Verwaltungsgericht Regensburg Urteil, 23. März 2017 - RN 5 K 15.1836

published on 23/03/2017 00:00
Verwaltungsgericht Regensburg Urteil, 23. März 2017 - RN 5 K 15.1836
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Gericht

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Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.

II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

III. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Ziel der Klage ist die Aufhebung des Widerrufs der Gaststättenerlaubnis.

Dem Kläger wurde am 20. Februar 2015 die Erlaubnis zum Betrieb der Schank- und Imbisswirtschaft „…“ in der …straße in … erteilt.

Im Rahmen des zur Erlaubniserteilung führenden Verfahrens wurden für den Kläger eine Eintragung im Führungszeugnis (AG 2* …, 8 August 2014: 80 Tagessätze wegen Untreue) und drei Eintragungen im Gewerbezentralregister (Landratsamt 3* …, 12. Oktober 2009, Verstoß gegen das Jugendschutzgesetz, Bußgeld in Höhe von 2.100…. EUR; AG 3* …, 6. September 2011, Vorenthalten von Arbeitsentgelt in 39 tatmehrheitlichen Fällen, 120 Tagessätze; Landratsamt 2* …, 15. Februar 2012, Untersagung der Ausübung des Gewerbes: Selbständiger Handelsvertreter, Vermittlung von Versicherungen und Bausparverträgen) übermittelt.

Am 10. Juni 2015 spielte der Kläger zusammen mit zwei anderen Personen in einem von ihm als Wohnzimmer bezeichneten Raum im 1. Obergeschoss über der Gaststätte „…“ Karten. Nachdem es zwischen dem Kläger und einer der beiden Personen zu einer tätlichen Auseinandersetzung gekommen war, stellte die gegen 02.48 Uhr vor Ort eingetroffene Polizei ein Taschenmesser, welches einem der beiden Mitspieler zugeordnet werden konnte, sowie einen Elektroschocker sicher.

Der Kläger wurde mit Schreiben vom 12. Juni 2015 zum beabsichtigten Widerruf angehört.

Das Führungszeugnis vom 29. Juli 2015 enthält folgende Eintragungen:

06.09.2011

AG 3* …

Vorenthalten und Veruntreuen von Arbeitsentgelt in 39 tatmehrheitlichen Fällen

120 Tagessätze

24.01.2014

AG 4* …

Unterschlagung

50 Tagessätze

08.08.2014

AG 2* …

Untreue

80 Tagessätze

02.04.2015

AG 2* …

Ausbeutung von Prostituierten

155 Tagessätze unter Einbeziehung AG 2* … 08.08.2014

Die Eintragungen im Gewerbezentralregister bestanden am 30. Juli 2015 unverändert fort.

Die Eintragungen in beiden Registern wurden dem Kläger in einem nochmaligen Anhörungsschreiben vom 17. August 2015 vorgehalten.

Am 9. September 2015 enthielt das Schuldnerverzeichnis für den Kläger 15 Eintragungen. Die Rückstände des Klägers beim Finanzamt betrugen am 21. September 2015 6.373,18 EUR.

Mit Bescheid vom 30. September 2015 widerrief das Landratsamt 1* … die am 20. Februar 2015 erteilte Gaststättenerlaubnis (Nr. 1), ordnete an, ab Zustellung des Bescheids alle Tätigkeiten zu unterlassen, die den Betrieb einer Schank- und Imbisswirtschaft darstellen und das Gewerbe innerhalb von einer Woche nach Zustellung des Bescheids bei der Gemeinde abzumelden (Nr. 2). Der sofortige Vollzug der Nummern 1 und 2 wurde angeordnet (Nr. 3). Ein Zwangsgeld in Höhe von 3.000…. EUR wurde angedroht (Nr. 4). Die Kosten des Verfahrens wurden dem Kläger auferlegt (Nr. 5) und die Gebühr auf 50…. EUR festgesetzt. Die Auslagen betragen 10,35 EUR (Nr. 6).

Der Bescheid wurde am 6. Oktober 2015 zugestellt.

Der Kläger ließ am 28. Oktober 2015 Klage erheben.

Zur Begründung wird im Wesentlichen ausgeführt, dass das sichergestellte Elektroimpulsgerät sich weder im Besitz noch im Eigentum des Klägers befunden habe. Ein Gast müsse dieses in die Gastwirtschaft mitgebracht haben. Der Kläger habe keine Straftat begangen. Der Unzuverlässigkeitsgrund müsse ein gewisses Gewicht haben. Sollte der Kläger - wie nicht - tatsächlich ein Elektroimpulsgerät in seinem Besitz gehabt haben, so hätte es dem Schutz der Gäste vor gefährlich gewordenen Besuchern gedient, die eine Gefahr für die Sicherheit in der Gaststätte dargestellt hätten. Der Kläger sei verpflichtet, seine Gäste zu schützen. Der Kläger habe das Gerät niemandem gegenüber zur Anwendung gebracht und insbesondere keine Person angegriffen. Selbst wenn es so gewesen wäre, hätte es sich um einen einmaligen Vorgang gehandelt, der vom Kläger nicht wiederholt worden sei. Das Gerät sei ja von der Polizei eingezogen worden, so dass bereits deshalb ein wiederholter Gebrauch ausgeschlossen gewesen wäre. Der Widerruf entziehe dem Kläger die Existenzgrundlage. Er sei seitdem nicht mehr in der Lage, seiner 13-jährigen Tochter Unterhalt zu zahlen. Es sei auch zu berücksichtigen, dass der Kläger das Lokal völlig modernisiert und zum Treffpunkt eines normalen, friedlichen Publikums gemacht habe.

