Schleswig-Holsteinisches Verwaltungsgericht Beschluss, 25. Jan. 2017 - 8 B 55/16

ECLI:ECLI:DE:VGSH:2017:0125.8B55.16.0A
bei uns veröffentlicht am25.01.2017

Tenor

Der Antrag wird abgelehnt.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.

Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 5.000,00 € festgesetzt.

Gründe

I.

1

Der Antragsteller, türkischer Staatsangehöriger, wendet sich im Wege des Eilrechtsschutzes gegen seine Ausweisung aus dem Bundesgebiet sowie gegen eine Abschiebungsandrohung.

2

Die Familie des Antragstellers siedelte vor etwa 20 Jahren aus dem kurdischen Teil der Türkei nach Deutschland über. Der Antragsteller wurde dann am …1997 in A-Stadt geboren. Er wuchs gemeinsam mit weiteren 9 Geschwistern bei seinen Eltern, die beide die türkische Staatsangehörigkeit besitzen, auf, und zwar durchgehend im Bundesgebiet. Der Vater des Antragstellers war vom 01.12.1998 bis zum 30.09.2000 durchgehend bei der GAB (Gemeinnützige Arbeits-Beschäftigung) sozialversicherungspflichtig beschäftigt. Weitere Beschäftigungen des Vaters im Bundesgebiet liegen nach dem Rentenversicherungsverlauf nicht vor (vgl. den Aktenvermerk, Bl. 181 der Beiakte A). Die Mutter des Antragstellers weist in ihrem Rentenverlauf Kindererziehungszeiten, Mutterschutzzeiten und Familienzeiten auf. Die Eltern des Antragstellers ließen sich im Jahre 2010 scheiden. Das Sorgerecht für alle Kinder liegt bei der Mutter. Der Antragsteller war bezüglich eines Aufenthaltstitels zunächst im Reiseausweis für Flüchtlinge bei seiner Mutter eingetragen. Ab dem 20.01.2000 erhielt er (befristete) Aufenthaltstitel. Ab dem 16.09.2005 war er im Besitz eines Aufenthaltstitels nach § 33 AufenthG (Geburt eines Kindes im Bundesgebiet, gültig bis zum 25.12.2013). Am 27.11.2014 beantragte der Antragsteller die Erteilung bzw. Verlängerung seines Aufenthaltstitels und erhielt eine Fiktionsbescheinigung (gültig bis 26.02.2015). Am 21.01.2016 (gültig bis zum 20.04.2016) und am 11.04.2016 (gültig bis zum 10.07.2016) erhielt der Antragsteller Duldungen.

3

Der Antragsteller trat seit dem Jahre 2011 strafrechtlich in Erscheinung. Mit Schreiben vom 18.10.2016 teilte die Polizeidirektion A-Stadt der Antragsgegnerin mit, dass der Antragsteller aufgrund der Qualität und Quantität seiner begangenen Straftaten polizeilich als Intensivtäter eingestuft werde (vgl. Bl. 202 der Beiakte A, wonach gegen den Antragsteller etwa 40 Ermittlungsverfahren geführt wurden).

4

Mit Anhörungsschreiben vom 25.10.2016 teilte die Antragsgegnerin dem Antragsteller mit, dass seine Ausweisung aus dem Bundesgebiet beabsichtigt sei.

5

Hierzu nahm der Antragsteller mit Schreiben vom 11.11.2016 Stellung. Eine Ausweisung in die Türkei sei unangemessen. Das Bleibeinteresse überwiege eindeutig das Ausweisungsinteresse. Die gesamte Familie des Antragstellers lebe in Deutschland. Dies gelte auch für die Großeltern, Tanten und Onkel. Der Antragsteller spreche kein türkisch und er sei in seinem gesamten Leben noch nie in der Türkei gewesen. Auch die Geschwister des Antragstellers würden die deutsche Staatsangehörigkeit besitzen. Seine Eltern hätten ein unbefristetes Aufenthaltsrecht.

6

Mit Ordnungsverfügung vom 21.11.2016 wurde der Antragsteller aus dem Bundesgebiet ausgewiesen (Ziff. 1), das Einreise- und Aufenthaltsverbot wurde auf 6 Jahre und 3 Monate befristet (Ziff. 2), es wurde darauf hingewiesen, dass der Antragsteller zur Ausreise verpflichtet sei (Ziff. 3), die Frist zur Ausreise wurde auf den 07.12.2016 festgesetzt (Ziff. 4) und es wurde die Abschiebung in die Türkei angedroht (Ziff. 5). Die Ausweisung wurde im Wesentlichen mit den begangenen Straftaten des Antragstellers begründet. Die Abschiebungsandrohung sei selbständiger Bestandteil der Verfügung. Der Antragsteller sei auch ohne Ausweisung vollziehbar zur Ausreise aus dem Bundesgebiet verpflichtet. Der letzte gültige Aufenthaltstitel sei am 26.12.2013 abgelaufen.

7

Der Antragsteller legte am 07.12.2016 Widerspruch gegen die Ordnungsverfügung vom 21.11.2016 ein.

8

Am 07.12.2016 hat er ebenfalls um einstweiligen Rechtsschutz nachgesucht.

9

Der Antragsteller wiederholt seine Ausführungen aus dem Verwaltungsverfahren und macht ergänzend geltend, dass er nur vereinzelt und geringfügig gegen Rechtsvorschriften verstoßen habe. Die meisten Verfahren seien eingestellt worden. Gegenstand des Antrages seien die Ausweisung sowie die in Ziff. 5 des Bescheides verfügte Abschiebungsandrohung.

10

Er beantragt,

11

die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs gegen die Ordnungsverfügung der Hansestadt Lübeck vom 21.11.2016 gem. § 80 Abs. 5 VwGO anzuordnen.

12

Die Antragsgegnerin beantragt,

13

den Antrag abzulehnen.

14

Sie macht geltend, dass der Antragsteller durchgehend strafauffällig gewesen sei. Dass er kein türkisch spreche, werde als reine Schutzbehauptung gewertet.

II.

15

Der Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO, dessen Gegenstand nach dem Vorbringen des anwaltlich vertretenen Antragstellers die Ausweisung (Ziff. 1 der Verfügung vom 21.11.2016) und die Abschiebungsandrohung (Ziff. 5 der Verfügung vom 21.11.2016) sind, ist teilweise unzulässig (nachfolgend 1.), im Übrigen unbegründet (nachfolgend 2.).

1.

16

Der Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO ist hinsichtlich der verfügten Ausweisung des Antragstellers aus dem Bundesgebiet (Ziff. 1 der Verfügung vom 21.11.2016) unzulässig, da der eingelegte Widerspruch gegen die Ausweisung nach § 80 Abs. 1 VwGO bereits kraft Gesetzes aufschiebende Wirkung hat (vgl. hierzu etwa VG München, Beschluss vom 10.10.2016 – M 10 S 16.2381 -, Rn. 16, juris).

17

Bezüglich der Abschiebungsandrohung (Ziff. 5 der Verfügung vom 21.11.2016) ist der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung nach § 80 Abs. 5 VwGO zulässig, da der Widerspruch hiergegen nach § 248 Abs. 1 S. 2 LVwG als Maßnahme der Verwaltungsvollstreckung kraft Gesetzes keine aufschiebende Wirkung hat.

2.

18

Der Antrag erweist sich hinsichtlich der erlassenen Abschiebungsandrohung (Ziff. 5 der Verfügung vom 21.11.2016) jedoch als unbegründet.

19

Die Entscheidung über einen Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO ergeht aufgrund einer Interessenabwägung. In diese ist die Erfolgsaussicht des eingelegten Rechtsbehelfs dann maßgeblich einzustellen, wenn sie in der einen oder anderen Richtung offensichtlich ist. An der Vollziehung eines offensichtlich rechtswidrigen Bescheides kann kein besonderes Interesse bestehen. Ist der Bescheid hingegen offensichtlich rechtmäßig, ist ein Aussetzungsantrag regelmäßig anzulehnen. Lässt sich nach der im Verfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO gebotenen summarischen Überprüfung weder die Rechtmäßigkeit noch die Rechtswidrigkeit des angefochtenen Verwaltungsaktes mit der erforderlichen Sicherheit feststellen, so ergeht die Entscheidung aufgrund einer Interessenabwägung, in der gegenüberzustellen sind zum einen die Auswirkungen in Bezug auf das öffentliche Interesse in dem Fall, dass dem Antrag stattgegeben wird, die Klage im Hauptsacheverfahren indes erfolglos bleibt, und zum anderen die Auswirkungen auf den Betroffenen für den Fall, dass der Antrag abgelehnt, seine gegen die Verfügung erhobene Klage indes Erfolg hat (vgl. OVG Schleswig, Beschluss vom 29.07.2013 - 2 MB 19/13 -).

20

Die seitens der Antragsgegnerin erlassene Abschiebungsandrohung erweist sich nach summarischer Prüfung als offensichtlich rechtmäßig.

21

Rechtsgrundlage für die Abschiebungsandrohung ist § 59 Abs. 1 S. 1 AufenthG. Nach § 59 Abs. 1 S. 1 AufenthG ist die Abschiebung unter Bestimmung einer angemessenen Frist zwischen sieben und 30 Tagen für die freiwillige Ausreise anzudrohen. Die im Bescheid vom 21.11.2016 gesetzte Frist zur freiwilligen Ausreise (bis zum 07.12.2016) war angemessen. Im Übrigen trifft § 59 Abs. 1 AufenthG keine ausdrückliche Regelung darüber, auf Grund welcher materiell-rechtlichen Voraussetzungen eine Abschiebungsandrohung erlassen werden kann. Umstritten ist insoweit, ob die zugrunde liegende Ausreisefrist bereits vollziehbar sein muss oder ob es genügt, dass überhaupt eine Ausreisepflicht besteht (vgl. für eine Vollziehbarkeit der Ausreisepflicht etwa Kluth; in: Beck’scher Online-Kommentar Ausländerrecht, Kluth/Heusch, 12. Edition, Stand: 01.11.2016, § 59 Rn. 12; gegen das Erfordernis der Vollziehbarkeit etwa Hailbronner, Asyl- und Ausländerrecht, 3. Aufl. 2014, Rn. 1122).

22

Wenngleich nach Auffassung der Kammer die Systematik des Vollstreckungsrechts, nach der Vollzugsmaßnahmen einen bestandskräftigen oder vollziehbaren Grundverwaltungsakt voraussetzen (vgl. § 229 Abs. 1 LVWG), dafür spricht, für den Erlass einer Abschiebungsandrohung die Vollziehbarkeit der Ausreispflicht vorauszusetzen, kann diese Frage vorliegend dahinstehen, da der Antragsteller nach § 58 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 AufenthG vollziehbar ausreisepflichtig ist. Hiernach ist die Ausreisepflicht vollziehbar, wenn der Ausländer noch nicht die erstmalige Erteilung des erforderlichen Aufenthaltstitels oder noch nicht die Verlängerung beantragt hat oder trotz erfolgter Antragstellung der Aufenthalt nicht nach § 81 Abs. 3 AufenthG als erlaubt oder der Aufenthaltstitel nach § 81 Abs. 4 AufenthG als fortbestehend gilt.

23

Trotz erfolgter Antragstellung am 27.11.2014 gilt der Aufenthaltstitel des Antragstellers nicht als fortbestehend.

