Verwaltungsgericht Regensburg Urteil, 12. Mai 2015 - RO 4 K 14.2097

published on 12/05/2015 00:00
Verwaltungsgericht Regensburg Urteil, 12. Mai 2015 - RO 4 K 14.2097
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Tenor

I.

Die Klage wird abgewiesen.

II.

Der Kläger trägt die Verfahrenskosten.

Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.

III.

Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des beizutreibenden Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung gleiche Sicherheit leistet.

Tatbestand

Der Kläger begehrt eine Befreiung von den Vorschriften der Baumschutzverordnung der Beklagten.

Unter dem 12.5.2014 ließ der Kläger bei der Beklagten vortragen, dass die fast 20 m hohe Linde auf seinem Grundstück Fl.Nr. ... Gemarkung … erhebliche Probleme bereite. Zahlreiche Äste seien morsch und fielen bereits bei leichtem Wind herab. Dadurch komme es zu einer Gefährdung des Klägers, seiner Familie und von vorbeigehenden Passanten. Im Übrigen könne sich auch sonstiger Bewuchs im Garten des Klägers kaum entwickeln. Der erforderliche Rückschnitt werde durch die Baumschutzverordnung der Beklagten vom 3.5.1985 verwehrt. Es bestünden Zweifel an der Wirksamkeit dieser Verordnung. Er bitte um die Erteilung einer Befreiung, um einen Rückschnitt vornehmen zu können. Für eine Unterstützung durch die Stadtgärtnerei bzw. die Feuerwehr wäre er dankbar.

Die Beklagte verwies im Schriftsatz vom 10.6.2014 auf einen am 29.4.2014 stattgefundenen Ortstermin. Die Baumschutzverordnung enthalte ähnliche Ausnahmebestimmungen wie andere Baumschutzverordnungen. Maßnahmen zur Erhaltung der Verkehrssicherheit seien vom Verkehrssicherungspflichtigen zu veranlassen und gegebenenfalls an eine Fachfirma zu vergeben. Durch fachgerechte Baumpflege einschließlich Totholzentfernung könne der Baum in einen verkehrssicheren Zustand gebracht werden. Hierfür sei eine Befreiung von der Baumschutzverordnung nicht nötig. Eine befreiungsbedürftige Einkürzung (Kappung/ Kronensicherungsschnitt) sei nicht erforderlich.

Unter dem 23.7.2014 ließ der Kläger eine Befreiung vom Verbot nach § 3 der Baumschutzverordnung beantragen.

Von der Linde fielen regelmäßig bei stärkerem Wind oder Gewitter sehr große Äste herab. Dies stelle eine Gefahr für die ganze Familie dar. Auch Spaziergänger, die den Baum bei Regenschauern als Schutz nutzten, seien großer Gefahr ausgesetzt.

Es entstünden auch regelmäßig Schäden an den Gebäuden des Klägers (Haus, Scheune, Wintergarten, Sträucher, Wäschespinne etc.) durch die kräftige Vermoosung der Dächer, Beschädigung von Dachrinnen nebst Zaun. Die Belastung durch die enormen Mengen an Ästen, Laub und Lindenblüten und die Verschmutzung des Gartens durch Läuse machten die Nutzung dieses Teils unmöglich.

Neu gepflanzte Bäume und Sträucher sowie Rasen könnten neben und unter dem Baum nicht wachsen und gingen trotz Entlausung und Gießens ein, vom Wasserverbrauch gar nicht zu sprechen. Ein Baumzuschnitt sei ausschließlich mit der größten Leiter der Feuerwehr möglich. Ein Baumsteiger komme nicht an die maßgeblichen Stellen. Dies führe zu hohen Kosten zu Lasten des Klägers.

An der Wirksamkeit der Verordnung bestünden durchgreifende formelle Bedenken. Es fehle an einer Karte, die den Geltungsbereich der Verordnung näher bestimme. Dies sei nach Art. 51 Abs. 3 Satz 1 LStVG geboten. Außerdem sei nach Art. 50 Abs. 2 LStVG die Geltungsdauer einer bewehrten Verordnung auf 20 Jahre begrenzt.

Die Verordnung sei auch materiell unwirksam. Maßnahmen zur Verkehrssicherung seien wie bei der 1* …burger Baumschutzverordnung von den Verboten der Verordnung auszunehmen. Dies erfolge in § 3 Abs. 3 der Verordnung nicht. Die Norm erweise sich somit als unverhältnismäßig. § 3 Abs. 3 der Verordnung sei unbestimmt, soweit die Abwendung einer Gefahr für die Allgemeinheit oder einzelner Personen ausgenommen werde. Was mit „Gefahr“ gemeint, insbesondere, ob eine konkrete oder abstrakte Gefahr gemeint sei, sei nicht näher bestimmt.

