Verwaltungsgericht Regensburg Beschluss, 16. März 2018 - RO 8 S 17.2161

published on 16/03/2018 00:00
Verwaltungsgericht Regensburg Beschluss, 16. März 2018 - RO 8 S 17.2161
Urteilsbesprechung zu {{shorttitle}}
Referenzen - Gesetze
Referenzen - Urteile

Gericht

There are no judges assigned to this case currently.
addJudgesHint

Tenor

I. Die aufschiebende Wirkung der Anfechtungsklage

gegen Ziffer 1 und 2 des Bescheids des Landratsamtes A.-S.vom 29. November 2017 wird wiederhergestellt.

II. Der Antragsgegner trägt die Kosten des Verfahrens.

III. Der Streitwert wird auf 5.000 € festgesetzt.

Gründe

I.

Der Antragsteller wendet sich im Wege des einstweiligen Rechtschutzes gegen die Entziehung seiner Fahrerlaubnis durch das Landratsamt (LRA) A.-S.

Der am 21.-12.1994 geborene Antragsteller war zuletzt Inhaber einer Fahrerlaubnis zum Führen von Fahrzeugen der Klassen B und C1 (inklusive Unterklassen). Mit Schreiben vom 7.9. 2017 legte die Polizeiinspektion H. dem LRA A-S. zwei polizeiliche -Aktenvermerke-vor. Aus-den Aktenvermerken ergibt sich u.a., dass eine Streifenbesatzung „am 24.8.2017 um 2.00 Uhr nach Hersbruck in den Rosengarten beordert wurde. Der Zeuge, der die Polizei verständigt habe, habe angegeben, dass der Antragsteller Rauschgift konsumiert habe und kurze Zeit später halluziniert davon gelaufen sei. Der Antragsteller sei dann - von.der Streifenbesatzung in der A. Straße angetroffen worden und habe einen sehr verwirrten Eindruck gemacht, Er habe laut Angaben des Zeugen und seinen eigenen Angaben eine Tablette LSD eingenommen. Der Antragsteller sei dann mit dem Rettungswagen ins Krankenhaus Hersbruck verbracht worden. Nachdem er im Krankenhaus randaliert habe, sei er medikamentös ruhiggestellt worden. Eine Unterbringung des Antragstellers in einer .geschlossenen Abteilung eines psychiatrischen Krankenhauses sei zunächst geplant gewesen. Es habe dann aber weder eine Unterbringung im Klinikum Nürnberg Nord noch eine Unterbringung im Klinikum Am Europakanal erfolgen können, so dass der Kläger schließlich wieder in das Krankenhaus Hersbruck zurückgebracht worden sei.

Mit Schreiben des LRA A-S. vom 13.9.2016 wurde der Antragsteller aufgefordert, zur Ausräumung der aufgetretenen Zweifel an seiner Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen bis zum 15.11.2017 ein ärztliches Gutachten einer amtlich anerkannten Begutachtungssteile für Fahreignung zu folgender Fragestellung vorzulegen: „Nimmt oder nahm Herr S. Betäubungsmittel im Sinne des BtMG oder andere psychoaktiv wirkende Stoffe im Sinne des StVG ein, die die Fahreignung nach Anlage 4 FeV in Frage stellen?“ Die Gutachtensanordnung wurde auf § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 FeV i.V.m. § 46 Abs. 3 FeV gestützt.