24

Der dem Antragsteller erteilte Aufenthaltstitel nach § 33 AufenthG ist am 26.12.2013 abgelaufen (vgl. Bl. 60 der Beiakte A). Ein Aufenthaltstitel erlischt kraft Gesetzes durch seine Nichtverlängerung. Dies gilt auch für den bloßen Ablauf der Geltungsdauer eines befristeten Aufenthaltstitels (vgl. § 51 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG). Da der Antragsteller nicht vor Ablauf der Aufenthaltserlaubnis im Dezember 2013 die Verlängerung, sondern erst am 27.11.2014 (vgl. Bl. 79 der Beiakte A) einen Aufenthaltstitel beantragt hat, gilt der Aufenthaltstitel nicht als fortbestehend gemäß § 81 Abs. 4 S. 1 AufenthG. Die Antragsgegnerin hat nach § 81 Abs. 4 S. 3 AufenthG auf den verspäteten Antrag des Antragstellers am 27.11.2014 die Fortgeltungswirkung angeordnet, welche jedoch bereits am 27.02.2015 abgelaufen ist (vgl. Bl. 66 der Beiakte A). Im Anschluss ist dem Antragsteller keine Aufenthaltserlaubnis mehr erteilt worden. Er hat nur noch zwei Duldungen erhalten (am 20.01.2016, gültig bis zum 20.04.2016, Bl. 76 der Beiakte A und am 11.04.2016, gültig bis zum 10.07.2016, Bl. 96 der Beiakte A).

25

Für den Antragsteller besteht auch kein Aufenthaltsrecht nach dem Assoziationsabkommen EWG/Türkei. Der Antragsteller besitzt insbesondere kein Aufenthaltsrecht nach Art. 7 S. 1 ARB 1/80. Art. 7 S. 1 ARB 1/80 normiert ein Aufenthalts- und Arbeitsmarktzugangsrecht der Familienangehörigen türkischer Arbeitnehmer. Der Erwerb der Rechtsstellung aus Art. 7 S. 1 1. Spiegelstrich ARB 1/180durch ein Kind eines türkischen Arbeitnehmers setzt voraus, dass der Arbeitnehmer dem regulären Arbeitsmarktes des Aufnahmemitgliedstaats angehört und dass das Kind bei diesem seit mindestens drei Jahren seinen ordnungsgemäßen Wohnsitz hat. Diese beiden Voraussetzungen müssen gleichzeitig vorliegen. Der Arbeitnehmer muss demnach zumindest während der dreijährigen Dauer des Zusammenlebens mit dem Kind die Voraussetzungen der Zugehörigkeit zum regulären Arbeitsmarkt erfüllt haben (vgl. OVG Koblenz, Urteil vom 04.12.2009 – 7 A 10881/09 -; EuGH, Urteil vom 18.12.2008 – C-337/07 -, Rn. 33, 37, juris). Diese Voraussetzungen liegen nicht vor. Der Vater des Antragstellers war lediglich vom 01.12.1998 bis zum 30.09.2000 und damit nicht für mindestens drei Jahre bei der GAB (Gemeinnützige Arbeits-Beschäftigung) sozialversicherungspflichtig beschäftigt. Weitere Beschäftigungen des Vaters des Antragstellers im Bundesgebiet wurden nicht nachgewiesen und liegen nach dem Rentenversicherungsverlauf auch nicht vor. Die Mutter des Antragstellers weist in ihrem Rentenverlauf keine Beschäftigungszeiten auf (vgl. den Aktenvermerk, Bl. 181 der Beiakte A).

26

Etwaige inlandsbezogene Abschiebungsverbote oder Gründe für die vorübergehende Aussetzung der Abschiebung, die vorliegend aus Art. 6 Abs. 1 GG und Art. 8 Abs. 1 EMRK resultieren könnten, stehen dem Erlass der Abschiebungsandrohung nicht entgegen (vgl. § 59 Abs. 3 S. 1 AufenthG). Inlandsbezogene Abschiebungshindernisse haben keine Auswirkungen auf die Rechtmäßigkeit einer Abschiebungsandrohung. Das Bestehen eines zielstaatsbezogenen Abschiebungsverbots führt dazu, dass der Staat, in der der Ausländer nicht abgeschoben werden darf, in der Androhung zu bezeichnen ist (§ 59 Abs. 3 S. 2 AufenthG). Wird ein zielstaatsbezogenen Abschiebungsverbot erst in einem verwaltungsgerichtlichen Verfahren festgestellt, berührt dies die Rechtmäßigkeit der Abschiebungsandrohung nicht; aus § 59 Abs. 3 S. 3 AufenthG folgt insoweit die Teilbarkeit der getroffenen Regelung (vgl. Bauer, in: Bergmann/Dienelt, Ausländerrecht, 11. Aufl. 2016, § 59 Rn. 42; OVG Hamburg, Beschluss vom 28.04.2010 – 3 Bf 309/08.Z -, Leitsatz und Rn. 13, juris).

27

Es ist nicht zu beanstanden, dass seitens der Antragsgegnerin in der Abschiebungsandrohung die Abschiebung des Antragstellers (auch) in die Türkei angedroht worden ist. Ein zielstaatsbezogenes Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 5 oder 7 S. 1 AufenthG resultiert nicht bereits aus der Volkszugehörigkeit des Antragstellers (Kurde). Der Antragsteller beruft sich insoweit darauf, dass er als Kurde im Falle einer Abschiebung in die Türkei allein aufgrund seiner Volkszugehörigkeit Repressalien unterworfen wäre. Es entspricht der ständigen Rechtsprechung der Kammer, dass die Kurden in keinem Landesteil der Türkei einer Gruppenverfolgung unterliegen, sondern allenfalls einer regional begrenzten Verfolgung. Insoweit steht ihnen - insbesondere in der Westtürkei - jedoch eine hinreichend sichere inländische Fluchtalternative offen (vgl. VG Schleswig, Urteil vom 16.12.2016 – 8 A 90/14 -, Urteil vom 04.12.2015 – 8 A 133/14 -; so auch OVG Schleswig, Urteil vom 20. Juni 2006 - 4 LB 56/02 -).

28

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.

29

Der Streitwert ist nach §§ 52 Abs. 2, 53 Abs. 2 Nr. 2 i.V.m. § 63 Abs. 2 GKG festgesetzt worden.


Urteilsbesprechung zu Schleswig-Holsteinisches Verwaltungsgericht Beschluss, 25. Jan. 2017 - 8 B 55/16

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Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

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(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalit

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(1) Sind Gebühren, die sich nach dem Streitwert richten, mit der Einreichung der Klage-, Antrags-, Einspruchs- oder Rechtsmittelschrift oder mit der Abgabe der entsprechenden Erklärung zu Protokoll fällig, setzt das Gericht sogleich den Wert ohne Anh

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 6


(1) Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutze der staatlichen Ordnung. (2) Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht. Über ihre Betätigung wacht die staatliche Gemeinsc
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(1) Alle Deutschen haben das Recht, sich ohne Anmeldung oder Erlaubnis friedlich und ohne Waffen zu versammeln. (2) Für Versammlungen unter freiem Himmel kann dieses Recht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes beschränkt werden.

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(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

Tenor

I.

Der Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes wird abgelehnt.

II.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.

III.

Der Streitwert wird auf 2.500 Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Der Antragssteller begehrt die aufschiebende Wirkung seiner Klage gegen einen Ausweisungsbescheid der Antragsgegnerin.

Der Antragssteller ist bosnisch-herzegowinischer Staatsangehöriger. Er reiste am 30. Dezember 2010 mit einem Schengen-Visum ins Bundesgebiet ein. Die Bevollmächtigte des Antragstellers beantragte am 14. Januar 2011 eine Aufenthaltsgenehmigung. Der Antragsteller erhielt eine Fiktionsbescheinigung und nach seiner Heirat am 15. März 2011 eine Aufenthaltserlaubnis (19. Januar 2012), welche bis zum 23. Oktober 2014 verlängert wurde. Die Eheleute leben seit Mai 2015 getrennt, die Scheidung erfolgte am 28. Januar 2016.

Am 30. September 2014 beantragte der Antragsteller bei der Antragsgegnerin mündlich die Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis, die Bevollmächtigte des Antragstellers legte am 5. Dezember 2014 den Formblattantrag nach. Der Antragsteller erhielt eine Fiktionsbescheinigung gem. § 81 Abs. 4 AufenthG mit Gültigkeit bis zum 12. Juli 2016.

Am 21. Mai 2015 verwarnte die Antragsgegnerin den Antragssteller und teilte ihm mit, dass die Möglichkeit einer Aufenthaltsbeendigung erneut geprüft werde, wenn der Antragsteller erneut straffällig werde. Seine Ehe schütze ihn nicht vor ausländerrechtlichen Konsequenzen.

Hintergrund der Verwarnung war, dass der Antragsteller sich mehrfach strafbar gemacht hatte: 2011 wurde ein Verfahren wegen Erschleichen eines Aufenthaltstitels und Urkundenfälschung nach § 153a StPO eingestellt. Dem lag der Vorwurf zugrunde, der Antragsteller habe das Datum seines Einreisevisums geändert. Weiterhin wurde der Antragsteller wie folgt verurteilt: Diebstahl zweier Mobiltelefone und zweier Computerspiele im Wert von 297,98 Euro (AG München, 2012), fahrlässiges Fahren ohne Fahrerlaubnis (AG München, 2013), versuchter Betrug in zwei Fällen über einen Betrag von insgesamt 480 Euro, Urkundenfälschung und Beleidigung (AG München, 2013), vorsätzlicher Gebrauch eines Fahrzeugs ohne Haftpflichtversicherungsvertrag (AG München, 2014), fahrlässige Körperverletzung zweier Autoinsassen durch einen Rotlichtverstoß (AG München, 2015).

Mit Bescheid vom 13. Mai 2016 wies die Antragsgegnerin den Antragsteller aus (Nr. 1), lehnte den Antrag vom 30. September 2014 auf Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis ab (Nr. 2), untersagte die Wiedereinreise für drei Jahre ab Ausreise (Nr. 3), ordnete an, der Antragsteller habe die Bundesrepublik bis zum 15. Juni 2016 zu verlassen und drohte dem Antragsteller die Abschiebung an (Nr. 4). Auf die Begründung wird Bezug genommen.

Mit Schreiben vom 23. Mai 2016, bei Gericht eingegangen am 25. Mai 2016, erhob die Bevollmächtigte des Antragstellers Klage zum Verwaltungsgericht München und beantragte, den Bescheid vom 13. Mai 2016 aufzuheben sowie die Beklagte zu verpflichten, dem Kläger eine Aufenthaltserlaubnis zu erteilen. Weiterhin wird beantragt,

hdie aufschiebende Wirkung der Klage gemäß § 80 Abs. 5 VwGO anzuordnen.

Zur Begründung wird vorgetragen: Der Antragsteller habe ein eigenständiges Aufenthaltsrecht erreicht, da er seine erste Aufenthaltserlaubnis erhalten hätte, bevor er und seine Ehefrau sich getrennt hätten. Die Straftaten des Antragstellers seien keine schweren, denn es habe sich teilweise nur um Fahrlässigkeitstaten oder geringfügige Taten gehandelt und nach einer Verwarnung im Jahr 2013 habe der Antragsteller nur noch zwei geringfügige Straftaten begangen. Der Antragsteller habe durch seine Heirat bereits am 15. März 2011 die Voraussetzungen für die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis erfüllt, allein der Antragsgegnerin sei zuzuschreiben, dass die Aufenthaltserlaubnis erst später erteilt worden sei. Somit sei davon auszugehen, dass der Antragsteller sich bereits seit fünf Jahren rechtmäßig in Deutschland aufhalte. Nach der Verwarnung 2015 habe der Antragsteller sich straffrei gehalten.

Mit Schreiben vom 30. Juni 2016 hat die Antragsgegnerin beantragt,

den Antrag abzulehnen.