Der Kläger beantragt sinngemäß:

Der Bescheid des Landratsamtes 1* … vom 30. September 2015 wird aufgehoben.

Der Beklagte beantragt,

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger habe nicht sicherstellen könne, dass er die zur Führung einer Gaststätte notwendige Zuverlässigkeit besitze. Aufgrund der Ereignisse seit Erteilung der Erlaubnis sei diese zu widerrufen gewesen.

Infolge der gerichtlichen Nachfrage an den Beklagten, auf welche Tatsachen die Prognoseentscheidung des Landratsamts gestützt werde, führte der Beklagte im Schriftsatz vom 20. Juli 2016 die folgenden auf:

- 8. Februar 2015 Jugendschutzkontrolle;

- 17. Mai 2015 Bierflasche gegen Oberarm einer Frau;

- Strafbefehl des AG 2* … wegen Ausbeutung von Prostituierten;

- 10. Juni 2015 Pokerrunde, Elektroschocker;

- in erneutem Führungszeugnis Entscheidung des AG 4* … vom 24. Januar 2014 wegen Unterschlagung.

Der Kläger ließ hierzu im Schriftsatz vom 21. Oktober 2016 noch insbesondere Folgendes erwidern:

- Es hätten sich nach 24.00 Uhr keine Minderjährigen ohne Begleitung in der Gastwirtschaft aufgehalten. Der Kläger sei nicht Inhaber der Gaststättenerlaubnis gewesen.

- Am 17. Mai 2015 habe der Kläger die Führung und Beaufsichtigung in der Gaststätte auf Frau E* … übertragen. Das Verfahren sei eingestellt worden.

- Der Eintrag vom 8. August 2014, AG 2* …, sei bei Bewilligung der Gaststättenerlaubnis bekannt gewesen. Die spätere Rechtskraft ändere daran nichts.

- Der Kläger habe im Obergeschoss des Lokals Schafkopf gespielt. Einer der Beteiligten habe einen Elektroschocker dabei gehabt. Dieser habe dem Kläger nicht gehört. Wegen des angeblichen Besitzes des Elektroschockers habe der Kläger einen Bußgeldbescheid erhalten, es aber versäumt, dagegen rechtzeitig Einspruch einzulegen.

- Bei der Antragstellung habe der Kläger Herrn B* … über die Situation wegen der angeblichen Unterschlagung vor dem AG 4* … informiert. Herr B* … habe damals versichert, dass wegen dieser Angelegenheit die Erlaubnis nicht versagt würde.

Hinsichtlich der Vorfälle wegen der Schafkopfrunde und der Bierflasche sei dem Kläger im Juni 2015 von den Herren B* … und S* … gesagt worden, dass diese keine Auswirkungen auf die Gaststättenerlaubnis hätten, wenn sie eingestellt würden.

Beigezogen wurden die Akten der Staatsanwaltschaft 3* … aus den Verfahren 306 Js 20612/15, 306 Js 20613/15 und 306 Js 22991/15 sowie die Akte der Staatsanwaltschaft Traunstein aus dem Verfahren 210 Js 22411/13.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der vorgelegten Behörden- und der Gerichtsakten Bezug genommen.

Gründe

Die zulässige Klage ist unbegründet.

Der angefochtene Bescheid vom 30. September 2015 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten.

1. Rechtsgrundlage für den Widerruf der am 20. Februar 2015 erteilten Gaststättenerlaubnis ist § 15 Abs. 2 GastG. Es sind nachträglich, d.h. nach Erteilung der Gaststättenerlaubnis, Tatsachen eingetreten, die die Versagung der erteilten Erlaubnis nach § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 GastG rechtfertigen würden. Nach § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 GastG ist eine gaststättenrechtliche Erlaubnis zu versagen, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass der Antragsteller die für den Gewerbebetrieb erforderliche Zuverlässigkeit nicht besitzt. Antragsteller im Sinne dieser Vorschrift ist der Kläger.

Unzuverlässig ist, wer nach dem Gesamteindruck seines Verhaltens nicht die Gewähr dafür bietet, dass er sein Gewerbe in Zukunft ordnungsgemäß betreiben wird. Die Beurteilung hat Prognosecharakter. Ihr müssen Tatsachen zugrunde liegen, insbesondere auch früheres oder aktuelles Verhalten, die eine Beurteilung ermöglichen, ob der Gewerbetreibende willens und in der Lage ist, in Zukunft seine beruflichen Pflichten zu erfüllen. Auf ein Verschulden oder einen Charaktermangel des Gewerbetreibenden kommt es insoweit nicht an. Die Tatsachen, auf die die Unzuverlässigkeit gestützt werden sollen, müssen allerdings gewerbebezogen sein, d.h. die Zuverlässigkeit des Gewerbetreibenden im Hinblick auf das konkret ausgeübte Gewerbe in Frage stellen (vgl. VG Regensburg vom 26. November 2015, RN 5 K 14.2148, juris, Rz 42 f., mit weiteren Rechtsprechungsnachweisen).

Die Tatsachen, die auf die Unzuverlässigkeit schließen lassen, brauchen allerdings nicht im Rahmen des Gewerbebetriebes eingetreten zu sein. Das ergibt sich daraus, dass sich die Unzuverlässigkeit als eine Frage der persönlichen Veranlagung und Haltung nach dem Gesamtbild der Persönlichkeit des Betroffenen beurteilt, so dass auch Komponenten außerhalb des Gewerbebetriebes maßgeblich sein können. Auch Tatsachen, die aus einer Zeit stammen, in der der Gewerbetreibende noch kein Gewerbe oder ein Gewerbe betrieben hat, das geringere Anforderungen an die Zuverlässigkeit als das gegenwärtige gestellt hat, können berücksichtigt werden (vgl. Marcks, in Landmann/Rohmer, GewO; § 35 GewO, Rz 33).

