Schleswig-Holsteinisches Verwaltungsgericht Urteil, 17. Jan. 2007 - 4 A 192/05
Gericht
Tenor
Die Bescheide vom 31.12.2004 in der Fassung der Widerspruchsbescheide vom 26.07.2005 werden aufgehoben.
Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.
Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % der Vollstreckungsschuld abwenden, wenn nicht zuvor der Kläger Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Tatbestand
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Der Kläger wendet sich gegen Abwassergebührenbescheide für das Jahr 2004.
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In A-Stadt wurde die Abwasserentsorgung bis Ende 1995 durch die Stadt betrieben. Ab dem 01.01.1996 wurde diese Aufgabe den Stadtwerken, einem Eigenbetrieb, übertragen. Zum 01.01.2001 wurden die Stadtwerke in eine GmbH umgewandelt. Der Bereich der Entsorgung verblieb allerdings in einem restlichen Eigenbetrieb „Stadtentwässerung A-Stadt“ (SEG). Die Betriebsführung erfolgte durch die Stadtwerke GmbH. Ab dem 01.01.2003 wird die Abwasserentsorgung durch den Zweckverband Stadtentwässerung Glückstadt (ZV SEG) betrieben. Mitglieder dieses Zweckverbands sind die Stadt A-Stadt und der AZV A. Die Stadt A-Stadt bzw. ab 2003 der Zweckverband betreiben die Abwasserbeseitigung auf der Grundlage der jeweiligen Satzungen als jeweils selbständige öffentliche Einrichtungen für die zentrale Schmutzwasserbeseitigung, die zentrale Niederschlagswasserbeseitigung und die dezentrale Schmutzwasserbeseitigung. Sie erheben Benutzungsgebühren für die Inanspruchnahme der zentralen öffentlichen Abwasserbeseitigungsanlagen und zwar getrennt für die zentrale und dezentrale Schmutzwasserbeseitigung sowie für die Beseitigung von Niederschlagswasser.
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Ab 2004 wurde eine Schmutzwassergrundgebühr eingeführt. Maßstab war zunächst die Wasserzählergröße. Ab dem 01.07.2004 gilt ein kombinierter Berechnungseinheiten (BE)-/Wasserzähler-Maßstab.
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Unter dem 31.12.2004 erhielt der Kläger für seine Grundstücke Gebührenbescheide für Abwasser für das Abrechnungsjahr 2004. Der Briefkopf enthält die Bezeichnung „Stadtentwässerung A-Stadt“. Im Anschluss an die Berechnung der Gebühren für Abwasser- und Niederschlagswasser heißt es: „Die Gebühren sind in der Gesamtübersicht der Rechnung der Stadtwerke A-Stadt GmbH mit aufgeführt.“ In der Rechtsbehelfsbelehrung wird darauf hingewiesen, dass der Widerspruch beim Verbandsvorsteher des Zweckverbandes Stadtentwässerung A-Stadt einzulegen sei. Als Aussteller des Schreibens wird der Verbandsvorsteher aufgeführt. In dem Adressfeld ist über dem Namen des Klägers als Absender „Stadtentwässerung A-Stadt GmbH, Postfach 1320, ….. A-Stadt“ ausgedruckt. Mit Bescheiden vom 26.07.2005 wurden die hiergegen vom Kläger eingelegten Widersprüche als unbegründet zurückgewiesen. In diesen Widerspruchsbescheiden wird ebenfalls im Briefkopf die „Stadtentwässerung A-Stadt“ aufgeführt. Im Brieffuß heißt es: „Zweckverband Stadtentwässerung Glückstadt, Verbandsvorsteher ……. …………“. Hiergegen richtet sich die Klage.
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Die verschiedenen Verfahren, die die Festsetzung von Abwassergebühren in A-Stadt betrafen, sind für die mündliche Verhandlung zur gemeinsamen Verhandlung verbunden worden. In der mündlichen Verhandlung wurde gegen die Gebührenfestsetzung geltend gemacht:
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Die Gebührenbescheide seien formell rechtswidrig. Die erlassende Behörde sei nicht (hinreichend deutlich) erkennbar. In der Adresszeile sei die „Stadtentwässerung A-Stadt GmbH“ als Absender aufgeführt. Diese „Bescheide“ seien in Verbindung mit den Rechnungen der Stadtwerke A-Stadt an ihn - den Kläger - übersandt worden. Aus den Anschreiben gehe nicht hervor, dass die Gebühren durch den Zweckverband erhoben würden. Eine Unterschrift enthalte der Bescheid auch nicht.