Die Antragsgegnerin hat auf die Begründung des angegriffenen Bescheids Bezug genommen und weiterhin ausgeführt, der Antragsteller sei mehrfach strafrechtlich in Erscheinung getreten und habe somit zum Ausdruck gebracht, dass er sich nicht an die deutsche Rechtsordnung halten wolle. Aus der Vielzahl an Straftaten innerhalb des kurzen Aufenthalts des Antragstellers in Deutschland ergebe sich eine Wiederholungsgefahr. Durch die Verwarnung seien die in Bezug genommenen Verurteilungen nicht verbraucht. Mit Kenntnis von der Scheidung des Antragstellers sei eine Änderung entscheidungserheblicher Tatsachen eingetreten. Unabhängig von der Ausweisung habe der Antragsteller jedenfalls keinen Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis, da er durch seine Straffälligkeit den Tatbestand von § 5 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG erfülle. Die Klage gegen die Ausweisung habe sowieso aufschiebende Wirkung, hinsichtlich der Klage gegen die Abschiebungsandrohung und die Antragsablehnung sei der Antrag unbegründet.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichts- und die vorgelegten Behördenakten Bezug genommen.

II.

Der Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes bleibt in der Sache ohne Erfolg.

1. Der gestellte Antrags ist auch im Falle eines - wie hier - anwaltlich vertretenen Antragstellers (siehe dazu BVerfG, B. v. 23.10.2007 - 2 BvR 542/07 - juris Rn. 17) unter Berücksichtigung der Begründung nach dem erkennbaren Rechtschutzziel auszulegen (vgl. §§ 122 Abs. 1, 88 VwGO). Erkennbares Ziel des Antragstellers ist, die aufschiebende Wirkung seiner Klage wieder herzustellen, um die Rechtswirkungen des Bescheids vom 13. Mai 2016 zu suspendieren, damit die Rechtstellung des Klägers sich nicht verschlechtert bis über die Klage entschieden ist. Demnach richtet sich der Eilrechtsschutzantrag nur gegen diejenigen Anordnungen, welche einen vollstreckbaren Inhalt haben und bezüglich derer die aufschiebende Wirkung der Klage nicht bereits von Gesetzes wegen eintritt.

Demnach betrifft der Eilrechtsschutzantrag nicht die Nr. 1 des Bescheids, da von Gesetzes wegen die aufschiebende Wirkung der Klage gegen eine Ausweisung besteht (§ 80 Abs. 1 VwGO).

Ebenso richtet sich der Eilrechtsschutzantrag nicht gegen die Nr. 3 des Bescheids, mit der die Antragsgegnerin die auf Grundlage des § 11 Abs. 1 AufenthG erfolgte Sperrwirkung der Ausweisung befristet hat. Zwar entfalten Klagen gegen die Befristung des gesetzlichen Einreise- und Aufenthaltsverbots (§ 11 Abs. 1 AufenthG) gemäß § 84 Abs. 1 Satz 1 Nr. 7 AufenthG keine aufschiebende Wirkung. Eine Erstreckung des Aussetzungsantrags auf diesen Regelungsteil entspräche jedoch erkennbar nicht dem Rechtsschutzinteresse des Antragstellers. Die Befristung des gesetzlichen Einreise- und Aufenthaltsverbots nach § 11 Abs. 1 AufenthG stellt im Grundsatz einen begünstigenden Verwaltungsakt dar, weil das Verbot ansonsten unbefristet gilt. Eine eventuelle Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage insoweit hätte daher lediglich zur Folge, dass das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot nach § 11 Abs. 1 AufenthG unbefristet gelten würde. Das kann aber erkennbar nicht im Interesse des Betroffenen sein (vgl. VG Ansbach, B. v. 14.3.2014 - AN 5 S 14.0234 - juris Rn. 23; VG Aachen, B. v. 4.12.2015 - 4 L 823/15 - juris Rn. 5 ff.).

Somit sind die Regelungen Nr. 2 und Nr. 4 des Bescheids vom 13. Mai 2016 Antragsgegenstand.

2. Der zulässige Antrag bleibt in der Sache ohne Erfolg.

a. Der Antrag ist zulässig. Insbesondere besteht bezüglich der Nr. 2 des Bescheids, mit der die Antragsgegnerin den Antrag auf Aufenthaltserlaubnis ablehnte, ein Rechtsschutzinteresse des Antragstellers, da allein der Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO die Vollziehbarkeit der Ausreisepflicht verhindern kann. Denn die Vollziehbarkeit der Ausreisepflicht richtet sich gemäß § 58 Abs. 2 Satz 2 AufenthG nach der Vollziehbarkeit der Ablehnung der Aufenthaltserlaubnis. Ein stattgebender Beschluss des Gerichts ließe mithin die Vollziehbarkeit der Ausreisepflicht entfallen (vgl. Bauer in Bergmann/Dienelt, Ausländerrecht, 11. Aufl. 2016, § 58 Rn. 15). Der Antragsteller ist auch nicht ohnehin und unabhängig von der Ablehnung der Aufenthaltserlaubnis ausreisepflichtig, denn mit der Beantragung einer neuen Aufenthaltserlaubnis vor Ablauf seiner bestehenden am 30. September 2014 galt bis zum Zeitpunkt der Ablehnung gemäß § 81 Abs. 4 Satz 1 AufenthG der bestehende Aufenthaltstitel fort.

b. Der Antrag ist jedoch unbegründet. Im Rahmen der Entscheidung nach § 80 Abs. 5 VwGO hat das Gericht eine eigene Interessenabwägung anzustellen (vgl. Schmidt in Eyermann, VwGO, 13. Aufl. 2010, § 80 Rn. 68). Dabei sind insbesondere die Erfolgsaussichten der Klage einzubeziehen. Wird die Klage voraussichtlich erfolglos bleiben, so überwiegt regelmäßig das öffentliche Interesse am Sofortvollzug das private Interesse des Antragstellers, da kein schutzwürdiges Interesse daran besteht, von dem Vollzug eines rechtmäßigen Verwaltungsaktes verschont zu bleiben. Nur wenn die Vollziehung einen erheblichen, nicht mehr rückgängig zu machenden Eingriff darstellt, mithin vollendete Tatsachen schafft, könnte auch in diesem Fall das private Interesse des Antragstellers überwiegen (vgl. Schmidt in Eyermann, a. a. O. Rn. 76).

Im vorliegenden Fall wird die Klage voraussichtlich keinen Erfolg haben.

aa. Unter Zugrundelegung der im Eilverfahren gebotenen summarischen Prüfung ist die Ablehnung der Aufenthaltserlaubnis vom 13. Mai 2016 rechtmäßig und verletzt den Antragsteller nicht in seinen Rechten. Denn der Antragsteller hat keinen Anspruch auf die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis oder auf eine Neuverbescheidung durch die Antragsgegnerin. Somit war auch die Ablehnung des Antrags rechtmäßig.

Die Aufenthaltserlaubnis kann nach § 31 Abs. 1 AufenthG nur verlängert werden, wenn auch die allgemeinen Erteilungsvoraussetzungen des § 5 AufenthG vorliegen (§ 8 Abs. 1 AufenthG). Im vorliegenden Fall steht das Ausweisungsinteresse des § 5 Abs. 1 Nr. 2 i. V. m. § 54 Abs. 2 Nr. 9 AufenthG der Erteilung entgegen, da der Antragsteller einen nicht nur vereinzelten oder geringfügigen Verstoß gegen Rechtsvorschriften begangen hat, für die aktuelle Prognose von einer weiter bestehenden Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung auszugehen ist und kein atypischer Fall vorliegt. Unbeachtlich ist ein Rechtsverstoß nur dann, wenn er vereinzelt und geringfügig ist. Der Kläger ist im Zeitraum von 2012 bis 2015 fünf Mal rechtskräftig zu Geldstrafen zwischen 25 und 100 Tagessätzen verurteilt worden, mithin durchschnittlich mehr als einmal jährlich. Die Delikte richteten sich gegen verschiedene Rechtsgüter und entgegen der Ansicht des Bevollmächtigten des Antragstellers sind auch die begangenen Fahrlässigkeitstaten beachtlich (vgl. Bauer in Bergmann/Dienelt Ausländerrecht 11. Aufl. 2016 § 54 AufenthG Rn. 78). Die Eigentums- und Vermögensdelikte, die der Antragsteller begangen hat, waren nicht nur auf geringfügige Beträge gerichtet. Die kurze Rückfallgeschwindigkeit lässt den Schluss zu, der Antragsteller werde sich auch weiterhin nicht an die deutschen Strafnormen halten, zumal die letzte Verurteilung im vergangenen Jahr erfolgte. Ebenso wenig ist das Ausweisungsinteresse „verbraucht“, weil die Antragsgegnerin den Antragsteller verwarnte. Zwar entfaltet der in der Verwarnung vom 21. Mai 2015 enthaltene Verzicht auf die Ausweisung dahingehend Vertrauensschutz, dass die genannten Straftaten nicht doch als Ausweisungsinteresse herangezogen werden (vgl. BVerwG, U. v. 20.11.1999 - 1 C 11/99 - juris, VGH Mannheim, U. v. 13.01.2016 - 11 S 889/15 - juris, Graßhof in Beck’scher Onlinekommentar Ausländerrecht, 11. Edition, Stand: 15.08.2016, § 53 AufenthG Rn. 31 ff.). Jedoch gilt dieser Vertrauensschutz nur, soweit die maßgebliche Sach- und Rechtslage sich nicht ändert (vgl. BVerwG, U. v. 20.11.1999 - 1 C 11/99 - juris, Graßhof, a. a. O. Rn. 31). Eine solche Änderung ist vorliegend durch die Trennung und Scheidung des Antragstellers von seiner Ehefrau eingetreten. Denn für die Entscheidung, von der Ausweisung abzusehen, war auch die bestehende Ehe des Antragstellers maßgeblich. Die Antragsgegnerin hat ausdrücklich in der Verwarnung auf die Ehe des Antragstellers hingewiesen, indem sie dem Antragsteller mitteilte, die Ehe schütze ihn nicht vor ausländerrechtlichen Konsequenzen, und die Ehe als Belang gewürdigt. Mit der Scheidung hat mithin sich der ausweisungsrechtlich erhebliche Sachverhalt geändert, so dass der Vertrauensschutz überwunden wird (vgl. OVG Berlin-Brandenburg, B. v. 13.07.2004 - 8 N 150.03 - juris).

Ausreichende Gründe, welche die Straffälligkeit des Antragstellers als atypischen Sonderfall erscheinen lassen, wurden nicht vorgebracht und sind auch sonst nicht ersichtlich.

Hiernach erscheint die Entscheidung der Antragsgegnerin nach summarischer Prüfung rechtmäßig.

bb. Auch der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung bezüglich der Abschiebungsandrohung und die dem Antragsteller zur freiwilligen Ausreise gesetzte Frist (Nr. 4 des Bescheids) ist unbegründet. Die Rechtsgrundlage hierzu findet sich in § 59 AufenthG. Der Antragsteller ist mit der Ablehnung des Antrags auf Aufenthaltserlaubnis vollziehbar ausreisepflichtig (vgl. § 58 Abs. 2 Satz 2 AufenthG). Der Bescheid erfüllt die formalen Voraussetzungen des § 59 AufenthG. Die dem Antragsteller vorsorglich gewährte Frist zur freiwilligen Ausreise von über einem Monat ist angemessen und ausreichend zur Regelung der persönlichen Angelegenheiten (§ 59 Abs. 1 Satz 1 AufenthG).

3. Der Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO war daher mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzulehnen.

4. Die Streitwertfestsetzung beruht auf den §§ 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 1 GKG i. V. m. dem Streitwertkatalog.