Bei Steuerschulden kommt es nur darauf an, dass sie gewerbebezogen sind, d.h. dass sie die Zuverlässigkeit des Gewerbetreibenden im Hinblick auf das konkret ausgeübte Gewerbe in Frage stellen. Steuerschulden lassen auf die Unzuverlässigkeit schließen, weil sie Ausfluss mangelnder wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit sind (vgl. Marcks, in Landmann/Rohmer, GewO; § 35 GewO, Rz 49, 51). Unabhängig davon, ob Steuerschulden vorliegen, muss von einem Gewerbetreibenden im Interesse eines ordnungsgemäßen und redlichen Wirtschaftsverkehrs erwartet werden, dass er bei anhaltender wirtschaftlicher Leistungsunfähigkeit, ohne Rücksicht auf die Ursachen seiner wirtschaftlichen Schwierigkeiten, seinen Gewerbebetrieb aufgibt (vgl. VG Regensburg vom 23. Februar 2017, RN 5 K 15.1901, n.v.). Allgemein gesagt, gehört die Geordnetheit der Vermögensverhältnisse zur ordnungsgemäßen Ausübung eines Gewerbes (vgl. VG Würzburg vom 24. Februar 2016, W 6 K 14.713, juris, Rz 21).

Maßgeblich für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit des Widerrufsbescheids ist die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt seines Erlasses (vgl. BayVGH vom 1. Oktober 2012, 22 ZB 12.787, juris, Rz 16). Die Frage, ob ein angefochtener Verwaltungsakt materiell rechtmäßig oder rechtswidrig ist, richtet sich nach dem Recht, das geeignet ist, die getroffene Regelung zu rechtfertigen. Erweist sie sich aus anderen als im Bescheid angegebenen Gründen als rechtmäßig, ohne dass sie durch den Austausch der Begründung in ihrem Wesen geändert würde, dann ist der Verwaltungsakt im Sinne des § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO nicht rechtswidrig (vgl. BVerwG vom 31. März 2010, 8 C 12/09, Juris, Rz 16). Das Gericht ist verpflichtet, zu prüfen, ob der angefochtene Verwaltungsakt mit dem objektiven Recht in Einklang steht und dabei alle einschlägigen Rechtsvorschriften und - im Rahmen des § 86 VwGO - alle rechterheblichen Tatsachen zu berücksichtigen, gleichgültig, ob diese von der Behörde zur Begründung des VAs angeführt worden sind oder nicht. Dies darf aber nicht zu einer Wesensänderung des angefochtenen VAs führen (vgl. BVerwG vom 21. November 1989, 9 C 28/89, NVwZ 1990, 673).

Gemessen an diesen Maßgaben ist der Widerruf der Gaststättenerlaubnis rechtmäßig.

Im Sachverhalt des angefochtenen Bescheids hat das Landratsamt mehrere Tatsachen angegeben, auf welche es theoretisch seine negative Prognose hätte stützen können. Im Abschnitt II der Gründe des Bescheids hat es jedoch verabsäumt, die Tatsachen zu erwähnen, welche es konkret für seine Prognose herangezogen hat. Erst auf gerichtliche Nachfrage, hat es diese im Laufe des gerichtlichen Verfahrens dann benannt. Diese benannten Tatsachen stellen sich jedoch in Teilen als nur eingeschränkt belastbar dar.

Die Verurteilung wegen Unterschlagung durch das AG 4* … vom 24. Januar 2014 war dem Landratsamt, wie dessen Vertreter in der mündlichen Verhandlung bestätigten, bereits bei Stellung das Antrags auf Erteilung einer Gaststättenerlaubnis im Januar 2015 bekannt.

Bei der Jugendschutzkontrolle am 8. Februar 2015 waren laut Ordnungswidrigkeiten-Anzeige der Polizeiinspektion … vom 18. Februar 2015, beim Landratsamt eingegangen am 25. Februar 2015, gegen 1.00 Uhr drei Minderjährige (ein 17-jähriger, eine 17-jährige und eine 16-jährige) im Lokal anwesend. Als Verantwortlicher habe sich der Kläger zu erkennen gegeben. Die Frage der Polizei, ob sich Jugendliche unter 18 Jahren in der Gaststätte aufhielten, habe der Kläger verneint. Die drei Minderjährigen hätten dann auf Aufforderung der Polizei die Gaststätte umgehend verlassen und seien mit einem volljährigen Bekannten nach Hause gefahren. Das Kreisjugendamt stellte das Bußgeldverfahren gegen den Kläger am 11. Juni 2015 ein.

Die Darstellung des Klägers in der mündlichen Verhandlung deckt sich nicht mit den Feststellungen der Polizei. Er sei damals als Angestellter des seinerzeitigen Betriebsinhabers geführt worden, da er zwar schon der Pächter gewesen sei, aber noch keine Gaststättenerlaubnis gehabt hätte. Er sei aber an diesem Abend der für die Gaststätte Verantwortliche gewesen. Es seien ein 18-jähriger und zwei Minderjährige im Lokal gewesen, denen er aber das Verbleiben nur gestattet habe, bis der Volljährige sein Getränk ausgetrunken habe. Dieser sei der Fahrer der Minderjährigen gewesen.