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Die Bescheide seien auch materiell rechtswidrig. Die Kalkulation verstoße gegen das Kostenüberschreitungsverbot. Abschreibungserlöse seien nicht in dem erforderlichen Ausmaß in die Anlagenerhaltung investiert worden. Daher habe sich ein Reparaturstau gebildet, der zu Lasten der jetzigen Gebührenzahler gehe. Außerdem bestünden Überkapazitäten, das Klärwerk Nord sei überdimensioniert. Es sei möglich gewesen, sämtliche kommunale Abwässer im Klärwerk Süd reinigen zu lassen. Die Gebührenerhöhung 2004 sei nicht nachvollziehbar. Zweifelhaft sei insofern insbesondere der als Begründung für die Erhöhung geltend gemachte hohe Aufwand für Kanalsanierungen. Außerdem sei die Kostenerstattung durch das Amt Herzhorn für das von dort eingeleitete Abwasser zu gering mit der Folge, dass Glücksstädter Gebührenzahler die Einwohner aus dem Amt Herzhorn subventionierten.
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Der Grundgebührenmaßstab sei rechtswidrig. Der reine Wasserzählermaßstab sei ungerecht. Er benachteilige Einfamilienhauseigentümer im Verhältnis zu Mehrfamilienhausnutzern. Der Berechnungseinheitenmaßstab, der ab 01.07.2004 gelte, sei zu pauschal. Er verstoße gegen den Äquivalenz- und den Gleichheitsgrundsatz. Die Geringverbraucher würden benachteiligt.
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Der Kläger beantragt,
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die Bescheide vom 31.12.2004 in der Fassung der Widerspruchsbescheide vom 26.07.2005 hinsichtlich der Festsetzung von Schmutzwassergebühren aufzuheben.
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Der Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Er macht geltend: Die Einwände gegen die angefochtenen Bescheide seien nicht begründet. Zwar enthielten die Bescheide im Adressfeld als Absender die Bezeichnung „Stadtentwässerung A-Stadt GmbH“. Aus dem Gesamtzusammenhang ergebe sich jedoch, dass die Gebührenfestsetzung vom Zweckverband stamme. Eine Stadtentwässerung A-Stadt GmbH habe es nie gegeben. Insoweit handele es sich um ein Versehen bei dem Ausdruck der Bescheide. Er - der Beklagte - lasse die Bescheide von den Stadtwerken, die über die Daten der Ablesung der Wasserzähler verfügten, erstellen. Eine Mitarbeiterin (des Zweckverbands) kontrolliere in der Phase des Ausdrucks der Bescheide an einem Bildschirm stichprobenartig Formatierung und Inhalt der auszudruckenden Schreiben.
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Die Einwände gegen die Kalkulation seien nicht begründet. Ab 1996 werde vom Anschaffungs-/Herstellungswert abgeschrieben. Die Anlage sei regelmäßig gewartet worden, so dass von einem Reparaturstau keine Rede sein könne. Es bestehe keine für die Gebührenkalkulation relevante Überkapazität der Kläranlagen. Das vom Amt Herzhorn für die Einleitung von Abwasser zu zahlende Entgelt sei auf vertraglicher Grundlage unter Berücksichtigung des Umstands, dass dieses Investitionskosten anteilig mit trage, berechnet worden.
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Der Grundgebührenmaßstab sei rechtmäßig.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des gegenseitigen Vorbringens wird auf den Akteninhalt einschließlich des Verwaltungsvorgangs Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
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Die zulässige Klage ist begründet. Die angefochtenen Bescheide sind formell rechtswidrig, weil sie nicht dem Beklagten (Zweckverband) zugerechnet werden können.