Die vom Kläger beantragte Beseitigung werde von § 4 Abs. 3 der Verordnung erfasst.

Jedenfalls wäre eine Befreiung nach § 4 Abs. 1 der Verordnung zu erteilen, da der Vollzug der Bestimmungen zu einer offenbar nicht beabsichtigten Härte führen würde. Die Ab-weichung sei auch mit den öffentlichen Belangen im Sinne des Bayerischen Naturschutzgesetzes vereinbar.

Die Beklagte nahm unter dem 25.7.2014 zur formellen Unwirksamkeit der Verordnung

Stellung. Die Beschreibung des Geltungsbereichs in § 1 Abs. 1 der Baumschutzverordnung vom 3.5.1985 entspreche der damaligen Rechtslage; die Beifügung einer Karte sei für diese Verordnung nicht erforderlich. Auf ein Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 16.6.1994 und ein Urteil des Oberverwaltungsgerichts Nordrhein-Westfalen vom 18.12.1992 wird Bezug genommen.

Art. 50 Abs. 3 LStVG gelte nicht für Rechtsvorschriften die, wie die Baumschutzverordnung, (unter anderem) auf dem Bayerischen Naturschutzgesetz beruhten.

Zur materiellen Unwirksamkeit wird ausgeführt, dass die Formulierung in § 3 Abs. 3 der seinerzeitig existierenden Musterverordnung entspreche. Mit dieser Formulierung werde die Verkehrssicherungspflicht von Baumbesitzern ausreichend bestimmt und dieser Verpflichtung absolut verhältnismäßig Rechnung getragen.

Unter dem 12.8.2014 gab die Beklagte dem Kläger Gelegenheit zur Äußerung zur beabsichtigten Ablehnung des Antrags.

Nachdem der Kläger um einen rechtsmittelfähigen Bescheid für die Beseitigung der Linde gebeten hatte, erging am 10.11.2014 folgender Bescheid:

1. Die Erteilung der Befreiung gemäß § 4 der städtischen Baumschutzverordnung

– BaumSchVO - wird versagt.

2. Die Kosten des Verfahrens hat der Antragsteller zu tragen.

3. Für diesen Bescheid wird eine Gebühr in Höhe von 50,00 € festgesetzt.

Zur Begründung ist ausgeführt, nach der Baumschutzverordnung der Beklagten seien Bäume mit einem Stammumfang von 60 cm und mehr geschützt. Die streitgegenständliche Linde habe einen Stammdurchmesser von 1,5 m und eine Höhe von ca. 20 m.

Nach § 4 der Verordnung könne eine Befreiung vom Verbot des § 3 Abs. 1 erteilt werden, wenn eine der in § 4 Abs. 1 der Verordnung genannten Voraussetzungen vorlägen. Es könne dem Antragsteller zugemutet werden, die notwendigen Pflege-, Erhaltungs- und Sicherungsmaßnahmen durchzuführen, die gemäß § 3 Abs. 3 BaumSchVO keiner Befreiung vom Verbot des § 3 Abs. 1 bedürften und gegenüber einer vollständigen Beseitigung des Baumes einen geringfügigeren Eingriff in das Ortsbild und den Naturhaushalt darstellten. Die Linde könne durch eine dem Kläger durchaus zumutbare und nicht unverhältnismäßige fachgerechte Baumpflege einschließlich Totholzentfernung in einen verkehrssicheren Zustand gebracht und in einem solchen erhalten werden. Die vollständige Beseitigung sei nicht zwingend erforderlich. Die Versagung der Beseitigung dieses Baums stelle somit keine offenbar von der Baumschutzverordnung nicht beabsichtigte Härte im Sinne des § 4 Abs. 1 Nr. 2 dar.

Dies gelte in gleicher Weise für die vorgebrachten, durch die Linde verursachten Schäden an Gebäuden und die Belastung des Grundstücks mit Laub, Blüten und Untieren. Dem Verordnungsgeber sei es bewusst gewesen, dass die Pflicht zum Erhalt geschützter Bäume im Einzelfall zu Beeinträchtigungen des Besitzers führen könne, so dass nach § 4 Abs. 1 Nr. 2 eine Abwägung mit den öffentlichen Belangen im Sinne des Gesetzes zu erfolgen habe, die sich an den Zwecken der Verordnung zu orientieren habe. Diese Abwägung ergebe, dass die vorgebrachten Gründe für eine Beseitigung des Baumes mit den öffentlichen Belangen nicht zu vereinbaren seien. Die Linde stelle ein sehr markantes, prägendes Element zur Belebung des Ortsbildes in der Umgebung des Grundstücks des Klägers dar. Sie habe aufgrund ihrer Dimension die Funktion, die Leistungsfähigkeit des Naturhaushalts in ihrem Umfeld zu erhalten und auch weiterhin nachhaltig zu erhöhen. Selbst bei Vorliegen einer „offenbar nicht beabsichtigten Härte“ sei aufgrund der überragenden Bedeutung der Linde in der Abwägung das öffentliche Interesse am Erhalt dieses Baumes höher zu bewerten als die vom Kläger vorgebrachten Gebäudeschäden, die zudem nicht substantiiert dargelegt worden seien. Die hohe ökologische Wertigkeit des Baumes wäre auch durch die Anordnung von Ersatzpflanzungen nach § 4 Abs. 4 der Verordnung nicht im Mindesten ausgleichbar.

