommission ergibt sich, dass Albanien, auch wenn in vielen Bereichen noch Mängel festzustellen sind, u. a. Reformmaßnahmen im Bereich der Justiz und der öffentlichen Verwaltung umgesetzt und Fortschritte im Kampf gegen die Korruption und die organisierte Kriminalität erreicht hat. Denn der albanische Staat hat Reformwillen nicht nur gezeigt, sondern auch Reformen, gerade im Bereich der Justiz und Verwaltung, nachweisbar auf den Weg gebracht,
26vgl. OVG NRW, Beschluss vom 23. Februar 2015 - 11 A 334/14.A -, juris Rn. 8 m.w.N; Bundesamt, Blickpunkt Albanien - Blutrache, April 2014, S. 17ff. m.w.N.; Home Office, Country Information and Guidance - Albania: Blood feuds, 2014, S. 6, http://www.refworld.org/docid/53b698e74.html, aufger. am 20. November 2015.
27Diese Anstrengungen erstrecken sich nicht zuletzt unter dem Eindruck gestiegener Asylbewerberzahlen in Europa auch auf das Phänomen der Blutrache, die der albanische Staat verstärkt bekämpft. Der albanische Staat hat spezielle Rechtsvorschriften erlassen bzw. auf den Weg gebracht. So wurde im Zuge der Novellierung des albanischen Strafgesetzbuchs im Jahre 2012 die vorsätzliche Tötung im Kontext mit Blutrache oder Blutfehde mit nunmehr nicht weniger als dreißig Jahren Freiheitsstrafe pönalisiert (Art. 78a). Selbst die Androhung von Blutrache wird mit einer Geldstrafe oder Inhaftierung bis zu drei Jahren bestraft (Art. 83a),
28vgl. Bundesamt, Blickpunkt Albanien - Blutrache, April 2014, S. 18; Home Office, Country Information and Guidance - Albania: Blood feuds, 2014, S. 19, http://www.refworld.org/docid/53b698e74.html, aufger. am 20. November 2015.
29Die Ermittlungen und Strafverfolgungsmaßnahmen haben sich in ihrer Wirksamkeit verbessert. Gerade in Städten Nordalbaniens (Shkoder, Lezhe, Kukes) findet eine aktive Arbeit der Ermittlungsbehörden gegen Blutrache statt. Die Regierung hat die Ermittlungsbehörden zur Strafverfolgung von Blutrachefällen angewiesen, so dass im Jahre 2014 eine Reihe von Tätern angeklagt wurde,
30vgl. Home Office, Country Information and Guidance - Albania: Blood feuds, 2014, S. 6, http://www.refworld.org/docid/53b698e74.html, aufger. am 20. November 2015.
31Seitens des Ombudsmannes wurden zahlreiche Anstrengungen unternommen, staatliche Institutionen und die Öffentlichkeit zu sensibilisieren. Auf sein Bestreben wurde eine Task-Force für die Verfolgung und Untersuchung von Fällen eingerichtet, in denen die Behörden nicht ausreichend eingegriffen hatten,
32vgl. Bundesamt, Blickpunkt Albanien - Blutrache, April 2014, S. 18.
33Vor diesem Hintergrund kann nicht festgestellt werden, dass ein Schutzersuchen des Antragstellers zu 1. bei der Polizei von vornherein aussichtslos gewesen wäre. Etwas substantiiert Abweichendes hat er auch nicht vorgetragen, insbesondere ist nicht nachvollziehbar dargelegt, weshalb es ihm über zwei Jahre lang nach dem vermeintlichen Vorfall hinweg nicht möglich gewesen sein soll, selbst um Schutz bei der Polizei nachzusuchen oder, dass dieser Schutz ihm erwiesenermaßen verweigert worden wäre. Die Einlassung, er könne der Polizei nicht sagen, dass er „umgebracht“ werden solle, weil sein Onkel mütterlicherseits dieses Recht einfordere, ist kein beachtlicher Grund, nicht zu den Sicherheitskräften zu gehen. Für die Schutzwilligkeit und -fähigkeit der Polizei bei innerfamiliären Konflikten spricht gerade im Übrigen der Fall der Antragstellerin zu 2. - wenngleich es sich dabei eher um kriminelles Unrecht und weniger um eine Blutracheproblematik handeln dürfte -, denn dort hat sie den Onkel der Antragstellerin verhaftet. Es gibt auch entgegen der Ansicht der Antragstellerin keine Anhaltspunkte, die Polizei würde bei einem religiösen privaten Konflikt (familiärer Unmut, weil die Antragsteller konfessionsverschieden geheiratet haben) nicht einschreiten. Ungeachtet dessen, dass schon allgemein keine Religionsgemeinschaft durch staatliche Maßnahmen bevorzugt oder diskriminiert wird und keine maßgeblichen religiös motivierten Konflikte existieren,
34vgl. Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Republik Albanien vom 10. Juni 2015, S. 7,
35ist die Polizei ja gerade auch tatsächlich im Falle der Antragstellerin bereits eingeschritten. Weshalb dies nicht bei einem erneuten Bedrohungspotential noch einmal möglich sein sollte, verbleibt unklar.
36Lediglich am Rande wird angemerkt, dass es dem Antragsteller zu 1. im Rahmen der unterstellten Blutracheproblematik weiter möglich und zumutbar wäre, das Nationale Versöhnungskomitee oder andere Stellen die in diesem Bereich tätig sind einzuschalten,
37vgl. Bundesamt, Blickpunkt Albanien - Blutrache, April 2014, S. 13f.,
38um eine Versöhnung oder Einigung herbeizuführen.
39d) Ungeachtet dessen ist die Zuerkennung subsidiären Schutzes gemäß § 4 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. § 3e AsylG ausgeschlossen, weil sich beide Antragsteller -selbst ihren Vortrag als wahr unterstellt - auf internen Schutz verweisen lassen müssen. Sie können einer Art. 3 Europäische Menschenrechtskonvention zuwiderlaufenden Behandlung dadurch begegnen, dass sie sich in einem anderen Teil Albaniens niederlassen. Eine innerstaatliche Wohnsitzalternative ist grundsätzlich immer dann gegeben, wenn für eine Person in einem Teil ihres Herkunftslandes keine Gefahr eines ernsthaften Schadens besteht und sie sicher und legal in diesen Landesteil reisen kann, dort aufgenommen wird und vernünftigerweise dort erwartet werden kann, dass sie sich dort niederlässt, vgl. § 4 Abs. 3 Satz 2 i.V.m. § 3e Abs. 1 AsylG. Dies ist hier der Fall. Die Antragsteller können jedenfalls durch Verlegung ihres Wohnsitzes in urbane Zentren anderer - vor allem südlicher - Landesteile Albaniens, wo ein Leben in gewisser Anonymität möglich ist, eine etwaige Gefahr für Leib oder Leben abwenden,
40vgl. Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Republik Albanien vom 10. Juni 2015, S. 11; VG Düsseldorf, Urteil vom 12. März 2015 ‑ 6 K 8197/14.A ‑, juris Rn. 63; VG Düsseldorf, Beschluss vom 14. Oktober 2015 – 17 L 3111/15.A –, n.v.; VG Düsseldorf, Beschluss vom 29. Oktober 2015 – 17 L 3382/15.A –, n.v.
41Weshalb dies nicht möglich sein soll, legen sie nicht dar. Soweit die Antragstellerin zu 2. angibt, Albanien sei dafür zu klein, ist diese Behauptung zu pauschal und überzeugt nicht, zumal weder die Antragsteller den Versuch unternommen haben, ihren Wohnort (wohl W. in der Nähe von U. ) innerhalb Albaniens in eine andere größere Stadt zu verlegen noch greifbare Anhaltspunkte dafür bestehen, die Opferfamilie im Falle des Antragstellers zu 1. und der Onkel im Falle der Antragstellerin zu 2. hätten ein Interesse daran und auch entsprechende Möglichkeiten, die Antragsteller andernorts zu finden, um eine ‑ vom Gericht bereits nicht angenommene ‑ „Blut“-rache oder sonstiges kriminelles Unrecht auszuführen.
424. Schließlich liegen keine zielstaatsbezogenen Abschiebungsverbote in Bezug auf Albanien vor. Für die Antragsteller besteht in Albanien keine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit gemäß § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit. Eine Gefahr im Sinne dieser Norm für die dort benannten Rechtsgüter ist erheblich, wenn eine Beeinträchtigung von besonderer Intensität zu erwarten ist. Das ist insbesondere der Fall, wenn sich der Gesundheitszustand des Ausländers aufgrund zielstaatsbezogener Umstände im Zielstaat wesentlich oder gar lebensbedrohlich verschlechtern würde. Konkret ist eine derartige Gefahr, wenn die Verschlechterung alsbald nach der Rückkehr eintritt,
43vgl. BVerwG, Urteil vom 17. Oktober 2006 - 1 C 18.05, juris Rn. 15; BVerwG, Urteil vom 25. November 1997 - 9 C 58.96, juris Rn. 13.
44Aus den vorgenannten Gründen unter I. 3. a) haben die Antragsteller keine erhebliche Gefährdungssituation mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit vorgetragen. Gleiches gilt für die von der Antragstellerin zu 2. weiter geltend gemachte psychische Erkrankung. Sie hat bei der Anhörung vor dem Bundesamt am 6. November 2015 vorgetragen, sie sei wegen der Geschehnisse mit ihrem Onkel alle zwei Wochen in psychologischer Behandlung in Albanien gewesen. Diese sei privat finanziert worden. Unterlagen, Atteste oder ähnliches habe sie nicht dabei.
45Die vermeintlichen psychischen Probleme der Antragstellerin wurden bereits nicht hinreichend substantiiert dargelegt. Zur Substantiierung eines Sachvortrags, der das Vorliegen einer behandlungsbedürftigen psychischen Erkrankung zum Gegenstand hat, gehört regelmäßig die Vorlage eines gewissen Mindestanforderungen genügenden fachärztlichen Attestes. Aus diesem muss sich nachvollziehbar ergeben, auf welcher Grundlage der Facharzt seine Diagnose gestellt hat und wie sich die Krankheit im konkreten Fall darstellt. Dazu gehören etwa Angaben darüber, seit wann und wie häufig sich der Patient in ärztlicher Behandlung befunden hat und ob die von ihm geschilderten Beschwerden durch die erhobenen Befunde bestätigt werden. Des Weiteren sollte das Attest Aufschluss über die Schwere der Krankheit, deren Behandlungsbedürftigkeit sowie den bisherigen Behandlungsverlauf (Medikation und Therapie) geben,
46vgl. BVerwG, Urteil vom 11. September 2007 – 10 C 8/07 –, juris Rn. 15.
47Ungeachtet dessen ist aber auch nicht zu erkennen, die Antragstellerin zu 2. wäre bei einer Rückkehr nach Albanien einer drohenden erheblichen Gesundheitsgefahr aufgrund der unterstellten psychischen Erkrankung ausgesetzt. Mangels gegenteiliger durchgreifender Erkenntnisse ist eine medizinische und therapeutische Versorgung von psychisch Erkrankten -zumindest medikamentös- in Albanien auf rechtlich maßgeblichem Landesniveau gewährleistet und auch zugänglich. Die medizinische Versorgung in staatlichen Krankenhäusern und Polikliniken ist grundsätzlich kostenlos über eine staatliche Krankenversicherung gesichert. Die örtlichen Apotheken bieten ein relativ großes Sortiment von gängigen Medikamenten und es besteht die Möglichkeit, weitere Medikamente aus dem Ausland zu beschaffen,
48vgl. Auskunft der Botschaft der Bundesrepublik Deutschland vom 29. März 2013 - zu Frage 22; s. bereits Auskunft der Botschaft der Bundesrepublik Deutschland vom 3. September 2003; s. zur Erreichbarkeit und Kostenübernahme von Medikamenten Lagebericht des Auswärtigen Amtes vom 10. Juni 2015, S. 13; Schweizerische Flüchtlingshilfe, Albanien: Posttraumatische Belastungsstörung; Blutrache, Auskunft der SFH- Länderanalyse, Stand: 13. Februar 2013, S. 6f..
49Dass die Antragstellerin zu 2. im Übrigen überhaupt zwingend auf Medikamente angewiesen wäre, lässt sich ihrem Vortrag auch nicht entnehmen. Schließlich ist nicht ersichtlich, sie könne in Albanien nicht etwaige Behandlungskosten tragen, denn bereits vor ihrer Ausreise hat sie die psychologische Behandlung aus privaten Einnahmen beglichen.
50II. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Gerichtskosten werden gemäß § 83b AsylG nicht erhoben.
51Der Gegenstandswert ergibt sich aus § 30 Abs. 1 Rechtsanwaltsvergütungsgesetz.
52Der Beschluss ist unanfechtbar, § 80 AsylG.
Tenor
Der Bescheid der Beklagten vom 28. November 2014 wird in Nr. 1. und 2. insoweit aufgehoben, als darin ein Offensichtlichkeitsurteil gemäß § 30 Abs. 3 AsylVfG enthalten ist. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens zu 4/5 und die Beklagte zu 1/5.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Kläger können die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
1
Tatbestand:
2Der am 00. März 1995 in Bajram Curri geborene Kläger ist ebenso wie seine Verlobte, die am 00. Januar 1996 in Burrel geborene Klägerin, albanischer Staatsangehöriger muslimischen Glaubens.
3Der Kläger reiste am 28. Juni 2014 auf dem Luftweg aus dem Kosovo (Prishtina) in das Bundesgebiet ein. Die Klägerin folgte ihm am 12. Juli 2014 auf demselben Wege nach.
4Die Kläger stellten am 24. Juli 2014 bei dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge – nachfolgend: Bundesamt – einen Asylantrag, den sie bei ihrer Anhörung durch das Bundesamt am 17. Oktober 2014 im Wesentlichen damit begründeten, dass dem Kläger ein Racheakt drohe. Der Kläger führte hierzu aus, er habe sich am 28. März 2013 gemeinsam mit mehreren Freunden und Bekannten zu einem vereinbarten Treffpunkt im Stadtviertel „L. e Q1. “ von Tirana begeben, um dort einen Streit mit zwei anderen Jugendlichen – K. S. und H. Q. – zu klären. Im Zuge der Auseinandersetzung sei er selbst von dem S. mit einer Eisenstange zwei Mal auf den Kopf geschlagen worden. Er habe sich trotzdem mit Faustschlägen zur Wehr gesetzt. Einer seiner Freunde („B. “) habe die Stange genommen und auf den Angreifer (S. ) eingeschlagen. Der H. Q. habe nur dagestanden wie betäubt. Später im Auto habe einer der Bekannten des Klägers – P. C. – gesagt, er habe den Q. an den Hals geschlagen und mit dem Messer ins Bein gestochen. Tatsächlich, so der Kläger, müsse er ihm aber ins Herz gestochen haben. Hiervon habe er, der Kläger, während der Schlägerei aber nichts mitbekommen. Der P. C. habe im Auto erzählt, dass er mit einem Messer auf den Q. eingestochen hätte. Sie hätten ihn daraufhin angeschrien, wie er das habe tun können. Anschließend hätten sie sich vom Tatort entfernt. Er selbst habe sich dann nach Hause begeben und seiner Familie von dem Vorfall erzählt. Später hätten sie in den Nachrichten gesehen, dass einer verstorben und einer verletzt gewesen sei. Hierauf habe er sich am nächsten Morgen der Polizei gestellt. Hierzu sei er zunächst ins Justizministerium gegangen. Dort hätten sich sein Vater und sein Onkel in einem Café aufgehalten. Von dort habe sein Vater die Polizei gerufen, die ihn, den Kläger, dann abgeholt habe. Er habe dann auf der Polizeidirektion seine Aussage gemacht und sei dann festgenommen worden. Er sei sodann Ende März 2013 inhaftiert und zunächst auch der Tötung in Mittäterschaft verdächtigt worden. Der C. sei zunächst flüchtig gewesen. Dessen Anwalt habe im Herbst 2013 die Tat eingeräumt. Hierauf sei Ende Dezember 2013 die Haft des Klägers in Hausarrest umgewandelt worden. Den Hausarrest habe er in der Wohnung in U. abgesessen. Die Maßnahme habe bis zum 7. April 2014 gedauert. Während seiner Haft sei die Familie Ende April 2013 durch die Familie des Getöteten bedroht worden. Auch er selbst habe von dem Bruder des Getöteten, F. Q. , über das online-Netzwerk „facebook“ am 18. Dezember 2013 und am 15. Januar 2014 Todesdrohungen erhalten. Seine Familie habe Anzeige bei der Polizei erstattet. Die Anzeige sei dort jedoch nicht ernst genommen worden, weil der Vater des Opfers bei der Garde der Republik arbeite. Versöhnungsversuche seines Onkels seien seines Wissens fehlgeschlagen. Am 8. Mai 2014 sei er mit der Klägerin mit dem Bus in das Heimatdorf der Eltern bei U1. (E. ) gefahren. Dort hätten die beiden Familien Verlobung gefeiert und die Ausreise der Kläger beschlossen. Der Kläger habe sich sodann nach Prishtina begeben; die Klägerin habe noch einen Pass beschaffen müssen und sei dann ebenfalls über Prishtina ausgereist. Er stehe mit seiner Familie telefonisch in Kontakt. Von ihr habe er erfahren, dass der wahre Täter mittlerweile festgenommen sei. Trotzdem seien weiterhin Bedrohungen ausgesprochen worden. Er selbst habe 2014 noch das Abitur am B1. -W. -Gymnasium in C1. D. abgelegt.
5Die Klägerin bestätigte in ihrer Anhörung die Angaben des Klägers und führte ergänzend aus, dass sich der Kläger während des Hausarrests mehrfach bei der Polizei habe melden müssen. Sie fühle sich ebenfalls gefährdet.
6Mit Bescheid vom 28. November 2014 lehnte das Bundesamt die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft und die Anerkennung als Asylberechtigte als offensichtlich unbegründet ab und stellte fest, dass der subsidiäre Schutzstatus nicht zuerkannt wird sowie Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG nicht bestehen. Ferner drohte es den Klägern für den Fall der Nichtausreise binnen einer Woche nach Bekanntgabe der Entscheidung die Abschiebung nach Albanien an. Zur Begründung hieß es im Wesentlichen, die Darstellung des Klägers von der Schlägerei sei aufgrund der dürftigen Schilderung in wesentlichen Punkten unglaubhaft und daher im Sinne des § 30 Abs. 3 Nr. 1 AsylVfG unsubstantiiert bzw. unschlüssig.
7Dagegen haben die Kläger die vorliegende Klage erhoben. Der Kläger macht unter Vorlage zahlreicher Unterlagen – vorwiegend Presseberichte und Gerichtsentscheidungen –, die dem Gericht in der durch eine albanische Notarin am 20. Dezember 2014 beglaubigten Übersetzung vorliegen, ergänzend geltend: Nach einem Bericht des Bundesamtes von April 2014 („Blickpunkt Albanien – Blutrache“) seien Blutrachefehden in Albanien nach wie vor gegenwärtig. Ihre Anzahl hätte sich zuletzt erhöht. Gefährdet seien nicht nur der Täter und dessen Familienangehörige, sondern auch Anstifter und Mittäter. Die albanische Polizei sei nach Einschätzung des Auswärtigen Amtes nur eingeschränkt in der Lage, Schutz zu gewähren, da sie käuflich sei und nicht immer nach rechtsstaatlichen Grundsätzen handele. In der mündlichen Verhandlung hat der Kläger vertiefend vorgetragen: Er habe die Abiturprüfungen im Juni 2014 erfolgreich absolviert. Dies sei ihm dadurch möglich geworden, dass er seit dem Umzug der Familie 2011 nach U. Fernunterricht erhalten habe. Auch in der Haft und im Hausarrest sei er beschult worden. In Deutschland habe er mitbekommen, dass der wahre Täter im September 2014 von der Polizei in Fier verhaftet worden sei. Seine Eltern hätten ihm hiervon berichtet. Die Bedrohungen des Bruders des Opfers, F. Q. , über „facebook“ hätten sich nicht wiederholt. Dieser habe ihn, den Kläger, aus seinem „facebook“-Account gelöscht. Er habe den Staatsanwalt von dem „facebook“-Eintrag berichtet. Dieser habe jedoch keine Veranlassung zum Handeln gesehen, da er erst den Ausgang des Verfahrens habe abwarten wollen. Auch seine Familie, die seit Mai 2013 in ihrem Heimatdorf E. bei U1. lebe, sei seit Mai 2013 nicht mehr telefonisch bedroht worden. Allerdings habe der Mann der im Ort Puke lebenden Tante des Klägers im November 2014 einen Versöhnungsversuch unternommen. Er habe den Vater des Opfers telefonisch kontaktiert und im Hinblick auf die Verhaftung des Täters um Versöhnung ersucht. Dies habe der Vater des Opfers mit den Worten abgelehnt, dass man dem Kläger nie verzeihen werde. Die Eltern des Klägers lebten nach wie vor in E. . Dort verdiene der Vater den Lebensunterhalt mit einer Chrommine, die der Familie gehöre und zu der er regelmäßig zur Arbeit gehe. Besuche in größeren Städten meide er. Wegen weiterer Einzelheiten wird auf das Sitzungsprotokoll Bezug genommen.
8Die Kläger beantragen,
9die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 28. November 2014 zu verpflichten, ihnen die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen und sie als Asylberechtigte anzuerkennen,
10hilfsweise, die Beklagte unter Aufhebung der Ziffern 3. bis 5. des Bescheides des Bundesamtes vom 28. November 2014 zu verpflichten, ihnen subsidiären Schutz zuzuerkennen,
11weiter hilfsweise, die Beklagte unter Aufhebung der Ziffern 4. und 5. des Bescheides des Bundesamtes vom 28. November 2014 zu verpflichten, festzustellen, dass ein Abschiebungsverbot gemäß § 60 Abs. 5 oder Abs. 7 Satz 1 AufenthG hinsichtlich Albaniens besteht.
12Die Beklagte beantragt,
13die Klage abzuweisen.
14Dem von den Klägern am 8. Dezember 2014 gestellten Antrag auf Gewährung gerichtlichen Eilrechtsschutzes (6 L 2986/14.A) hat der Einzelrichter mit Beschluss vom 23. Dezember 2014 stattgegeben und die aufschiebende Wirkung der Klage angeordnet. Ferner hat der Einzelrichter für das Klageverfahren mit Beschluss vom 19. Februar 2015 Prozesskostenhilfe bewilligt.
15Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Bundesamtes ergänzend Bezug genommen.
16Entscheidungsgründe:
17Die Klage ist zulässig (I.), jedoch nur in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet (II.).
18I. Die Klage ist insbesondere hinsichtlich der isolierten Anfechtung der Ablehnung der Anträge der Kläger als offensichtlich unbegründet in den Ziffern 1. und 2. des Bescheides vom 28. November 2014 zulässig. Es besteht ein Rechtsschutzinteresse der Kläger an der isolierten Aufhebung des der Begründung zufolge auf § 30 Abs. 3 Nr. 1 AsylVfG gestützten Offensichtlichkeitsausspruchs des Bundesamtes in diesem Bescheid. Die Kläger haben einen derart begrenzten Antrag zwar nicht ausdrücklich gestellt, dieser Antrag ist jedoch als „Minus“ von ihrem Antrag auf Anerkennung als Asylberechtigte sowie auf die Feststellung des Vorliegens der Voraussetzungen des § 60 Abs. 1 AufenthG umfasst.
19Vgl. VG Braunschweig, Urteil vom 3. März 2008 – 6 A 141/05 –, in juris sowie VG Düsseldorf, Urteil vom 27. Oktober 2011 – 27 K 7938/10.A. -
20Ein Rechtsschutzinteresse der Kläger ergibt sich aus der Regelung in § 10 Abs. 3 Satz 2 AufenthG. Danach darf die Ausländerbehörde grundsätzlich - von den in Satz 3 der Vorschrift geregelten Ausnahmen abgesehen - vor der Ausreise keinen Aufenthaltstitel erteilen, sofern der Asylantrag nach § 30 Abs. 3 AsylVfG als offensichtlich unbegründet abgelehnt wurde. Aufgrund dieser gesetzlichen Sperre für die Erteilung von Aufenthaltstiteln ergeben sich für diejenigen Ausländer, deren Asylantrag das Bundesamt nach § 30 Abs. 3 AsylVfG abgelehnt hat, auch insoweit aus dem angegriffenen Asylbescheid eigenständige nachteilige Rechtsfolgen, die nur mit der gerichtlichen Aufhebung des Offensichtlichkeitsurteils - soweit es auf § 30 Abs. 3 AsylVfG gestützt wird - abgewendet werden können.
21Vgl. zur weiteren Begründung: VG Braunschweig, Urteil vom 3. März 2008 – 6 A 141/05 -, juris; VG Düsseldorf, Urteil vom 27. Oktober 2011 – 27 K 7938/10.A - und Urteil vom 14. September 2007 – 21 K 2318/07.A –, juris; Schleswig-Holsteinisches VG, Urteil vom 4. Januar 2007 – 14 A 66/06 –, juris.
22Das Rechtsschutzinteresse an der Aufhebung des Offensichtlichkeitsausspruches kann allerdings nur soweit reichen, wie auch die Sperrwirkung des § 10 Abs. 3 Satz 2 AufenthG reicht, mithin sich nur auf eine Ablehnung als offensichtlich unbegründet beziehen, die konkret auf § 30 Abs. 3 AsylVfG gestützt ist. Maßgeblich dafür, ob der Asylantrag gerade wegen § 30 Abs. 3 AsylVfG abgelehnt wurde, ist der Inhalt des Bundesamtsbescheides; dieser muss sich ausdrücklich auf § 30 Abs. 3 AsylVfG beziehen.
23Dies ist vorliegend der Fall. Im Bescheid vom 28. November 2014 werden die Anträge der Kläger ausdrücklich als offensichtlich unbegründet gemäß § 30 Abs. 3 Nr. 1 AsylVfG abgelehnt, weil das Vorbringen insoweit als unsubstantiiert („unlogisch und unschlüssig“) zu werten sei.
24II. Die Klage ist nur teilweise begründet.
25Der Bescheid des Bundesamtes vom 28. November 2014 ist überwiegend rechtmäßig und verletzt die Kläger nicht in ihren Rechten; ihnen stehen zu dem gemäß § 77 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG maßgeblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung die geltend gemachten Ansprüche auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft (1.) und auf Anerkennung als Asylberechtigte (2.) nicht zu; insoweit ist lediglich das auf § 30 Abs. 3 AsylVfG gestützte Offensichtlichkeitsurteil des Bundesamtes aufzuheben (3.). Die ferner geltend gemachten Ansprüche auf Zuerkennung subsidiären Schutzes (4.) sowie auf Feststellung eines nationalen Abschiebungsverbotes gemäß § 60 Abs. 5 oder Abs. 7 Satz 1 AufenthG (5.) liegen ebenfalls nicht vor, so dass auch die Abschiebungsandrohung nicht zu beanstanden ist (6.), § 113 Abs. 1 Satz 1, Abs. 5 Satz 1 VwGO.
261. Nach § 3 Abs. 1 AsylVfG ist ein Ausländer ein Flüchtling im Sinne des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II 559, 560), wenn er sich aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe (Nr.1) außerhalb des Landes (Herkunftsland) befindet dessen Staatsangehörigkeit er besitzt und dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will (Nr. 2a) oder in dem er als Staatenloser seinen vorherigen gewöhnlichen Aufenthalt hatte und in das er nicht zurückkehren kann oder wegen dieser Furcht nicht zurückkehren will (Nr. 2b).
27Die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft ist vorliegend ausgeschlossen, da die von den Klägern geltend gemachte „Verfolgung“ durch die Familie des Getöteten (Gijergi Q. ) nicht an ein Verfolgungsmerkmal im Sinne von § 3 Abs. 1 Nr. 1 AsylVfG anknüpft. Denn die behauptete Verfolgungsfurcht beruht nicht auf der Rasse, Religion, Staatsangehörigkeit, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder einer politischen Überzeugung. In Betracht käme vorliegend allenfalls, die Familie des Klägers und dessen Verlobte, die Klägerin, als eine „soziale Gruppe“ im Sinne des § 3 Abs. 1 Nr. 1 AsylVfG anzusehen, als deren „Mitglied“ die Kläger insbesondere durch den Vater und den Bruder des Opfers bedroht wären.
28Eine Gruppe gilt nach § 3b Abs. 1 Nr. 4 AsylVfG insbesondere dann als eine „bestimmte soziale Gruppe“, wenn die Mitglieder dieser Gruppe angeborene Merkmale oder einen Hintergrund, der nicht verändert werden kann, gemein haben, oder Merkmale oder eine Glaubensüberzeugung teilen, die so bedeutsam für die Identität oder das Gewissen sind, dass der Betreffende nicht gezwungen werden sollte, auf sie zu verzichten. Zudem muss diese Gruppe in dem betreffenden Drittland eine deutlich abgegrenzte Identität haben, da sie von der sie umgebenden Gesellschaft als andersartig betrachtet wird. Diese Abgrenzbarkeit muss schließlich schon vor der in Rede stehenden Verfolgung bestehen.
29Vgl. zur Richtlinie 2004/83/EG: EuGH, Urteil vom 7. November 2013 – C-199/12, C-200/12, C-20112 –, juris (=NVwZ 2014, 132-135); OVG Schleswig-Holstein, Urteil vom 27. Januar 2006 – 1 LB 22/05 –, juris (= InfAulsR 2007, 256-259).
30Zwar ist davon auszugehen, dass eine Familie durch die alle Mitglieder verbindende Verwandtschaft ein unveränderbares Merkmal teilt. Eine „soziale Gruppe“ im Sinne des § 3 Abs. 1 Nr. 1 AsylVfG vermag sie aber nur dann darzustellen, soweit sie in der Gesellschaft des Heimatlandes des Antragstellers auch als deutlich abgrenzbare Gruppe mit eigener „Gruppenidentität“ wahrgenommen wird. Dies mag insbesondere in Ländern und Regionen in der Welt der Fall sein, wo ein Familienverband, ein Clan oder ein Stamm aufgrund äußerlicher Merkmale oder sonstiger Kennzeichen eine Gruppenidentität aufweist, insbesondere weil die Zugehörigkeit zur Familie, dem Clan oder dem Stamm im Lebensumfeld einen besonderen Stellenwert aufweist und identifikationsstiftend wirkt.
31Dies zugrunde gelegt, stellt die Familie des Klägers keine „soziale Gruppe“ im Sinne des § 3 Abs. 1 Nr. 1 AsylVfG dar. Der Kläger wird – sein Vorbringen als wahr unterstellt – von den Angehörigen des Getöteten allenfalls als vermeintlicher Tatbeteiligter bedroht; nur von diesen Personen, nicht auch von (irgendwelchen) anderen Bürgerinnen und Bürgern in Albanien wird er in diesem Sinne „unterscheidend“ wahrgenommen. Dies gilt in einer Großstadt wie U. , in der der Kläger bis zuletzt lebte, erst recht. Die Unterscheidung, die auf Grund der wie auch immer gearteten Beteiligung des Klägers an der Schlägerei vom 28. März 2013 getroffen wird, entsteht schließlich erst durch die (vermeintliche) Verfolgungshandlung. Ein solcher Fall liegt aber nicht im Anwendungsbereich des in § 3 Abs. 1 Nr. 1 AsylVfG geschützten Rechtsguts.
32Vgl. OVG Schleswig-Holstein, Urteil vom 27. Januar 2006 – 1 LB 22/05 –, juris Rn. 39 (= InfAuslR 2007, 256-259); VG Weimar, Urteil vom 31. August 2009 – 7 K 20238/07 We –, juris; OVG Hamburg, Beschluss vom 5. Dezember 2008 – 5 Bf 45/07. AZ –, juris Rn. 23 ff.; Sächs.OVG, Urteil vom 26. Februar 2013 – A 4 A 702/08 –, juris Rn. 45; BayVGH, Urteil vom 9. August 2010 – 11 B.0930091 –, juris Rn. 38; VG München, Urteil vom 11. Oktober 2013 – M 23 K 11.30203 –, juris Rn. 18; VG Ansbach, Urteil vom 10. Juli 2014 – AN 11 K 14.30425 –, juris Rn. 26
332. Ein Anspruch der Kläger auf Anerkennung als Asylberechtigte nach Art. 16a Grundgesetz scheidet ebenfalls aus. Die Kläger sind nicht politisch verfolgt. Politische Verfolgung im Sinne von Art 16a Abs. 1 GG liegt vor, wenn sie dem Einzelnen in Anknüpfung an seine politische Überzeugung, seine religiöse Grundentscheidung oder an für ihn unverfügbare Merkmale, die sein Anderssein prägen, gezielt Rechtsverletzungen zufügt, die ihn ihrer Intensität nach aus der übergreifenden Friedensordnung der staatlichen Einheit ausgrenzen. Dementsprechend entfalten solche Verfolgungen Asylrelevanz, die sich auf die Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder die politische Überzeugung von Menschen beziehen.
34Vgl. BVerfG, Beschluss vom 10. Juli 1989 – 2 BvR 502/86, 2 BvR 1000/86, 2 BvR 961/86 –, BVerfGE 80, 315-353, Beschluss vom 12. Februar 2008 - 2 BvR 2141/06 -, jeweils juris.
35Dies ist – wie vorstehend dargelegt – nicht der Fall.
363. Die Ablehnung des Asylantrages und des Antrages auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft der Kläger als offensichtlich unbegründet im Sinne des § 30 Abs. 3 Nr. 1 AsylVfG ist indes rechtswidrig und verletzt die Kläger in ihren Rechten. Nach § 30 Abs. 3 Nr. 1 AsylVfG ist ein unbegründeter Antrag als offensichtlich unbegründet abzulehnen, wenn in wesentlichen Punkten das Vorbringen des Ausländers nicht substantiiert oder in sich widersprüchlich ist, offenkundig den Tatsachen nicht entspricht oder auf gefälschte oder verfälschte Beweismittel gestützt wird. Anders als § 30 Abs. 1 und 2 AsylVfG, wo das Offensichtlichkeitsurteil an materielle Voraussetzungen geknüpft wird, ist die Grundlage des Offensichtlichkeitsurteils nach § 30 Abs. 3 AsylVfG die besonders schwerwiegende Verletzung von Mitwirkungspflichten. § 30 Abs. 3 AsylVfG normiert eine Sanktion für die Verletzung von Mitwirkungspflichten.
37Vgl. Marx, AsylVfG, § 30 Rn. 131, 138 f.; Gemeinschaftskommentar (GK), AsylVfG, § 30 Rn. 50.
38Das Bundesamt hat die Ablehnung der Anträge der Kläger als offensichtlich unbegründet im Sinne des § 30 Abs. 3 Nr. 1 AsylVfG damit begründet, dass das Vorbringen als unsubstantiiert zu werten sei, da der Kläger den Hergang der Auseinandersetzung vom 28. März 2013 lediglich vage und unglaubhaft beschrieben habe.
39Bereits die Systematik des § 30 AsylVfG verbietet es, aus einem Vorbringen, das möglicherweise als offensichtlich unbegründet im Sinne des § 30 Abs. 1 oder 2 AsylVfG zu qualifizieren ist, ohne Hinzutreten besonderer Umstände zugleich einen groben Verstoß gegen Mitwirkungspflichten im Sinne des § 30 Abs. 3 AsylVfG herzuleiten. Vielmehr bedarf es für die Qualifizierung eines Asylantrages als unsubstantiiert im Sinne des § 30 Abs. 3 Nr. 1 AsylVfG, dass bestimmte Umstände hinzukommen und vom Bundesamt dargelegt werden, die die mit der Ablehnung der Anträge als offensichtlich unbegründet im Sinne des § 30 Abs. 3 AsylVfG verbundene Sanktion rechtfertigen. Dies war hier nicht der Fall. Insbesondere schilderte der Kläger in der Anhörung umfassend die Beweggründe für seine Ausreise und berichtete insoweit auch detailliert den Ablauf der Schlägerei. Dass der Kläger die Herkunft der Eisenstange, mit der auf ihn eingeschlagen worden sei, nicht erklärt habe, lässt nach Aktenlage nicht auf die Unglaubhaftigkeit des Vorbringens schließen, zumal der Kläger hiernach nicht gefragt worden ist.
40Dessen ungeachtet ist – ohne dass es rechtlich darauf ankäme – die Einstufung des Begehrens als offensichtlich unbegründet im Ergebnis zutreffend. Sie rechtfertigt sich nach Maßgabe der Generalklausel des § 30 Abs. 1 AsylVfG. Danach ist der Antrag offensichtlich unbegründet, wenn die Voraussetzungen für die Gewährung von Asyl oder Flüchtlingsschutz offensichtlich nicht vorliegen, was wiederum dann anzunehmen ist, wenn an der Richtigkeit der tatsächlichen Feststellungen vernünftigerweise keine Zweifel bestehen und bei einem solchen Sachverhalt nach allgemein anerkannter Rechtsauffassung sich die Abweisung geradezu aufdrängt.
41Vgl. Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 5. Februar 1993 – 2 BvR 1297/92 – juris Rdn. 15.
42Das ist hier der Fall. Den von den Klägern vorgebrachten Umständen fehlt jegliche asyl- oder flüchtlingsrechtliche Relevanz. Denn es ist, wie bereits dargelegt, nichts ansatzweise dafür ersichtlich, dass unveräußerliche persönliche und mithin asylerhebliche Merkmale bzw. die Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe zur Anknüpfung gezielter Rechtsverletzungen genommen würden. Die Ablehnung des Antrages drängt sich daher – wenngleich nur über § 30 Abs. 1 AsylVfG – auf.
434. Die Kläger haben auch keinen Anspruch auf Zuerkennung subsidiären Schutzes gemäß § 4 AsylVfG. Sie haben keine stichhaltigen Gründe für die Annahme vorgebracht, dass ihnen gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG in ihrem Heimatland ein ernsthafter Schaden droht (a). Zudem müssen sich die Kläger auf internen Schutz verweisen lassen, § 4 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. § 3e AsylVfG (b). Im Übrigen fehlt es an der Voraussetzung, dass der albanische Staat erwiesenermaßen nicht schutzfähig oder -willig ist, § 4 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. § 3c Nr. 3, § 3d AsylVfG (c).
44a) Als ernsthafter Schaden gilt gemäß der hier allein näher in Betracht zu ziehenden Vorschrift des § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 AsylVfG die Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung. Diese Vorschrift wurde in Umsetzung von Art. 15 Buchst. b) der Richtlinie RL 2011/95/EU erlassen und orientiert sich an Art. 3 EMRK. Daher ist die Rechtsprechung des EGMR zu Art. 3 EMRK jedenfalls im Zweifel auch für die Anwendung und Auslegung von § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 AsylVfG verbindlich.
45Vgl. Marx, AsylVfG, 8. Aufl. 2014, § 4 Rn. 22 f.