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

(1) Die Abschiebung ist unter Bestimmung einer angemessenen Frist zwischen sieben und 30 Tagen für die freiwillige Ausreise anzudrohen. Ausnahmsweise kann eine kürzere Frist gesetzt oder von einer Fristsetzung abgesehen werden, wenn dies im Einzelfall zur Wahrung überwiegender öffentlicher Belange zwingend erforderlich ist, insbesondere wenn

1.
der begründete Verdacht besteht, dass der Ausländer sich der Abschiebung entziehen will, oder
2.
von dem Ausländer eine erhebliche Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung ausgeht.
Unter den in Satz 2 genannten Voraussetzungen kann darüber hinaus auch von einer Abschiebungsandrohung abgesehen werden, wenn
1.
der Aufenthaltstitel nach § 51 Absatz 1 Nummer 3 bis 5 erloschen ist oder
2.
der Ausländer bereits unter Wahrung der Erfordernisse des § 77 auf das Bestehen seiner Ausreisepflicht hingewiesen worden ist.
Die Ausreisefrist kann unter Berücksichtigung der besonderen Umstände des Einzelfalls angemessen verlängert oder für einen längeren Zeitraum festgesetzt werden. § 60a Absatz 2 bleibt unberührt. Wenn die Vollziehbarkeit der Ausreisepflicht oder der Abschiebungsandrohung entfällt, wird die Ausreisefrist unterbrochen und beginnt nach Wiedereintritt der Vollziehbarkeit erneut zu laufen. Einer erneuten Fristsetzung bedarf es nicht. Nach Ablauf der Frist zur freiwilligen Ausreise darf der Termin der Abschiebung dem Ausländer nicht angekündigt werden.

(2) In der Androhung soll der Staat bezeichnet werden, in den der Ausländer abgeschoben werden soll, und der Ausländer darauf hingewiesen werden, dass er auch in einen anderen Staat abgeschoben werden kann, in den er einreisen darf oder der zu seiner Übernahme verpflichtet ist. Gebietskörperschaften im Sinne der Anhänge I und II der Verordnung (EU) 2018/1806 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. November 2018 zur Aufstellung der Liste der Drittländer, deren Staatsangehörige beim Überschreiten der Außengrenzen im Besitz eines Visums sein müssen, sowie der Liste der Drittländer, deren Staatsangehörige von dieser Visumpflicht befreit sind (ABl. L 303 vom 28.11.2018, S. 39), sind Staaten gleichgestellt.

(3) Dem Erlass der Androhung steht das Vorliegen von Abschiebungsverboten und Gründen für die vorübergehende Aussetzung der Abschiebung nicht entgegen. In der Androhung ist der Staat zu bezeichnen, in den der Ausländer nicht abgeschoben werden darf. Stellt das Verwaltungsgericht das Vorliegen eines Abschiebungsverbots fest, so bleibt die Rechtmäßigkeit der Androhung im Übrigen unberührt.

(4) Nach dem Eintritt der Unanfechtbarkeit der Abschiebungsandrohung bleiben für weitere Entscheidungen der Ausländerbehörde über die Abschiebung oder die Aussetzung der Abschiebung Umstände unberücksichtigt, die einer Abschiebung in den in der Abschiebungsandrohung bezeichneten Staat entgegenstehen und die vor dem Eintritt der Unanfechtbarkeit der Abschiebungsandrohung eingetreten sind; sonstige von dem Ausländer geltend gemachte Umstände, die der Abschiebung oder der Abschiebung in diesen Staat entgegenstehen, können unberücksichtigt bleiben. Die Vorschriften, nach denen der Ausländer die im Satz 1 bezeichneten Umstände gerichtlich im Wege der Klage oder im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes nach der Verwaltungsgerichtsordnung geltend machen kann, bleiben unberührt.

(5) In den Fällen des § 58 Abs. 3 Nr. 1 bedarf es keiner Fristsetzung; der Ausländer wird aus der Haft oder dem öffentlichen Gewahrsam abgeschoben. Die Abschiebung soll mindestens eine Woche vorher angekündigt werden.

(6) Über die Fristgewährung nach Absatz 1 wird dem Ausländer eine Bescheinigung ausgestellt.

(7) Liegen der Ausländerbehörde konkrete Anhaltspunkte dafür vor, dass der Ausländer Opfer einer in § 25 Absatz 4a Satz 1 oder in § 25 Absatz 4b Satz 1 genannten Straftat wurde, setzt sie abweichend von Absatz 1 Satz 1 eine Ausreisefrist, die so zu bemessen ist, dass er eine Entscheidung über seine Aussagebereitschaft nach § 25 Absatz 4a Satz 2 Nummer 3 oder nach § 25 Absatz 4b Satz 2 Nummer 2 treffen kann. Die Ausreisefrist beträgt mindestens drei Monate. Die Ausländerbehörde kann von der Festsetzung einer Ausreisefrist nach Satz 1 absehen, diese aufheben oder verkürzen, wenn

1.
der Aufenthalt des Ausländers die öffentliche Sicherheit und Ordnung oder sonstige erhebliche Interessen der Bundesrepublik Deutschland beeinträchtigt oder
2.
der Ausländer freiwillig nach der Unterrichtung nach Satz 4 wieder Verbindung zu den Personen nach § 25 Absatz 4a Satz 2 Nummer 2 aufgenommen hat.
Die Ausländerbehörde oder eine durch sie beauftragte Stelle unterrichtet den Ausländer über die geltenden Regelungen, Programme und Maßnahmen für Opfer von in § 25 Absatz 4a Satz 1 genannten Straftaten.

(8) Ausländer, die ohne die nach § 4a Absatz 5 erforderliche Berechtigung zur Erwerbstätigkeit beschäftigt waren, sind vor der Abschiebung über die Rechte nach Artikel 6 Absatz 2 und Artikel 13 der Richtlinie 2009/52/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 18. Juni 2009 über Mindeststandards für Sanktionen und Maßnahmen gegen Arbeitgeber, die Drittstaatsangehörige ohne rechtmäßigen Aufenthalt beschäftigen (ABl. L 168 vom 30.6.2009, S. 24), zu unterrichten.

(1) Der Ausländer ist abzuschieben, wenn die Ausreisepflicht vollziehbar ist, eine Ausreisefrist nicht gewährt wurde oder diese abgelaufen ist, und die freiwillige Erfüllung der Ausreisepflicht nicht gesichert ist oder aus Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung eine Überwachung der Ausreise erforderlich erscheint. Bei Eintritt einer der in § 59 Absatz 1 Satz 2 genannten Voraussetzungen innerhalb der Ausreisefrist soll der Ausländer vor deren Ablauf abgeschoben werden.

(1a) Vor der Abschiebung eines unbegleiteten minderjährigen Ausländers hat sich die Behörde zu vergewissern, dass dieser im Rückkehrstaat einem Mitglied seiner Familie, einer zur Personensorge berechtigten Person oder einer geeigneten Aufnahmeeinrichtung übergeben wird.

(1b) Ein Ausländer, der eine Erlaubnis zum Daueraufenthalt – EU besitzt oder eine entsprechende Rechtsstellung in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union innehat und in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union international Schutzberechtigter ist, darf außer in den Fällen des § 60 Absatz 8 Satz 1 nur in den schutzgewährenden Mitgliedstaat abgeschoben werden. § 60 Absatz 2, 3, 5 und 7 bleibt unberührt.

(2) Die Ausreisepflicht ist vollziehbar, wenn der Ausländer

1.
unerlaubt eingereist ist,
2.
noch nicht die erstmalige Erteilung des erforderlichen Aufenthaltstitels oder noch nicht die Verlängerung beantragt hat oder trotz erfolgter Antragstellung der Aufenthalt nicht nach § 81 Abs. 3 als erlaubt oder der Aufenthaltstitel nach § 81 Abs. 4 nicht als fortbestehend gilt oder
3.
auf Grund einer Rückführungsentscheidung eines anderen Mitgliedstaates der Europäischen Union gemäß Artikel 3 der Richtlinie 2001/40/EG des Rates vom 28. Mai 2001 über die gegenseitige Anerkennung von Entscheidungen über die Rückführung von Drittstaatsangehörigen (ABl. EG Nr. L 149 S. 34) ausreisepflichtig wird, sofern diese von der zuständigen Behörde anerkannt wird.
Im Übrigen ist die Ausreisepflicht erst vollziehbar, wenn die Versagung des Aufenthaltstitels oder der sonstige Verwaltungsakt, durch den der Ausländer nach § 50 Abs. 1 ausreisepflichtig wird, vollziehbar ist.

(3) Die Überwachung der Ausreise ist insbesondere erforderlich, wenn der Ausländer

1.
sich auf richterliche Anordnung in Haft oder in sonstigem öffentlichen Gewahrsam befindet,
2.
innerhalb der ihm gesetzten Ausreisefrist nicht ausgereist ist,
3.
auf Grund eines besonders schwerwiegenden Ausweisungsinteresses nach § 54 Absatz 1 in Verbindung mit § 53 ausgewiesen worden ist,
4.
mittellos ist,
5.
keinen Pass oder Passersatz besitzt,
6.
gegenüber der Ausländerbehörde zum Zweck der Täuschung unrichtige Angaben gemacht oder die Angaben verweigert hat oder
7.
zu erkennen gegeben hat, dass er seiner Ausreisepflicht nicht nachkommen wird.

(4) Die die Abschiebung durchführende Behörde ist befugt, zum Zweck der Abschiebung den Ausländer zum Flughafen oder Grenzübergang zu verbringen und ihn zu diesem Zweck kurzzeitig festzuhalten. Das Festhalten ist auf das zur Durchführung der Abschiebung unvermeidliche Maß zu beschränken.

(5) Soweit der Zweck der Durchführung der Abschiebung es erfordert, kann die die Abschiebung durchführende Behörde die Wohnung des abzuschiebenden Ausländers zu dem Zweck seiner Ergreifung betreten, wenn Tatsachen vorliegen, aus denen zu schließen ist, dass sich der Ausländer dort befindet. Die Wohnung umfasst die Wohn- und Nebenräume, Arbeits-, Betriebs- und Geschäftsräume sowie anderes befriedetes Besitztum.

(6) Soweit der Zweck der Durchführung der Abschiebung es erfordert, kann die die Abschiebung durchführende Behörde eine Durchsuchung der Wohnung des abzuschiebenden Ausländers zu dem Zweck seiner Ergreifung vornehmen. Bei anderen Personen sind Durchsuchungen nur zur Ergreifung des abzuschiebenden Ausländers zulässig, wenn Tatsachen vorliegen, aus denen zu schließen ist, dass der Ausländer sich in den zu durchsuchenden Räumen befindet. Absatz 5 Satz 2 gilt entsprechend.

(7) Zur Nachtzeit darf die Wohnung nur betreten oder durchsucht werden, wenn Tatsachen vorliegen, aus denen zu schließen ist, dass die Ergreifung des Ausländers zum Zweck seiner Abschiebung andernfalls vereitelt wird. Die Organisation der Abschiebung ist keine Tatsache im Sinne von Satz 1.

(8) Durchsuchungen nach Absatz 6 dürfen nur durch den Richter, bei Gefahr im Verzug auch durch die die Abschiebung durchführende Behörde angeordnet werden. Die Annahme von Gefahr im Verzug kann nach Betreten der Wohnung nach Absatz 5 nicht darauf gestützt werden, dass der Ausländer nicht angetroffen wurde.

