Verwaltungsgericht Regensburg Urteil, 31. Juli 2014 - 9 K 13.1442
Gericht
Tenor
I.
Die Klage wird abgewiesen.
II.
Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III.
Das Urteil ist in Ziffer II vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Tatbestand
Die am 20. August 1967 geborene Klägerin wendet sich gegen die nachträgliche Feststellung des Nichtbestehens der Promotionsprüfung und den Entzug des Doktorgrades.
Am 3. April 2006 beantragte die Klägerin beim Dekan der Medizinischen Fakultät der Universität R. (UR) die Zulassung zur Promotion zum Doktor der Zahnheilkunde (Dr. med. dent.) mit dem Thema „Behandlungsstrategien beim Hepatozellulären Karzinom“. Mit dem Antrag gab die Klägerin u. a. die unterzeichnete schriftliche Erklärung ab, dass sie die Dissertation selbst verfasst hat und keine anderen als die von ihr angegebenen Hilfsmittel benutzt worden sind. Unter dem 25. April 2006 bestätigte der Dekan der Medizinischen Fakultät die Anmeldung. Gleichzeitig wurden Prof. Dr. S. zum Erst- und Prof. Dr. K. zum Zweitgutachter bestellt. In der Zeit vom 5. Mai bis 18. Mai 2006 lag die Dissertation mit den beiden Gutachten, die die Arbeit jeweils mit der Note „cum laude“ bewerteten, im Prüfungsamt der Medizinischen Fakultät zur Einsichtnahme aus. Nach Annahme der Dissertation erfolgte am 29. Mai 2006 die mündliche Prüfung, die für die Klägerin ebenfalls die Note „cum laude“ ergab. Am 12. Juni 2006 wurde der Klägerin vom Dekan der Medizinischen Fakultät nach Bewertung der Promotionsleistungen mit der Gesamtnote „cum laude“ die Urkunde vom 1. Juni 2006 über die Verleihung des Doktorgrades der Zahnmedizin ausgehändigt.
Am 7. August 2012 ging bei der Beklagten ein Schreiben (vom 4. August 2012) mit der Klägerin als Absender ein, womit, „um etwaigen Plagiatsvorwürfen zuvorzukommen“, der „erlangte Doktorgrad freiwillig und aus freien Stücken“ zurückgegeben werde. Mögliche inhaltliche Ähnlichkeiten mit der Habilitationsarbeit des Ehemanns seien „absolut zufällig“. In der Sitzung vom 6. August 2012 beschloss der Fakultätsvorstand, die Dissertation der Klägerin zu prüfen. Mit Schreiben vom 9. August 2012 gab der Prodekan der Medizinischen Fakultät der Klägerin Gelegenheit zur Stellungnahme, nachdem bei der Überprüfung der Dissertationen der Klägerin und des Ehemanns „Überlappungen aufgefallen“ seien. Gleichzeitig wurde sie um Bestätigung des Schreibens vom 9. August 2012 gebeten. Unter dem gleichen Datum wurde der Ombudsmann der UR von der Überprüfungsverpflichtung in Kenntnis gesetzt. Am 14. August 2012 teilte der Ehemann der Klägerin telefonisch und per E-Mail der Beklagten mit, dass der Brief vom 4. August 2012 eine Fälschung sei. Mit anwaltlichem Schriftsatz vom 22. August 2012 ließ die Klägerin mitteilen, dass wegen des Schreibens vom 4. August 2012 Strafanzeige erstattet worden sei. Mit Schreiben vom 22. August 2012 nahm der Zweitgutachter Prof. Dr. K. gegenüber dem Dekan Stellung, mit Schreiben vom 7. September 2012 tat dies der Erstgutachter Prof. Dr. S.. In letzterem Schreiben wird u. a. mitgeteilt, dass die Betreuung der Doktorarbeit nicht durch ihn persönlich, „sondern durch einen sog. Betreuer, der in diesem Fall Herr O. war“, erfolgt sei. Mit anwaltlichem Schriftsatz vom 24. August 2012 ließ die Klägerin u. a. mitteilen, dass die Daten für die Dissertation von „ihr persönlich im Rahmen einer Retrospektiven Analyse erhoben“ worden seien. Es handele sich um eine völlig eigenständige Arbeit.
In der Sitzung vom 18. September 2012 beschloss die Promotionskommission der Fakultät für Medizin sowie für Biologie und Vorklinische Medizin einstimmig, nachdem sich in der Dissertation der Klägerin kein Hinweis auf die Dissertation von Herrn Dr. O. gefunden habe, obwohl wesentliche Übereinstimmungen festgestellt worden seien, nachträglich die Doktorprüfung der Klägerin für nicht bestanden zu erklären und die Promotionsurkunde einzuziehen. Der Umfang der Täuschung sei so gravierend, dass die Kommission unter Berücksichtigung aller Umstände zu keiner anderen Entscheidung habe gelangen können. Mit Schreiben vom 21. September 2012 teilte der Dekan der Medizinischen Fakultät als Vorsitzender der Promotionskommission der Klägerin das Sitzungsergebnis mit und gab ihr bis 10. Oktober 2012 vor Einleitung weiterer rechtlicher Schritte Gelegenheit zur Stellungnahme. Mit anwaltlichem Schriftsatz vom 10. Oktober 2012 ließ die Klägerin Stellung nehmen. Der Vorwurf der Täuschung werde zurückgewiesen, für eine nachträgliche Aberkennung des Doktortitels gebe es keine tragfähige rechtliche Grundlage. Die Doktorarbeit der Klägerin baue zum Teil auf das gleiche Patientenkollektiv wie die Dissertation des Ehemanns. Die Klägerin und ihr Ehemann hätten an der gleichen Fakultät ihre Dissertationen mit einem Abstand von zwei Jahren am gleichen Lehrstuhl vorgelegt. Die Dissertation des Ehemanns sei erst am 22. Juli 2006 zur Publikation angenommen worden und im Jahr 2007 erschienen. Als die Klägerin ihre Arbeit vorgelegt habe, sei die Dissertation des Ehemanns mangels Veröffentlichung noch gar nicht zitierfähig gewesen. Deshalb sei bewusst auf diesen Literaturhinweis verzichtet und an dessen Stelle der Ehemann „für die unermüdliche Unterstützung bei der Verfassung der Arbeit“ im Kapitel der Danksagung aufgenommen worden. Dieser Hinweis belege die Unterstützung und wissenschaftliche Begleitung der Arbeit durch den Ehemann; von einer Täuschungsabsicht könne also nicht die Rede sein. Auch auf den Seiten 10 und 47 der Dissertation gebe es klare Angaben, dass die Daten des Patientenkollektivs aus der gleichen Klinik stammten und den gleichen Zeitraum (1.1.1995 bis 31.3.2002) beträfen. Es habe auch kein Erfordernis zur Täuschung bestanden. Im Einzelnen wird ausgeführt: Die multiplen identischen Formulierungen (meistens ein bis zwei Sätze allgemeine Formulierung) im Diskussions- und im Ergebnisteil beruhten zum einen auf dem gemeinsamen Schnittpunkt, nämlich der Tumorentität Hepatozelluläres Karzinom (HCC), und zum anderen auf dem analysierten Teilaspekt der Lebertransplantation. Der fünfzeilige Schlussabsatz gehe auf die analysierte Gruppe der Transplantation ein. Die Abbildung 1 sei in beiden Arbeiten gleich, diese zeige das Überleben bei HCC-Entität mit verschiedenen Tumorstadien; die Abbildungen 2 bis 15 seien nicht gleichlautend und bezögen sich auf unterschiedliche Aspekte. Die Tabelle 2 zum Teil, die Tabellen 6 und 7 charakterisierten die Lebertransplantationsgruppe mit und ohne Vorbehandlung. Die Tabellen 8 und 9 zeigten allgemeine Child- und UICC-Klassifikationen an, sonstige statistische Angaben seien nicht identisch. Die Übereinstimmungen beträfen insgesamt allgemeine Formulierungen bzw. Aussagen, die für die Dissertation der Klägerin keine nennenswerte wissenschaftliche Relevanz beanspruchten und deren Anteil an der Gesamtarbeit eher zu vernachlässigen sei. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt des Schriftsatzes Bezug genommen.
Am 16. November 2012 fand eine Sondersitzung der Promotionskommission in Anwesenheit des Ombudsmanns der UR und Vertretern der Rechtsabteilung der Universitätsverwaltung statt. Die Entscheidung aus der Sitzung vom 18. September 2012 wurde bekräftigt und es wurde unter Berücksichtigung des anwaltlichen Schriftsatzes vom 10. Oktober 2012 der Beschluss gefasst, die Doktorprüfung der Klägerin nachträglich für nicht bestanden zu erklären und die Promotionsurkunde einzuziehen. Ihre Dissertation ähnele in wesentlichen Punkten der Dissertation des Ehemanns ohne entsprechende Hinweise/Quellenangabe auf diese Arbeit. Insofern liege eine Täuschung im Sinne von § 13 der einschlägigen Promotionsordnung vor. Als konkrete Gründe wurden nochmals die bereits in der Sitzung vom 18. September 2012 festgestellten Punkte bestätigt. Die Danksagung an den Ehemann in der Dissertation könne nicht als notwendige und ordentliche wissenschaftliche Zitierung eingestuft werden. Ein formelles Heranziehen und der Verweis auf die Dissertation des Ehemanns wären aber erforderlich gewesen, zumal eine vorherige und zeitgerechte Veröffentlichung dieser Dissertation durch Abgabe der 40 Pflichtexemplare (die Empfangsbestätigung der Universitätsbibliothek vom 16. Februar 2005 liege vor) erfolgt sei. Der Verweis auf unterschiedliche Untersuchungsziele der beiden Dissertationen sei nicht relevant, da in jedem Fall wesentliche Daten aus der Dissertation des Ehemanns in die der Klägerin übernommen und ohne Quellenverweis als von ihr erhoben und analysiert dargestellt worden seien. Zudem sei bemerkenswert, dass die statistischen Ergebnisse der Tabellen für ein Kollektiv von 84 Patienten beim Ehemann absolut identisch seien mit der Darstellung für ein Patientenkollektiv von 120 bei der Klägerin. Besonders werde von der Kommission nochmals betont, dass die Zusammenfassung und damit die Quintessenz und das dargestellte wissenschaftliche Ergebnis der Untersuchungen im Schlussabsatz der beiden Dissertationen wortgleich seien; selbst die Interpunktionsfehler seien übernommen worden. Die Kommission sehe sich im Übrigen auch durch eine Berichterstattung im Laborjournal (Ausgabe Oktober 2012) bestätigt. Darin werde konkret auf Übereinstimmungen beider Arbeiten eingegangen, die mit einem Plagiatsgutachten (Dr. S. W.) bestätigt seien.