46Bei der Prüfung des subsidiären Schutzes (§ 4 Abs. 1 AsylVfG) ist – wie bei der Prüfung der Flüchtlingseigenschaft (§ 3 Abs. 1 AsylVfG) – der Maßstab der beachtlichen Wahrscheinlichkeit zugrunde zu legen. Die zum Asylgrundrecht entwickelten unterschiedlichen Wahrscheinlichkeitsmaßstäbe, je nachdem, ob der Ausländer seinen Heimatstaat auf der Flucht vor eingetretener oder unmittelbar drohender politischer Verfolgung verlassen hat oder ob er unverfolgt ausgereist ist,
47vgl. OVG NRW, Urteil vom 17. August 2010 – 8 A 4063/06.A –, juris Rn. 37 ff. unter Hinweis auf BVerfG, Beschlüsse vom 2. Juli 1980 - 1 BvR 147/80 u.a. -, BVerfGE 54, 341 (360), und vom 10. Juli 1989 - 2 BvR 502/86 u.a. -, BVerfGE 80, 315 (344 f.); vgl. BVerwG, Urteile vom 5. Mai 2009 - 10 C 21.08 -, NVwZ 2009, 1308, und vom 16. Februar 2010 - 10 C 7.09 -, juris, Rn. 21,
48finden im Rahmen von § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 AsylVfG keine Anwendung. Für das Beweismaß verwendet der Europäische Gerichtshofs für Menschenrechte zu der Vorschrift des Art. 3 EMRK den Begriff der tatsächlichen Gefahr ("real risk"). Danach muss der Antragsteller konkrete Gründe bezeichnen, um beurteilen zu können, ob im Fall der Abschiebung im Zielstaat ein tatsächliches Risiko besteht, einer Behandlung ausgesetzt zu werden, die über die gesetzte Grenze hinausgeht. Das tatsächliche Risiko bezieht sich auf eine objektive Gefahrenlage, einer Art. 3 EMRK zuwiderlaufenden Behandlung unterworfen zu werden. Dabei differenziert der EGMR zwischen der – rechtlich unerheblichen – „bloßen Möglichkeit“ und der – beachtlichen – „ernsthaften“ bzw. „tatsächlichen Gefahr“.
49Vgl. EGMR, Urteil vom 28. Februar 2008 - Nr. 37201/06, Saadi -, NVwZ 2008, 1330, Marx, a.a.O., § 4 Rn. 41.
50Dieser Maßstab der ernsthaften bzw. tatsächlichen Gefahr entspricht dem der beachtlichen Wahrscheinlichkeit.
51Vgl. BVerwG, Urteil vom 27. April 2010 – 10 C 5.09 -; OVG NRW, Urteil vom 17. August 2010 – 8 A 4063/06.A –, jeweils juris; VG Braunschweig, Beschluss vom 23. April 2013 – 6 B 82/13 –, juris m.w.N.
52Der EGMR vertritt mit Blick auf den objektivrechtlichen Ansatz in ständiger Rechtsprechung die Auffassung, dass Art. 3 EMRK absolut wirkt. Folglich wird die Anwendbarkeit dieser Bestimmung auch auf nichtstaatliche Akteure bejaht und ist vom Verhalten der betreffenden Person unabhängig.
53Vgl. EGMR, Urteil vom 17. Dezember 1996, Nr. 25964/94 – Ahmed ./. Österreich; vgl. auch Schweizerisches Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 27. Januar 2014 – E 7121/2013 –, abrufbar unter www.bvger.ch.
54Dies folgt nicht zuletzt gesetzessystematisch aus § 4 Abs. 3 Satz 1 AsylVfG, der auf §§ 3c bis 3e AsylVfG umfassend – also einschließlich der Vorschriften zum Schutz vor ernsthaften Schäden durch nichtstaatliche Akteure (§ 3c Nr. 3, § 3d AsylVfG) – Bezug nimmt.
55Nach diesen Maßstäben liegen stichhaltige Gründe für die Annahme, die Kläger seien im Falle ihrer Rückkehr nach Albanien mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit einer unmenschlichen Behandlung in Gestalt eines Racheaktes ausgesetzt, nicht vor.
56Das Gericht geht davon aus, dass sich die Auseinandersetzung vom 28. März 2013, in deren Verlauf der H. Q. erstochen wurde, jedenfalls im Kern so zugetragen hat wie von dem Kläger geschildert. Er hat den Vorgang sowohl gegenüber dem Bundesamt als auch in der mündlichen Verhandlung widerspruchsfrei und detailreich beschrieben. Insofern wird auf das Anhörungsprotokoll des Bundesamtes und das Terminsprotokoll Bezug genommen.
57Aus den Darlegungen zu den anschließenden Bedrohungen durch Mitglieder der Familie des Getöteten lässt sich die Gefahr eines ernsthaften Schadens für die Kläger indes nicht beachtlich wahrscheinlich ableiten.
58Dabei ist zunächst einzustellen, dass der Täter des Tötungsdeliktes, P. C. , unstreitig mittlerweile verhaftet worden ist. Dass sich die Verhaftung am 19. September 2014 in der Stadt G. ereignet hat und der C. deshalb mit einer langjährigen Haftstrafe zu rechnen hat, hat der Kläger selbst bereits in der Anhörung bei dem Bundesamt angedeutet. Dies ergibt sich zusätzlich aus den zahlreichen Presseberichten und Veröffentlichungen, die im Internet allgemein zugänglich und – in Bezug auf den Täter C. – in der mündlichen Verhandlung von dem Dolmetscher übersetzt worden sind,
59Vgl. etwa http://www.noa.al/artikull/wanted-ne-fier-arrestohet-i-denuari-per-vrasje-dhe-5-te-tjere/441 037.html; https://www.youtube.com/watch?v=YGoW6xLXHI8.
60Mit der Festnahme des Täters ist ein Rachemotiv der Familie des Getöteten in Bezug auf den Kläger objektiv entfallen. Dies gilt um so mehr in Anbetracht des von dem Kläger selbst eingereichten Presseinterviews, welches der Bruder des Opfers, F. Q. , etwa sechs Monate nach der Tat – also im Herbst 2013 – geführt hatte: Er gab an, dass seine Familie „nichts anderes [möchte], außer dass der Täter des Mordes meines Bruders verhaftet wird und unsere Seelen ihre Ruhe finden“. Weiter heißt es dort: „Der Täter, der meinen Bruder getötet hat, ist noch nicht festgenommen worden. Alles was wir möchten, ist, dass die Polizei den Täter festnimmt“. Demnach war den Mitgliedern der Familie des getöteten H. Q. in erster Linie – wenn nicht gar ausschließlich – an der nunmehr vollzogenen Verhaftung des wahren Täters gelegen. Von dem seinerzeit inhaftierten Kläger war dagegen nicht ansatzweise die Rede.
61Auch kann aus dem Umstand, dass nach der aktuellen Auskunftslage nicht nur der Täter eines Tötungsdeliktes und dessen Familie, sondern auch Anstifter und Mittäter unter die Blutrache des Kanun fallen,
62vgl. BAMF, Blickpunkt Albanien – Blutrache, April 2014, S. 11,
63keine Gefahr für den Kläger abgeleitet werden. Der in dem von Klägerseite selbst vorgelegten Beschluss des Amtsgerichts U. vom 31. März 2013 (Nr. 404 Akti) ursprünglich (mit) erhobene Vorwurf der Tötung in Mittäterschaft wurde später mit Beschluss desselben Gerichts vom 24. Dezember 2013 (Nr. 2319/1) ausdrücklich fallen gelassen. Zur Begründung hieß es im Wesentlichen, dass nach dem Ermittlungsergebnis für den Kläger lediglich noch der Vorwurf einer „leichten vorsätzlichen Verletzung“ im Raum stehe, zu deren Sanktionierung wiederum ein Hausarrest anstelle von Gefängnishaft ausreichend sei. Der Verdacht einer Beteiligung des Klägers an dem Tötungsdelikt – sei es als Anstifter, Gehilfe oder Mittäter – ist damit auch im juristischen Sinne entfallen. Dies ist auch in dem von dem Kläger in Übersetzung eingereichten Presseartikel der Zeitung „Gazeta Shqip“ vom 9. Dezember 2013 vorab publiziert worden. Entgegen der Klagebegründung wird der Kläger darin der vorsätzlichen Tötung in Mittäterschaft gerade nicht mehr verdächtigt. In dem Presseartikel heißt es ausdrücklich: „Die Verdächtigen K1. L1. und […] werden wegen vorsätzlicher leichter Verletzung in Mittäterschaft und verschwiegener Straftat beschuldigt“. Im Hinblick darauf bedarf es einer Echtheitsüberprüfung dieser Unterlagen nicht.
64Vor diesem Hintergrund lässt sich auch aus den vorgeblichen Drohanrufen Ende April 2013, die angeblich die Familie des Klägers im Mai 2013 zum Wegzug in ihr Heimatdorf in Nordalbanien bewegt haben sollen, keine aktuelle Gefährdung der Kläger ableiten. Diese Anrufe haben sich nach Angaben des Klägers in der Folgezeit nicht mehr wiederholt. Auch die Bedrohung des Klägers über das online-Netzwerk „facebook“, die der Kläger angeblich im Dezember 2013 bzw. Januar 2014 von F. Q. erhalten hatte, ist einmalig geblieben. Vielmehr hat F. Q. den Kläger von seinem „facebook“-Zugang gelöscht. Soweit der Kläger schließlich berichtet, dass der Vater des Getöteten – ein ehemaliger Gardeoffizier, der laut einem weiteren eingereichten Pressebericht vom 30. März 2013 („Aktualitet“) zuletzt im Kommissariat Nr. 2 in U. seinen Polizeidienst versah – im November 2014 ein telefonisches Versöhnungsersuchen des Mannes der Tante des Klägers mit den Worten abgelehnt haben soll, man werde ihnen „nie verzeihen, sie sollten sich einschließen“, kann hieraus allein nicht auf eine „ernsthafte Gefahr“ für den Kläger geschlossen werden. Abgesehen davon, dass die Ablehnung einer von der Familie des Klägers angetragenen Versöhnung nicht ohne weiteres den Rückschluss auf eine unmittelbare Bedrohung für Leib oder Leben zulässt, spricht gegen eine ernsthafte Gefahr, dass die Familie des Klägers seit nunmehr fast zwei Jahren unbehelligt in ihrem Heimatdorf lebt. Namentlich der Vater des Klägers, der sich angeblich aufgrund der Drohanrufe im Mai 2013 gezwungen sah, seinen Dienst bei der Armee zu quittieren und U. zu verlassen, ist nach den Schilderungen des Klägers jedenfalls jetzt in der Lage, gemeinsam mit dem Onkel des Klägers seinen Lebensunterhalt in der familieneigenen Chrommine zu erwirtschaften. Er kann sich dort auch frei bewegen. Sollten daher die Mitglieder der verfeindeten Familie tatsächlich eine Gewalttat beabsichtigt haben, hätten sie genügend Zeit und Gelegenheit gehabt, die Angehörigen des Klägers für das vermeintlich von dem Kläger begangene Unrecht durch einen Akt der Blutrache zur Verantwortung zu ziehen. Dies gilt nach Lage der Dinge auch für den Kläger, der sich unmittelbar nach Beendigung des Hausarrests nicht nur in der Lage sah, mit dem Bus von U. in sein Heimatdorf zu reisen, sondern auch im Juni 2014 in der Stadt C1. D. seine Abiturprüfungen zu absolvieren, zu denen er durch jahrelange Fern- bzw. Ersatzbeschulung befähigt worden sein will. Hinzu kommt, dass der Kläger sich ausweislich der notariellen Bescheinigung vom 26. Juni 2014, mit der er seinen Rechtsanwälten Prozessvollmacht für seine Rechtsmittelverfahren erteilt hat, nach U. begeben und dort aufgehalten haben muss. Die Notwendigkeit, sich permanent „einzuschließen“, um einem Racheakt zu entgehen, hat folglich selbst der Kläger nicht gesehen. Insgesamt ist daher nicht feststellbar, dass die Wahrscheinlichkeit einer gegen den Kläger gerichteten Gewalttat über die bloße Möglichkeit einer Gefährdung hinausgeht. Dies gilt für die Klägerin, die insoweit keine eigenen Fluchtgründe vorgetragen, erst recht.
65b) Die Zuerkennung subsidiären Schutzes ist zudem gemäß § 4 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. § 3e AsylvfG ausgeschlossen, weil sich die Kläger auf internen Schutz verweisen lassen müssen. Die Kläger können einer Art. 3 EMRK zuwiderlaufenden Behandlung dadurch begegnen, dass sie sich in einem anderen Teil Albaniens niederlassen. Eine innerstaatliche Wohnsitzalternative ist grundsätzlich immer dann gegeben, wenn für eine Person in einem Teil ihres Herkunftslandes keine Gefahr eines ernsthaften Schadens besteht und sie sicher und legal in diesen Landesteil reisen kann, dort aufgenommen wird und vernünftigerweise dort erwartet werden kann, dass sie sich dort niederlässt, § 4 Abs. 3 Satz 2 i.V.m. § 3 e Abs. 1 AsylVfG. Dies ist hier der Fall. Die Kläger können aus vorstehenden Gründen durch Wohnsitznahme in dem Heimatdorf der Eltern des Klägers, möglicherweise auch in U. , wo ein Leben in gewisser Anonymität möglich ist, eine Gefahr für Leib oder Leben abwenden, wodurch sie keinem realen Risiko einer Verletzung von Art. 3 EMRK ausgesetzt sind.
66c) Darüber hinaus scheidet die Zuerkennung subsidiären Schutzes auch deshalb aus, weil nicht erwiesenermaßen feststeht, dass die albanischen Sicherheitsbehörden nicht willens oder in der Lage sind, den Klägern Schutz vor einem ernsthafter Schaden durch nichtstaatliche Akteure zu gewähren, § 4 Abs. 3 i.V.m. § 3c Nr. 3 AsylVfG. Den Antragsteller trifft insoweit die Darlegungslast, d.h. er muss konkrete Tatsachen und Umstände bezeichnen, aus denen sich ergibt, dass er sich um Schutz bei staatlichen oder quasistaatlichen Stellen bemüht hat. Er muss die persönlichen Umstände, Verhältnisse und Erlebnisse mit Blick auf das Schutzbegehren schlüssig und hinsichtlich Ort und Zeit detailliert und vollständig darlegen.
67Vgl. VG Aachen, Urteil vom 30. Januar 2012 – 6 K 812/11.A –, juris Rn. 47; Marx, a.a.O., § 4 Rn. 35; Treiber, in: GK-AufenthG, Stand: April 2011, § 60 AufenthG Rn. 141.
68Hieran fehlt es. Der Kläger hat lediglich vorgetragen, seine Eltern hätten bereits erfolglos Anzeige bei der Polizei erstattet und er selbst habe sich – ebenfalls erfolglos – wegen der Bedrohung über „facebook“ „an den Staatsanwalt“ gewandt. Die diesbezüglichen Angaben des Klägers blieben jedoch trotz Nachfrage des Gerichts relativ vage und detailarm. Schriftliche Nachweise hat der Kläger hierzu nicht vorgelegt. Von daher kann nicht nachvollzogen werden, ob die Anzeigen tatsächlich erstattet wurden und wie sie gegebenenfalls von den albanischen Ermittlungsbehörden behandelt wurden.
69Dessen ungeachtet sind die albanischen Sicherheitsbehörden nach den im Internet allgemein zugänglichen Erkenntnisquellen trotz nach wie vor bestehender Defizite generell fähig und willig, vor einem ernsthaften Schaden durch nichtstaatliche Akteure Schutz zu gewähren, § 3d Abs. 1 und 2 AsylVfG. Im Juni 2014 wurde Albanien der Status des Beitrittskandidaten zur Europäischen Union verliehen. Die Entscheidung des Europäischen Rats war Anerkennung der von Albanien unternommenen Reformmaßnahmen und gleichzeitig eine Ermutigung, notwendige Reformen weiter voranzutreiben. Aus den sich auf den Zeitraum Oktober 2013 bis September 2014 beziehenden Fortschrittsberichten der EU-Kommission ergibt sich, dass Albanien, auch wenn in vielen Bereichen noch Mängel festzustellen sind, u. a. Reformmaßnahmen im Bereich der Justiz und der öffentlichen Verwaltung umgesetzt und Fortschritte im Kampf gegen die Korruption und die organisierte Kriminalität erreicht hat. Denn der albanische Staat hat Reformwillen nicht nur gezeigt, sondern auch Reformen, gerade im Bereich der Justiz und Verwaltung, nachweisbar auf den Weg gebracht.
70Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 23. Februar 2015 – 11 A 334/14.A –, juris m.w.N; BAMF, Blickpunkt Albanien - Blutrache, S. 17 ff.; Home Office, Country Information an Guidance – Albania: Blood feuds, 2014, S. 6.
71Diese Anstrengungen erstrecken sich nicht zuletzt unter dem Eindruck gestiegener Asylbewerberzahlen in Europa auch auf das Phänomen der Blutrache, die der albanische Staat verstärkt bekämpft. Der albanische Staat hat spezielle Rechtsvorschriften erlassen bzw. auf den Weg gebracht. So wurde im Zuge der Novellierung des albanischen Strafgesetzbuchs im Jahre 2012 die vorsätzliche Tötung im Kontext mit Blutrache oder Blutfehde mit nunmehr nicht weniger als dreißig Jahren Freiheitsstrafe pönalisiert (Art. 78a). Selbst die Androhung von Blutrache wird mit einer Geldstrafe oder Inhaftierung bis zu drei Jahren bestraft (Art. 83a).
72Vgl. BAMF, Blickpunkt Albanien - Blutrache, S. 18, www; Österr BVerwG, 12. Juni 2014 - G309 1437794 -1/4E -Home office, S. 19.
73Zuletzt hat der Rechtsausschluss des albanischen Parlaments im Februar 2015 eine Gesetzesvorlage zur Bekämpfung der Blutrache beschlossen und dem Parlament vorgelegt. Demnach fordert das Parlament die Ermittlungsbehörden zu einer Zusammenarbeit mit der Staatspolizei und zur Untersuchung sämtlicher Blutrachefälle auf.
74Vgl. http://www.globalpost.com/dispatch/news/xinhua-news-agency/150225/albania-drafts-resolution-prevention-blood-feud („Albania drafts resolution on prevention of blood feud”)
75Die Ermittlungen und Strafverfolgungsmaßnahmen haben sich in ihrer Wirksamkeit verbessert. Gerade in Städten Nordalbaniens (Shkoder, Lezhe, Kukes) findet eine aktive Arbeit der Ermittlungsbehörden gegen Blutrache statt. Die Regierung hat die Ermittlungsbehörden zur Strafverfolgung von Blutrachefällen angewiesen, so dass im Jahre 2014 eine Reihe von Tätern angeklagt wurde.
76Vgl. Home Office, Country Information and Guidance – Albania: Blood feuds, 2014, S. 6.
77Seitens des Ombudsmannes (People’s Advocate) wurden zahlreiche Anstrengungen unternommen, staatliche Institutionen und die Öffentlichkeit zu sensibilisieren. Auf sein Bestreben wurde eine Task-Force für die Verfolgung und Untersuchung von Fällen eingerichtet, in denen die Behörden nicht ausreichend eingegriffen hatten.
78Vgl. BAMF, Blickpunkt Albanien - Blutrache, S. 18.
79Vor diesem Hintergrund kann auch in Anbetracht der Tatsache, dass der Vater des Opfers ein einflussreicher Polizeibeamter ist und der albanische Staat gerade in derartigen Fällen möglicherweise nur eingeschränkt zu einer Schutzgewährung in der Lage ist,
80vgl. hierzu AA, Lagebericht vom 16. Dezember 2013 – 508-516.80/3 ALB; BAMF, Blickpunkt Albanien - Blutrache, S. 19,
81nicht festgestellt werden, dass ein etwaiges Schutzersuchen der Kläger bei den albanischen Strafverfolgungsbehörden – einschließlich der albanischen Staatspolizei – von vorne herein aussichtslos wäre.
825. Es besteht hinsichtlich Albaniens auch kein Abschiebungsverbot gemäß § 60 Abs. 5 oder Abs. 7 Satz 1 AufenthG. Nach § 60 Abs. 7 AufenthG soll von einer Abschiebung in einen anderen Staat abgesehen werden, wenn dort für den Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. Von wem die Gewalt ausgeht oder wodurch sie hervorgerufen wird, kommt es nicht an. Allerdings genügt allein eine theoretische Möglichkeit, das Opfer von Eingriffen in die nach § 60 Abs. 7 AufenthG geschützten Rechtsgüter zu werden, nicht. Für eine Schutzgewährung ist vielmehr erforderlich, dass eine einzelfallbezogene, individuell bestimmte und erhebliche Gefährdungssituation mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit landesweit besteht. Eine solche haben die Kläger aus vorgenannten Gründen nicht vorgetragen.
836. Damit liegen auch die gesetzlichen Voraussetzungen für die Ausreiseaufforderung und Abschiebungsandrohung vor, §§ 34, 38 Abs. 1 AsylVfG i.V.m. § 59 AufenthG.
84Die Kostenentscheidung folgt aus § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO, § 83b AsylVfG. Der Gegenstandswert ergibt sich aus § 30 Abs. 1 RVG. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens, in dem Gerichtskosten nicht erhoben werden.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110 % des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
1
Tatbestand:
2Der 1989 geborene Kläger ist Staatsangehöriger Albaniens und albanischer Volkszugehörigkeit. Er reiste nach seinen Angaben im März 2014 auf dem Landweg in das Bundesgebiet ein und stellte am 1. April 2014 beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (im Folgenden: Bundesamt) einen Asylantrag.
3In seiner Anhörung vor dem Bundesamt am 3. April 2014 gab er an, dass er aus wirtschaftlichen Gründen ausgereist sei. Er habe in Albanien keine Arbeit und kein Einkommen. Die Ausreise habe 400 Euro gekostet. Das Geld habe er sich von einem Verwandten geliehen.
4Das Bundesamt lehnte mit Bescheid vom 11. Juni 2014, zugestellt am 24. Juni 2014, die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft und die Anerkennung als Asylberechtigter als offensichtlich unbegründet ab, erkannte den subsidiären Schutzstatus nicht zu und stellte fest, dass die Voraussetzungen für Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG nicht vorlägen. Dem Kläger wurde die Abschiebung nach Albanien angedroht.
5Der Kläger hat am 27. Juni 2014 Klage erhoben. Seine Anhörung vor dem Bundesamt sei unvollständig wiedergegeben worden und er habe sich teilweise auch nicht getraut, vollständige Angaben zu machen. Er sei homosexuell, was ihm in seinem Heimatland erhebliche Nachteile einbringe, wenn dies öffentlich werde. Auch seiner Familie gegenüber habe er seine sexuelle Orientierung verheimlicht, sie habe aber kurz vor der Flucht hiervon erfahren. Sein Vater habe gedroht, ihn umzubringen.
6Der Kläger beantragt,
7die Beklagte unter teilweiser Aufhebung des Bescheids des Bundesamtes vom 11. Juni 2014 zu verpflichten, ihn als Asylberechtigten anzuerkennen und ihm die Flüchtlingseigenschaft nach § 3 Abs. 1 AsylVfG zuzuerkennen,
8hilfsweise,
9die Beklagte unter teilweiser Aufhebung des vorgenannten Bescheids zu verpflichten, ihm subsidiären Schutz nach § 4 AsylVfG zuzuerkennen,
10weiter hilfsweise,
11die Beklagte unter teilweiser Aufhebung des vorgenannten Bescheids zu verpflichten festzustellen, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 oder 7 Satz 1 AufenthG vorliegen.
12Die Beklagte hat schriftsätzlich Klageabweisung beantragt. Zur Begründung beruft sie sich auf den angefochtenen Bescheid.
13Das Gericht hat den Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage im Verfahren gleichen Rubrums 1 L 436/14.A mit Beschluss vom 3. Juli 2014 abgelehnt. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte, der Gerichtsakte des Verfahrens 1 L 436/14.A und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge Bezug genommen. Die Erkenntnisse der Kammer zum Herkunftsland wurden in das Verfahren eingeführt.
14Entscheidungsgründe:
15Über den Rechtsstreit konnte nach § 102 VwGO aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 16. Oktober 2014 entschieden werden, obwohl die Beklagte nicht erschienen ist. Die Beteiligten wurden form- und fristgerecht geladen; in der Ladung wurde ferner auf die Möglichkeit hingewiesen, dass eine Entscheidung auch bei Nichterscheinen eines Beteiligten ergehen könne.
16Die zulässige Klage ist unbegründet.
17Der angefochtene Bescheid des Bundesamtes vom 11. Juni 2014 ist im maßgeblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung (§ 77 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG) rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten, § 113 Abs. 1, Abs. 5 VwGO.
18Der Kläger hat weder einen Anspruch auf Anerkennung als Asylberechtigter noch einen Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft im Sinne des § 3 Abs. 1 AsylVfG, zudem liegen in seiner Person keine Gründe für die Zuerkennung subsidiären Schutzes nach § 4 AsylVfG oder nationale Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 oder 7 Satz 1 AufenthG vor.
19Die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft richtet sich nach § 3 Abs. 1 AsylVfG. Danach ist ein Ausländer Flüchtling im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention (GFK), wenn er sich aus begründeter Furcht wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe außerhalb des Herkunftslandes befindet, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt und dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will, oder in dem er als Staatenloser seinen vorherigen gewöhnlichen Aufenthalt hatte und in das er nicht zurückkehren kann oder wegen dieser Furcht nicht zurückkehren will.
20Der Anwendungsbereich der Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft (vormals nach § 60 Abs. 1 Satz 1 AufenthG, nunmehr nach § 3 Abs. 1 AsylVfG) ist weitgehend deckungsgleich mit dem des Asylgrundrechts, bei dessen Auslegung sich das Bundesverfassungsgericht schon bisher an der Genfer Flüchtlingskonvention orientiert hat.
21Vgl. BVerfG, Beschluss vom 10. Juli 1989 - 2 BvR 502/86 u.a. ‑, BVerfGE 80, 315.
22Allerdings geht der Flüchtlingsschutz teilweise über den Schutz des Asylgrundrechts hinaus. So begründen - nach Maßgabe des § 28 Abs. 1a AsylVfG - auch selbst geschaffene Nachfluchtgründe sowie gemäß § 3c Nr. 3 AsylVfG eine Verfolgung durch nichtstaatliche Akteure, etwa in Bürgerkriegssituationen, in denen es an staatlichen Strukturen fehlt, ein Abschiebungsverbot. Ferner stellt § 3b Abs. 1 Nr. 4 AsylVfG klar, dass eine Verfolgung wegen Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe auch dann vorliegen kann, wenn Anknüpfungspunkt allein das Geschlecht ist.
23Nach § 3c AsylVfG kann die Verfolgung ausgehen vom Staat, Parteien oder Organisationen, die den Staat oder wesentliche Teile des Staatsgebiets beherrschen oder nichtstaatlichen Akteuren, sofern die vorgenannten Akteure einschließlich internationaler Organisationen erwiesenermaßen nicht in der Lage oder nicht Willens sind, Schutz vor der Verfolgung zu bieten, und dies unabhängig davon, ob in dem Land eine staatliche Herrschaftsmacht vorhanden ist oder nicht.
24Hinsichtlich des Prognosemaßstabs ist bei der Prüfung der Flüchtlingseigenschaft - wie auch bei der des subsidiären Schutzes - der Maßstab der beachtlichen Wahrscheinlichkeit zugrunde zu legen. Der herabgestufte Wahrscheinlichkeitsmaßstab der hinreichenden Sicherheit hat bei der Prüfung der Flüchtlingsanerkennung und des subsidiären Schutzes keine Bedeutung mehr.
25Vgl. zum einheitlichen Wahrscheinlichkeitsmaßstab BVerwG, Urteil vom 1. März 2012 - 10 C 7/11 -, juris, sowie OVG NRW, Urteil vom 17. August 2010 ‑ 8 A 4063/06.A -, juris, m.w.N.
26Zur Privilegierung des Vorverfolgten bzw. in anderer Weise Geschädigten wird vielmehr in Art. 4 Abs. 4 der QualRL eine tatsächliche Vermutung normiert, dass sich frühere Handlungen und Bedrohungen bei einer Rückkehr in das Herkunftsland wiederholen werden. Dadurch wird der Vorverfolgte bzw. Geschädigte von der Notwendigkeit entlastet, stichhaltige Gründe dafür darzulegen, dass sich die verfolgungsbegründenden bzw. schadensstiftenden Umstände bei der Rückkehr erneut realisieren werden.
27Vgl. BVerwG, Urteile vom 7. September 2010 - 10 C 11/09 -, juris, und vom 27. April 2010 - 10 C 5/09 -, InfAuslR 2010, 410.
28Diese Vermutung kann aber widerlegt werden. Hierfür ist erforderlich, dass stichhaltige Gründe die Wiederholungsträchtigkeit solcher Verfolgung bzw. des Eintritts eines solchen Schadens entkräften. Dies ist im Rahmen freier Beweiswürdigung zu beurteilen.
29Die Beweiserleichterung nach Art. 4 Abs. 4 QualRL kommt zur Anwendung, wenn ein innerer Zusammenhang zwischen der erlittenen Verfolgung bzw. dem erlittenen Schaden und der befürchteten Verfolgung bzw. dem befürchteten Schaden besteht. Denn die der Vorschrift zu Grunde liegende Vermutung, erneut von einer solchen Verfolgung oder einem solchen Schaden bedroht zu sein, beruht wesentlich auf der Vorstellung, dass eine Verfolgungs- oder Schadenswiederholung - bei gleichbleibender Ausgangssituation - aus tatsächlichen Gründen naheliegt. Es ist deshalb im Einzelfall jeweils zu prüfen und festzustellen, auf welche tatsächlichen Schadensumstände sich die Vermutungswirkung des Art. 4 Abs. 4 QualRL erstreckt.
30Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 29. Oktober 2010 - 9 A 3642/06.A -, juris, m.w.N.
31Aus den in Art. 4 QualRL geregelten Mitwirkungs- und Darlegungsobliegenheiten des Antragstellers folgt, dass es auch unter Berücksichtigung der Vorgaben dieser Richtlinie Sache des Ausländers ist, die Gründe für seine Furcht vor politischer Verfolgung schlüssig vorzutragen. Es ist daran festzuhalten, dass er dazu unter Angabe genauer Einzelheiten einen in sich stimmigen Sachverhalt zu schildern hat, aus dem sich bei Wahrunterstellung ergibt, dass bei verständiger Würdigung politische Verfolgung droht. Hierzu gehört, dass der Ausländer zu den in seine Sphäre fallenden Ereignissen, insbesondere zu seinen persönlichen Erlebnissen, eine Schilderung gibt, die geeignet ist, den behaupteten Anspruch lückenlos zu tragen. Bei der Bewertung der Stimmigkeit des Sachverhalts müssen u.a. Persönlichkeitsstruktur, Wissensstand und Herkunft des Ausländers berücksichtigen werden.
32Vgl. zu Art. 16a GG BVerwG, Beschlüsse vom 26. Oktober 1989 - 9 B 405.89 -, InfAuslR 1990, 38, und vom 3. August 1990 - 9 B 45.90 -, InfAuslR 1990, 344.
33Ausgehend von diesen Grundsätzen hat der Kläger seine Heimat nicht aufgrund individueller politischer Verfolgung im Sinne des Art. 16a Abs. 1 GG und § 3 Abs. 1 AsylVfG verlassen.
34Das Gericht lässt offen, ob die vom Kläger geschilderte Bedrohung durch seinen Vater glaubhaft ist. Er hatte diese in der Anhörung vor dem Bundesamt nicht angegeben und ist zum Termin zur mündlichen Verhandlung nicht erschienen. Der albanische Staat ist zumindest zu angemessen Schutz vor Gewaltdelikten bereit und in der Lage, worauf der Kläger sich verweisen lassen muss. Die angebliche Bedrohung durch seinen Vater droht überdies auch nicht landesweit, sodass er sich ihr innerhalb Albaniens entziehen könnte.
35Der Kläger kann auch nicht mit Erfolg eine Verfolgung wegen der Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe, § 3 Abs. 1 AsylVfG geltend machen.
36Die Annahme einer alle Gruppenmitglieder erfassenden gruppengerichteten Verfolgung setzt - abgesehen vom hier nicht einschlägigen Fall eines (staatlichen) Verfolgungsprogramms - eine bestimmte Verfolgungsdichte voraus, welche die Vermutung eigener Verfolgung rechtfertigt. Hierfür ist die Gefahr einer so großen Vielzahl von Eingriffshandlungen in flüchtlingsrechtlich geschützte Rechtsgüter erforderlich, dass es sich dabei nicht mehr nur um vereinzelt bleibende individuelle Übergriffe oder um eine Vielzahl einzelner Übergriffe handelt. Die Verfolgungshandlungen müssen vielmehr im Verfolgungszeitraum und Verfolgungsgebiet auf alle sich dort aufhaltenden Gruppenmitglieder zielen und sich in quantitativer und qualitativer Hinsicht so ausweiten, wiederholen und um sich greifen, dass daraus für jeden Gruppenangehörigen nicht nur die Möglichkeit, sondern ohne weiteres die aktuelle Gefahr eigener Betroffenheit entsteht. Voraussetzung für die Annahme einer Gruppenverfolgung ist ferner, dass die festgestellten Verfolgungsmaßnahmen die von ihnen Betroffenen gerade in Anknüpfung an asylerhebliche Merkmale treffen. Darüber hinaus gilt auch für die Gruppenverfolgung, dass sie mit Rücksicht auf den allgemeinen Grundsatz der Subsidiarität des Flüchtlingsrechts den Betroffenen einen Schutzanspruch im Ausland nur vermittelt, wenn sie im Herkunftsland landesweit droht, d.h. wenn auch keine innerstaatliche Fluchtalternative besteht, die vom Zufluchtsland aus erreichbar sein muss. Diese für die staatliche Gruppenverfolgung entwickelten Grundsätze sind auch auf die private Verfolgung durch nichtstaatliche Akteure übertragbar, wie sie nunmehr durch § 3c Nr. 3 AsylVfG (früher § 60 Abs. 1 Satz 4c) AufenthG) ausdrücklich als schutzbegründend geregelt ist.
37Vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 12. August 2010 - A 2 S 1134/10 -, juris; BVerwG, Urteil vom 21. April 2009 - 10 C 11.08 -, NVwZ 2009, 1237.
38Nach diesen Maßstäben unterliegt der Kläger keiner Gruppenverfolgung auf Grund seiner Homosexualität.
39Zwar ist in der albanischen Gesellschaft die Akzeptanz von Homosexuellen, Transvestiten oder transsexuellen Personen sehr gering. Der albanische Staat setzt Homosexuelle, Transvestiten oder transsexuelle Personen jedoch keinen Diskriminierungen aus. Einzelfällen von Übergriffen sind dem Büro des Ombudsmannes, den die Bürger bei Menschenrechtsverletzungen anrufen können, nicht bekannt.
40Vgl. Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage der Republik Albanien (Stand: Oktober 2013) vom 16. Dezember 2013.
41Nachdem noch im Jahr 2012 der Verteidigungsminister Albaniens geäußert hatte, dass die Organisatoren einer geplanten LGBT (Lesbian, Gay, Bisexual und Trans) Parade geschlagen werden sollten, traf sich im April 2013 der damalige Premierminister Albaniens Sali Berisha öffentlich mit LGBT (Lesbian, Gay, Bisexual und Trans) Aktivisten und bekräftigte seine Unterstützung für ihre Rechte und Einbeziehung in die Gesellschaft. Einen Monat später bekundete auch der damalige Oppositionsführer und heutige Premierminister Albaniens Edi Rama seine Unterstützung.
42Vgl. US Department of State, Albania 2013, Human Rights Report, S. 23; Vereinigtes Königreich, Operational Guidance Note Albania vom 12. Dezember 2013, S. 30.
43Die ILGA-Europe (International lesbian, gay, bisexual, trans and intersex association) berichtete der EU-Kommission für den Zeitraum Oktober 2012 bis April 2013, dass in Albanien Homo- und Transphobie weiter verbreitet blieben, gleichzeitig aber Fortschritte bei der Anerkennung und des Schutzes von Homosexuellen bestehen würden.
44Vgl. ILGA-Europe's written submission to the European Commission's 2013 Progress Report on Albania vom 17. Mai 2013.
45Es existieren auch mehrere Organisationen (Aleanca LGBT, Pink Embassy, Pro LGBT) in Albanien, die sich für die Rechte von Homosexuellen und die Erhöhung deren gesellschaftlicher Akzeptanz einsetzen. Die Pink Embassy hat im Mai 2014 die erste "LGBT-Pride" in Albanien durchgeführt, einem Umzug in Tirana, der von Journalisten und Polizisten begleitet wurde.
46Vgl. Pink Embassy, 1st ever LGBT Pride held in Albania, www.pinkembassy.al.
47Homosexuelle sind demnach in Albanien von staatlicher Seite aus keiner Verfolgung ausgesetzt. Der albanische Staat ist zudem zu angemessenen Schutz vor privaten Angreifern bereit, wie exemplarisch der Schutz der LGBT-Parade zeigt. Die noch vorhandenen Diskriminierungen Homosexueller in der albanischen Gesellschaft erreichen nicht das asyl- und flüchtlingsrelevante Niveau.
48Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf die hilfsweise geltend gemachte Zuerkennung von subsidiärem Schutz nach § 4 AsylVfG. Ein unionsrechtliches Abschiebungsverbot zugunsten des Klägers ist nicht ersichtlich.
49Vgl. zum Verhältnis des unionsrechtlichen Abschiebungsschutzes gegenüber dem sonstigen nationalen Abschiebungsschutz BVerwG, Urteil vom 29. Juni 2010 - 10 C 10/09 -, InfAuslR 2010, 458; OVG NRW, Beschluss vom 29. Oktober 2010 - 9 A 3642/06.A -, a.a.O.; VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 12. August 2010 - A 2 S 1134/10 -, a.a.O.
50Die Voraussetzungen des § 4 Abs. 1 Nr. 3 AsylVfG, der hinsichtlich der unionsrechtlichen subsidiären Schutzgewährung nach § 4 AsylVfG hier alleine in Betracht kommt, liegen nicht vor. Nach § 4 Abs. 1 Nr. 3 AsylVfG ist einem Ausländer subsidiärer Schutz zuzuerkennen, wenn ihm als Zivilperson in seinem Herkunftsland ein ernsthafter Schaden in Form einer ernsthaften individuellen Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts droht. Eine solche Gefahr besteht in Mazedonien offensichtlich nicht.
51Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 oder 7 Satz 1 AufenthG liegen ebenfalls nicht vor.
52Nach § 60 Abs. 5 AufenthG darf ein Ausländer nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (- EMRK -, BGBl 1952 II 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist. Über diese Norm werden die Schutzregeln der EMRK in innerstaatliches Recht inkorporiert. Sowohl aus Systematik als auch Entstehungsgeschichte folgt jedoch, dass es insoweit nur um zielstaatsbezogenen Abschiebungsschutz geht. Inlandsbezogene Vollstreckungshindernisse, abgeleitet etwa aus Art. 8 EMRK, ziehen hingegen regelmäßig nur eine Duldung gemäß § 60a Abs. 2 AufenthG nach sich. In Betracht kommt damit vor allem ein Abschiebungsverbot nach Art. 3 EMRK (Verbot der Folter). Der sachliche Regelungsbereich des nationalen Abschiebungsverbotes nach § 60 Abs. 5 AufenthG i.V.m. Art. 3 EMRK ist weitgehend identisch mit dem des unionsrechtlich begründeten Abschiebungsverbotes nach § 60 Abs. 2 AufenthG i.V.m. § 4 Abs. 1 Nr. 2 AsylVfG, ohne dass das unionsrechtliche Abschiebungsverbot den nationalen Abschiebungsschutz als lex specialis verdrängt.