Sein Vorbringen, es seien nur zwei Minderjährige anwesend gewesen, die er zudem bereits zum Gehen aufgefordert habe, ist als Schutzbehauptung einzustufen, denn sie widerspricht den Feststellungen der Polizei und es ist kein Grund dafür ersichtlich, die Ausführungen der Polizei anzuzweifeln. Diese sind zudem schlüssig.

Als Tatsache kann demnach verwertet werden, dass der Kläger als Verantwortlicher für die Gaststätte die Anwesenheit von drei Minderjährigen gegen 1.00 Uhr geduldet hat. Die Frage, ob dieser Verstoß gegen das Jugendschutzgesetz bußgeldrechtlich geahndet wurde oder werden konnte, ist insofern unerheblich.

Die Bestrafung wegen Ausbeutung von Prostituierten durch das AG 2* … am 2. April 2015 darf als Tatsache verwertet werden. Der Kläger hatte in der Zeit vom 15. Februar bis 12. Juni 2014 mindestens drei Prostituierten in seinem Wohnhaus Unterkunft gewährt, über Internetplattformen vermittelt und einen Anteil an den Kundenzahlungen erhalten. Zu dieser Zeit betrieb der Kläger die gegenständliche Gaststätte noch nicht. Das Tatgeschehen fand auch außerhalb des Betriebs einer Gaststätte statt. Ein Gastwirt darf der Unsittlichkeit keinen Vorschub leisten (vgl. § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 GastG). Nicht jede Unterstützung der Prostitution durch einen Gastwirt ist seit Erlass des Prostitutionsgesetzes als der Unsittlichkeit Vorschub leisten einzustufen. Der durch den Gesetzgeber nachgezeichnete Wandel der Wertvorstellungen der Rechtsgemeinschaft hinsichtlich der Prostitution ist auch bei der Auslegung des § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 GastG zu berücksichtigen (vgl. BVerwG vom 23. März 2009, 8 B 2.09, juris, Rz 4 ff.). Wird jedoch im Zusammenhang mit Prostitution gegen Rechtsvorschriften verstoßen, wie dies beim strafbaren Ausbeuten von Prostituierten der Fall ist, dann darf das nach wie vor bei der Auslegung dieser Vorschrift berücksichtigt werden. Der Kläger ist insoweit strafrechtlich belangt worden. Dies darf verwertet werden, weil sich die Unzuverlässigkeit als eine Frage der persönlichen Veranlagung und Haltung nach dem Gesamtbild der Persönlichkeit des Betroffenen beurteilt. Es ist nicht erforderlich, dass die Tathandlungen während der Zeit des Betriebs oder beim Betrieb der Gaststätte „…“ vorgenommen wurden.

Zu weitgehend und damit nicht zu berücksichtigen ist jedoch die als Befürchtung zu bewertende Einschätzung des Beklagten, eine der drei Prostituierten sei die Lebensgefährtin des Klägers gewesen und deshalb bestehe die Gefahr, dass, sofern das Lokal schlecht gehen sollte, dort die Prostitution ausgeübt werden könnte. Dies zum einen bereits deshalb, weil die Ausübung der Prostitution Gegenstand eines Wertewandels war, und zum anderen die Rechtsprechung bereits vor der gesetzlichen Anerkennung dieses Wertewandels Tatsachen für die Prognose forderte und nicht lediglich Befürchtungen gelten ließ (Dies wurde vom Bayerischen Verwaltungsgerichtshof z.B. so am 23. Dezember 1988, 22 CS 88.3039, n.v., in einem Fall entschieden, in dem eine Gastwirtin, welche in einer Stadt als Prostituierte tätig war und in einer anderen, in der die Ausübung der Prostitution verboten war, eine Gaststätte (Nachtclub) betrieb und dabei aber keinen nachweisbaren Anlass zu Beanstandungen gab.).

Hinsichtlich des Vorwurfs, der Kläger habe eine Frau am 17. Mai 2015 mit einer Bierflasche am Arm verletzt, ist festzustellen, dass Aussage gegen Aussage steht. Der Kläger bestreitet die gegen ihn erhobenen Vorwürfe. Eine Konfrontation der Frau mit der Einlassung des Klägers ist sowohl im Strafverfahren als auch im Verwaltungsverfahren unterblieben. Der Vorwurf kann demnach nicht als belastbare Tatsache in die Prognose miteinbezogen werden.

Die Vorgänge am 10. Juni 2015 stellen sich nur teilweise als hinreichend geklärt dar. Der Kläger hat in einem, nicht zur Gaststätte gehörenden Raum im Obergeschoss mit zwei türkischen Staatsangehörigen Karten gespielt. Einer davon war so betrunken, dass er die Vorgänge nur eingeschränkt wahrgenommen hat. Es kam zu einem Streit zwischen dem Kläger und dem anderen Kartenspieler, der dabei auch verletzt wurde. Diesem konnte ein Messer zugeordnet werden. Der Kläger war im Besitz eines nach dem Waffengesetz verbotenen Elektroimpulsgeräts. Dieser Verstoß wurde mit einem Bußgeld geahndet.

Eine weitere Aufklärung dieser Vorgänge ist aber im Hinblick darauf, dass die Vermögensverhältnisse des Klägers bei Erlass des Widerrufsbescheids nicht geordnet waren, entbehrlich.