Mit Bescheid vom 17. Dezember 2012 erklärte der Dekan der Medizinischen Fakultät der UR die am 29. Mai 2006 abgelegte Promotionsprüfung für nicht bestanden, verbunden mit der gleichzeitigen Aufforderung, die am 12. Juni 2006 ausgehändigte Promotionsurkunde zurückzugeben. Die von der Original-Promotionsurkunde angefertigten Abschriften und Kopien sind von der Klägerin zu vernichten. Die Entscheidung beruhe auf Art. 48 BayVwVfG i. V. m. § 13 Abs. 2 Promotionsordnung. Die Verleihung des Doktorgrades sei rechtswidrig. Eine rechtmäßige Verleihung setze u. a. voraus, dass die Dissertation gemäß § 7 Promotionsordnung ordnungsgemäß angenommen worden sei. Annahmefähig sei die Dissertation nur, wenn es sich um eine selbstständige wissenschaftliche Leistung handele. Dies sei vorliegend nicht der Fall. Die Klägerin übernehme in ihrer Dissertation an einer Vielzahl von Stellen nahezu wortwörtlich Ausführungen aus der Dissertation des Ehemanns, ohne auf diese Quelle hinzuweisen. Die Arbeit hätte daher aufgrund der vorliegenden Täuschung nicht mit „cum laude (3)“, sondern der Note „insufficienter“ bewertet werden müssen. Damit wäre sie nach § 7 Abs. 6 Satz 1 Alt. 2 Promotionsordnung abgelehnt worden. Dennoch sei die Annahme der Arbeit formal korrekt erfolgt, da beide Gutachter die Annahme der Arbeit beantragt hätten. Beide Gutachter seien zum damaligen Zeitpunkt davon ausgegangen, dass es sich um eine selbstständig verfasste und eigenständige wissenschaftliche Arbeit und Leistung handele. Sie seien damit von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen; die Bewertungsentscheidungen der Gutachter würden folglich an einem Bewertungsmangel leiden. Die Täuschung und in der Konsequenz der Mangel der Dissertation und mithin der darauf bezogenen Gutachten sei erst jetzt bekannt geworden. Die Promotionskommission habe nach Abschluss der Überprüfung des Sachverhalts als zuständiges Prüfungsorgan die Promotionsprüfung nachträglich für nicht bestanden erklären können. Bei dieser Entscheidung habe die Promotionskommission sämtliche Umstände gegeneinander abgewogen. Das Interesse der Klägerin an der Erhaltung ihres Doktortitels könne dabei das Interesse an der Korrektur des Prüfungsverfahrens und der Wiederherstellung der Rechtsordnung nicht überwiegen. Zuständig für die Rücknahme sei die Fakultät für Medizin. Die Rückforderung der Promotionsurkunde erfolge aufgrund von Art. 52 BayVwVfG i. V. m. § 13 Abs. 2 Satz 2 Promotionsordnung. Es bestehe ein Interesse, die Urkunde, die einen nicht mehr bestehenden Doktorgrad vortäusche, dem Rechtsverkehr zu entziehen. Mit der Bestandskraft der Rücknahmeentscheidung verliere die Betroffene das Recht, den Doktorgrad (weiter) zu führen. Wegen der Einzelheiten wird auf den Inhalt des Bescheids Bezug genommen.
Am 15. Januar 2013 erhob die Klägerin Widerspruch gegen den Bescheid vom 17. Dezember 2012. Bei der Dissertation der Klägerin handele es sich um eine selbstständige, wissenschaftliche Abhandlung gemäß § 6 Abs. 1 der Promotionsordnung. Diese Annahme werde aktuell durch die Stellungnahme des damaligen Zweitgutachters Prof. Dr. K. vom 22. August 2012 gestützt. Dieser habe darin wesentliche entlastende Argumente zugunsten der Klägerin vorgebracht, welche im Bescheid vom 17. Dezember 2012 unbeachtet geblieben seien. So seien beide Promotionsarbeiten von ihm als Zweitgutachter unter der Annahme der jeweils eigenständigen wissenschaftlichen Arbeit beurteilt worden. Grundsätzlich könnten auf der Grundlage eines großen Patientenkollektivs mehrere eigenständige wissenschaftliche Leistungen im Sinne von Promotionsarbeiten erarbeitet werden. Ein Patientenkollektiv von 120 Patienten mit Follow-up-Untersuchungen von bis zu 11 Jahren, wie es in den Promotionsarbeiten der Klägerin und des Ehemanns beschrieben worden sei, biete das Potential für zwei eigenständige wissenschaftliche Leistungen. In Teilen wiesen die beiden Arbeiten durchaus eine wissenschaftliche Eigenständigkeit auf. Vermutlich bedingt durch die gemeinsame Datenbasis/Patientengruppe bestünden jedoch auch gewisse Überschneidungen in Einleitung, Beschreibung der Methodik, Beschreibung der Ergebnisse und der Diskussion, wobei dem Zweitgutachter bei erster Durchsicht hier 1:1 Übernahmen längerer Passagen nicht aufgefallen seien. Jedenfalls gebe es im Bereich der Kapitel Patienten, Materialien, Methoden bzw. Ergebnisse bedingt durch die Übereinstimmung der Patientengruppen 1 bis 4 eine Reihe identischer Abbildungen oder Tabellen bzw. Abbildungen oder Tabellen, bei denen von der Klägerin eine 5. Gruppe Leberresektion hinzugefügt worden sei, bei fehlendem Verweis auf die Promotionsarbeit des Ehemanns. Die Klägerin weist ergänzend daraufhin, dass ihre Arbeit auf der des Ehemanns aufbaue, es handle sich bei ihrer Arbeit um eine Aufbauarbeit. Obwohl beide Arbeiten unterschiedliche medizinische Aspekte untersucht hätten, handele es sich um die gleichen Patientendaten, wobei die Klägerin eine Erweiterung des Patientenkollektivs um 40 Patienten innerhalb desselben Erhebungszeitraums vorgenommen habe. Dies lasse sich der Dissertation der Klägerin deutlich entnehmen, indem darin an verschiedenen Stellen die Rede von „wir“ bzw. „uns“ sei. Von einer Täuschung ihrerseits könne nicht die Rede sein. Die Annahme, dass die beiden Gutachter die Dissertation in Unkenntnis der Dissertation des Ehemanns geprüft und beurteilt hätten, erscheine realitätsfern. Dazu verweise sie erneut auf die verwendete Pluralform („wir“, „uns“) bei den dargestellten Annahmen, Untersuchungen und Auswertungen. Zudem sei der Ehemann in der Danksagung der Dissertation namentlich genannt worden. Allenfalls wäre für ihre Dissertation § 13 Abs. 3 der Promotionsordnung einschlägig, so dass etwaige Mängel der Dissertation danach durch das Bestehen der Doktorprüfung als geheilt anzusehen gewesen seien.
Aufgrund der Widerspruchsgründe wurden die beiden Gutachter erneut um Stellungnahme gebeten. Der Erstgutachter teilte unter dem 5. Juni 2013 mit, dass ihm der Begriff „Aufbauarbeit“ im Zusammenhang mit Promotionen unbekannt sei. Er wies daraufhin, dass es entscheidend darauf ankomme, dass die Übernahme von Datenteilen und Abbildungen aus einer anderen wissenschaftlichen Arbeit immer dezidiert mit Zitatangaben zu versehen seien, eine allgemeine Nennung desjenigen, von dem man große Teile der Daten übernommen habe, bei der Danksagung zähle sicher nicht als ordnungsgemäße Zitation. Der Täuschungsvorwurf liege nicht im Verschweigen der Dissertation, sondern im Verschweigen der Übernahme konkreter Datenabbildungen und ganzer Textpassagen aus der Arbeit des Ehemanns. Er stellte klar, dass er die Dissertation der Klägerin für sich allein stehend beurteilt und begutachtet habe. Mangels Bezugnahme auf die Dissertation des Ehemanns sei er davon ausgegangen, dass ein komplett eigenständiger Datensatz ausgewertet worden sei; allein auf dieser Basis habe er die Arbeit bewertet und sein Gutachten verfasst.
Mit Schreiben vom 24. Mai 2013 nahm der Zweitgutachter zum Widerspruch Stellung. Aus seinen Aussagen in der Stellungnahme vom 22. August 2012 könne man keinesfalls ableiten, dass es sich bei der Dissertation der Klägerin um eine eigenständige wissenschaftliche Leistung handeln würde. Er betonte, dass es in der Dissertation an den erforderlichen Quellenangaben bzw. an ordentlicher Zitation mangele und er bei seinem ursprünglichen Bewertungsgutachten irrtümlicher Weise von einer eigenständigen wissenschaftlichen Arbeit ausgegangen sei. Auch ihm sei der Begriff „Aufbauarbeit“ in der vorliegend gebrauchten Weise nicht geläufig. Er wies daraufhin, dass eine Promotionsarbeit selbstverständlich auf Ergebnissen oder Hypothesen einer vorhergehenden Promotionsarbeit aufbauen könne, allerdings nicht ohne wissenschaftlich korrektes Zitat bei der Übernahme wesentlicher Ergebnisse. Das Verwenden der Pluralform könne jedenfalls nicht als wissenschaftlich korrektes Zitieren bzw. als Quellenangabe auf eine gemeinsame Datenbasis interpretiert werden. Er sei bei der damaligen Bewertung irrtümlicher Weise von einer eigenständigen Arbeit ausgegangen. Bei Kenntnis der umfangreichen Überschneidungen zwischen den beiden Arbeiten bei gleichzeitigem Mangel an Zitation in der Arbeit der Klägerin hätte er diese keinesfalls als ordnungsgemäße Promotionsarbeit akzeptiert.
Der Ombudsmann äußerte unter dem 26. Juni 2013, dass der Vortrag, die verwendete Pluralform impliziere die Bezugnahme auf die Dissertation des Ehemanns, geradezu bizarr sei. Jeder Sprachwissenschaftler werde bestätigen und man finde das sogar in der Wikipedia, dass es sich dabei um den sogenannten Autorenplural (pluralis auctoris) handele, der in wissenschaftlichen Texten die Intersubjektivität des Sachverhalts betonen solle und daher die als subjektiv empfundene Ich-Form vermeide. Selbst wenn man unterstelle, dass der Erstgutachter um die Zusammenhänge gewusst haben dürfte, sei festzuhalten, dass nicht die Gutachter promovierten, sondern die Fakultät, und zwar unter Federführung der Promotionskommission. Was Fakultät und Promotionskommission angehe, sei der Tatbestand der Täuschung durch die Klägerin unbestreitbar.
Mit Widerspruchsbescheid vom 19. Juli 2013, zugestellt am 24. Juli 2013, wies der Rektor der UR den Widerspruch zurück. Zur Begründung wird im Wesentlichen ausgeführt, dass die Klägerin in ihrer Dissertation an einer Vielzahl von Stellen nahezu wortwörtliche Ausführungen aus der Dissertation des Ehemanns übernehme, ohne auf diese Quelle hinzuweisen. Die allgemeine Nennung des Ehemanns in der Danksagung genüge dafür ebenso wenig wie die Verwendung des Autorenplurals. Die Arbeit hätte daher aufgrund der fehlenden Eigenständigkeit der Leistung bzw. der vorliegenden Täuschung mit der Note „insufficienter“ bewertet werden müssen. Die maßgebliche Täuschungshandlung liege dabei nicht im Verschweigen der Existenz der Dissertation des Ehemanns, sondern im Verschweigen des Übernehmens konkreter Daten, Abbildungen und vollständiger Textpassagen aus dessen Dissertation. Bei Kenntnis des wahren Sachverhalts hätten beide Gutachter die Arbeit nicht als ordnungsgemäße schriftliche Promotionsleistung angenommen. Die Bewertungsentscheidungen der Gutachter litten folglich an einem Bewertungsmangel. In der Konsequenz der Täuschung der Gutachter sei auch die Medizinische Fakultät als die den Doktorgrad verleihende Institution getäuscht worden. Die Täuschung und der Mangel der Dissertation und mithin der darauf bezogenen Gutachten sei erst jetzt bekannt geworden. Die Promotionskommission habe nach Abschluss der Überprüfung des Sachverhalts als zuständiges Prüfungsorgan die Promotionsprüfung nachträglich für nicht bestanden erklären können. Bei dieser Entscheidung habe sie sämtliche entscheidungserheblichen Umstände gegeneinander abgewogen. Das Interesse der Klägerin an der Erhaltung ihres Doktortitels könne dabei das Interesse an der Korrektur des Prüfungsverfahrens und der Wiederherstellung der Rechtsordnung nicht überwiegen. § 13 Abs. 3 der Promotionsordnung sei nicht einschlägig. Diese Bestimmung beziehe sich ausweislich des Wortlauts nur auf die Voraussetzungen für die Zulassung zur Promotion gemäß § 3 Promotionsordnung. Die Dissertation selbst sei dagegen nicht allgemeine Zulassungsvoraussetzung zur Promotion, sondern (wesentlicher) Gegenstand des eigentlichen Prüfungsverfahrens. Die Rückforderung der Promotionsurkunde erfolge aufgrund von Art. 52 BayVwVfG i. V. m. § 13 Abs. 2 Satz 2 Promotionsordnung. Es bestehe ein Interesse, die Urkunde, die einen nicht mehr bestehenden Doktorgrad vortäusche, dem Rechtsverkehr zu entziehen. Mit der Bestandskraft der Rücknahmeentscheidung verliere die Klägerin das Recht, den Doktorgrad (weiter) zu führen.