53Vgl. BVerwG, Urteil vom 31. Januar 2013 - 10 C 15/12 -, BVerwGE 146, 12 = juris, Rn. 34; OVG Lüneburg, Urteil vom 28. Juli 2014 - 9 LB 2/13 -, juris, Rn. 17.
54In Ausnahmefällen kann sich ein Abschiebungsverbot zudem aus § 60 Abs. 5 AufenthG i.V.m. Art. 6 EMRK (Recht auf ein faires Verfahren) ergeben, etwa dann, wenn im Zielstaat der Abschiebung eine Verurteilung unter krasser Missachtung der in Art. 6 EMRK normierten rechtsstaatlichen Verfahrensgrundsätze droht. Auch kann Art. 9 EMRK (Gedanken-, Gewissens- und Religionsfreiheit) ein Abschiebungsverbot analog zum Asylrechtsschutz begründen. Das Recht auf Achtung des Familienlebens nach Art. 8 EMRK (Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens) wirkt demgegenüber - jedenfalls soweit es um das Zusammenleben im Bundesgebiet geht - grundsätzlich nicht zielstaatsbezogen. Der Schutz der Familie im Lichte des Art. 8 EMRK oder auch des Art. 6 GG im Falle einer Trennung begründet demgemäß regelmäßig allenfalls ein sog. inlandsbezogenes Abschiebungshindernis - auch soweit es sich um trennungsbedingte Gefahren im Zielstaat handelt - für dessen Prüfung die Ausländerbehörde zuständig ist
55Vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 13. Dezember 2012 - A 2 S 1995/12 -, AuAS 2013, 118 = juris, Rn. 15; OVG Lüneburg, Beschluss vom 12. Juli 2010 - 8 LA 154/10 -, AuAS 2010, 244 = juris, Rn. 10.
56Das Bundesverwaltungsgericht geht in seiner neueren Rechtsprechung im Hinblick auf die Entscheidungspraxis des EGMR dabei davon aus, dass Gefährdungen für ein Menschenrecht der EMRK auch von einem nichtstaatlichen Akteur ausgehen können.
57Vgl. BVerwG, Urteil vom 13. Juni 2013 - 10 C 13/12 -, BVerwGE 147, 8 = juris, Rn. 25 unter Ausgabe der früheren Rechtsprechung BVerwG, Urteil vom 15. April 1997 - 9 C 38.96 - zur Vorgängernorm des § 53 Abs. 4 AuslG, juris.
58Ausgehend davon ist vorliegend nicht ersichtlich, welches Menschenrecht der EMRK im konkreten Fall des Klägers ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 5 AufenthG begründen könnte. Soweit durch Art. 8 EMRK auch der Schutz der sexuellen Orientierung geschützt ist und zugleich insofern eine zielstaatsbezogene Wirkung der Vorschrift angenommen wird, ist aufgrund der vorstehenden Ausführungen nicht von einer Verfolgung Homosexueller auszugehen.
59Auch die Voraussetzungen eines Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG liegen nicht vor.
60Nach dieser Vorschrift soll von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht.
61Die vom Kläger geschilderte Bedrohung durch seinen Vater begründet keine Gefahr in diesem Sinne. Staatsangehörige vor nach nationalem Recht strafbaren Übergriffen Dritter auf seinem Staatsgebiet zu schützen, ist die Aufgabe des jeweiligen Staates. Gegen kriminelle Übergriffe ist deshalb Schutz durch die Strafverfolgungsbehörden und die Gerichte des Heimatlandes zu suchen. Ein zielstaatsbezogenes Abschiebungshindernis bestünde nur dann, wenn der albanische Staat nicht willens oder nicht in der Lage wäre, den Schutzpflichten gegenüber seinen Bürgern nachzukommen. Dafür ist nichts ersichtlich.
62Vgl. Auswärtiges Amt, Ad-hoc Lagebericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Republik Albanien (Stand: Oktober 2013) vom 16. Dezember 2013.
63Es ist überdies auch nicht ersichtlich, dass die geltend gemachte Bedrohung durch seinen Vater dem Kläger landesweit drohen würde. Abschiebungsschutz nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG kann nicht gewährt werden, wenn der Ausländer sich der Gefahr durch Ausweichen in ein sicheres Gebiet seines Heimatlandes entziehen kann.
64Vgl. BVerwG, Urteil vom 31. Januar 2013 - 10 C 15/12 -, BVerwGE 146, 12 = juris, Rn. 38.
65Die wirtschaftliche Lage des Klägers begründet ebenfalls kein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG.
66Zwar geht das Gericht davon aus, dass die allgemeine wirtschaftliche Situation in Albanien schlecht ist und sich die wirtschaftliche Lage vieler Albaner aufgrund hoher Arbeitslosigkeit und anderer Faktoren als schwierig darstellt. Die Grundversorgung der Bevölkerung mit Lebensmitteln ist indes gewährleistet. Der albanische Staat gewährt Bedürftigen Sozialhilfe durch sozialen Pflegedienst oder Geldbeträge, zu deren Höhe keine genauen Zahlungsbeträge vorliegen, die aber zumindest zur Deckung des Nahrungsmittelbedarfs ausreichen. Die Existenzsicherung ist somit möglich.
67Vgl. Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Republik Albanien (Stand: Oktober 2013) vom 16. Dezember 2013; VG Braunschweig, Beschluss vom 23. April 2013 - 6 B 82/13 -, juris.
68Der Kläger kann ein Abschiebungsverbot auch nicht in verfassungskonformer Anwendung der § 60 Abs. 7 Satz 1 und 2 AufenthG wegen einer extremen Gefahrenlage in Albanien verlangen.
69§ 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG erfasst grundsätzlich nur einzelfallbezogene, individuell bestimmte Gefährdungssituationen, da bei allgemeinen Gefahren gemäß § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG i.V.m. § 60a AufenthG über die Gewährung von Abschiebungsschutz im Wege politischer Leitentscheidungen befunden werden soll (Sperrwirkung des § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG). Grundsätzlich sind das Bundesamt und die Verwaltungsgerichte an diese gesetzgeberische Kompetenzentscheidung gebunden. Sie dürfen Ausländern, die einer gefährdeten Gruppe angehören, für die aber ein Abschiebestopp nach § 60a Abs. 1 Satz 1 AufenthG nicht besteht, nur dann im Einzelfall ausnahmsweise Schutz vor einer Abschiebung in verfassungskonformer Anwendung des § 60 Abs. 7 AufenthG zusprechen, wenn eine Abschiebung Verfassungsrecht, insbesondere die Grundrechte aus Art. 1 Abs. 1 und Art. 2 Abs. 2 GG, verletzen würde. Dies ist nur dann der Fall, wenn der Ausländer im Zielstaat der Abschiebung einer extremen Gefahrenlage ausgesetzt wäre, die landesweit besteht oder der der Ausländer nicht ausweichen kann.
70Wann danach allgemeine Gefahren aus verfassungsrechtlichen Gründen zu einem Abschiebungsverbot führen, hängt wesentlich von den Umständen des Einzelfalls ab und entzieht sich einer rein quantitativen oder statistischen Betrachtung. Die drohenden Gefahren müssen jedoch nach Art, Ausmaß und Intensität von einem solchen Gewicht sein, dass sich daraus bei objektiver Betrachtung für den Ausländer die begründete Furcht ableiten lässt, selbst in erheblicher Weise ein Opfer der extremen allgemeinen Gefahrenlage zu werden. Bezüglich der Wahrscheinlichkeit des Eintritts der drohenden Gefahren ist von einem im Vergleich zum Prognosemaßstab der beachtlichen Wahrscheinlichkeit erhöhten Maßstab auszugehen. Diese Gefahren müssen dem Ausländer daher mit hoher Wahrscheinlichkeit drohen. Dieser Wahrscheinlichkeitsgrad markiert die Grenze, ab der seine Abschiebung in den Heimatstaat verfassungsrechtlich unzumutbar erscheint. Dieser hohe Wahrscheinlichkeitsgrad ist dann erreicht, wenn der Ausländer ansonsten "gleichsam sehenden Auges dem sicheren Tod oder schwersten Verletzungen ausgeliefert würde". Schließlich müssen sich diese Gefahren alsbald nach der Rückkehr realisieren. Das bedeutet nicht, dass im Falle der Abschiebung der Tod oder schwerste Verletzungen sofort, gewissermaßen noch am Tag der Abschiebung, eintreten müssen. Vielmehr besteht eine extreme Gefahrenlage beispielsweise auch dann, wenn der Ausländer mangels jeglicher Lebensgrundlage dem baldigen sicheren Hungertod ausgeliefert werden würde.
71Vgl. BVerwG, Urteil vom 29. September 2011 - 10 C 24/10 -, NVwZ 2012, 451; OVG NRW, Beschluss vom 29. Oktober 2010 - 9 A 3642/06.A -, juris.
72Eine allgemeine Gefahrenlage in diesem Sinne besteht in Albanien offensichtlich nicht.
73Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO und § 83b AsylVfG. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 der Zivilprozessordnung.
Tenor
Der Antrag wird abgelehnt.
Die Antragsteller tragen die Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens.
1
Gründe:
2Der am 16. November 2015 sinngemäß gestellte Antrag,
3die aufschiebende Wirkung der Klage 17 K 7649/15.A gegen die in Ziffer 5 des Bescheides des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) vom 9. November 2015 enthaltene Abschiebungsandrohung anzuordnen,
4hat keinen Erfolg.
5I. Der zulässige Antrag ist unbegründet.
6Das Gericht kann die aufschiebende Wirkung der Klage gemäß § 80 Abs. 5 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) i.V.m. Art. 16a Abs. 4 Satz 1 Grundgesetz (GG), § 36 Abs. 4 Satz 1 Asylgesetz (AsylG) nur anordnen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsaktes bestehen. Dies ist nicht der Fall. Der Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 9. November 2015 begegnet insoweit keinen rechtlichen Bedenken.
7Die Antragsteller haben in dem für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage gemäß § 77 Abs. 1 Satz 1 AsylG maßgeblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung keinen Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft gemäß § 3 Abs. 1 AsylG sowie auf Anerkennung als Asylberechtigte gemäß Art. 16a Abs. 1 GG. Darüber hinaus besteht kein Anspruch auf Zuerkennung subsidiären Schutzes gemäß § 4 Abs. 1 AsylG. Unter Berücksichtigung des Vorbringens im Verwaltungsverfahren und im gerichtlichen Verfahren sind die Antragsteller in Albanien einer asyl- oder flüchtlingsrechtlich relevanten Verfolgung offensichtlich nicht ausgesetzt. Des Weiteren besteht kein Anspruch hinsichtlich der Feststellung nationaler Abschiebungsverbote gemäß § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 Aufenthaltsgesetz (AufenthG). Beachtliche Anhaltspunkte, der Klage entgegen der in § 75 Abs. 1 AsylG getroffenen gesetzlichen Grundentscheidung aufschiebende Wirkung zukommen zu lassen, sind nicht ersichtlich.
8Das Gericht folgt den tragenden Feststellungen und der im Wesentlichen zutreffenden Begründung des ausführlichen Bescheides des Bundesamtes vom 9. November 2015 und sieht von einer weiteren Darstellung der Gründe – mit Ausnahme der folgenden ergänzenden Ausführungen – ab (§ 77 Abs. 2 AsylG).
91. Ein Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft gemäß § 3 Abs. 1 AsylG besteht bereits deshalb nicht, weil den Antragstellern in Albanien keine flüchtlingsrechtlich relevante Verfolgung wegen ihrer Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe droht (§ 3 Abs. 1 Nr. 1 AsylG).
10Der Antragsteller zu 1. trägt im Wesentlichen vor, er sei wegen eines Blutrachekonfliktes in die Bundesrepublik Deutschland geflohen. Sein Bruder habe in einem Nachtlokal im Kosovo den Cousin seiner Mutter im Juni 2013 umgebracht. Er sei selbst nicht bei der Tat gewesen. Der Bruder sei daraufhin vor der dortigen Polizei nach Albanien geflohen, habe sich jedoch dann im Kosovo gestellt und sei schließlich wegen der Tat fünf Monate im Kosovo im Gefängnis gewesen. Wann dass genau gewesen sei, erinnere er sich nicht. Gegen Geldzahlung sei sein Bruder vorzeitig frei gekommen. Der Onkel mütterlicherseits habe daraufhin seinen Bruder mit dem Tode bedroht, so dass dieser vor etwa vier Monaten nach Spanien geflohen sei nachdem der Antragsteller zu 1. ihn zuvor versteckt gehalten habe. Vor vier Monaten habe auch er, der Antragsteller, beschlossen, nach Italien auszureisen, er habe dort drei Schwestern und in Albanien außer Vater und Mutter keine Familie mehr. Zudem sei seine Frau, die Antragstellerin zu 2., schwanger gewesen. Er habe so nicht mehr leben können. Direkt von Angesicht zu Angesicht sei er nicht bedroht worden, er habe nur Nachrichten erhalten. Zur Polizei sei er nicht gegangen. Unterlagen über den vermeintlichen Blutrachekonflikt könne er nicht vorlegen, er habe nur solche über die Entlassung seines Bruders aus dem Gefängnis.
11Die Antragstellerin zu 2. trägt maßgeblich vor, sie habe mit einem ihrer Onkel Probleme gehabt, der sie seit ihrem 13. Lebensjahr sehr streng habe erziehen wollen. Nach Abschluss der Ausbildung zur Krankenschwester habe sie sich verlobt und sei von dem Antragsteller zu 1. schwanger geworden. Gegen diese Verbindung sei ihr Onkel gewesen, auch wegen der Konfessionsverschiedenheit zu ihrem Ehemann. Sie sei Muslimin, er Katholik. Anlässlich eines Familienfestes habe dieser Onkel auf sie geschossen. Ihr jüngster Onkel habe eine für sie bestimmte Kugel abbekommen und sei gestorben. Dies belaste sie sehr. Der Onkel sei daraufhin von der Polizei festgenommen worden und befinde sich im Gefängnis.
12Im Rahmen der Verfolgungsmerkmale des § 3 Abs. 1 Nr. 1 AsylG wäre hier allenfalls nach dem geltend gemachten Vortrag beider Antragsteller eine Verfolgung wegen Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe in Betracht zu ziehen. Die von den Antragstellern behauptete Bedrohung von ihnen und gegebenenfalls ihrer Familien durch nichtstaatliche Akteure (vor allem den Onkel mütterlicherseits / älteren Onkel) begründet jedoch nicht die Eigenschaft der „Familie“ als „soziale Gruppe“ im Sinne dieser Norm,
13vgl. OVG Schleswig-Holstein, Urteil vom 27. Januar 2006 – 1 LB 22/05 –, juris Rn. 36ff.; VG Düsseldorf, Urteil vom 12. März 2015 – 6 K 8197/14.A –, juris Rn. 25ff.; VG Düsseldorf, Beschluss vom 14. Oktober 2015 – 17 L 3111/15.A –, n.v.; VG Düsseldorf, Beschluss vom 29. Oktober 2015 ‑ 17 L 3382/15.A ‑, n.v.
14Eine Definition des Begriffs der „sozialen Gruppe“ fehlt zwar im AsylG und ist auch den Gesetzesmaterialien nicht zu entnehmen. Art 10 Abs. 1 lit. d) der Richtlinie 2011/95/EU vom 13. Dezember 2011 lässt sich indes entnehmen, dass eine Gruppe im Sinne der Verfolgungsgründe in dem betreffenden Land einen unveränderlichen Hintergrund sowie eine deutlich abgegrenzte Identität aufweisen muss, da sie von der sie umgebenden Gesellschaft als andersartig betrachtet wird. Diese Abgrenzbarkeit muss schon vor der in Rede stehenden Verfolgung bestehen,
15vgl. zur Richtlinie 2004/83/EG: EuGH, Urteil vom 7. November 2013 – C-199/12 u.a. –, juris Rn. 45; OVG Schleswig-Holstein, Urteil vom 27. Januar 2006 – 1 LB 22/05 –, juris Rn. 38.
16Es ist grundsätzlich davon auszugehen, dass eine Familie durch die alle Mitglieder verbindende Verwandtschaft ein unveränderbares Merkmal teilt. Allerdings wird eine Familie in der Gesellschaft in Albanien in der Regel nicht als von der übrigen Gesellschaft deutlich abgrenzbare Gruppe mit eigener („Gruppen“-)Identität im Sinne von § 3b Abs. 1 Nr. 4 AsylG wahrgenommen. Im Fall der Antragsteller ist dies nicht der Fall. Der Antragsteller zu 1. wird von den Angehörigen des Opfers, das 2013 von seinem Bruder getötet worden sein will, allenfalls als Angehöriger der Familie des „Täters“ bedroht; nur von diesen, nicht auch von (irgendwelchen) anderen Bürgerinnen und Bürgern in Albanien werden sie in diesem Sinne „unterscheidend“ wahrgenommen. Die Unterscheidung, die auf Grund der vermeintlichen Blutracheproblematik getroffen wird, entsteht somit erst durch die Verfolgungshandlung. Ein solcher Fall liegt nicht im Anwendungsbereich des in §§ 3 Abs. 1, 3b Abs. 1 AsylG geschützten Rechtsguts,
17vgl. OVG Schleswig-Holstein, Urteil vom 27. Januar 2006 – 1 LB 22/05 –, juris Rn. 39; OVG Hamburg, Beschluss vom 5. Dezember 2008 – 5 Bf 45/07.AZ –, juris Rn. 23ff.; Sächs.OVG, Urteil vom 26. Februar 2013 – A 4 A 702/08 –, juris Rn. 45; Bay.VGH, Urteil vom 9. August 2010 ‑ 11 B.0930091 ‑, juris Rn. 38; VG Düsseldorf, Urteil vom 12. März 2015 – 6 K 8197/14.A –, juris Rn. 28f.; VG Düsseldorf, Beschluss vom 14. Oktober 2015 – 17 L 3111/15.A –, n.v.; VG Düsseldorf, Beschluss vom 29. Oktober 2015 ‑ 17 L 3382/15.A ‑, n.v.
18Die Antragstellerin zu 2. wird schon nicht als Mitglied einer bestimmten sozialen Gruppe, sondern letztlich wegen ihres individuellen Lebenswandels bedroht. Schwierigkeiten mit den albanischen Behörden haben beide Antragsteller bei ihrer Anhörung am 6. November 2015 nicht angegeben.
192. Die Voraussetzungen für eine Anerkennung der Antragsteller als Asylberechtigte gemäß Art. 16a Abs. 1 GG liegen schon deshalb nicht vor, weil sie nach ihren eigenen Angaben von Albanien aus über Italien und weitere Drittländer auf dem Landweg in die Bundesrepublik Deutschland mithilfe eines Schwagers des Antragstellers zu 1. eingereist sind. Da die Bundesrepublik Deutschland ausschließlich von sicheren Drittstaaten umgeben ist (vgl. § 26a Abs. 2 AsylG i.V.m. Anlage I zu § 26a AsylG), ist die Asylanerkennung hier bei einer Einreise über den Landweg gemäß Art. 16a Abs. 2 Satz 1 GG i.V.m. § 26a Abs. 1 AsylG ausgeschlossen. Ungeachtet dessen liegen auch die materiellen Voraussetzungen für die Gewährung des Asylgrundrechts aus denselben Gründen nicht vor, die einer Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft entgegenstehen.
203. Die Antragsteller haben auch keinen Anspruch auf Zuerkennung subsidiären Schutzes gemäß § 4 Abs. 1 AsylG. Sie haben keine stichhaltigen Gründe für die Annahme vorgebracht, ihnen drohte in Albanien ein ernsthafter Schaden gemäß des hier allein ernstlich in Betracht zu ziehenden § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 AsylG durch Folter, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung sowie Bestrafung.
21a) Hinsichtlich des Antragstellers zu 1. ist bereits unglaubhaft, dass eine Blutfehde mit der Familie des Onkels mütterlicherseits besteht. An den entscheidenden Stellen bei der Anhörung vor dem Bundesamt am 6. November 2015 bleibt sein Vortrag substanzarm und unkonkret. So will die Ermordung seines Cousins durch den Bruder des Antragstellers zu 1. innerhalb der Familie zunächst als Selbsttötung getarnt worden sein. Nach Angaben des Antragstellers hat dies der Onkel mütterlicherseits auch geglaubt. Weshalb die Familie des Antragstellers zu 1. dann dem Onkel die Ermordung ohne Weiteres berichtet und die etwaige Konsequenz einer Blutrachefehde in Kauf genommen haben will, erschließt sich schon nicht. Weiterhin ist wenig nachvollziehbar, weshalb sich der Antragsteller zu 1. sofort nach der angeblichen Tat seines Bruders im Juni 2013 jedenfalls aber nach dessen Freilassung (hier ist der Vortrag widersprüchlich) versteckt gehalten, zugleich indes sein Ladenlokal noch bis Ende April 2015 weitergeführt haben will. Selbst wenn er „einen Manager“ für die Führung des Geschäfts gehabt hätte, ist der Vortrag, die Brüder des Onkels mütterlicherseits hätten sofort mitbekommen, wenn er aus seinem Versteck gegangen wäre und hätten ihn dann töten können, unstimmig zu seiner Einlassung, er habe sich mit seiner Mutter in seinem Lokal getroffen und habe sein Versteck mit ihr verlassen können („Ich bin mit meiner Mutter raus“). Schließlich war es ihm auch möglich unbehelligt seine Frau, die Antragstellerin zu 2., die angeblich getrennt von ihm in ihrem eigenen Haus gelebt haben will, regelmäßig zu sehen, zumal sie von dem Antragsteller zu 1. auch schwanger wurde. Die Antragstellerin zu 2. hat ihn nach ihrem eigenen Vortrag im Übrigen im Mai 2015 in Italien besucht, so dass erkennbar unglaubhaft ist, wenn der Antragsteller zu 1. angibt, er habe sich die ganze Zeit bis zu seiner Ausreise in Albanien versteckt gehalten. Angesichts der behaupteten Bedrohungssituation ist es schließlich nicht nachvollziehbar, weshalb er weder ansatzweise versucht hat, in einen anderen Landesteil Albaniens auszuweichen noch zu irgendeinem Zeitpunkt Kontakt zur Polizei zu suchen bzw. sich an ein Versöhnungskomitee oder eine sonstige Schlichtungsstelle für Blutrachefälle zu wenden. Verfolgungsversuche durch den Onkel mütterlicherseits, geschweige denn hartnäckige, werden letztlich nicht benannt. Die geschilderten Rachenachrichten bleiben unkonkret. Wenn der Antragsteller schließlich behauptet, er wolle die Familie seiner Frau nicht in den Blutrachekonflikt hineinziehen, deswegen könne er zum Teil keine weiteren Angaben machen (Antwort beim Bundesamt: „Jetzt ziehen Sie meine Frau da nicht mit rein“), übersieht er, dass Blutrache sich nach dem „Kanun“, auf den sich der Antragsteller zu 1. selbst namentlich beruft, in erster Linie gegen den Täter und dann männliche Angehörige seiner Sippe richtet, wenn dieser nicht zu fassen ist. Frauen und Kinder sind grundsätzlich ausgenommen und damit nicht nur die Antragstellerin zu 2., sondern deren ganze Familie,
22vgl. Auskunft des Auswärtigen Amtes vom 30. Mai 2015; Bundesamt, Blickpunkt Albanien - Blutrache, April 2014, S. 11.
23Aus dem Vortrag der Antragsteller ergeben sich keine Anhaltspunkte dafür, ausnahmsweise sei die Antragstellerin zu 2. einer solchen Bedrohung durch Teile der Familie ihres Ehemannes ebenfalls ausgesetzt. Es liegt daher die Annahme nahe, dass der Antragsteller zu 1. keiner persönlichen Bedrohungssituation ausgesetzt war.
24b) In der Person der Antragstellerin zu 2. liegen ebenso keine stichhaltige Gründe für die Annahme, sie sie im Falle ihrer Rückkehr nach Albanien mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit einer unmenschlichen Behandlung in Gestalt eines Racheaktes ihres Onkels ausgesetzt, vor. Selbst wenn sich die von ihr geschilderte Auseinandersetzung bei der einer ihrer Onkel auf sie geschossen und statt ihrer den jüngeren Onkel getötet haben will so zugetragen hat, lässt sich die Gefahr eines ernsthaften Schadens für sie nicht beachtlich wahrscheinlich bei Rückkehr mit der gebotenen konkreten Gegenwärtigkeit ableiten. Denn ihr Onkel ist unstreitig verhaftet worden und befindet sich derzeit im Gefängnis; erweisen sich die Tatvorwürfe als wahr hat er offenkundig mit einer mehrjährigen Haftstrafe zu rechnen. Ob er gegen Bestechungsgeld freikommt oder einen gedungenen Mörder gegen sie beauftragt, ist bloße Spekulation und befindet sich nur im möglichen, nicht aber beachtlich wahrscheinlichen Bereich. Auch kann aus dem Umstand, dass ihr Ehemann in einen - vom Gericht hier nicht für glaubhaft befunden - Blutrachekonflikt verwickelt sein will, keine Gefahr für die Antragstellerin zu 2. abgeleitet werden. Wie unter I. 3. a) dargelegt, richtet sich Blutrache in erster Linie gegen den Täter und dann männliche Angehörige seiner Sippe, wenn dieser nicht zu fassen ist. Anhaltspunkte für eine Abweichung hiervon sind weder dargelegt noch sonst ersichtlich.
25c) Darüber hinaus scheidet die Zuerkennung subsidiären Schutzes auch deshalb aus, weil nicht erwiesenermaßen feststeht, dass die albanischen Sicherheitsbehörden nicht willens oder in der Lage sind, beiden Antragstellern Schutz vor einem ernsthaften Schaden durch nichtstaatliche Akteure zu gewähren, vgl. § 4 Abs. 3 i.V.m. § 3c Nr. 3 AsylG. Die albanischen Sicherheitsbehörden sind trotz nach wie vor bestehender Defizite generell fähig und willig, vor einem solchen Schaden durch nichtstaatliche Akteure Schutz zu gewähren, vgl. § 3d Abs. 1 und 2 AsylG. Im Juni 2014 wurde Albanien der Status des Beitrittskandidaten zur Europäischen Union verliehen. Die Entscheidung des Europäischen Rats war Anerkennung der von Albanien unternommenen Reformmaßnahmen und gleichzeitig eine Ermutigung, notwendige Reformen weiter voranzutreiben. Aus den sich auf den Zeitraum Oktober 2013 bis September 2014 beziehenden Fortschrittsberichten der EU-Kommission ergibt sich, dass Albanien, auch wenn in vielen Bereichen noch Mängel festzustellen sind, u. a. Reformmaßnahmen im Bereich der Justiz und der öffentlichen Verwaltung umgesetzt und Fortschritte im Kampf gegen die Korruption und die organisierte Kriminalität erreicht hat. Denn der albanische Staat hat Reformwillen nicht nur gezeigt, sondern auch Reformen, gerade im Bereich der Justiz und Verwaltung, nachweisbar auf den Weg gebracht,
26vgl. OVG NRW, Beschluss vom 23. Februar 2015 - 11 A 334/14.A -, juris Rn. 8 m.w.N; Bundesamt, Blickpunkt Albanien - Blutrache, April 2014, S. 17ff. m.w.N.; Home Office, Country Information and Guidance - Albania: Blood feuds, 2014, S. 6, http://www.refworld.org/docid/53b698e74.html, aufger. am 20. November 2015.
27Diese Anstrengungen erstrecken sich nicht zuletzt unter dem Eindruck gestiegener Asylbewerberzahlen in Europa auch auf das Phänomen der Blutrache, die der albanische Staat verstärkt bekämpft. Der albanische Staat hat spezielle Rechtsvorschriften erlassen bzw. auf den Weg gebracht. So wurde im Zuge der Novellierung des albanischen Strafgesetzbuchs im Jahre 2012 die vorsätzliche Tötung im Kontext mit Blutrache oder Blutfehde mit nunmehr nicht weniger als dreißig Jahren Freiheitsstrafe pönalisiert (Art. 78a). Selbst die Androhung von Blutrache wird mit einer Geldstrafe oder Inhaftierung bis zu drei Jahren bestraft (Art. 83a),
28vgl. Bundesamt, Blickpunkt Albanien - Blutrache, April 2014, S. 18; Home Office, Country Information and Guidance - Albania: Blood feuds, 2014, S. 19, http://www.refworld.org/docid/53b698e74.html, aufger. am 20. November 2015.
29Die Ermittlungen und Strafverfolgungsmaßnahmen haben sich in ihrer Wirksamkeit verbessert. Gerade in Städten Nordalbaniens (Shkoder, Lezhe, Kukes) findet eine aktive Arbeit der Ermittlungsbehörden gegen Blutrache statt. Die Regierung hat die Ermittlungsbehörden zur Strafverfolgung von Blutrachefällen angewiesen, so dass im Jahre 2014 eine Reihe von Tätern angeklagt wurde,
30vgl. Home Office, Country Information and Guidance - Albania: Blood feuds, 2014, S. 6, http://www.refworld.org/docid/53b698e74.html, aufger. am 20. November 2015.
31Seitens des Ombudsmannes wurden zahlreiche Anstrengungen unternommen, staatliche Institutionen und die Öffentlichkeit zu sensibilisieren. Auf sein Bestreben wurde eine Task-Force für die Verfolgung und Untersuchung von Fällen eingerichtet, in denen die Behörden nicht ausreichend eingegriffen hatten,
32vgl. Bundesamt, Blickpunkt Albanien - Blutrache, April 2014, S. 18.
33Vor diesem Hintergrund kann nicht festgestellt werden, dass ein Schutzersuchen des Antragstellers zu 1. bei der Polizei von vornherein aussichtslos gewesen wäre. Etwas substantiiert Abweichendes hat er auch nicht vorgetragen, insbesondere ist nicht nachvollziehbar dargelegt, weshalb es ihm über zwei Jahre lang nach dem vermeintlichen Vorfall hinweg nicht möglich gewesen sein soll, selbst um Schutz bei der Polizei nachzusuchen oder, dass dieser Schutz ihm erwiesenermaßen verweigert worden wäre. Die Einlassung, er könne der Polizei nicht sagen, dass er „umgebracht“ werden solle, weil sein Onkel mütterlicherseits dieses Recht einfordere, ist kein beachtlicher Grund, nicht zu den Sicherheitskräften zu gehen. Für die Schutzwilligkeit und -fähigkeit der Polizei bei innerfamiliären Konflikten spricht gerade im Übrigen der Fall der Antragstellerin zu 2. - wenngleich es sich dabei eher um kriminelles Unrecht und weniger um eine Blutracheproblematik handeln dürfte -, denn dort hat sie den Onkel der Antragstellerin verhaftet. Es gibt auch entgegen der Ansicht der Antragstellerin keine Anhaltspunkte, die Polizei würde bei einem religiösen privaten Konflikt (familiärer Unmut, weil die Antragsteller konfessionsverschieden geheiratet haben) nicht einschreiten. Ungeachtet dessen, dass schon allgemein keine Religionsgemeinschaft durch staatliche Maßnahmen bevorzugt oder diskriminiert wird und keine maßgeblichen religiös motivierten Konflikte existieren,
34vgl. Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Republik Albanien vom 10. Juni 2015, S. 7,
35ist die Polizei ja gerade auch tatsächlich im Falle der Antragstellerin bereits eingeschritten. Weshalb dies nicht bei einem erneuten Bedrohungspotential noch einmal möglich sein sollte, verbleibt unklar.
36Lediglich am Rande wird angemerkt, dass es dem Antragsteller zu 1. im Rahmen der unterstellten Blutracheproblematik weiter möglich und zumutbar wäre, das Nationale Versöhnungskomitee oder andere Stellen die in diesem Bereich tätig sind einzuschalten,
37vgl. Bundesamt, Blickpunkt Albanien - Blutrache, April 2014, S. 13f.,
38um eine Versöhnung oder Einigung herbeizuführen.
39d) Ungeachtet dessen ist die Zuerkennung subsidiären Schutzes gemäß § 4 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. § 3e AsylG ausgeschlossen, weil sich beide Antragsteller -selbst ihren Vortrag als wahr unterstellt - auf internen Schutz verweisen lassen müssen. Sie können einer Art. 3 Europäische Menschenrechtskonvention zuwiderlaufenden Behandlung dadurch begegnen, dass sie sich in einem anderen Teil Albaniens niederlassen. Eine innerstaatliche Wohnsitzalternative ist grundsätzlich immer dann gegeben, wenn für eine Person in einem Teil ihres Herkunftslandes keine Gefahr eines ernsthaften Schadens besteht und sie sicher und legal in diesen Landesteil reisen kann, dort aufgenommen wird und vernünftigerweise dort erwartet werden kann, dass sie sich dort niederlässt, vgl. § 4 Abs. 3 Satz 2 i.V.m. § 3e Abs. 1 AsylG. Dies ist hier der Fall. Die Antragsteller können jedenfalls durch Verlegung ihres Wohnsitzes in urbane Zentren anderer - vor allem südlicher - Landesteile Albaniens, wo ein Leben in gewisser Anonymität möglich ist, eine etwaige Gefahr für Leib oder Leben abwenden,
40vgl. Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Republik Albanien vom 10. Juni 2015, S. 11; VG Düsseldorf, Urteil vom 12. März 2015 ‑ 6 K 8197/14.A ‑, juris Rn. 63; VG Düsseldorf, Beschluss vom 14. Oktober 2015 – 17 L 3111/15.A –, n.v.; VG Düsseldorf, Beschluss vom 29. Oktober 2015 – 17 L 3382/15.A –, n.v.
41Weshalb dies nicht möglich sein soll, legen sie nicht dar. Soweit die Antragstellerin zu 2. angibt, Albanien sei dafür zu klein, ist diese Behauptung zu pauschal und überzeugt nicht, zumal weder die Antragsteller den Versuch unternommen haben, ihren Wohnort (wohl W. in der Nähe von U. ) innerhalb Albaniens in eine andere größere Stadt zu verlegen noch greifbare Anhaltspunkte dafür bestehen, die Opferfamilie im Falle des Antragstellers zu 1. und der Onkel im Falle der Antragstellerin zu 2. hätten ein Interesse daran und auch entsprechende Möglichkeiten, die Antragsteller andernorts zu finden, um eine ‑ vom Gericht bereits nicht angenommene ‑ „Blut“-rache oder sonstiges kriminelles Unrecht auszuführen.
424. Schließlich liegen keine zielstaatsbezogenen Abschiebungsverbote in Bezug auf Albanien vor. Für die Antragsteller besteht in Albanien keine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit gemäß § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit. Eine Gefahr im Sinne dieser Norm für die dort benannten Rechtsgüter ist erheblich, wenn eine Beeinträchtigung von besonderer Intensität zu erwarten ist. Das ist insbesondere der Fall, wenn sich der Gesundheitszustand des Ausländers aufgrund zielstaatsbezogener Umstände im Zielstaat wesentlich oder gar lebensbedrohlich verschlechtern würde. Konkret ist eine derartige Gefahr, wenn die Verschlechterung alsbald nach der Rückkehr eintritt,
43vgl. BVerwG, Urteil vom 17. Oktober 2006 - 1 C 18.05, juris Rn. 15; BVerwG, Urteil vom 25. November 1997 - 9 C 58.96, juris Rn. 13.
44Aus den vorgenannten Gründen unter I. 3. a) haben die Antragsteller keine erhebliche Gefährdungssituation mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit vorgetragen. Gleiches gilt für die von der Antragstellerin zu 2. weiter geltend gemachte psychische Erkrankung. Sie hat bei der Anhörung vor dem Bundesamt am 6. November 2015 vorgetragen, sie sei wegen der Geschehnisse mit ihrem Onkel alle zwei Wochen in psychologischer Behandlung in Albanien gewesen. Diese sei privat finanziert worden. Unterlagen, Atteste oder ähnliches habe sie nicht dabei.
45Die vermeintlichen psychischen Probleme der Antragstellerin wurden bereits nicht hinreichend substantiiert dargelegt. Zur Substantiierung eines Sachvortrags, der das Vorliegen einer behandlungsbedürftigen psychischen Erkrankung zum Gegenstand hat, gehört regelmäßig die Vorlage eines gewissen Mindestanforderungen genügenden fachärztlichen Attestes. Aus diesem muss sich nachvollziehbar ergeben, auf welcher Grundlage der Facharzt seine Diagnose gestellt hat und wie sich die Krankheit im konkreten Fall darstellt. Dazu gehören etwa Angaben darüber, seit wann und wie häufig sich der Patient in ärztlicher Behandlung befunden hat und ob die von ihm geschilderten Beschwerden durch die erhobenen Befunde bestätigt werden. Des Weiteren sollte das Attest Aufschluss über die Schwere der Krankheit, deren Behandlungsbedürftigkeit sowie den bisherigen Behandlungsverlauf (Medikation und Therapie) geben,
46vgl. BVerwG, Urteil vom 11. September 2007 – 10 C 8/07 –, juris Rn. 15.
47Ungeachtet dessen ist aber auch nicht zu erkennen, die Antragstellerin zu 2. wäre bei einer Rückkehr nach Albanien einer drohenden erheblichen Gesundheitsgefahr aufgrund der unterstellten psychischen Erkrankung ausgesetzt. Mangels gegenteiliger durchgreifender Erkenntnisse ist eine medizinische und therapeutische Versorgung von psychisch Erkrankten -zumindest medikamentös- in Albanien auf rechtlich maßgeblichem Landesniveau gewährleistet und auch zugänglich. Die medizinische Versorgung in staatlichen Krankenhäusern und Polikliniken ist grundsätzlich kostenlos über eine staatliche Krankenversicherung gesichert. Die örtlichen Apotheken bieten ein relativ großes Sortiment von gängigen Medikamenten und es besteht die Möglichkeit, weitere Medikamente aus dem Ausland zu beschaffen,
48vgl. Auskunft der Botschaft der Bundesrepublik Deutschland vom 29. März 2013 - zu Frage 22; s. bereits Auskunft der Botschaft der Bundesrepublik Deutschland vom 3. September 2003; s. zur Erreichbarkeit und Kostenübernahme von Medikamenten Lagebericht des Auswärtigen Amtes vom 10. Juni 2015, S. 13; Schweizerische Flüchtlingshilfe, Albanien: Posttraumatische Belastungsstörung; Blutrache, Auskunft der SFH- Länderanalyse, Stand: 13. Februar 2013, S. 6f..
49Dass die Antragstellerin zu 2. im Übrigen überhaupt zwingend auf Medikamente angewiesen wäre, lässt sich ihrem Vortrag auch nicht entnehmen. Schließlich ist nicht ersichtlich, sie könne in Albanien nicht etwaige Behandlungskosten tragen, denn bereits vor ihrer Ausreise hat sie die psychologische Behandlung aus privaten Einnahmen beglichen.
50II. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Gerichtskosten werden gemäß § 83b AsylG nicht erhoben.
51Der Gegenstandswert ergibt sich aus § 30 Abs. 1 Rechtsanwaltsvergütungsgesetz.
52Der Beschluss ist unanfechtbar, § 80 AsylG.
Tenor
Der Antrag wird abgelehnt.
Die Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens trägt der Antragsteller.
1
Gründe:
2Der am 15. September 2015 sinngemäß gestellte Antrag,
3die aufschiebende Wirkung der Klage 17 K 6258/15.A gegen die in Ziffer 3 des Bescheides des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 1. September 2015 enthaltene Abschiebungsandrohung anzuordnen,
4hat keinen Erfolg.