Das Schuldnerverzeichnis wies am 9. September 2015 für den Kläger 15 Eintragungen auf. Die letzte davon datierte vom 14. April 2015 und erfolgte deshalb, weil im Vollstreckungsverfahren die Befriedigung des Gläubigers ausgeschlossen war. Das Finanzamt … teilte mit Schreiben vom 21. September 2015 mit, dass für den Kläger aus den Jahren 2007 bis 2014 Einkommensteuerrückstände, aus den Jahren 2007 bis 2009 Umsatzsteuerrückstände und aus den Jahren 2013 bis 2014 Solidaritätszuschlagrückstände über insgesamt 6.373,18 EUR bestanden. Der Kläger bestätigte diese Eintragungen und die Steuerrückstände. Er gab an, es handle sich um Altschulden aus der Vergangenheit. Er bemühe sich, diese, ebenso wie die Gerichtskosten aus den Strafverfahren, durch den Betrieb der Gaststätte abzubauen.

Die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Klägers war bei Erlass des Widerrufsbescheids angesichts der Eintragungen und Rückstände seit Jahren nicht in dem Maße gegeben, um seinen finanziellen Verpflichtungen gerecht werden zu können. Die bloße Aussage, er bemühe sich, die Schulden abzubauen, stellt kein tragfähiges und nachvollziehbares Konzept zum Schuldenabbau dar.

Das Gericht kann die fehlende wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Klägers, wie oben ausgeführt, von Amts wegen berücksichtigen. Das Wesen des Widerrufs wegen Unzuverlässigkeit wird durch Berücksichtigung eines zusätzlichen, die Unzuverlässigkeit tragenden Grundes nicht geändert.

Soweit der Kläger vorbringt, mit dem Widerruf der Gaststättenerlaubnis werde ihm die Existenzgrundlage entzogen, muss er sich darauf verweisen lassen, dass dies die zwangsläufige Folge des Widerrufsverfahrens aufgrund seiner persönlichen Unzuverlässigkeit ist. Es bleibt ihm unbenommen, seinen Lebensunterhalt nicht mehr durch eine selbstständige, sondern durch eine abhängige Beschäftigung zu sichern (vgl. BayVGH vom 1. Oktober 2012, 22 ZB 12.787, juris, Rz 21).

2. Rechtsgrundlage für die Untersagung des weiteren Betriebs des Lokals ist § 31 GastG in Verbindung mit § 15 Abs. 2 GewO. Nach dieser Vorschrift kann bei Gewerbebetrieben, die den Vorschriften des Gaststättengesetzes unterliegen, und zu deren Ausübung eine Erlaubnis erforderlich ist, bei Nichtvorliegen dieser Erlaubnis die Fortsetzung des Betriebs verhindert werden.

Die Untersagung des weiteren Betriebs ist eine Folge des Widerrufs der Gaststättenerlaubnis. Nach dem Widerruf der Gaststättenerlaubnis ist der Weiterbetrieb des Lokals nicht mehr von einer entsprechenden Erlaubnis gedeckt. Ermessensfehler sind nicht ersichtlich. Bei bloß formeller Illegalität der Gewerbeausübung könnte man zu einer ermessensfehlerhaften Betriebsuntersagung kommen. Dies ist aber hier nicht der Fall. Im Falle der fehlenden Zuverlässigkeit ist der Weiterbetrieb nicht nur formell, sondern auch materiell rechtswidrig. Mildere Mittel standen nicht zur Verfügung. Die Betriebsuntersagung ist Konsequenz des Widerrufs. Es bestehen auch keine Bedenken gegen eine sofortige Untersagung (vgl. VG Regensburg vom 3. Januar 2014, RN 5 S. 13.2110, S. 14).

3. Die Zwangsgeldandrohung begegnet keinen rechtlichen Bedenken. Gleiches gilt für die Kostenentscheidung und die Festlegung der Gebühr.

4. Kosten: § 154 Abs. 1 VwGO.

Vorläufige Vollstreckbarkeit: §§ 167 VwGO, 708 ff. ZPO.

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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs. (2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungskl
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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

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published on 26/11/2015 00:00

Gründe Bayerisches Verwaltungsgericht Regensburg Aktenzeichen: RN 5 K 14.2148 Im Namen des Volkes Urteil vom 26. November 2015 5. Kammer Sachgebiets-Nr: 423 Hauptpunkte: Unzuverlässigkeit einer GmbH
published on 31/03/2010 00:00

Tatbestand 1 Der Beklagte hat der Klägerin aufgegeben, das in ihren Spielhallen verwendete Bonus- und Informationssystem stillzulegen und abzubauen. Dagegen wendet sich
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Annotations

(1) Die Erlaubnis zum Betrieb eines Gaststättengewerbes ist zurückzunehmen, wenn bekannt wird, daß bei ihrer Erteilung Versagungsgründe nach § 4 Abs. 1 Nr. 1 vorlagen.

(2) Die Erlaubnis ist zu widerrufen, wenn nachträglich Tatsachen eintreten, die die Versagung der Erlaubnis nach § 4 Abs. 1 Nr. 1 rechtfertigen würden.

(3) Sie kann widerrufen werden, wenn

1.
der Gewerbetreibende oder sein Stellvertreter die Betriebsart, für welche die Erlaubnis erteilt worden ist, unbefugt ändert, andere als die zugelassenen Räume zum Betrieb verwendet oder nicht zugelassene Getränke oder Speisen verabreicht oder sonstige inhaltliche Beschränkungen der Erlaubnis nicht beachtet,
2.
der Gewerbetreibende oder sein Stellvertreter Auflagen nach § 5 Abs. 1 nicht innerhalb einer gesetzten Frist erfüllt,
3.
der Gewerbetreibende seinen Betrieb ohne Erlaubnis durch einen Stellvertreter betreiben läßt,
4.
der Gewerbetreibende oder sein Stellvertreter Personen entgegen einem nach § 21 ergangenen Verbot beschäftigt,
5.
der Gewerbetreibende im Fall des § 4 Abs. 2 nicht innerhalb von sechs Monaten nach der Berufung den Nachweis nach § 4 Abs. 1 Nr. 4 erbringt,
6.
der Gewerbetreibende im Fall des § 9 Satz 3 nicht innerhalb von sechs Monaten nach dem Ausscheiden des Stellvertreters den Nachweis nach § 4 Abs. 1 Nr. 4 erbringt,
7.
die in § 10 Satz 1 und 2 bezeichneten Personen nicht innerhalb von sechs Monaten nach der Weiterführung den Nachweis nach § 4 Abs. 1 Nr. 4 erbringen.