Am 23. August 2013 hat die Klägerin Klage zum Verwaltungsgericht Regensburg gegen die UR erhoben.
Zur Begründung der Klage wird vollinhaltlich auf die Stellungnahmen des vorgängigen Prozessbevollmächtigten vom 24. August 2012 und 10. Oktober 2012 sowie auf die Widerspruchsbegründung vom 15. April 2013 verwiesen. Ergänzend wird ausgeführt, dass für die Frage des Vorliegens einer Täuschung maßgeblich auf die Kenntnis und Vorstellung der beiden Gutachter abzustellen sei. Dafür lasse sich eindeutig § 7 Abs. 5 und 6 der Promotionsordnung betreffend die Mitwirkung insbesondere der Promotionskommission an der Beurteilung der Dissertation anführen. Aus der Promotionsakte gehe hervor, dass kein einziges Mitglied der Promotionskommission im Rahmen der Auslegung der Dissertation Einsicht genommen habe. Jedenfalls lägen weder Stellungnahmen noch Einsprüche von Mitgliedern vor. Mangels Mitwirkung scheide eine Täuschung der Promotionskommission bzw. deren Mitglieder von vornherein aus. Das Gutachten des Zweitgutachters vom 2. Mai 2006 weise auffällige Ähnlichkeiten zu dessen Gutachten vom 11. Januar 2005 zur Dissertation des Ehemanns der Klägerin auf. Diese seien ein Indiz dafür, dass das Gutachten vom 11. Januar 2005 bei der Erstellung des Gutachtens zur Dissertation der Klägerin vorgelegen habe. Diese Umstände seien wiederum ein Indiz dafür, dass der Zweitgutachter die Dissertation der Klägerin in Kenntnis der Dissertation des Ehemanns begutachtet habe. Dabei komme hinzu, dass der Zweitgutachter die Dissertation des Ehemanns mit der Note „magna cum laude“ bewertet habe, so dass es sich nicht um „irgendeine“ der ca. 50 bis 60 vom Zweitgutachter begutachteten Dissertationen gehandelt habe. Die daraus abzuleitende Kenntnis der Dissertation des Ehemanns spreche gegen eine Täuschung des Zweitgutachters. Der Erstgutachter habe das Gutachten betreffend die Dissertation des Ehemanns am 30. Dezember 2004 erstellt, das Gutachten betreffend die Dissertation der Klägerin nur 1¼ Jahre später, nämlich am 1. April 2006. Auch der Erstgutachter habe die Dissertation des Ehemanns der Klägerin mit „magna cum laude“ benotet und er sei sogar Betreuer beider Dissertationen gewesen. Soweit der Erstgutachter in seiner Erklärung vom 7. September 2012 ausführe, dass er die Dissertation der Klägerin „nicht im direkten Vergleich“ zur Dissertation des Ehemanns gelesen habe, so dürfte dies dadurch zu erklären sein, dass er die Dissertationen betreut und auch ohne neuerliche Lektüre inhaltlich gut gekannt habe. In Bezug auf den Ehemann der Klägerin sei der Erstgutachter nicht nur als dessen Chef, sondern auch als dessen „Mentor“ bezeichnet worden, wie wiederholt in der Presse zu lesen gewesen sei. Der Erstgutachter habe außerdem dargelegt, dass er tatsächlich nicht der Betreuer gewesen sei, die Dissertation sei vielmehr vom Ehemann der Klägerin betreut worden. Unbeschadet des Umstandes, dass der Ehemann die Dissertation der Klägerin unterstützt habe, sei der Einlassung des Erstgutachters zu widersprechen: Ausweislich der Promotionsakte betreffend die Klägerin sei der Erstgutachter ausdrücklich als Betreuer angegeben worden. Demgemäß sei er auch zum Erstgutachter bestellt worden. Er habe das Gutachten unter dem 1. April 2006 erstellt, also bevor der Gutachtensauftrag, der lt. Promotionsakte am 26. April 2006 versandt worden sei, erfolgt sei. Es sei nicht glaubhaft, dass der Erstgutachter an Konzeption und Ausrichtung der Dissertation unbeteiligt gewesen sein wolle. Es dürfte unstreitig sein, dass er die Dissertation des Ehemanns - seines (damals) engsten Kollegen und Freundes - intensiv betreut habe. Die partielle Übereinstimmung der beiden Dissertationen in ihrem Ausgangspunkt habe dem Erstgutachter deshalb auch ohne Quellennachweis bekannt gewesen sein müssen. Insbesondere sei es nicht vorstellbar, dass ihm angeblich nicht bekannt gewesen sei, welcher Datensatz der Dissertation zugrunde gelegen habe (120 Patienten aus den Jahren 1995 bis 2002, die an der Universität G. behandelt worden seien, im Vergleich zu 84 Patienten als Grundlage der Dissertation des Ehemanns aus dem gleichen Zeitraum). Dem Erstgutachter dürfte am besten bekannt sein, dass das Patientenkollektiv im Bereich des Hepatozellulären Karzinoms nicht „unerschöpflich“ sei, auch nicht an der Universität G. Auch der Ombudsmann halte es nach seiner Stellungnahme vom 26. Juni 2013 für vorstellbar, dass sich die Kenntnis des Erstgutachters zumindest unterstellen lasse. Wegen der Einzelheiten wird auf den Inhalt des Schriftsatzes vom 23. Oktober 2013 verwiesen.
Die Klägerin beantragt,
den Bescheid der Beklagten vom 17. Dezember 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 19. Juli 2013 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt unter Verweisung auf die angefochtenen Bescheide,
die Klage abzuweisen.
Ergänzend wird ausgeführt, dass die Klägerin gegen grundlegende Maßstäbe der guten wissenschaftlichen Praxis verstoßen habe (vgl. §§ 2, 3 Abs. 1 Buchst. b der Ordnung der Universität R. über die Grundsätze zur Sicherung guter wissenschaftlicher Praxis vom 1. Oktober 1999). Die eigenständige wissenschaftliche Leistung sei das wesensbestimmende Merkmal einer Dissertation. Dieser Minimalstandard werde auch in § 6 Abs. 1 der einschlägigen Promotionsordnung ausdrücklich benannt. Eine Arbeit, die unter Missachtung dieser Grundsätze entstanden sei, könne unter keinen Umständen als Dissertation angenommen werden. Den Stellungnahmen beider Gutachter vom 24. Mai und 5. Juni 2013 sei zu entnehmen, dass beide von einer unrichtigen Tatsachengrundlage ausgegangen seien. Daneben seien Täuschungsopfer die gesamte Promotionskommission als Herrin des Prüfungsverfahrens und die Fakultät für Medizin, vertreten durch ihren Dekan, als promovierende Institution (§ 12 Abs. 1 Satz 1 Promotionsordnung). Der Argumentation der Klägerin zur fehlenden Täuschung sei entgegenzuhalten, dass deren Ausführungen zur positiven Kenntnis bzw. zum Kennenmüssen der Gutachter auf bloßen Mutmaßungen und angeblichen Indizien basierten. Der den Gutachtern zumindest unterstellte bedingte Vorsatz werde als Vorwurf ausdrücklich zurückgewiesen. Die Gutachter würden jegliches Wissen von der Fehlerhaftigkeit der Dissertation zum Zeitpunkt der Begutachtung zurückweisen (vgl. neuerliche Stellungnahmen vom 9. und 17. Dezember 2013). Letztlich könne diese Frage dahingestellt bleiben, da es nicht auf die subjektive Kenntnis der beiden Gutachter als Prüfer ankomme. Im Ergebnis würde dies dazu führen, dass im Falle kollusiven Zusammenwirkens zwischen Gutachtern und Prüfling eine Hochschule ein abgeschlossenes rechtswidriges Prüfungsverfahren nicht korrigieren könnte. Jedenfalls sei zweifelsfrei, dass neben den Gutachtern die gesamte Promotionskommission und schlussendlich die Fakultät als titelverleihende Institution getäuscht worden sei. Die Kommissionsmitglieder hätten nach Information durch den Dekan am Verfahren im Sinne der Promotionsordnung mitgewirkt, indem sie entschieden hätten, keinen Einspruch nach § 7 Abs. 6 Satz 1 Promotionsordnung zu erheben. Es liege außerdem auf der Hand, dass die beteiligten Personen nicht zuletzt aufgrund der schriftlichen Erklärung der Klägerin von einer nach wissenschaftlichen Grundsätzen ordnungsgemäß angefertigten Arbeit ausgegangen seien. Die Beklagte habe daher die Doktorprüfung gemäß § 13 Abs. 2 Promotionsordnung nachträglich für nicht bestanden erklären und die Promotionsurkunde einziehen können.
Weitere Rechtsgrundlage für die mit dem angefochtenen Bescheid ausgesprochene Entziehung des Doktorgrades sei Art. 48 Abs. 1 Satz 1 BayVwVfG. Der Rückgriff auf die allgemeinen Rücknahmevorschriften des Verwaltungsrechts sei zulässig, da das Bayerische Verwaltungsverfahrensgesetz als Landesrecht grundsätzlich neben der universitären Promotionsordnung anwendbar sei. Das ergebe sich unmittelbar aus Art. 69 Bayerisches Hochschulgesetz (BayHSchG), der klarstelle, dass für die Rücknahme eines rechtswidrig zuerkannten Doktortitels Art. 48 BayVwVfG zur Anwendung kommen solle. Auch aus Art. 104 Abs. 1 BayHSchG ergebe sich nichts anderes. Die Universität R. sei nach Art. 48 Abs. 5 BayVwVfG örtlich zuständig. Die funktionelle Zuständigkeit habe bei der Fakultät für Medizin, vertreten durch ihren Dekan, gelegen. Die prüfungsrechtliche Entscheidung über die Entziehung des Doktorgrades habe der zuständigen Promotionskommission (§ 2 Abs. 1 Promotionsordnung) oblegen.
Wegen der Einzelheiten wird auf die Gerichts- und Verwaltungsakten der Beklagten sowie auf die Sitzungsniederschrift vom 31. Juli 2014 Bezug genommen (§ 117 Abs. 3 Satz 2 VwGO).
Gründe
Die zulässige Klage ist unbegründet.
Der Bescheid des Dekans der Medizinischen Fakultät der UR vom 17. Dezember 2012 in der Fassung des Widerspruchsbescheids des Rektors der UR vom 19. Juli 2013 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
Die angegriffenen Verfügungen sind formell ordnungsgemäß zustande gekommen.