5I. Der zulässige Antrag ist unbegründet.
6Das Gericht kann die aufschiebende Wirkung der Klage gemäß § 80 Abs. 5 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) i.V.m. Art. 16a Abs. 4 Satz 1 Grundgesetz (GG), § 36 Abs. 4 Satz 1 Asylverfahrensgesetz (AsylVfG) nur anordnen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsaktes bestehen. Dies ist hier nicht der Fall. Der Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) vom 1. September 2015 in der Fassung des Ergänzungsbescheides vom 13. Oktober 2015 begegnet keinen rechtlichen Bedenken im vorgenannten Sinne.
7Der Antragsteller hat in dem nach § 77 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG maßgeblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung keinen Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft gemäß § 3 Abs. 1 AsylVfG sowie auf Anerkennung als Asylberechtigter gemäß Art. 16a Abs. 1 GG. Darüber hinaus besteht kein Anspruch auf Zuerkennung subsidiären Schutzes gemäß § 4 Abs. 1 AsylVfG. Unter Berücksichtigung des Vorbringens im Verwaltungsverfahren und im gerichtlichen Verfahren ist der Antragsteller in Albanien einer asyl- oder flüchtlingsrechtlich relevanten Verfolgung offensichtlich nicht ausgesetzt. Des Weiteren besteht kein Anspruch hinsichtlich der Feststellung nationaler Abschiebungsverbote gemäß § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 Aufenthaltsgesetz (AufenthG).
8Zur Begründung wird gemäß § 77 Abs. 2 AsylVfG zunächst auf die zutreffenden Ausführungen im Bescheid des Bundesamtes vom 1. September 2015 in der Fassung des Ergänzungsbescheides vom 13. Oktober 2015, denen das Gericht folgt, Bezug genommen und insoweit von einer weiteren Darstellung der Gründe abgesehen.
9Darüber hinaus ist ergänzend Folgendes anzumerken:
101. Ein Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft gemäß § 3 Abs. 1 AsylVfG besteht bereits deshalb nicht, weil dem Antragsteller in Albanien keine flüchtlingsrechtlich relevante Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe droht (§ 3 Abs. 1 Nr. 1 AsylVfG).
11Soweit er – ungeachtet der Glaubhaftigkeit seines Vorbringens – zum Verfolgungsschicksal vorträgt, er habe Angst als Mitglied seiner Familie irgendwann einmal der Blutrache durch eine andere nicht näher spezifizierte Familie zum Opfer zu fallen, weil sein Urgroßvater im Jahr 1939 drei Familienmitglieder dieser anderen Familie erschossen habe, knüpft die behauptete Verfolgung schon nicht an ein Verfolgungsmerkmal im Sinne von § 3 Abs. 1 Nr. 1 AsylVfG an. Die Bedrohung einer Familie, deren Mitglied der Antragsteller ist, durch Dritte (hier: die Familie der seinerzeitigen Opfer) begründet nicht die Eigenschaft der Familie als „soziale Gruppe“ im Sinne von § 3 Abs. 1 Nr. 1 AsylVfG,
12vgl. OVG Schleswig-Holstein, Urteil vom 27. Januar 2006 – 1 LB 22/05 –, juris Rn. 36 ff.; VG Düsseldorf, Urteil vom 12. März 2015 – 6 K 8197/14.A –, juris Rn. 25 ff.
13Zwar ist davon auszugehen, dass eine Familie durch die alle Mitglieder verbindende Verwandtschaft ein unveränderbares Merkmal teilt. Allerdings wird eine Familie in der Regel ‑ und so auch hier – nicht als von der übrigen Gesellschaft deutlich abgrenzbare Gruppe mit eigener („Gruppen“-)Identität im Sinne von § 3b Abs. 1 Nr. 4 AsylVfG wahrgenommen,
14vgl. OVG Schleswig-Holstein, Urteil vom 27. Januar 2006 – 1 LB 22/05 –, juris Rn. 39; VG Düsseldorf, Urteil vom 12. März 2015 – 6 K 8197/14.A –, juris Rn. 28 f.
152. Die Voraussetzungen für eine Anerkennung des Antragstellers als Asylberechtigter gemäß Art. 16a Abs. 1 GG liegen nicht vor, weil er nach seinen Angaben mit dem Bus und dem Zug von Albanien aus über Kosovo, Mazedonien, Serbien, Ungarn und Österreich auf dem Landweg in die Bundesrepublik Deutschland eingereist ist. Da die Bundesrepublik Deutschland ausschließlich von sicheren Drittstaaten, nämlich den Mitgliedsstaaten der Europäischen Union, der Schweiz und Norwegen umgeben ist (vgl. § 26a Abs. 2 AsylVfG i.V.m. Anlage I zu § 26a AsylVfG), ist die Asylanerkennung bei einer Einreise über den Landweg gemäß Art. 16a Abs. 2 Satz 1 GG i.V.m. § 26a Abs. 1 AsylVfG von vornherein ausgeschlossen.
163. Der Antragsteller hat auch keinen Anspruch auf Zuerkennung subsidiären Schutzes gemäß § 4 Abs. 1 AsylVfG.
17Er hat keine stichhaltigen Gründe für die Annahme vorgebracht, das ihm in Albanien ein ernsthafter Schaden gemäß des hier allein in Betracht kommenden § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 AsylVfG durch Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung droht.
18Das Gericht erachtet das Vorbringen des Antragstellers hinsichtlich der geltend gemachten Furcht vor (Blut-)Racheakten als unglaubhaft. Dies zeigt sich bereits an der Äußerung des Antragstellers, er sei lediglich nach Deutschland gekommen, weil er gehört habe, dass es für Blutrache hier Asyl gebe. Wenn er nicht in Deutschland bleiben könne, habe er halt Pech gehabt. Albanien sei nichts für ihn. Er werde dann eher nach Afrika oder China gehen, als nach Albanien zurückzukehren. Die fehlende Glaubhaftigkeit des Vorbringens zum Verfolgungsschicksal folgt zudem daraus, dass der Antragsteller ausweislich seiner Angaben mehrfach für einige Monate aus beruflichen Gründen nach Griechenland und Italien ausgereist ist, jedoch stets wieder nach Albanien zurückkehrte. Hätte er tatsächlich konkrete Racheakte durch eine andere Familie zu befürchten, hätte er sich in der Vergangenheit nicht stets wieder in sein Herkunftsland zurückbegeben. Hinzu kommt, dass der Antragsteller die Familie, deren Blutrache er befürchtet, nicht näher spezifiziert, geschweige denn zu diesem Vorgang irgendwelche Dokumente vorgelegt hat. Ferner erklärte er auf ausdrückliche Nachfrage anlässlich seiner Anhörung vor dem Bundesamt, dass er selbst nie Kontakt zu dieser Familie gehabt und diese auch nie gesehen habe. Er habe lediglich Angst, Mitgliedern dieser Familie doch irgendwann einmal zu begegnen und eventuell bedroht zu werden.
19Selbst wenn das Vorbringen des Antragstellers als wahr unterstellt wird, lassen sich daraus keine stichhaltigen Gründe für die Annahme ableiten, dass der Antragsteller im Falle seiner Rückkehr nach Albanien mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit einer unmenschlichen Behandlung in Gestalt eines Racheaktes ausgesetzt sein könnte. Denn wie bereits ausgeführt kann er weder die Familie, von der etwaige (Blut-)Racheakte ausgehen sollen näher bezeichnen, noch wurde er zu irgendeinem Zeitpunkt in der Vergangenheit von dieser Familie bedroht.
20Dessen ungeachtet ist die Zuerkennung subsidiären Schutzes auch durch § 4 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. § 3e AsylVfG ausgeschlossen, weil sich der Antragsteller auf internen Schutz verweisen lassen muss. Der Antragsteller kann sich einer unmenschlichen Behandlung im Sinne von § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 AsylVfG dadurch entziehen, dass er sich in einem anderen Teil Albaniens niederlässt. Eine innerstaatliche Wohnsitzalternative ist grundsätzlich immer dann gegeben, wenn für eine Person in einem Teil ihres Herkunftslandes keine Gefahr eines ernsthaften Schadens besteht und sie sicher und legal in diesen Landesteil reisen kann, dort aufgenommen wird und vernünftigerweise erwartet werden kann, dass sie sich dort niederlässt, § 4 Abs. 3 Satz 2 i.V.m. § 3e Abs. 1 AsylVfG. Dies ist hier der Fall. Der Antragsteller kann jedenfalls durch Verlegung seines Wohnsitzes in die Hauptstadt Tirana oder andere urbane Zentren in Albanien, wo ein Leben in gewisser Anonymität möglich ist, eine etwaige Gefahr für Leib oder Leben abwenden,
21vgl. Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Republik Albanien, Stand: Mai 2015, S. 11; VG Düsseldorf, Urteil vom 12. März 2015 – 6 K 8197/14.A –, juris Rn. 63.
224. Schließlich bestehen in Bezug auf Albanien keine nationalen Abschiebungsverbote gemäß § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG.
23Der Antragsteller ist im Falle seiner Rückkehr nach Albanien insbesondere keiner erheblichen konkreten Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit im Sinne von § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG ausgesetzt. Selbst bei Wahrunterstellung seines Vorbringens fehlt es aus den vorgenannten Gründen an einer für eine Schutzgewährung erforderlichen, einzelfallbezogenen, individuell bestimmten und erheblichen Gefährdungssituation. Jedenfalls müsste er sich auch insoweit auf die bestehende Möglichkeit der Inanspruchnahme internen Schutzes (innerstaatliche Fluchtalternative) verweisen lassen.
24II. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Gerichtskosten werden gemäß § 83b AsylVfG nicht erhoben.
25Der Gegenstandswert ergibt sich aus § 30 Abs. 1 Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG).
26Dieser Beschluss ist unanfechtbar, § 80 AsylVfG.
(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.
(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.
(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.
(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.
(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.
(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.
(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.
(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.
(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.
(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.
(11) (weggefallen)
Tenor
Der Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe und Beiordnung von Rechtsanwalt I. , I1. , wird abgelehnt.
Der Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes wird abgelehnt.
Die Antragsteller tragen die Kosten des Verfahrens, für das Gerichtskosten nicht erhoben werden
1
G r ü n d e :
2I.
3Der Prozesskostenhilfeantrag hat keinen Erfolg. Nach § 166 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) in Verbindung mit § 114 der Zivilprozessordnung (ZPO) erhält eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, auf Antrag Prozesskostenhilfe, sofern die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Diese Voraussetzungen sind hier nicht gegeben, weil das einstweilige Rechtsschutzverfahren, wie sich aus den Gründen zu II. ergibt, keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und im Übrigen die erforderlichen Formularanträge und Belege nicht vorgelegt worden sind.
4II.
5Der - sinngemäße - Antrag der Antragsteller,
6die aufschiebende Wirkung der Klage 5 K 500/16.A gegen die in dem Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 25. Januar 2016 unter Ziffer 5 enthaltene Abschiebungsandrohung sowie gegen die unter Ziffern 6 und 7 verfügten Einreise- und Aufenthaltsverbote anzuordnen,
7hat keinen Erfolg.
8Hinsichtlich der Abschiebungsandrohung ist der Antrag zulässig - insbesondere innerhalb der Wochenfrist des § 36 Abs. 3 Satz 1 AsylG gestellt -, er ist jedoch unbegründet.
9Nach § 75 AsylG hat die Anfechtungsklage gegen die vom Bundesamt ausgesprochene Abschiebungsandrohung keine aufschiebende Wirkung. Zwar kann das Gericht gemäß § 80 Abs. 5 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) i.V.m. § 36 Abs. 3 Satz 1 AsylG die aufschiebende Wirkung der Klage anordnen. Das setzt aber nach § 36 Abs. 4 Satz 1 AsylG ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsaktes voraus. Solchen ernstlichen Zweifeln unterliegt die unter Ziffer 5 des mit der Klage angegriffenen Bescheides vom 25. Januar 2016 verfügte Abschiebungsandrohung nicht.
10Rechtsgrundlage für die erlassene Ausreiseaufforderung und die Abschiebungsandrohung sind die §§ 34 Abs. 1, 36 Abs. 1 AsylG i.V.m. den §§ 59 und 60 Abs. 10 des Aufenthaltsgesetzes (AufenthG). Danach erlässt das Bundesamt die Abschiebungsandrohung unter Bestimmung einer Ausreisefrist von einer Woche, wenn der Asylantrag und der Antrag auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft des Ausländers als offensichtlich unbegründet abgelehnt werden und er nicht im Besitz eines Aufenthaltstitels ist. Diese Voraussetzungen sind hier gegeben. Das Bundesamt ist in der angegriffenen Entscheidung - auf die entsprechend § 77 Abs. 2 AsylG Bezug genommen wird - zu Recht davon ausgegangen, dass die Asylanträge der Antragsteller offensichtlich unbegründet sind und die Voraussetzungen für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft gemäß § 3 Abs. 1 und 4 AsylG i.V.m. § 60 Abs. 1 Satz 1 AufenthG offensichtlich nicht vorliegen. Dies erweist sich auch im gegenwärtigen, für die gerichtliche Beurteilung maßgeblichen Zeitpunkt - vgl. § 77 Abs. 1 AsylG - als rechtsfehlerfrei.
11Die Voraussetzungen für die Asylanerkennung gemäß Art. 16a Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) bzw. § 3 Abs. 1 und 4 AsylG i.V.m. § 60 Abs. 1 Satz 1 AufenthG für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft greifen offensichtlich nicht zugunsten der Antragsteller ein. Gemäß § 29a Abs. 1 AsylG ist ein Asylantrag als offensichtlich unbegründet abzulehnen, wenn der Antragsteller aus einem sicheren Herkunftsstaat im Sinne des Art. 16a Abs. 3 Satz 1 GG, d.h. u.a. einem Staat gemäß § 29a Abs. 2 i.V.m. Anlage II AsylG stammt, es sei denn, die von ihm angegebenen Tatsachen oder Beweismittel begründen die Annahme, dass ihm abweichend von der allgemeinen Lage im Herkunftsstaat politische Verfolgung droht.
12Diese Voraussetzungen liegen hier vor. Die Antragsteller stammen aus Albanien und mithin einem sicheren Herkunftsstaat nach den vorbezeichneten Bestimmungen in deren maßgeblicher Fassung zum jetzigen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung.
13Das Vorbringen der Antragsteller begründet nicht die Annahme, dass ihnen abweichend von der allgemeinen Lage im Herkunftsstaat politische Verfolgung droht. Zur Ausräumung der Vermutung ist nur ein Vorbringen zugelassen, das die Furcht vor politischer Verfolgung auf ein individuelles Verfolgungsschicksal des Asylbewerbers gründet. Dabei kann er seine Furcht vor politischer Verfolgung auch dann auf ein persönliches Verfolgungsschicksal stützen, wenn dieses seine Wurzel in allgemeinen Verhältnissen hat. Die Vermutung ist aber erst ausgeräumt, wenn der Asylbewerber die Umstände seiner politischen Verfolgung schlüssig und substantiiert vorträgt. Dieser Vortrag muss vor dem Hintergrund der Feststellung des Gesetzgebers, dass in dem jeweiligen Staat im Allgemeinen keine politische Verfolgung stattfindet, der Erkenntnisse der Behörden und Gerichte zu den allgemeinen Verhältnissen des Staates und der Glaubwürdigkeit des Antragstellers glaubhaft sein. Zur Substantiierung trägt insoweit bei, wenn der Asylbewerber die Beweismittel vorlegt oder benennt, die nach den Umständen von ihm erwartet werden können.
14Vgl. Bundesverfassungsgericht (BVerfG), Urteil vom 14. Mai 1996
15- 2 BvR 1507, 1508/93 -, Amtliche Sammlung der Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts (BVerfGE) 94, 115.
16Die Antragsteller haben mit ihrem Vorbringen diese Vermutung nicht ausräumen können. Der Antragsteller zu 1. hat sich in der Anhörung vor dem Bundesamt am 19. Mai 2014 dahingehend eingelassen, im Gegensatz zu seiner Ehefrau, der Antragstellerin zu 2., sei er Angehöriger der Roma. Aus diesem Grund sei die Familie seiner Ehefrau mit der Hochzeit, die im Jahr 2002 stattgefunden habe, nicht einverstanden gewesen. Er sei bedroht, bespuckt und geschlagen worden. Zudem sei der Bruder seiner Ehefrau eineinhalb Monate vor der Ausreise aus dem Gefängnis entlassen worden. Dieser habe während seines Gefängnisaufenthalts seine Freunde zu ihm, dem Antragsteller zu 1., geschickt. Diese hätten dann das Haus umstellt und gesagt, er, der Antragsteller zu 1., solle seine Ehefrau verlassen, ansonsten würden die gemeinsamen Kinder vor dessen Augen verbrannt. Die Antragstellerin zu 2. hat in der Anhörung vor dem Bundesamt am 19. Mai 2014 mitgeteilt, ihre Eltern seien wegen der unterschiedlichen Volkszugehörigkeiten nicht mit der Hochzeit einverstanden gewesen. Zudem habe ihr Bruder sie durch seine Freunde bedrohen lassen. Er habe angekündigt, ihre, der Antragstellerin zu 2., Kinder umzubringen.
17Aus diesem Vorbringen folgt offensichtlich keine politische Verfolgung. Denn das Vorbringen ist augenscheinlich unglaubhaft. Die Schilderungen erschöpfen sich in Gänze in den bezeichneten Behauptungen und sind damit vage, oberflächlich sowie unsubstantiiert geblieben. Die Angaben der Antragsteller zu 1. und 2. zur vermeintlichen Bedrohungslage sind derart detailarm, dass sie nicht geeignet sind, ein auch nur ansatzweise nachvollziehbares Bild eines realen Geschehensablaufs zu vermitteln. Insbesondere hinsichtlich der für die Ausreise aus Albanien (vermeintlich) ursächlich gewesenen, vom Bruder der Antragstellerin zu 2. ausgehenden Gefahr haben die Antragsteller zu 1. und 2. weitgehend auf die Schilderung situationstypischer Details verzichtet und die angeblichen Vorfälle stattdessen auf einzelne Kernfakten reduziert, so dass allenfalls ein Handlungsgerüst, aber kein kohärenter Geschehensablauf erkennbar ist.
18Unbeschadet des Umstandes, dass das Vorbringen der Antragsteller offensichtlich unglaubhaft ist, hätten sie selbst dann, wenn unterstellt würde, ihre Schilderungen seien glaubhaft, offensichtlich weder einen Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft noch einen solchen auf Anerkennung als Asylberechtigte.
19Von einer asyl- bzw. flüchtlingsrechtlich bedeutsamen „Verfolgung“ kann nur ausgegangen werden, wenn die Furcht des Asylsuchenden begründet ist, dass er in seinem Herkunftsland Bedrohungen seines Lebens, seiner Freiheit oder anderer in Art. 9 Abs. 1 Richtlinie 2011/95/EU (zuvor: Richtlinie 2004/83/EG) geschützter Rechtsgüter wegen seiner Rasse, Religion, Staatsangehörigkeit, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung ausgesetzt ist
20vgl. Bundesverwaltungsgericht (BVerwG), Urteil vom 20. Februar 2013 - 10 C 23.12 - (juris)
21und ihm gezielt Rechtsverletzungen zugefügt werden, die ihn ihrer Intensität nach aus der übergreifenden Friedensordnung der staatlichen Einheit ausgrenzen, so dass der davon Betroffene gezwungen ist, in begründeter Furcht vor einer ausweglosen Lage sein Heimatland zu verlassen und im Ausland Schutz zu suchen. An einer gezielten Rechtsverletzung fehlt es hingegen regelmäßig bei Nachteilen, die jemand aufgrund der allgemeinen Zustände in seinem Herkunftsstaat zu erleiden hat, etwa in Folge von Naturkatastrophen, Arbeitslosigkeit, einer schlechten wirtschaftlichen Lage oder infolge allgemeiner Auswirkungen von Unruhen, Revolutionen und Kriegen.
22Vgl. Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen (OVG NRW), Urteile vom 13. November 2013 - 8 A 2228/07.A - und vom 2. Juli 2013 - 8 A 2632/06.A - (jeweils juris und www.nrwe.de).
23Danach muss auch eine kriminelle Verfolgung an ein in § 3 AsylG genanntes Merkmal anknüpfen, um als politische Verfolgung gelten zu können.
24Vgl. OVG NRW, Urteil vom 14. Februar 2014 - 1 A 1139/13.A - und Beschluss vom 28. März 2014 - 13 A 1305/13.A - (jeweils juris und www.nrwe.de).
25An einer solchen Anknüpfung fehlt es hier offensichtlich, denn nach dem Vorbringen der Antragsteller drohte ihnen allenfalls, Opfer kriminellen Unrechts zu werden.
26Ungeachtet dessen könnte den Antragstellern selbst dann, wenn ihre Schilderungen eine politische Verfolgung umschreiben würden, die Flüchtlingseigenschaft nicht zuerkannt werden. Für den Fall einer Verfolgung durch nichtstaatliche Akteure ist diese allein dann relevant, wenn u.a. der Staat erwiesenermaßen nicht in der Lage oder nicht willens ist, Schutz vor Verfolgung zu bieten (§ 3c Nr. 3 AsylG). Der Schutz vor Verfolgung muss wirksam und darf nicht nur vorübergehender Natur sein (§ 3d Abs. 2 Satz 1 AsylG). Generell ist ein solcher Schutz gewährleistet, wenn u.a. der Staat geeignete Schritte einleitet, um die Verfolgung zu verhindern, beispielsweise durch wirksame Rechtsvorschriften zur Ermittlung, Strafverfolgung und Ahndung von Handlungen, die eine Verfolgung darstellen, und wenn der Ausländer Zugang zu diesem Schutz hat (§ 3d Abs. 2 Satz 2 AsylG).
27Es ist nicht ersichtlich, dass in Albanien kein staatlicher Schutz vor Verfolgung geboten wird. Nach den dem Gericht vorliegenden Erkenntnissen,
28vgl. dazu: Auswärtiges Amt (AA), Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Republik Albanien (Stand: Mai 2015) vom 10. Juni 2015,
29die in der - das Herkunftsland Albanien betreffenden - verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung
30vgl. OVG NRW, Beschluss vom 23. Februar 2015 - 11 A 334/14.A - (www.nrwe.de und juris); Verwaltungsgericht (VG) Düsseldorf, Beschluss vom 28. Oktober 2015 - 17 L 2938/15.A - (www.nrwe.de und juris)
31Zustimmung gefunden haben, ist zwar in Albanien das Tätigwerden staatlicher Organe - auch der Polizei und Justiz - nicht in der Form effektiv, wie es etwa in den Ländern der Europäischen Union zu erwarten wäre. Indessen kann nicht davon ausgegangen werden, dass gegen kriminelles Unrecht kein staatlicher Schutz zu erlangen wäre. Im Übrigen haben die Antragsteller nicht einmal erwähnt, um polizeilichen Schutz nachgesucht zu haben.
32Anhaltspunkte dafür, dass den Antragstellern subsidiärer Schutz gemäß § 4 Abs. 1 AsylG i.V.m. § 60 Abs. 2 AufenthG zu gewähren ist, liegen nicht vor.
33Ferner ist nicht ersichtlich, dass der Abschiebung der Antragsteller nach Albanien Abschiebungshindernisse gemäß § 60 Abs. 5 oder 7 Satz 1 AufenthG entgegenstehen.
34Auch der von der Antragstellerin zu 2. geltend gemachte Umstand, sie leide an verschiedenen Erkrankungen, führt zu keiner anderen Bewertung.
35Für den Fall einer Erkrankung sind die Voraussetzungen eines Abschiebungsverbotes im Sinne von § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG dann erfüllt, wenn sich die Krankheit eines ausreisepflichtigen Ausländers in seinem Heimatstaat verschlimmert, weil die Behandlungsmöglichkeiten dort faktisch unzureichend sind. Die befürchtete Verschlimmerung der gesundheitlichen Beeinträchtigungen als Folge fehlender Behandlungsmöglichkeiten im Zielland der Abschiebung muss dabei zu einer erheblichen Gesundheitsgefahr führen, also eine Gesundheitsbeeinträchtigung von besonderer Intensität erwarten lassen; das wäre dann der Fall, wenn sich der Gesundheitszustand alsbald nach der Rückkehr wesentlich oder sogar lebensbedrohlich verschlechtern würde.
36vgl. zu diesem Prüfungsmaßstab: BVerwG, Beschluss vom 22. März 2012
37- 1 C 3.11 - (juris) und Urteil vom 17. Oktober 2006 - 1 C 18.15 -, Deutsches Verwaltungsblatt (DVBl.) 2007, 254 sowie OVG NRW, Urteil vom 27. Januar 2015 - 13 A 1201/12.A - (www.nrwe.de und juris).
38Ob eine behandlungsbedürftige Erkrankung vorliegt, bedarf der - Mindestanforderungen erfüllenden - Darlegung durch den jeweiligen Antragsteller.
39Besondere Voraussetzungen gelten für die Darlegung psychischer Erkrankungen. So ist in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts anerkannt, dass zur Substantiierung eines Vorbringens einer behandlungsbedürftigen posttraumatischen Belastungsstörung - sowie auch eines entsprechenden Beweisantrages - angesichts der Unschärfen des Krankheitsbildes und seiner vielfältigen Symptome regelmäßig die Vorlage eines Mindestanforderungen genügenden fachärztlichen Attests gehört. Aus diesem muss sich nachvollziehbar ergeben, auf welcher Grundlage der Facharzt seine Diagnose gestellt hat und wie sich die Krankheit im konkreten Fall darstellt. Dazu gehören etwa Angaben darüber, seit wann und wie häufig sich der Patient in ärztlicher Behandlung befunden hat und ob die von ihm geschilderten Beschwerden durch die erhobenen Befunde bestätigt werden. Des Weiteren sollte das Attest Aufschluss über die Schwere der Krankheit, deren Behandlungsbedürftigkeit sowie den bisherigen Behandlungsverlauf (Medikation und Therapie) geben. Wird das Vorliegen einer PTBS auf traumatisierende Erlebnisse im Heimatland gestützt und werden die Symptome erst längere Zeit nach der Ausreise aus dem Heimatland vorgetragen, ist in der Regel auch eine Begründung dafür erforderlich, warum die Erkrankung nicht früher geltend gemacht worden ist. Diese Anforderungen an die Substantiierung ergeben sich aus der Pflicht des Beteiligten, an der Erforschung des Sachverhalts mitzuwirken (§ 86 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 2 VwGO), die in besonderem Maße für Umstände gilt, die in die eigene Sphäre des Beteiligten fallen.
40Vgl. dazu: BVerwG, Beschluss vom 26. Juli 2012 - 10 B 21.12 - (juris) und Urteil vom 11. September 2007 - 10 C 8.07 -, Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht (NVwZ) 2008, 330.
41Diesen Mindestanforderungen, die auch für die Darlegung und Glaubhaftmachung anderer psychischer Erkrankungen mit Behandlungsbedarf gelten,
42vgl. Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg, Urteil vom 11. November 2014 - A 11 S 1778/14 -, DVBl. 2015, 118 sowie VG Düsseldorf, Beschlüsse vom 5. Juni 2015 - 13 L 1253/15.A - und vom 7. April 2015 - 13 L 742/15.A - (jeweils www.nrwe.de und juris),
43genügen die von der Antragstellerin zu 2. eingereichten ärztlichen Stellungnahmen nicht.
44Ausweislich des fachärztlichen Attests des Facharztes für Psychiatrie und Psychotherapie, Herrn Dr. med. N. , vom 25. November 2015 leidet die Antragstellerin zu 2. an einer rezidivierenden Episode einer reaktiven Depression (F33.8G), einem depressiven Adaptationssyndrom (F43.2G) und einer nichtorganischen Hyposomnie (F51.0G). In dem fachärztlichen Attest wird u.a. Folgendes festgestellt:
45„Anamnese (nur auszugsweise):
46Psych. Belastungen, Symptomatik / Problematik bzw. psych. Befinden: Psych. Belastung, denn: Sie hat erhebliche familiäre Probleme. Sie hat Probleme mit ihrem Bruder, ihrem Vater und ihrer Mutter. Ihr Ehemann gehört zu den Roma, ihr Bruder und ihre Familie haben ihn deshalb nie richtig akzeptiert. Ihr Bruder drohte ihr deshalb früher, sie zu schlagen. Sie muss sich um die Versorgung ihrer 3 schulpflichtigen Kinder kümmern. Sie ist seit Frühjahr 2013 in Deutschland. Oft Schlafstörungen. Rez. starke Deprimiertheit. BA: Sie ist ALO. Zum Teil auch rezidivierende Ängste. Gedrückte Stimmung, innere Unruhe. Mangelnde Fähigkeit zur pos. emotionalen Reaktion, Stimmungstiefs. Bisherige psych. Medikation: DIAZEPAM ca. 9mg/Tag.
47Therapie: Supportive / beratende Krisenintervention und Thematisierung konstruktiver Kognitionen. Psych. Medikation: Wie besprochen. CITALOPRAM 30 MG FTA (1/2 bis 1,-,-,-).
48Aufgrund einer ausgeprägten depressiven Symptomatik ist die o.g. Patientin aktuell und im absehbaren Zeitraum nicht reisefähig und es ist eine gezielte fachärztliche psychopharmakologische medikamentöse Therapie erforderlich und indiziert.“
49Erhebliche Zweifel an dem Aussagegehalt des fachärztlichen Attests bestehen schon deshalb, da in diesem Kernfakten - wie zum Beispiel Ein- und Ausreisedaten – unzutreffend angegeben sind. Die Antragstellerin zu 2. befindet sich nicht seit dem Frühjahr 2013 in Deutschland. Sie ist vielmehr erst am 24. April 2014 aus Albanien ausgereist. Im Übrigen ist es wenig plausibel, dass eine beratende bzw. supportive Krisenintervention stattfinden soll. Es ist nicht ersichtlich, wie diese Art der Behandlung, die im Wesentlichen in Form einer Gesprächstherapie durchgeführt wird,
50vgl. im Internet: https://de.wikipedia.org/wiki/Krisenintervention,
51bei der vorhandenen Sprachbarriere erfolgen kann, da die Antragstellerin nach eigenen Angaben lediglich über albanische Sprachkenntnisse verfügt. Darüber hinaus wird das fachärztliche Attest den von der Rechtsprechung aufgestellten Mindestanforderungen nicht ansatzweise gerecht. Es fehlt an nachvollziehbaren Angaben dazu, auf welcher Grundlage die Diagnose gestellt worden ist. Im Übrigen wird nicht erläutert, ob die von der Antragstellerin zu 2. geschilderten Beschwerden durch die erhobenen Befunde auch bestätigt werden. Ferner wird nicht dargelegt, seit wann und wie häufig sich die Antragstellerin zu 2. in ärztlicher Behandlung befunden hat.
52Soweit in dem fachärztlichen Attest schließlich ausgeführt wird, die Antragstellerin sei nicht reisefähig, ist dies rechtlich ohne Belang, da es sich insofern (allein) um ein inländisches Vollstreckungshindernis handelt, das von der zuständigen Ausländerbehörde zu prüfen ist.
53Vgl. dazu: OVG NRW, Beschluss vom 27. Juli 2006 - 18 B 586/06 - (www.nrwe.de und juris).
54Die weitere fachärztliche Bescheinigung des Facharztes für Psychiatrie und Psychotherapie, Herrn Dr. med. N. , vom 1. Februar 2016, ausweislich der die Antragstellerin zu 2. (weiterhin) an einer rezidivierenden Episode einer reaktiven Depression (F33.8G), einem depressiven Adaptationssyndrom (F43.2G) und einer nichtorganischen Hyposomnie (F51.0G) leidet, erfüllt die vorgenannten Anforderungen ebenfalls nicht. In der aktuellen fachärztlichen Bescheinigung wird u.a. ausgeführt:
55„Anamnese (nur auszugsweise):
56Psych. Belastungen, Symptomatik / Problematik bzw. psych. Befinden: Psych. Belastung, denn: Sie hat erhebliche familiäre Probleme. Sie hat Probleme mit ihrem Bruder, ihrem Vater und ihrer Mutter. Ihr Ehemann gehört zu den Roma, ihr Bruder und ihre Familie haben ihn deshalb nie richtig akzeptiert. Ihr Bruder drohte ihr deshalb früher, sie zu schlagen. Sie muss sich um die Versorgung ihrer 3 schulpflichtigen Kinder kümmern. In dem Heim, in dem sie wohnt, sind oft starke Lärmbelästigungen. Sie ist seit Frühjahr 2013 in Deutschland. Oft Schlafstörungen. Rez. starke Deprimiertheit. BA: Sie ist ALO. Zum Teil auch rezidivierende Ängste. Gedrückte Stimmung, innere Unruhe. Mangelnde Fähigkeit zur pos. emotionalen Reaktion, Stimmungstiefs. Bisherige psych. Medikation: DIAZEPAM ca. 9mg/Tag.
57Therapie: Supportive / beratende Krisenintervention und Thematisierung konstruktiver Kognitionen. Psych. Medikation: Wie besprochen. Trimipramin 25 mg (-,-,-, 1 bis 3).
58Aufgrund einer ausgeprägten depressiven Symptomatik ist die o.g. Patientin aktuell und im absehbaren Zeitraum nicht reisefähig und es ist eine gezielte fachärztliche psychopharmakologische medikamentöse Therapie erforderlich und indiziert.“
59Die fehlende Aussagekraft des fachärztlichen Attests ergibt sich bereits daraus, dass dieses bis auf zwei - durch Unterstreichungen hervorgehobene - Ausnahmen mit der ersten fachärztlichen Bescheinigung wortlautidentisch ist. Mithin leidet auch die aktuelle fachärztliche Stellungnahme an den vorgenannten inhaltlichen Mängeln.
60Darüber hinaus deckt der Vergleich der beiden fachärztlichen Stellungnahmen weitere Plausibilitätsdefizite auf. Ausweislich der Stellungnahme vom 25. November 2015 bestand die „bisherige psych. Medikation“ in der Gabe von Diazepam. Diese Medikation wurde dann (wohl) auf Citalopram umgestellt. Dennoch führte auch die Stellungnahme vom 1. Februar 2016 aus, die „bisherige psych. Medikation“ bestehe in der Verabreichung von Diazepam.
61Selbst wenn die Antragstellerin zu 2. an einer rezidivierenden Episode einer reaktiven Depression (F33.8G), einem depressiven Adaptationssyndrom (F43.2G) und einer nichtorganischen Hyposomnie (F51.0G) leiden sollte, rechtfertigte dies nicht die Feststellung eines Abschiebungsverbots gemäß § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG. Die dann notwendige medizinische Versorgung der Antragstellerin zu 2. in Albanien wäre für diese erlangbar.
62Die medizinische Versorgung in Albanien ist grundsätzlich gesichert. Auch wenn die Ausstattung und Hygiene medizinischer Einrichtungen zu wünschen übrig lässt, sind Ärzte gut ausgebildet. Komplizierte Behandlungen können in Tirana und den größeren Städten durchgeführt werden. Die Medikamentenversorgung stellt kein Problem dar.
63Vgl. Auswärtiges Amt (AA), Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Republik Albanien (Stand: Mai 2015) vom 10. Juni 2015.
64Insbesondere Medikamente zur Behandlung psychischer Krankheiten sind in ganz Albanien verfügbar.
65Vgl. Amtliche Auskunft der Botschaft der Bundesrepublik Deutschland in Tirana an das Bundesamt vom 29. März 2013.
66Auch die Finanzierung der Medikamente ist gesichert. Die staatliche Krankenversicherung übernimmt die anfallenden Kosten.
67Vgl. AA, Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Republik Albanien (Stand: Mai 2015) vom 10. Juni 2015.
68Die Behandelbarkeit der Erkrankungen im Heimatland wird auch nicht durch das Vorbringen der Antragstellerin zu 2. im gerichtlichen Verfahren in Frage gestellt. Danach soll eine ärztliche Behandlung in Albanien nicht möglich sein, da die familiären Auseinandersetzungen unmittelbar nach der Einreise wieder beginnen würden und die Antragstellerin zu 2. dann erneut in die Situation geriete, die Auslöser für die aktuellen Erkrankungen gewesen sei. Im Übrigen seien die jetzigen Symptome bereits in Albanien aufgetreten, hätten dort jedoch nicht behandelt werden können. Dieser Vortrag übersieht zunächst, dass die Antragstellerin zu 2. während der Anhörung vor dem Bundesamt am 19. Mai 2014 weder erwähnt hat, dass sie an einer psychischen Erkrankung leidet, noch, dass sie vergebens versucht hätte, eine adäquate Behandlung in Albanien zu erhalten. Vielmehr hat sich die Antragstellerin zu 2. dahingehend eingelassen, ihr gehe es gesundheitlich gut. Damit einhergehend hat die Antragstellerin zu 2. auch nicht unmittelbar nach der Einreise in die Bundesrepublik Deutschland einen Facharzt aufgesucht, sondern erst - im engen zeitlichen Zusammenhang mit der Einstufung Albaniens als sicherer Herkunftsstaat - ca. 21 Monate später. Letztlich folgt auch aus den vorgelegten fachärztlichen Stellungnahmen nicht ansatzweise, dass eine Behandlung der Antragstellerin zu 2. in Albanien ausscheidet.
69Falls das Vorbringen der Antragstellerin zu 2. dahingehend verstanden werden soll, die ärztliche Versorgung im Bundesgebiet sei qualitativ hochwertiger als diejenige in Albanien, ist darauf hinzuweisen, dass der Abschiebungsschutz aus § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG nicht dazu dient, eine bestehende Erkrankung optimal zu behandeln oder ihre Heilungschancen zu verbessern. Diese Vorschrift begründet insbesondere keinen Anspruch auf Teilhabe am medizinischen Fortschritt und Standard in der medizinischen Versorgung in Deutschland. Ein Ausländer muss sich vielmehr auf den Standard der Gesundheitsversorgung im Heimatland verweisen lassen, auch wenn dieser dem entsprechenden Niveau in Deutschland nicht entspricht.
70Vgl. dazu: OVG NRW, Beschlüsse vom 27. Juli 2006 - 18 B 586/06 - und vom 14. Juni 2005 - 11 A 4518/02.A - (jeweils www.nrwe.de und juris).
71Soweit die Antragstellerin zu 2. schließlich ausweislich der ärztlichen Bescheinigung des Arztes für Allgemeinmedizin, Herrn Dr. med. T. , vom 25. August 2015 an Fibromyalgie, Migräne und Schlaflosigkeit leidet, ist dies rechtlich ohne Relevanz, da die Bescheinigung knapp sechs Monate alt und mithin nicht mehr aktuell ist. Damit einhergehend hat sich die Antragstellerin zu 2. im gerichtlichen Verfahren auch nicht mehr auf diese physischen Leiden berufen, sondern ihren Vortrag auf das Vorliegen psychischer Erkrankungen beschränkt.
72Soweit sich der Eilantrag gegen die Einreise- und Aufenthaltsverbote aus Ziffern 6 und 7 des angegriffenen Bescheides richtet, ist er - ungeachtet der Fragen, ob ein Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO oder nach § 123 Abs. 1 VwGO statthaft ist und ob jeweils das erforderliche Rechtsschutzbedürfnis vorliegt (§ 11 Abs. 7 Satz 2 AufenthG) - jedenfalls unbegründet.