Der Bescheid wurde dem Prozessbevollmächtigten des Klägers am 20.11.2014 zugestellt.

Mit der am 16.12.2014 erhobenen Klage verfolgt der Kläger sein Begehren weiter.

Der Kläger habe Anspruch auf Erteilung der beantragten Befreiung, jedenfalls habe die Beklagte den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu bescheiden.

– Der Anspruch des Klägers folge aus Art. 14 Abs. 1 GG, Art. 103 Abs. 1 BV. Bei dem Baum handle es sich um einen wesentlichen Bestandteil des klägerischen Grundstücks (§ 94 BGB), nach der Zivilrechtsordnung könne der Kläger mit ihm nach Belieben verfahren (§ 903 BGB). Öffentlich-rechtliche Versagungsgründe bestünden nicht.

– Die Baumschutzverordnung der Beklagten sei formell unwirksam. Die formelle Unwirksamkeit ergebe sich zum einen aus der fehlenden Karte gemäß Art. 51 Abs. 3 Satz 1 LStVG. Es gehe um eine Rechtsverordnung, die sowohl auf Grund der tatsächlichen Entwicklung (im Zusammenhang bebaute Ortsteile) als auch durch Rechtssetzung im eigenen Wirkungskreis (Bebauungspläne) geradezu „dynamisch“ angelegt wäre. Das Schutzgebiet würde mit dem Innenbereich (oder einem Bebauungsplan) entsprechend „mitwachsen“ (oder auch „schrumpfen“). Dies lasse sich nicht mit dem Grundsatz der Normklarheit und Normenbestimmtheit in Einklang bringen. Zum anderen sei die Geltungsdauer nach Art. 50 Abs. 2 LStVG abgelaufen.

– Die materielle Unwirksamkeit ergebe sich daraus, dass in § 3 Abs. 3 der Verordnung Maßnahmen zur Verkehrssicherung von den Verboten der Verordnung nicht ausge-nommen seien. Die Norm sei somit unverhältnismäßig. Sie sei auch unbestimmt, da die „Gefahr“ näher zu bestimmen wäre.

– Selbst bei Wirksamkeit der Baumschutzverordnung wäre eine Ausnahme zu erteilen. Aus den in § 4 Abs. 3 der Verordnung genannten Gründen sei eine Gefahr für die Allgemeinheit oder einzelne Personen gegeben. Eine nur 200 m vom klägerischen Grundstück entfernte ähnliche Linde, die nicht so alt sei wie die auf dem Grundstück des Klägers, sei vor zwei bis drei Jahren zugeschnitten worden. Am 28.11.2014 sei ein riesiger Ast der Linde abgebrochen.

Jedenfalls wäre eine Befreiung nach § 4 Abs. 1 der Verordnung zu erteilen (Beweisanträge angekündigt).

– Damit wäre jedenfalls dem Hilfsantrag auf erneute Bescheidung stattzugeben. Soweit die Beklagte dem Kläger mangelnde Substantiierung vorwerfe, verletze sie den Amtsermittlungsgrundsatz. Die Beklagte habe auf Antrag des Klägers weder die Örtlichkeiten in Augenschein genommen noch den Baum selbst näher untersucht.

Der Kläger beantragt,

  • 1.Den Ablehnungsbescheid der Beklagten vom 10.11.2014 aufzuheben und

  • 2.die Beklagte zu verpflichten, dem Kläger gemäß seinem Antrag vom 23.7.2014 Befreiung von der städtischen Baumschutzverordnung zur Fällung seiner Linde auf dem klägerischen Grundstück mit der Fl.Nr. #46 der Gemarkung … (* …straße #5) zu erteilen,

hilfsweise (für den Fall fehlender Spruchreife):

die Beklagte zu verpflichten, über den klägerischen Antrag vom 23.7.2014 erneut und gemäß der Rechtsauffassung des Gerichts zu entscheiden.

Die Beklagte beantragt,

die Klage kostenpflichtig abzuweisen.