Der Bescheid vom 17. Dezember 2012 ist formell ordnungsgemäß ergangen. Mit der Promotionskommission der Medizinischen Fakultät der Beklagten hat das zuständige Organ der Fakultät über das Nichtbestehen der Promotionsprüfung und über den Entzug des Doktorgrades entschieden. Die Zuständigkeit für die Erklärung über das Nichtbestehen der Promotionsprüfung und die Entziehung eines Doktorgrades liegt bei der Hochschule, die den Grad verliehen hat (Art. 66 Abs. 2 Satz 1 BayHSchG). Zuständiges Organ innerhalb der Hochschule hierfür ist die Promotionskommission der Beklagten, die in ihren Sitzungen am 18. September und 16. November 2012 über das Nichtbestehen der Promotionsprüfung und die Entziehung des Doktorgrades abschließend entschieden hat (§ 2 Abs. 1 der Promotionsordnung der Fakultät für Medizin und der Fakultät für Biologie und Vorklinische Medizin (Medizinische Fächer) vom 12. Juni 2008, zuletzt geändert durch Satzung vom 21. Mai 2012 - PromO). In Ausführung des Beschlusses vom 18. September 2012 und dessen Bekräftigung am 16. November 2012 hat der Dekan der Medizinischen Fakultät als Vorsitzender der Promotionskommission den Bescheid vom 17. Dezember 2012 erlassen. Der Rektor konnte gemäß § 15 Abs. 2 PromO im Benehmen mit dem Dekan den Widerspruchsbescheid erlassen.
Die angefochtenen Bescheide sind auch materiell rechtmäßig.
Nach § 13 Abs. 2 PromO kann die Promotionskommission - wird eine Täuschung erst nach Aushändigung der Promotionsurkunde bekannt - nachträglich das Promotionsverfahren als nicht bestanden erklären und die Promotionsurkunde einziehen. Nach Art. 104 Abs. 1 BayHSchG gilt das Bayerische Verwaltungsverfahrensgesetz für Hochschulprüfungen (einschließlich Habilitationen) nur, soweit nicht Satzungen der Hochschulen inhaltsgleiche oder entgegenstehende Bestimmungen enthalten. Der satzungsrechtliche Teil in § 13 Abs. 2 Satz 1 PromO, der die nachträgliche Feststellung des Nichtbestehens der Promotionsprüfung zum Gegenstand hat, betrifft das Hochschulprüfungsrecht und deshalb gilt insoweit das Bayerische Verwaltungsverfahrensgesetz nicht. Dagegen bezieht sich § 13 Abs. 2 Satz 2 PromO auf zweierlei, nämlich zum einen auf die mit der Promotionsurkunde bekanntgegebene Gesamtnote der Promotionsleistungen, zum anderen die mit ihrer Aushändigung vollzogene Verleihung des Doktorgrades. Mit der „Einziehung“ der Promotionsurkunde wird deshalb nicht nur nach außen die (deklaratorische) Bekanntgabe der Gesamtnote der Promotionsleistung als Hochschulprüfung beseitigt (Art. 52 BayVwVfG), sondern auch die (konstitutive) Verleihung des Doktorgrades, was dessen Entzug gleichzusetzen ist. Zwar hat der Gesetzgeber mit Art. 69 BayHSchG nur die Entziehung des Doktorgrades wegen nachträglicher Unwürdigkeit geregelt. In dieser Vorschrift wird aber ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die Regelung „unbeschadet des Art. 48 des Bayerischen Verwaltungsverfahrensgesetzes“ gilt. Damit ist klargestellt, dass für die Rücknahme eines rechtswidrig zuerkannten Doktortitels die allgemeine Verfahrensvorschrift des Art. 48 BayVwVfG zur Anwendung kommen soll. Die Frage, ob Art. 2 Abs. 3 Nr. 2 BayVwVfG die Anwendbarkeit des Bayerischen Verwaltungsverfahrensgesetzes ausschließt, erübrigt sich deshalb. Auch wenn § 13 Abs. 2 Satz 2 PromO im Hinblick auf die Entziehung des Doktorgrades nicht auf Art. 48 BayVwVfG verweist, ist das aufgrund der Regelung des Art. 69 BayHSchG unschädlich und es bleibt bei dem Grundsatz, dass die Promotionsordnung als Satzung insoweit dem formellen Gesetz des Art. 48 BayVwVfG nachgeht (vgl. BayVGH, Urt. v. 4.4.2006 - 7 BV 05.388 - BayVBl. 2007, 281; VGH Baden-Württemberg, U. v. 19.4.2000 - 9 S 2435/99 - KMK-HSchR/NF 21 A Nr. 19).
Nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung ist geklärt, dass die Anwendung der lange erprobten allgemeinen Rücknahmeregelungen dem Prinzip des Vorbehalts des Gesetzes (Art. 20 Abs. 3 GG) grundsätzlich genügt. Mit Art. 48 BayVwVfG besteht eine Regelung, in der das Ermessen der Verwaltung durch ein rechtsstaatliches Abwägungsprogramm zwischen Vertrauensschutz und Gesetzmäßigkeit der Verwaltung begrenzt wird (BVerfG, U. v. 24.5.2006 - 2 BvR 669/04 - NVwZ 2006, 807 ff). Der Rückgriff auf Art. 48 BayVwVfG ist auch bei der Entziehung des Doktorgrades nicht ausgeschlossen. Einer normativen Festlegung bei den seltenen Fällen der Rücknahme von Promotionsentscheidungen über die allgemeinen Anforderungen an ein ordnungsgemäßes Verwaltungsverfahren (Art. 10, 24 und 26 BayVwVfG) hinaus bedarf es nicht (BVerwG, B. v. 20.10.2006 - 6 B 67/06 - Buchholz 316, § 48 VwVfG Nr. 116; vorgehend BayVGH, a. a. O. und VG Regensburg, U. v. 19.1.2005 - RO 3 K 03.2896).
Im vorliegenden Fall findet die Promotionsordnung in der oben genannten Fassung und nicht die von der Beklagten herangezogene frühere Fassung vom 30. September 1986 Anwendung. Dies folgt daraus, dass sich die Rechtmäßigkeit der Entziehung eines Doktorgrades mangels anderweitiger Bestimmungen im Hochschulrecht als dem einschlägigen Fachrecht nach der Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt des Erlasses des Widerspruchsbescheids richtet (BVerwGE 66,178/182; 82, 260/261; VGH Baden-Württemberg, a. a. O.; VG Düsseldorf, U. v. 20.3.2014 - 15 K 2271/13 - juris; VG Karlsruhe, U. v. 4.3.2013 - 7 K 3335/11 - DÖV 2013, 652; VG Frankfurt, U. v. 23.5.2007 - 12 E 2262/05 - juris). Zum Zeitpunkt des Erlasses des Widerspruchsbescheids war die Promotionsordnung vom 12. Juni 2008 in Kraft, da sie auf einer wirksamen Ermächtigungsgrundlage beruhte (Art. 64 Abs. 1 Satz 5 BayHSchG) und formell rechtmäßig erlassen wurde.
Der Umstand, dass die Beklagte den angefochtenen Bescheid auf der Grundlage des § 13 Abs. 2 der Promotionsordnung vom 30. September 1986 (PromO a. F.) i. V. m. Art. 48 BayVwVfG erließ und nicht die seit 12. Juni 2008 geltende Fassung der Promotionsordnung heranzog, führt für sich gesehen nicht zur Rechtswidrigkeit der angefochtenen Entscheidung. § 13 ist in seinem Absatz 2 in beiden Fassungen der Promotionsordnung im Wortlaut identisch. Für die Entscheidungen im Promotionsverfahren ist die Promotionskommission zuständig (vgl. § 2 Abs. 1 in beiden Promotionsordnungen) und nach beiden Fassungen des § 6 Abs. 1 erfüllt die Annahme einer Dissertation, die keine selbstständige wissenschaftliche Leistung darstellt, das Merkmal der Täuschung i. S.v. § 13 Abs. 1 und 2 und der Rechtswidrigkeit i. S.v. Art. 48 BayVwVfG. Durch die Anwendung des Art. 48 BayVwVfG neben § 13 Abs. 2 nach beiden Promotionsordnungen sind auch die anzustellenden Ermessenserwägungen die gleichen, so dass die Entscheidung der Beklagten auch von der aktuellen Promotionsordnung i. V. m. Art. 48 BayVwVfG getragen wird (vgl. BayVGH, B. v. 8.12.2008 - 7 ZB 08.1402 - juris; BVerwG, U. v. 19.8.1988 - 8 C 29/87 - BVerwGE 80, 96 ff.). Hierbei handelt es sich nicht um einen Fall richterlicher Umdeutung, sondern lediglich um einen Fall schlichter Rechtsanwendung, denn die angefochtene Entscheidung bleibt bei Berücksichtigung anderer Gründe als solche unangetastet (BVerwG, a. a. O.). Das Gleiche gilt für den Widerspruchsbescheid.
Nach § 13 Abs. 2 PromO kann nachträglich durch die Promotionskommission das Promotionsverfahren als nicht bestanden erklärt werden, wenn eine Täuschung durch den Doktoranden im Promotionsverfahren nach Aushändigung der Urkunde bekannt wird. In diesem Falle ist die Promotionsurkunde einzuziehen. Diese Rechtsfolgen beinhaltet der angefochtene Bescheid des Dekans der Medizinischen Fakultät. Mit der angeordneten Rückgabe der Promotionsurkunde, mit deren Erhalt die Promotion vollzogen und der Doktorand berechtigt ist, den Doktorgrad zu führen (§ 12 Abs. 3 PromO a. F.), kommt hinreichend bestimmt zum Ausdruck, dass neben der (nachträglichen) Feststellung zum Nichtbestehen der am 29. Mai 2006 abgelegten Promotionsprüfung die mit der Aushändigung der Promotionsurkunde ausgesprochene Verleihung des Doktorgrades und gleichzeitig erlangte Berechtigung zur Führung desselben zurückgenommen wurde. Nachdem u. a. die Vorlage der Dissertation und die schriftliche Erklärung darüber, dass der Bewerber die Dissertation selbstständig verfasst und keine anderen als die von ihm selbst angegebenen Hilfsmittel benutzt hat, dem Promotionszulassungsantrag beizufügen sind (§ 4 Abs. 3 Nr. 1 und 3 PromO a. F.) und auf dieser Grundlage nach Zulassung durch den Dekan eine angenommene Dissertation Voraussetzung für die mündliche Prüfung ist (§ 8 Abs. 2 PromO a. F.), deren Gesamtnote mit der Note der Dissertation die Prüfungsgesamtnote bildet (§ 10 Abs. 3 PromO a. F.), war als Voraussetzung für die Rücknahme des Doktorgrades das Nichtbestehen der Promotionsprüfung festzustellen, denn nur eine nachträglich mit der Note „insufficienter“ (= eine an erheblichen Mängeln leidende, insgesamt nicht mehr brauchbare Leistung) bewertete Dissertation hätte als abgelehnte Dissertation (vgl. § 7 Abs. 3 PromO a. F.) nicht zur Zulassung zur mündlichen Prüfung geführt. Entweder wäre sie zur Behebung von Mängeln für eine bestimmte Zeit zurückgegeben und (gegebenenfalls anschließend)/oder bescheidsmäßig abgelehnt worden (§ 7 Abs. 8 und 9 PromO a. F.).