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Ein Verwaltungsakt ist dann rechtswidrig bzw nichtig, wenn er nicht inhaltlich hinreichend bestimmt ist (§ 108 Abs. 1 LVwG), die erlassende Behörde nicht erkennen lässt (§ 108 Abs. 3 iVm. § 113 Abs. 2 Nr. 1 LVwG) und wenn der Verwaltungsakt nicht der Behörde zugerechnet werden kann, die ihn dem äußeren Anschein nach erlassen hat. Die letzte Voraussetzung ist hier gegeben.
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Die formelle Rechtswidrigkeit der angefochtenen Bescheide ergibt sich nicht schon daraus, dass im Briefkopf die „Stadtentwässerung A-Stadt“ aufgeführt ist. Maßstab für die Auslegung eines Bescheids im Hinblick auf die Bestimmbarkeit des Adressaten, des Absenders und der Regelung ist ein verständiger Empfänger. Nach diesen Grundsätzen ist angesichts der im Briefkopf aufgeführten „Stadtentwässerung A-Stadt“ sowie der weiteren Formulierung („Für die Einleitung von Schmutzwasser bzw. Niederschlagswasser setze ich hiermit gemäß …folgende … Gebühren fest.“) und der Bezeichnung des Verbandsvorstehers als des Urhebers dieses Schreibens hinreichend deutlich, dass die Gebührenbescheide vom Zweckverband stammen sollen. Dasselbe gilt für die Widerspruchsbescheide. In diesen sind im Brieffuß der Zweckverband, der Name des Verbandsvorstehers, die Adresse und die Telefonnummer aufgeführt.
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Die Urheberschaft wird auch nicht dadurch in Frage gestellt, dass hier im Adressfeld über der Anschrift des Adressaten zur Bezeichnung des Absenders „Stadtentwässerung A-Stadt GmbH“ aufgeführt ist. Da es eine solche GmbH nicht gibt, ist aufgrund der übrigen Angaben hinreichend deutlich, dass es sich um einen Bescheid des Zweckverbandes handelt.
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Zwar sind die Gebühren in der Gesamtübersicht der Rechnung der Stadtwerke A-Stadt GmbH mit aufgeführt, die Stadtwerke GmbH ist jedoch von der nicht existierenden Stadtentwässerung GmbH aufgrund der Bezeichnung deutlich unterscheidbar. Die Gebührenbescheide sind der Rechnung auf einem gesonderten Blatt beigefügt. In der Rechtsbehelfsbelehrung wird deutlich darauf hingewiesen, dass der Widerspruch beim Verbandsvorsteher des Zweckverbandes einzulegen ist. Auch hieraus ergibt sich für einen verständigen Adressaten, dass es sich um einen Bescheid des Beklagten handeln soll.
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Hiervon zu unterscheiden ist die weitere Frage, wem ein solcher Bescheid tatsächlich zuzurechnen ist. Das ist normalerweise derjenige, der als Absender aufgeführt ist, hier also der Vorsteher des Zweckverbands. Eine Zurechnung ist jedoch dann nicht mehr möglich, wenn der Verbandsvorsteher bzw. die dazu berechtigte Mitarbeiterin keinen entscheidenden Einfluss auf die Abfassung der Bescheide und damit den Erlass der Regelung hatte. Diese Voraussetzung ist hier gegeben.
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Nach allgemeinen Grundsätzen ist eine Willenserklärung demjenigen zuzurechnen, der die Erklärung äußert. Ein Verwaltungsakt (im Sinne von 106 Abs. 1 LVwG) ist der Behörde zuzurechnen, die die Regelung getroffen hat. Im Fall eines schriftlichen Verwaltungsakts wird durch die Formvorschriften (gem. § 108 Abs. 3 LVwG) dieser Zurechnungszusammenhang sichergestellt. Eine Unterschrift sichert die Echtheit einer Erklärung und bewirkt, dass die Erklärung dem Unterzeichner zugerechnet wird. Eine Unterschrift hat außerdem noch eine Beweisfunktion, indem sichergestellt wird, dass keine Entwürfe als Verwaltungsakt ergehen. Außerdem wird durch die Unterschrift der verantwortliche Amtsträger identifiziert (Kopp/Ramsauer, VwVfG, 8. Aufl., § 37 Rn. 31). Für die Massenverwaltung sieht das Gesetz vor, dass gemäß § 108 Abs. 3 S. 1 LVwG ein schriftlicher oder elektronischer Verwaltungsakt statt der Unterschrift die Namenswiedergabe der Behördenleiterin oder des Behördenleiters, ihrer oder seiner Vertretung oder einer oder eines von ihr oder ihm Beauftragten enthalten kann. Gemäß Abs. 6 dieser Vorschrift kann bei Verwaltungsakten, die mit Hilfe automatischer Vorrichtungen erlassen werden, Unterschrift und Namenswiedergabe entfallen. Da der Beklagte hier von der letztgenannten Möglichkeit Gebrauch gemacht hat, ist es unschädlich, dass die Gebührenbescheide weder die Unterschrift noch den Namen des Verbandsvorstehers enthalten.