– Die Baumschutzverordnung vom 3.5.1985 in der Fassung der letzten Änderung vom 21.9.2001 sei weder formell noch materiell unwirksam. Die Beschreibung des Geltungsbereichs entspreche der Rechtslage. Die Beifügung einer Karte sei weder zum damaligen Zeitpunkt erforderlich oder üblich gewesen, noch sei sie heute zwingende Voraussetzung für die formelle Wirksamkeit der Baumschutzverordnung. Auf das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 16.6.1994 werde erneut verwiesen. Ebenfalls auf das Urteil des OVG Nordrhein-Westfalen vom 18.12.1992.

– Die Baumschutzverordnung beruhe auf dem Bayerischen Naturschutzgesetz. Daher sei ihre Geltungsdauer nicht gemäß § 50 Abs. 2 LStVG auf 20 Jahre begrenzt, da nach Art. 50 Abs. 3 LStVG der Absatz 2 für derartige Verordnungen gerade nicht gelte.

– Die Verordnung sei auch materiell wirksam. Sie stamme aus dem Jahr 1985 und ent-spreche der damals geltenden Rechtslage hinsichtlich Verhältnismäßigkeit und Bestimmtheit ihrer Regelungen vollinhaltlich. Eine Gleichschaltung der Formulierungen, wie sie in anderen Baumschutzverordnungen enthalten sind, sei vom Gesetzgeber und der Rechtsprechung aufgrund der allgemein geltenden Rechtsetzungshoheit von Gemeinden in ihrem jeweiligen örtlichen Bereich nicht vorgesehen.

– Die Beklagte habe das ihr nach § 4 der Verordnung zustehende Ermessen pflicht- und ordnungsgemäß ausgeübt. Ein Ermessensfehler sei nicht erkennbar. Auf die Begründung des Bescheids werde Bezug genommen.

– Die vom Kläger beantragte Beseitigung sei nicht von § 4 Abs. 3 der Verordnung erfasst, da diese Vorschrift die Befreiung vom Verbot des § 3 der Verordnung im Rahmen einer zu erteilenden Baugenehmigung betreffe.

– Es lägen keine Gründe des allgemeinen Wohls vor, die die Beseitigung des Baumes erforderten. Hinsichtlich der vorgebrachten, möglicherweise vom Baum ausgehenden Gefahr, werde auf die Regelung des § 3 Abs. 3 der Verordnung verwiesen.

– Die Versagung der Befreiung stelle keine offenbar unbeabsichtigte Härte dar.

Der angesprochene Vergleichsfall rechtfertige nicht einen Anspruch auf Erteilung einer Befreiung. Es bestehe keinesfalls bei allen alten Linden eine gleichartige, unverhältnismäßig große Gefahr für die Allgemeinheit. Der Zustand der Linde des Klägers sei am 29.4.2014 im Beisein des Klägers an Ort und Stelle geprüft worden. Es seien, abgesehen von dem in der Krone vorhandenen Totholz, weder Hinweise auf eine akute Gefahr noch darauf, dass zur Beurteilung der Stand- bzw. Bruchsicherheit weiter eingehende Untersuchungen durch einen Fachmann notwendig wären, festzustellen gewesen.

Die Beteiligten haben auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet.

Hinsichtlich weiterer Einzelheiten wird auf die vorliegenden Behördenakte und die eingereichten Schriftsätze sowie die Niederschrift zur mündlichen Verhandlung vom 12.5.2015 Bezug genommen.

Gründe

Mit Einverständnis der Beteiligten kann das Gericht ohne mündliche Verhandlung entscheiden (§ 101 Abs. 2 VwGO).

Die zulässige Klage ist im Haupt- und Hilfsantrag unbegründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf die begehrte Befreiung von den Verboten der Baumschutzverordnung der Beklagten. Er ist durch den Bescheid vom 10.11.2014 nicht in seinen Rechten verletzt (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO). Er hat auch keinen Anspruch auf Verpflichtung der Beklagten zur Bescheidung (§ 113 Abs. 5 Satz 2 VwGO).