Wie bereits oben festgestellt, wurde die Feststellung über das Nichtbestehen des Promotionsverfahrens und der Entzug des Doktorgrades zu Recht auf § 13 Abs. 2 PromO i. V. m. Art. 48 BayVwVfG gestützt. Nach § 13 Abs. 2 PromO kann das Promotionsverfahren nachträglich als nicht bestanden erklärt werden, wenn sich der Doktorand bei der Zulassung zum Promotionsverfahren einer Täuschung schuldig gemacht hat. Die tatbestandlichen Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt und die Promotionskommission hat das ihr eingeräumte Ermessen rechtsfehlerfrei ausgeübt.
Mit dem Begriff der Täuschung knüpft die Promotionsordnung an die Merkmale des Straftatbestand des § 263 StGB an. Danach sind Voraussetzungen einer Täuschung das Vorliegen einer rechtserheblichen Täuschungshandlung - durch Vorspiegeln oder Unterdrücken von Tatsachen -, ferner das Erregen eines Irrtums sowie die Ursächlichkeit der Täuschungshandlung für den erregten Irrtum und schließlich das Vorliegen eines Täuschungsvorsatzes. Es ist rechtlich nicht zu beanstanden, dass die Promotionskommission diese Voraussetzungen in objektiver und subjektiver Hinsicht in Bezug auf die Dissertation der Klägerin als gegeben angesehen hat. Die Frage der Erheblichkeit der Täuschungshandlung ist angesichts des der Promotionskommission eingeräumten Beurteilungsspielraums gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbar (vgl. VGH Baden-Württemberg, a. a. O.).
Eine rechtserhebliche Täuschungshandlung durch Vorspiegeln oder Unterdrücken von Tatsachen liegt u. a. vor, wenn Passagen der zur Bewertung abgegebenen Doktorarbeit nicht vom Doktoranden selbst, sondern von einem anderen Autoren stammen und der Doktorand dies nicht kennzeichnet. In der Rechtsprechung ist geklärt, dass „nur eine unter Offenlegung aller verwendeten Quellen und Hilfsmittel erbrachte wissenschaftliche Leistung den Anforderungen an eine Dissertation genügt“ (VGH Baden-Württemberg, a. a. O.) bzw. „die wörtliche oder sinngemäße Übernahme von Textpassagen aus fremden Werken ohne (ausreichendes) Zitat gegen grundlegende Maßstäbe wissenschaftlichen Arbeitens verstößt und die Annahme als Dissertation im Regelfall ausschließt“ (BayVGH, U. v. 4.4.2006 a. a. O.). Zu den Grundanforderungen wissenschaftlichen Arbeitens gehört gerade, dass der Beitrag auf eigenständigen Erwägungen beruht und nicht bloß Passagen aus dem Werk eines anderen Autors übernimmt (VGH Baden-Württemberg, U. v. 13.10.2008 - 9 S 494/08 - VBlBW 2009, 191). Die Anforderungen, die an den Nachweis der Eigenständigkeit wissenschaftlichen Arbeitens zu stellen sind, ergeben sich aus dem Gebot der wissenschaftlichen Redlichkeit und dem prüfungsrechtlichen Grundsatz der Chancengleichheit (Art. 3 Abs. 1 GG). Dementsprechend hat die Klägerin gemäß § 4 Abs. 3 Nr. 3 PromO a. F. am 3. April 2006 eine schriftliche Erklärung des Inhalts abgegeben, dass sie die Dissertation selbstständig verfasst und kein anderen als die von ihr genannten Hilfsmittel benutzt habe. Rechtsgrundlage für das Erfordernis einer solchen Erklärung als Voraussetzung für die Zulassung zur Promotion ist Art. 64 Abs. 1 Satz 6 BayHSchG.
Entgegen diesen vorstehend genannten Anforderungen hat die Klägerin in rechtserheblichem Umfang ohne erforderliche Kennzeichnung und ohne Angabe der von ihr maßgeblich genutzten Quelle wörtliche oder leicht umgewandelte oder sinngemäß übernommene Passagen aus dieser im Wesentlichen verwendeten Quelle in ihre Dissertation übernommen und damit den falschen Eindruck erweckt, der Doktorarbeit liege auch insoweit eine eigene gedankliche Leistung zugrunde. Diese maßgebliche Quelle ist die Dissertation des Ehemanns der Klägerin (Dr. A. O.) zum Thema: „Relevante Selektionsverfahren bei Lebertransplantation wegen HCC“. Diese Dissertation war zum Zeitpunkt der Abgabe der klägerischen Dissertation mit Antragstellung zum Promotionsverfahren bereits zitierfähig, da das Dissertationsverfahren des Ehemanns 2004 abgeschlossen worden war und die Universitätsbibliothek R. unter dem 16. Februar 2005 den Empfang der Dissertation bestätigte (Bl. 87 der Gerichtsakte). Aus dieser Dissertation hat die Klägerin nicht nur Textabschnitte, sondern auch die empirischen Daten des dort verwendeten Patientenkollektivs sowie zahlreiche Tabellen und Abbildungen mit den zugehörigen Beschreibungen bzw. Legenden ganz oder teilweise übernommen. Auffällig ist auch, dass sich beide Arbeiten in der Gliederung sehr stark annähern, die letzten beiden Sätze des letzten Absatzes der „Zusammenfassung“ in beiden Dissertationen wort- und satzzeichenidentisch sind und das Literaturverzeichnis (49 Literaturstellen) bis auf eine Literaturstelle in der Dissertation des Ehemanns übernommen und noch 19 weitere hinzugefügt wurden. In den „Danksagungen“ tauchen ebenfalls wortgetreue Formulierungen auf; die Klägerin hat bei ihrer Dissertation lediglich noch einen Satz als Dank an ihren Ehemann für „seine unermüdliche Unterstützung“ angefügt. Sowohl die Klägerin wie deren Ehemann verwenden in den Kapiteln IV und V die Wörter „wir“, „uns“ und „unser“. Eine wissenschaftlich anerkannte Zitierform der Doktorarbeit des Ehemanns - wie die Klägerin auch vortragen lässt - kann darin keinesfalls gesehen werden. Eher schon eine weitere verbale Übereinstimmung mit dessen Doktorarbeit. Insgesamt handelt es sich bei der Dissertation der Klägerin ganz überwiegend um ein Verbal- und Ideenplagiat.
Dies steht zur Überzeugung des Gerichts nach Maßgabe der von der Promotionskommission eigenständig anhand eines Vergleichs der Originaltexte beider Doktorarbeiten vorgenommenen Überprüfung fest. Aus dieser vergleichenden Betrachtung werden die Textstellen erkennbar, die von der Promotionskommission nicht als eigenständige Leistung der Klägerin gewertet wurden. Das Gericht hat im Rahmen eines von ihm selbst vorgenommenen Textabgleichs die behaupteten Textgleichheiten bzw. -ähnlichkeiten einschließlich der stark angenäherten Aufbaustruktur überprüft und bestätigt die erhobenen Befunde. Der Erstgutachter hat in einer Stellungnahme zu den Plagiatsvorwürfen vom 7. September 2012 (Bl. 140 der Verwaltungsakte) mitgeteilt, dass die Betreuung der Doktorarbeit tatsächlich nicht durch ihn persönlich, sondern durch den Ehemann der Klägerin erfolgte. In der Zusammenschau mit den vielen Gemeinsamkeiten bzw. Ähnlichkeiten beider Doktorarbeiten ist auch darin ein starkes Indiz bzw. eine Bestätigung dafür zu sehen, dass die Klägerin mit der Unterstützung ihres Ehemanns - zunächst erfolgreich - versucht hat, aus dem Arbeitsaufwand für eine Doktorarbeit - nämlich der ihres Ehemanns - auch noch eine zweite zu generieren, so dass der von dem (mit der Überprüfung beider Doktorarbeiten vom „Laborjournal“ beauftragte) Privatdozenten Dr. W. in seinem Gutachten vom 17. September 2012 (Bl. 255 bis 263 der Verwaltungsakte) gewählte Begriff einer „Dissertationsdoublette“ zur Charakterisierung des Plagiats (mit Ausnahme der Ausführungen zur Therapieform der Leberresektion) durchaus zutreffend erscheint.
Bei einem Vergleich der beiden Doktorarbeiten fällt als erstes bereits die weitgehende Identität der Inhaltsverzeichnisse der (ohne Literaturverzeichnis und Danksagung) 47 und 48 Seiten umfassenden Arbeiten auf. Nach Ziffer I (Einleitung) mit der gleichlautenden Untergliederung in Ziffer I.1 (Das Hepatozelluläre Karzinom), Ziffer I.2 (Behandlung) und Ziffer I.3 (Fragestellung) wird unter Ziffer II (Patienten, Materialien und Methoden) von der Auswertung von Patientendaten gesprochen, die bereits Gegenstand der Doktorarbeit des Ehemanns waren: Patienten, die im Zeitraum vom 1. Januar 1995 bis zum 31. März 2002 in der Klinik für Transplantationschirurgie der Universität G... wegen eines Hepatozellulären Karzinoms behandelt wurden.
Die Gliederungen der Ziffer II mit allen Untergliederungen sind im Inhaltsverzeichnis nahezu identisch; bei der Klägerin kommen nur Ziffer II.1.5.2 (Leberresektion) und die beiden Ziffern II.2.2.2 (Klassifikation der UICC) und II.2.2.3 (Klassifikation der LCSGJ) dazu. Die von Ziffer II bis Ziffer II.1.5 reichenden Textstellen einschließlich der sieben Tabellen mit den zugehörigen Legenden sind weitgehend identisch. Unterschiede ergeben sich lediglich daraus, dass die Klägerin statt der 84 Patientendaten beim Ehemann bezogen auf den selben Zeitraum (s.o.) 120 Patientendaten ausgewertet haben will, wobei bei den 36 hinzugenommenen Patienten (26 Männer und 10 Frauen) eine Leberresektion durchgeführt worden sein soll. Besonders auffällig ist bereits an diesem Punkt (Ziffer II.1.1), dass trotz Erhöhung der Patientenzahl um mehr als ein Drittel die Angaben zum mittleren Alter der Patienten und zum Alter des jüngsten wie des ältesten Patienten in beiden Arbeiten völlig identisch sind. Bei Ziffer I.1.2 (Diagnosen) setzt sich die Übereinstimmung insofern fort, als - trotz Erhöhung der Patientenzahl - nur bei 24 Patienten das Hepatozelluläre Karzinom mittels bildgebender Verfahren und bei 33 mittels Biopsie und Histologie diagnostiziert werden konnte, beim Ehemann der Klägerin bei den restlichen 27 Patienten die Diagnose aber anhand des „Explantates“ bestätigt werden konnte, während bei der Klägerin die „Entität“ bei den verbleibenden 63 Patienten „am Resektat verifiziert“ worden sein soll. Geht man zugunsten der Klägerin davon aus, dass sie die in der medizinischen Fachsprache unterschiedlichen Begriffe des „Explantats“ und des „Resektats“ gleichgesetzt hat und nach ihrer Terminologie das „Resektat“ das „Explantat“ einschließt, könnte man annehmen, dass die 27 transplantierten Patienten (siehe Tabelle 4, S. 14 in der Dissertation des Ehemanns) von den 63 Patienten mit umfasst sein sollen und demzufolge bei allen 36 zusätzlichen resektierten Patienten die Diagnose (erst) am „Resektat“ habe bestätigt werden können. Dabei drängt sich die Frage auf, wie für diese 36 Patienten dann die Diagnose zunächst gestellt wurde und in der Konsequenz stellt sich die Frage auch für die 27 transplantierten Patienten, denn genau für diese Patienten spricht der Ehemann der Klägerin davon, dass die Diagnose anhand des „Explantates bestätigt werden konnte“. Geht man zuungunsten der Klägerin davon aus, dass eine Vermengung dieser beiden Teilgruppen von transplantierten und resektierten Patienten nicht beabsichtigt war, so hat die Dissertation der Klägerin bereits an dieser Stelle nicht nur ein numerisches Problem. Diese Unklarheit wird noch dadurch verstärkt, dass sie von 40 Patienten „in der Leberresektionsgruppe“ spricht (Ziffer II.1.2, S. 10), andererseits es entsprechend dem ergänzten Patientenkollektiv nur 36 leberresektierte Patienten geben soll.