73Dies gilt zunächst für die Anordnung und Befristung des Einreise- und Aufenthaltsverbots auf 10 Monate gemäß § 11 Abs. 7 AufenthG. Das Bundesamt hat ausweislich der Begründung des Bescheides richtig erkannt, dass ihm mit Blick auf die Frage, ob ein Einreise- und Aufenthaltsverbot angeordnet wird, Ermessen eröffnet ist. In die Ermessenserwägungen hat das Bundesamt zutreffend eingestellt, ob zu Gunsten der Antragsteller schutzwürdige Belange zu berücksichtigen sind. Da solche Umstände weder von den Antragstellern vorgetragen noch sonst ersichtlich sind, durfte das Bundesamt das Einreise- und Aufenthaltsverbot in rechtmäßiger Weise anordnen.
74Die Befristung des Einreise- und Aufenthaltsverbots auf 10 Monate weist ebenfalls keine Ermessensfehler auf. Die Bemessung der Frist auf 10 Monate steht im Einklang mit § 11 Abs. 7 Satz 5 AufenthG. Im Übrigen hat das Bundesamt alle insofern in die Ermessensentscheidung einzustellenden Umstände berücksichtigt. Auch die Antragsteller haben nicht konkret vorgetragen, welche Umstände das Bundesamt unberücksichtigt gelassen hat.
75Die Befristung des gesetzlichen Einreise- und Aufenthaltsverbots aus § 11 Abs. 1 und 2 AufenthG auf 30 Monate ist ebenfalls rechtmäßig, da sie den Tatbestandsvoraussetzungen des § 11 Abs. 3 Satz 1 und 2 AufenthG entspricht. Die Antragsteller haben keine Umstände benannt, nach denen eine kürzere Befristung in Betracht käme.
76Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 1, 159 Satz 1 VwGO.
77Die Gerichtskostenfreiheit beruht auf § 83b AsylG.
78Dieser Beschluss ist unanfechtbar, § 80 AsylG.
Tenor
Der Antrag wird abgelehnt.
Die Antragsteller tragen die Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens.
1
Gründe:
2Der am 14. Januar 2016 sinngemäß gestellte Antrag,
3die aufschiebende Wirkung der Klage 17 K 257/16.A gegen die in Ziffer 5 des Bescheides des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 19. November 2015 enthaltene Abschiebungsandrohung anzuordnen,
4hat keinen Erfolg.
5I. Der zulässige Antrag ist unbegründet.
6Das Gericht kann die aufschiebende Wirkung der Klage gemäß § 80 Abs. 5 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) i.V.m. Art. 16a Abs. 4 Satz 1 Grundgesetz (GG), § 36 Abs. 4 Satz 1 Asylgesetz (AsylG) nur anordnen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsaktes bestehen. Dies ist nicht der Fall. Der Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) vom 19. November 2015 begegnet insoweit keinen rechtlichen Bedenken.
7Die Antragsteller haben in dem für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage gemäß § 77 Abs. 1 Satz 1 AsylG maßgeblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung keinen Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft gemäß § 3 Abs. 1 AsylG sowie auf Anerkennung als Asylberechtigte gemäß Art. 16a Abs. 1 GG. Unter Berücksichtigung des Vorbringens im Verwaltungsverfahren und im gerichtlichen Verfahren sind sie in Albanien einer asyl- oder flüchtlingsrechtlich relevanten Verfolgung offensichtlich nicht ausgesetzt. Gleiches gilt hinsichtlich des Anspruches auf Zuerkennung subsidiären Schutzes gemäß § 4 Abs. 1 AsylG. Des Weiteren besteht kein Anspruch hinsichtlich der Feststellung nationaler Abschiebungsverbote gemäß §§ 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 Aufenthaltsgesetz (AufenthG). Beachtliche Anhaltspunkte, der Klage entgegen der in § 75 Abs. 1 AsylG getroffenen gesetzlichen Grundentscheidung aufschiebende Wirkung zukommen zu lassen, sind nicht ersichtlich.
8Das Gericht folgt den tragenden Feststellungen und der im Wesentlichen zutreffenden Begründung des angegriffenen ausführlichen Bescheides und sieht deshalb von einer weiteren Darstellung des Tatbestandes und der Entscheidungsgründe – mit Ausnahme der folgenden ergänzenden Ausführungen – ab (§ 77 Abs. 2 AsylG).
91. Ein Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft gemäß § 3 Abs. 1 Nr. 1 AsylG besteht nicht.
10a. Unterstellt der im Rahmen der Anhörung bei dem Bundesamt am 30. Juli 2015 geschilderte Vortrag des Antragstellers zu 1. träfe zu - im Wesentlichen seine Zwangsrekrutierung durch Privatpersonen für Kämpfe in Syrien (wohl IS-Anwerber) und entsprechende Drohungen gegen ihn und seine Familie aufgrund seiner Weigerung dies zu tun -, handelte es sich um keine staatliche oder quasistaatliche Verfolgung im Sinne des § 3c Nr. 1 und 2 AsylG. Sofern von nichtstaatlichen Akteuren im Sinne des § 3c Nr. 3 AsylG (private IS-Anwerber) eine Verfolgung ausginge oder drohte und einer der Verfolgungsgründe nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 AsylG bejaht würde, bestünde selbst dann kein Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft. Denn es stünde nicht erwiesenermaßen fest, die albanischen Sicherheitsbehörden seien nicht willens oder in der Lage, den Antragstellern Schutz vor einem ernsthaften Schaden zu gewähren. Die albanischen Sicherheitsbehörden als Teil des albanischen Staates sind trotz nach wie vor bestehender Defizite generell fähig und willig, vor einem befürchteten Schaden durch hier in Rede stehendes kriminelles Unrecht Schutz zu gewähren, vgl. § 3d Abs. 1 Nr. 1 und 2 AsylG. Im Juni 2014 wurde Albanien der Status des Beitrittskandidaten zur Europäischen Union verliehen. Die Entscheidung des Europäischen Rats war Anerkennung der von Albanien unternommenen Reformmaßnahmen und gleichzeitig eine Ermutigung, notwendige Reformen weiter voranzutreiben. Aus den sich auf den Zeitraum Oktober 2013 bis September 2014 beziehenden Fortschrittsberichten der EU-Kommission ergibt sich, dass Albanien, auch wenn in vielen Bereichen noch Mängel festzustellen sind, u. a. Reformmaßnahmen im Bereich der Justiz und der öffentlichen Verwaltung umgesetzt und Fortschritte im Kampf gegen die Korruption und die organisierte Kriminalität erreicht hat. Der albanische Staat hat Reformwillen nicht nur gezeigt, sondern auch Reformen, gerade im Bereich der Justiz und Verwaltung, nachweisbar auf den Weg gebracht,
11vgl. OVG NRW, Beschluss vom 23. Februar 2015 - 11 A 334/14.A -, juris Rn. 8; VG Düsseldorf, Beschluss vom 23. November 2015 - 17 L 3729/15.A -, juris Rn. 24ff., jew. m.w.N; speziell zur Blutrache: Bundesamt, Blickpunkt Albanien - Blutrache, April 2014, S. 17ff. m.w.N.; Home Office, Country Information and Guidance - Albania: Blood feuds, 2014, S. 6, http://www.refworld.org/docid/53b698e74.html, aufger. am 20. November 2015.
12Dies gilt auch für den Bereich der hier in Rede stehenden Terrorismusbekämpfung und dem Schutz vor Rekrutierungen durch den IS, der gerade in Albanien virulent ist. Meldungen zufolge versuchen islamistische Kreise zunehmend in Albanien Nachwuchs zu rekrutieren. Es wird von rund 140 aktiven Kämpfern aus Albanien ausgegangen, die sich dem IS angeschlossen haben sollen. Bereits im Oktober 2013 wurde daher ein Gesetz gegen Terrorismusfinanzierung verabschiedet. Im Rahmen des Strategie- und Aktionsplans für die Bekämpfung des Terrorismus wurden im Juli 2014 das Strafgesetzbuch und die Strafprozessordnung geändert. Danach können nun Strafen bis zu 15 Jahren für die Beteiligung an einem oder die Rekrutierung für einen bewaffneten Konflikt außerhalb Albaniens verhängt werden. Im Jahr 2014 wurden 13 Personen verhaftet, die in einer Moschee am Stadtrand von Tirana 70 Personen rekrutiert haben sollen. Neun Personen wurden wegen Terrorismus angeklagt, zwei davon waren Imame,
13vgl. zum Ganzen Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Information Albanien, Oktober 2015, S. 23 m.w.N.
14Vor diesem Hintergrund kann nicht festgestellt werden, ein Schutzersuchen der Antragsteller wäre bei der Polizei von vornherein aussichtslos gewesen. Etwas substantiiert Abweichendes haben sie auch nicht vorgetragen, insbesondere ist nicht nachvollziehbar dargelegt, weshalb es ihnen nicht möglich gewesen sein soll, selbst um Schutz bei der Polizei nachzusuchen oder, dass dieser Schutz ihnen erwiesenermaßen verweigert worden wäre. Vielmehr haben die Antragsteller noch nicht einmal ernsthaft in Erwägung gezogen, die Polizei über die vermeintlichen Bedrohungen zu informieren und diese einzuschalten. Damit haben sie sich selbst einer greifbaren Schutzmöglichkeit begeben und sich auf eine bloße durch nichts gestützte oder belegte innere Vermutung verlassen, die Polizei täte nichts.
15Soweit die Antragsteller vortragen, sie seien auch deshalb nicht zur Polizei gegangen, weil sie der Minderheit der Gorani angehörten und die staatlichen Sicherheitskräfte diese nicht schützen würde, ist diese Annahme durch nichts belegt und auch nicht zutreffend. Ausgehend von den eingegangenen völkerrechtlichen Verpflichtungen Albaniens, enthalten die Verfassung und die Einzelgesetze individualrechtliche Diskriminierungs- und Differenzierungsverbote. Mit dem am 4. Februar 2010 verabschiedeten Antidiskriminierungsgesetz besteht ein Regelwerk, mit dem juristisch gegen faktische Übergriffe und Misshandlungen vorgegangen werden kann. Die nationalen Minderheiten sind weitgehend integriert. Die ethnische Gruppe der Goraner (Gorani) gehört dabei zu einer anerkannten Minderheitengruppe, Übergriffe sind nicht bekannt,
16vgl. Bundesasylamt Republik Österreich, Länderinformationsblatt der Staatendokumentation Albanien, August 2013, S. 15 m.w.N.; allg. Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Information Albanien, Oktober 2015, S. 31f.
17Der albanische Staat ist hier demnach bereit und in der Lage, angemessen Schutz gegen tatsächliche Diskriminierungen von Minderheiten zu gewährleisten. Dabei ist nicht erkennbar, der polizeiliche Schutz gestaltete sich im Falle der Zugehörigkeit zu den Gorani anders als der Schutz aller sonstigen albanischen Staatsangehörigen. Selbst der Volksgruppe der Roma zugehörige Personen, deren Lage als Minderheit in Albanien nach wie vor von Besonderheiten geprägt ist, genießen einen solchen Schutz,
18vgl. Auskunft des Auswärtigen Amtes vom 13. November 2014, dort zu Frage 3; Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Republik Albanien vom 10. Juni 2015, S. 6.
19b. Ungeachtet dessen ist die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft gemäß § 3e AsylG ausgeschlossen, weil sich die Antragsteller - ihren Vortrag als wahr unterstellt - auf internen Schutz verweisen lassen müssen. Sie können einer Art. 3 Europäische Menschenrechtskonvention zuwiderlaufenden Behandlung dadurch begegnen, dass sie sich in einem anderen Teil Albaniens niederlassen. Eine innerstaatliche Wohnsitzalternative ist grundsätzlich immer dann gegeben, wenn für eine Person in einem Teil ihres Herkunftslandes keine Gefahr eines ernsthaften Schadens besteht und sie sicher und legal in diesen Landesteil reisen kann, dort aufgenommen wird und vernünftigerweise erwartet werden kann, dass sie sich dort niederlässt, vgl. § 3e Abs. 1 AsylG. Dies ist der Fall. Die Antragsteller können jedenfalls durch Verlegung ihres Wohnsitzes in urbane Zentren anderer - etwa südlicher - Landesteile Albaniens, wo ein Leben in gewisser Anonymität möglich ist, eine etwaige Gefahr für Leib oder Leben abwenden,
20vgl. Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Republik Albanien vom 10. Juni 2015, S. 11; VG Düsseldorf, Urteil vom 12. März 2015 ‑ 6 K 8197/14.A ‑, juris Rn. 63; VG Düsseldorf, Beschluss vom 23. November 2015 - 17 L 3729/15.A -, juris Rn. 38ff.
21Weshalb dies nicht möglich sein soll, legen sie nicht dar, geschweige denn ist von den Antragstellern tatsächlich zunächst ein solcher Umzug vollzogen worden.
22Nach Verlassen des Heimatlandes eingetretene Gründe, die es rechtfertigten von einer begründeten Furcht vor Verfolgung im Sinne des § 3 AsylG auszugehen, haben die Antragsteller ebenso nicht dargelegt.
232. Die Voraussetzungen für eine Anerkennung der Antragsteller als Asylberechtigte gemäß Art. 16a Abs. 1 GG liegen schon deshalb nicht vor, weil sie nach ihren eigenen Angaben über Österreich auf dem Landweg mit dem Bus in die Bundesrepublik Deutschland eingereist sind. Da die Bundesrepublik Deutschland ausschließlich von sicheren Drittstaaten umgeben ist (vgl. § 26a Abs. 2 AsylG i.V.m. Anlage I zu § 26a AsylG), ist die Asylanerkennung hier bei einer Einreise über den Landweg gemäß Art. 16a Abs. 2 Satz 1 GG i.V.m. § 26a Abs. 1 AsylG ausgeschlossen. Ungeachtet dessen liegen - wie unter I. 1. dargelegt - die materiellen Voraussetzungen für die Gewährung des Asylgrundrechts aus denselben Gründen nicht vor, die einer Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft entgegenstehen.
243. Die Antragsteller haben auch keinen Anspruch auf Zuerkennung subsidiären Schutzes gemäß § 4 Abs. 1 AsylG. Sie haben keine stichhaltigen Gründe für die Annahme vorgebracht, ihnen drohte in Albanien ein ernsthafter Schaden gemäß des hier allein ernstlich in Betracht zu ziehenden § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 AsylG durch Folter, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung sowie Bestrafung. Insoweit wird auf die Ausführungen unter I. 1. einschließlich der dort dargelegten Schutzmöglichkeiten in Albanien verwiesen.
254. Schließlich liegen keine zielstaatsbezogenen Abschiebungsverbote in Bezug auf Albanien vor. Für die Antragsteller besteht dort keine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit gemäß § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit. Eine Gefahr im Sinne dieser Norm für die dort benannten Rechtsgüter ist erheblich, wenn eine Beeinträchtigung von besonderer Intensität zu erwarten ist. Das ist insbesondere der Fall, wenn sich der Gesundheitszustand des Ausländers aufgrund zielstaatsbezogener Umstände im Zielstaat wesentlich oder gar lebensbedrohlich verschlechtern würde. Konkret ist eine derartige Gefahr, wenn die Verschlechterung alsbald nach der Rückkehr eintritt,
26vgl. BVerwG, Urteil vom 17. Oktober 2006 - 1 C 18.05, juris Rn. 15; BVerwG, Urteil vom 25. November 1997 - 9 C 58.96, juris Rn. 13.
27Dies ist schon deshalb ausgeschlossen, weil die Behandlung und auch der Zugang zu ihr für sämtliche bezüglich der Antragstellerin zu 2. mit Attest des Arztes für Innere Krankheiten, Psychotherapie, Supervision, Dr. S. , vom 3. September 2015 geltend gemachten psychischen Erkrankungen - ihr Vorliegen unterstellt - (im Wesentlichen Posttraumatisches Belastungssyndrom mit rezidivierenden Panikattacken) in Albanien zureichend gewährleistet ist. Ungeachtet dessen, dass das vorgelegte Attest schon nicht den Anforderungen in der Rechtsprechung genügt, die an die Substantiierung eines Vorbringens psychischer Erkrankungen gestellt werden (u.a. fachärztliches Attest, hinreichende Befundtatsachen, vorgenommene Untersuchungen, im Einzelnen erforderliche Behandlungen),
28vgl. BVerwG, Urteil vom 11. September 2007 - 10 C 17.07 -, juris Rn. 15,
29ist nicht nachvollziehbar vorgetragen, die vorgebrachten Erkrankungen wären in Albanien nicht behandelbar. Entsprechendes ist nach der derzeitigen Auskunftslage auch nicht ersichtlich. Mangels gegenteiliger durchgreifender Erkenntnisse ist eine medizinische und therapeutische Versorgung von psychisch Erkrankten - zumindest medikamentös - auf rechtlich maßgeblichem Landesniveau gewährleistet und zugänglich. Die medizinische Versorgung in staatlichen Krankenhäusern und Polikliniken ist grundsätzlich kostenlos über eine staatliche Krankenversicherung gesichert. Die örtlichen Apotheken bieten ein relativ großes Sortiment von gängigen Medikamenten und es besteht die Möglichkeit, weitere Medikamente aus dem Ausland zu beschaffen,
30vgl. Auskunft der Botschaft der Bundesrepublik Deutschland vom 29. März 2013 - zu Frage 22; s. bereits Auskunft der Botschaft der Bundesrepublik Deutschland vom 3. September 2003; s. zur Erreichbarkeit und Kostenübernahme von Medikamenten Lagebericht des Auswärtigen Amtes vom 10. Juni 2015, S. 13; Schweizerische Flüchtlingshilfe, Albanien: Posttraumatische Belastungsstörung; Blutrache, Auskunft der SFH- Länderanalyse, Stand: 13. Februar 2013, S. 6f..
31Zudem sind insbesondere in Tirana Psychologen und Psychotherapeuten niedergelassen,
32vgl. Botschaft der Bundesrepublik Deutschland; Auskunft vom 1. Juni 2012, Frage 2,
33und Nichtregierungsorganisationen ansässig, die Dienstleistungen für psychisch kranke Personen anbieten,
34vgl. Schweizerische Flüchtlingshilfe, Albanien: Posttraumatische Belastungsstörung; Blutrache vom 13. Februar 2013, S. 7f.
35Dass die Antragstellerin zu 2. im Übrigen überhaupt zwingend auf Medikamente angewiesen wäre, lässt sich ihrem Vortrag und dem Attest nicht entnehmen.
36Sofern auch die Antragstellerin zu 3. unter psychischen Problemen litte (siehe Klageschrift im Verfahren 17 K 257/16.A sowie BA Heft 1, Bl. 100), sind solche - ungeachtet der fehlenden Glaubhaftmachung - entsprechend der obigen Darlegungen für die Antragstellerin zu 2. in Albanien ebenso hinreichend behandelbar.
37Der grundsätzliche Wunsch nach einer besseren Diagnostik und Behandlung in der Bundesrepublik Deutschland ist zwar durchaus nachvollziehbar, vermittelt jedoch für sich keinen Anspruch nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG. Der Asylbewerber muss sich grundsätzlich auf den Behandlungs-, Therapie- und Medikamentationsstandard im Überstellungsstaat verweisen lassen, auch wenn dieser dem hiesigen Niveau nicht entspricht,
38vgl. - zu § 53 Abs. 6 Satz 1 AuslG 1990, heute § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG - OVG NRW, Beschluss vom 5. August 2004 - 13 A 2160/04.A -, juris; VG Düsseldorf, Urteil vom 24. März 2015 ‑ 17 K 2897/14.A ‑, juris Rn. 91f.
39Soweit bezüglich der Antragstellerin zu 2. Einwendungen gegen die Abschiebung selbst erhoben werden, weil an eine „Rückführung … zum jetzigen Zeitpunkt aus therapeutischen Gründen … nicht zu denken“ sei (Attest vom 3. September 2015), ist dies hier rechtsunerheblich, da im Verfahren um die Gewährung internationalen Schutzes bzw. einer Asylanerkennung lediglich zielstaatsbezogene Abschiebungsverbote und nicht inlandsbezogene und sonstige tatsächliche Vollstreckungshindernisse geprüft werden,
40vgl. std. Rspr. -schon zu § 53 AuslG 1990, heute § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG - BVerwG, Urteil vom 21. September 1999 - 9 C 12/99 -, juris Rn. 14 m.w.N.
41II. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Gerichtskosten werden gemäß § 83b AsylG nicht erhoben.
42Der Gegenstandswert ergibt sich aus § 30 Abs. 1 Rechtsanwaltsvergütungsgesetz.
43Der Beschluss ist unanfechtbar, § 80 AsylG.
Tenor
Der Antrag wird abgelehnt.
Die Antragsteller tragen die Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens.
1
Gründe:
2Der am 20. Oktober 2015 sinngemäß gestellte Antrag,
3die aufschiebende Wirkung der Klage 17 K 7041/15.A gegen die in Ziffer 5 des Bescheides des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) vom 13. Oktober 2015 enthaltene Abschiebungsandrohung anzuordnen,
4hat keinen Erfolg.
5I. Der zulässige Antrag ist unbegründet.
6Das Gericht kann die aufschiebende Wirkung der Klage gemäß § 80 Abs. 5 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) i.V.m. Art. 16a Abs. 4 Satz 1 Grundgesetz (GG), § 36 Abs. 4 Satz 1 Asylgesetz (AsylG) nur anordnen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsaktes bestehen. Dies ist nicht der Fall. Der Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 13. Oktober 2015 begegnet insoweit keinen rechtlichen Bedenken.
7Die Antragsteller haben in dem für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage gemäß § 77 Abs. 1 Satz 1 AsylG maßgeblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung keinen Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft gemäß § 3 Abs. 1 AsylG sowie auf Anerkennung als Asylberechtigte gemäß Art. 16a Abs. 1 GG. Darüber hinaus besteht kein Anspruch auf Zuerkennung subsidiären Schutzes gemäß § 4 Abs. 1 AsylG. Unter Berücksichtigung des Vorbringens im Verwaltungsverfahren und im gerichtlichen Verfahren sind die Antragsteller in Albanien einer asyl- oder flüchtlingsrechtlich relevanten Verfolgung offensichtlich nicht ausgesetzt. Des Weiteren besteht kein Anspruch hinsichtlich der Feststellung nationaler Abschiebungsverbote gemäß § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 Aufenthaltsgesetz (AufenthG). Beachtliche Anhaltspunkte, der Klage entgegen der in § 75 Abs. 1 AsylG getroffenen gesetzlichen Grundentscheidung aufschiebende Wirkung zukommen zu lassen, sind nicht ersichtlich.
8Das Gericht folgt mit der Maßgabe, dass nach Art. 15 Abs. 1 Asylverfahrensbeschleunigungsgesetz vom 20. Oktober 2015 (BGBl. I S. 1722) insoweit nicht die Normen des bis zum Ablauf des 23. Oktober 2015 geltenden Asylverfahrensgesetzes, sondern die des nunmehr geltenden Asylgesetzes Anwendung finden (vgl. § 77 Abs. 1 Satz 1 AsylG) und hinsichtlich S. 7 letzter Absatz des angegriffenen Bescheides es zutreffend „für den Antragsteller zu 3“ heißen muss, den tragenden Feststellungen und der im Wesentlichen zutreffenden Begründung des Bescheides des Bundesamtes vom 13. Oktober 2015 und sieht von einer weiteren Darstellung der Gründe – mit Ausnahme der folgenden ergänzenden Ausführungen – ab (§ 77 Abs. 2 AsylG).
91. Ein Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft gemäß § 3 Abs. 1 AsylG besteht bereits deshalb nicht, weil den Antragstellern in Albanien keine flüchtlingsrechtlich relevante Verfolgung wegen ihrer Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe droht (§ 3 Abs. 1 Nr. 1 AsylG). Sie haben bei der Anhörung vor dem Bundesamt am 13. Oktober 2015 selbst vorgebracht, sie hätten keine Schwierigkeiten mit den albanischen Behörden oder mit Privatpersonen gehabt.
102. Die Voraussetzungen für eine Anerkennung der Antragsteller als Asylberechtigte gemäß Art. 16a Abs. 1 GG liegen schon deshalb nicht vor, weil sie nach ihren eigenen Angaben von Albanien aus über Italien und weitere Drittländer auf dem Landweg in die Bundesrepublik Deutschland eingereist sind. Da die Bundesrepublik Deutschland ausschließlich von sicheren Drittstaaten umgeben ist (vgl. § 26a Abs. 2 AsylG i.V.m. Anlage I zu § 26a AsylG), ist die Asylanerkennung hier bei einer Einreise über den Landweg gemäß Art. 16a Abs. 2 Satz 1 GG i.V.m. § 26a Abs. 1 AsylG ausgeschlossen. Ungeachtet dessen liegen auch die materiellen Voraussetzungen für die Gewährung des Asylgrundrechts aus denselben Gründen nicht vor, die einer Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft entgegenstehen.
113. Die Antragsteller haben auch keinen Anspruch auf Zuerkennung subsidiären Schutzes gemäß § 4 Abs. 1 AsylG. Sie haben keine stichhaltigen Gründe für die Annahme vorgebracht, ihnen drohte in Albanien ein ernsthafter Schaden gemäß des hier allein ernstlich in Betracht zu ziehenden § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 AsylG durch Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung. Die Antragsteller zu 1) und 2) gaben bei ihrer Anhörung an, allein wegen der Erkrankung ihres Sohnes, des Antragstellers zu 3), in die Bundesrepublik gekommen zu sein.
124. Schließlich liegen keine zielstaatsbezogenen Abschiebungsverbote in Bezug auf Albanien vor. Für den allein ernstlich in Rede stehenden fast achtjährigen Antragsteller zu 3) besteht in Albanien keine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit gemäß § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit.
13Eine Gefahr im Sinne dieser Norm für die dort benannten Rechtsgüter ist erheblich, wenn eine Beeinträchtigung von besonderer Intensität zu erwarten ist. Das ist insbesondere der Fall, wenn sich der Gesundheitszustand des Ausländers aufgrund zielstaatsbezogener Umstände im Zielstaat wesentlich oder gar lebensbedrohlich verschlechtern würde. Konkret ist eine derartige Gefahr, wenn die Verschlechterung alsbald nach der Rückkehr eintritt,
14vgl. BVerwG, Urteil vom 17. Oktober 2006 - 1 C 18.05, juris Rn. 15; BVerwG, Urteil vom 25. November 1997 - 9 C 58.96, juris Rn. 13.
15Dies ist schon deshalb ausgeschlossen, weil die Behandlung und auch der Zugang zu ihr für sämtliche bezüglich des Antragstellers zu 3) geltend gemachte Erkrankungen in Albanien zureichend gewährleistet ist. Daher kann offen bleiben, ob der Antragsteller tatsächlich an den vorgebrachten Erkrankungen, nämlich Autismus und Epilepsie leidet. Der Notfall-/Vertretungsschein einer Dr. B. T. vom L. Notdienst vom 2. Oktober 2015 weist insoweit die benannten Erkrankungen auf. Diese Bescheinigung genügt nicht den Anforderungen in der Rechtsprechung, die an die Substantiierung eines Vorbringens psychischer Erkrankungen gestellt werden (u.a. fachärztliches Attest, hinreichende Befundtatsachen, vorgenommene Untersuchungen, im Einzelnen erforderliche Behandlungen)
16vgl. BVerwG, Urteil vom 11. September 2007 - 10 C 17/07, juris Rn. 15,
17Eine weitere Bescheinigung des Universitätsklinikums B1. vom 6. Oktober 2015 spricht allein von „fragliche[r] Epilepsie“, Autismus wird nicht erwähnt, wohl aber eine geistige Behinderung. Ungeachtet dessen und sämtliche behaupteten Erkrankungen unterstellt, ist nicht nachvollziehbar vorgetragen, diese wären in Albanien nicht behandelbar. Entsprechendes ist nach der derzeitigen Erkenntnislage nicht ersichtlich.
18Speziell Epilepsie kann in Albanien - auch bei Kindern - hinreichend auf entsprechendem (rechtlich maßgeblichen) Landesniveau behandelt werden, auch gibt es verfügbare einschlägige Medikamente; Wartelisten für eine Behandlung gibt es keine; ein Rückkehrer kann zunächst den Hausarzt konsultieren, der dann eine Überweisung an einen Neurologen ausstellt; der Neurologe muss nicht von der Familie bezahlt werden,
19vgl. Auskunft IOM vom 20. Juni 2014 (7-jähriges Mädchen); Auskunft der Botschaft der Bundesrepublik Deutschland vom 8. März 2006.
20Es ist weiter nicht zu erkennen, der Antragsteller zu 3) wäre bei einer Rückkehr nach Albanien einer drohenden erheblichen Gesundheitsgefahr aufgrund des - unterstellten - Autismus oder seiner geistigen Behinderung ausgesetzt. Mangels gegenteiliger durchgreifender Erkenntnisse ist eine medizinische und therapeutische Versorgung von psychisch Erkrankten -zumindest medikamentös- in Albanien gewährleistet und auch zugänglich. Die medizinische Versorgung in staatlichen Krankenhäusern und Polikliniken ist ‑ ungeachtet der in der Praxis regelmäßig anfallenden Zuzahlungen – grundsätzlich kostenlos über eine staatliche Krankenversicherung gesichert. Die örtlichen Apotheken bieten ein relativ großes Sortiment von gängigen Medikamenten und es besteht die Möglichkeit, weitere Medikamente aus dem Ausland zu beschaffen. Behinderte haben ferner für über die medizinische Behandlung hinausgehende Leistungen einen rechtlichen Anspruch darauf, ihre Kosten (teilweise) erstattet zu bekommen und auf bestimmte Invalidenleistungen,
21vgl. Auskunft der Botschaft der Bundesrepublik Deutschland vom 26. Juni 2014 - zu Frage 9 und vom 29. März 2013 - zu Frage 22; Auskunft IOM, Auskunft vom 30. Juli 2014; s. bereits Auskunft der Botschaft der Bundesrepublik Deutschland vom 3. September 2003; s. zur Erreichbarkeit und Kostenübernahme von Medikamenten Lagebericht des Auswärtigen Amtes vom 10. Juni 2015, S. 13.
22Darüber hinaus wird der Antragsteller zu 3) in seiner Heimat nicht alleine dastehen, sondern weiterhin - wie bisher auch - von seinen Eltern, den Antragstellern zu 1) und 2), versorgt werden. Es ist nicht ersichtlich, diese seien nicht in der Lage, die für die Förderung gegebenenfalls (teilweise) anfallenden Kosten aufzubringen, zumal der Antragsteller zu 3) nach eigener Auskunft des Antragstellers zu 1) schon 2-3 Jahre von Spezialisten in einer Privatklinik in U. behandelt wurde und teilweise auch in Mazedonien. Der Antragsteller zu 1) hat als Tierarzt gearbeitet und konnte seinen Angaben zufolge die Behandlung ohne Weiteres finanzieren. Die Antragstellerin zu 2) arbeitete als Lehrerin. Warum eine weitere Finanzierung bei Rückkehr nicht der Fall sein sollte ist nicht erkennbar.
23Der Wunsch der Eltern, eine bessere Diagnostik und Behandlung mit moderneren Behandlungsansätzen in der Bundesrepublik Deutschland für ihr Kind zu erlangen, ist zwar ohne Weiteres verständlich, vermittelt jedoch für sich keinen Anspruch nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG. Der Asylbewerber muss sich grundsätzlich auf den Behandlungs‑, Therapie- und Medikamentationsstandard im Überstellungsstaat verweisen lassen, auch wenn dieser dem hiesigen Niveau nicht entspricht,
24vgl. -zu § 53 Abs. 6 Satz 1 AuslG 1990, heute § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG- OVG NRW, Beschluss vom 5. August 2004 - 13 A 2160/04.A, juris; VG Düsseldorf, Urteil vom 24. März 2015 ‑ 17 K 2897/14.A, juris Rn. 91f.
25II. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Gerichtskosten werden gemäß § 83b AsylG nicht erhoben.
26Der Gegenstandswert ergibt sich aus § 30 Abs. 1 Rechtsanwaltsvergütungsgesetz.
27Der Beschluss ist unanfechtbar, § 80 AsylG.
Tenor
Der Antrag wird abgelehnt.
Die Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens tragen die Antragsteller.
1
Gründe:
2Der am 8. Oktober 2015 sinngemäß gestellte Antrag,
3die aufschiebende Wirkung der Klage 17 K 6783/15.A gegen die in Ziffer 5 des Bescheides des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 28. September 2015 enthaltene Abschiebungsandrohung anzuordnen,
4hat keinen Erfolg.
5I. Der zulässige Antrag ist unbegründet.
6Das Gericht kann die aufschiebende Wirkung der Klage gemäß § 80 Abs. 5 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) i.V.m. Art. 16a Abs. 4 Satz 1 Grundgesetz (GG), § 36 Abs. 4 Satz 1 Asylverfahrensgesetz (AsylVfG) nur anordnen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsaktes bestehen. Dies ist hier nicht der Fall. Der Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) vom 28. September 2015 begegnet keinen rechtlichen Bedenken im vorgenannten Sinne.
7Die Antragsteller haben in dem nach § 77 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG maßgeblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung keinen Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft gemäß § 3 Abs. 1 AsylVfG sowie auf Anerkennung als Asylberechtigte gemäß Art. 16a Abs. 1 GG. Darüber hinaus besteht kein Anspruch auf Zuerkennung subsidiären Schutzes gemäß § 4 Abs. 1 AsylVfG. Unter Berücksichtigung des Vorbringens im Verwaltungsverfahren und im gerichtlichen Verfahren sind die Antragsteller in Albanien einer asyl- oder flüchtlingsrechtlich relevanten Verfolgung offensichtlich nicht ausgesetzt. Des Weiteren besteht kein Anspruch hinsichtlich der Feststellung nationaler Abschiebungsverbote gemäß § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 Aufenthaltsgesetz (AufenthG).
8Das Gericht folgt insoweit den Feststellungen und der Begründung des Bescheides des Bundesamtes vom 28. September 2015 und sieht von einer weiteren Darstellung der Gründe – mit Ausnahme der folgenden ergänzenden Ausführungen – ab (§ 77 Abs. 2 AsylVfG).
91. Die Voraussetzungen für eine Anerkennung der Antragsteller als Asylberechtigte gemäß Art. 16a Abs. 1 GG liegen schon deshalb nicht vor, weil sie nach ihren Angaben mit dem Pkw von Albanien aus über Montenegro, Kroatien, Slowenien und Österreich auf dem Landweg in die Bundesrepublik Deutschland eingereist sind. Da die Bundesrepublik Deutschland ausschließlich von sicheren Drittstaaten, nämlich den Mitgliedsstaaten der Europäischen Union, der Schweiz und Norwegen umgeben ist (vgl. § 26a Abs. 2 AsylVfG i.V.m. Anlage I zu § 26a AsylVfG), ist die Asylanerkennung bei einer Einreise über den Landweg gemäß Art. 16a Abs. 2 Satz 1 GG i.V.m. § 26a Abs. 1 AsylVfG von vornherein ausgeschlossen.
102. Es besteht für die Antragsteller in Bezug auf Albanien kein nationales Abschiebungsverbot gemäß § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG.
11Insbesondere für den Antragsteller zu 1) besteht unter Berücksichtigung der im Verwaltungsverfahren und im gerichtlichen Verfahren vorgelegten ärztlichen Bescheinigungen und Stellungnahmen,
12vgl. folgende den Antragsteller zu 1) betreffende ärztliche Dokumente: Dr. med. K. O. (Facharzt für Allgemeinmedizin und Anästhesiologie) vom 15. Juli 2015, 21. Juli 2015 und 8. Oktober 2015; Universitätsklinikum E. – Klinik für Endokrinologie und Diabetologie vom 9. August 2015, 9. September 2015 und 12. Oktober 2015; I. Klinikum X. – Klinik für Endokrine Chirurgie vom 17. Dezember 2014 und 11. Februar 2015; S. – Gesellschaft für Medizinische Versorgungszentren mbH vom 25. November 2014,
13im Falle seiner Rückkehr nach Albanien keine erhebliche konkrete Gefahr für Leib oder Leben im Sinne von § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG.
14Den vorzitierten ärztlichen Unterlagen ist im Wesentlichen zu entnehmen, dass beim Antragsteller zu 1) eine Vergrößerung der Schilddrüse (Struma Nodosa) und ein papilläres Mikrokarzinom der Schilddrüse diagnostiziert worden ist, weshalb am 5. Februar 2015 eine operative Entfernung der Schilddrüse (Thyreoidektomie) ohne Entfernung der Nebenschilddrüse (Parathyreoidektomie) durchgeführt wurde. Weitere chirurgische Therapien und eine Radiojodtherapie waren nicht indiziert. Erforderlich ist indes eine Substitutionsbehandlung mit dem Schilddrüsenhormon Levothyroxin. Postoperativ entwickelte sich beim Antragsteller zu 1) bedingt durch einen Hypoparathyreoidismus (Unterfunktion der Nebenschilddrüse) eine schwere und symptomatische Hypocalcämie (Verminderung des Calciumspiegels im Blutserum), d.h. eine seltene Komplikation im postoperativen Verlauf, die unbehandelt zum Tod des Patienten führen kann. Vor diesem Hintergrund ist im weiteren Verlauf eine regelmäßige ambulante medizinische Kontrolle der hochdosierten Substitution von aktiviertem Vitamin D und Calcium notwendig. Ferner bedarf es aufgrund des papillären Schilddrüsenkarzinoms einer lebenslangen Nachsorge und Kontrolle der Schilddrüsensubstitution, um die Wahrscheinlichkeit eines Rezidivs zu reduzieren.
15Aus den ärztlichen Unterlagen ergeben sich keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass dem Antragsteller zu 1) bei einer Rückführung nach Albanien infolge der bestehenden Schilddrüsenerkrankung aufgrund zielstaatsbezogener Umstände eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib oder Leben droht. Insbesondere eine zielstaatsbezogene Verschlimmerung des Krankheitsbildes ist weder ersichtlich noch dargetan. Zwar können die tatbestandlichen Voraussetzungen für ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG bereits dann erfüllt sein, wenn sich die Krankheit eines ausreisepflichtigen Ausländers im Zielstaat verschlimmert, weil die Behandlungsmöglichkeiten dort faktisch unzureichend sind. Erforderlich, aber auch ausreichend für das Vorliegen der Voraussetzungen des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG ist in diesen Fällen, dass sich die vorhandene Erkrankung des Ausländers aufgrund zielstaatsbezogener Umstände in einer Weise verschlimmert, die zu einer erheblichen und konkreten Gefahr für Leib oder Leben führt, d.h. das eine wesentliche Verschlimmerung der Erkrankung alsbald nach der Rückkehr des Ausländers droht. Die befürchtete Verschlimmerung der gesundheitlichen Beeinträchtigungen als Folge fehlender Behandlungsmöglichkeiten im Zielland der Abschiebung muss jedoch zu einer erheblichen Gesundheitsgefahr führen, also eine Gesundheitsbeeinträchtigung von besonderer Intensität erwarten lassen. Das wäre der Fall, wenn sich der Gesundheitszustand wesentlich oder sogar lebensbedrohlich verschlechtern würde,
16vgl. BVerwG, Beschluss vom 17. August 2011 – 10 B 13.11, 10 B 1310 B 13.11, 10 PKH 10 PKH 11.11 –, juris Rn. 3; BVerwG, Urteil vom 17. Oktober 2006 – 1 C 18.05 –, juris Rn. 15; BVerwG, Beschluss vom 24. Mai 2006 – 1 B 118.05 –, juris Rn. 4.