(4) Die Absätze 1, 2 und 3 Nr. 1, 2 und 4 gelten entsprechend für die Rücknahme und den Widerruf der Stellvertretungserlaubnis.

(1) Die Erlaubnis ist zu versagen, wenn

1.
Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß der Antragsteller die für den Gewerbebetrieb erforderliche Zuverlässigkeit nicht besitzt, insbesondere dem Trunke ergeben ist oder befürchten läßt, daß er Unerfahrene, Leichtsinnige oder Willensschwache ausbeuten wird oder dem Alkoholmißbrauch, verbotenem Glücksspiel, der Hehlerei oder der Unsittlichkeit Vorschub leisten wird oder die Vorschriften des Gesundheits- oder Lebensmittelrechts, des Arbeits- oder Jugendschutzes nicht einhalten wird,
2.
die zum Betrieb des Gewerbes oder zum Aufenthalt der Beschäftigten bestimmten Räume wegen ihrer Lage, Beschaffenheit, Ausstattung oder Einteilung für den Betrieb nicht geeignet sind, insbesondere den notwendigen Anforderungen zum Schutze der Gäste und der Beschäftigten gegen Gefahren für Leben, Gesundheit oder Sittlichkeit oder den sonst zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung notwendigen Anforderungen nicht genügen oder
2a.
die zum Betrieb des Gewerbes für Gäste bestimmten Räume von behinderten Menschen nicht barrierefrei genutzt werden können, soweit diese Räume in einem Gebäude liegen, für das nach dem 1. November 2002 eine Baugenehmigung für die erstmalige Errichtung, für einen wesentlichen Umbau oder eine wesentliche Erweiterung erteilt wurde oder das, für den Fall, dass eine Baugenehmigung nicht erforderlich ist, nach dem 1. Mai 2002 fertig gestellt oder wesentlich umgebaut oder erweitert wurde,
3.
der Gewerbebetrieb im Hinblick auf seine örtliche Lage oder auf die Verwendung der Räume dem öffentlichen Interesse widerspricht, insbesondere schädliche Umwelteinwirkungen im Sinne des Bundes-Immissionsschutzgesetzes oder sonst erhebliche Nachteile, Gefahren oder Belästigungen für die Allgemeinheit befürchten läßt,
4.
der Antragsteller nicht durch eine Bescheinigung einer Industrie- und Handelskammer nachweist, daß er oder sein Stellvertreter (§ 9) über die Grundzüge der für den in Aussicht genommenen Betrieb notwendigen lebensmittelrechtlichen Kenntnisse unterrichtet worden ist und mit ihnen als vertraut gelten kann.
Die Erlaubnis kann entgegen Satz 1 Nr. 2a erteilt werden, wenn eine barrierefreie Gestaltung der Räume nicht möglich ist oder nur mit unzumutbaren Aufwendungen erreicht werden kann.

(2) Wird bei juristischen Personen oder nichtrechtsfähigen Vereinen nach Erteilung der Erlaubnis eine andere Person zur Vertretung nach Gesetz, Satzung oder Gesellschaftsvertrag berufen, so ist dies unverzüglich der Erlaubnisbehörde anzuzeigen.

(3) Die Landesregierungen können zur Durchführung des Absatzes 1 Nr. 2 durch Rechtsverordnung die Mindestanforderungen bestimmen, die an die Lage, Beschaffenheit, Ausstattung und Einteilung der Räume im Hinblick auf die jeweilige Betriebsart und Art der zugelassenen Getränke oder Speisen zu stellen sind. Die Landesregierungen können durch Rechtsverordnung

a)
zur Durchführung des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 2a Mindestanforderungen bestimmen, die mit dem Ziel der Herstellung von Barrierefreiheit an die Lage, Beschaffenheit, Ausstattung und Einteilung der Räume zu stellen sind, und
b)
zur Durchführung des Absatzes 1 Satz 2 die Voraussetzungen für das Vorliegen eines Falles der Unzumutbarkeit festlegen.
Die Landesregierungen können durch Rechtsverordnung die Ermächtigung auf oberste Landesbehörden übertragen.

(1) Die Ausübung eines Gewerbes ist von der zuständigen Behörde ganz oder teilweise zu untersagen, wenn Tatsachen vorliegen, welche die Unzuverlässigkeit des Gewerbetreibenden oder einer mit der Leitung des Gewerbebetriebes beauftragten Person in bezug auf dieses Gewerbe dartun, sofern die Untersagung zum Schutze der Allgemeinheit oder der im Betrieb Beschäftigten erforderlich ist. Die Untersagung kann auch auf die Tätigkeit als Vertretungsberechtigter eines Gewerbetreibenden oder als mit der Leitung eines Gewerbebetriebes beauftragte Person sowie auf einzelne andere oder auf alle Gewerbe erstreckt werden, soweit die festgestellten Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß der Gewerbetreibende auch für diese Tätigkeiten oder Gewerbe unzuverlässig ist. Das Untersagungsverfahren kann fortgesetzt werden, auch wenn der Betrieb des Gewerbes während des Verfahrens aufgegeben wird.