(9) Der Inhaber der zu durchsuchenden Räume darf der Durchsuchung beiwohnen. Ist er abwesend, so ist, wenn möglich, sein Vertreter oder ein erwachsener Angehöriger, Hausgenosse oder Nachbar hinzuzuziehen. Dem Inhaber oder der in dessen Abwesenheit hinzugezogenen Person ist in den Fällen des Absatzes 6 Satz 2 der Zweck der Durchsuchung vor deren Beginn bekannt zu machen. Über die Durchsuchung ist eine Niederschrift zu fertigen. Sie muss die verantwortliche Dienststelle, Grund, Zeit und Ort der Durchsuchung und, falls keine gerichtliche Anordnung ergangen ist, auch Tatsachen, welche die Annahme einer Gefahr im Verzug begründet haben, enthalten. Dem Wohnungsinhaber oder seinem Vertreter ist auf Verlangen eine Abschrift der Niederschrift auszuhändigen. Ist die Anfertigung der Niederschrift oder die Aushändigung einer Abschrift nach den besonderen Umständen des Falles nicht möglich oder würde sie den Zweck der Durchsuchung gefährden, so sind dem Wohnungsinhaber oder der hinzugezogenen Person lediglich die Durchsuchung unter Angabe der verantwortlichen Dienststelle sowie Zeit und Ort der Durchsuchung schriftlich zu bestätigen.

(10) Weitergehende Regelungen der Länder, die den Regelungsgehalt der Absätze 5 bis 9 betreffen, bleiben unberührt.

(1) Ein Aufenthaltstitel wird einem Ausländer nur auf seinen Antrag erteilt, soweit nichts anderes bestimmt ist.

(2) Ein Aufenthaltstitel, der nach Maßgabe der Rechtsverordnung nach § 99 Abs. 1 Nr. 2 nach der Einreise eingeholt werden kann, ist unverzüglich nach der Einreise oder innerhalb der in der Rechtsverordnung bestimmten Frist zu beantragen. Für ein im Bundesgebiet geborenes Kind, dem nicht von Amts wegen ein Aufenthaltstitel zu erteilen ist, ist der Antrag innerhalb von sechs Monaten nach der Geburt zu stellen.

(3) Beantragt ein Ausländer, der sich rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält, ohne einen Aufenthaltstitel zu besitzen, die Erteilung eines Aufenthaltstitels, gilt sein Aufenthalt bis zur Entscheidung der Ausländerbehörde als erlaubt. Wird der Antrag verspätet gestellt, gilt ab dem Zeitpunkt der Antragstellung bis zur Entscheidung der Ausländerbehörde die Abschiebung als ausgesetzt.

(4) Beantragt ein Ausländer vor Ablauf seines Aufenthaltstitels dessen Verlängerung oder die Erteilung eines anderen Aufenthaltstitels, gilt der bisherige Aufenthaltstitel vom Zeitpunkt seines Ablaufs bis zur Entscheidung der Ausländerbehörde als fortbestehend. Dies gilt nicht für ein Visum nach § 6 Absatz 1. Wurde der Antrag auf Erteilung oder Verlängerung eines Aufenthaltstitels verspätet gestellt, kann die Ausländerbehörde zur Vermeidung einer unbilligen Härte die Fortgeltungswirkung anordnen.

(5) Dem Ausländer ist eine Bescheinigung über die Wirkung seiner Antragstellung (Fiktionsbescheinigung) auszustellen.

(5a) In den Fällen der Absätze 3 und 4 gilt die in dem künftigen Aufenthaltstitel für einen Aufenthalt nach Kapitel 2 Abschnitt 3 und 4 beschriebene Erwerbstätigkeit ab Veranlassung der Ausstellung bis zur Ausgabe des Dokuments nach § 78 Absatz 1 Satz 1 als erlaubt. Die Erlaubnis zur Erwerbstätigkeit nach Satz 1 ist in die Bescheinigung nach Absatz 5 aufzunehmen.

(6) Wenn der Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis zum Familiennachzug zu einem Inhaber einer ICT-Karte oder einer Mobiler-ICT-Karte gleichzeitig mit dem Antrag auf Erteilung einer ICT-Karte oder einer Mobiler-ICT-Karte gestellt wird, so wird über den Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis zum Zweck des Familiennachzugs gleichzeitig mit dem Antrag auf Erteilung einer ICT-Karte oder einer Mobiler-ICT-Karte entschieden.

(7) Ist die Identität durch erkennungsdienstliche Behandlung gemäß § 49 dieses Gesetzes oder § 16 des Asylgesetzes zu sichern, so darf eine Fiktionsbescheinigung nach Absatz 5 nur ausgestellt oder ein Aufenthaltstitel nur erteilt werden, wenn die erkennungsdienstliche Behandlung durchgeführt worden ist und eine Speicherung der hierdurch gewonnenen Daten im Ausländerzentralregister erfolgt ist.

Einem Kind, das im Bundesgebiet geboren wird, kann abweichend von den §§ 5 und 29 Abs. 1 Nr. 2 von Amts wegen eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn ein Elternteil eine Aufenthaltserlaubnis, eine Niederlassungserlaubnis oder eine Erlaubnis zum Daueraufenthalt – EU besitzt. Wenn zum Zeitpunkt der Geburt beide Elternteile oder der allein personensorgeberechtigte Elternteil eine Aufenthaltserlaubnis, eine Niederlassungserlaubnis oder eine Erlaubnis zum Daueraufenthalt – EU besitzen, wird dem im Bundesgebiet geborenen Kind die Aufenthaltserlaubnis von Amts wegen erteilt. Der Aufenthalt eines im Bundesgebiet geborenen Kindes, dessen Mutter oder Vater zum Zeitpunkt der Geburt im Besitz eines Visums ist oder sich visumfrei aufhalten darf, gilt bis zum Ablauf des Visums oder des rechtmäßigen visumfreien Aufenthalts als erlaubt.

(1) Der Aufenthaltstitel erlischt in folgenden Fällen:

1.
Ablauf seiner Geltungsdauer,
2.
Eintritt einer auflösenden Bedingung,
3.
Rücknahme des Aufenthaltstitels,
4.
Widerruf des Aufenthaltstitels,
5.
Ausweisung des Ausländers,
5a.
Bekanntgabe einer Abschiebungsanordnung nach § 58a,
6.
wenn der Ausländer aus einem seiner Natur nach nicht vorübergehenden Grunde ausreist,
7.
wenn der Ausländer ausgereist und nicht innerhalb von sechs Monaten oder einer von der Ausländerbehörde bestimmten längeren Frist wieder eingereist ist,
8.
wenn ein Ausländer nach Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß der §§ 22, 23 oder § 25 Abs. 3 bis 5 einen Asylantrag stellt;
ein für mehrere Einreisen oder mit einer Geltungsdauer von mehr als 90 Tagen erteiltes Visum erlischt nicht nach den Nummern 6 und 7.

(1a) Die Gültigkeit einer nach § 19 erteilten ICT-Karte erlischt nicht nach Absatz 1 Nummer 6 und 7, wenn der Ausländer von der in der Richtlinie 2014/66/EU vorgesehenen Möglichkeit Gebrauch macht, einen Teil des unternehmensinternen Transfers in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union durchzuführen. Die Gültigkeit einer nach § 16b oder § 18d erteilten Aufenthaltserlaubnis erlischt nicht nach Absatz 1 Nummer 6 und 7, wenn der Ausländer von der in der Richtlinie (EU) 2016/801 vorgesehenen Möglichkeit Gebrauch macht, einen Teil des Studiums oder des Forschungsvorhabens in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union durchzuführen.

(2) Die Niederlassungserlaubnis eines Ausländers, der sich mindestens 15 Jahre rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat sowie die Niederlassungserlaubnis seines mit ihm in ehelicher Lebensgemeinschaft lebenden Ehegatten erlöschen nicht nach Absatz 1 Nr. 6 und 7, wenn deren Lebensunterhalt gesichert ist und kein Ausweisungsinteresse nach § 54 Absatz 1 Nummer 2 bis 5 oder Absatz 2 Nummer 5 bis 7 besteht. Die Niederlassungserlaubnis eines mit einem Deutschen in ehelicher Lebensgemeinschaft lebenden Ausländers erlischt nicht nach Absatz 1 Nr. 6 und 7, wenn kein Ausweisungsinteresse nach § 54 Absatz 1 Nummer 2 bis 5 oder Absatz 2 Nummer 5 bis 7 besteht. Zum Nachweis des Fortbestandes der Niederlassungserlaubnis stellt die Ausländerbehörde am Ort des letzten gewöhnlichen Aufenthalts auf Antrag eine Bescheinigung aus.

(3) Der Aufenthaltstitel erlischt nicht nach Absatz 1 Nr. 7, wenn die Frist lediglich wegen Erfüllung der gesetzlichen Wehrpflicht im Heimatstaat überschritten wird und der Ausländer innerhalb von drei Monaten nach der Entlassung aus dem Wehrdienst wieder einreist.

(4) Nach Absatz 1 Nr. 7 wird in der Regel eine längere Frist bestimmt, wenn der Ausländer aus einem seiner Natur nach vorübergehenden Grunde ausreisen will und eine Niederlassungserlaubnis besitzt oder wenn der Aufenthalt außerhalb des Bundesgebiets Interessen der Bundesrepublik Deutschland dient. Abweichend von Absatz 1 Nummer 6 und 7 erlischt der Aufenthaltstitel eines Ausländers nicht, wenn er die Voraussetzungen des § 37 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 erfüllt, rechtswidrig mit Gewalt oder Drohung mit einem empfindlichen Übel zur Eingehung der Ehe genötigt und von der Rückkehr nach Deutschland abgehalten wurde und innerhalb von drei Monaten nach Wegfall der Zwangslage, spätestens jedoch innerhalb von zehn Jahren seit der Ausreise, wieder einreist.

(5) Die Befreiung vom Erfordernis des Aufenthaltstitels entfällt, wenn der Ausländer ausgewiesen, zurückgeschoben oder abgeschoben wird; § 11 Absatz 2 bis 5 findet entsprechende Anwendung.

(6) Räumliche und sonstige Beschränkungen und Auflagen nach diesem und nach anderen Gesetzen bleiben auch nach Wegfall des Aufenthaltstitels oder der Aussetzung der Abschiebung in Kraft, bis sie aufgehoben werden oder der Ausländer seiner Ausreisepflicht nachgekommen ist.

(7) Im Falle der Ausreise eines Asylberechtigten oder eines Ausländers, dem das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge unanfechtbar die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt hat, erlischt der Aufenthaltstitel nicht, solange er im Besitz eines gültigen, von einer deutschen Behörde ausgestellten Reiseausweises für Flüchtlinge ist. Der Ausländer hat auf Grund seiner Anerkennung als Asylberechtigter oder der unanfechtbaren Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft durch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge keinen Anspruch auf erneute Erteilung eines Aufenthaltstitels, wenn er das Bundesgebiet verlassen hat und die Zuständigkeit für die Ausstellung eines Reiseausweises für Flüchtlinge auf einen anderen Staat übergegangen ist.

(8) Vor der Aufhebung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 38a Abs. 1, vor einer Ausweisung eines Ausländers, der eine solche Aufenthaltserlaubnis besitzt und vor dem Erlass einer gegen ihn gerichteten Abschiebungsanordnung nach § 58a gibt die zuständige Behörde in dem Verfahren nach § 91c Absatz 2 über das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge dem Mitgliedstaat der Europäischen Union, in dem der Ausländer die Rechtsstellung eines langfristig Aufenthaltsberechtigten besitzt, Gelegenheit zur Stellungnahme, wenn die Abschiebung in ein Gebiet erwogen wird, in dem diese Rechtsstellung nicht erworben werden kann. Geht die Stellungnahme des anderen Mitgliedstaates rechtzeitig ein, wird sie von der zuständigen Behörde berücksichtigt.