1. Die Baumschutzverordnung der Beklagten vom 3.5.1985 in der Fassung der letzten Änderung vom 21.9.2001 ist wirksam.

Im Urteil vom 16.6.1994 - 4 C 2/94 - hat das Bundesverwaltungsgericht entschieden, dass der räumliche Geltungsbereich einer Baumschutzsatzung mit der Formulierung „innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile und des Geltungsbereichs der Bebauungspläne“ hinreichend bestimmt umschrieben ist. Diese Formulierung findet sich in § 1 der anzuwendenden Baumschutzverordnung der Beklagten. Ein Verstoß gegen das aus Art. 20 Abs. 3 GG herzuleitende Erfordernis angemessener Bestimmtheit einer Norm bei Verwendung sogenannter unbestimmter Rechtsbegriffe liegt nach dieser Rechtsprechung nur dann vor, wenn es wegen der Unbestimmtheit nicht mehr möglich sei, objektive Kriterien zu gewinnen, die eine willkürliche Handhabung durch die Behörden und die Gerichte ausschließen. Dies sei nicht der Fall, da die zur Festsetzung des räumlichen Geltungsbereichs verwendete Formulierung dem in § 34 BauGB verwendeten Begriff zur Abgrenzung von Außenbereich und unbeplanten Innenbereich entspreche. Auch der Umstand, dass sich der räumliche Geltungsbereich der Baumschutzverordnung sozusagen „dynamisch“ mit der tatsächlichen Veränderung des Bebauungszusammenhangs oder der Änderung des Bestands der Bebauungspläne „automatisch“ mit verändere, führe nicht zur mangelnden Bestimmtheit, da sich der Geltungsbereich im jeweiligen Zeitpunkt der Anwendung der Satzung eindeutig be-stimmen lasse. Der Gesetzgeber wolle die Pflicht zur Erhaltung des Baumbestands auf den Bereich des Gemeindegebiets erstreckt sehen, der wegen der bereits vorhandenen - oder aufgrund von Bebauungsplänen zu erwartenden - zusammenhängenden Bebauung in besonderer Weise des Baumschutzes bedarf.

Einer vom Kläger geforderten Karte zur Bestimmung des räumlichen Geltungsbereichs der Baumschutzverordnung bedarf es demnach nicht. Eine der Baumschutzverordnung beigefügte Karte müsste bei Veränderungen des räumlichen Anwendungsbereichs jeweils die tatsächlichen Ausweitungen des Bebauungszusammenhangs und neue Bebauungspläne jeweils wiedergeben. Diese Rechtsprechung wurde auch in neuerer Zeit nicht in Zweifel gezogen (vgl. OVG Saarland, Beschluss vom 27.4.2009 - 2 A 286/09 -).

Die Baumschutzverordnung bedarf zu ihrer Wirksamkeit auch keiner Festsetzung einer Geltungsdauer gemäß Art. 50 Abs. 2 Satz 1 und 2 LStVG. Danach gilt eine bewehrte Satzung, in der keine Geltungsdauer festgesetzt wurde, allenfalls 20 Jahre. Wie sich aus Abs. 3 dieser Vorschrift ergibt, gilt diese Reglung u.a. nicht für Rechtsvorschriften, die auf dem Bayerischen Naturschutzgesetz beruhen. Art. 51 Abs. 1 Nr. 5 BayNatSchG bestimmt, dass die Gemeinden für den Erlass von Rechtsverordnungen nach § 29 Abs. 1 Satz 2 Bundesnaturschutzgesetz (BNatSchG), um den Bestand von Bäumen und Sträuchern ganz oder teilweise innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile zu schützen, zuständig sind.

Bei der auf Naturschutzrecht beruhenden Baumschutzverordnung handelt es sich um eine sogenannte Inhalts- und Schrankenbestimmung im Sinne des Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG. Baumschutzverordnungen entziehen keine konkreten Eigentumspositionen zur Erfüllung bestimmter öffentlicher Aufgaben, sondern beschränken generell und abstrakt die Nutzungsmöglichkeiten eines mit einem geschützten Baum bestandenen Grundstücks. Auf die Ausführungen im Urteil des VG München vom 19.11.2012 (- M 8 K 11.5128 - mit Hinweis auf die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und Bundesverwaltungsgerichts) wird Bezug genommen.

2. Die materielle Unwirksamkeit der Baumschutzverordnung ergibt sich nicht daraus, dass in § 3 Abs. 3 Maßnahmen zur Verkehrssicherheit von den Verboten der Verordnung nicht ausgenommen sind und der Begriff „Gefahr“ nicht näher bestimmt ist.

Die Bezugnahme auf § 4 Nr. 4 der Baumschutzverordnung der Stadt 1* …burg vom 11.2.1993, die notwendige Maßnahmen zur akuten Gefahrenabwehr und zur Verkehrssicherung von den Verboten der Verordnung ausnimmt, ist unbehelflich. Eine Gemeinde ist bei der Regelung des in ihrem Gemeindebereich geltenden Baumschutzes nicht verpflichtet, sich an Formulierungen anderer Gemeinden zu orientieren. Maßgebend ist allein, ob sich die Regelung der Baumschutzverordnung innerhalb der Grenzen der Sozialbindung des Eigentums halten. Dies ist der Fall. Mit der Formulierung in § 3 Abs. 3 der Verordnung „Notwendige Pflege- und Erhaltungsmaßnahmen sowie notwendige Maßnahmen zur Abwendung einer Gefahr für die Allgemeinheit oder einzelner Personen fallen nicht unter das Verbot“ ist gewährleistet, dass der Verantwortliche für einen geschützten Baum seiner Verkehrssicherungspflicht gerecht werden kann.