(2) Dem Gewerbetreibenden kann auf seinen Antrag von der zuständigen Behörde gestattet werden, den Gewerbebetrieb durch einen Stellvertreter (§ 45) fortzuführen, der die Gewähr für eine ordnungsgemäße Führung des Gewerbebetriebes bietet.

(3) Will die Verwaltungsbehörde in dem Untersagungsverfahren einen Sachverhalt berücksichtigen, der Gegenstand der Urteilsfindung in einem Strafverfahren gegen einen Gewerbetreibenden gewesen ist, so kann sie zu dessen Nachteil von dem Inhalt des Urteils insoweit nicht abweichen, als es sich bezieht auf

1.
die Feststellung des Sachverhalts,
2.
die Beurteilung der Schuldfrage oder
3.
die Beurteilung der Frage, ob er bei weiterer Ausübung des Gewerbes erhebliche rechtswidrige Taten im Sinne des § 70 des Strafgesetzbuches begehen wird und ob zur Abwehr dieser Gefahren die Untersagung des Gewerbes angebracht ist.
Absatz 1 Satz 2 bleibt unberührt. Die Entscheidung über ein vorläufiges Berufsverbot (§ 132a der Strafprozeßordnung), der Strafbefehl und die gerichtliche Entscheidung, durch welche die Eröffnung des Hauptverfahrens abgelehnt wird, stehen einem Urteil gleich; dies gilt auch für Bußgeldentscheidungen, soweit sie sich auf die Feststellung des Sachverhalts und die Beurteilung der Schuldfrage beziehen.

(3a) (weggefallen)

(4) Vor der Untersagung sollen, soweit besondere staatliche Aufsichtsbehörden bestehen, die Aufsichtsbehörden, ferner die zuständige Industrie- und Handelskammer oder Handwerkskammer und, soweit es sich um eine Genossenschaft handelt, auch der Prüfungsverband gehört werden, dem die Genossenschaft angehört. Ihnen sind die gegen den Gewerbetreibenden erhobenen Vorwürfe mitzuteilen und die zur Abgabe der Stellungnahme erforderlichen Unterlagen zu übersenden. Die Anhörung der vorgenannten Stellen kann unterbleiben, wenn Gefahr im Verzuge ist; in diesem Falle sind diese Stellen zu unterrichten.

(5) (weggefallen)

(6) Dem Gewerbetreibenden ist von der zuständigen Behörde auf Grund eines an die Behörde zu richtenden schriftlichen oder elektronischen Antrages die persönliche Ausübung des Gewerbes wieder zu gestatten, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß eine Unzuverlässigkeit im Sinne des Absatzes 1 nicht mehr vorliegt. Vor Ablauf eines Jahres nach Durchführung der Untersagungsverfügung kann die Wiederaufnahme nur gestattet werden, wenn hierfür besondere Gründe vorliegen.

(7) Zuständig ist die Behörde, in deren Bezirk der Gewerbetreibende eine gewerbliche Niederlassung unterhält oder in den Fällen des Absatzes 2 oder 6 unterhalten will. Bei Fehlen einer gewerblichen Niederlassung sind die Behörden zuständig, in deren Bezirk das Gewerbe ausgeübt wird oder ausgeübt werden soll. Für die Vollstreckung der Gewerbeuntersagung sind auch die Behörden zuständig, in deren Bezirk das Gewerbe ausgeübt wird oder ausgeübt werden soll.

(7a) Die Untersagung kann auch gegen Vertretungsberechtigte oder mit der Leitung des Gewerbebetriebes beauftragte Personen ausgesprochen werden. Das Untersagungsverfahren gegen diese Personen kann unabhängig von dem Verlauf des Untersagungsverfahrens gegen den Gewerbetreibenden fortgesetzt werden. Die Absätze 1 und 3 bis 7 sind entsprechend anzuwenden.

(8) Soweit für einzelne Gewerbe besondere Untersagungs- oder Betriebsschließungsvorschriften bestehen, die auf die Unzuverlässigkeit des Gewerbetreibenden abstellen, oder eine für das Gewerbe erteilte Zulassung wegen Unzuverlässigkeit des Gewerbetreibenden zurückgenommen oder widerrufen werden kann, sind die Absätze 1 bis 7a nicht anzuwenden. Dies gilt nicht für die Tätigkeit als vertretungsberechtigte Person eines Gewerbetreibenden oder als mit der Leitung des Betriebes oder einer Zweigniederlassung beauftragte Person sowie für Vorschriften, die Gewerbeuntersagungen oder Betriebsschließungen durch strafgerichtliches Urteil vorsehen.

(9) Die Absätze 1 bis 8 sind auf Genossenschaften entsprechend anzuwenden, auch wenn sich ihr Geschäftsbetrieb auf den Kreis der Mitglieder beschränkt; sie finden ferner Anwendung auf den Handel mit Arzneimitteln, mit Losen von Lotterien und Ausspielungen sowie mit Bezugs- und Anteilscheinen auf solche Lose und auf den Betrieb von Wettannahmestellen aller Art.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Das Gericht erforscht den Sachverhalt von Amts wegen; die Beteiligten sind dabei heranzuziehen. Es ist an das Vorbringen und an die Beweisanträge der Beteiligten nicht gebunden.

(2) Ein in der mündlichen Verhandlung gestellter Beweisantrag kann nur durch einen Gerichtsbeschluß, der zu begründen ist, abgelehnt werden.

(3) Der Vorsitzende hat darauf hinzuwirken, daß Formfehler beseitigt, unklare Anträge erläutert, sachdienliche Anträge gestellt, ungenügende tatsächliche Angaben ergänzt, ferner alle für die Feststellung und Beurteilung des Sachverhalts wesentlichen Erklärungen abgegeben werden.