Die Tabellen 1, 2 und 4 bei der Klägerin unterscheiden sich von den entsprechenden Tabellen in der Doktorarbeit des Ehemanns (konsequenterweise) nur in der Patientenzahl (120 statt 84) und durch das Weglassen der Altersangaben in den Tabellen bei der Klägerin. Heraus sticht hier die Tabelle 2, die ein völlig identische Verteilung von 74 Patienten mit Zirrhose hinsichtlich Zahl und Geschlecht (das Alter wurde ebenfalls weggelassen) auf die Child-Pugh Klassifikation A, B und C wiedergibt, obwohl es - abgeleitet aus der Tabelle 1, die von 40 Patienten ohne Leberveränderung spricht - 80 Patienten sein müssten. In der Tabelle 3 setzt sich diese Widersprüchlichkeit fort, denn trotz der Bestätigung der 74 Patienten mit Zirrhose wird darin von 46 (!) Patienten ohne Zirrhose gesprochen, wobei die Abweichung nicht durch die Tumorklassifikation (UICC) zu erklären ist. In Ziffer II.1.4 (Therapieverfahren) wird eingangs - deckungsgleich zur Arbeit des Ehemanns - wiedergegeben, dass bei 10 Patienten unter Angabe der Gründe keine Behandlung durchgeführt wurde. In der Tabelle 4 der Klägerin ist als weitere Therapieform die Leberresektion eingefügt, die bei den 36 hinzugetretenen Patienten zur Anwendung gekommen sein soll, ansonsten bleiben rein numerisch (im Vergleich zum Ehemann) die nichttherapierten und die therapierten Patienten (10, 47, 20 und 7 = 84) identisch, wobei noch auffällt, dass bei der Klägerin bei den zehn nichttherapierten Patienten sechs keine und vier eine Leberzirrhose (beim Ehemann: drei und sieben) und bei der Therapieform TACE 13 Patienten keine und 34 Patienten eine Leberzirrhose (beim Ehemann sechs und 41) gehabt haben sollen. Obwohl bei der Klägerin laut der Tabelle 1 nur sechs Patienten mit Leberveränderung (Postalkoholische Zirrhose) hinzu gekommen sein sollen, wird gleichwohl in der Tabelle 4 aufgeführt, dass von den 36 leberresektierten Patienten 10 (!) eine Leberzirrhose aufgewiesen haben sollen (siehe auch Ziffer III.5 u. IV.6 (Resektion bei Leberzirrhose)). In der Summe ergeben sich nach der Tabelle 4 74 Patienten mit und 46 ohne Leberzirrhose und damit wird der oben aufgezeigte Widerspruch fortgeführt.
Die Tabellen 6 und 7 sind mit den zugehörigen Legenden einschließlich der Altersangaben absolut identisch mit den Tabellen 5 und 7 (dort Seite 15) beim Ehemann (versehentlich erfolgte dort die Nummerierung falsch, denn eine Tabelle Nr. 6 fehlt).
Die Identität der Tabellen setzt sich für das gesamte Kapitel II fort: Die Tabellen 8, 9 und 10 sind mit den Legenden deckungsgleich zu den Tabellen 7 (Seite 17), 8 und 9 in der Doktorarbeit des Ehemanns. Die das Kapitel II abschließenden Abschnitte II.2.2.4 bis II.4 sind mit teilweise geringen Abweichungen in der Wortwahl und Satzstellung identisch zu den Abschnitten II.2.2.2 bis II.5 in der Doktorarbeit des Ehemanns. Deren letzte beiden Abschnitte (II.4 und II.5) wurden bis einschließlich Satz 3 mit gleichem Inhalt, die nachfolgenden Sätze wortgleich und damit völlig identisch reproduziert, wobei bei der Klägerin die Abschnittsbildung II.5 (Auswertung und Statistik) entfallen ist, sie hat stattdessen den dort befindlichen Text dem Abschnitt II.4 (Datenaufnahme und Verwaltung) zugeschlagen. Die Inhalts- und überwiegend sogar Wortgleichheit dieses Abschnitts II.4 zu den Abschnitten II.4 und II.5 beim Ehemann belegt sehr nachdrücklich den sich schon nach obigen Ausführungen ergebenden Verdacht, dass die Klägerin die Auswertung der Patientendaten aus der Doktorarbeit des Ehemanns übernommen hat und für die zusätzlichen 36 Patienten in der Arbeit der Klägerin möglicherweise keine nachvollziehbare Auswertung von Patientendaten vorgelegen hat. Hierauf kommt es allerdings nicht entscheidungserheblich an, denn es geht nur um die Bestätigung des Plagiatvorwurfs und nicht darum, ob die Klägerin darüber hinaus in der Dissertation auch noch einen eigenständigen Beitrag geleistet hat.
Für die Gliederung des Kapitels III übernimmt die Klägerin die Überschriften aus der Gliederung des Ehemanns und fügt lediglich Ziffer III.5 (Resektion der Leberzirrhose) ein. Auch im Übrigen setzen sich die Übereinstimmungen - ohne dass an dieser Stelle notwendigerweise noch detailliert auf die Textähnlichkeiten in den Zwischentexten eingegangen werden muss - bei den Abbildungen und Tabellen fort: Abbildung 1 ist mit zugehöriger Legende völlig identisch, bei der Abbildung 2 kommt eine Überlebenskurve für die Fälle der Leberresektion (diese fehlt beim Ehemann, obwohl auch dort im letzten Satz vor der Abbildung 2 von „Leberresektion“ die Rede ist) und die Einfügung des Wortes „Leberresektion“ in der ansonsten wortgleichen Legende dazu (beim Ehemann dürfte das Wort „Leberresektion“ gestrichen worden sein, denn während es bei der Klägerin „Leberresektion - und Transplantation -“ steht, bleibt bei ihm an dieser Stelle eine Lücke: „ und Transplantation“; dito bei Abbildung 3). Gleichwohl geht der der Abbildung nachfolgende Text als Erläuterung bzw. in Auswertung der Abbildung mit keinem Wort auf die Fälle der Leberresektion ein, stattdessen ist der erste Satz wortgleich („Das mediane Überleben betrug für den Spontanverlauf 3,8 Monate, für die konservativ behandelten Patienten 8,4 Monate und für die Transplantierten 92,3 Monate unabhängig von ihrem Tumorstadium“), ansonsten fast inhaltsgleich mit dem Text an gleicher Stelle in der Arbeit des Ehemanns. Bei Abbildung 3 kommt ebenfalls die Kurve für die Resektionsfälle dazu, Tabelle 14 (beim Ehemann Tabelle 10) hat zusätzlich eine Spalte „Leberresektion“, ansonsten ist Inhaltsidentität gegeben. Der gleiche Sachverhalt findet sich bei der Abbildung 4 (Seite 27), die der Abbildung 9 in der Arbeit des Ehemanns (dort Seite 30) entspricht und bei der Abbildung 5 für die Therapie TACE, die der Abbildung 10 in der Arbeit des Ehemanns entspricht. Die Abbildung 6 einschließlich Legende bei der Klägerin ist wieder vollständig identisch mit Abbildung 11 einschließlich Legende beim Ehemann. Der jeweils nachfolgende Zwischentext („Das mediane Überleben ... III.3 Letalität der operativen Therapie ... 119. Postoperativer Tag“) ist wortgleich. In diesem Zwischentext stellt auch der Ehemann der Klägerin fest, dass das mediane Überleben „für die leberresezierten Patienten 39,5 Monate“ betrug, obwohl er die Resektion in seiner Arbeit ausklammerte (vgl. dort Ziffer V Abs. 3 Satz 2). Der nachfolgende Textabsatz ist fast wortgleich, im Übrigen inhaltsgleich. Die drei nach Lebertransplantation an einer nicht transplantations- oder tumorbedingten Ursache verstorbenen Patienten (Seite 29, beim Ehemann Seite 32) sollten in einem nachfolgenden Bild ausgeschlossen werden - das trotz Ankündigung bei der Klägerin fehlt -, in dem die Überlebenskurven für lebertransplantierte Patienten aufgeteilt nach UICC-Stadien (I bis IV) dargestellt werden. In der Arbeit des Ehemanns findet sich an dieser Stelle die Abbildung 12. Die Abbildung 7 bei der Klägerin - ergänzt wiederum um eine Überlebenskurve nach Leberresektion - findet ihre Entsprechung in der Abbildung 13 beim Ehemann. Abbildung 9 mit Legende ist deckungsgleich mit der Abbildung 15 beim Ehemann. Der linke Teil (Lebertransplantation) der Abbildungen 11, 12 und 13 entspricht den vollständigen Abbildungen 16, 17 und 18 beim Ehemann.
Das KapiteI IV (Diskussion) übernimmt wiederum die Gliederungspunkte aus der Arbeit des Ehemanns und fügt einen Abschnitt ein (Ziffer IV.3 Stadienabhängiges Überleben verschiedener Therapien). Dieses Kapitel macht ebenfalls die inhaltlich stark übereinstimmende Ausrichtung beider Doktorarbeiten deutlich. Es zeigt sich, dass deren Aufgabe und Ziel annähernd deckungsgleich sind. Konsequenterweise finden sich Unterschiede in der Darstellung dort, wo die Klägerin die Leberresektion als gesondert von ihr untersuchte Therapiemethode anspricht und dadurch bedingte Überlebenschancen ins Verhältnis zu anderen Therapiemethoden setzt, insbesondere der Lebertransplantation, der (erwartungsgemäß) eine höhere Überlebenserwartung zugeschrieben wird.
Die Zusammenfassungen (Kapitel V) in beiden Arbeiten gleichen sich in Aufbau und Inhalt wieder sehr stark an, die letzten beiden Sätze sind einschließlich des fehlenden Satzzeichens identisch. Beide Textteile erwähnen im 3. Absatz noch einmal das retrospektiv erfasste Patientenkollektiv aus dem Zeitraum 1995 bis 2002, das wegen eines Hepatozellulären Karzinoms an der Klinik für Transplantationschirurgie (G...) therapiert wurde, wobei der Ehemann der Klägerin erst an dieser späten Stelle (siehe Ausschlusskriterien unter II.1) ausdrücklich Patienten ausnimmt, die einer Leberresektion zugeführt wurden.