17Abschiebungsschutz nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG soll dem Ausländer keine Heilung von Krankheit unter Einsatz des sozialen Netzes der Bundesrepublik Deutschland sichern, sondern ihn allein vor gravierenden Beeinträchtigungen seiner Rechtsgüter Leib und Leben bewahren,
18vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 20. September 2006 – 13 A 1740/05.A –, juris Rn. 31.
19Dies zugrunde gelegt ist eine alsbald nach der Rückkehr in den Zielstaat eintretende wesentliche oder sogar lebensbedrohliche Verschlechterung des Gesundheitszustandes des Antragstellers zu 1) allein deshalb nicht zu erwarten, weil die erforderliche postoperative ärztliche und medikamentöse Behandlung des Antragstellers zu 1) nach der derzeitigen Erkenntnislage auch in Albanien erfolgen kann,
20vgl. Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Republik Albanien vom 10. Juni 2015 (Stand: Mai 2015), S. 13; Bundesasylamt Republik Österreich, Länderinformationsblatt der Staatendokumentation Albanien, Stand: August 2013, S. 18 f.; Schweizerische Flüchtlingshilfe, Albanien: Posttraumatische Belastungsstörung, Blutrache, Auskunft der SFH- Länderanalyse, Stand: 13. Februar 2013, S. 4 ff.
21Hiernach kann die medizinische Versorgung in staatlichen Krankenhäusern und Polikliniken grundsätzlich kostenlos in Anspruch genommen werden. Die Versorgung mit Medikamenten stellt kein Problem dar. Die örtlichen Apotheken bieten ein relativ großes Sortiment von gängigen Medikamenten an, die zum großen Teil aus der EU importiert werden. Darüber hinaus besteht die Möglichkeit, weitere Medikamente aus dem Ausland zu beschaffen. Das staatliche Institut für Gesundheitsversicherungen (sog. Health Insurance Institute – HII –) trägt in Albanien die Kosten für primäre Gesundheitsversorgung und erstattet die Kosten für gewisse Medikamente zurück. Vollständig versicherte Personengruppen sind Pensionierte, Arbeitslose, Studierende, Kinder und Jugendliche bis 18 Jahre. Ebenfalls abgedeckt sind Personen, die an Krebs, Tuberkulose oder Multiple Sklerose erkrankt sind, eine Nierentransplantation benötigen oder an durch chronisches Nierenversagen induzierte Anämie oder Thalassämie leiden. Die staatliche Krankenversicherung übernimmt in der Regel die Kosten für das billigste vorhandene Generikum bei Standard-Medikamenten. Sofern nicht sämtliche Kosten übernommen werden, sind vom Patienten gegebenenfalls Zuzahlungen zu leisten,
22vgl. Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Republik Albanien vom 10. Juni 2015 (Stand: Mai 2015), S. 13; Bundesasylamt Republik Österreich, Länderinformationsblatt der Staatendokumentation Albanien, Stand: August 2013, S. 18 f.; Schweizerische Flüchtlingshilfe, Albanien: Posttraumatische Belastungsstörung; Blutrache, Auskunft der SFH- Länderanalyse, Stand: 13. Februar 2013, S. 4 ff.
23Vor diesem Hintergrund bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass die vom Antragsteller zu 1) aktuell benötigten Medikamente in Albanien nicht erhältlich sind.
24II. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Gerichtskosten werden gemäß § 83b AsylVfG nicht erhoben.
25Der Gegenstandswert ergibt sich aus § 30 Abs. 1 Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG).
26Dieser Beschluss ist unanfechtbar, § 80 AsylVfG.
Tenor
Der Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe und Beiordnung von Rechtsanwalt I. , I1. , wird abgelehnt.
Der Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes wird abgelehnt.
Die Antragsteller tragen die Kosten des Verfahrens, für das Gerichtskosten nicht erhoben werden
1
G r ü n d e :
2I.
3Der Prozesskostenhilfeantrag hat keinen Erfolg. Nach § 166 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) in Verbindung mit § 114 der Zivilprozessordnung (ZPO) erhält eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, auf Antrag Prozesskostenhilfe, sofern die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Diese Voraussetzungen sind hier nicht gegeben, weil das einstweilige Rechtsschutzverfahren, wie sich aus den Gründen zu II. ergibt, keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und im Übrigen die erforderlichen Formularanträge und Belege nicht vorgelegt worden sind.
4II.
5Der - sinngemäße - Antrag der Antragsteller,
6die aufschiebende Wirkung der Klage 5 K 500/16.A gegen die in dem Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 25. Januar 2016 unter Ziffer 5 enthaltene Abschiebungsandrohung sowie gegen die unter Ziffern 6 und 7 verfügten Einreise- und Aufenthaltsverbote anzuordnen,
7hat keinen Erfolg.
8Hinsichtlich der Abschiebungsandrohung ist der Antrag zulässig - insbesondere innerhalb der Wochenfrist des § 36 Abs. 3 Satz 1 AsylG gestellt -, er ist jedoch unbegründet.
9Nach § 75 AsylG hat die Anfechtungsklage gegen die vom Bundesamt ausgesprochene Abschiebungsandrohung keine aufschiebende Wirkung. Zwar kann das Gericht gemäß § 80 Abs. 5 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) i.V.m. § 36 Abs. 3 Satz 1 AsylG die aufschiebende Wirkung der Klage anordnen. Das setzt aber nach § 36 Abs. 4 Satz 1 AsylG ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsaktes voraus. Solchen ernstlichen Zweifeln unterliegt die unter Ziffer 5 des mit der Klage angegriffenen Bescheides vom 25. Januar 2016 verfügte Abschiebungsandrohung nicht.
10Rechtsgrundlage für die erlassene Ausreiseaufforderung und die Abschiebungsandrohung sind die §§ 34 Abs. 1, 36 Abs. 1 AsylG i.V.m. den §§ 59 und 60 Abs. 10 des Aufenthaltsgesetzes (AufenthG). Danach erlässt das Bundesamt die Abschiebungsandrohung unter Bestimmung einer Ausreisefrist von einer Woche, wenn der Asylantrag und der Antrag auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft des Ausländers als offensichtlich unbegründet abgelehnt werden und er nicht im Besitz eines Aufenthaltstitels ist. Diese Voraussetzungen sind hier gegeben. Das Bundesamt ist in der angegriffenen Entscheidung - auf die entsprechend § 77 Abs. 2 AsylG Bezug genommen wird - zu Recht davon ausgegangen, dass die Asylanträge der Antragsteller offensichtlich unbegründet sind und die Voraussetzungen für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft gemäß § 3 Abs. 1 und 4 AsylG i.V.m. § 60 Abs. 1 Satz 1 AufenthG offensichtlich nicht vorliegen. Dies erweist sich auch im gegenwärtigen, für die gerichtliche Beurteilung maßgeblichen Zeitpunkt - vgl. § 77 Abs. 1 AsylG - als rechtsfehlerfrei.
11Die Voraussetzungen für die Asylanerkennung gemäß Art. 16a Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) bzw. § 3 Abs. 1 und 4 AsylG i.V.m. § 60 Abs. 1 Satz 1 AufenthG für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft greifen offensichtlich nicht zugunsten der Antragsteller ein. Gemäß § 29a Abs. 1 AsylG ist ein Asylantrag als offensichtlich unbegründet abzulehnen, wenn der Antragsteller aus einem sicheren Herkunftsstaat im Sinne des Art. 16a Abs. 3 Satz 1 GG, d.h. u.a. einem Staat gemäß § 29a Abs. 2 i.V.m. Anlage II AsylG stammt, es sei denn, die von ihm angegebenen Tatsachen oder Beweismittel begründen die Annahme, dass ihm abweichend von der allgemeinen Lage im Herkunftsstaat politische Verfolgung droht.
12Diese Voraussetzungen liegen hier vor. Die Antragsteller stammen aus Albanien und mithin einem sicheren Herkunftsstaat nach den vorbezeichneten Bestimmungen in deren maßgeblicher Fassung zum jetzigen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung.
13Das Vorbringen der Antragsteller begründet nicht die Annahme, dass ihnen abweichend von der allgemeinen Lage im Herkunftsstaat politische Verfolgung droht. Zur Ausräumung der Vermutung ist nur ein Vorbringen zugelassen, das die Furcht vor politischer Verfolgung auf ein individuelles Verfolgungsschicksal des Asylbewerbers gründet. Dabei kann er seine Furcht vor politischer Verfolgung auch dann auf ein persönliches Verfolgungsschicksal stützen, wenn dieses seine Wurzel in allgemeinen Verhältnissen hat. Die Vermutung ist aber erst ausgeräumt, wenn der Asylbewerber die Umstände seiner politischen Verfolgung schlüssig und substantiiert vorträgt. Dieser Vortrag muss vor dem Hintergrund der Feststellung des Gesetzgebers, dass in dem jeweiligen Staat im Allgemeinen keine politische Verfolgung stattfindet, der Erkenntnisse der Behörden und Gerichte zu den allgemeinen Verhältnissen des Staates und der Glaubwürdigkeit des Antragstellers glaubhaft sein. Zur Substantiierung trägt insoweit bei, wenn der Asylbewerber die Beweismittel vorlegt oder benennt, die nach den Umständen von ihm erwartet werden können.
14Vgl. Bundesverfassungsgericht (BVerfG), Urteil vom 14. Mai 1996
15- 2 BvR 1507, 1508/93 -, Amtliche Sammlung der Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts (BVerfGE) 94, 115.
16Die Antragsteller haben mit ihrem Vorbringen diese Vermutung nicht ausräumen können. Der Antragsteller zu 1. hat sich in der Anhörung vor dem Bundesamt am 19. Mai 2014 dahingehend eingelassen, im Gegensatz zu seiner Ehefrau, der Antragstellerin zu 2., sei er Angehöriger der Roma. Aus diesem Grund sei die Familie seiner Ehefrau mit der Hochzeit, die im Jahr 2002 stattgefunden habe, nicht einverstanden gewesen. Er sei bedroht, bespuckt und geschlagen worden. Zudem sei der Bruder seiner Ehefrau eineinhalb Monate vor der Ausreise aus dem Gefängnis entlassen worden. Dieser habe während seines Gefängnisaufenthalts seine Freunde zu ihm, dem Antragsteller zu 1., geschickt. Diese hätten dann das Haus umstellt und gesagt, er, der Antragsteller zu 1., solle seine Ehefrau verlassen, ansonsten würden die gemeinsamen Kinder vor dessen Augen verbrannt. Die Antragstellerin zu 2. hat in der Anhörung vor dem Bundesamt am 19. Mai 2014 mitgeteilt, ihre Eltern seien wegen der unterschiedlichen Volkszugehörigkeiten nicht mit der Hochzeit einverstanden gewesen. Zudem habe ihr Bruder sie durch seine Freunde bedrohen lassen. Er habe angekündigt, ihre, der Antragstellerin zu 2., Kinder umzubringen.
17Aus diesem Vorbringen folgt offensichtlich keine politische Verfolgung. Denn das Vorbringen ist augenscheinlich unglaubhaft. Die Schilderungen erschöpfen sich in Gänze in den bezeichneten Behauptungen und sind damit vage, oberflächlich sowie unsubstantiiert geblieben. Die Angaben der Antragsteller zu 1. und 2. zur vermeintlichen Bedrohungslage sind derart detailarm, dass sie nicht geeignet sind, ein auch nur ansatzweise nachvollziehbares Bild eines realen Geschehensablaufs zu vermitteln. Insbesondere hinsichtlich der für die Ausreise aus Albanien (vermeintlich) ursächlich gewesenen, vom Bruder der Antragstellerin zu 2. ausgehenden Gefahr haben die Antragsteller zu 1. und 2. weitgehend auf die Schilderung situationstypischer Details verzichtet und die angeblichen Vorfälle stattdessen auf einzelne Kernfakten reduziert, so dass allenfalls ein Handlungsgerüst, aber kein kohärenter Geschehensablauf erkennbar ist.
18Unbeschadet des Umstandes, dass das Vorbringen der Antragsteller offensichtlich unglaubhaft ist, hätten sie selbst dann, wenn unterstellt würde, ihre Schilderungen seien glaubhaft, offensichtlich weder einen Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft noch einen solchen auf Anerkennung als Asylberechtigte.
19Von einer asyl- bzw. flüchtlingsrechtlich bedeutsamen „Verfolgung“ kann nur ausgegangen werden, wenn die Furcht des Asylsuchenden begründet ist, dass er in seinem Herkunftsland Bedrohungen seines Lebens, seiner Freiheit oder anderer in Art. 9 Abs. 1 Richtlinie 2011/95/EU (zuvor: Richtlinie 2004/83/EG) geschützter Rechtsgüter wegen seiner Rasse, Religion, Staatsangehörigkeit, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung ausgesetzt ist
20vgl. Bundesverwaltungsgericht (BVerwG), Urteil vom 20. Februar 2013 - 10 C 23.12 - (juris)
21und ihm gezielt Rechtsverletzungen zugefügt werden, die ihn ihrer Intensität nach aus der übergreifenden Friedensordnung der staatlichen Einheit ausgrenzen, so dass der davon Betroffene gezwungen ist, in begründeter Furcht vor einer ausweglosen Lage sein Heimatland zu verlassen und im Ausland Schutz zu suchen. An einer gezielten Rechtsverletzung fehlt es hingegen regelmäßig bei Nachteilen, die jemand aufgrund der allgemeinen Zustände in seinem Herkunftsstaat zu erleiden hat, etwa in Folge von Naturkatastrophen, Arbeitslosigkeit, einer schlechten wirtschaftlichen Lage oder infolge allgemeiner Auswirkungen von Unruhen, Revolutionen und Kriegen.
22Vgl. Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen (OVG NRW), Urteile vom 13. November 2013 - 8 A 2228/07.A - und vom 2. Juli 2013 - 8 A 2632/06.A - (jeweils juris und www.nrwe.de).
23Danach muss auch eine kriminelle Verfolgung an ein in § 3 AsylG genanntes Merkmal anknüpfen, um als politische Verfolgung gelten zu können.
24Vgl. OVG NRW, Urteil vom 14. Februar 2014 - 1 A 1139/13.A - und Beschluss vom 28. März 2014 - 13 A 1305/13.A - (jeweils juris und www.nrwe.de).
25An einer solchen Anknüpfung fehlt es hier offensichtlich, denn nach dem Vorbringen der Antragsteller drohte ihnen allenfalls, Opfer kriminellen Unrechts zu werden.
26Ungeachtet dessen könnte den Antragstellern selbst dann, wenn ihre Schilderungen eine politische Verfolgung umschreiben würden, die Flüchtlingseigenschaft nicht zuerkannt werden. Für den Fall einer Verfolgung durch nichtstaatliche Akteure ist diese allein dann relevant, wenn u.a. der Staat erwiesenermaßen nicht in der Lage oder nicht willens ist, Schutz vor Verfolgung zu bieten (§ 3c Nr. 3 AsylG). Der Schutz vor Verfolgung muss wirksam und darf nicht nur vorübergehender Natur sein (§ 3d Abs. 2 Satz 1 AsylG). Generell ist ein solcher Schutz gewährleistet, wenn u.a. der Staat geeignete Schritte einleitet, um die Verfolgung zu verhindern, beispielsweise durch wirksame Rechtsvorschriften zur Ermittlung, Strafverfolgung und Ahndung von Handlungen, die eine Verfolgung darstellen, und wenn der Ausländer Zugang zu diesem Schutz hat (§ 3d Abs. 2 Satz 2 AsylG).
27Es ist nicht ersichtlich, dass in Albanien kein staatlicher Schutz vor Verfolgung geboten wird. Nach den dem Gericht vorliegenden Erkenntnissen,
28vgl. dazu: Auswärtiges Amt (AA), Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Republik Albanien (Stand: Mai 2015) vom 10. Juni 2015,
29die in der - das Herkunftsland Albanien betreffenden - verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung
30vgl. OVG NRW, Beschluss vom 23. Februar 2015 - 11 A 334/14.A - (www.nrwe.de und juris); Verwaltungsgericht (VG) Düsseldorf, Beschluss vom 28. Oktober 2015 - 17 L 2938/15.A - (www.nrwe.de und juris)
31Zustimmung gefunden haben, ist zwar in Albanien das Tätigwerden staatlicher Organe - auch der Polizei und Justiz - nicht in der Form effektiv, wie es etwa in den Ländern der Europäischen Union zu erwarten wäre. Indessen kann nicht davon ausgegangen werden, dass gegen kriminelles Unrecht kein staatlicher Schutz zu erlangen wäre. Im Übrigen haben die Antragsteller nicht einmal erwähnt, um polizeilichen Schutz nachgesucht zu haben.
32Anhaltspunkte dafür, dass den Antragstellern subsidiärer Schutz gemäß § 4 Abs. 1 AsylG i.V.m. § 60 Abs. 2 AufenthG zu gewähren ist, liegen nicht vor.
33Ferner ist nicht ersichtlich, dass der Abschiebung der Antragsteller nach Albanien Abschiebungshindernisse gemäß § 60 Abs. 5 oder 7 Satz 1 AufenthG entgegenstehen.
34Auch der von der Antragstellerin zu 2. geltend gemachte Umstand, sie leide an verschiedenen Erkrankungen, führt zu keiner anderen Bewertung.
35Für den Fall einer Erkrankung sind die Voraussetzungen eines Abschiebungsverbotes im Sinne von § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG dann erfüllt, wenn sich die Krankheit eines ausreisepflichtigen Ausländers in seinem Heimatstaat verschlimmert, weil die Behandlungsmöglichkeiten dort faktisch unzureichend sind. Die befürchtete Verschlimmerung der gesundheitlichen Beeinträchtigungen als Folge fehlender Behandlungsmöglichkeiten im Zielland der Abschiebung muss dabei zu einer erheblichen Gesundheitsgefahr führen, also eine Gesundheitsbeeinträchtigung von besonderer Intensität erwarten lassen; das wäre dann der Fall, wenn sich der Gesundheitszustand alsbald nach der Rückkehr wesentlich oder sogar lebensbedrohlich verschlechtern würde.
36vgl. zu diesem Prüfungsmaßstab: BVerwG, Beschluss vom 22. März 2012
37- 1 C 3.11 - (juris) und Urteil vom 17. Oktober 2006 - 1 C 18.15 -, Deutsches Verwaltungsblatt (DVBl.) 2007, 254 sowie OVG NRW, Urteil vom 27. Januar 2015 - 13 A 1201/12.A - (www.nrwe.de und juris).
38Ob eine behandlungsbedürftige Erkrankung vorliegt, bedarf der - Mindestanforderungen erfüllenden - Darlegung durch den jeweiligen Antragsteller.
39Besondere Voraussetzungen gelten für die Darlegung psychischer Erkrankungen. So ist in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts anerkannt, dass zur Substantiierung eines Vorbringens einer behandlungsbedürftigen posttraumatischen Belastungsstörung - sowie auch eines entsprechenden Beweisantrages - angesichts der Unschärfen des Krankheitsbildes und seiner vielfältigen Symptome regelmäßig die Vorlage eines Mindestanforderungen genügenden fachärztlichen Attests gehört. Aus diesem muss sich nachvollziehbar ergeben, auf welcher Grundlage der Facharzt seine Diagnose gestellt hat und wie sich die Krankheit im konkreten Fall darstellt. Dazu gehören etwa Angaben darüber, seit wann und wie häufig sich der Patient in ärztlicher Behandlung befunden hat und ob die von ihm geschilderten Beschwerden durch die erhobenen Befunde bestätigt werden. Des Weiteren sollte das Attest Aufschluss über die Schwere der Krankheit, deren Behandlungsbedürftigkeit sowie den bisherigen Behandlungsverlauf (Medikation und Therapie) geben. Wird das Vorliegen einer PTBS auf traumatisierende Erlebnisse im Heimatland gestützt und werden die Symptome erst längere Zeit nach der Ausreise aus dem Heimatland vorgetragen, ist in der Regel auch eine Begründung dafür erforderlich, warum die Erkrankung nicht früher geltend gemacht worden ist. Diese Anforderungen an die Substantiierung ergeben sich aus der Pflicht des Beteiligten, an der Erforschung des Sachverhalts mitzuwirken (§ 86 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 2 VwGO), die in besonderem Maße für Umstände gilt, die in die eigene Sphäre des Beteiligten fallen.
40Vgl. dazu: BVerwG, Beschluss vom 26. Juli 2012 - 10 B 21.12 - (juris) und Urteil vom 11. September 2007 - 10 C 8.07 -, Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht (NVwZ) 2008, 330.
41Diesen Mindestanforderungen, die auch für die Darlegung und Glaubhaftmachung anderer psychischer Erkrankungen mit Behandlungsbedarf gelten,
42vgl. Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg, Urteil vom 11. November 2014 - A 11 S 1778/14 -, DVBl. 2015, 118 sowie VG Düsseldorf, Beschlüsse vom 5. Juni 2015 - 13 L 1253/15.A - und vom 7. April 2015 - 13 L 742/15.A - (jeweils www.nrwe.de und juris),
43genügen die von der Antragstellerin zu 2. eingereichten ärztlichen Stellungnahmen nicht.
44Ausweislich des fachärztlichen Attests des Facharztes für Psychiatrie und Psychotherapie, Herrn Dr. med. N. , vom 25. November 2015 leidet die Antragstellerin zu 2. an einer rezidivierenden Episode einer reaktiven Depression (F33.8G), einem depressiven Adaptationssyndrom (F43.2G) und einer nichtorganischen Hyposomnie (F51.0G). In dem fachärztlichen Attest wird u.a. Folgendes festgestellt:
45„Anamnese (nur auszugsweise):
46Psych. Belastungen, Symptomatik / Problematik bzw. psych. Befinden: Psych. Belastung, denn: Sie hat erhebliche familiäre Probleme. Sie hat Probleme mit ihrem Bruder, ihrem Vater und ihrer Mutter. Ihr Ehemann gehört zu den Roma, ihr Bruder und ihre Familie haben ihn deshalb nie richtig akzeptiert. Ihr Bruder drohte ihr deshalb früher, sie zu schlagen. Sie muss sich um die Versorgung ihrer 3 schulpflichtigen Kinder kümmern. Sie ist seit Frühjahr 2013 in Deutschland. Oft Schlafstörungen. Rez. starke Deprimiertheit. BA: Sie ist ALO. Zum Teil auch rezidivierende Ängste. Gedrückte Stimmung, innere Unruhe. Mangelnde Fähigkeit zur pos. emotionalen Reaktion, Stimmungstiefs. Bisherige psych. Medikation: DIAZEPAM ca. 9mg/Tag.
47Therapie: Supportive / beratende Krisenintervention und Thematisierung konstruktiver Kognitionen. Psych. Medikation: Wie besprochen. CITALOPRAM 30 MG FTA (1/2 bis 1,-,-,-).
48Aufgrund einer ausgeprägten depressiven Symptomatik ist die o.g. Patientin aktuell und im absehbaren Zeitraum nicht reisefähig und es ist eine gezielte fachärztliche psychopharmakologische medikamentöse Therapie erforderlich und indiziert.“
49Erhebliche Zweifel an dem Aussagegehalt des fachärztlichen Attests bestehen schon deshalb, da in diesem Kernfakten - wie zum Beispiel Ein- und Ausreisedaten – unzutreffend angegeben sind. Die Antragstellerin zu 2. befindet sich nicht seit dem Frühjahr 2013 in Deutschland. Sie ist vielmehr erst am 24. April 2014 aus Albanien ausgereist. Im Übrigen ist es wenig plausibel, dass eine beratende bzw. supportive Krisenintervention stattfinden soll. Es ist nicht ersichtlich, wie diese Art der Behandlung, die im Wesentlichen in Form einer Gesprächstherapie durchgeführt wird,
50vgl. im Internet: https://de.wikipedia.org/wiki/Krisenintervention,
51bei der vorhandenen Sprachbarriere erfolgen kann, da die Antragstellerin nach eigenen Angaben lediglich über albanische Sprachkenntnisse verfügt. Darüber hinaus wird das fachärztliche Attest den von der Rechtsprechung aufgestellten Mindestanforderungen nicht ansatzweise gerecht. Es fehlt an nachvollziehbaren Angaben dazu, auf welcher Grundlage die Diagnose gestellt worden ist. Im Übrigen wird nicht erläutert, ob die von der Antragstellerin zu 2. geschilderten Beschwerden durch die erhobenen Befunde auch bestätigt werden. Ferner wird nicht dargelegt, seit wann und wie häufig sich die Antragstellerin zu 2. in ärztlicher Behandlung befunden hat.
52Soweit in dem fachärztlichen Attest schließlich ausgeführt wird, die Antragstellerin sei nicht reisefähig, ist dies rechtlich ohne Belang, da es sich insofern (allein) um ein inländisches Vollstreckungshindernis handelt, das von der zuständigen Ausländerbehörde zu prüfen ist.
53Vgl. dazu: OVG NRW, Beschluss vom 27. Juli 2006 - 18 B 586/06 - (www.nrwe.de und juris).
54Die weitere fachärztliche Bescheinigung des Facharztes für Psychiatrie und Psychotherapie, Herrn Dr. med. N. , vom 1. Februar 2016, ausweislich der die Antragstellerin zu 2. (weiterhin) an einer rezidivierenden Episode einer reaktiven Depression (F33.8G), einem depressiven Adaptationssyndrom (F43.2G) und einer nichtorganischen Hyposomnie (F51.0G) leidet, erfüllt die vorgenannten Anforderungen ebenfalls nicht. In der aktuellen fachärztlichen Bescheinigung wird u.a. ausgeführt:
55„Anamnese (nur auszugsweise):
56Psych. Belastungen, Symptomatik / Problematik bzw. psych. Befinden: Psych. Belastung, denn: Sie hat erhebliche familiäre Probleme. Sie hat Probleme mit ihrem Bruder, ihrem Vater und ihrer Mutter. Ihr Ehemann gehört zu den Roma, ihr Bruder und ihre Familie haben ihn deshalb nie richtig akzeptiert. Ihr Bruder drohte ihr deshalb früher, sie zu schlagen. Sie muss sich um die Versorgung ihrer 3 schulpflichtigen Kinder kümmern. In dem Heim, in dem sie wohnt, sind oft starke Lärmbelästigungen. Sie ist seit Frühjahr 2013 in Deutschland. Oft Schlafstörungen. Rez. starke Deprimiertheit. BA: Sie ist ALO. Zum Teil auch rezidivierende Ängste. Gedrückte Stimmung, innere Unruhe. Mangelnde Fähigkeit zur pos. emotionalen Reaktion, Stimmungstiefs. Bisherige psych. Medikation: DIAZEPAM ca. 9mg/Tag.
57Therapie: Supportive / beratende Krisenintervention und Thematisierung konstruktiver Kognitionen. Psych. Medikation: Wie besprochen. Trimipramin 25 mg (-,-,-, 1 bis 3).
58Aufgrund einer ausgeprägten depressiven Symptomatik ist die o.g. Patientin aktuell und im absehbaren Zeitraum nicht reisefähig und es ist eine gezielte fachärztliche psychopharmakologische medikamentöse Therapie erforderlich und indiziert.“
59Die fehlende Aussagekraft des fachärztlichen Attests ergibt sich bereits daraus, dass dieses bis auf zwei - durch Unterstreichungen hervorgehobene - Ausnahmen mit der ersten fachärztlichen Bescheinigung wortlautidentisch ist. Mithin leidet auch die aktuelle fachärztliche Stellungnahme an den vorgenannten inhaltlichen Mängeln.
60Darüber hinaus deckt der Vergleich der beiden fachärztlichen Stellungnahmen weitere Plausibilitätsdefizite auf. Ausweislich der Stellungnahme vom 25. November 2015 bestand die „bisherige psych. Medikation“ in der Gabe von Diazepam. Diese Medikation wurde dann (wohl) auf Citalopram umgestellt. Dennoch führte auch die Stellungnahme vom 1. Februar 2016 aus, die „bisherige psych. Medikation“ bestehe in der Verabreichung von Diazepam.
61Selbst wenn die Antragstellerin zu 2. an einer rezidivierenden Episode einer reaktiven Depression (F33.8G), einem depressiven Adaptationssyndrom (F43.2G) und einer nichtorganischen Hyposomnie (F51.0G) leiden sollte, rechtfertigte dies nicht die Feststellung eines Abschiebungsverbots gemäß § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG. Die dann notwendige medizinische Versorgung der Antragstellerin zu 2. in Albanien wäre für diese erlangbar.
62Die medizinische Versorgung in Albanien ist grundsätzlich gesichert. Auch wenn die Ausstattung und Hygiene medizinischer Einrichtungen zu wünschen übrig lässt, sind Ärzte gut ausgebildet. Komplizierte Behandlungen können in Tirana und den größeren Städten durchgeführt werden. Die Medikamentenversorgung stellt kein Problem dar.
63Vgl. Auswärtiges Amt (AA), Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Republik Albanien (Stand: Mai 2015) vom 10. Juni 2015.
64Insbesondere Medikamente zur Behandlung psychischer Krankheiten sind in ganz Albanien verfügbar.
65Vgl. Amtliche Auskunft der Botschaft der Bundesrepublik Deutschland in Tirana an das Bundesamt vom 29. März 2013.
66Auch die Finanzierung der Medikamente ist gesichert. Die staatliche Krankenversicherung übernimmt die anfallenden Kosten.
67Vgl. AA, Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Republik Albanien (Stand: Mai 2015) vom 10. Juni 2015.
68Die Behandelbarkeit der Erkrankungen im Heimatland wird auch nicht durch das Vorbringen der Antragstellerin zu 2. im gerichtlichen Verfahren in Frage gestellt. Danach soll eine ärztliche Behandlung in Albanien nicht möglich sein, da die familiären Auseinandersetzungen unmittelbar nach der Einreise wieder beginnen würden und die Antragstellerin zu 2. dann erneut in die Situation geriete, die Auslöser für die aktuellen Erkrankungen gewesen sei. Im Übrigen seien die jetzigen Symptome bereits in Albanien aufgetreten, hätten dort jedoch nicht behandelt werden können. Dieser Vortrag übersieht zunächst, dass die Antragstellerin zu 2. während der Anhörung vor dem Bundesamt am 19. Mai 2014 weder erwähnt hat, dass sie an einer psychischen Erkrankung leidet, noch, dass sie vergebens versucht hätte, eine adäquate Behandlung in Albanien zu erhalten. Vielmehr hat sich die Antragstellerin zu 2. dahingehend eingelassen, ihr gehe es gesundheitlich gut. Damit einhergehend hat die Antragstellerin zu 2. auch nicht unmittelbar nach der Einreise in die Bundesrepublik Deutschland einen Facharzt aufgesucht, sondern erst - im engen zeitlichen Zusammenhang mit der Einstufung Albaniens als sicherer Herkunftsstaat - ca. 21 Monate später. Letztlich folgt auch aus den vorgelegten fachärztlichen Stellungnahmen nicht ansatzweise, dass eine Behandlung der Antragstellerin zu 2. in Albanien ausscheidet.
69Falls das Vorbringen der Antragstellerin zu 2. dahingehend verstanden werden soll, die ärztliche Versorgung im Bundesgebiet sei qualitativ hochwertiger als diejenige in Albanien, ist darauf hinzuweisen, dass der Abschiebungsschutz aus § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG nicht dazu dient, eine bestehende Erkrankung optimal zu behandeln oder ihre Heilungschancen zu verbessern. Diese Vorschrift begründet insbesondere keinen Anspruch auf Teilhabe am medizinischen Fortschritt und Standard in der medizinischen Versorgung in Deutschland. Ein Ausländer muss sich vielmehr auf den Standard der Gesundheitsversorgung im Heimatland verweisen lassen, auch wenn dieser dem entsprechenden Niveau in Deutschland nicht entspricht.
70Vgl. dazu: OVG NRW, Beschlüsse vom 27. Juli 2006 - 18 B 586/06 - und vom 14. Juni 2005 - 11 A 4518/02.A - (jeweils www.nrwe.de und juris).
71Soweit die Antragstellerin zu 2. schließlich ausweislich der ärztlichen Bescheinigung des Arztes für Allgemeinmedizin, Herrn Dr. med. T. , vom 25. August 2015 an Fibromyalgie, Migräne und Schlaflosigkeit leidet, ist dies rechtlich ohne Relevanz, da die Bescheinigung knapp sechs Monate alt und mithin nicht mehr aktuell ist. Damit einhergehend hat sich die Antragstellerin zu 2. im gerichtlichen Verfahren auch nicht mehr auf diese physischen Leiden berufen, sondern ihren Vortrag auf das Vorliegen psychischer Erkrankungen beschränkt.
72Soweit sich der Eilantrag gegen die Einreise- und Aufenthaltsverbote aus Ziffern 6 und 7 des angegriffenen Bescheides richtet, ist er - ungeachtet der Fragen, ob ein Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO oder nach § 123 Abs. 1 VwGO statthaft ist und ob jeweils das erforderliche Rechtsschutzbedürfnis vorliegt (§ 11 Abs. 7 Satz 2 AufenthG) - jedenfalls unbegründet.
73Dies gilt zunächst für die Anordnung und Befristung des Einreise- und Aufenthaltsverbots auf 10 Monate gemäß § 11 Abs. 7 AufenthG. Das Bundesamt hat ausweislich der Begründung des Bescheides richtig erkannt, dass ihm mit Blick auf die Frage, ob ein Einreise- und Aufenthaltsverbot angeordnet wird, Ermessen eröffnet ist. In die Ermessenserwägungen hat das Bundesamt zutreffend eingestellt, ob zu Gunsten der Antragsteller schutzwürdige Belange zu berücksichtigen sind. Da solche Umstände weder von den Antragstellern vorgetragen noch sonst ersichtlich sind, durfte das Bundesamt das Einreise- und Aufenthaltsverbot in rechtmäßiger Weise anordnen.
74Die Befristung des Einreise- und Aufenthaltsverbots auf 10 Monate weist ebenfalls keine Ermessensfehler auf. Die Bemessung der Frist auf 10 Monate steht im Einklang mit § 11 Abs. 7 Satz 5 AufenthG. Im Übrigen hat das Bundesamt alle insofern in die Ermessensentscheidung einzustellenden Umstände berücksichtigt. Auch die Antragsteller haben nicht konkret vorgetragen, welche Umstände das Bundesamt unberücksichtigt gelassen hat.
75Die Befristung des gesetzlichen Einreise- und Aufenthaltsverbots aus § 11 Abs. 1 und 2 AufenthG auf 30 Monate ist ebenfalls rechtmäßig, da sie den Tatbestandsvoraussetzungen des § 11 Abs. 3 Satz 1 und 2 AufenthG entspricht. Die Antragsteller haben keine Umstände benannt, nach denen eine kürzere Befristung in Betracht käme.
76Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 1, 159 Satz 1 VwGO.
77Die Gerichtskostenfreiheit beruht auf § 83b AsylG.
78Dieser Beschluss ist unanfechtbar, § 80 AsylG.
Tenor
Der Antrag wird abgelehnt.
Die Antragsteller tragen die Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens.
1
Gründe:
2Der am 14. Januar 2016 sinngemäß gestellte Antrag,
3die aufschiebende Wirkung der Klage 17 K 257/16.A gegen die in Ziffer 5 des Bescheides des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 19. November 2015 enthaltene Abschiebungsandrohung anzuordnen,
4hat keinen Erfolg.
5I. Der zulässige Antrag ist unbegründet.
6Das Gericht kann die aufschiebende Wirkung der Klage gemäß § 80 Abs. 5 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) i.V.m. Art. 16a Abs. 4 Satz 1 Grundgesetz (GG), § 36 Abs. 4 Satz 1 Asylgesetz (AsylG) nur anordnen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsaktes bestehen. Dies ist nicht der Fall. Der Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) vom 19. November 2015 begegnet insoweit keinen rechtlichen Bedenken.
7Die Antragsteller haben in dem für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage gemäß § 77 Abs. 1 Satz 1 AsylG maßgeblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung keinen Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft gemäß § 3 Abs. 1 AsylG sowie auf Anerkennung als Asylberechtigte gemäß Art. 16a Abs. 1 GG. Unter Berücksichtigung des Vorbringens im Verwaltungsverfahren und im gerichtlichen Verfahren sind sie in Albanien einer asyl- oder flüchtlingsrechtlich relevanten Verfolgung offensichtlich nicht ausgesetzt. Gleiches gilt hinsichtlich des Anspruches auf Zuerkennung subsidiären Schutzes gemäß § 4 Abs. 1 AsylG. Des Weiteren besteht kein Anspruch hinsichtlich der Feststellung nationaler Abschiebungsverbote gemäß §§ 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 Aufenthaltsgesetz (AufenthG). Beachtliche Anhaltspunkte, der Klage entgegen der in § 75 Abs. 1 AsylG getroffenen gesetzlichen Grundentscheidung aufschiebende Wirkung zukommen zu lassen, sind nicht ersichtlich.
8Das Gericht folgt den tragenden Feststellungen und der im Wesentlichen zutreffenden Begründung des angegriffenen ausführlichen Bescheides und sieht deshalb von einer weiteren Darstellung des Tatbestandes und der Entscheidungsgründe – mit Ausnahme der folgenden ergänzenden Ausführungen – ab (§ 77 Abs. 2 AsylG).
91. Ein Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft gemäß § 3 Abs. 1 Nr. 1 AsylG besteht nicht.
10a. Unterstellt der im Rahmen der Anhörung bei dem Bundesamt am 30. Juli 2015 geschilderte Vortrag des Antragstellers zu 1. träfe zu - im Wesentlichen seine Zwangsrekrutierung durch Privatpersonen für Kämpfe in Syrien (wohl IS-Anwerber) und entsprechende Drohungen gegen ihn und seine Familie aufgrund seiner Weigerung dies zu tun -, handelte es sich um keine staatliche oder quasistaatliche Verfolgung im Sinne des § 3c Nr. 1 und 2 AsylG. Sofern von nichtstaatlichen Akteuren im Sinne des § 3c Nr. 3 AsylG (private IS-Anwerber) eine Verfolgung ausginge oder drohte und einer der Verfolgungsgründe nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 AsylG bejaht würde, bestünde selbst dann kein Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft. Denn es stünde nicht erwiesenermaßen fest, die albanischen Sicherheitsbehörden seien nicht willens oder in der Lage, den Antragstellern Schutz vor einem ernsthaften Schaden zu gewähren. Die albanischen Sicherheitsbehörden als Teil des albanischen Staates sind trotz nach wie vor bestehender Defizite generell fähig und willig, vor einem befürchteten Schaden durch hier in Rede stehendes kriminelles Unrecht Schutz zu gewähren, vgl. § 3d Abs. 1 Nr. 1 und 2 AsylG. Im Juni 2014 wurde Albanien der Status des Beitrittskandidaten zur Europäischen Union verliehen. Die Entscheidung des Europäischen Rats war Anerkennung der von Albanien unternommenen Reformmaßnahmen und gleichzeitig eine Ermutigung, notwendige Reformen weiter voranzutreiben. Aus den sich auf den Zeitraum Oktober 2013 bis September 2014 beziehenden Fortschrittsberichten der EU-Kommission ergibt sich, dass Albanien, auch wenn in vielen Bereichen noch Mängel festzustellen sind, u. a. Reformmaßnahmen im Bereich der Justiz und der öffentlichen Verwaltung umgesetzt und Fortschritte im Kampf gegen die Korruption und die organisierte Kriminalität erreicht hat. Der albanische Staat hat Reformwillen nicht nur gezeigt, sondern auch Reformen, gerade im Bereich der Justiz und Verwaltung, nachweisbar auf den Weg gebracht,
11vgl. OVG NRW, Beschluss vom 23. Februar 2015 - 11 A 334/14.A -, juris Rn. 8; VG Düsseldorf, Beschluss vom 23. November 2015 - 17 L 3729/15.A -, juris Rn. 24ff., jew. m.w.N; speziell zur Blutrache: Bundesamt, Blickpunkt Albanien - Blutrache, April 2014, S. 17ff. m.w.N.; Home Office, Country Information and Guidance - Albania: Blood feuds, 2014, S. 6, http://www.refworld.org/docid/53b698e74.html, aufger. am 20. November 2015.