(4) Die Beteiligten sollen zur Vorbereitung der mündlichen Verhandlung Schriftsätze einreichen. Hierzu kann sie der Vorsitzende unter Fristsetzung auffordern. Die Schriftsätze sind den Beteiligten von Amts wegen zu übermitteln.

(5) Den Schriftsätzen sind die Urkunden oder elektronischen Dokumente, auf die Bezug genommen wird, in Abschrift ganz oder im Auszug beizufügen. Sind die Urkunden dem Gegner bereits bekannt oder sehr umfangreich, so genügt die genaue Bezeichnung mit dem Anerbieten, Einsicht bei Gericht zu gewähren.

(1) Die Erlaubnis ist zu versagen, wenn

1.
Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß der Antragsteller die für den Gewerbebetrieb erforderliche Zuverlässigkeit nicht besitzt, insbesondere dem Trunke ergeben ist oder befürchten läßt, daß er Unerfahrene, Leichtsinnige oder Willensschwache ausbeuten wird oder dem Alkoholmißbrauch, verbotenem Glücksspiel, der Hehlerei oder der Unsittlichkeit Vorschub leisten wird oder die Vorschriften des Gesundheits- oder Lebensmittelrechts, des Arbeits- oder Jugendschutzes nicht einhalten wird,
2.
die zum Betrieb des Gewerbes oder zum Aufenthalt der Beschäftigten bestimmten Räume wegen ihrer Lage, Beschaffenheit, Ausstattung oder Einteilung für den Betrieb nicht geeignet sind, insbesondere den notwendigen Anforderungen zum Schutze der Gäste und der Beschäftigten gegen Gefahren für Leben, Gesundheit oder Sittlichkeit oder den sonst zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung notwendigen Anforderungen nicht genügen oder
2a.
die zum Betrieb des Gewerbes für Gäste bestimmten Räume von behinderten Menschen nicht barrierefrei genutzt werden können, soweit diese Räume in einem Gebäude liegen, für das nach dem 1. November 2002 eine Baugenehmigung für die erstmalige Errichtung, für einen wesentlichen Umbau oder eine wesentliche Erweiterung erteilt wurde oder das, für den Fall, dass eine Baugenehmigung nicht erforderlich ist, nach dem 1. Mai 2002 fertig gestellt oder wesentlich umgebaut oder erweitert wurde,
3.
der Gewerbebetrieb im Hinblick auf seine örtliche Lage oder auf die Verwendung der Räume dem öffentlichen Interesse widerspricht, insbesondere schädliche Umwelteinwirkungen im Sinne des Bundes-Immissionsschutzgesetzes oder sonst erhebliche Nachteile, Gefahren oder Belästigungen für die Allgemeinheit befürchten läßt,
4.
der Antragsteller nicht durch eine Bescheinigung einer Industrie- und Handelskammer nachweist, daß er oder sein Stellvertreter (§ 9) über die Grundzüge der für den in Aussicht genommenen Betrieb notwendigen lebensmittelrechtlichen Kenntnisse unterrichtet worden ist und mit ihnen als vertraut gelten kann.
Die Erlaubnis kann entgegen Satz 1 Nr. 2a erteilt werden, wenn eine barrierefreie Gestaltung der Räume nicht möglich ist oder nur mit unzumutbaren Aufwendungen erreicht werden kann.

(2) Wird bei juristischen Personen oder nichtrechtsfähigen Vereinen nach Erteilung der Erlaubnis eine andere Person zur Vertretung nach Gesetz, Satzung oder Gesellschaftsvertrag berufen, so ist dies unverzüglich der Erlaubnisbehörde anzuzeigen.

(3) Die Landesregierungen können zur Durchführung des Absatzes 1 Nr. 2 durch Rechtsverordnung die Mindestanforderungen bestimmen, die an die Lage, Beschaffenheit, Ausstattung und Einteilung der Räume im Hinblick auf die jeweilige Betriebsart und Art der zugelassenen Getränke oder Speisen zu stellen sind. Die Landesregierungen können durch Rechtsverordnung

a)
zur Durchführung des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 2a Mindestanforderungen bestimmen, die mit dem Ziel der Herstellung von Barrierefreiheit an die Lage, Beschaffenheit, Ausstattung und Einteilung der Räume zu stellen sind, und
b)
zur Durchführung des Absatzes 1 Satz 2 die Voraussetzungen für das Vorliegen eines Falles der Unzumutbarkeit festlegen.
Die Landesregierungen können durch Rechtsverordnung die Ermächtigung auf oberste Landesbehörden übertragen.

Auf die den Vorschriften dieses Gesetzes unterliegenden Gewerbebetriebe finden die Vorschriften der Gewerbeordnung soweit Anwendung, als nicht in diesem Gesetz besondere Bestimmungen getroffen worden sind; die Vorschriften über den Arbeitsschutz werden durch dieses Gesetz nicht berührt.

(1) Die Behörde bescheinigt innerhalb dreier Tage den Empfang der Anzeige.

(2) Wird ein Gewerbe, zu dessen Ausübung eine Erlaubnis, Genehmigung, Konzession oder Bewilligung (Zulassung) erforderlich ist, ohne diese Zulassung betrieben, so kann die Fortsetzung des Betriebes von der zuständigen Behörde verhindert werden. Das gleiche gilt, wenn ein Gewerbe von einer ausländischen juristischen Person begonnen wird, deren Rechtsfähigkeit im Inland nicht anerkannt wird.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.