Unschädlich ist auch, dass die „Gefahr“ nicht näher definiert ist. Eine Gefahr liegt vor, wenn ein Tatbestand gegeben ist, der nach allgemeiner Lebenserfahrung auf den künftigen Eintritt eines Schadens hinweist (OVG Saarland Urt. v. 29.9.1998 - 2 R 2/98).

3. Der Kläger kann sich nicht mit Erfolg auf das Vorliegen einer Gefahr im Sinne des § 3 Abs. 3 der Verordnung berufen, der nur durch Fällung des Baumes begegnet werden könne. Die Gefahr, dass Bäume bei Unwettern umstürzen oder Äste abbrechen, droht jedem gesunden Baum und rechtfertigt keine Ausnahme von den Verboten einer Baumschutzverordnung. Eine solche abstrakte Baumwurfgefahr ist keine Gefahr im Sinne der Baumschutzregelung (vgl. Fischer-Hüftle BNatSchG § 29 Rn. 25 m.w.N.).

Dass von der streitgegenständlichen Linde im zugrunde zulegenden Zeitpunkt der gericht-lichen Entscheidung darüber hinausgehende konkrete Gefahren ausgehen, ist nicht anzunehmen. Der Kläger hat nicht substantiiert vorgetragen, dass die Bewertung der Beklagten zum Zustand des Baumes unrichtig ist. Bei der Orteinsicht am 29.4.2014 waren nach Ansicht der Beklagten, abgesehen von in der Krone vorhandenen Totholzes, weder Hinweise auf eine akute Gefahr noch darauf, dass zur Beurteilung der Stand- bzw. Bruch-sicherheit weiter eingehende Untersuchungen durch einen Fachmann nötig gewesen wären, festgestellt worden. Der Hinweis des Klägers auf zahlreiche morsche Äste, die bereits bei leichtem Wind herabfallen, belegt eine weitergehende Gefahr gerade nicht. Auch der Hinweis des Klägers, dass am 28.11.2014 bei einer zuvor zugeschnittenen ähnlichen Linde ein sehr dicker Ast abgebrochen sei, ist kein hinreichender Anhaltspunkt dafür, dass eine vergleichbare Gefährdung bei dem streitgegenständlichen Baum anzunehmen ist. Es ist nicht ersichtlich, dass die von der Beklagten empfohlenen Pflegemaßnahmen nicht ausreichend wären, bestehende Gefährdungen abzuwehren. Demnach war es nicht geboten, dass das Gericht von sich aus Beweis über den Zustand des betroffenenen Baumes erhebt.

4. Die Beklagte hat aufgrund fehlerfreier Ermessensausübung die begehrte Befreiung von dem Verbot nach § 3 der Verordnung versagt. Die vom Kläger geltend gemachte „offenbar nicht beabsichtigte Härte“ im Sinne des § 4 Abs. 1 Nr. 2 der Verordnung liegt nicht vor.

Hierzu hat das VG München im Urteil vom 19.11.2012 (a.a.O.) unter Hinweis auf die Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichts ausgeführt, dass eine offenbar nicht beabsichtigte Härte nur dann gegeben sein kann, wenn grundstücksbezogene Besonderheiten dazu führen, dass ein Baumfällverbot zu einer unverhältnismäßigen und/oder mit Art. 3 Abs. 1 GG nicht vereinbaren Eigentumsbeschränkung führe. Die Befreiungsmöglichkeit diene also dazu, einer rechtlichen Unausgewogenheit zu begegnen, die sich ergeben könne, wenn aufgrund besonderer Umstände des jeweiligen Einzelfalls (Atypik) der Anwendungsbereich einer Vorschrift und deren materielle Zielrichtung nicht miteinander übereinstimmten. Auszuscheiden seien daher alle Folgen, die die Regelung (hier die Baumschutzverordnung der Beklagten) in einer unbestimmten Anzahl von Fällen typischerweise und gleichermaßen haben könne und haben solle. Die üblichen Begleiterscheinungen eines Baumes kämen danach für eine offensichtlich nicht beabsichtigte Härte nicht in Betracht, da sie für den Verordnungsgeber einer Baumschutzverordnung vorhersehbar waren und gebilligt wurden.