In dem daraufhin vorgelegten verkehrsmedizinischen Gutachten der A. GmbH Nürnberg (Facharzt für Innere Medizin Dr. W. E.), das vom 7.11.2017 datiert (Untersuchung am 30.10.2017) wird zur Drogenanamnese u.a. ausgeführt (Gutachten S. 9 f.): Der Antragsteller habe zum Vorfall am 24.8.2017 angegeben, dass er auf einer Geburtstagsfeier eines Freundes gewesen sei, Freunde hätten 1P-LSD dabei gehabt. Das sei legal zu erwerben und wirke wie LSD. Es sei ein kleines Pappestück gewesen, das man lutsche. Er habe es genommen und zunächst keine Wirkung gespürt, dann aber ein „total schlechtes Gefühl“ und Angst bekommen und sich nicht mehr ausgekannt. In der Akutsituation habe er unzutreffender Weise angegeben, das Mittel schon mehrfach genommen zu haben. Erstmals an Silvester 2014/2015 habe er Cannabis konsumiert. In der Folgezeit habe er Cannabis nur bei besonderen Anlässen maximal zwei Mal im Monat konsumiert. Vollständiger Drogenverzicht bestehe seit dem 24.8.2017, dem Tag des aktenkundigen Ereignisses. Er könne schwer sagen, ob er zukünftig eventuell wieder mal Cannabis mitrauchen werde. Ein Mischkonsum mit Alkohol habe nicht stattgefunden. Er trinke allgemein keinen Alkohol, da er auf seine Fitness achte. Er trinke allenfalls ca. zwei Mal im Jahr ein bis zwei Bier (0,5 I) in Gesellschaft. Im Rahmen der zusammenfassenden Befundwürdigung (Gutachten S. 11 f.) wird u.a. festgehalten, dass 1P-LSD eine psychedelisch wirkende, psychotrope Substanz und For-schungschemikalie sei. Es sei ein Analogon von LSD und ein Homolog von ALD-52. In Deutschland unterliege AL-LAD nicht dem BtMG, sei also bisher noch nicht illegal. Die beiden im Rahmen der medizinischen Untersuchung - entsprechend den aktuell gültigen Beurteilungskriterien - unvorhergesehen und unter Sicht abgegebenen Urinproben hätten keinen Hinweis auf Drogen ergeben. Als Gutachtensergebnis (Gutachten S, 13) wird festgehalten, dass „der Antragsteller in der Vergangenheit gelegentlich Cannabis und damit ein Betäubungsmittel im Sinne des BtMG eingenommen habe, sowie zumindest einmalig auch 1P-LSD und somit einen anderen psychoaktiv wirkenden Stoff im Sinne des StVG, der die Fahreignung nach Anlage 4 FeV in Frage stelle. Für eine fortgesetzte bzw. aktuelle Einnahme von Betäubungsmitteln im Sinne des BtMG oder anderer psychoaktiv wirkender Stoffe im Sinne des StVG, die die Fahreignung nach Anlage 4 FeV in Frage stellten, habe sich kein Anhalt ergeben.

Nach vorheriger Anhörung wurde dem Antragsteller mit Bescheid des LRA A-S. vom 29.11.2017 die Fahrerlaubnis aller Klassen entzogen (Ziffer 1) und die Ablieferung des Führerscheins innerhalb von sieben Tagen ab Zugang dieses Bescheids angeordnet (Ziffer 2). Für den Fall, dass der in Ziffer 2 angeordneten Verpflichtung nicht innerhalb von sieben Tagen ab Zugang dieses Bescheids Folge geleistet wird, wurde ein Zwangsgeld in Höhe von 800 € angedroht (Ziffer 3). Die sofortige Vollziehung von Ziffern 1 und 2 des Bescheids wurde angeordnet (Ziffer 4). Zur Begründung wird u.a. ausgeführt, dass der Antragsteller seine Fahreignung verloren habe, weil die Tatbestandsvoraussetzungen von Nr. 9.,2.2 der Anlage 4 zur FeV erfüllt seien. Der Antragsteller konsumiere gelegentlich Cannabis. Außerdem habe er im Sinne von Nr. 9.2.2 der Anlage 4 zur FeV zusätzlich psychoaktiv wirkende Stoffe gebraucht, weil er bei einer Geburtstagsfeier 1P-LSD konsumiert habe. Im Übrigen wird auf die Begründung des Bescheids Bezug genommen.

Mit dem am 15,12.2017 beim Verwaltungsgericht Regensburg eingegangenen Schriftsätzen seiner Bevollmächtigten ließ der Antragsteller gegen den Bescheid des LRA A.-S. Klage erheben (Az. RO 8 K 17.2162) und außerdem um vorläufigen Rechtsschutz nachsuchen. Zur Begründung wird insbesondere vorgebracht: Ein Mischkonsum sei vorliegend bereits gar nicht gegeben. Der Antragsteller habe Cannabis nicht mit anderen psycho-aktiven Stoffen gemischt und er habe am 24.8.2017, dem Tag des Vorfalls mit 1P-LSD, kein Cannabis konsumiert. Ein „zusätzlicher Gebrauch“ im Sinne eines gleichzeitigen oder zumindest zeitnahen Konsums liege nicht vor.