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Für die Frage der Zurechnung ist von der hier gemäß § 11 Abs. 1 S. 1 KAG anwendbaren Definition des Verwaltungsakts (§ 106 Abs. 1 LVwG) auszugehen. Danach muss es sich um eine Maßnahme der Behörde handeln, die auf dem Briefkopf als Erstellerin des Schreibens ausgewiesen ist. Liegt diese Voraussetzung nicht vor, handelt es sich nur dem äußeren Anschein nach um eine Maßnahme „der“ Behörde.
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Die Kriterien für eine Zurechnung ergeben sich, da es sich bei einem Verwaltungsakt um eine Willenserklärung einer Behörde handelt, aus den o.g. allgemeinen Regeln. Danach ist in den Fällen, in denen die Behörde sich bei dem Erlass von Verwaltungsakten der Hilfe Dritter (zB natürlicher oder jur. Personen des Privatrechts) bedient, zu prüfen, ob der Zurechnungszusammenhang unterbrochen ist. Das ist dann der Fall, wenn die Maßnahme nur noch der Form nach im Namen der Behörde ergeht, die wesentlichen Entscheidungen jedoch von dem Dritten getroffen werden (Stelkens, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, § 35 Rn. 37 f mit Hinweis auf VGH München, Beschluss vom 17.11.1991 - 11 B 91.2603 - NVwZ RR 1992, 515: Unzulässiges Inkraftsetzen von Verkehrszeichen durch private Hilfskräfte; VG Chemnitz, Urteil vom 3.3.1999 - 1 K 1717/96 - LKV 2000, 85, Orientierungssatz veröffentlicht in juris). Soweit Verwaltungsakte in den Fällen, in denen eine Vielzahl gleichlautender oder ähnlich strukturierter Regelungen zu treffen ist, mit Hilfe automatischer Vorrichtungen erlassen werden, geht das Gesetz davon aus, dass derartige „automatisch“ erstellte Bescheide der Behörde zugerechnet werden, die die Datenverarbeitungsanlage einsetzt. Daraus folgt, dass die maschinell erstellten Bescheide inhaltlich von der Behörde stammen müssen, die dem äußeren Anschein nach die Regelung erlassen hat. Sie müssen ihre „Existenz dem Willen der Behörde verdanken“ (Stelkens aaO). Das OVG Schleswig hat für den Fall der Erstellung von Abwassergebührenbescheiden durch eine Stadtwerke AG ausgeführt, dass für den Erlass und die Bekanntgabe von Verwaltungsakten nicht die Weisung (an den Dritten) genüge, in den betroffenen Fällen das maßgebliche Recht (hier: die Gebührensatzung) anzuwenden. Vielmehr könne ein Verwaltungsakt grundsätzlich nur aufgrund der Einzelfallentscheidung eines die Behörde repräsentierenden Amtsträgers wirksam werden. Das gelte auch für gebundene Entscheidungen, bei denen kein Ermessen auszuüben ist. Die Möglichkeit der Kontrolle und Einflussnahme auf die vom Verwaltungshelfer nach Maßgabe des Satzungsrechts gefertigten Bescheide könne die Einzelfallentscheidung des zuständigen Amtsträgers nicht ersetzen (Urteil vom 15.3.2006 - 2 LB 9/05 - NordÖR 2006, 263; rechtskräftig aufgrund des Nichtzulassungsbeschlusses des BVerwG vom 30.8.2006 - 10 B 38.06 -).