Natürliche Begleiterscheinungen eines Baumes sind u.a. Schattenwurf und herabfallendes Laub. Diese Erscheinungen und die sich hieraus ergebenden Folgen wie ein schlechter Aufwuchs anderer Gewächse im Bereich des Baumes oder die Vermoosung von Dächern oder Laub in Regenrinnen und Fallrohren sind grundsätzlich hinzunehmen. Auf die Recht-sprechung des OVG Berlin vom 4.6.2004 - 2 B 2/92 - wird verwiesen. Diese Folgen stellen keine atypischen Sonderfälle dar. Gleiches gilt für den geltend gemachten Läusebefall der Linde und die damit verbundenen Beeinträchtigungen. Derartiger Schädlingsbefall ist bei Linden keine Seltenheit. Da die Linde von den Verboten der Baumschutzverordnung nicht ausgenommen ist, ist auch diese Belastung keine offenbar nicht beabsichtigte Härte. Soweit der Kläger Schäden wegen herabfallender Äste geltend macht, obliegt es ihm als Eigentümer, morsche Äste oder Totholz rechtzeitig zu entfernen. Der Hinweis des Klägers auf die hohen Kosten derartiger Sicherungsmaßnahmen führt nicht zu einer anderen Beurteilung. Allenfalls wenn von einem Betroffenen unzumutbare Maßnahmen gefordert würden, hat unter bestimmten Umständen die Gemeinde sich an den Kosten zu beteiligen (vgl. hierzu Fischer-Hüftle BNatSchG, § 60 Rn. 23). Dieser Fall liegt indes nicht vor.

5. Soweit sich der Kläger auf eine Befreiung nach § 4 Abs. 3 der Baumschutzverordnung beruft, führt auch dies nicht zum Erfolg. Diese Vorschrift ist nicht anwendbar. Der Antrag des Klägers ist nicht durch ein Bauvorhaben veranlasst.

Demnach ist die Klage im Hauptantrag abzuweisen.

Sie hat auch hinsichtlich des Hilfsantrags keinen Erfolg, da die Voraussetzungen eines Bescheidungsausspruchs (fehlende Spruchreife) nicht gegeben sind.

Die Klage war insgesamt mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen.

Vorläufige Vollstreckbarkeit: § 167 VwGO, §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:1.Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;2.Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;3.Urteile, dur

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs. (2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungskl
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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

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Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:1.Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;2.Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;3.Urteile, dur

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs. (2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungskl

Annotations

(1) Das Eigentum und das Erbrecht werden gewährleistet. Inhalt und Schranken werden durch die Gesetze bestimmt.

(2) Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen.

(3) Eine Enteignung ist nur zum Wohle der Allgemeinheit zulässig. Sie darf nur durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes erfolgen, das Art und Ausmaß der Entschädigung regelt. Die Entschädigung ist unter gerechter Abwägung der Interessen der Allgemeinheit und der Beteiligten zu bestimmen. Wegen der Höhe der Entschädigung steht im Streitfalle der Rechtsweg vor den ordentlichen Gerichten offen.

(1) Zu den wesentlichen Bestandteilen eines Grundstücks gehören die mit dem Grund und Boden fest verbundenen Sachen, insbesondere Gebäude, sowie die Erzeugnisse des Grundstücks, solange sie mit dem Boden zusammenhängen. Samen wird mit dem Aussäen, eine Pflanze wird mit dem Einpflanzen wesentlicher Bestandteil des Grundstücks.

(2) Zu den wesentlichen Bestandteilen eines Gebäudes gehören die zur Herstellung des Gebäudes eingefügten Sachen.

Der Eigentümer einer Sache kann, soweit nicht das Gesetz oder Rechte Dritter entgegenstehen, mit der Sache nach Belieben verfahren und andere von jeder Einwirkung ausschließen. Der Eigentümer eines Tieres hat bei der Ausübung seiner Befugnisse die besonderen Vorschriften zum Schutz der Tiere zu beachten.

(1) Das Gericht entscheidet, soweit nichts anderes bestimmt ist, auf Grund mündlicher Verhandlung. Die mündliche Verhandlung soll so früh wie möglich stattfinden.

(2) Mit Einverständnis der Beteiligten kann das Gericht ohne mündliche Verhandlung entscheiden.

(3) Entscheidungen des Gerichts, die nicht Urteile sind, können ohne mündliche Verhandlung ergehen, soweit nichts anderes bestimmt ist.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat.

(2) Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt.

(3) Die Gesetzgebung ist an die verfassungsmäßige Ordnung, die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung sind an Gesetz und Recht gebunden.

(4) Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist.

(1) Innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile ist ein Vorhaben zulässig, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt und die Erschließung gesichert ist. Die Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse müssen gewahrt bleiben; das Ortsbild darf nicht beeinträchtigt werden.

(2) Entspricht die Eigenart der näheren Umgebung einem der Baugebiete, die in der auf Grund des § 9a erlassenen Verordnung bezeichnet sind, beurteilt sich die Zulässigkeit des Vorhabens nach seiner Art allein danach, ob es nach der Verordnung in dem Baugebiet allgemein zulässig wäre; auf die nach der Verordnung ausnahmsweise zulässigen Vorhaben ist § 31 Absatz 1, im Übrigen ist § 31 Absatz 2 entsprechend anzuwenden.

(3) Von Vorhaben nach Absatz 1 oder 2 dürfen keine schädlichen Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden zu erwarten sein.