12Dies gilt auch für den Bereich der hier in Rede stehenden Terrorismusbekämpfung und dem Schutz vor Rekrutierungen durch den IS, der gerade in Albanien virulent ist. Meldungen zufolge versuchen islamistische Kreise zunehmend in Albanien Nachwuchs zu rekrutieren. Es wird von rund 140 aktiven Kämpfern aus Albanien ausgegangen, die sich dem IS angeschlossen haben sollen. Bereits im Oktober 2013 wurde daher ein Gesetz gegen Terrorismusfinanzierung verabschiedet. Im Rahmen des Strategie- und Aktionsplans für die Bekämpfung des Terrorismus wurden im Juli 2014 das Strafgesetzbuch und die Strafprozessordnung geändert. Danach können nun Strafen bis zu 15 Jahren für die Beteiligung an einem oder die Rekrutierung für einen bewaffneten Konflikt außerhalb Albaniens verhängt werden. Im Jahr 2014 wurden 13 Personen verhaftet, die in einer Moschee am Stadtrand von Tirana 70 Personen rekrutiert haben sollen. Neun Personen wurden wegen Terrorismus angeklagt, zwei davon waren Imame,
13vgl. zum Ganzen Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Information Albanien, Oktober 2015, S. 23 m.w.N.
14Vor diesem Hintergrund kann nicht festgestellt werden, ein Schutzersuchen der Antragsteller wäre bei der Polizei von vornherein aussichtslos gewesen. Etwas substantiiert Abweichendes haben sie auch nicht vorgetragen, insbesondere ist nicht nachvollziehbar dargelegt, weshalb es ihnen nicht möglich gewesen sein soll, selbst um Schutz bei der Polizei nachzusuchen oder, dass dieser Schutz ihnen erwiesenermaßen verweigert worden wäre. Vielmehr haben die Antragsteller noch nicht einmal ernsthaft in Erwägung gezogen, die Polizei über die vermeintlichen Bedrohungen zu informieren und diese einzuschalten. Damit haben sie sich selbst einer greifbaren Schutzmöglichkeit begeben und sich auf eine bloße durch nichts gestützte oder belegte innere Vermutung verlassen, die Polizei täte nichts.
15Soweit die Antragsteller vortragen, sie seien auch deshalb nicht zur Polizei gegangen, weil sie der Minderheit der Gorani angehörten und die staatlichen Sicherheitskräfte diese nicht schützen würde, ist diese Annahme durch nichts belegt und auch nicht zutreffend. Ausgehend von den eingegangenen völkerrechtlichen Verpflichtungen Albaniens, enthalten die Verfassung und die Einzelgesetze individualrechtliche Diskriminierungs- und Differenzierungsverbote. Mit dem am 4. Februar 2010 verabschiedeten Antidiskriminierungsgesetz besteht ein Regelwerk, mit dem juristisch gegen faktische Übergriffe und Misshandlungen vorgegangen werden kann. Die nationalen Minderheiten sind weitgehend integriert. Die ethnische Gruppe der Goraner (Gorani) gehört dabei zu einer anerkannten Minderheitengruppe, Übergriffe sind nicht bekannt,
16vgl. Bundesasylamt Republik Österreich, Länderinformationsblatt der Staatendokumentation Albanien, August 2013, S. 15 m.w.N.; allg. Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Information Albanien, Oktober 2015, S. 31f.
17Der albanische Staat ist hier demnach bereit und in der Lage, angemessen Schutz gegen tatsächliche Diskriminierungen von Minderheiten zu gewährleisten. Dabei ist nicht erkennbar, der polizeiliche Schutz gestaltete sich im Falle der Zugehörigkeit zu den Gorani anders als der Schutz aller sonstigen albanischen Staatsangehörigen. Selbst der Volksgruppe der Roma zugehörige Personen, deren Lage als Minderheit in Albanien nach wie vor von Besonderheiten geprägt ist, genießen einen solchen Schutz,
18vgl. Auskunft des Auswärtigen Amtes vom 13. November 2014, dort zu Frage 3; Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Republik Albanien vom 10. Juni 2015, S. 6.
19b. Ungeachtet dessen ist die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft gemäß § 3e AsylG ausgeschlossen, weil sich die Antragsteller - ihren Vortrag als wahr unterstellt - auf internen Schutz verweisen lassen müssen. Sie können einer Art. 3 Europäische Menschenrechtskonvention zuwiderlaufenden Behandlung dadurch begegnen, dass sie sich in einem anderen Teil Albaniens niederlassen. Eine innerstaatliche Wohnsitzalternative ist grundsätzlich immer dann gegeben, wenn für eine Person in einem Teil ihres Herkunftslandes keine Gefahr eines ernsthaften Schadens besteht und sie sicher und legal in diesen Landesteil reisen kann, dort aufgenommen wird und vernünftigerweise erwartet werden kann, dass sie sich dort niederlässt, vgl. § 3e Abs. 1 AsylG. Dies ist der Fall. Die Antragsteller können jedenfalls durch Verlegung ihres Wohnsitzes in urbane Zentren anderer - etwa südlicher - Landesteile Albaniens, wo ein Leben in gewisser Anonymität möglich ist, eine etwaige Gefahr für Leib oder Leben abwenden,
20vgl. Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Republik Albanien vom 10. Juni 2015, S. 11; VG Düsseldorf, Urteil vom 12. März 2015 ‑ 6 K 8197/14.A ‑, juris Rn. 63; VG Düsseldorf, Beschluss vom 23. November 2015 - 17 L 3729/15.A -, juris Rn. 38ff.
21Weshalb dies nicht möglich sein soll, legen sie nicht dar, geschweige denn ist von den Antragstellern tatsächlich zunächst ein solcher Umzug vollzogen worden.
22Nach Verlassen des Heimatlandes eingetretene Gründe, die es rechtfertigten von einer begründeten Furcht vor Verfolgung im Sinne des § 3 AsylG auszugehen, haben die Antragsteller ebenso nicht dargelegt.
232. Die Voraussetzungen für eine Anerkennung der Antragsteller als Asylberechtigte gemäß Art. 16a Abs. 1 GG liegen schon deshalb nicht vor, weil sie nach ihren eigenen Angaben über Österreich auf dem Landweg mit dem Bus in die Bundesrepublik Deutschland eingereist sind. Da die Bundesrepublik Deutschland ausschließlich von sicheren Drittstaaten umgeben ist (vgl. § 26a Abs. 2 AsylG i.V.m. Anlage I zu § 26a AsylG), ist die Asylanerkennung hier bei einer Einreise über den Landweg gemäß Art. 16a Abs. 2 Satz 1 GG i.V.m. § 26a Abs. 1 AsylG ausgeschlossen. Ungeachtet dessen liegen - wie unter I. 1. dargelegt - die materiellen Voraussetzungen für die Gewährung des Asylgrundrechts aus denselben Gründen nicht vor, die einer Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft entgegenstehen.
243. Die Antragsteller haben auch keinen Anspruch auf Zuerkennung subsidiären Schutzes gemäß § 4 Abs. 1 AsylG. Sie haben keine stichhaltigen Gründe für die Annahme vorgebracht, ihnen drohte in Albanien ein ernsthafter Schaden gemäß des hier allein ernstlich in Betracht zu ziehenden § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 AsylG durch Folter, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung sowie Bestrafung. Insoweit wird auf die Ausführungen unter I. 1. einschließlich der dort dargelegten Schutzmöglichkeiten in Albanien verwiesen.
254. Schließlich liegen keine zielstaatsbezogenen Abschiebungsverbote in Bezug auf Albanien vor. Für die Antragsteller besteht dort keine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit gemäß § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit. Eine Gefahr im Sinne dieser Norm für die dort benannten Rechtsgüter ist erheblich, wenn eine Beeinträchtigung von besonderer Intensität zu erwarten ist. Das ist insbesondere der Fall, wenn sich der Gesundheitszustand des Ausländers aufgrund zielstaatsbezogener Umstände im Zielstaat wesentlich oder gar lebensbedrohlich verschlechtern würde. Konkret ist eine derartige Gefahr, wenn die Verschlechterung alsbald nach der Rückkehr eintritt,
26vgl. BVerwG, Urteil vom 17. Oktober 2006 - 1 C 18.05, juris Rn. 15; BVerwG, Urteil vom 25. November 1997 - 9 C 58.96, juris Rn. 13.
27Dies ist schon deshalb ausgeschlossen, weil die Behandlung und auch der Zugang zu ihr für sämtliche bezüglich der Antragstellerin zu 2. mit Attest des Arztes für Innere Krankheiten, Psychotherapie, Supervision, Dr. S. , vom 3. September 2015 geltend gemachten psychischen Erkrankungen - ihr Vorliegen unterstellt - (im Wesentlichen Posttraumatisches Belastungssyndrom mit rezidivierenden Panikattacken) in Albanien zureichend gewährleistet ist. Ungeachtet dessen, dass das vorgelegte Attest schon nicht den Anforderungen in der Rechtsprechung genügt, die an die Substantiierung eines Vorbringens psychischer Erkrankungen gestellt werden (u.a. fachärztliches Attest, hinreichende Befundtatsachen, vorgenommene Untersuchungen, im Einzelnen erforderliche Behandlungen),
28vgl. BVerwG, Urteil vom 11. September 2007 - 10 C 17.07 -, juris Rn. 15,
29ist nicht nachvollziehbar vorgetragen, die vorgebrachten Erkrankungen wären in Albanien nicht behandelbar. Entsprechendes ist nach der derzeitigen Auskunftslage auch nicht ersichtlich. Mangels gegenteiliger durchgreifender Erkenntnisse ist eine medizinische und therapeutische Versorgung von psychisch Erkrankten - zumindest medikamentös - auf rechtlich maßgeblichem Landesniveau gewährleistet und zugänglich. Die medizinische Versorgung in staatlichen Krankenhäusern und Polikliniken ist grundsätzlich kostenlos über eine staatliche Krankenversicherung gesichert. Die örtlichen Apotheken bieten ein relativ großes Sortiment von gängigen Medikamenten und es besteht die Möglichkeit, weitere Medikamente aus dem Ausland zu beschaffen,
30vgl. Auskunft der Botschaft der Bundesrepublik Deutschland vom 29. März 2013 - zu Frage 22; s. bereits Auskunft der Botschaft der Bundesrepublik Deutschland vom 3. September 2003; s. zur Erreichbarkeit und Kostenübernahme von Medikamenten Lagebericht des Auswärtigen Amtes vom 10. Juni 2015, S. 13; Schweizerische Flüchtlingshilfe, Albanien: Posttraumatische Belastungsstörung; Blutrache, Auskunft der SFH- Länderanalyse, Stand: 13. Februar 2013, S. 6f..
31Zudem sind insbesondere in Tirana Psychologen und Psychotherapeuten niedergelassen,
32vgl. Botschaft der Bundesrepublik Deutschland; Auskunft vom 1. Juni 2012, Frage 2,
33und Nichtregierungsorganisationen ansässig, die Dienstleistungen für psychisch kranke Personen anbieten,
34vgl. Schweizerische Flüchtlingshilfe, Albanien: Posttraumatische Belastungsstörung; Blutrache vom 13. Februar 2013, S. 7f.
35Dass die Antragstellerin zu 2. im Übrigen überhaupt zwingend auf Medikamente angewiesen wäre, lässt sich ihrem Vortrag und dem Attest nicht entnehmen.
36Sofern auch die Antragstellerin zu 3. unter psychischen Problemen litte (siehe Klageschrift im Verfahren 17 K 257/16.A sowie BA Heft 1, Bl. 100), sind solche - ungeachtet der fehlenden Glaubhaftmachung - entsprechend der obigen Darlegungen für die Antragstellerin zu 2. in Albanien ebenso hinreichend behandelbar.
37Der grundsätzliche Wunsch nach einer besseren Diagnostik und Behandlung in der Bundesrepublik Deutschland ist zwar durchaus nachvollziehbar, vermittelt jedoch für sich keinen Anspruch nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG. Der Asylbewerber muss sich grundsätzlich auf den Behandlungs-, Therapie- und Medikamentationsstandard im Überstellungsstaat verweisen lassen, auch wenn dieser dem hiesigen Niveau nicht entspricht,
38vgl. - zu § 53 Abs. 6 Satz 1 AuslG 1990, heute § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG - OVG NRW, Beschluss vom 5. August 2004 - 13 A 2160/04.A -, juris; VG Düsseldorf, Urteil vom 24. März 2015 ‑ 17 K 2897/14.A ‑, juris Rn. 91f.
39Soweit bezüglich der Antragstellerin zu 2. Einwendungen gegen die Abschiebung selbst erhoben werden, weil an eine „Rückführung … zum jetzigen Zeitpunkt aus therapeutischen Gründen … nicht zu denken“ sei (Attest vom 3. September 2015), ist dies hier rechtsunerheblich, da im Verfahren um die Gewährung internationalen Schutzes bzw. einer Asylanerkennung lediglich zielstaatsbezogene Abschiebungsverbote und nicht inlandsbezogene und sonstige tatsächliche Vollstreckungshindernisse geprüft werden,
40vgl. std. Rspr. -schon zu § 53 AuslG 1990, heute § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG - BVerwG, Urteil vom 21. September 1999 - 9 C 12/99 -, juris Rn. 14 m.w.N.
41II. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Gerichtskosten werden gemäß § 83b AsylG nicht erhoben.
42Der Gegenstandswert ergibt sich aus § 30 Abs. 1 Rechtsanwaltsvergütungsgesetz.
43Der Beschluss ist unanfechtbar, § 80 AsylG.
Tenor
Der Antrag wird abgelehnt.
Die Antragsteller tragen die Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens.
1
Gründe:
2Der am 16. November 2015 sinngemäß gestellte Antrag,
3die aufschiebende Wirkung der Klage 17 K 7649/15.A gegen die in Ziffer 5 des Bescheides des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) vom 9. November 2015 enthaltene Abschiebungsandrohung anzuordnen,
4hat keinen Erfolg.
5I. Der zulässige Antrag ist unbegründet.
6Das Gericht kann die aufschiebende Wirkung der Klage gemäß § 80 Abs. 5 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) i.V.m. Art. 16a Abs. 4 Satz 1 Grundgesetz (GG), § 36 Abs. 4 Satz 1 Asylgesetz (AsylG) nur anordnen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsaktes bestehen. Dies ist nicht der Fall. Der Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 9. November 2015 begegnet insoweit keinen rechtlichen Bedenken.
7Die Antragsteller haben in dem für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage gemäß § 77 Abs. 1 Satz 1 AsylG maßgeblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung keinen Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft gemäß § 3 Abs. 1 AsylG sowie auf Anerkennung als Asylberechtigte gemäß Art. 16a Abs. 1 GG. Darüber hinaus besteht kein Anspruch auf Zuerkennung subsidiären Schutzes gemäß § 4 Abs. 1 AsylG. Unter Berücksichtigung des Vorbringens im Verwaltungsverfahren und im gerichtlichen Verfahren sind die Antragsteller in Albanien einer asyl- oder flüchtlingsrechtlich relevanten Verfolgung offensichtlich nicht ausgesetzt. Des Weiteren besteht kein Anspruch hinsichtlich der Feststellung nationaler Abschiebungsverbote gemäß § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 Aufenthaltsgesetz (AufenthG). Beachtliche Anhaltspunkte, der Klage entgegen der in § 75 Abs. 1 AsylG getroffenen gesetzlichen Grundentscheidung aufschiebende Wirkung zukommen zu lassen, sind nicht ersichtlich.
8Das Gericht folgt den tragenden Feststellungen und der im Wesentlichen zutreffenden Begründung des ausführlichen Bescheides des Bundesamtes vom 9. November 2015 und sieht von einer weiteren Darstellung der Gründe – mit Ausnahme der folgenden ergänzenden Ausführungen – ab (§ 77 Abs. 2 AsylG).
91. Ein Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft gemäß § 3 Abs. 1 AsylG besteht bereits deshalb nicht, weil den Antragstellern in Albanien keine flüchtlingsrechtlich relevante Verfolgung wegen ihrer Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe droht (§ 3 Abs. 1 Nr. 1 AsylG).
10Der Antragsteller zu 1. trägt im Wesentlichen vor, er sei wegen eines Blutrachekonfliktes in die Bundesrepublik Deutschland geflohen. Sein Bruder habe in einem Nachtlokal im Kosovo den Cousin seiner Mutter im Juni 2013 umgebracht. Er sei selbst nicht bei der Tat gewesen. Der Bruder sei daraufhin vor der dortigen Polizei nach Albanien geflohen, habe sich jedoch dann im Kosovo gestellt und sei schließlich wegen der Tat fünf Monate im Kosovo im Gefängnis gewesen. Wann dass genau gewesen sei, erinnere er sich nicht. Gegen Geldzahlung sei sein Bruder vorzeitig frei gekommen. Der Onkel mütterlicherseits habe daraufhin seinen Bruder mit dem Tode bedroht, so dass dieser vor etwa vier Monaten nach Spanien geflohen sei nachdem der Antragsteller zu 1. ihn zuvor versteckt gehalten habe. Vor vier Monaten habe auch er, der Antragsteller, beschlossen, nach Italien auszureisen, er habe dort drei Schwestern und in Albanien außer Vater und Mutter keine Familie mehr. Zudem sei seine Frau, die Antragstellerin zu 2., schwanger gewesen. Er habe so nicht mehr leben können. Direkt von Angesicht zu Angesicht sei er nicht bedroht worden, er habe nur Nachrichten erhalten. Zur Polizei sei er nicht gegangen. Unterlagen über den vermeintlichen Blutrachekonflikt könne er nicht vorlegen, er habe nur solche über die Entlassung seines Bruders aus dem Gefängnis.
11Die Antragstellerin zu 2. trägt maßgeblich vor, sie habe mit einem ihrer Onkel Probleme gehabt, der sie seit ihrem 13. Lebensjahr sehr streng habe erziehen wollen. Nach Abschluss der Ausbildung zur Krankenschwester habe sie sich verlobt und sei von dem Antragsteller zu 1. schwanger geworden. Gegen diese Verbindung sei ihr Onkel gewesen, auch wegen der Konfessionsverschiedenheit zu ihrem Ehemann. Sie sei Muslimin, er Katholik. Anlässlich eines Familienfestes habe dieser Onkel auf sie geschossen. Ihr jüngster Onkel habe eine für sie bestimmte Kugel abbekommen und sei gestorben. Dies belaste sie sehr. Der Onkel sei daraufhin von der Polizei festgenommen worden und befinde sich im Gefängnis.
12Im Rahmen der Verfolgungsmerkmale des § 3 Abs. 1 Nr. 1 AsylG wäre hier allenfalls nach dem geltend gemachten Vortrag beider Antragsteller eine Verfolgung wegen Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe in Betracht zu ziehen. Die von den Antragstellern behauptete Bedrohung von ihnen und gegebenenfalls ihrer Familien durch nichtstaatliche Akteure (vor allem den Onkel mütterlicherseits / älteren Onkel) begründet jedoch nicht die Eigenschaft der „Familie“ als „soziale Gruppe“ im Sinne dieser Norm,
13vgl. OVG Schleswig-Holstein, Urteil vom 27. Januar 2006 – 1 LB 22/05 –, juris Rn. 36ff.; VG Düsseldorf, Urteil vom 12. März 2015 – 6 K 8197/14.A –, juris Rn. 25ff.; VG Düsseldorf, Beschluss vom 14. Oktober 2015 – 17 L 3111/15.A –, n.v.; VG Düsseldorf, Beschluss vom 29. Oktober 2015 ‑ 17 L 3382/15.A ‑, n.v.
14Eine Definition des Begriffs der „sozialen Gruppe“ fehlt zwar im AsylG und ist auch den Gesetzesmaterialien nicht zu entnehmen. Art 10 Abs. 1 lit. d) der Richtlinie 2011/95/EU vom 13. Dezember 2011 lässt sich indes entnehmen, dass eine Gruppe im Sinne der Verfolgungsgründe in dem betreffenden Land einen unveränderlichen Hintergrund sowie eine deutlich abgegrenzte Identität aufweisen muss, da sie von der sie umgebenden Gesellschaft als andersartig betrachtet wird. Diese Abgrenzbarkeit muss schon vor der in Rede stehenden Verfolgung bestehen,
15vgl. zur Richtlinie 2004/83/EG: EuGH, Urteil vom 7. November 2013 – C-199/12 u.a. –, juris Rn. 45; OVG Schleswig-Holstein, Urteil vom 27. Januar 2006 – 1 LB 22/05 –, juris Rn. 38.
16Es ist grundsätzlich davon auszugehen, dass eine Familie durch die alle Mitglieder verbindende Verwandtschaft ein unveränderbares Merkmal teilt. Allerdings wird eine Familie in der Gesellschaft in Albanien in der Regel nicht als von der übrigen Gesellschaft deutlich abgrenzbare Gruppe mit eigener („Gruppen“-)Identität im Sinne von § 3b Abs. 1 Nr. 4 AsylG wahrgenommen. Im Fall der Antragsteller ist dies nicht der Fall. Der Antragsteller zu 1. wird von den Angehörigen des Opfers, das 2013 von seinem Bruder getötet worden sein will, allenfalls als Angehöriger der Familie des „Täters“ bedroht; nur von diesen, nicht auch von (irgendwelchen) anderen Bürgerinnen und Bürgern in Albanien werden sie in diesem Sinne „unterscheidend“ wahrgenommen. Die Unterscheidung, die auf Grund der vermeintlichen Blutracheproblematik getroffen wird, entsteht somit erst durch die Verfolgungshandlung. Ein solcher Fall liegt nicht im Anwendungsbereich des in §§ 3 Abs. 1, 3b Abs. 1 AsylG geschützten Rechtsguts,
17vgl. OVG Schleswig-Holstein, Urteil vom 27. Januar 2006 – 1 LB 22/05 –, juris Rn. 39; OVG Hamburg, Beschluss vom 5. Dezember 2008 – 5 Bf 45/07.AZ –, juris Rn. 23ff.; Sächs.OVG, Urteil vom 26. Februar 2013 – A 4 A 702/08 –, juris Rn. 45; Bay.VGH, Urteil vom 9. August 2010 ‑ 11 B.0930091 ‑, juris Rn. 38; VG Düsseldorf, Urteil vom 12. März 2015 – 6 K 8197/14.A –, juris Rn. 28f.; VG Düsseldorf, Beschluss vom 14. Oktober 2015 – 17 L 3111/15.A –, n.v.; VG Düsseldorf, Beschluss vom 29. Oktober 2015 ‑ 17 L 3382/15.A ‑, n.v.
18Die Antragstellerin zu 2. wird schon nicht als Mitglied einer bestimmten sozialen Gruppe, sondern letztlich wegen ihres individuellen Lebenswandels bedroht. Schwierigkeiten mit den albanischen Behörden haben beide Antragsteller bei ihrer Anhörung am 6. November 2015 nicht angegeben.
192. Die Voraussetzungen für eine Anerkennung der Antragsteller als Asylberechtigte gemäß Art. 16a Abs. 1 GG liegen schon deshalb nicht vor, weil sie nach ihren eigenen Angaben von Albanien aus über Italien und weitere Drittländer auf dem Landweg in die Bundesrepublik Deutschland mithilfe eines Schwagers des Antragstellers zu 1. eingereist sind. Da die Bundesrepublik Deutschland ausschließlich von sicheren Drittstaaten umgeben ist (vgl. § 26a Abs. 2 AsylG i.V.m. Anlage I zu § 26a AsylG), ist die Asylanerkennung hier bei einer Einreise über den Landweg gemäß Art. 16a Abs. 2 Satz 1 GG i.V.m. § 26a Abs. 1 AsylG ausgeschlossen. Ungeachtet dessen liegen auch die materiellen Voraussetzungen für die Gewährung des Asylgrundrechts aus denselben Gründen nicht vor, die einer Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft entgegenstehen.
203. Die Antragsteller haben auch keinen Anspruch auf Zuerkennung subsidiären Schutzes gemäß § 4 Abs. 1 AsylG. Sie haben keine stichhaltigen Gründe für die Annahme vorgebracht, ihnen drohte in Albanien ein ernsthafter Schaden gemäß des hier allein ernstlich in Betracht zu ziehenden § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 AsylG durch Folter, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung sowie Bestrafung.
21a) Hinsichtlich des Antragstellers zu 1. ist bereits unglaubhaft, dass eine Blutfehde mit der Familie des Onkels mütterlicherseits besteht. An den entscheidenden Stellen bei der Anhörung vor dem Bundesamt am 6. November 2015 bleibt sein Vortrag substanzarm und unkonkret. So will die Ermordung seines Cousins durch den Bruder des Antragstellers zu 1. innerhalb der Familie zunächst als Selbsttötung getarnt worden sein. Nach Angaben des Antragstellers hat dies der Onkel mütterlicherseits auch geglaubt. Weshalb die Familie des Antragstellers zu 1. dann dem Onkel die Ermordung ohne Weiteres berichtet und die etwaige Konsequenz einer Blutrachefehde in Kauf genommen haben will, erschließt sich schon nicht. Weiterhin ist wenig nachvollziehbar, weshalb sich der Antragsteller zu 1. sofort nach der angeblichen Tat seines Bruders im Juni 2013 jedenfalls aber nach dessen Freilassung (hier ist der Vortrag widersprüchlich) versteckt gehalten, zugleich indes sein Ladenlokal noch bis Ende April 2015 weitergeführt haben will. Selbst wenn er „einen Manager“ für die Führung des Geschäfts gehabt hätte, ist der Vortrag, die Brüder des Onkels mütterlicherseits hätten sofort mitbekommen, wenn er aus seinem Versteck gegangen wäre und hätten ihn dann töten können, unstimmig zu seiner Einlassung, er habe sich mit seiner Mutter in seinem Lokal getroffen und habe sein Versteck mit ihr verlassen können („Ich bin mit meiner Mutter raus“). Schließlich war es ihm auch möglich unbehelligt seine Frau, die Antragstellerin zu 2., die angeblich getrennt von ihm in ihrem eigenen Haus gelebt haben will, regelmäßig zu sehen, zumal sie von dem Antragsteller zu 1. auch schwanger wurde. Die Antragstellerin zu 2. hat ihn nach ihrem eigenen Vortrag im Übrigen im Mai 2015 in Italien besucht, so dass erkennbar unglaubhaft ist, wenn der Antragsteller zu 1. angibt, er habe sich die ganze Zeit bis zu seiner Ausreise in Albanien versteckt gehalten. Angesichts der behaupteten Bedrohungssituation ist es schließlich nicht nachvollziehbar, weshalb er weder ansatzweise versucht hat, in einen anderen Landesteil Albaniens auszuweichen noch zu irgendeinem Zeitpunkt Kontakt zur Polizei zu suchen bzw. sich an ein Versöhnungskomitee oder eine sonstige Schlichtungsstelle für Blutrachefälle zu wenden. Verfolgungsversuche durch den Onkel mütterlicherseits, geschweige denn hartnäckige, werden letztlich nicht benannt. Die geschilderten Rachenachrichten bleiben unkonkret. Wenn der Antragsteller schließlich behauptet, er wolle die Familie seiner Frau nicht in den Blutrachekonflikt hineinziehen, deswegen könne er zum Teil keine weiteren Angaben machen (Antwort beim Bundesamt: „Jetzt ziehen Sie meine Frau da nicht mit rein“), übersieht er, dass Blutrache sich nach dem „Kanun“, auf den sich der Antragsteller zu 1. selbst namentlich beruft, in erster Linie gegen den Täter und dann männliche Angehörige seiner Sippe richtet, wenn dieser nicht zu fassen ist. Frauen und Kinder sind grundsätzlich ausgenommen und damit nicht nur die Antragstellerin zu 2., sondern deren ganze Familie,
22vgl. Auskunft des Auswärtigen Amtes vom 30. Mai 2015; Bundesamt, Blickpunkt Albanien - Blutrache, April 2014, S. 11.
23Aus dem Vortrag der Antragsteller ergeben sich keine Anhaltspunkte dafür, ausnahmsweise sei die Antragstellerin zu 2. einer solchen Bedrohung durch Teile der Familie ihres Ehemannes ebenfalls ausgesetzt. Es liegt daher die Annahme nahe, dass der Antragsteller zu 1. keiner persönlichen Bedrohungssituation ausgesetzt war.
24b) In der Person der Antragstellerin zu 2. liegen ebenso keine stichhaltige Gründe für die Annahme, sie sie im Falle ihrer Rückkehr nach Albanien mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit einer unmenschlichen Behandlung in Gestalt eines Racheaktes ihres Onkels ausgesetzt, vor. Selbst wenn sich die von ihr geschilderte Auseinandersetzung bei der einer ihrer Onkel auf sie geschossen und statt ihrer den jüngeren Onkel getötet haben will so zugetragen hat, lässt sich die Gefahr eines ernsthaften Schadens für sie nicht beachtlich wahrscheinlich bei Rückkehr mit der gebotenen konkreten Gegenwärtigkeit ableiten. Denn ihr Onkel ist unstreitig verhaftet worden und befindet sich derzeit im Gefängnis; erweisen sich die Tatvorwürfe als wahr hat er offenkundig mit einer mehrjährigen Haftstrafe zu rechnen. Ob er gegen Bestechungsgeld freikommt oder einen gedungenen Mörder gegen sie beauftragt, ist bloße Spekulation und befindet sich nur im möglichen, nicht aber beachtlich wahrscheinlichen Bereich. Auch kann aus dem Umstand, dass ihr Ehemann in einen - vom Gericht hier nicht für glaubhaft befunden - Blutrachekonflikt verwickelt sein will, keine Gefahr für die Antragstellerin zu 2. abgeleitet werden. Wie unter I. 3. a) dargelegt, richtet sich Blutrache in erster Linie gegen den Täter und dann männliche Angehörige seiner Sippe, wenn dieser nicht zu fassen ist. Anhaltspunkte für eine Abweichung hiervon sind weder dargelegt noch sonst ersichtlich.
25c) Darüber hinaus scheidet die Zuerkennung subsidiären Schutzes auch deshalb aus, weil nicht erwiesenermaßen feststeht, dass die albanischen Sicherheitsbehörden nicht willens oder in der Lage sind, beiden Antragstellern Schutz vor einem ernsthaften Schaden durch nichtstaatliche Akteure zu gewähren, vgl. § 4 Abs. 3 i.V.m. § 3c Nr. 3 AsylG. Die albanischen Sicherheitsbehörden sind trotz nach wie vor bestehender Defizite generell fähig und willig, vor einem solchen Schaden durch nichtstaatliche Akteure Schutz zu gewähren, vgl. § 3d Abs. 1 und 2 AsylG. Im Juni 2014 wurde Albanien der Status des Beitrittskandidaten zur Europäischen Union verliehen. Die Entscheidung des Europäischen Rats war Anerkennung der von Albanien unternommenen Reformmaßnahmen und gleichzeitig eine Ermutigung, notwendige Reformen weiter voranzutreiben. Aus den sich auf den Zeitraum Oktober 2013 bis September 2014 beziehenden Fortschrittsberichten der EU-Kommission ergibt sich, dass Albanien, auch wenn in vielen Bereichen noch Mängel festzustellen sind, u. a. Reformmaßnahmen im Bereich der Justiz und der öffentlichen Verwaltung umgesetzt und Fortschritte im Kampf gegen die Korruption und die organisierte Kriminalität erreicht hat. Denn der albanische Staat hat Reformwillen nicht nur gezeigt, sondern auch Reformen, gerade im Bereich der Justiz und Verwaltung, nachweisbar auf den Weg gebracht,
26vgl. OVG NRW, Beschluss vom 23. Februar 2015 - 11 A 334/14.A -, juris Rn. 8 m.w.N; Bundesamt, Blickpunkt Albanien - Blutrache, April 2014, S. 17ff. m.w.N.; Home Office, Country Information and Guidance - Albania: Blood feuds, 2014, S. 6, http://www.refworld.org/docid/53b698e74.html, aufger. am 20. November 2015.
27Diese Anstrengungen erstrecken sich nicht zuletzt unter dem Eindruck gestiegener Asylbewerberzahlen in Europa auch auf das Phänomen der Blutrache, die der albanische Staat verstärkt bekämpft. Der albanische Staat hat spezielle Rechtsvorschriften erlassen bzw. auf den Weg gebracht. So wurde im Zuge der Novellierung des albanischen Strafgesetzbuchs im Jahre 2012 die vorsätzliche Tötung im Kontext mit Blutrache oder Blutfehde mit nunmehr nicht weniger als dreißig Jahren Freiheitsstrafe pönalisiert (Art. 78a). Selbst die Androhung von Blutrache wird mit einer Geldstrafe oder Inhaftierung bis zu drei Jahren bestraft (Art. 83a),
28vgl. Bundesamt, Blickpunkt Albanien - Blutrache, April 2014, S. 18; Home Office, Country Information and Guidance - Albania: Blood feuds, 2014, S. 19, http://www.refworld.org/docid/53b698e74.html, aufger. am 20. November 2015.
29Die Ermittlungen und Strafverfolgungsmaßnahmen haben sich in ihrer Wirksamkeit verbessert. Gerade in Städten Nordalbaniens (Shkoder, Lezhe, Kukes) findet eine aktive Arbeit der Ermittlungsbehörden gegen Blutrache statt. Die Regierung hat die Ermittlungsbehörden zur Strafverfolgung von Blutrachefällen angewiesen, so dass im Jahre 2014 eine Reihe von Tätern angeklagt wurde,
30vgl. Home Office, Country Information and Guidance - Albania: Blood feuds, 2014, S. 6, http://www.refworld.org/docid/53b698e74.html, aufger. am 20. November 2015.
31Seitens des Ombudsmannes wurden zahlreiche Anstrengungen unternommen, staatliche Institutionen und die Öffentlichkeit zu sensibilisieren. Auf sein Bestreben wurde eine Task-Force für die Verfolgung und Untersuchung von Fällen eingerichtet, in denen die Behörden nicht ausreichend eingegriffen hatten,
32vgl. Bundesamt, Blickpunkt Albanien - Blutrache, April 2014, S. 18.
33Vor diesem Hintergrund kann nicht festgestellt werden, dass ein Schutzersuchen des Antragstellers zu 1. bei der Polizei von vornherein aussichtslos gewesen wäre. Etwas substantiiert Abweichendes hat er auch nicht vorgetragen, insbesondere ist nicht nachvollziehbar dargelegt, weshalb es ihm über zwei Jahre lang nach dem vermeintlichen Vorfall hinweg nicht möglich gewesen sein soll, selbst um Schutz bei der Polizei nachzusuchen oder, dass dieser Schutz ihm erwiesenermaßen verweigert worden wäre. Die Einlassung, er könne der Polizei nicht sagen, dass er „umgebracht“ werden solle, weil sein Onkel mütterlicherseits dieses Recht einfordere, ist kein beachtlicher Grund, nicht zu den Sicherheitskräften zu gehen. Für die Schutzwilligkeit und -fähigkeit der Polizei bei innerfamiliären Konflikten spricht gerade im Übrigen der Fall der Antragstellerin zu 2. - wenngleich es sich dabei eher um kriminelles Unrecht und weniger um eine Blutracheproblematik handeln dürfte -, denn dort hat sie den Onkel der Antragstellerin verhaftet. Es gibt auch entgegen der Ansicht der Antragstellerin keine Anhaltspunkte, die Polizei würde bei einem religiösen privaten Konflikt (familiärer Unmut, weil die Antragsteller konfessionsverschieden geheiratet haben) nicht einschreiten. Ungeachtet dessen, dass schon allgemein keine Religionsgemeinschaft durch staatliche Maßnahmen bevorzugt oder diskriminiert wird und keine maßgeblichen religiös motivierten Konflikte existieren,
34vgl. Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Republik Albanien vom 10. Juni 2015, S. 7,
35ist die Polizei ja gerade auch tatsächlich im Falle der Antragstellerin bereits eingeschritten. Weshalb dies nicht bei einem erneuten Bedrohungspotential noch einmal möglich sein sollte, verbleibt unklar.
36Lediglich am Rande wird angemerkt, dass es dem Antragsteller zu 1. im Rahmen der unterstellten Blutracheproblematik weiter möglich und zumutbar wäre, das Nationale Versöhnungskomitee oder andere Stellen die in diesem Bereich tätig sind einzuschalten,
37vgl. Bundesamt, Blickpunkt Albanien - Blutrache, April 2014, S. 13f.,
38um eine Versöhnung oder Einigung herbeizuführen.
39d) Ungeachtet dessen ist die Zuerkennung subsidiären Schutzes gemäß § 4 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. § 3e AsylG ausgeschlossen, weil sich beide Antragsteller -selbst ihren Vortrag als wahr unterstellt - auf internen Schutz verweisen lassen müssen. Sie können einer Art. 3 Europäische Menschenrechtskonvention zuwiderlaufenden Behandlung dadurch begegnen, dass sie sich in einem anderen Teil Albaniens niederlassen. Eine innerstaatliche Wohnsitzalternative ist grundsätzlich immer dann gegeben, wenn für eine Person in einem Teil ihres Herkunftslandes keine Gefahr eines ernsthaften Schadens besteht und sie sicher und legal in diesen Landesteil reisen kann, dort aufgenommen wird und vernünftigerweise dort erwartet werden kann, dass sie sich dort niederlässt, vgl. § 4 Abs. 3 Satz 2 i.V.m. § 3e Abs. 1 AsylG. Dies ist hier der Fall. Die Antragsteller können jedenfalls durch Verlegung ihres Wohnsitzes in urbane Zentren anderer - vor allem südlicher - Landesteile Albaniens, wo ein Leben in gewisser Anonymität möglich ist, eine etwaige Gefahr für Leib oder Leben abwenden,
40vgl. Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Republik Albanien vom 10. Juni 2015, S. 11; VG Düsseldorf, Urteil vom 12. März 2015 ‑ 6 K 8197/14.A ‑, juris Rn. 63; VG Düsseldorf, Beschluss vom 14. Oktober 2015 – 17 L 3111/15.A –, n.v.; VG Düsseldorf, Beschluss vom 29. Oktober 2015 – 17 L 3382/15.A –, n.v.
41Weshalb dies nicht möglich sein soll, legen sie nicht dar. Soweit die Antragstellerin zu 2. angibt, Albanien sei dafür zu klein, ist diese Behauptung zu pauschal und überzeugt nicht, zumal weder die Antragsteller den Versuch unternommen haben, ihren Wohnort (wohl W. in der Nähe von U. ) innerhalb Albaniens in eine andere größere Stadt zu verlegen noch greifbare Anhaltspunkte dafür bestehen, die Opferfamilie im Falle des Antragstellers zu 1. und der Onkel im Falle der Antragstellerin zu 2. hätten ein Interesse daran und auch entsprechende Möglichkeiten, die Antragsteller andernorts zu finden, um eine ‑ vom Gericht bereits nicht angenommene ‑ „Blut“-rache oder sonstiges kriminelles Unrecht auszuführen.
