Schleswig-Holsteinisches Verwaltungsgericht Beschluss, 21. März 2017 - 8 B 8/17
Gericht
Tenor
Der Antragsgegner wird im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, dem Antragsteller eine Bescheinigung gemäß § 5 Abs. 1 S. 2 FreizügG/EU auszustellen.
Der Antragsgegner trägt die Kosten des Verfahrens.
Der Streitwert wird auf 5.000,00 € festgesetzt.
Gründe
I.
- 1
Der Antragsteller ist türkischer Staatsangehöriger. Er ist im Besitz eines türkischen Nationalpasses. Er reiste im August 2015 ohne ein Visum in das Bundesgebiet ein. Hier lernte er die bulgarische Staatsangehörige Frau XXX kennen, die er am 24.10.2016 heiratete. Er lebt zusammen mit seiner Ehefrau in der XXX-Straße in A-Stadt. Die Ehefrau des Antragstellers ist seit dem 01.10.2016 bei der Firma … GmbH sozialversicherungspflichtig beschäftigt und erhält einen monatlichen Bruttolohn von 1.010,00 €.
- 2
Unter dem 26.10.2016 beantragte der Antragsteller die Erteilung einer Aufenthaltskarte für Familienangehörige gemäß § 5 FreizügG/EU.
- 3
Unter dem 28.12.2016 erinnerte der Antragsteller an den gestellten Antrag. Entgegen der gesetzlichen Verpflichtung nach § 5 Abs. 1 S. 2 FreizügG /EU sei dem Antragsteller nicht unverzüglich eine Bescheinigung darüber ausgestellt worden, dass er die erforderlichen Angaben gemacht habe. Ihm sei nur eine Grenzübertrittsbescheinigung ausgestellt worden. Der Antragsgegner wurde aufgefordert, unverzüglich eine Bescheinigung nach § 5 Abs. 1 S. 2 FreizügG/EU auszustellen. Anderenfalls müsse einstweiliger Rechtsschutz in Anspruch genommen werden.
- 4
Am 16.02.2017 hat der Antragsteller eine Untätigkeitsklage (8 A 37/17) erhoben und zudem um einstweiligen Rechtsschutz nachgesucht.
- 5
Er macht geltend, dass er im August 2015 visumsbefreit mit einem türkischen Beamtenpass in die Bundesrepublik eingereist sei. Er sei Familienangehöriger einer freizügigkeitsberechtigten EU-Bürgerin. Dementsprechend habe er einen Anspruch auf Ausstellung der Aufenthaltskarte gemäß § 5 Abs. 1 FreizügG/EU. Er habe gegenüber dem Antragsgegner die notwendigen Angaben gemacht und die entsprechenden Unterlagen vorgelegt. Der Antragsgegner habe ihm mündlich mitgeteilt, dass er ein Visumsverfahren durchführen müsse. Dabei verkenne der Antragsgegner, dass für die Ausstellung einer Aufenthaltskarte die Einreise mit einem Visum nicht erforderlich sei. § 11 FreizügG/EU verweise nicht auf § 5 AufenthG. Der Antragsgegner habe ihm erklärt, ihm keine Aufenthaltskarte erteilen zu wollen.
- 6
Der Antragsteller beantragt,
- 7
den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, ihm eine Bescheinigung gemäß § 5 Abs. 1 Satz 2 Freizügigkeitsgesetz/EU auszustellen.
- 8
Der Antragsgegner beantragt,
- 9
den Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutz abzuweisen.
- 10
Der Antragsteller habe keinen Anspruch auf den beantragten Aufenthaltstitel nach § 5 Abs. 1 FreizügG/EU, da er sich seit 2015 illegal im Bundesgebiet aufgehalten habe und nicht mit dem für seinen Aufenthaltszweck erforderlichen Visum in die Bundesrepublik eingereist sei. Nach Art. 5 Abs. 2 der Freizügigkeitsrichtlinie sei von Familienangehörigen, die nicht die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaates besitzen würden, ein Einreisevisum zu fordern, es sei denn der Betroffene besitze eine gültige Aufenthaltskarte. Die Zuwanderungsbehörde habe mehrfach versucht, den Antragsteller dahingehend zu bewegen, seiner Ausreiseverpflichtung, die der illegale Aufenthalt nach sich ziehe, nachzukommen, um dann mit dem entsprechenden Visum zu seiner Ehefrau ins Bundesgebiet einzureisen.
II.
- 11
Der zulässige Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gemäß § 123 Abs. 1 VwGO ist begründet. Der nach § 123 Abs. 1 VwGO erforderliche Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund liegen vor.
- 12
Der Antragsteller hat nach der im Eilverfahren vorzunehmenden summarischen Prüfung einen Anspruch auf Ausstellung einer Bescheinigung gemäß § 5 Abs. 1 Satz 2 FreizügigG/EU.
- 13
Gemäß § 5 Abs. 1 S. 1 FreizügigG/EU wird freizügigkeitsberechtigten Familienangehörigen, die nicht Unionsbürger sind, von Amts wegen innerhalb von sechs Monaten, nachdem sie die erforderlichen Angaben gemacht haben, eine Aufenthaltskarte für Familienangehörige von Unionsbürgern ausgestellt, die fünf Jahre gültig sein soll. Nach § 5 Abs. 1 Satz 2 FreizügigG/EU erhält der Familienangehörige eine Bescheinigung darüber, dass die erforderlichen Angaben gemacht worden sind, unverzüglich. Bei der Aufenthaltskarte handelt es sich um einen feststellenden Verwaltungsakt (vgl. VG Schleswig, Beschluss vom 28.07.2016 – 8 B 33/16 -). Die Bescheinigung im Sinne des § 5 Abs. 1 S. 2 FreizügigG/EU ist kein Verwaltungsakt, sondern eine behördliche Verfahrenshandlung im Sinne des § 44a VwGO (vgl. Kloesel/Christ/Häußer, Deutsches Aufenthalts- und Ausländerrecht, 76. Lfg. Januar 2016, § 5 FreizügG/EU Rn. 27).
- 14
Der Antragsteller hat die erforderlichen Angaben im Hinblick auf eine Freizügigkeitsberechtigung im Sinne des § 5 Abs. 1 S. 2 FreizügigG/EU (glaubhaft) gemacht (vgl. § 5 Abs. 2 S. 2 FreizügigG/EU, wonach die für die Glaubhaftmachung erforderlichen Angaben und Nachweise von der zuständigen Meldebehörde bei der meldebehördlichen Anmeldung entgegengenommen werden können).
- 15
Nach § 2 Abs. 1 FreizügG/EU haben freizügigkeitsberechtigte Unionsbürger und ihre Familienangehörigen das Recht auf Einreise und Aufenthalt nach Maßgabe des FreizügG/EU. Unionsrechtlich freizügigkeitsberechtigt sind u.a. Unionsbürger, die sich als Arbeitnehmer aufhalten wollen (§ 2 Abs. 2 Nr. 1 FreizügG/EU). Familienangehörige von Unionsbürgern sind nach § 2 Abs. 2 Nr. 6 FreizügG/EU unter den Voraussetzungen nach §§ 3 und 4 freizügigkeitsberechtigt. Nach § 3 Abs. 1 FreizügG/EU haben Familienangehörige der in § 2 Abs. 2 Nr. 1 bis 5 genannten Unionsbürger das Recht nach § 2 Abs. 1, wenn sie den Unionsbürger begleiten oder ihm nachziehen. Familienangehörige sind u.a. Ehegatten (§ 3 Abs. 2 Nr. 1 FreizügG/EU).
- 16
Das Tatbestandsmerkmal „begleiten“ ist nach der Rechtsprechung des EuGH dahingehend (weit) auszulegen, dass er sowohl die Familienangehörigen eines Unionsbürgers umfasst, die mit diesem in den Aufnahmemitgliedstaat eingereist sind, als auch diejenigen, die sich mit ihm dort aufhalten, ohne dass im zweiten Fall danach zu unterscheiden wäre, ob die Drittstaatsangehörigen vor oder nach dem Unionsbürger oder bevor oder nachdem sie dessen Familienangehörigen wurden, in den Aufnahmemitgliedstaat eingereist sind (vgl. EuGH, Urteil vom 25.07.2009 – C-127/08 -, Rn. 93, NVwZ 2008, S. 1097, S. 1100).
- 17
Der Antragsteller hat eine Kopie seiner Heiratsurkunde über eine Heirat mit einer Unionsbürgerin vorgelegt. Diese steht in einem sozialversicherungspflichtigen Arbeitsverhältnis. Zur Glaubhaftmachung hat der Antragsteller den Arbeitsvertrag und eine Gehaltsabrechnung seiner Ehefrau vorgelegt. Weiter sind Anmeldebestätigungen für ihn und seine Ehefrau sowie eine Kopie seines türkischen Nationalpasses vorgelegt worden. Aus den Anmeldebestätigungen des Amtes Nortorfer Land ergibt sich, dass der Antragsteller mit seiner Ehefrau eine gemeinsame Wohnung in der XXX-Straße, A-Stadt, bewohnt.
- 18
Auch der Antragsgegner bestreitet nicht, dass die erforderlichen Angaben glaubhaft gemacht worden sind. Er beruft sich vielmehr allein darauf, dass der Antragsteller im August 2015 ohne das erforderliche Visum und damit illegal in das Bundesgebiet eingereist sei. Aus diesem Grund bestehe kein Anspruch des Antragstellers auf Ausstellung einer Aufenthaltskarte nach § 5 Abs. 1 S. 1 FreizügG/EU.
- 19
Hierzu gilt es anzumerken, dass § 5 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 AufenthG, wonach die Erteilung eines Aufenthaltstitels in der Regel voraussetzt, dass der Ausländer mit dem erforderlichen Visum eingereist ist, auf Unionsbürger und ihre Familienangehörigen, die nach § 2 Abs. 1 FreizügigG/EU das Recht auf Einreise und Aufenthalt haben, keine Anwendung findet (vgl. § 11 Abs. 1 S. 1 FreizügigG/EU und § 1 Abs. 2 Nr. 1 AufenthG).
- 20
§ 2 Abs. 4 S. 2 FreizügigG/EU normiert allerdings in Umsetzung der Freizügigkeitsrichtlinie (Richtlinie 2004/38/EG vom 29.04.2004), dass Familienangehörige, die nicht Unionsbürger sind, für die Einreise eines Visums nach den Bestimmungen für Ausländer bedürfen, für die das Aufenthaltsgesetz gilt.
- 21
Türkische Staatsangehörige benötigen für die Einreise in das Bundesgebiet grundsätzlich ein Visum. Sie sind für die Einreise und den kurzfristigen Aufenthalt von der Visapflicht befreit, wenn sie mit einem dienstlichen Pass in das Bundesgebiet einreisen und keine Erwerbstätigkeit ausüben (vgl. § 19 AufentV i.V.m. der Anlage B zur AufentV).
- 22
Für das vorliegende Verfahren kann dahinstehen, ob der Antragsteller rechtmäßig mit einem Beamtenpass - ohne ein Visum - in das Bundesgebiet einreisen konnte. Selbst wenn man unterstellt, dass der Antragsteller ohne das erforderliche Visum und damit illegal in die Bundesrepublik eingereist ist, steht dies der Ausstellung einer Bescheinigung nach § 5 Abs. 1 S. 2 FreizügigG/EU – und auch der Erteilung einer Aufenthaltskarte nach § 5 Abs. 1 S. 1 FreizügigG/EU – nicht entgegen.