Das Literaturverzeichnis (VI) der Klägerin enthält auf der einen Seite viele Literaturangaben, die sich als Zitat (ein solches findet sich an keiner Stelle) oder Verweisung in der Arbeit (aber durchaus in der des Ehemanns) gar nicht wiederfinden, auf der anderen Seite fehlen Literaturangaben im Verzeichnis zu Autoren, auf die teilweise mehrfach verwiesen wird, oder es werden Werke angeführt, wo zwar der Autor aufgeführt ist, aber nicht das nur durch das Erscheinungsjahr gekennzeichnete Werk: Blum H.E. 2005 auf den Seiten 9, 38, 43, 44, 45 (2x), Makuuchi 2003 auf der Seite 20 (3x), Befeier 2002 Seite 2, Matsumata 1990 Seite 4, Farmer 1994 Seite 4, Bismuth 1996 Seite 5, Lioraghi 2004 Seite 7, Head 2004 Seite 7, Lencionet 1997 Seite 7, Lencionet 2003 Seite 7, Rougier 1997 Seite 8, Ren 2004 Seite 8, Chow 2002 Seite 8, Yuen 2002 Seite 8, Lo 2002 Seite 8, Child u. Turcotte 1964 Seite 11, Couinaud 1956 Seite 13, Child u. T. Seite 18 und Shah 2006 Seite 43. Der Umstand, dass der Ehemann auf Autoren verweist (Ganne-Carrie, O‘ Grady, Van Thiel, Matsui, Rilling u. Drooz, Charpiat und Windoffer), die sich in seinem Literaturverzeichnis befinden und auch in dem der Klägerin, diese Autoren von ihr aber nicht herangezogen wurden, macht deutlich, dass auch das Literaturverzeichnis des Ehemanns vollständig und ungeprüft übernommen wurde.
Es ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden, dass die Promotionskommission nach einer reinen tatsächlichen Untersuchung ohne inhaltliche Wertung die durch die vorstehend festgestellten Übereinstimmungen in beiden Dissertationen belegte Täuschungshandlung als erheblich angesehen und nicht einen Bagatellfall angenommen hat. Der Promotionskommission als dem zuständigen wissenschaftlichen Gremium steht ein gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbarer Beurteilungsspielraum hinsichtlich des Umfangs oder des Gewichts eines Plagiats und des Ausmaßes der damit verbundenen Schädigung des öffentlichen Interesses zu. Anhaltspunkte dafür, dass im vorliegenden Fall mit der angefochtenen Entscheidung gegen das Willkürverbot verstoßen worden sei oder diese von sachfremden Erwägungen getragen werde, sind nicht ersichtlich. Die Promotionskommission hat für die Frage der Erheblichkeit der Täuschungshandlung maßgeblich auf die Qualität und Quantität der aufgedeckten Befunde abgestellt und ist in der Gesamtschau davon ausgegangen, dass die Bagatellgrenze überschritten ist. In der Zusammenfassung ist als Hauptvorwurf dabei ganz entscheidend gewesen, dass die Klägerin die Auswertung des Patientenkollektivs (84 Personen) aus der Arbeit des Ehemanns ohne Verweisung auf dieselbe übernommen hat und damit einen ganz erheblichen Aufwand an Erhebung und Auswertung von Patientendaten vorgetäuscht hat, den sie (vermeintlich) nur für 36 Patienten, an denen eine Leberresektion durchgeführt worden sein soll, selbst erbracht hat. Damit zieht sich dieser Plagiatsvorwurf durch die ganze Arbeit und tritt besonders in den ganz oder teilweise übernommenen Tabellen und Abbildungen in den Kapiteln II und III hervor. Die beiden Themenstellungen der Doktorarbeiten lassen für sich gesehen noch den Schluss auf eine inhaltliche Variationsbreite in der wissenschaftlichen Bearbeitung zu, die Kenntnis vom Inhalt beider Arbeiten zeigt aber deutlich, dass es in der Arbeit der Klägerin nur um die Hinzunahme der Leberresektion als Therapieform geht, die im Ergebnis aber im Wesentlichen durch die Entstehung von Rezidivien wegen vorhandener Präkanzerose hinter der Lebertransplantation mit einer deutlichen längeren Überlebenszeit als der zu präferierenden Therapieform zurückbleibt.
Die Klägerin hat durch diese Vorgehensweise bei den Mitgliedern der Promotionskommission einen Irrtum erregt. Zur Überzeugung des Gerichts steht ohne die Notwendigkeit weiterer Sachaufklärung fest, dass die Klägerin in ihrer Dissertation schriftlich in den von der Beklagten beanstandeten Teilen (und darüber hinausgehend) hinsichtlich Befunderhebung, Aufbau, Darstellung, Ergebnis und Literaturverzeichnis im Wesentlichen die Doktorarbeit ihres Ehemanns zur Grundlage ihrer Doktorarbeit machte. Nur der Vollständigkeit halber sind auch die Übereinstimmungen bei der Danksagung (ergänzt durch den Dank an den Ehemann) anzusprechen. Eigenständigkeit in den einzelnen Kapiteln vermag die streitgegenständliche Dissertation nur dort zu vermitteln, wo sie sich mit den 36 leberresektierten Patienten befasst, ohne dies in hinreichender Form kenntlich zu machen. Allerdings lassen die eingangs des Vergleichs aufgezeigten Unstimmigkeiten (siehe oben Seite 18 und 19) Zweifel darüber entstehen, ob und wie die 36 hinzugenommenen leberresektierten Patienten bezüglich ihrer Krankheitsdaten ausgewertet wurden.
Bei den Mitgliedern der Promotionskommission wurde damit die Vorstellung erweckt, die gesamte Doktorarbeit sei von ihr im Sinne der schriftlichen Erklärung - soweit nicht Hilfsmittel in hinreichender Form angegeben wurden - verfasst worden und damit das Ergebnis einer eigenständigen wissenschaftlichen Leistung. Dem Vorwurf der Klägerin, die beiden Gutachter hätten die Übereinstimmungen in den beiden Doktorarbeiten gekannt und trotz Kenntnis in kollusivem Zusammenwirken mit der Klägerin deren Arbeit angenommen, weil diese auch Gutachter bei der vorausgegangenen Doktorarbeit des Ehemanns gewesen seien, war - weil rechtlich unerheblich - nicht weiter etwa durch Einvernahme der Gutachter als Zeugen nachzugehen, denn es ist weder substantiiert dargetan noch sonst ersichtlich, dass diese Umstände sämtlichen Mitgliedern der Promotionskommission einschließlich des Dekans bekannt gewesen sind. Ein durch die Täuschungshandlung hervorgerufener Irrtum liegt auch bereits dann vor, wenn nur einzelne Amtswalter, die an der Entscheidung maßgeblich beteiligt waren, irregeführt worden sind (vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, U. v. 20.12.1991 - 15 A 77/89 - juris; VG Düsseldorf, a. a. O.). Vorliegend ist jedenfalls davon auszugehen, dass jedenfalls sämtliche Mitglieder der Promotionskommission, wozu die Gutachter nicht rechnen, als Entscheidungsträger getäuscht wurden.
Für die Frage nach dem ursächlichen Zusammenhang zwischen Täuschung und Irrtumserregung ist es schließlich unerheblich, ob die Doktorarbeit unter Ausblendung der vollständig oder inhaltlich übernommenen Teile noch eine eigenständige (eventuell schlechter zu bewertende) wissenschaftliche Leistung darstellt, und ob bei korrekter Offenlegung des Anteils der Doktorarbeit des Ehemanns die Promotionsleistung der Klägerin angenommen und der Doktorgrad hätte verliehen werden können (vgl. VGH Baden-Württemberg, a. a. O.). Vorliegend erscheint es angesichts des Umfangs an Übereinstimmung zudem schwer vorstellbar, dass die Klägerin in dieser Form die Arbeit bei korrekter wissenschaftlicher Bearbeitung unter dem Gesichtspunkt einer eigenständigen wissenschaftlichen Bearbeitung überhaupt hätte vorlegen können.
Die Klägerin hat zumindest billigend in Kauf genommen und damit bedingt vorsätzlich gehandelt, dass bei der Promotionskommission der vorstehend geschilderte Irrtum hervorgerufen wird. Es kann der Klägerin nicht ansatzweise abgenommen werden, dass sie geglaubt habe, mit der vereinzelten Verwendung der Pluralform in den Kapiteln IV und V („wir“, „uns“, „unser“) und der Danksagung an den Ehemann sei ein hinreichender und erkennbarer Hinweis für die Mitglieder der Promotionskommission auf die Verwendung der Doktorarbeit des Ehemanns überhaupt, aber auch nach Art und Umfang gegeben gewesen.
Die von der Promotionskommission nach Vorliegen der tatbestandlichen Voraussetzungen des § 13 Abs. 2 PromO getroffene Ermessensentscheidung, die Promotionsleistung für ungültig zu erklären, hält der gemäß § 114 VwGO auf eine reine Rechtskontrolle beschränkten gerichtlichen Überprüfung stand. Das Gericht prüft insoweit, ob der Verwaltungsakt rechtswidrig ist, weil die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht worden ist. In der Ermessensentscheidung wurden alle bekannten Umstände berücksichtigt, die zugunsten der Klägerin zu beachten und gegen das öffentliche Interesse abzuwägen waren. Etwaige gesellschaftliche und berufliche Nachteile, die sich aus einem durch den Promotionsentzug nicht auszuschließenden Reputations- und Vertrauensverlust auch bei Patienten ergeben können, sind als normale Folgen ohne weiteres hinzunehmen. Eine Einschränkung der beruflichen Tätigkeit als Zahnärztin ergibt sich hierdurch nicht. Vertrauensgesichtspunkte mussten bei der Ermessensabwägung keine Rolle spielen, da das Vertrauen der Klägerin wegen ihrer Täuschung nicht schutzwürdig ist. Es ist nicht zu beanstanden, dass die Beklagte das öffentliche Interesse an der Rechtmäßigkeit des Verwaltungshandelns, an der Übereinstimmung von akademischer Leistung und akademischem Titel und das Ansehen der den akademischen Titel verleihenden Universität höher bewertet als die oben beschriebenen möglichen Folgen für die Klägerin. Die Beklagte hat sich u. a. davon leiten lassen, dass die vorgenommene Täuschung auf Grundlage der oben getroffenen Feststellungen zu Art und Umfang erheblich ist und damit der Makel des Plagiats eine ganz besondere Bedeutung erlangt. Auch generalpräventive Gesichtspunkte sind in diesem Zusammenhang sachgerecht. Keine Bedeutung musste die Beklagte dem Umstand beimessen, dass die Betreuung der Dissertation durch die beiden Gutachter möglicherweise nachlässig war, denn weder rechtfertigt dies bzw. begründet es einen Vertrauensschutz dahingehend, elementare Grundlagen wissenschaftlichen Arbeitens missachten zu dürfen, noch lässt sich daraus ein „Mitverschulden“ Dritter und damit eine Verschiebung der persönlichen Verantwortung des Doktoranden für die Dissertation ableiten (vgl. BayVGH, U. v. 4.4.2006 a. a. O.; VG Karlsruhe, a. a. O).
Angesichts der danach rechtlich nicht zu beanstandenden Ungültigerklärung der Promotionsleistung der Klägerin gemäß § 13 Abs. 2 Satz 1 PromO erweist sich auch die Rücknahme des der Klägerin mit Promotionsurkunde vom 1. Juni 2006 verliehenen Doktorgrades als rechtsfehlerfrei (§ 13 Abs. 2 Satz 2 PromO i. V. m. Art. 48 BayVwVfG).
Zur Anwendbarkeit des Art. 48 BayVwVfG im Rahmen der Rücknahme des Doktorgrades wird auf obige Ausführungen verwiesen. Die tatbestandlichen Voraussetzungen der Rücknahme sind gegeben. Ein rechtswidriger Verwaltungsakt liegt vor, weil das Promotionsverfahren der Klägerin gemäß § 13 Abs. 2 Satz 1 PromO für nicht bestanden erklärt wurde und damit die Grundlage für die Verleihung des Doktorgrades entfallen ist.