424. Schließlich liegen keine zielstaatsbezogenen Abschiebungsverbote in Bezug auf Albanien vor. Für die Antragsteller besteht in Albanien keine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit gemäß § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit. Eine Gefahr im Sinne dieser Norm für die dort benannten Rechtsgüter ist erheblich, wenn eine Beeinträchtigung von besonderer Intensität zu erwarten ist. Das ist insbesondere der Fall, wenn sich der Gesundheitszustand des Ausländers aufgrund zielstaatsbezogener Umstände im Zielstaat wesentlich oder gar lebensbedrohlich verschlechtern würde. Konkret ist eine derartige Gefahr, wenn die Verschlechterung alsbald nach der Rückkehr eintritt,
43vgl. BVerwG, Urteil vom 17. Oktober 2006 - 1 C 18.05, juris Rn. 15; BVerwG, Urteil vom 25. November 1997 - 9 C 58.96, juris Rn. 13.
44Aus den vorgenannten Gründen unter I. 3. a) haben die Antragsteller keine erhebliche Gefährdungssituation mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit vorgetragen. Gleiches gilt für die von der Antragstellerin zu 2. weiter geltend gemachte psychische Erkrankung. Sie hat bei der Anhörung vor dem Bundesamt am 6. November 2015 vorgetragen, sie sei wegen der Geschehnisse mit ihrem Onkel alle zwei Wochen in psychologischer Behandlung in Albanien gewesen. Diese sei privat finanziert worden. Unterlagen, Atteste oder ähnliches habe sie nicht dabei.
45Die vermeintlichen psychischen Probleme der Antragstellerin wurden bereits nicht hinreichend substantiiert dargelegt. Zur Substantiierung eines Sachvortrags, der das Vorliegen einer behandlungsbedürftigen psychischen Erkrankung zum Gegenstand hat, gehört regelmäßig die Vorlage eines gewissen Mindestanforderungen genügenden fachärztlichen Attestes. Aus diesem muss sich nachvollziehbar ergeben, auf welcher Grundlage der Facharzt seine Diagnose gestellt hat und wie sich die Krankheit im konkreten Fall darstellt. Dazu gehören etwa Angaben darüber, seit wann und wie häufig sich der Patient in ärztlicher Behandlung befunden hat und ob die von ihm geschilderten Beschwerden durch die erhobenen Befunde bestätigt werden. Des Weiteren sollte das Attest Aufschluss über die Schwere der Krankheit, deren Behandlungsbedürftigkeit sowie den bisherigen Behandlungsverlauf (Medikation und Therapie) geben,
46vgl. BVerwG, Urteil vom 11. September 2007 – 10 C 8/07 –, juris Rn. 15.
47Ungeachtet dessen ist aber auch nicht zu erkennen, die Antragstellerin zu 2. wäre bei einer Rückkehr nach Albanien einer drohenden erheblichen Gesundheitsgefahr aufgrund der unterstellten psychischen Erkrankung ausgesetzt. Mangels gegenteiliger durchgreifender Erkenntnisse ist eine medizinische und therapeutische Versorgung von psychisch Erkrankten -zumindest medikamentös- in Albanien auf rechtlich maßgeblichem Landesniveau gewährleistet und auch zugänglich. Die medizinische Versorgung in staatlichen Krankenhäusern und Polikliniken ist grundsätzlich kostenlos über eine staatliche Krankenversicherung gesichert. Die örtlichen Apotheken bieten ein relativ großes Sortiment von gängigen Medikamenten und es besteht die Möglichkeit, weitere Medikamente aus dem Ausland zu beschaffen,
48vgl. Auskunft der Botschaft der Bundesrepublik Deutschland vom 29. März 2013 - zu Frage 22; s. bereits Auskunft der Botschaft der Bundesrepublik Deutschland vom 3. September 2003; s. zur Erreichbarkeit und Kostenübernahme von Medikamenten Lagebericht des Auswärtigen Amtes vom 10. Juni 2015, S. 13; Schweizerische Flüchtlingshilfe, Albanien: Posttraumatische Belastungsstörung; Blutrache, Auskunft der SFH- Länderanalyse, Stand: 13. Februar 2013, S. 6f..
49Dass die Antragstellerin zu 2. im Übrigen überhaupt zwingend auf Medikamente angewiesen wäre, lässt sich ihrem Vortrag auch nicht entnehmen. Schließlich ist nicht ersichtlich, sie könne in Albanien nicht etwaige Behandlungskosten tragen, denn bereits vor ihrer Ausreise hat sie die psychologische Behandlung aus privaten Einnahmen beglichen.
50II. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Gerichtskosten werden gemäß § 83b AsylG nicht erhoben.
51Der Gegenstandswert ergibt sich aus § 30 Abs. 1 Rechtsanwaltsvergütungsgesetz.
52Der Beschluss ist unanfechtbar, § 80 AsylG.
Tenor
Der Antrag wird abgelehnt.
Die Antragsteller tragen die Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens.
1
Gründe:
2Der am 20. Oktober 2015 sinngemäß gestellte Antrag,
3die aufschiebende Wirkung der Klage 17 K 7041/15.A gegen die in Ziffer 5 des Bescheides des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) vom 13. Oktober 2015 enthaltene Abschiebungsandrohung anzuordnen,
4hat keinen Erfolg.
5I. Der zulässige Antrag ist unbegründet.
6Das Gericht kann die aufschiebende Wirkung der Klage gemäß § 80 Abs. 5 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) i.V.m. Art. 16a Abs. 4 Satz 1 Grundgesetz (GG), § 36 Abs. 4 Satz 1 Asylgesetz (AsylG) nur anordnen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsaktes bestehen. Dies ist nicht der Fall. Der Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 13. Oktober 2015 begegnet insoweit keinen rechtlichen Bedenken.
7Die Antragsteller haben in dem für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage gemäß § 77 Abs. 1 Satz 1 AsylG maßgeblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung keinen Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft gemäß § 3 Abs. 1 AsylG sowie auf Anerkennung als Asylberechtigte gemäß Art. 16a Abs. 1 GG. Darüber hinaus besteht kein Anspruch auf Zuerkennung subsidiären Schutzes gemäß § 4 Abs. 1 AsylG. Unter Berücksichtigung des Vorbringens im Verwaltungsverfahren und im gerichtlichen Verfahren sind die Antragsteller in Albanien einer asyl- oder flüchtlingsrechtlich relevanten Verfolgung offensichtlich nicht ausgesetzt. Des Weiteren besteht kein Anspruch hinsichtlich der Feststellung nationaler Abschiebungsverbote gemäß § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 Aufenthaltsgesetz (AufenthG). Beachtliche Anhaltspunkte, der Klage entgegen der in § 75 Abs. 1 AsylG getroffenen gesetzlichen Grundentscheidung aufschiebende Wirkung zukommen zu lassen, sind nicht ersichtlich.
8Das Gericht folgt mit der Maßgabe, dass nach Art. 15 Abs. 1 Asylverfahrensbeschleunigungsgesetz vom 20. Oktober 2015 (BGBl. I S. 1722) insoweit nicht die Normen des bis zum Ablauf des 23. Oktober 2015 geltenden Asylverfahrensgesetzes, sondern die des nunmehr geltenden Asylgesetzes Anwendung finden (vgl. § 77 Abs. 1 Satz 1 AsylG) und hinsichtlich S. 7 letzter Absatz des angegriffenen Bescheides es zutreffend „für den Antragsteller zu 3“ heißen muss, den tragenden Feststellungen und der im Wesentlichen zutreffenden Begründung des Bescheides des Bundesamtes vom 13. Oktober 2015 und sieht von einer weiteren Darstellung der Gründe – mit Ausnahme der folgenden ergänzenden Ausführungen – ab (§ 77 Abs. 2 AsylG).
91. Ein Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft gemäß § 3 Abs. 1 AsylG besteht bereits deshalb nicht, weil den Antragstellern in Albanien keine flüchtlingsrechtlich relevante Verfolgung wegen ihrer Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe droht (§ 3 Abs. 1 Nr. 1 AsylG). Sie haben bei der Anhörung vor dem Bundesamt am 13. Oktober 2015 selbst vorgebracht, sie hätten keine Schwierigkeiten mit den albanischen Behörden oder mit Privatpersonen gehabt.
102. Die Voraussetzungen für eine Anerkennung der Antragsteller als Asylberechtigte gemäß Art. 16a Abs. 1 GG liegen schon deshalb nicht vor, weil sie nach ihren eigenen Angaben von Albanien aus über Italien und weitere Drittländer auf dem Landweg in die Bundesrepublik Deutschland eingereist sind. Da die Bundesrepublik Deutschland ausschließlich von sicheren Drittstaaten umgeben ist (vgl. § 26a Abs. 2 AsylG i.V.m. Anlage I zu § 26a AsylG), ist die Asylanerkennung hier bei einer Einreise über den Landweg gemäß Art. 16a Abs. 2 Satz 1 GG i.V.m. § 26a Abs. 1 AsylG ausgeschlossen. Ungeachtet dessen liegen auch die materiellen Voraussetzungen für die Gewährung des Asylgrundrechts aus denselben Gründen nicht vor, die einer Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft entgegenstehen.
113. Die Antragsteller haben auch keinen Anspruch auf Zuerkennung subsidiären Schutzes gemäß § 4 Abs. 1 AsylG. Sie haben keine stichhaltigen Gründe für die Annahme vorgebracht, ihnen drohte in Albanien ein ernsthafter Schaden gemäß des hier allein ernstlich in Betracht zu ziehenden § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 AsylG durch Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung. Die Antragsteller zu 1) und 2) gaben bei ihrer Anhörung an, allein wegen der Erkrankung ihres Sohnes, des Antragstellers zu 3), in die Bundesrepublik gekommen zu sein.
124. Schließlich liegen keine zielstaatsbezogenen Abschiebungsverbote in Bezug auf Albanien vor. Für den allein ernstlich in Rede stehenden fast achtjährigen Antragsteller zu 3) besteht in Albanien keine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit gemäß § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit.
13Eine Gefahr im Sinne dieser Norm für die dort benannten Rechtsgüter ist erheblich, wenn eine Beeinträchtigung von besonderer Intensität zu erwarten ist. Das ist insbesondere der Fall, wenn sich der Gesundheitszustand des Ausländers aufgrund zielstaatsbezogener Umstände im Zielstaat wesentlich oder gar lebensbedrohlich verschlechtern würde. Konkret ist eine derartige Gefahr, wenn die Verschlechterung alsbald nach der Rückkehr eintritt,
14vgl. BVerwG, Urteil vom 17. Oktober 2006 - 1 C 18.05, juris Rn. 15; BVerwG, Urteil vom 25. November 1997 - 9 C 58.96, juris Rn. 13.
15Dies ist schon deshalb ausgeschlossen, weil die Behandlung und auch der Zugang zu ihr für sämtliche bezüglich des Antragstellers zu 3) geltend gemachte Erkrankungen in Albanien zureichend gewährleistet ist. Daher kann offen bleiben, ob der Antragsteller tatsächlich an den vorgebrachten Erkrankungen, nämlich Autismus und Epilepsie leidet. Der Notfall-/Vertretungsschein einer Dr. B. T. vom L. Notdienst vom 2. Oktober 2015 weist insoweit die benannten Erkrankungen auf. Diese Bescheinigung genügt nicht den Anforderungen in der Rechtsprechung, die an die Substantiierung eines Vorbringens psychischer Erkrankungen gestellt werden (u.a. fachärztliches Attest, hinreichende Befundtatsachen, vorgenommene Untersuchungen, im Einzelnen erforderliche Behandlungen)
16vgl. BVerwG, Urteil vom 11. September 2007 - 10 C 17/07, juris Rn. 15,
17Eine weitere Bescheinigung des Universitätsklinikums B1. vom 6. Oktober 2015 spricht allein von „fragliche[r] Epilepsie“, Autismus wird nicht erwähnt, wohl aber eine geistige Behinderung. Ungeachtet dessen und sämtliche behaupteten Erkrankungen unterstellt, ist nicht nachvollziehbar vorgetragen, diese wären in Albanien nicht behandelbar. Entsprechendes ist nach der derzeitigen Erkenntnislage nicht ersichtlich.
18Speziell Epilepsie kann in Albanien - auch bei Kindern - hinreichend auf entsprechendem (rechtlich maßgeblichen) Landesniveau behandelt werden, auch gibt es verfügbare einschlägige Medikamente; Wartelisten für eine Behandlung gibt es keine; ein Rückkehrer kann zunächst den Hausarzt konsultieren, der dann eine Überweisung an einen Neurologen ausstellt; der Neurologe muss nicht von der Familie bezahlt werden,
19vgl. Auskunft IOM vom 20. Juni 2014 (7-jähriges Mädchen); Auskunft der Botschaft der Bundesrepublik Deutschland vom 8. März 2006.
20Es ist weiter nicht zu erkennen, der Antragsteller zu 3) wäre bei einer Rückkehr nach Albanien einer drohenden erheblichen Gesundheitsgefahr aufgrund des - unterstellten - Autismus oder seiner geistigen Behinderung ausgesetzt. Mangels gegenteiliger durchgreifender Erkenntnisse ist eine medizinische und therapeutische Versorgung von psychisch Erkrankten -zumindest medikamentös- in Albanien gewährleistet und auch zugänglich. Die medizinische Versorgung in staatlichen Krankenhäusern und Polikliniken ist ‑ ungeachtet der in der Praxis regelmäßig anfallenden Zuzahlungen – grundsätzlich kostenlos über eine staatliche Krankenversicherung gesichert. Die örtlichen Apotheken bieten ein relativ großes Sortiment von gängigen Medikamenten und es besteht die Möglichkeit, weitere Medikamente aus dem Ausland zu beschaffen. Behinderte haben ferner für über die medizinische Behandlung hinausgehende Leistungen einen rechtlichen Anspruch darauf, ihre Kosten (teilweise) erstattet zu bekommen und auf bestimmte Invalidenleistungen,
21vgl. Auskunft der Botschaft der Bundesrepublik Deutschland vom 26. Juni 2014 - zu Frage 9 und vom 29. März 2013 - zu Frage 22; Auskunft IOM, Auskunft vom 30. Juli 2014; s. bereits Auskunft der Botschaft der Bundesrepublik Deutschland vom 3. September 2003; s. zur Erreichbarkeit und Kostenübernahme von Medikamenten Lagebericht des Auswärtigen Amtes vom 10. Juni 2015, S. 13.
22Darüber hinaus wird der Antragsteller zu 3) in seiner Heimat nicht alleine dastehen, sondern weiterhin - wie bisher auch - von seinen Eltern, den Antragstellern zu 1) und 2), versorgt werden. Es ist nicht ersichtlich, diese seien nicht in der Lage, die für die Förderung gegebenenfalls (teilweise) anfallenden Kosten aufzubringen, zumal der Antragsteller zu 3) nach eigener Auskunft des Antragstellers zu 1) schon 2-3 Jahre von Spezialisten in einer Privatklinik in U. behandelt wurde und teilweise auch in Mazedonien. Der Antragsteller zu 1) hat als Tierarzt gearbeitet und konnte seinen Angaben zufolge die Behandlung ohne Weiteres finanzieren. Die Antragstellerin zu 2) arbeitete als Lehrerin. Warum eine weitere Finanzierung bei Rückkehr nicht der Fall sein sollte ist nicht erkennbar.
23Der Wunsch der Eltern, eine bessere Diagnostik und Behandlung mit moderneren Behandlungsansätzen in der Bundesrepublik Deutschland für ihr Kind zu erlangen, ist zwar ohne Weiteres verständlich, vermittelt jedoch für sich keinen Anspruch nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG. Der Asylbewerber muss sich grundsätzlich auf den Behandlungs‑, Therapie- und Medikamentationsstandard im Überstellungsstaat verweisen lassen, auch wenn dieser dem hiesigen Niveau nicht entspricht,
24vgl. -zu § 53 Abs. 6 Satz 1 AuslG 1990, heute § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG- OVG NRW, Beschluss vom 5. August 2004 - 13 A 2160/04.A, juris; VG Düsseldorf, Urteil vom 24. März 2015 ‑ 17 K 2897/14.A, juris Rn. 91f.
25II. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Gerichtskosten werden gemäß § 83b AsylG nicht erhoben.
26Der Gegenstandswert ergibt sich aus § 30 Abs. 1 Rechtsanwaltsvergütungsgesetz.
27Der Beschluss ist unanfechtbar, § 80 AsylG.
Tenor
Der Antrag wird abgelehnt.
Die Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens tragen die Antragsteller.
1
Gründe:
2Der am 8. Oktober 2015 sinngemäß gestellte Antrag,
3die aufschiebende Wirkung der Klage 17 K 6783/15.A gegen die in Ziffer 5 des Bescheides des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 28. September 2015 enthaltene Abschiebungsandrohung anzuordnen,
4hat keinen Erfolg.
5I. Der zulässige Antrag ist unbegründet.
6Das Gericht kann die aufschiebende Wirkung der Klage gemäß § 80 Abs. 5 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) i.V.m. Art. 16a Abs. 4 Satz 1 Grundgesetz (GG), § 36 Abs. 4 Satz 1 Asylverfahrensgesetz (AsylVfG) nur anordnen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsaktes bestehen. Dies ist hier nicht der Fall. Der Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) vom 28. September 2015 begegnet keinen rechtlichen Bedenken im vorgenannten Sinne.
7Die Antragsteller haben in dem nach § 77 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG maßgeblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung keinen Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft gemäß § 3 Abs. 1 AsylVfG sowie auf Anerkennung als Asylberechtigte gemäß Art. 16a Abs. 1 GG. Darüber hinaus besteht kein Anspruch auf Zuerkennung subsidiären Schutzes gemäß § 4 Abs. 1 AsylVfG. Unter Berücksichtigung des Vorbringens im Verwaltungsverfahren und im gerichtlichen Verfahren sind die Antragsteller in Albanien einer asyl- oder flüchtlingsrechtlich relevanten Verfolgung offensichtlich nicht ausgesetzt. Des Weiteren besteht kein Anspruch hinsichtlich der Feststellung nationaler Abschiebungsverbote gemäß § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 Aufenthaltsgesetz (AufenthG).
8Das Gericht folgt insoweit den Feststellungen und der Begründung des Bescheides des Bundesamtes vom 28. September 2015 und sieht von einer weiteren Darstellung der Gründe – mit Ausnahme der folgenden ergänzenden Ausführungen – ab (§ 77 Abs. 2 AsylVfG).
91. Die Voraussetzungen für eine Anerkennung der Antragsteller als Asylberechtigte gemäß Art. 16a Abs. 1 GG liegen schon deshalb nicht vor, weil sie nach ihren Angaben mit dem Pkw von Albanien aus über Montenegro, Kroatien, Slowenien und Österreich auf dem Landweg in die Bundesrepublik Deutschland eingereist sind. Da die Bundesrepublik Deutschland ausschließlich von sicheren Drittstaaten, nämlich den Mitgliedsstaaten der Europäischen Union, der Schweiz und Norwegen umgeben ist (vgl. § 26a Abs. 2 AsylVfG i.V.m. Anlage I zu § 26a AsylVfG), ist die Asylanerkennung bei einer Einreise über den Landweg gemäß Art. 16a Abs. 2 Satz 1 GG i.V.m. § 26a Abs. 1 AsylVfG von vornherein ausgeschlossen.
102. Es besteht für die Antragsteller in Bezug auf Albanien kein nationales Abschiebungsverbot gemäß § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG.
11Insbesondere für den Antragsteller zu 1) besteht unter Berücksichtigung der im Verwaltungsverfahren und im gerichtlichen Verfahren vorgelegten ärztlichen Bescheinigungen und Stellungnahmen,
12vgl. folgende den Antragsteller zu 1) betreffende ärztliche Dokumente: Dr. med. K. O. (Facharzt für Allgemeinmedizin und Anästhesiologie) vom 15. Juli 2015, 21. Juli 2015 und 8. Oktober 2015; Universitätsklinikum E. – Klinik für Endokrinologie und Diabetologie vom 9. August 2015, 9. September 2015 und 12. Oktober 2015; I. Klinikum X. – Klinik für Endokrine Chirurgie vom 17. Dezember 2014 und 11. Februar 2015; S. – Gesellschaft für Medizinische Versorgungszentren mbH vom 25. November 2014,
13im Falle seiner Rückkehr nach Albanien keine erhebliche konkrete Gefahr für Leib oder Leben im Sinne von § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG.
14Den vorzitierten ärztlichen Unterlagen ist im Wesentlichen zu entnehmen, dass beim Antragsteller zu 1) eine Vergrößerung der Schilddrüse (Struma Nodosa) und ein papilläres Mikrokarzinom der Schilddrüse diagnostiziert worden ist, weshalb am 5. Februar 2015 eine operative Entfernung der Schilddrüse (Thyreoidektomie) ohne Entfernung der Nebenschilddrüse (Parathyreoidektomie) durchgeführt wurde. Weitere chirurgische Therapien und eine Radiojodtherapie waren nicht indiziert. Erforderlich ist indes eine Substitutionsbehandlung mit dem Schilddrüsenhormon Levothyroxin. Postoperativ entwickelte sich beim Antragsteller zu 1) bedingt durch einen Hypoparathyreoidismus (Unterfunktion der Nebenschilddrüse) eine schwere und symptomatische Hypocalcämie (Verminderung des Calciumspiegels im Blutserum), d.h. eine seltene Komplikation im postoperativen Verlauf, die unbehandelt zum Tod des Patienten führen kann. Vor diesem Hintergrund ist im weiteren Verlauf eine regelmäßige ambulante medizinische Kontrolle der hochdosierten Substitution von aktiviertem Vitamin D und Calcium notwendig. Ferner bedarf es aufgrund des papillären Schilddrüsenkarzinoms einer lebenslangen Nachsorge und Kontrolle der Schilddrüsensubstitution, um die Wahrscheinlichkeit eines Rezidivs zu reduzieren.
15Aus den ärztlichen Unterlagen ergeben sich keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass dem Antragsteller zu 1) bei einer Rückführung nach Albanien infolge der bestehenden Schilddrüsenerkrankung aufgrund zielstaatsbezogener Umstände eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib oder Leben droht. Insbesondere eine zielstaatsbezogene Verschlimmerung des Krankheitsbildes ist weder ersichtlich noch dargetan. Zwar können die tatbestandlichen Voraussetzungen für ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG bereits dann erfüllt sein, wenn sich die Krankheit eines ausreisepflichtigen Ausländers im Zielstaat verschlimmert, weil die Behandlungsmöglichkeiten dort faktisch unzureichend sind. Erforderlich, aber auch ausreichend für das Vorliegen der Voraussetzungen des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG ist in diesen Fällen, dass sich die vorhandene Erkrankung des Ausländers aufgrund zielstaatsbezogener Umstände in einer Weise verschlimmert, die zu einer erheblichen und konkreten Gefahr für Leib oder Leben führt, d.h. das eine wesentliche Verschlimmerung der Erkrankung alsbald nach der Rückkehr des Ausländers droht. Die befürchtete Verschlimmerung der gesundheitlichen Beeinträchtigungen als Folge fehlender Behandlungsmöglichkeiten im Zielland der Abschiebung muss jedoch zu einer erheblichen Gesundheitsgefahr führen, also eine Gesundheitsbeeinträchtigung von besonderer Intensität erwarten lassen. Das wäre der Fall, wenn sich der Gesundheitszustand wesentlich oder sogar lebensbedrohlich verschlechtern würde,
16vgl. BVerwG, Beschluss vom 17. August 2011 – 10 B 13.11, 10 B 1310 B 13.11, 10 PKH 10 PKH 11.11 –, juris Rn. 3; BVerwG, Urteil vom 17. Oktober 2006 – 1 C 18.05 –, juris Rn. 15; BVerwG, Beschluss vom 24. Mai 2006 – 1 B 118.05 –, juris Rn. 4.
17Abschiebungsschutz nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG soll dem Ausländer keine Heilung von Krankheit unter Einsatz des sozialen Netzes der Bundesrepublik Deutschland sichern, sondern ihn allein vor gravierenden Beeinträchtigungen seiner Rechtsgüter Leib und Leben bewahren,
18vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 20. September 2006 – 13 A 1740/05.A –, juris Rn. 31.
19Dies zugrunde gelegt ist eine alsbald nach der Rückkehr in den Zielstaat eintretende wesentliche oder sogar lebensbedrohliche Verschlechterung des Gesundheitszustandes des Antragstellers zu 1) allein deshalb nicht zu erwarten, weil die erforderliche postoperative ärztliche und medikamentöse Behandlung des Antragstellers zu 1) nach der derzeitigen Erkenntnislage auch in Albanien erfolgen kann,
20vgl. Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Republik Albanien vom 10. Juni 2015 (Stand: Mai 2015), S. 13; Bundesasylamt Republik Österreich, Länderinformationsblatt der Staatendokumentation Albanien, Stand: August 2013, S. 18 f.; Schweizerische Flüchtlingshilfe, Albanien: Posttraumatische Belastungsstörung, Blutrache, Auskunft der SFH- Länderanalyse, Stand: 13. Februar 2013, S. 4 ff.
21Hiernach kann die medizinische Versorgung in staatlichen Krankenhäusern und Polikliniken grundsätzlich kostenlos in Anspruch genommen werden. Die Versorgung mit Medikamenten stellt kein Problem dar. Die örtlichen Apotheken bieten ein relativ großes Sortiment von gängigen Medikamenten an, die zum großen Teil aus der EU importiert werden. Darüber hinaus besteht die Möglichkeit, weitere Medikamente aus dem Ausland zu beschaffen. Das staatliche Institut für Gesundheitsversicherungen (sog. Health Insurance Institute – HII –) trägt in Albanien die Kosten für primäre Gesundheitsversorgung und erstattet die Kosten für gewisse Medikamente zurück. Vollständig versicherte Personengruppen sind Pensionierte, Arbeitslose, Studierende, Kinder und Jugendliche bis 18 Jahre. Ebenfalls abgedeckt sind Personen, die an Krebs, Tuberkulose oder Multiple Sklerose erkrankt sind, eine Nierentransplantation benötigen oder an durch chronisches Nierenversagen induzierte Anämie oder Thalassämie leiden. Die staatliche Krankenversicherung übernimmt in der Regel die Kosten für das billigste vorhandene Generikum bei Standard-Medikamenten. Sofern nicht sämtliche Kosten übernommen werden, sind vom Patienten gegebenenfalls Zuzahlungen zu leisten,
22vgl. Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Republik Albanien vom 10. Juni 2015 (Stand: Mai 2015), S. 13; Bundesasylamt Republik Österreich, Länderinformationsblatt der Staatendokumentation Albanien, Stand: August 2013, S. 18 f.; Schweizerische Flüchtlingshilfe, Albanien: Posttraumatische Belastungsstörung; Blutrache, Auskunft der SFH- Länderanalyse, Stand: 13. Februar 2013, S. 4 ff.
23Vor diesem Hintergrund bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass die vom Antragsteller zu 1) aktuell benötigten Medikamente in Albanien nicht erhältlich sind.
24II. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Gerichtskosten werden gemäß § 83b AsylVfG nicht erhoben.
25Der Gegenstandswert ergibt sich aus § 30 Abs. 1 Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG).
26Dieser Beschluss ist unanfechtbar, § 80 AsylVfG.
(1) In den Fällen der Unzulässigkeit nach § 29 Absatz 1 Nummer 2 und 4 und der offensichtlichen Unbegründetheit des Asylantrages beträgt die dem Ausländer zu setzende Ausreisefrist eine Woche.
(2) Das Bundesamt übermittelt mit der Zustellung der Entscheidung den Beteiligten eine Kopie des Inhalts der Asylakte. Der Verwaltungsvorgang ist mit dem Nachweis der Zustellung unverzüglich dem zuständigen Verwaltungsgericht zu übermitteln.
(3) Anträge nach § 80 Abs. 5 der Verwaltungsgerichtsordnung gegen die Abschiebungsandrohung sind innerhalb einer Woche nach Bekanntgabe zu stellen; dem Antrag soll der Bescheid des Bundesamtes beigefügt werden. Der Ausländer ist hierauf hinzuweisen. § 58 der Verwaltungsgerichtsordnung ist entsprechend anzuwenden. Die Entscheidung soll im schriftlichen Verfahren ergehen; eine mündliche Verhandlung, in der zugleich über die Klage verhandelt wird, ist unzulässig. Die Entscheidung soll innerhalb von einer Woche nach Ablauf der Frist des Absatzes 1 ergehen. Die Kammer des Verwaltungsgerichts kann die Frist nach Satz 5 um jeweils eine weitere Woche verlängern. Die zweite Verlängerung und weitere Verlängerungen sind nur bei Vorliegen schwerwiegender Gründe zulässig, insbesondere wenn eine außergewöhnliche Belastung des Gerichts eine frühere Entscheidung nicht möglich macht. Die Abschiebung ist bei rechtzeitiger Antragstellung vor der gerichtlichen Entscheidung nicht zulässig. Die Entscheidung ist ergangen, wenn die vollständig unterschriebene Entscheidungsformel der Geschäftsstelle der Kammer vorliegt. Anträge auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes gegen die Befristung des Einreise- und Aufenthaltsverbots durch das Bundesamt nach § 11 Absatz 2 des Aufenthaltsgesetzes und die Anordnung und Befristung nach § 11 Absatz 7 des Aufenthaltsgesetzes sind ebenso innerhalb einer Woche nach Bekanntgabe zu stellen. Die Vollziehbarkeit der Abschiebungsandrohung bleibt hiervon unberührt.
(4) Die Aussetzung der Abschiebung darf nur angeordnet werden, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsaktes bestehen. Tatsachen und Beweismittel, die von den Beteiligten nicht angegeben worden sind, bleiben unberücksichtigt, es sei denn, sie sind gerichtsbekannt oder offenkundig. Ein Vorbringen, das nach § 25 Abs. 3 im Verwaltungsverfahren unberücksichtigt geblieben ist, sowie Tatsachen und Umstände im Sinne des § 25 Abs. 2, die der Ausländer im Verwaltungsverfahren nicht angegeben hat, kann das Gericht unberücksichtigt lassen, wenn andernfalls die Entscheidung verzögert würde.
(1) Das Bundesamt erlässt nach den §§ 59 und 60 Absatz 10 des Aufenthaltsgesetzes eine schriftliche Abschiebungsandrohung, wenn
- 1.
der Ausländer nicht als Asylberechtigter anerkannt wird, - 2.
dem Ausländer nicht die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt wird, - 2a.
dem Ausländer kein subsidiärer Schutz gewährt wird, - 3.
die Voraussetzungen des § 60 Absatz 5 und 7 des Aufenthaltsgesetzes nicht vorliegen oder die Abschiebung ungeachtet des Vorliegens der Voraussetzungen des § 60 Absatz 7 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes ausnahmsweise zulässig ist und - 4.
der Ausländer keinen Aufenthaltstitel besitzt.
(2) Die Abschiebungsandrohung soll mit der Entscheidung über den Asylantrag verbunden werden. Wurde kein Bevollmächtigter für das Verfahren bestellt, sind die Entscheidungsformel der Abschiebungsandrohung und die Rechtsbehelfsbelehrung dem Ausländer in eine Sprache zu übersetzen, deren Kenntnis vernünftigerweise vorausgesetzt werden kann.
(1) Die Abschiebung ist unter Bestimmung einer angemessenen Frist zwischen sieben und 30 Tagen für die freiwillige Ausreise anzudrohen. Ausnahmsweise kann eine kürzere Frist gesetzt oder von einer Fristsetzung abgesehen werden, wenn dies im Einzelfall zur Wahrung überwiegender öffentlicher Belange zwingend erforderlich ist, insbesondere wenn
- 1.
der begründete Verdacht besteht, dass der Ausländer sich der Abschiebung entziehen will, oder - 2.
von dem Ausländer eine erhebliche Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung ausgeht.
- 1.
der Aufenthaltstitel nach § 51 Absatz 1 Nummer 3 bis 5 erloschen ist oder - 2.
der Ausländer bereits unter Wahrung der Erfordernisse des § 77 auf das Bestehen seiner Ausreisepflicht hingewiesen worden ist.
(2) In der Androhung soll der Staat bezeichnet werden, in den der Ausländer abgeschoben werden soll, und der Ausländer darauf hingewiesen werden, dass er auch in einen anderen Staat abgeschoben werden kann, in den er einreisen darf oder der zu seiner Übernahme verpflichtet ist. Gebietskörperschaften im Sinne der Anhänge I und II der Verordnung (EU) 2018/1806 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. November 2018 zur Aufstellung der Liste der Drittländer, deren Staatsangehörige beim Überschreiten der Außengrenzen im Besitz eines Visums sein müssen, sowie der Liste der Drittländer, deren Staatsangehörige von dieser Visumpflicht befreit sind (ABl. L 303 vom 28.11.2018, S. 39), sind Staaten gleichgestellt.
(3) Dem Erlass der Androhung steht das Vorliegen von Abschiebungsverboten und Gründen für die vorübergehende Aussetzung der Abschiebung nicht entgegen. In der Androhung ist der Staat zu bezeichnen, in den der Ausländer nicht abgeschoben werden darf. Stellt das Verwaltungsgericht das Vorliegen eines Abschiebungsverbots fest, so bleibt die Rechtmäßigkeit der Androhung im Übrigen unberührt.
(4) Nach dem Eintritt der Unanfechtbarkeit der Abschiebungsandrohung bleiben für weitere Entscheidungen der Ausländerbehörde über die Abschiebung oder die Aussetzung der Abschiebung Umstände unberücksichtigt, die einer Abschiebung in den in der Abschiebungsandrohung bezeichneten Staat entgegenstehen und die vor dem Eintritt der Unanfechtbarkeit der Abschiebungsandrohung eingetreten sind; sonstige von dem Ausländer geltend gemachte Umstände, die der Abschiebung oder der Abschiebung in diesen Staat entgegenstehen, können unberücksichtigt bleiben. Die Vorschriften, nach denen der Ausländer die im Satz 1 bezeichneten Umstände gerichtlich im Wege der Klage oder im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes nach der Verwaltungsgerichtsordnung geltend machen kann, bleiben unberührt.
(5) In den Fällen des § 58 Abs. 3 Nr. 1 bedarf es keiner Fristsetzung; der Ausländer wird aus der Haft oder dem öffentlichen Gewahrsam abgeschoben. Die Abschiebung soll mindestens eine Woche vorher angekündigt werden.
(6) Über die Fristgewährung nach Absatz 1 wird dem Ausländer eine Bescheinigung ausgestellt.
(7) Liegen der Ausländerbehörde konkrete Anhaltspunkte dafür vor, dass der Ausländer Opfer einer in § 25 Absatz 4a Satz 1 oder in § 25 Absatz 4b Satz 1 genannten Straftat wurde, setzt sie abweichend von Absatz 1 Satz 1 eine Ausreisefrist, die so zu bemessen ist, dass er eine Entscheidung über seine Aussagebereitschaft nach § 25 Absatz 4a Satz 2 Nummer 3 oder nach § 25 Absatz 4b Satz 2 Nummer 2 treffen kann. Die Ausreisefrist beträgt mindestens drei Monate. Die Ausländerbehörde kann von der Festsetzung einer Ausreisefrist nach Satz 1 absehen, diese aufheben oder verkürzen, wenn
- 1.
der Aufenthalt des Ausländers die öffentliche Sicherheit und Ordnung oder sonstige erhebliche Interessen der Bundesrepublik Deutschland beeinträchtigt oder - 2.
der Ausländer freiwillig nach der Unterrichtung nach Satz 4 wieder Verbindung zu den Personen nach § 25 Absatz 4a Satz 2 Nummer 2 aufgenommen hat.
(8) Ausländer, die ohne die nach § 4a Absatz 5 erforderliche Berechtigung zur Erwerbstätigkeit beschäftigt waren, sind vor der Abschiebung über die Rechte nach Artikel 6 Absatz 2 und Artikel 13 der Richtlinie 2009/52/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 18. Juni 2009 über Mindeststandards für Sanktionen und Maßnahmen gegen Arbeitgeber, die Drittstaatsangehörige ohne rechtmäßigen Aufenthalt beschäftigen (ABl. L 168 vom 30.6.2009, S. 24), zu unterrichten.
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
Besteht der kostenpflichtige Teil aus mehreren Personen, so gilt § 100 der Zivilprozeßordnung entsprechend. Kann das streitige Rechtsverhältnis dem kostenpflichtigen Teil gegenüber nur einheitlich entschieden werden, so können die Kosten den mehreren Personen als Gesamtschuldnern auferlegt werden.
Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) werden in Streitigkeiten nach diesem Gesetz nicht erhoben.
(1) Das Urteil des Verwaltungsgerichts, durch das die Klage in Rechtsstreitigkeiten nach diesem Gesetz als offensichtlich unzulässig oder offensichtlich unbegründet abgewiesen wird, ist unanfechtbar. Das gilt auch, wenn nur das Klagebegehren gegen die Entscheidung über den Asylantrag als offensichtlich unzulässig oder offensichtlich unbegründet, das Klagebegehren im Übrigen hingegen als unzulässig oder unbegründet abgewiesen worden ist.
(2) In den übrigen Fällen steht den Beteiligten die Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts zu, wenn sie von dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.
(3) Die Berufung ist nur zuzulassen, wenn
- 1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder - 2.
das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder - 3.
ein in § 138 der Verwaltungsgerichtsordnung bezeichneter Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt.
(4) Die Zulassung der Berufung ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils zu beantragen. Der Antrag ist bei dem Verwaltungsgericht zu stellen. Er muss das angefochtene Urteil bezeichnen. In dem Antrag sind die Gründe, aus denen die Berufung zuzulassen ist, darzulegen. Die Stellung des Antrags hemmt die Rechtskraft des Urteils.
(5) Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht durch Beschluss, der keiner Begründung bedarf. Mit der Ablehnung des Antrags wird das Urteil rechtskräftig. Lässt das Oberverwaltungsgericht die Berufung zu, wird das Antragsverfahren als Berufungsverfahren fortgesetzt; der Einlegung einer Berufung bedarf es nicht.
(6) § 134 der Verwaltungsgerichtsordnung findet keine Anwendung, wenn das Urteil des Verwaltungsgerichts nach Absatz 1 unanfechtbar ist.
(7) Ein Rechtsbehelf nach § 84 Abs. 2 der Verwaltungsgerichtsordnung ist innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung des Gerichtsbescheids zu erheben.
(8) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht abweichend von § 132 Absatz 1 und § 137 Absatz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung auch zu, wenn das Oberverwaltungsgericht
- 1.
in der Beurteilung der allgemeinen asyl-, abschiebungs- oder überstellungsrelevanten Lage in einem Herkunfts- oder Zielstaat von deren Beurteilung durch ein anderes Oberverwaltungsgericht oder durch das Bundesverwaltungsgericht abweicht und - 2.
die Revision deswegen zugelassen hat.
(8a) Das Bundesministerium des Innern und für Heimat evaluiert im Einvernehmen mit dem Bundesministerium der Justiz die Revision nach Absatz 8 drei Jahre nach Inkrafttreten.