(8a) Soweit die Behörden anderer Schengen-Staaten über Entscheidungen nach Artikel 34 der Verordnung (EG) Nr. 810/2009, die durch die Ausländerbehörden getroffen wurden, zu unterrichten sind, erfolgt dies über das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge. Die mit der polizeilichen Kontrolle des grenzüberschreitenden Verkehrs beauftragten Behörden unterrichten die Behörden anderer Schengen-Staaten unmittelbar über ihre Entscheidungen nach Artikel 34 der Verordnung (EG) Nr. 810/2009.

(9) Die Erlaubnis zum Daueraufenthalt – EU erlischt nur, wenn

1.
ihre Erteilung wegen Täuschung, Drohung oder Bestechung zurückgenommen wird,
2.
der Ausländer ausgewiesen oder ihm eine Abschiebungsanordnung nach § 58a bekannt gegeben wird,
3.
sich der Ausländer für einen Zeitraum von zwölf aufeinander folgenden Monaten außerhalb des Gebiets aufhält, in dem die Rechtsstellung eines langfristig Aufenthaltsberechtigten erworben werden kann; der Zeitraum beträgt 24 aufeinanderfolgende Monate bei einem Ausländer, der zuvor im Besitz einer Blauen Karte EU war, und bei seinen Familienangehörigen, die zuvor im Besitz einer Aufenthaltserlaubnis nach den §§ 30, 32, 33 oder 36 waren,
4.
sich der Ausländer für einen Zeitraum von sechs Jahren außerhalb des Bundesgebiets aufhält oder
5.
der Ausländer die Rechtsstellung eines langfristig Aufenthaltsberechtigten in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union erwirbt.
Auf die in Satz 1 Nr. 3 und 4 genannten Fälle sind die Absätze 2 bis 4 entsprechend anzuwenden.

(10) Abweichend von Absatz 1 Nummer 7 beträgt die Frist für die Blaue Karte EU und die Aufenthaltserlaubnisse nach den §§ 30, 32, 33 oder 36, die den Familienangehörigen eines Inhabers einer Blauen Karte EU erteilt worden sind, zwölf Monate. Gleiches gilt für die Niederlassungserlaubnis eines Ausländers, der sich mindestens 15 Jahre rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat sowie die Niederlassungserlaubnis eines mit ihm in ehelicher Lebensgemeinschaft lebenden Ehegatten, wenn sie das 60. Lebensjahr vollendet haben.

(1) Ein Aufenthaltstitel wird einem Ausländer nur auf seinen Antrag erteilt, soweit nichts anderes bestimmt ist.

(2) Ein Aufenthaltstitel, der nach Maßgabe der Rechtsverordnung nach § 99 Abs. 1 Nr. 2 nach der Einreise eingeholt werden kann, ist unverzüglich nach der Einreise oder innerhalb der in der Rechtsverordnung bestimmten Frist zu beantragen. Für ein im Bundesgebiet geborenes Kind, dem nicht von Amts wegen ein Aufenthaltstitel zu erteilen ist, ist der Antrag innerhalb von sechs Monaten nach der Geburt zu stellen.

(3) Beantragt ein Ausländer, der sich rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält, ohne einen Aufenthaltstitel zu besitzen, die Erteilung eines Aufenthaltstitels, gilt sein Aufenthalt bis zur Entscheidung der Ausländerbehörde als erlaubt. Wird der Antrag verspätet gestellt, gilt ab dem Zeitpunkt der Antragstellung bis zur Entscheidung der Ausländerbehörde die Abschiebung als ausgesetzt.

(4) Beantragt ein Ausländer vor Ablauf seines Aufenthaltstitels dessen Verlängerung oder die Erteilung eines anderen Aufenthaltstitels, gilt der bisherige Aufenthaltstitel vom Zeitpunkt seines Ablaufs bis zur Entscheidung der Ausländerbehörde als fortbestehend. Dies gilt nicht für ein Visum nach § 6 Absatz 1. Wurde der Antrag auf Erteilung oder Verlängerung eines Aufenthaltstitels verspätet gestellt, kann die Ausländerbehörde zur Vermeidung einer unbilligen Härte die Fortgeltungswirkung anordnen.

(5) Dem Ausländer ist eine Bescheinigung über die Wirkung seiner Antragstellung (Fiktionsbescheinigung) auszustellen.

(5a) In den Fällen der Absätze 3 und 4 gilt die in dem künftigen Aufenthaltstitel für einen Aufenthalt nach Kapitel 2 Abschnitt 3 und 4 beschriebene Erwerbstätigkeit ab Veranlassung der Ausstellung bis zur Ausgabe des Dokuments nach § 78 Absatz 1 Satz 1 als erlaubt. Die Erlaubnis zur Erwerbstätigkeit nach Satz 1 ist in die Bescheinigung nach Absatz 5 aufzunehmen.

(6) Wenn der Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis zum Familiennachzug zu einem Inhaber einer ICT-Karte oder einer Mobiler-ICT-Karte gleichzeitig mit dem Antrag auf Erteilung einer ICT-Karte oder einer Mobiler-ICT-Karte gestellt wird, so wird über den Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis zum Zweck des Familiennachzugs gleichzeitig mit dem Antrag auf Erteilung einer ICT-Karte oder einer Mobiler-ICT-Karte entschieden.

(7) Ist die Identität durch erkennungsdienstliche Behandlung gemäß § 49 dieses Gesetzes oder § 16 des Asylgesetzes zu sichern, so darf eine Fiktionsbescheinigung nach Absatz 5 nur ausgestellt oder ein Aufenthaltstitel nur erteilt werden, wenn die erkennungsdienstliche Behandlung durchgeführt worden ist und eine Speicherung der hierdurch gewonnenen Daten im Ausländerzentralregister erfolgt ist.

(1) Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutze der staatlichen Ordnung.

(2) Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht. Über ihre Betätigung wacht die staatliche Gemeinschaft.

(3) Gegen den Willen der Erziehungsberechtigten dürfen Kinder nur auf Grund eines Gesetzes von der Familie getrennt werden, wenn die Erziehungsberechtigten versagen oder wenn die Kinder aus anderen Gründen zu verwahrlosen drohen.

(4) Jede Mutter hat Anspruch auf den Schutz und die Fürsorge der Gemeinschaft.

(5) Den unehelichen Kindern sind durch die Gesetzgebung die gleichen Bedingungen für ihre leibliche und seelische Entwicklung und ihre Stellung in der Gesellschaft zu schaffen wie den ehelichen Kindern.

(1) Alle Deutschen haben das Recht, sich ohne Anmeldung oder Erlaubnis friedlich und ohne Waffen zu versammeln.

(2) Für Versammlungen unter freiem Himmel kann dieses Recht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes beschränkt werden.

(1) Die Abschiebung ist unter Bestimmung einer angemessenen Frist zwischen sieben und 30 Tagen für die freiwillige Ausreise anzudrohen. Ausnahmsweise kann eine kürzere Frist gesetzt oder von einer Fristsetzung abgesehen werden, wenn dies im Einzelfall zur Wahrung überwiegender öffentlicher Belange zwingend erforderlich ist, insbesondere wenn

1.
der begründete Verdacht besteht, dass der Ausländer sich der Abschiebung entziehen will, oder
2.
von dem Ausländer eine erhebliche Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung ausgeht.
Unter den in Satz 2 genannten Voraussetzungen kann darüber hinaus auch von einer Abschiebungsandrohung abgesehen werden, wenn
1.
der Aufenthaltstitel nach § 51 Absatz 1 Nummer 3 bis 5 erloschen ist oder
2.
der Ausländer bereits unter Wahrung der Erfordernisse des § 77 auf das Bestehen seiner Ausreisepflicht hingewiesen worden ist.
Die Ausreisefrist kann unter Berücksichtigung der besonderen Umstände des Einzelfalls angemessen verlängert oder für einen längeren Zeitraum festgesetzt werden. § 60a Absatz 2 bleibt unberührt. Wenn die Vollziehbarkeit der Ausreisepflicht oder der Abschiebungsandrohung entfällt, wird die Ausreisefrist unterbrochen und beginnt nach Wiedereintritt der Vollziehbarkeit erneut zu laufen. Einer erneuten Fristsetzung bedarf es nicht. Nach Ablauf der Frist zur freiwilligen Ausreise darf der Termin der Abschiebung dem Ausländer nicht angekündigt werden.

(2) In der Androhung soll der Staat bezeichnet werden, in den der Ausländer abgeschoben werden soll, und der Ausländer darauf hingewiesen werden, dass er auch in einen anderen Staat abgeschoben werden kann, in den er einreisen darf oder der zu seiner Übernahme verpflichtet ist. Gebietskörperschaften im Sinne der Anhänge I und II der Verordnung (EU) 2018/1806 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. November 2018 zur Aufstellung der Liste der Drittländer, deren Staatsangehörige beim Überschreiten der Außengrenzen im Besitz eines Visums sein müssen, sowie der Liste der Drittländer, deren Staatsangehörige von dieser Visumpflicht befreit sind (ABl. L 303 vom 28.11.2018, S. 39), sind Staaten gleichgestellt.

(3) Dem Erlass der Androhung steht das Vorliegen von Abschiebungsverboten und Gründen für die vorübergehende Aussetzung der Abschiebung nicht entgegen. In der Androhung ist der Staat zu bezeichnen, in den der Ausländer nicht abgeschoben werden darf. Stellt das Verwaltungsgericht das Vorliegen eines Abschiebungsverbots fest, so bleibt die Rechtmäßigkeit der Androhung im Übrigen unberührt.

(4) Nach dem Eintritt der Unanfechtbarkeit der Abschiebungsandrohung bleiben für weitere Entscheidungen der Ausländerbehörde über die Abschiebung oder die Aussetzung der Abschiebung Umstände unberücksichtigt, die einer Abschiebung in den in der Abschiebungsandrohung bezeichneten Staat entgegenstehen und die vor dem Eintritt der Unanfechtbarkeit der Abschiebungsandrohung eingetreten sind; sonstige von dem Ausländer geltend gemachte Umstände, die der Abschiebung oder der Abschiebung in diesen Staat entgegenstehen, können unberücksichtigt bleiben. Die Vorschriften, nach denen der Ausländer die im Satz 1 bezeichneten Umstände gerichtlich im Wege der Klage oder im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes nach der Verwaltungsgerichtsordnung geltend machen kann, bleiben unberührt.

(5) In den Fällen des § 58 Abs. 3 Nr. 1 bedarf es keiner Fristsetzung; der Ausländer wird aus der Haft oder dem öffentlichen Gewahrsam abgeschoben. Die Abschiebung soll mindestens eine Woche vorher angekündigt werden.

(6) Über die Fristgewährung nach Absatz 1 wird dem Ausländer eine Bescheinigung ausgestellt.

(7) Liegen der Ausländerbehörde konkrete Anhaltspunkte dafür vor, dass der Ausländer Opfer einer in § 25 Absatz 4a Satz 1 oder in § 25 Absatz 4b Satz 1 genannten Straftat wurde, setzt sie abweichend von Absatz 1 Satz 1 eine Ausreisefrist, die so zu bemessen ist, dass er eine Entscheidung über seine Aussagebereitschaft nach § 25 Absatz 4a Satz 2 Nummer 3 oder nach § 25 Absatz 4b Satz 2 Nummer 2 treffen kann. Die Ausreisefrist beträgt mindestens drei Monate. Die Ausländerbehörde kann von der Festsetzung einer Ausreisefrist nach Satz 1 absehen, diese aufheben oder verkürzen, wenn

1.
der Aufenthalt des Ausländers die öffentliche Sicherheit und Ordnung oder sonstige erhebliche Interessen der Bundesrepublik Deutschland beeinträchtigt oder
2.
der Ausländer freiwillig nach der Unterrichtung nach Satz 4 wieder Verbindung zu den Personen nach § 25 Absatz 4a Satz 2 Nummer 2 aufgenommen hat.
Die Ausländerbehörde oder eine durch sie beauftragte Stelle unterrichtet den Ausländer über die geltenden Regelungen, Programme und Maßnahmen für Opfer von in § 25 Absatz 4a Satz 1 genannten Straftaten.