Die Verleihung des Doktorgrades, die durch die Aushändigung der Originalurkunde und zweier Abdrucke über die bestandene Doktorprüfung an die Klägerin durch Übersendung am 1. Juni 2006 erfolgte, ist ein begünstigender Verwaltungsakt, der rechtswidrig ist. Unabhängig von der tatsächlich unzutreffenden unter dem 3. April 2006 abgegebenen schriftlichen Erklärung der Klägerin gemäß § 4 Abs. 3 Nr. 3 PromO a. F. (vgl. Art. 64 Abs. 1 Satz 6 BayHSchG), dass sie die Dissertation selbstständig verfasst und keine anderen als die von ihr angegebenen Hilfsmittel benutzt habe, erbrachte die von der Klägerin im Jahr 2006 eingereichte Dissertation nicht den Nachweis der Befähigung zu selbstständiger wissenschaftlicher Arbeit (Art. 64 Abs. 1 BayHSchG, § 6 Abs. 1 PromO a. F.). Damit lagen die rechtlichen Voraussetzungen für die Verleihung des Doktorgrades nicht vor. Dieser wurde der Klägerin vielmehr zu Unrecht verliehen. Aus Sicht der Beklagten wäre der Doktorgrad von vornherein nicht verliehen worden, wenn bekannt gewesen wäre, dass die Klägerin im Wesentlichen eine eigenständige wissenschaftliche Leistung nur vorgegeben hat. Das bedeutet, dass Rechtsgrundlage für die Entziehung des Doktorgrades wegen Täuschung allein Art. 48 BayVwVfG ist, also weder Art. 49 BayVwVfG noch Art. 69 BayHSchG, denn die beiden letztgenannten Vorschriften regeln den Widerruf eines Doktorgrades aus nach seiner Verleihung aufgetretenen Gründen.
Die vorstehend wiedergegebenen Ermessenserwägungen tragen auch die Ermessensentscheidung nach Art. 48 BayVwVfG. Es unterliegt keinen ernstlichen Zweifeln, dass eine schwerwiegende Täuschung wie vorliegend durch die Klägerin im Regelfall durch Rücknahme bzw. Entziehung des Doktorgrades zu sanktionieren ist. Ein möglicherweise vorhandenes Vertrauen der Klägerin darauf, dass ihr der verliehene Doktorgrad erhalten bleibt, steht der Rücknahme ebenfalls nicht entgegen. Zum einen hindert ein Vertrauensschutz die Rücknahme eines rechtswidrigen Verwaltungsakts, der keine Geld- oder Sachleistung gewährt, grundsätzlich nicht, da Art. 48 Abs. 2 Satz 1 BayVwVfG in solchen Fällen nicht gilt. Im Übrigen wäre sie in keinem Fall gegen eine Rücknahme geschützt, da sie die Verleihung des Doktorgrades durch arglistige Täuschung bewirkt hat (Art. 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 1 BayVwVfG). Arglist in diesem Sinne liegt vor, wenn die bewusste Irreführung darauf gerichtet war, auf den Erklärungswillen der Behörde einzuwirken. Eine solche ist bei vorsätzlicher Täuschung wie der der Klägerin regelmäßig gegeben. Anhaltspunkte für das Gegenteil liegen nicht vor (vgl. VG Düsseldorf, a. a. O.).
Hieraus ergibt sich in der Konsequenz, dass der Entziehung des Doktorgrades auch die Jahresfrist des Art. 48 Abs. 4 BayVwVfG nicht entgegen gestanden wäre, da nach Absatz 4 Satz 2 u. a. in Fällen arglistiger Täuschung diese Frist nicht gilt; auch wenn es sich um einen begünstigenden Verwaltungsakt handelt. Abgesehen davon wäre die Jahresfrist vorliegend eingehalten. Die für den Fristbeginn noch gar nicht maßgebliche Plagiatsanzeige ging bei der Beklagten am 7. August 2012 ein und der angefochtene Bescheid wurde am 17. Dezember 2012 erlassen.
Danach war die Klage mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen.
Vorläufige Vollstreckbarkeit: § 167 Abs. 2 i. V. m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
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(1) Das Urteil ergeht "Im Namen des Volkes". Es ist schriftlich abzufassen und von den Richtern, die bei der Entscheidung mitgewirkt haben, zu unterzeichnen. Ist ein Richter verhindert, seine Unterschrift beizufügen, so wird dies mit dem Hinderungsgrund vom Vorsitzenden oder, wenn er verhindert ist, vom dienstältesten beisitzenden Richter unter dem Urteil vermerkt. Der Unterschrift der ehrenamtlichen Richter bedarf es nicht.
(2) Das Urteil enthält
- 1.
die Bezeichnung der Beteiligten, ihrer gesetzlichen Vertreter und der Bevollmächtigten nach Namen, Beruf, Wohnort und ihrer Stellung im Verfahren, - 2.
die Bezeichnung des Gerichts und die Namen der Mitglieder, die bei der Entscheidung mitgewirkt haben, - 3.
die Urteilsformel, - 4.
den Tatbestand, - 5.
die Entscheidungsgründe, - 6.
die Rechtsmittelbelehrung.
(3) Im Tatbestand ist der Sach- und Streitstand unter Hervorhebung der gestellten Anträge seinem wesentlichen Inhalt nach gedrängt darzustellen. Wegen der Einzelheiten soll auf Schriftsätze, Protokolle und andere Unterlagen verwiesen werden, soweit sich aus ihnen der Sach- und Streitstand ausreichend ergibt.
(4) Ein Urteil, das bei der Verkündung noch nicht vollständig abgefaßt war, ist vor Ablauf von zwei Wochen, vom Tag der Verkündung an gerechnet, vollständig abgefaßt der Geschäftsstelle zu übermitteln. Kann dies ausnahmsweise nicht geschehen, so ist innerhalb dieser zwei Wochen das von den Richtern unterschriebene Urteil ohne Tatbestand, Entscheidungsgründe und Rechtsmittelbelehrung der Geschäftsstelle zu übermitteln; Tatbestand, Entscheidungsgründe und Rechtsmittelbelehrung sind alsbald nachträglich niederzulegen, von den Richtern besonders zu unterschreiben und der Geschäftsstelle zu übermitteln.
(5) Das Gericht kann von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe absehen, soweit es der Begründung des Verwaltungsakts oder des Widerspruchsbescheids folgt und dies in seiner Entscheidung feststellt.
(6) Der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle hat auf dem Urteil den Tag der Zustellung und im Falle des § 116 Abs. 1 Satz 1 den Tag der Verkündung zu vermerken und diesen Vermerk zu unterschreiben. Werden die Akten elektronisch geführt, hat der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle den Vermerk in einem gesonderten Dokument festzuhalten. Das Dokument ist mit dem Urteil untrennbar zu verbinden.
(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.
(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.
(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.
(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.
(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.
(1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat.
(2) Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt.
(3) Die Gesetzgebung ist an die verfassungsmäßige Ordnung, die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung sind an Gesetz und Recht gebunden.
(4) Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist.
(1) Ein rechtswidriger Verwaltungsakt kann, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden. Ein Verwaltungsakt, der ein Recht oder einen rechtlich erheblichen Vorteil begründet oder bestätigt hat (begünstigender Verwaltungsakt), darf nur unter den Einschränkungen der Absätze 2 bis 4 zurückgenommen werden.
(2) Ein rechtswidriger Verwaltungsakt, der eine einmalige oder laufende Geldleistung oder teilbare Sachleistung gewährt oder hierfür Voraussetzung ist, darf nicht zurückgenommen werden, soweit der Begünstigte auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat und sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme schutzwürdig ist. Das Vertrauen ist in der Regel schutzwürdig, wenn der Begünstigte gewährte Leistungen verbraucht oder eine Vermögensdisposition getroffen hat, die er nicht mehr oder nur unter unzumutbaren Nachteilen rückgängig machen kann. Auf Vertrauen kann sich der Begünstigte nicht berufen, wenn er
- 1.
den Verwaltungsakt durch arglistige Täuschung, Drohung oder Bestechung erwirkt hat; - 2.
den Verwaltungsakt durch Angaben erwirkt hat, die in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig waren; - 3.
die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte.
(3) Wird ein rechtswidriger Verwaltungsakt, der nicht unter Absatz 2 fällt, zurückgenommen, so hat die Behörde dem Betroffenen auf Antrag den Vermögensnachteil auszugleichen, den dieser dadurch erleidet, dass er auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat, soweit sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse schutzwürdig ist. Absatz 2 Satz 3 ist anzuwenden. Der Vermögensnachteil ist jedoch nicht über den Betrag des Interesses hinaus zu ersetzen, das der Betroffene an dem Bestand des Verwaltungsaktes hat. Der auszugleichende Vermögensnachteil wird durch die Behörde festgesetzt. Der Anspruch kann nur innerhalb eines Jahres geltend gemacht werden; die Frist beginnt, sobald die Behörde den Betroffenen auf sie hingewiesen hat.
(4) Erhält die Behörde von Tatsachen Kenntnis, welche die Rücknahme eines rechtswidrigen Verwaltungsaktes rechtfertigen, so ist die Rücknahme nur innerhalb eines Jahres seit dem Zeitpunkt der Kenntnisnahme zulässig. Dies gilt nicht im Falle des Absatzes 2 Satz 3 Nr. 1.
(5) Über die Rücknahme entscheidet nach Unanfechtbarkeit des Verwaltungsaktes die nach § 3 zuständige Behörde; dies gilt auch dann, wenn der zurückzunehmende Verwaltungsakt von einer anderen Behörde erlassen worden ist.
(1) Wer in der Absicht, sich oder einem Dritten einen rechtswidrigen Vermögensvorteil zu verschaffen, das Vermögen eines anderen dadurch beschädigt, daß er durch Vorspiegelung falscher oder durch Entstellung oder Unterdrückung wahrer Tatsachen einen Irrtum erregt oder unterhält, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.
(2) Der Versuch ist strafbar.
(3) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter
- 1.
gewerbsmäßig oder als Mitglied einer Bande handelt, die sich zur fortgesetzten Begehung von Urkundenfälschung oder Betrug verbunden hat, - 2.
einen Vermögensverlust großen Ausmaßes herbeiführt oder in der Absicht handelt, durch die fortgesetzte Begehung von Betrug eine große Zahl von Menschen in die Gefahr des Verlustes von Vermögenswerten zu bringen, - 3.
eine andere Person in wirtschaftliche Not bringt, - 4.
seine Befugnisse oder seine Stellung als Amtsträger oder Europäischer Amtsträger mißbraucht oder - 5.
einen Versicherungsfall vortäuscht, nachdem er oder ein anderer zu diesem Zweck eine Sache von bedeutendem Wert in Brand gesetzt oder durch eine Brandlegung ganz oder teilweise zerstört oder ein Schiff zum Sinken oder Stranden gebracht hat.
(4) § 243 Abs. 2 sowie die §§ 247 und 248a gelten entsprechend.
(5) Mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren, in minder schweren Fällen mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren wird bestraft, wer den Betrug als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Straftaten nach den §§ 263 bis 264 oder 267 bis 269 verbunden hat, gewerbsmäßig begeht.
(6) Das Gericht kann Führungsaufsicht anordnen (§ 68 Abs. 1).
(7) (weggefallen)
(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.
(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.
(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.
Soweit die Verwaltungsbehörde ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, prüft das Gericht auch, ob der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig ist, weil die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist. Die Verwaltungsbehörde kann ihre Ermessenserwägungen hinsichtlich des Verwaltungsaktes auch noch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren ergänzen.
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:
- 1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen; - 2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a; - 3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird; - 4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden; - 5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären; - 6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden; - 7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen; - 8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht; - 9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung; - 10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist; - 11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.