(3a) Vom Erfordernis des Einfügens in die Eigenart der näheren Umgebung nach Absatz 1 Satz 1 kann im Einzelfall abgewichen werden, wenn die Abweichung

1.
einem der nachfolgend genannten Vorhaben dient:
a)
der Erweiterung, Änderung, Nutzungsänderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten Gewerbe- oder Handwerksbetriebs,
b)
der Erweiterung, Änderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten, Wohnzwecken dienenden Gebäudes oder
c)
der Nutzungsänderung einer zulässigerweise errichteten baulichen Anlage zu Wohnzwecken, einschließlich einer erforderlichen Änderung oder Erneuerung,
2.
städtebaulich vertretbar ist und
3.
auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.
Satz 1 findet keine Anwendung auf Einzelhandelsbetriebe, die die verbrauchernahe Versorgung der Bevölkerung beeinträchtigen oder schädliche Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden haben können. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 1 Buchstabe b und c kann darüber hinaus vom Erfordernis des Einfügens im Einzelfall im Sinne des Satzes 1 in mehreren vergleichbaren Fällen abgewichen werden, wenn die übrigen Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und die Aufstellung eines Bebauungsplans nicht erforderlich ist.

(4) Die Gemeinde kann durch Satzung

1.
die Grenzen für im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen,
2.
bebaute Bereiche im Außenbereich als im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen, wenn die Flächen im Flächennutzungsplan als Baufläche dargestellt sind,
3.
einzelne Außenbereichsflächen in die im Zusammenhang bebauten Ortsteile einbeziehen, wenn die einbezogenen Flächen durch die bauliche Nutzung des angrenzenden Bereichs entsprechend geprägt sind.
Die Satzungen können miteinander verbunden werden.

(5) Voraussetzung für die Aufstellung von Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 ist, dass

1.
sie mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung vereinbar sind,
2.
die Zulässigkeit von Vorhaben, die einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder nach Landesrecht unterliegen, nicht begründet wird und
3.
keine Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der in § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe b genannten Schutzgüter oder dafür bestehen, dass bei der Planung Pflichten zur Vermeidung oder Begrenzung der Auswirkungen von schweren Unfällen nach § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zu beachten sind.
In den Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 können einzelne Festsetzungen nach § 9 Absatz 1 und 3 Satz 1 sowie Absatz 4 getroffen werden. § 9 Absatz 6 und § 31 sind entsprechend anzuwenden. Auf die Satzung nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 3 sind ergänzend § 1a Absatz 2 und 3 und § 9 Absatz 1a entsprechend anzuwenden; ihr ist eine Begründung mit den Angaben entsprechend § 2a Satz 2 Nummer 1 beizufügen.

(6) Bei der Aufstellung der Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 sind die Vorschriften über die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung nach § 13 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und 3 sowie Satz 2 entsprechend anzuwenden. Auf die Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 bis 3 ist § 10 Absatz 3 entsprechend anzuwenden.

(1) Das Eigentum und das Erbrecht werden gewährleistet. Inhalt und Schranken werden durch die Gesetze bestimmt.

(2) Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen.

(3) Eine Enteignung ist nur zum Wohle der Allgemeinheit zulässig. Sie darf nur durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes erfolgen, das Art und Ausmaß der Entschädigung regelt. Die Entschädigung ist unter gerechter Abwägung der Interessen der Allgemeinheit und der Beteiligten zu bestimmen. Wegen der Höhe der Entschädigung steht im Streitfalle der Rechtsweg vor den ordentlichen Gerichten offen.

(1) Geschützte Landschaftsbestandteile sind rechtsverbindlich festgesetzte Teile von Natur und Landschaft, deren besonderer Schutz erforderlich ist

1.
zur Erhaltung, Entwicklung oder Wiederherstellung der Leistungs- und Funktionsfähigkeit des Naturhaushalts,
2.
zur Belebung, Gliederung oder Pflege des Orts- oder Landschaftsbildes,
3.
zur Abwehr schädlicher Einwirkungen oder
4.
wegen ihrer Bedeutung als Lebensstätten bestimmter wild lebender Tier- und Pflanzenarten.
Der Schutz kann sich für den Bereich eines Landes oder für Teile des Landes auf den gesamten Bestand an Alleen, einseitigen Baumreihen, Bäumen, Hecken oder anderen Landschaftsbestandteilen erstrecken.

(2) Die Beseitigung des geschützten Landschaftsbestandteils sowie alle Handlungen, die zu einer Zerstörung, Beschädigung oder Veränderung des geschützten Landschaftsbestandteils führen können, sind nach Maßgabe näherer Bestimmungen verboten. Für den Fall der Bestandsminderung kann die Verpflichtung zu einer angemessenen und zumutbaren Ersatzpflanzung oder zur Leistung von Ersatz in Geld vorgesehen werden.

(3) Vorschriften des Landesrechts über den gesetzlichen Schutz von Alleen bleiben unberührt.

(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.

(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.

(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.