(8) Ausländer, die ohne die nach § 4a Absatz 5 erforderliche Berechtigung zur Erwerbstätigkeit beschäftigt waren, sind vor der Abschiebung über die Rechte nach Artikel 6 Absatz 2 und Artikel 13 der Richtlinie 2009/52/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 18. Juni 2009 über Mindeststandards für Sanktionen und Maßnahmen gegen Arbeitgeber, die Drittstaatsangehörige ohne rechtmäßigen Aufenthalt beschäftigen (ABl. L 168 vom 30.6.2009, S. 24), zu unterrichten.

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens. Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Tatbestand

1

Der Kläger, türkischer Staatsangehöriger kurdischer Volkszugehörigkeit, reiste am 28.03.2013  auf dem Landweg in die Bundesrepublik Deutschland ein und stellte am 12.04.2013  einen Asylantrag.

2

Mit Schreiben vom 07.05.2013 teilte die Ausländerbehörde der Stadt C-Stadt der Beklagten mit, dass die neue Anschrift des Klägers …, C-Stadt lautet (Bl. 31 der Beiakte A).

3

Der Kläger wurde am 30.05.2013 persönlich vom Bundesamt angehört. Der Kläger trug im Wesentlichen vor, von der Polizei beim Verlassen des BDP-Vereines mit einem Freund, der ein Jahr in den Bergen gewesen und nach … zurückgekommen und von der Polizei überwacht worden sei, von dieser angehalten worden zu sein. Sein Freund sei weggelaufen. Die Polizei habe den Kläger geschlagen und gefragt, was er mit dieser Person zu tun habe, da dieser in den Bergen gewesen sei. Sie hätten ihn gefragt, wohin sein Freund geflüchtet sei und was er bei dem Verein gesucht habe, der terroristisch sei. Dies sei im Dezember 2012 geschehen. Im November 2010 sei er nach einem Angriff der Guerillas auf einer Fußballhalle am folgenden Tag aufgrund von Aufnahmen einer Überwachungskamera von Sicherheitskräften aufgesucht und zur Wache mitgenommen worden. Er sei gefragt worden, ob er mit dem Vorfall etwas zu tun gehabt habe. Er sei zwei Tage lang in Gewahrsam festgehalten worden und anschließend habe er gehen dürfen. Da er links eingestellt sei, habe er auch andere links eingestellte Vereine außer dem BDP- Verein besucht. Er habe z.B. ein Natur- und Kulturfestival aufgesucht und dabei Broschüren im Vorfeld verteilt. Er sei von Sicherheitskräften mitgenommen und geschlagen worden. Er sei sowohl von den Sicherheitskräften als von den Angehörigen der Partei unter Druck gesetzt worden. Er sei nach der Flucht seines Freundes mehrere Male von der Polizei auf der Straße angehalten und befragt worden. Daraufhin habe ihn der Vorsitzende der Partei sogar gewarnt, dass er zu oft mit Polizisten gesehen werde. Sein geflüchteter Freund habe der Polizei 60 Namen genannt und die Organisation habe gedacht, dass er auch damit etwas zu tun habe. Er sei in seiner Freizeit immer zu dem Verein gegangen, wenn er nicht gearbeitet habe. Sein Freund solle diese Namen vor der zweitätigen Inhaftnahme des Klägers genannt haben. Der Kläger sei aus Mangel an Beweisen nicht angeklagt worden, aber sie hätten ihn ständig bedroht. Aufgrund dessen sei er nach … gefahren und habe dort versucht, dort zu leben und nach Arbeit gefragt. Da er Kurde und Alevit sei, habe er keine Arbeit gefunden. Er habe sich dann mit seinem Vater in Verbindung gesetzt, der ihm vorgeschlagen habe, ins Ausland zu gehen und ihm Geld gegeben. Der Kläger habe ein Schlepper gefunden und sei dann in einem Lkw versteckt nach Deutschland gereist. Im Falle einer Rückkehr in seinen Heimatort erwarte ihn das gleiche wie vorher schon.

4

Mit Bescheid vom 10.03.2014 wurde der Antrag auf Asylanerkennung abgelehnt. Die Flüchtlingseigenschaft und der subsidiäre Schutzstatus wurden nicht zuerkannt. Zugleich wurde festgestellt, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG nicht vorliegen. Der Antragsteller wurde aufgefordert, die Bundesrepublik Deutschland innerhalb von 30 Tagen nach Bekanntgabe der Entscheidung zu verlassen. Das Vorbringen des Klägers gebe keine genügenden Hinweise darauf, dass er sein Heimatland aus begründeter Furcht vor bevorstehender flüchtlingsschutzrelevanter Verfolgung verlassen habe. Es sei nicht wahrscheinlich, dass er Maßnahmen von flüchtlingsschutzrelevanter Qualität zu gewärtigen habe, die über eine Beeinträchtigung durch Befragung und Ermahnung durch die Sicherheitsorgane bzw. Polizei hinausgingen. Bloße Befragungen und Ermittlungen, ohne dass ein durchgreifender asyl- bzw. flüchtlingsschutzrechtlicher Anknüpfungspunkt ersichtlich sei, begründeten keine flüchtlingsschutzerhebliche Vorverfolgung. Auch seine Freilassung vom Revier belege, dass kein erhebliches Ermittlungsinteresse in Bezug auf den Kläger bestanden habe.

5

Dem Kläger wurde der Bescheid mit Schreiben vom 11.03.2014 (Bl. 60 der Beiakte A) an die zuletzt bekannte Adresse (…, … C-Stadt) übersandt (Bl. 60 der Beiakte A). Die entsprechende Postzustellungsurkunde vom 12.03.2014 (Bl. 75 der Beiakte A) erhielt die Beklagte am 17.03.2014 mit dem Hinweis zurück, dass der Adressat unter der angegebenen Anschrift nicht zu ermitteln sei.

6

Mit Schreiben vom 22.04.2014 wurde der Ausländerbehörde der Stadt C-Stadt (Bl. 77 der Beiakte A) mitgeteilt, dass die Bestandskraft des Bescheides vom 10.03.2014 am 27.03.2014 eingetreten ist, da der Bescheid am 12.03.2014 als zugestellt gelte.

7

Mit Schreiben vom 26.09.2014 (Bl. 82 der Beiakte A) bat der Rechtsbeistand des Klägers die Beklagte um Mitteilung des Sachstandes.

8

Mit Schreiben vom 29.09.2014 (Bl. 85 der Beiakte A) wurde dem Rechtsbeistand des Klägers eine Kopie des Anhörungsprotokolls, des Bescheides und der Abschlussmitteilung übersandt.

9

Der Kläger hat am 10.10.2014 Klage erhoben.

10

Der Kläger beantragt die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand und macht geltend, dass er am 22.08.2014 von der „ in C-Stadt" in die „C-Straße in C-Stadt" umgezogen sei. Nach dem Umzug habe er dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge in Neumünster seine neue Anschrift schriftlich mitgeteilt. Im Übrigen wird zur Begründung auf den Vortrag des Klägers in seiner persönlichen Anhörung verwiesen.

11

Der Kläger beantragt,

12

den Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 10.03.2014, zugestellt am 06.10.2014, Az: 562 4993-163 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten,

13
1. den Kläger als Asylberechtigten anzuerkennen,
14
2. dem Kläger die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen,
15
3. hilfsweise dem Kläger den subsidiären Schutz zuzuerkennen,
16
4. hilfsweise die Voraussetzungen des § 60 Abs. 5 und 7 AufenthG festzustellen.
17

Die Beklagte beantragt schriftsätzlich,

18

die Klage abzuweisen.

19

Sie macht geltend, dass der Wiedereinsetzungsantrag abzulehnen sei. Die Zustellung des Bescheides vom 10.03.2014 sei gemäß § 10 Abs. 2 AsylVfG an die letzte bekannte Adresse erfolgt. Im Übrigen bezieht sie sich zur Begründung auf die angefochtene Entscheidung.

20

Die Kammer hat den Rechtsstreit nach § 76 AsylG auf den Einzelrichter übertragen.

21

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Schriftsätze der Beteiligten und den beigezogenen Verwaltungsvorgang verwiesen.

Entscheidungsgründe

22

Eine Entscheidung konnte gemäß § 102 Abs. 2 VwGO trotz des Ausbleibens der Beklagten in der mündlichen Verhandlung ergehen, da die Beklagte ordnungsgemäß geladen wurde und in der Ladung auf diese Möglichkeit hingewiesen worden ist.

23

Die Verpflichtungsklage nach § 42 Abs. 1 Alt. 2 VwGO ist zulässig.

24

Die Klagefrist nach § 74 Abs. 1 AsylG ist zwar nicht eingehalten worden. Hiernach ist die Klage gegen Entscheidungen nach dem AsylVfG innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung der Entscheidung zu erheben. Die Zustellung des Bescheides vom 10.03.2014 gilt am 12.03.2014 als bewirkt.

25

Nach § 10 Abs. 2 Satz 1 AsylG muss der Ausländer Zustellungen und formlose Mitteilungen unter der letzten Anschrift, die der jeweiligen Stelle aufgrund seines Asylantrages oder seiner Mitteilung bekannt ist, gegen sich gelten lassen, wenn er für das Verfahren weder einen Bevollmächtigten bestellt noch einen Empfangsberechtigten benannt hat oder diese nicht zugestellt werden kann. Das gleiche gilt, wenn die letzte bekannte Anschrift, unter der der Ausländer wohnt oder zu wohnen verpflichtet ist, durch eine öffentliche Stelle mitgeteilt worden ist (§ 10 Abs. 2 Satz 2 AsylG). Kann die Sendung dem Ausländer nicht zugestellt werden, so gilt die Zustellung mit der Aufgabe zur Post als bewirkt, selbst wenn die Sendung als unzustellbar zurückkommt (§10 Abs. 2 Satz 4 AsylG). Nach §10 Abs. 7 AsylG ist der Ausländer bei der Antragstellung schriftlich und gegen Empfangsbestätigung auf die Zustellungsvorschriften hinzuweisen.

26

Der Kläger ist am 12.04.2013 über die Zustellungsvorschriften belehrt worden (vgl. Bl. 7 der Beiakte A). Der Beklagten ist mit Schreiben der Stadt C-Stadt vom 07.05.2013 die Anschrift des Klägers (…, C-Stadt) nach § 10 Abs. 2 Satz 2 AsylG mitgeteilt worden (vgl. Bl. 31 der Beiakte A). An diese Anschrift hat die Beklagte den Bescheid vom 10.03. zugestellt, da zwischen der Mitteilung der Stadt C-Stadt vom 07.05.2013 und der Bescheidzustellung im März 2014 keine Anzeige eines Anschriftenwechsels des Klägers zur Bundesamtsakte gelangt ist. Die Sendung ist ausweislich der Postzustellungsurkunde vom 12.03.2014 zurückgekommen, da der Adressat unter der angegebenen Anschrift nicht zu ermitteln war. Die Zustellung des Bescheides vom 10.03.2014 gilt damit nach § 10 Abs. 2 Satz 4 AsylG am 12.03.2014 als bewirkt. Dies führt dazu, dass die Klagfrist am 27.03.2014 abgelaufen ist. Die Klage wurde jedoch erst am 10.10.2014 beim Verwaltungsgericht erhoben.