- 23
Die Einhaltung der Visumpflicht ist nämlich keine materielle Bedingung des Freizügigkeitsrechts. Allein ein Verstoß gegen die Visumpflicht bzw. die illegale Einreise gestattet dem Mitgliedstaat nicht, den Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen zu beenden und Maßnahmen zur Entfernung aus seinem Hoheitsgebiet ergreifen, wenn er die Voraussetzungen für das unionsrechtliche Aufenthaltsrecht erfüllt. Entsprechendes gilt für einen Drittstaatsangehörigen, dessen Visum vor Beantragung einer Aufenthaltserlaubnis abgelaufen ist (vgl. EuGH, Urteil vom 25.07.2002 – C-459/99 -, Rn. 80, juris; Tewocht, in: Beck’scher Online-Kommentar Ausländerrecht, Kluth/Heusch, 12. Edition, Stand: 01.11.2016, § 2 FreizügG/EU Rn. 58; Hailbronner, AuslR, Stand: 99. Aktualisierung Dezember 2016, § 2 FreizügigG/EU Rn. 101; Kloesel/Christ/Häußer, Deutsches Aufenthalts- und Ausländerrecht, Stand: 76 Lfg. Januar 2016, § 2 FreizügigG/EU Rn. 181).
- 24
Nach der Rechtsprechung des EuGH, die inzwischen auch Niederschlag in Art. 5 Abs. 4 der Freizügigkeitsrichtlinie (Richtlinie 2004/38/EG vom 29.04.2004) gefunden hat, ist die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis für einen Staatsangehörigen eines Mitgliedstaats nicht als rechtsbegründende Handlung zu betrachten, sondern als Handlung eines Mitgliedstaates, die dazu dient, die individuelle Situation eines Staatsangehörigen eines anderen Mitgliedstaates im Hinblick auf die Bestimmungen des Unionsrechts festzustellen. Das Gleiche gilt für den mit einem Staatsangehörigen eines Mitgliedstaates verheirateten Staatsangehörigen eines Drittstaats. Das Unionsrecht hindert die Mitgliedstaaten zwar nicht daran, die Verletzung nationaler Vorschriften zur Überwachung von Ausländern mit allen geeigneten Sanktionen zu belegen, die zur Gewährleistung der Wirksamkeit dieser Vorschriften erforderlich sein können, sofern diese Maßnahmen verhältnismäßig sind. Indes würden eine Verweigerung der Aufenthaltserlaubnis und erst recht eine Entfernung aus dem Hoheitsgebiet, die ausschließlich darauf gestützt wären, dass der Betroffene die für Einreise, Ortswechsel und Aufenthalt geltenden gesetzlichen Formalitäten für die Ausländerüberwachung nicht erfüllt hat, den Kern des unmittelbar durch das Unionsrechts verliehenen Aufenthaltsrecht antasten und stünden offensichtlich außer Verhältnis zur Schwere der Zuwiderhandlung (vgl. EuGH Urteil vom 25.07.2002 – C-459/99 -, Rn. 74, 77 f., juris).
- 25
Es besteht auch ein Anordnungsgrund. Im Falle einer begehrten Regelungsanordnung liegt ein derartiger Anordnungsgrund vor, wenn die Regelung erforderlich ist, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint (§ 123 Abs. 1 S. 2 VwGO). Der Antragsteller hat ein schutzwürdiges Interesse daran, nicht bis zur Beendigung eines längeren gerichtlichen Hauptsacheverfahrens ohne die Bescheinigung nach § 5 Abs. 1 S. 2 FreizügigG/EU dastehen zu müssen.
- 26
Das grundsätzliche Verbot der Vorwegnahme der Hauptsache steht dem Erlass der einstweiligen Anordnung nicht entgegen, da der Antragsgegner mit der einstweiligen Anordnung nur zur Ausstellung einer Bescheinigung nach § 5 Abs. 1 S. 2 FreizügG/EU und nicht zur Erteilung einer Aufenthaltskarte nach § 5 Abs. 1 S. 1 FreizügG/EU, die fünf Jahre gültig sein soll, verpflichtet wird.
- 27
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
- 28
Die Festfestsetzung des Streitwertes beruht auf §§ 52 Abs. 2, 53 Abs. 2 Nr. 1, 63 Abs. 2 GKG.
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(1) Die Erteilung eines Aufenthaltstitels setzt in der Regel voraus, dass
- 1.
der Lebensunterhalt gesichert ist, - 1a.
die Identität und, falls er nicht zur Rückkehr in einen anderen Staat berechtigt ist, die Staatsangehörigkeit des Ausländers geklärt ist, - 2.
kein Ausweisungsinteresse besteht, - 3.
soweit kein Anspruch auf Erteilung eines Aufenthaltstitels besteht, der Aufenthalt des Ausländers nicht aus einem sonstigen Grund Interessen der Bundesrepublik Deutschland beeinträchtigt oder gefährdet und - 4.
die Passpflicht nach § 3 erfüllt wird.
(2) Des Weiteren setzt die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis, einer Blauen Karte EU, einer ICT-Karte, einer Niederlassungserlaubnis oder einer Erlaubnis zum Daueraufenthalt – EU voraus, dass der Ausländer
- 1.
mit dem erforderlichen Visum eingereist ist und - 2.
die für die Erteilung maßgeblichen Angaben bereits im Visumantrag gemacht hat.
(3) In den Fällen der Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 24 oder § 25 Absatz 1 bis 3 ist von der Anwendung der Absätze 1 und 2, in den Fällen des § 25 Absatz 4a und 4b von der Anwendung des Absatzes 1 Nr. 1 bis 2 und 4 sowie des Absatzes 2 abzusehen. In den übrigen Fällen der Erteilung eines Aufenthaltstitels nach Kapitel 2 Abschnitt 5 kann von der Anwendung der Absätze 1 und 2 abgesehen werden. Wird von der Anwendung des Absatzes 1 Nr. 2 abgesehen, kann die Ausländerbehörde darauf hinweisen, dass eine Ausweisung wegen einzeln zu bezeichnender Ausweisungsinteressen, die Gegenstand eines noch nicht abgeschlossenen Straf- oder anderen Verfahrens sind, möglich ist. In den Fällen der Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 26 Absatz 3 ist von der Anwendung des Absatzes 2 abzusehen.
(4) Die Erteilung eines Aufenthaltstitels ist zu versagen, wenn ein Ausweisungsinteresse im Sinne von § 54 Absatz 1 Nummer 2 oder 4 besteht oder eine Abschiebungsanordnung nach § 58a erlassen wurde.
(1) Auf Antrag kann das Gericht, auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, daß durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint.
(2) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen ist das Gericht der Hauptsache zuständig. Dies ist das Gericht des ersten Rechtszugs und, wenn die Hauptsache im Berufungsverfahren anhängig ist, das Berufungsgericht. § 80 Abs. 8 ist entsprechend anzuwenden.
(3) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen gelten §§ 920, 921, 923, 926, 928 bis 932, 938, 939, 941 und 945 der Zivilprozeßordnung entsprechend.
(4) Das Gericht entscheidet durch Beschluß.
(5) Die Vorschriften der Absätze 1 bis 3 gelten nicht für die Fälle der §§ 80 und 80a.
Rechtsbehelfe gegen behördliche Verfahrenshandlungen können nur gleichzeitig mit den gegen die Sachentscheidung zulässigen Rechtsbehelfen geltend gemacht werden. Dies gilt nicht, wenn behördliche Verfahrenshandlungen vollstreckt werden können oder gegen einen Nichtbeteiligten ergehen.
(1) Die Erteilung eines Aufenthaltstitels setzt in der Regel voraus, dass
- 1.
der Lebensunterhalt gesichert ist, - 1a.
die Identität und, falls er nicht zur Rückkehr in einen anderen Staat berechtigt ist, die Staatsangehörigkeit des Ausländers geklärt ist, - 2.
kein Ausweisungsinteresse besteht, - 3.
soweit kein Anspruch auf Erteilung eines Aufenthaltstitels besteht, der Aufenthalt des Ausländers nicht aus einem sonstigen Grund Interessen der Bundesrepublik Deutschland beeinträchtigt oder gefährdet und - 4.
die Passpflicht nach § 3 erfüllt wird.
(2) Des Weiteren setzt die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis, einer Blauen Karte EU, einer ICT-Karte, einer Niederlassungserlaubnis oder einer Erlaubnis zum Daueraufenthalt – EU voraus, dass der Ausländer
- 1.
mit dem erforderlichen Visum eingereist ist und - 2.
die für die Erteilung maßgeblichen Angaben bereits im Visumantrag gemacht hat.
(3) In den Fällen der Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 24 oder § 25 Absatz 1 bis 3 ist von der Anwendung der Absätze 1 und 2, in den Fällen des § 25 Absatz 4a und 4b von der Anwendung des Absatzes 1 Nr. 1 bis 2 und 4 sowie des Absatzes 2 abzusehen. In den übrigen Fällen der Erteilung eines Aufenthaltstitels nach Kapitel 2 Abschnitt 5 kann von der Anwendung der Absätze 1 und 2 abgesehen werden. Wird von der Anwendung des Absatzes 1 Nr. 2 abgesehen, kann die Ausländerbehörde darauf hinweisen, dass eine Ausweisung wegen einzeln zu bezeichnender Ausweisungsinteressen, die Gegenstand eines noch nicht abgeschlossenen Straf- oder anderen Verfahrens sind, möglich ist. In den Fällen der Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 26 Absatz 3 ist von der Anwendung des Absatzes 2 abzusehen.
(4) Die Erteilung eines Aufenthaltstitels ist zu versagen, wenn ein Ausweisungsinteresse im Sinne von § 54 Absatz 1 Nummer 2 oder 4 besteht oder eine Abschiebungsanordnung nach § 58a erlassen wurde.
(1) Das Gesetz dient der Steuerung und Begrenzung des Zuzugs von Ausländern in die Bundesrepublik Deutschland. Es ermöglicht und gestaltet Zuwanderung unter Berücksichtigung der Aufnahme- und Integrationsfähigkeit sowie der wirtschaftlichen und arbeitsmarktpolitischen Interessen der Bundesrepublik Deutschland. Das Gesetz dient zugleich der Erfüllung der humanitären Verpflichtungen der Bundesrepublik Deutschland. Es regelt hierzu die Einreise, den Aufenthalt, die Erwerbstätigkeit und die Integration von Ausländern. Die Regelungen in anderen Gesetzen bleiben unberührt.
(2) Dieses Gesetz findet keine Anwendung auf Ausländer,
- 1.
deren Rechtsstellung von dem Gesetz über die allgemeine Freizügigkeit von Unionsbürgern geregelt ist, soweit nicht durch Gesetz etwas anderes bestimmt ist, - 2.
die nach Maßgabe der §§ 18 bis 20 des Gerichtsverfassungsgesetzes nicht der deutschen Gerichtsbarkeit unterliegen, - 3.
soweit sie nach Maßgabe völkerrechtlicher Verträge für den diplomatischen und konsularischen Verkehr und für die Tätigkeit internationaler Organisationen und Einrichtungen von Einwanderungsbeschränkungen, von der Verpflichtung, ihren Aufenthalt der Ausländerbehörde anzuzeigen und dem Erfordernis eines Aufenthaltstitels befreit sind und wenn Gegenseitigkeit besteht, sofern die Befreiungen davon abhängig gemacht werden können.
(1) Auf Antrag kann das Gericht, auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, daß durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint.
(2) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen ist das Gericht der Hauptsache zuständig. Dies ist das Gericht des ersten Rechtszugs und, wenn die Hauptsache im Berufungsverfahren anhängig ist, das Berufungsgericht. § 80 Abs. 8 ist entsprechend anzuwenden.
(3) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen gelten §§ 920, 921, 923, 926, 928 bis 932, 938, 939, 941 und 945 der Zivilprozeßordnung entsprechend.
(4) Das Gericht entscheidet durch Beschluß.
(5) Die Vorschriften der Absätze 1 bis 3 gelten nicht für die Fälle der §§ 80 und 80a.
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.
(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.
(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.
(4) In Verfahren
- 1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro, - 2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro, - 3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und - 4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.
(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert
- 1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist, - 2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.
(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.