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Nach diesen Grundsätzen können die streitigen Bescheide nicht dem Verbandsvorsteher zugerechnet werden. Dieser erscheint hier zwar dem äußeren Anschein nach als erlassende Behörde (gemäß § 108 Abs. 3 S. 1 LVwG), er bzw. die von ihm beauftragte Mitarbeiterin haben jedoch nicht die erforderlichen Einzelfallentscheidungen getroffen. Nach den in der mündlichen Verhandlung getroffenen Feststellungen sind die Bescheide durch die Stadtwerke (GmbH) gedruckt worden, weil diese über die für die Berechnung der Abwassergebühr erforderlichen Wasserverbrauchsdaten verfügte. Die Mitarbeiterin des Beklagten hat sich in der Phase des Ausdrucks der Bescheide in das Gebäude der Stadtwerke begeben und dort stichprobenweise am Bildschirm die Bescheide, genauer: die Vorbereitungen für den Ausdruck der Bescheide, nämlich den Aufbau, die Gestaltung, den Inhalt des Textes und die Formatierung, kontrolliert. Bei dieser Verfahrensweise kann die Stadtwerke GmbH nicht mehr als Verwaltungshelferin angesehen werden, die den Beklagten bei der Erstellung der Bescheide lediglich unterstützt hat, indem sie Hilfstätigkeiten nach Weisung durchgeführt hat. Die Stadtwerke haben nämlich aufgrund der bei ihnen vorhandenen Daten den festzusetzenden Gebührenbetrag ermittelt und damit die im Verhältnis zu den Gebührenschuldnern rechtlich relevanten Regelungen getroffen. Dabei ist unerheblich, dass der festzusetzende Betrag durch eine einfache Rechenoperation aus den Wasserverbrauchsdaten und den in der Satzung festgelegten Gebührensätzen ermittelt werden kann. Entscheidend ist, dass die Festsetzung auch bei gebundenen Entscheidungen durch eine Einzelfallentscheidung der gemäß § 108 Abs. 3 Satz 1 LVwG erkennbar gemachten Behörde erfolgen muss. Für Entscheidungen, bei denen Ermessen auszuüben ist (zB. Auswahl unter Gesamtschuldnern) gilt dies erst recht. Verwaltungshelfer können nur in vorbereitender und unterstützender Funktion herangezogen werden. Über eine solche Hilfsfunktion ist die Tätigkeit der Stadtwerke hinausgegangen, diese haben selbständig Verwaltungsakte in Form von Gebührenfestsetzungen im Namen des Beklagten erlassen und damit die Zurechnungskette zum Beklagten unterbrochen, so dass es sich bei den Gebührenbescheiden nicht um Maßnahmen des Beklagten (im Sinne von § 106 Abs. 1 LVwG) handelt.
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Die Überprüfung der Festsetzung im Widerspruchsverfahren konnte diesen Fehler der Ausgangsbescheide nicht heilen, da die Widerspruchsbescheide die Widersprüche lediglich als unbegründet zurückweisen, jedoch keine eigenständige Festsetzung enthalten (vgl zu diesem Gesichtspunkt: OVG Schleswig, Urteil vom 24.10.2001 - 2 L 29/00 - Die Gemeinde 2002, 69 = NordÖR 2002, 239). Da die Stadtwerke die Bescheide absprachegemäß erstellt haben, sind diese nicht nichtig, sondern nur rechtswidrig (Siehe hierzu: OVG Schleswig, Urteil vom 15.3.2006 aaO unter Hinweis auf BVerwG, Urteil vom 26.6.1970 - VII C 10.70 - BVerwGE 35, 334).
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Da die Bescheide schon aus formellen Gründen aufzuheben sind, kommt es auf die Einwände gegen die materielle Rechtmäßigkeit nicht an.
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Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus § 167 VwGO iVm den §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.
(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.
Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:
- 1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen; - 2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a; - 3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird; - 4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden; - 5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären; - 6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden; - 7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen; - 8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht; - 9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung; - 10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist; - 11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.