27

Dem Kläger ist jedoch nach § 60 Abs. 1 VwGO Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, da er ohne Verschulden gehindert war, die gesetzliche Frist des § 74 Abs. 1 AsylG einzuhalten.

28

Der Kläger hat im Rahmen seiner persönlichen Anhörung in der mündlichen Verhandlung glaubhaft und unter Nennung der konkreten Anschrift der Außenstelle des Bundesamtes Neumünster dargelegt, dass er bereits ein bis zwei Tage nach seinem Umzug auf einem kleinen Zettel seine neue Adresse geschrieben hat, diesen in einen Briefumschlag gepackt und den Brief an das Bundesamt in Neumünster geschickt hat. Grundsätzlich sind den Beteiligten Mängel der postalischen Beförderung nicht zuzurechnen, wenn die Sendung den postalischen Bestimmungen entspricht - also richtig frankiert und adressiert ist - und rechtzeitig so zur Post gegeben werden, dass sie bei störungsfreiem Betriebsablauf den Empfänger fristgerecht erreichen müsste (vgl. Czybulka, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 4. Aufl. 2014, § 60 Rnr. 63). Gleiches würde für den Fall gelten, dass das Schreiben des Klägers im Verantwortungsbereich des Bundesamtes verloren gegangen wäre. Wäre der Bescheid des Bundesamtes dem Kläger an seine neue Anschrift zugestellt worden, wäre es ihm auch möglich gewesen, die Klagfrist des § 74 Abs. 1 AsylG einzuhalten. Auch die übrigen Voraussetzungen der Wiedereinsetzung liegen vor. Der Kläger hat innerhalb von zwei Wochen nach Kenntniserlangung des Bescheides vom 10.03.2014 Klage beim Verwaltungsgericht erhoben und Wiedereinsetzung beantragt (vgl. § 60 Abs. 2 Satz 1, Satz 3 VwGO).

29

Die Klage ist jedoch unbegründet.

30

Der Kläger hat keinen Anspruch auf das grundrechtlich verbürgte Asylrecht aus Art. 16a Abs. 1 GG. Auf das Asylrecht kann sich nach Art. 16a Abs. 2 GG nicht berufen, wer aus einem sicheren Drittstaat in die Bundesrepublik Deutschland eingereist ist. Sichere Drittstaaten sind neben den Staaten der Europäischen Union die Schweiz und Norwegen (§ 26a Abs. 2 AsylG). Der Kläger hat angegeben, mit einem Lkw und daher auf dem Landweg in die Bundesrepublik Deutschland eingereist zu sein. Er kann sich daher nicht auf das Asylrecht berufen.

31

Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nach § 3 AsylG.

32

Nach § 3 Abs. 1 AsylG ist ein Ausländer Flüchtling im Sinne des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtstellung der Flüchtlinge (Genfer Flüchtlingskonvention), wenn er sich aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe außerhalb des Landes befindet, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt und dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dessen Furcht nicht in Anspruch nehmen will.

33

Die Verfolgungsfurcht ist begründet, wenn dem Antragsteller bei verständiger Würdigung der gesamten Umstände des Falles politische Verfolgung mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit droht, so dass ihm nicht zuzumuten ist, in sein Heimatland zurückzukehren (vgl. BVerwG, Urteil vom 01.06.2011 - 10 C 25.10-).

34

Art. 4 Abs. 4 der Richtlinie 2011/95/EU (Qualifikationsrichtlinie) enthält zudem eine Beweiserleichterung dahingehend, dass die Tatsache, dass der Antragsteller bereits verfolgt wurde, ein ernsthafter Hinweis darauf ist, dass die Furcht des Antragstellers begründet ist, es sei denn, stichhaltige Gründe sprechen dagegen, dass der Antragsteller erneut von solcher Verfolgung bedroht ist.

35

Zwischen dem geltend gemachten Verfolgungsgrund und den Verfolgungshandlungen oder dem Fehlen von Schutz vor solchen Handlungen muss eine Verknüpfung bestehen (§ 3a Abs. 3 AsylG). Zudem wird dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft nicht zuerkannt, wenn an einem Teil seines Herkunftslandes keine begründete Furcht vor Verfolgung oder Zugang zu Schutz vor Verfolgung hat und sicher und legal in diesen Landesteil reisen kann, dort aufgenommen wird und vernünftigerweise erwartet werden kann, dass er sich dort niederlässt (§ 3e Abs. 1 AsylG).

36

Dem Kläger droht im Falle einer Rückkehr in die Türkei nicht mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit eine politische Verfolgung. Es wird nicht davon ausgegangen, dass der Kläger einer landesweiten Verfolgung ausgesetzt war und damit vorverfolgt in die Bundesrepublik Deutschland ausgereist ist. Dies belegt bereits der Umstand, dass der Kläger nach eigenen Angaben vor seiner Flucht in die Bundesrepublik Deutschland ohne Bedrohungen unbehelligt in … leben konnte und ihm daher jedenfalls ein interner Schutz nach § 3e AsylG zugutekam.

37

Das Gericht geht im Übrigen davon aus, dass die Kurden in keinem Landesteil der Türkei einer Gruppenverfolgung unterliegen, sondern allenfalls einer regional begrenzten Verfolgung. Insoweit steht ihnen - insbesondere in der Westtürkei - jedoch eine hinreichend sichere inländische Fluchtalternative offen (vgl. OVG Schleswig, Urteil vom 20. Juni 2006 - 4 LB 56/02 -). Der Umstand, dass der Kläger nach seiner persönlichen Anhörung vor Gericht aufgrund der aktuellen Situation nicht in der Türkei leben will, die Türkei hasst und die Kurden und die Aleviten auch unter der Wiederwahl von Staatspräsident Erdogan leiden würde, vermag daher nicht zu einer Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft zu führen.

38

Nur unter besonderen individuellen Voraussetzung besteht grundsätzlich eine beachtliche Wahrscheinlichkeit der Verfolgung bei Rückkehr in die Türkei, nämlich für politisch Aktive, sich erkennbar von der Masse gleichartiger Betätigungen abhebender und damit überhaupt erst in das Blickfeld der vom türkischen Staat organisierten Überwachung der kurdischen Opposition geratener Unterstützer der PKK und vergleichbarer Organisationen, nicht dagegen für niedrig profilierte, oppositionell aktive Unterstützer (vgl. OVG Schleswig, Urteil vom 01.09.2011 - 4 LB 11/10 ). Der Kläger ist kein Mitglied einer Organisation und einer politischen Partei. Er hat lediglich im Rahmen seiner persönlichen Anhörung vor Gericht angegeben, dass er sich zum damaligen Zeitpunkt als Mitglied der BDP fühlte. In diesem Zusammenhang hat es jedoch keine landesweite staatliche Verfolgung des Klägers aufgrund seiner Verbindungen zur BDP gegeben. Gegen ihn ist zu keinem Zeitpunkt ein Straf- oder Gerichtsverfahren eingeleitet worden. Auch der Umstand, dass es möglicherweise zu Festnahmen des Klägers und auch körperlichen Übergriffen der Sicherheitskräfte gekommen ist, rechtfertigt nicht die Annahme einer landesweiten staatlichen Verfolgung. Der Kläger ist vielmehr nach eigenen Angaben deshalb in das Blickfeld der türkischen Sicherheitskräfte geraten, da ein Freund seinerseits möglicherweise Verbindungen zur PKK hatte.

39

In Bezug auf die Behauptung, dass es Bedrohungen seitens der BDP gegeben habe, ist darauf hinzuweisen, dass es sich insofern um einen nichtstaatlichen Akteur iSd § 3c Nr. 3 AsylG handelt. Gegenüber derartigen Bedrohungen steht ein ausreichender staatlicher Schutz zur Verfügung. Im Übrigen ist auch insoweit nicht von einer landesweiten Bedrohung auszugehen, d. h. der Kläger hat eine inländische Fluchtalternative.

40

Das Gericht geht auch davon aus, dass der Kläger im Falle einer Rückkehr in die Türkei jedenfalls in Istanbul unbehelligt und ohne staatliche Bedrohungen - wie vor seiner Ausreise in die Bundesrepublik Deutschland - leben könnte (inländische Fluchtalternative).

41

Der Kläger hat keinen Anspruch auf Zuerkennung des subsidiären Schutzstatus nach § 4 AsylG. Ein Ausländer ist subsidiär Schutzberechtigter, wenn er stichhaltige Gründe für die Annahme vorgebracht hat, dass ihm in seinem Herkunftsland ein ernsthafter Schaden droht. Als ernsthafter Schaden gilt die Verhängung oder Vollstreckung der Todesstrafe, Folter und unmenschliche oder erniedrigender Behandlung oder Bestrafung oder eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit einer Zivilperson infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines international oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts.

42

Ein ernsthafter Schaden droht dem Kläger im Falle einer Rückkehr in die Türkei nicht. Die Todesstrafe in der Türkei ist abgeschafft (vgl. Lagebericht des Auswärtigen Amtes vom 29.09.2015). Dem Kläger droht keine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge eines bewaffneten Konfliktes. Der Kläger hat zudem keine stichhaltigen Gründe dafür vorgebracht, dass ihm im Falle einer Rückkehr in die Türkei Folter oder eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung droht. Insoweit wird auf die Ausführungen zur Frage der Flüchtlingszuerkennung (§ 3 AsylG) und nach § 77 Abs. 2 AsylG auf die Ausführungen im Bescheid vom 10.03.2014 verwiesen.

43

Auch die Voraussetzungen der internationalen Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5, Abs. 7 Satz 1 AufenthG sind nicht gegeben. Für den Kläger besteht im Falle der Rückkehr in die Türkei nicht mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit. Insoweit wird ebenfalls auf die Ausführungen zu § 3 AsylG und nach § 77 Abs. 2 AsylVfG auf den Bescheid vom 10.03.2014 verwiesen.

44

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Gerichtskostenfreiheit folgt aus § 83b AsylG.

45

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO iVm §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Sind Gebühren, die sich nach dem Streitwert richten, mit der Einreichung der Klage-, Antrags-, Einspruchs- oder Rechtsmittelschrift oder mit der Abgabe der entsprechenden Erklärung zu Protokoll fällig, setzt das Gericht sogleich den Wert ohne Anhörung der Parteien durch Beschluss vorläufig fest, wenn Gegenstand des Verfahrens nicht eine bestimmte Geldsumme in Euro ist oder gesetzlich kein fester Wert bestimmt ist. Einwendungen gegen die Höhe des festgesetzten Werts können nur im Verfahren über die Beschwerde gegen den Beschluss, durch den die Tätigkeit des Gerichts aufgrund dieses Gesetzes von der vorherigen Zahlung von Kosten abhängig gemacht wird, geltend gemacht werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit.

(2) Soweit eine Entscheidung nach § 62 Satz 1 nicht ergeht oder nicht bindet, setzt das Prozessgericht den Wert für die zu erhebenden Gebühren durch Beschluss fest, sobald eine Entscheidung über den gesamten Streitgegenstand ergeht oder sich das Verfahren anderweitig erledigt. In Verfahren vor den Gerichten für Arbeitssachen oder der Finanzgerichtsbarkeit gilt dies nur dann, wenn ein Beteiligter oder die Staatskasse die Festsetzung beantragt oder das Gericht sie für angemessen hält.

(3) Die Festsetzung kann von Amts wegen geändert werden

1.
von dem Gericht, das den Wert festgesetzt hat, und
2.
von dem Rechtsmittelgericht, wenn das Verfahren wegen der Hauptsache oder wegen der Entscheidung über den Streitwert, den Kostenansatz oder die Kostenfestsetzung in der Rechtsmittelinstanz schwebt.
Die Änderung ist nur innerhalb von sechs Monaten zulässig, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat.