Verwaltungsgericht Regensburg Urteil, 15. Jan. 2014 - 3 K 13.1169

published on 15/01/2014 00:00
Verwaltungsgericht Regensburg Urteil, 15. Jan. 2014 - 3 K 13.1169
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Tenor

I.

Es wird festgestellt, dass dem Beklagten kein Holznutzungsrecht als öffentlich-rechtliches Nutzungsrecht an dem Grundstück der Klägerin Flnr. 1159 der Gemarkung ... zusteht.

II.

Der Beklagte hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

III.

Das Urteil ist in Ziffer II. vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Die Klägerin begehrt die Feststellung, dass dem Beklagten kein öffentlich-rechtliches Holznutzungsrecht an dem Grundstück Flnr. 1159 der Gemarkung ... zusteht. Es handelt sich hierbei um ein Waldgrundstück mit einer Größe von 22.910 m², das der Klägerin gehört und vom Beklagten und den Eigentümern fünf weiterer Anwesen des Ortsteils R. unter Berufung auf ein langjähriges Holznutzungsrecht bewirtschaftet wird.

Auf dem Grundstück wurde im Sommer 2010 durch die Forstbetriebsgemeinschaft A. im Auftrag der genannten Landwirte aus R. Holz eingeschlagen und an die Forstbetriebsgemeinschaft veräußert, wodurch ein Erlös in Höhe von 18.558,41 € erzielt wurde. Der Erlös wurde an acht Personen - u. a. den Beklagten - verteilt. Die Klägerin erhob gegen den Beklagten Klage auf Herausgabe des Erlöses einschließlich der auf einem Treuhandkonto von dem Beklagten verwalteten Beträge in Höhe von 9.168,62 €, der das Landgericht Regensburg mit Urteil vom 19. November 2012 vollumfänglich stattgab (Az. 60959/12(2)). Hiergegen wurde Berufung zum OLG Nürnberg eingelegt, über die noch nicht entschieden ist. Das OLG Nürnberg setzte die Verhandlung mit am 15. Juli 2013 verkündeten Beschluss bis zur Erledigung des Rechtsstreits vor dem Verwaltungsgericht Regensburg aus (Az. 4 U 2408/12).

Mit Schriftsatz vom 3. Juli 2013, eingegangen beim Verwaltungsgericht Regensburg am 4. Juli 2013, ließ die Klägerin Klage mit dem Ziel erheben, dass das Gericht ein öffentlich-rechtliches Holznutzungsrecht des Beklagten verneine. Zur Begründung wird im Wesentlichen vorgebracht, dass sich dieser zunächst auf ein privates Nutzungsrecht berufen habe. Später habe er geltend gemacht, dass sich das Nutzungsrecht aus einem sogenannten Herkommensrecht ergebe. Ein öffentliches Nutzungsrecht sei ein Rechtsverhältnis im Sinne des § 43 VwGO. Der Beklagte weigere sich, den Erlös herauszugeben. Es sei davon auszugehen, dass er auch künftig das Recht in Anspruch nehmen wolle, den Wald zu nutzen. Daraus ergebe sich ein berechtigtes Interesse der Klägerin an der gerichtlichen Feststellung des Nichtbestehens des Nutzungsrechts.

Die Klage sei begründet, da sich der Beklagte weder auf ein Titelrecht noch auf ein Herkommensrecht berufen könne. Voraussetzung für ein Herkommensrecht sei die Ausübung kraft Rechtsüberzeugung aller an dem Rechtsverhältnis Beteiligten. Diese Voraussetzung sei nicht gegeben. Das Grundstück Flnr. 1159 sei Teil der ehemaligen Ortschaftsgrundstücke gewesen. Die Ortschaft A. habe nach dem Liquidationsprotokoll von 1837 9,39 Tagwerk, die Ortschaft R. 21,46 Tagwerk besessen. Die Grundstücke seien unter den Hausnummern 23 für A. und 8 für R. wie folgt vorgetragen: „seit undenklichen Zeiten Eigentum der Gemeinde“. Gemeint sei die jeweilige Ortsgemeinde bzw. Ortschaft. Die Hausnummern hätten sich auf die jeweiligen Hirthäuser bezogen. Die Ortschaften hätten bis in das 20. Jahrhundert das gemeinsame Hirtenwesen betrieben. Dabei hätten die Tiere der Bauern in den Feldern, Wiesen und Wäldern (Waldweide) der Ortschaften geweidet und seien von dem gemeinsam angestellten Hirten beaufsichtigt worden. Die Ortschaften seien auch für den Unterhalt des Hirthauses und der gemeinsamen Weidegrundstücke, sowie aller Straßen und Gräben zuständig gewesen. Die Hirthäuser seien 1913 abgebrochen worden, weil das Hirtenwesen mit der modernen Landbewirtschaftung überflüssig geworden sei.

Zum 1. Januar 1935 sei aufgrund der Deutschen Gemeindeordnung in das Grundbuch der Ortschaften eingegriffen worden. Damals hätten die Ortschaften vor allem die Wegegrundstücke an die Gemeinde P. abgegeben. Es sei verfügt worden, dass das Grundeigentum der Ortschaften den jeweiligen Gemeinden zufalle. Im „Grundsteuer-Kataster-Umschreibheft“ sei ein Teil der Grundstücke der Ortschaft R. nach P. „transferiert“ und weitere Grundstücke, darunter auch das streitgegenständliche, unter „nun Ortschaft R.“ geführt worden. Im Jahr 1960 habe die Gemeinde P. das sogenannte „Behelfsheim“ verkaufen wollen. Auch hier sei noch die Ortschaft (Ortsgemeinde) als Eigentümerin eingetragen gewesen. Diese Probleme seien in allen Kommunen aufgetreten, so dass (wahrscheinlich auf Hinweis des damaligen Notars) der Gemeinderat am 23. Juni 1960 beschlossen habe, einen Antrag auf Berichtigung des Grundbuchs zu stellen. Das Landratsamt Mainburg habe mit Schreiben vom 15. November 1960 die Grundbuchberichtigung für den gesamten Landkreis Mainburg angeordnet. Das Amtsgericht Mainburg habe diese Anordnung am 24. November 1960 vollzogen. Damit sei die Gemeinde P. Alleineigentümerin des Grundstücks geworden. Bei Grundstücksgeschäften in der Folgezeit seien von keiner Seite Einwendungen erhoben worden. Es sei davon auszugehen, dass die Waldgrundstücke der Klägerin bis zum November 1960 im Eigentum der Ortschaften standen. Eine gesonderte oder ausschließliche Holznutzung, noch dazu auf bestimmten Grundstücken, sei nirgends dokumentiert. Bei der Aufgabe des Hirtenwesens sei nur diese Nutzung übrig geblieben. Seit dem 24. November 1960 hätten sich die Besitzverhältnisse klar geändert. Seitdem sei die Gemeinde P. und seit der Gebietsreform die Gemeinde Attenhofen Alleineigentümerin. Es stehe fest, dass keine Nutzungsrechte an dem Grundstück Flnr. 1159 bestünden. Die Ortschaften (Ortsgemeinden) hätten spätestens am 24. November 1960 aufgehört, als eigene juristische Personen zu existieren.

Ein Nutzungsrecht des Beklagten bestehe nicht. Soweit sich dieser auf die Eintragung in das Grundbuch berufen habe, gehe sie ins Leere. Diese stelle weder einen besonderen Rechtstitel dar, noch beweise sie die privatrechtliche Natur eines Nutzungsrechts. Der öffentliche Glaube des Grundbuchs erstrecke sich auch nicht auf öffentliche Nutzungsrechte. Eine etwaige Eintragung habe allenfalls beschreibende und nicht rechtsbegründende Funktion. Es fehle an einer ununterbrochenen Rechtsüberzeugung der Klägerin. Diese habe alle noch vorhandenen Unterlagen überprüft. Es finde sich nirgends ein schriftlicher Hinweis, dass Nutzungsrechte Dritter an dem Gemeindewald bestünden. In einem Schreiben der Gemeinde P. vom 16. Dezember 1935 an das Bezirksamt Mainburg habe die Gemeinde darum gebeten zu prüfen, inwieweit die „betreffenden Hausnummern“ nutzungsberechtigt seien. Der damalige Bürgermeister habe das Bezirksamt ersucht, die Erlaubnis für den Holzeinschlag in den beiden Ortsgemeinden nicht ohne weiteres erteilen zu wollen. Dies dokumentiere, dass eine Rechtsüberzeugung über das Bestehen von Nutzungsrechten schon im Jahr 1935 nicht vorhanden gewesen sei. Das Landratsamt Mainburg habe mit Schreiben vom 26. November 1968 die Gemeinden um Berichterstattung zu eventuell bestehenden Nutzungsrechten und zum Ortschaftsvermögen gebeten. In den Unterlagen finde sich kein Hinweis, dass dem Landratsamt Nutzungsrechte mitgeteilt worden seien. Die Klägerin gehe daher davon aus, dass die Gemeinde keine Nutzungsrechte erkannt habe und deshalb keine Mitteilung erfolgt sei. Das „Forstbetriebsgutachten für den Gemeindewald Attenhofen“ vom 18. Juli 1990 stelle fest, dass die im vorliegenden Forstbetriebsgutachten bearbeiteten Waldflächen nicht mit Nutzungsrechten belastet seien.

Die Klägerin beantragt festzustellen,

dass dem Beklagten kein Holznutzungsrecht als öffentliches Nutzungsrecht an dem Grundstück der Klägerin Flnr. 1159 der Gemarkung ... zusteht.

Der Beklagte lässt beantragen,

die Klage abzuweisen.

Nach Auffassung des Beklagten steht ihm ein Holznutzungsrecht zu. Die Rechtlergemeinschaft setze sich aus den Eigentümern der historischen Hausnummern 1 bis 7 der ehemaligen Ortschaft R. zusammen. Die Eigentümer der Anwesen Nr. 1 bis 6 hätten auch nach dem Abbruch des Hauses Nr. 7 im Jahr 1902 regelmäßig Nutzungsrechte am Gemeindewald ausgeübt. Es stehe ihnen ein sogenanntes Herkommensrecht zu. Es handle sich offenbar um sogenannte ungemessene Nutzungsrechte. Die Gemeindegrundstücke stünden mindestens seit dem 1. April 1935 kraft Gesetzes im Eigentum der Gemeinde P.. R. habe schon weit vor 1935 zur Gemeinde P. gehört. Einem Kaufvertrag von 1863 lasse sich entnehmen, dass ein Grundstück von der „Gemeinde P., zu welcher das Dorf R. gehört“, erworben worden sei. Die Gemeindegrundstücke seien damals bereits im Eigentum der Gemeinde P. gestanden und nicht erst seit 1960. In dem „Waldstandsrevisionsoperat“ von 1929 sei die Gemeinde P. als Eigentümerin des Gemeindewaldes angegeben. Dem Schreiben an das Bezirksamt Mainburg vom 16. Dezember 1935 lasse sich entnehmen, dass sich die Gemeinde P. davon überzeugen wollte, ob ein Nutzungsrecht bestehe oder nicht. Tatsache sei, dass die Rechtler die Nutzungsrechte am Gemeindewald seit jeher vor diesem Schreiben und insbesondere auch nach diesem Schreiben uneingeschränkt ausgeübt hätten. Von einer negativen Antwort des Bezirksamts auf das Schreiben sei nichts bekannt, so dass davon ausgegangen werden könne, dass die Anfrage der Gemeinde ins Leere gelaufen sei. Die von der Klägerseite angeführten Grundstücksgeschäfte könnten nicht als Beweis für das Nichtbestehen von Nutzungsrechten herangezogen werden. Nutzungsrechte seien nicht in das Grundbuch des dienenden Grundstücks (hier des Gemeindegrundstücks) einzutragen, sondern allenfalls in dasjenige des herrschenden Grundstücks. Das Fehlen einer Antwort der Gemeinde auf die Anfrage des Landratsamts im Jahr 1968 zeige nicht, dass diesem definitiv mitgeteilt worden wäre, Nutzungsrechte lägen nicht vor. Es sei davon auszugehen, dass diese Frage überhaupt nicht behandelt worden sei. Ein ehemaliges Mitglied des Gemeinderats von Attenhofen erinnere sich, dass über das Thema Holznutzungsrechte irgendwann in den Jahren 1980 bis 1985 im Gemeinderat gesprochen worden sei und der damalige Bürgermeister deutlich gemacht habe, dass „an den Holznutzungsrechten nicht gerüttelt wird“. Aus dem Sitzungsprotokoll der Gemeinderatssitzung vom 21. März 2013 gehe hervor, dass eine Nutzung des Gemeindewalds durch die Rechtler wohl seit langem bekannt sei. Das Forstbetriebsgutachten vom 18. Juli 1990 könne keinesfalls als Beweis herangezogen werden, da unklar sei, wie es zu diesem Schluss gekommen sei. In dem „Waldstandsrevisionsoperat“ heiße es, dass „der Ortsgemeindewald R. unbelastet sei“. Die Einnahmen aus ihm stünden den nutzungsberechtigten Anwesen Haus Nr. 1, 3, 4, 5, 6 mit je einem Nutzungsanteil und Haus Nr. 2 mit 2 Nutzungsanteilen ungeschmälert zur Verfügung. Haus Nr. 1 ½ partizipiere an den Einnahmen nicht. Es sei damit nachgewiesen, dass die Rechtlergemeinschaft vor 1922 existiert habe und die Berechtigungen vorhanden gewesen seien.

Die Bewirtschaftung des Gemeindewaldes sei durch die Rechtler ausgeübt worden. Der Nachweis der Nutzung um das Jahr 1922 könne selbstverständlich nicht mehr durch Zeitzeugen geschehen. Frühestmögliche persönliche Zeugenaussagen könnten erst ab dem Jahr 1935 gemacht werden. Die Versorgung ortsansässiger Bürger mit Brennholz habe zu den normalen Lebensumständen gezählt. Brennholz sei nicht nur zur Versorgung der Häuser, sondern in großen Mengen von den Landwirten auch zur energieintensiven Trocknung des Hopfens benötigt worden. Die Kassation von Nutzungsrechten würde dem Willen des Bayerischen Staatsministeriums des Innern widersprechen, wonach eine Ablösung vorzuziehen sei. Die vorliegenden Rechte seien sowohl im Urkataster als auch im Grundbuch der Rechtler eingetragen. Für altrechtliche Dienstbarkeiten habe keine Eintragungspflicht bestanden. Sie hätten aber in das Grundbuch eingetragen werden können. Die Eintragung hätte grundbuchamtlich den Nachweis des Bestehens der Dienstbarkeit verlangt. Daher habe bei der Eintragung in das Grundbuch der Nachweis des Bestehens dieser Rechte geprüft werden müssen. Altrechtliche Dienstbarkeiten würden erst durch zehnjährige Nichtausübung erlöschen. Die Rechtler hätten jährlich Arbeiten am und im Wald verrichtet.

Der Gemeindewald könne nur sinnvoll und nachhaltig bewirtschaftet werden, wenn in größeren Zeitabständen Langholz geschlagen und Teilflächen neu aufgeforstet würden. Die Hiebsreife liege üblicherweise bei der damals vorherrschenden Fichtenpflanzung bei einem Zeitraum von etwa 80 Jahren. Der Hieb eines Teils dieser Fläche, welcher Anstoß für die gerichtlichen Verfahren sei, betreffe eine Fläche von rund 0,5 ha. Er sei aus Sicht des Beklagten und der übrigen Rechtler notwendig geworden, weil ein als Schutzwald auf der Wetterseite vorgelagertes privates Waldstück zuvor gerodet worden sei. Die entnommenen Bäume seien hiebsreif gewesen und im Zeitraum zwischen 1910 und 1930 gepflanzt worden. Im Jahr 1995 sei es zur Rodung einer Fläche von etwa 300 m2 gekommen, da Borkenkäferbefall vorgelegen habe. Diese Waldfläche sei im Anschluss von den Rechtlern aufgeforstet worden. Die letzte Rodung vor diesem Zeitpunkt habe im Jahr 1962 stattgefunden. Im Jahr 1937 sei eine größere Aufforstung erfolgt.

Traditionell finde am Drei-Königs-Tag das jährliche Treffen der Rechtler statt. Beim gemeinsamen Arbeitseinsatz stelle jeder Hof gemäß seinem Anteil eine Arbeitskraft zur Verfügung. Es kämen in der Regel auch Maschinen zum Einsatz, die von den Rechtlern zur Verfügung gestellt würden. Neben dem einbehaltenen Brennholz würden aus dem Erlös des Holzverkaufs z. B. auch Feldwege saniert und Straßengräben gereinigt. Die Verwendung der Einnahmen werde in der Rechtlerversammlung besprochen. Die Nutzungsrechte seien in der Vergangenheit niemals bestritten worden. Es sei auch keine Einflussnahme der Klägerin bekannt. Ein Kassenbuch belege fortlaufend den Kassenstand von 1963 bis Januar 2002. Die Eintragungen machten deutlich, dass die Rechtlergemeinschaft sowohl die Pflege des Waldgrundstücks übernommen habe, als auch die finanziellen Belange der Ortsgemeinde unterstütze. Der streitgegenständliche Gemeindewald sei mindestens seit dem Jahr 1863 im Eigentum der Gemeinde P. und ab 1972 im Eigentum der Klägerin. Die Nutzungsrechte seien durch die Rechtler seit jeher in Eigenverantwortung ohne jegliche Einflussnahme von außen ausgeübt worden. Das Grundstück sei irgendwann vor 1960 in das Grundbuch der Gemeinde P. eingetragen worden. Allerdings sei dieses mindestens seit 1863 faktisch im Eigentum der Gemeinde gestanden.

Hinsichtlich weiterer Einzelheiten wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze, die vorgelegten Behördenunterlagen und die Sitzungsniederschrift über die mündliche Verhandlung Bezug genommen. Die Gerichtsakten der Verfahren beim Landgericht Regensburg (Az. 6 O 959/12 (2)) und beim Oberlandesgericht Nürnberg (Az. 4 U 2408/12) wurden beigezogen.

Gründe

Die Klage auf Feststellung des Nichtbestehens eines öffentlich-rechtlichen Nutzungsrechts des Beklagten an dem Grundstück Flnr. 1159 der Gemarkung ... hat Erfolg, da sich dieser weder auf ein Titelrecht berufen kann noch zur Überzeugung des Gerichts darlegen konnte, dass ein öffentlich-rechtliches Holznutzungsherkommensrecht seit dem 18. Januar 1922 ununterbrochen kraft Rechtsüberzeugung auch der Klägerin ausgeübt wurde. Ob privatrechtliche Nutzungsrechte des Beklagten an diesem Grundstück bestehen, hatte das Gericht nicht zu entscheiden.

1. Der Verwaltungsrechtsweg ist eröffnet, § 40 Abs. 1 Satz 1 VwGO.

Das Vorliegen einer öffentlich-rechtlichen Streitigkeit richtet sich nach dem zugrunde liegenden Rechtsverhältnis. Nutzungsrechte am gemeindlichen Vermögen können sowohl privatrechtlicher als auch öffentlich-rechtlicher Natur sein. Sie sind privatrechtlicher Natur, wenn sie sich auf einen Privatrechtstitel - wie etwa Pachtvertrag, Leihvertrag, Nießbrauch, Reallast - gründen und von dem Verhältnis, in dem der Berechtigte zu der Gemeinde steht, unabhängig sind. Sie sind öffentlich-rechtlicher Natur, wenn sie im Gemeindeverband wurzeln und ihre Grundlagen in öffentlich-rechtlichen Beziehungen der Nutzungsberechtigten zur Gemeinde haben. Für ein öffentlich-rechtliches Nutzungsrecht spricht hier, dass von einer größeren Anzahl von Eigentümern bestimmter Anwesen ein ähnliches Nutzungsrecht in Anspruch genommen wird. Eine privatrechtliche Natur ist dagegen anzunehmen, wenn das Recht völlig losgelöst vom Verhältnis des oder der „Rechtler“ zur Dorfgemeinschaft und damit zum Gemeindeverband existiert und die Rechtler nicht in ihrer Eigenschaft als Gemeindeeinwohner, sondern als beliebige Privatpersonen von der Gemeinde Nutzungen beanspruchen.

Im vorliegenden Fall berufen sich neben dem Beklagten die Eigentümer fünf weiterer Anwesen des Ortsteils R. darauf, Mitglieder einer „Rechtlergemeinschaft“ zu sein, denen ein öffentlich-rechtliches Holznutzungsrecht an dem streitgegenständlichen Grundstück zustehe. Der Beklagte hat sich im zivilgerichtlichen Verfahren zuletzt auf das Bestehen eines öffentlichen Nutzungsrechts im Sinne des Art. 80 GO - insbesondere auf ein Herkommensrecht - berufen. Soweit der Beklagte auf eine Eintragung des Nutzungsrechts im Grundbuch hinweist, ergibt sich hieraus nicht zwingend die privatrechtliche Natur des Rechts. Zwar dürfen nur privatrechtliche Nutzungsrechte in das Grundbuch eingetragen werden. Allerdings sind in Bayern regelmäßig bei Anlegung des Grundbuchs, ungeachtet der Rechtsnatur, Gemeinderechte beim berechtigten Grundstück vorgetragen worden. Eine Vermutung für die privatrechtliche oder für die öffentlich-rechtliche Natur von Nutzungsrechten ergibt sich deshalb aus der Grundbucheintragung nicht. Dies bedeutet, dass vorliegend das Bestehen eines öffentlich-rechtlichen Holznutzungsrechts nicht von vornherein ausgeschlossen werden kann, was für die Begründung des Verwaltungsrechtswegs ausreichend ist. Allerdings besagt dies nicht, dass nur ein solches in Betracht kommt. Es erscheint vielmehr nicht ausgeschlossen, dass sich die „Rechtler“ auf einen privatrechtlichen Titel berufen können. Zu einer Entscheidung hierüber ist jedoch nicht das Verwaltungsgericht berufen.

2. Statthafte Klageart für die Feststellung des Nichtbestehens eines öffentlichen Holznutzungsrechts ist die (negative) Feststellungsklage gemäß § 43 Abs. 1 VwGO, da mit dieser unter anderem die Feststellung des Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses begehrt werden kann. Ein öffentliches Nutzungsrecht ist ein solches Rechtsverhältnis, da es die Rechtsbeziehungen zwischen einer Gemeinde und den jeweiligen Nutzungsberechtigten betrifft. Diese Klage ist auch nicht gegenüber einer Gestaltungs- oder Leistungsklage subsidiär, vgl. § 43 Abs. 2 Satz 1 VwGO. Weder begehrt die Klägerin eine hoheitliche Leistung des Beklagten noch bekämpft sie eine hoheitliche Eingriffsmaßnahme des Beklagten. Da das Bestehen des Nutzungsrechts zwischen den Parteien im Streit steht und der Beklagte die Herausgabe durch den Holzeinschlag erzielter Erlöse verweigerte, hat die Klägerin ein berechtigtes Interesse an der begehrten Feststellung.

3. Die Klage auf Feststellung des Nichtbestehens eines öffentlich-rechtlichen Holznutzungsrechts an dem oben genannten Grundstück ist begründet, weil dem Beklagten kein öffentlich-rechtliches Holznutzungsrecht zusteht. Gemäß Art. 80 Abs. 2 Satz 1 GO sind (öffentliche) Nutzungsrechte nur begründet, wenn ein besonderer Rechtstitel vorhanden ist (sog. Titelrechte) oder wenn das Recht mindestens seit dem 18. Januar 1922 ununterbrochen kraft Rechtsüberzeugung ausgeübt wird (sog. Herkommensrechte). Auf das Vorliegen solcher Rechte kann sich der Beklagte nicht berufen.

a. Dem Beklagten steht kein Titelrecht zu. Entsprechende Titel liegen nicht vor.

Besondere Rechtstitel sind bestimmte, das Recht begründende und nicht nur beschreibende, sondern festigende Tatsachen, z. B. landesherrliche Verordnungen, Gemeindeordnungen, öffentlich-rechtliche Vergleiche oder Verträge zwischen der Gemeinde und den Rechtlern, wenn darin das Nutzungsrecht verliehen, eingeräumt oder im Hinblick auf eine vorher bestehende Rechtsunsicherheit ausdrücklich anerkannt wird. Die auf besonderen Rechtstiteln beruhenden Nutzungsrechte müssen nicht - wie die sog. Herkommensrechte - ununterbrochen ausgeübt worden sein. Sie verjähren aber nach den allgemeinen Vorschriften (vgl. BayVGH vom 22.2.1957, VGH n. F. 15, 106/109). Außerdem müssen diese Rechtstitel aus der Zeit vor dem Gemeindeedikt von 1818 stammen, weil Gemeindenutzungsrechte danach nicht mehr neu begründet werden durften (vgl. BayVGH vom 22.2.1957 a. a. O.).

Die in den 1830-iger Jahren gefertigten Protokolle über die Liquidation des Besitzstandes und der Dominikalien stellen keine Rechtstitel dar. Keine Rechtstitelrechte sind nämlich Beschreibungen und Aufzeichnungen, die nichts rechtsverbindlich festlegen, sondern nur ohne weitere Prüfung bestehende Zustände wiedergeben wollen. Darunter fallen Einträge und Beschreibungen in den Steuerliquidationsprotokollen und Katastern des 19. Jahrhunderts (vgl. VG Regensburg vom 31.7.2002 Az. RO 3 K 01.352). Fasionen und Eintragungen in Häuser- und Rustikal-Steuerkatastern sind ebenfalls keine Rechtstitel für das Bestehen von Gemeindenutzungsrechten (vgl. BayVGH vom 6.4.2004 Az. 4 ZB 02.2162).

Aus einer Eintragung im Grundbuch folgt weder ein besonderer Rechtstitel (vgl. BayVGH vom 6.4.2004 a. a. O. m. w. N.) noch beweist sie die privatrechtliche Natur eines Nutzungsrechts. Aus ihr ergibt sich lediglich, dass bei Anlegung des Grundbuchs für ein berechtigtes Anwesen ein Nutzungsrecht in Anspruch genommen wurde. Die Eintragung besagt nichts über den derzeitigen Bestand des Rechts (vgl. Prandl/Zimmermann/Büchner, Kommunalrecht in Bayern, 10.80, Nr. 7). Der öffentliche Glaube des Grundbuchs erstreckt sich auch nicht auf öffentliche Nutzungsrechte. Eine etwaige Grundbucheintragung hätte im Hinblick auf öffentliche Nutzungsrechte allenfalls beschreibende und nicht rechtsbegründende Funktion (vgl. BayVGH vom 6.4.2004 a. a. O. m. w. N.).

b. Der Beklagte kann sich auch nicht auf ein Herkommensrecht berufen. Er konnte nicht zur Überzeugung des Gerichts darlegen, dass ein Holznutzungsrecht an dem streitgegenständlichen Grundstück seit dem 18. Januar 1922 ununterbrochen kraft Rechtsüberzeugung nicht nur der Rechtler, sondern auch der Gemeinde ausgeübt wird. Es steht nicht zur Überzeugung des Gerichts fest, dass sich eine entsprechende Rechtsüberzeugung alsbald nach der Eingemeindung der Gemeinde P. in die Klägerin am 1. Januar 1972 bei dieser bildete und seither fortbesteht, so dass jedenfalls von einem Erlöschen des Rechts in Folge der Eingemeindung auszugehen ist, sofern es davor überhaupt bestanden haben sollte. Bleibt die Rechtsüberzeugung der Klägerin unerweislich, trifft insoweit die materielle Beweislast den Beklagten.

Notwendige Voraussetzung für das Vorhandensein eines öffentlich-rechtlichen Nutzungsrechts kraft Herkommens ist die Ausübung des Rechts kraft Rechtsüberzeugung aller an dem Rechtsverhältnis Beteiligten. Wird das Nutzungsrecht über einen längeren Zeitraum nicht ausgeübt und geht die Rechtsüberzeugung verloren, so erlischt es. Es reicht nicht aus, wenn nur die „Rechtler“ die Rechtsüberzeugung vom Bestehen des Rechts haben. Zusätzlich ist zwingend erforderlich, dass die Rechtsüberzeugung vom Bestehen des Nutzungsrechts auch ununterbrochen auf Seiten der Gemeinde besteht. Deshalb kommt es auch nicht darauf an, dass Holznutzungsrechte bei Hofübergaben von Rechtlern mitübertragen wurden. Wie oben dargelegt, besagt eine Grundbucheintragung nichts über den Bestand eines öffentlichen Nutzungsrechts. Außerdem kann die Praxis bei Hofübergaben zwar möglicherweise die Rechtsüberzeugung der „Rechtler“ belegen, nicht aber diejenige der Klägerin.

Beim Übergang eines mit einem Herkommensrecht belasteten Gemeindegrundstücks von einer aufgelösten Gemeinde auf eine aufnehmende Gemeinde, z. B. im Zuge einer Gemeindegebietsreform, muss sich die Rechtsüberzeugung über das Bestehen des Nutzungsrechts bei den zuständigen Organen der aufnehmenden Gemeinde bei oder alsbald nach dem Rechtsübergang bilden. Ist dies nicht der Fall, erlischt das Nutzungsrecht infolge der Eingemeindung. Ein deutlicher Anhaltspunkt für das Erlöschen eines Herkommensrechts ist, dass weder die Organe der aufgelösten Gemeinde noch die Rechtler selbst die zuständigen Organe der aufnehmenden Gemeinde über das Bestehen des Herkunftsrechts in Kenntnis gesetzt haben (vgl. BayVGH vom 13.1.1999 Az. 4 ZB 97.2940).

Für das verwaltungsgerichtliche Verfahren gibt es keine starren Beweisregeln. Allerdings kann auch im Verwaltungsprozess verlangt werden, dass ein Prozessbeteiligter konkrete Tatsachen vorträgt und, soweit ihm möglich und zumutbar, konkrete Nachweise für seine Behauptungen vorlegt. Dies gilt auch in dem vom Untersuchungsgrundsatz beherrschten Verwaltungsprozess, der nicht uneingeschränkt gilt. Vielmehr sind der verwaltungsgerichtlichen Aufklärungspflicht Grenzen durch die Mitwirkungspflicht der Prozessparteien gesetzt. Die Unaufklärbarkeit bestimmter rechtserheblicher Umstände, die trotz Ausschöpfung der gerichtlichen Amtsermittlungspflicht verbleibt, geht nach den Regeln der materiellen Beweislast zulasten des aus dieser günstige Rechtsfolgen herleitenden Beteiligten, wenn nicht zumindest relevante Indizien für das behauptete Recht sprechen. Über das Vorliegen von Indizien und über deren Wertung hat das Gericht nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung zu entscheiden, vgl. § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO.

Das Gericht geht in freier Beweiswürdigung davon aus, dass bereits bei der Gemeinde P., der Rechtsvorgängerin der Klägerin, Zweifel hinsichtlich des von dem Beklagten beanspruchten Holznutzungsrechts bestanden. Soweit sich der Beklagte auf ein zuerst beim OLG Nürnberg vorgelegtes Schreiben des damaligen Bürgermeisters der Gemeinde P. vom 16. Dezember 1935 an das Bezirksamt Mainburg bezieht, dessen Original sich im Staatsarchiv auf der Burg Trausnitz in Landshut befinden soll, enthält dieses einen klaren Hinweis darauf, dass die Gemeinde P. das Bestehen eines Holznutzungsrechts bezweifelte und damals keine Überzeugung des Bestehens entsprechender Rechte hatte. Anders lässt sich die Wertung des damaligen Bürgermeisters, dass eine Erlaubnis für den Holzeinschlag in den beiden Ortsgemeinden nicht ohne weiteres erteilt werden wolle, nicht erklären.

Außerdem steht es nicht zur Überzeugung des Gerichts fest, dass sich bei der Klägerin alsbald nach der Eingemeindung der Gemeinde P. am 1. Januar 1972 die Rechtsüberzeugung bildete, dass auf dem Grundstück Flnr. 1159 das von dem Beklagten geltend gemachte Nutzungsrecht besteht. Selbst wenn ein solches bis zur Eingemeindung bestanden haben sollte - wovon die Kammer nicht überzeugt ist - wäre es deshalb jedenfalls infolge der Eingemeindung mangels fortbestehender Rechtsüberzeugung auch der Gemeinde erloschen. Maßgeblich für das Bestehen einer solchen Rechtsüberzeugung der Gemeinde sind die Umstände der Eingemeindung der ehemaligen Gemeinde P. in die Klägerin und insbesondere die Regelungen einer Eingemeindungsvereinbarung. Der Vereinbarung für die Eingliederung der Gemeinden O. und P. in die Gemeinde Attenhofen vom 16., 18. und 19. Oktober 1971 lassen sich jedoch keine Vereinbarungen zu öffentlich-rechtlichen Nutzungsrechten entnehmen.

Weitere Unterlagen aus der Zeit der Eingemeindung, aus denen sich eine solche Rechtsüberzeugung der Klägerin ergeben könnte, liegen nicht vor. Bei einer kleinen Gemeinde wie P. und einem noch kleineren Ortsteil wie R. wäre es jedoch nach den Erfahrungen des Gerichts nahe gelegen, dass die - angeblichen - Inhaber eines Nutzungsrechts vor der Eingemeindung oder zumindest in engem zeitlichen Zusammenhang mit der Umgemeindung auf die Anerkennung des Nutzungsrechts durch die aufnehmende Gemeinde hinwirken, um ihr Nutzungsrecht gegenüber der neuen Gemeinde abzusichern. Es ist bereits weder belegt noch für das Gericht auf sonstige Weise erkennbar, dass die zuständigen Organe der Gemeinde P. und/oder die „Rechtler“ die Klägerin im Zusammenhang mit der Eingemeindung oder alsbald danach von dem Bestehen eines Nutzungsrechts in Kenntnis gesetzt haben. Werden keine das oder die gemeindlichen Grundstücke betreffende Akten oder Unterlagen im Zuge der Eingemeindung übergeben, kann sich keine entsprechende Rechtsüberzeugung der übernehmenden Gemeinde vom Bestehen von Nutzungsrechten auf diesen Grundstücken bilden (vgl. Masson/Samper, GO, Art. 80, Rdnr. 14b; BayVGH vom 13.1.1999 a. a. O.).

Es ist für das Gericht nicht erkennbar, dass der Gemeinderat der Klägerin - als zuständiges Gremium - vor oder alsbald nach dem 1. Januar 1972 die Rechtsüberzeugung des Bestehens eines Holznutzungsrechts ausdrücklich oder zumindest konkludent zum Ausdruck gebracht hätte. Nach dem unbestrittenen Vortrag der Klägerin in der mündlichen Verhandlung wurden weder Beschlüsse des Gemeinderats gefunden, die sich mit den Nutzungsrechten befassen, noch befasste sich der Gemeinderat ausweislich der Niederschriften mit diesen. Auch der Beklagte erklärte, er habe keine Anhaltspunkte dafür, dass die gegenständlichen Holznutzungsrechte seit 1922 - also bereits lange vor der Eingemeindung - im Gemeinderat behandelt worden seien. Es kommt vor diesem Hintergrund nicht darauf an, dass eine tatsächliche Nutzung - die durch die Ablichtung des Kassenbuchs der Rechtler zumindest für die Jahre 1963 bis 2002 belegt wurde - nicht durch die Klägerin unterbunden wurde. Unterlassen, tatsächliche Hinnahme und Dulden stellen keine Rechtsüberzeugung der Klägerin dar.

Eine entsprechende Rechtsüberzeugung der Klägerin wird auch nicht durch das Kassenbuch der „Rechtler“ der Jahre 1963 bis 2002 belegt. Dieses ist allenfalls geeignet, eine tatsächliche Ausübung durch die „Rechtler“ und deren Rechtsüberzeugung in diesen Jahren zu belegen. Nach dem unbestrittenen Vorbringen der Klägerin in der mündlichen Verhandlung wurde ihr das Kassenbuch nie vorgelegt. Daher hat der Gemeinderat der Klägerin nicht auf diesem Weg fortlaufend Kenntnis vom Einnahme- und Ausgabeverhalten der Rechtler aus der Waldbewirtschaftung erlangt, so dass sich eine Rechtsüberzeugung vom Bestehen der Holznutzungsrechte hätte bilden bzw. festigen können. Eine solche Rechtsüberzeugung wird auch nicht dadurch nachgewiesen, dass nach dem Kassenbuch (Seite 19) im Jahr 1998 eine Förderung des Freistaats Bayern für waldbauliche Maßnahmen an die „Rechtler“ ausgezahlt worden sein soll. Dies kann allenfalls belegen, dass der Freistaat Bayern von einer entsprechenden Berechtigung ausging. Die Förderung ist aber nicht geeignet, eine entsprechende Überzeugung der Klägerin nachzuweisen. Soweit auf einen Erlös von 15.042,95 DM aus dem Verkauf von Käferholz hingewiesen wird (Seite 17 des Kassenbuchs), ist bereits nicht nachgewiesen, dass die Klägerin hiervon Kenntnis erlangt hat. Der Vortrag des Beklagten geht über eine Vermutung nicht hinaus. Dem steht der unbestrittene Vortrag entgegen, dass das Kassenbuch nicht vorgelegt wurde. Schließlich steht die Zahlung von 1.800 DM für die Errichtung von Bushäuschen (Seite 16 des Kassenbuchs) in keinem Zusammenhang mit dem behaupteten Recht. Auch Berichte des Staatlichen Forstamts, z. B. das „Waldstandsrevisionsoperat vom Jahre 1929 für den Ortsgemeindewald R.“, können bereits aus zeitlichen Gründen keinen Beleg für eine durchgängige Rechtsüberzeugung der Klägerin ab dem Jahr 1972 liefern. Außerdem ist das Staatliche Forstamt keine Behörde der Klägerin.

Eine Rechtsüberzeugung der Klägerin ergibt sich ferner nicht daraus, dass in der Gemeinderatssitzung vom 21. März 2013 „Meinungen“ laut geworden sein sollen, dass „doch vermutlich bekannt ist, dass die Gemeindewaldungen durch die Ortschaften genutzt bzw. bewirtschaftet wurden“ (TOP 5.1). Zum einen handelt es sich hierbei um „Meinungen“ einzelner Mitglieder des Gemeinderats, nicht erkennbar um die Auffassung der Mehrheit des Gremiums. Zum anderen kommt es entscheidend - wie oben dargelegt - nicht auf die Frage der tatsächlichen Nutzung und Bewirtschaftung, sondern auf die Rechtsüberzeugung auch der Klägerin vom Bestehen des Rechts an.

Vergleichbares gilt hinsichtlich des Vorbringens, dass der damalige Bürgermeister der Klägerin „irgendwann in den Jahren 1980-1985 schon einmal im Gemeinderat von Attenhofen“ deutlich gemacht haben solle, dass „an den Holznutzungsrechten nicht gerüttelt wird“. Auch hieraus lässt sich, abgesehen von der Ungenauigkeit dieser Angabe, keine Rechtsüberzeugung des Gemeinderats entnehmen, dass das konkrete Nutzungsrecht an diesem Grundstück besteht. Bei einer kleinen Gemeinde in der Größenordnung der Klägerin handelt es sich bei der Bildung und bei der Aufrechterhaltung der Rechtsüberzeugung, dass auf einem ihr gehörenden Waldgrundstück eine Rechtlergemeinschaft ein Holznutzungsrecht ausüben darf, nicht um ein Alltagsgeschäft der laufenden Gemeindeverwaltung, für das der Erste Bürgermeister (Art. 37 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 GO) zuständig ist, sondern um ein Geschäft, für das der Gemeinderat das zuständige Gemeindeorgan ist, Art. 29 Abs. 1 GO.

Der Gemeinderat müsste die Rechtsüberzeugung vom Bestehen des öffentlichen Herkommensrechts auch fortgesetzt über die Jahre gehabt haben, wofür weder der Beklagte Anhaltspunkte geliefert oder genannt hat, noch sich solche für das Gericht ergeben. Der Gemeinderat entscheidet grundsätzlich in Sitzungen (Art. 47 Abs. 1 GO) durch mehrheitliche Beschlüsse (Art. 51 Abs. 1 Satz 1 GO). Weder sind solche Beschlüsse über das Fortbestehen des Rechts ersichtlich, noch ist auf andere Weise zu erkennen, dass die Mehrheit des Gemeinderats in Sitzungen des Gemeinderats stillschweigend und billigend vom Fortbestand des Herkommensrechts ausgegangen wäre. Beispielsweise ist nicht ersichtlich, dass dem Gemeinderat fortlaufend von der Rechtlergemeinschaft mit dem Forstamt abgestimmte Bewirtschaftungspläne oder Gewinnverwendungsabsichten vorgelegt und von diesem unbeanstandet zur Kenntnis genommen worden wären.

Zwar ist entsprechend dem Vortrag des Beklagten zutreffend, dass die Bekanntmachung des Bayerischen Staatsministeriums des Innern vom 12. August 2006 (Az. IB3-1514.34-2), geändert durch die Bekanntmachung vom 13. Juni 2006 (AllMBl S. 206), eine Ablösung öffentlich-rechtlicher Nutzungsrechte am Gemeindevermögen gegen eine angemessene Entschädigung vorsieht. Eine Ablösung setzt jedoch voraus, dass diese Nutzungsrechte bestehen. Von einer „Kassation von Nutzungsrechten“ kann in den Fällen, in denen ihre Existenz nicht nachgewiesen ist, nicht die Rede sein.

Die Kostentragungspflicht des Beklagten ergibt sich aus § 154 Abs. 1 VwGO.

Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung folgt aus § 167 VwGO i. V. m. § 708 Nr. 11 ZPO.

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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:1.Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;2.Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;3.Urteile, dur

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs. (2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungskl
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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:1.Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;2.Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;3.Urteile, dur

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs. (2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungskl

Annotations

(1) Durch Klage kann die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses oder der Nichtigkeit eines Verwaltungsakts begehrt werden, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung hat (Feststellungsklage).

(2) Die Feststellung kann nicht begehrt werden, soweit der Kläger seine Rechte durch Gestaltungs- oder Leistungsklage verfolgen kann oder hätte verfolgen können. Dies gilt nicht, wenn die Feststellung der Nichtigkeit eines Verwaltungsakts begehrt wird.

(1) Der Verwaltungsrechtsweg ist in allen öffentlich-rechtlichen Streitigkeiten nichtverfassungsrechtlicher Art gegeben, soweit die Streitigkeiten nicht durch Bundesgesetz einem anderen Gericht ausdrücklich zugewiesen sind. Öffentlich-rechtliche Streitigkeiten auf dem Gebiet des Landesrechts können einem anderen Gericht auch durch Landesgesetz zugewiesen werden.

(2) Für vermögensrechtliche Ansprüche aus Aufopferung für das gemeine Wohl und aus öffentlich-rechtlicher Verwahrung sowie für Schadensersatzansprüche aus der Verletzung öffentlich-rechtlicher Pflichten, die nicht auf einem öffentlich-rechtlichen Vertrag beruhen, ist der ordentliche Rechtsweg gegeben; dies gilt nicht für Streitigkeiten über das Bestehen und die Höhe eines Ausgleichsanspruchs im Rahmen des Artikels 14 Abs. 1 Satz 2 des Grundgesetzes. Die besonderen Vorschriften des Beamtenrechts sowie über den Rechtsweg bei Ausgleich von Vermögensnachteilen wegen Rücknahme rechtswidriger Verwaltungsakte bleiben unberührt.

(1) Durch Klage kann die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses oder der Nichtigkeit eines Verwaltungsakts begehrt werden, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung hat (Feststellungsklage).

(2) Die Feststellung kann nicht begehrt werden, soweit der Kläger seine Rechte durch Gestaltungs- oder Leistungsklage verfolgen kann oder hätte verfolgen können. Dies gilt nicht, wenn die Feststellung der Nichtigkeit eines Verwaltungsakts begehrt wird.

(1) Das Gericht entscheidet nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung. In dem Urteil sind die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind.

(2) Das Urteil darf nur auf Tatsachen und Beweisergebnisse gestützt werden, zu denen die Beteiligten sich äußern konnten.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.