Es wird beantragt,

die aufschiebende Wirkung der Klage des Antragstellers gegen Ziffer 1 und 2 des Bescheids des LRA A-S. vom 29,11.2017 wiederherzustellen.

Für den Antragsgegner beantragt das LRA A-S., den Antrag abzulehnen, Zur Begründung wird im Wesentlichen das zur Begründung des Bescheids vom 29.11.2017 Ausgeführte wiederholt und vertieft. Ergänzend wird u.a. noch ausgeführt: Das LRA sei gehalten gewesen sämtliche Fahrerlaubnisklassen zu entziehen, da feststehe, dass der Antragsteller gelegentlich Cannabis und wenigstens einmalig auch andere psychoaktiv wirkende Stoffe im Sinne des StVG konsumiert habe, Der Tatbestand der Nr. 9,2.2 Anlage 4 zur FeV setze keinen gleichzeitigen Parallelkonsum von Cannabis und psychoaktiv wirkenden Stoffen voraus, sondern stelle auf den zusätzlichen Gebrauch ab, bezogen auf den Zeitraum des gelegentlichen Cannabiskonsums. Maßgeblich sei die durch eine mögliche kombinierte Rauschwirkung entstandene Gefährdung für den Straßenverkehr, die von gelegentlichen Cannabiskonsumenten ausgehe, wenn sie zusätzlich z.B. andere psychoaktiv wirkende Stoffe gebrauchen würden.

Zur Ergänzung der Sachverhaltswiedergabe wird auf den weiteren Inhalt der gewechselten Schriftsätze und des vorgelegten Behördenakts Bezug genommen.

II.

Der Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes ist zulässig und begründet.

Nach § 80 Abs. 1 Satz 1 VwGO haben Widerspruch und Anfechtungsklage gegen einen belastenden Verwaltungsakt grundsätzlich aufschiebende Wirkung, Nach § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO entfällt die aufschiebende Wirkung, wenn die sofortige Vollziehung durch die den Verwaltungsakt erlassende Behörde besonders angeordnet wird. Nach § 80 Abs. 5 VwGO kann dann das Gericht der Hauptsache in den Fällen des § 80 Abs. 2 Satz. 1 Nr. 4 VwGO ganz oder teilweise wiederherstellen.

1. Zwar hat das LRA A-S., das die sofortige Vollziehung von Ziffer 1 und 2 des Bescheids vom 29.11,2017 angeordnet hat, das besondere Interesse an der Anordnung des Sofortvollzugs hinreichend begründet, Gemäß § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO ist in den Fällen, in denen die Behörde nach § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO den Sofortvollzug anordnet, das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung schriftlich zu begründen. Die schriftliche Begründung soll den Betroffenen in die Lage versetzen, seine Rechte wirksam wahrnehmen und die Erfolgsaussichten seines Rechtsmittels abschätzen zu können. Außerdem soll die Begründungspflicht der Behörde den Ausnahmecharakter der Vollzugsanordnung vor Augen führen und sie veranlassen, zu prüfen, ob tatsächlich ein überwiegendes Vollzugsinteresse den Ausschluss der aufschiebenden Wirkung erfordert, Daraus folgt, dass die Begründung nicht lediglich formelhaft sein darf, sondern die wesentlichen tatsächlichen und rechtlichen Erwägungen darlegen muss, die die Annahme eines besonderen öffentlichen Vollzugsinteresses tragen.

Davon ist im vorliegenden Fall auszugehen. Das LRA A-S. hat in hinreichendem Umfang dargelegt, warum es aus seiner Sicht erforderlich war, die in Ziffer 1 des Bescheids vom 29.11.2017 verfügte Entziehung der Fahrerlaubnis und die in Ziffer 2 dieses Bescheids verfügte Verpflichtung zur Abgabe des Führerscheins innerhalb von sieben Tagen für sofort vollziehbar zu erklären. Das besondere öffentliche Interesse, bereits mit Zustellung des Bescheids die weitere Teilnahme des Antragstellers am Straßenverkehr zu unterbinden, wurde mit den nicht ausgeräumten Eignungszweifeln beim Antragsteller und der damit einhergehenden Gefährdung des Straßenverkehrs begründet. Dieses öffentliche Interesse wurde mit den persönlichen Interessen des Antragstellers abgewogen. Dabei wurde die Interessenlage des Antragstellers gewürdigt. Im Übrigen sind die Umstände, aus denen sich die Fahrungeeignetheit des Fahrerlaubnisinhabers ergeben, regelmäßig auch geeignet, gleichzeitig das besondere öffentliche Interesse am sofortigen Vollzug der angeordneten Fahrerlaubnisentziehung zu begründen (vgl. BayVGH, B.v. 27,10.2005- 11 CS 05.1967; BayVGH, B.v. 14.12.1994- 11 AS 94.3847 - BayVBI 1995, 248). Ist ein Fahrerlaubnisinhaber ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen, liegt es auf der Hand, dass ihm im Hinblick auf die Gefährlichkeit seiner Teilnahme am motorisierten Straßenverkehr und der zu schützenden Rechtsgüter wie Leben und körperliche Unversehrtheit der anderen Verkehrsteilnehmer grundsätzlich sofort das Führen von Kraftfahrzeugen untersagt werden muss. Im Bereich des Sicherheitsrechts, zu dem das Fahrerlaubnisrecht gehört, kann sich die Behörde zur Rechtfertigung der sofortigen Vollziehung darauf beschränken, die für diese Fallgruppen typische Interessenlage aufzuzeigen und deutlich zu machen, dass diese Interessenlage auch im konkreten Fall vorliegt; allein der Umstand, dass die im streitgegenständlichen Bescheid angesprochenen Gesichtspunkte auch in einer Vielzahl von anderen Fällen zur Rechtfertigung der Anordnung der sofortigen Vollziehbarkeit verwendet werden können, führt deshalb nicht dazu, dass ein Verstoß gegen § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO vorliegt (vgl. BayVGH, B.v. 24.8.2010 - 11 CS 10.1139; BayVGH, B.v. 10.3.2008-11 CS 07,3453).

Die vom Gericht vorzunehmende Interessenabwägung ergibt aber, dass das private Interesse des Antragstellers an der aufschiebenden Wirkung seines Rechtsbehelfs das öffentliche Interesse am Sofortvollzug überwiegt.

Für diese Interessenabwägung sind in erster Linie die Erfolgsaussichten in der Hauptsache maßgeblich. Führt eine summarische Prüfung der Erfolgsaussichten in der Hauptsache dazu, dass der Rechtsbehelf offensichtlich Erfolg haben wird, so kann kein Interesse der Öffentlichkeit oder anderer Beteiligter daran bestehen, dass der mit hoher Wahrscheinlichkeit rechtswidrige Verwaltungsakt sofort vollzogen wird. Wird der Hauptsacherechtsbehelf umgekehrt aller Voraussicht nach erfolglos bleiben, weil nach der im vorläufigen Rechtschutzverfahren gebotenen summarischer Prüfung keine Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheids bestehen, kann der Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO abgelehnt werden, ohne dass es einer zusätzlichen Interessenabwägung bedarf. Denn der Bürger hat grundsätzlich kein schutzwürdiges privates Interesse daran, von der Vollziehung eines offensichtlich rechtmäßigen Verwaltungsaktes verschont zu bleiben, ohne dass es darauf ankommt, ob der Vollzug dringlich ist oder nicht (vgl. zum Ganzen BayVGH, B.v. 24.3.2009 - 11 CS 08.3273, m.w.N.).

Im vorliegenden Fall spricht nach summarischer Prüfung alles dafür, dass die Klage gegen Ziffer 1 und 2 des Bescheids vom 29,11.2017 erfolgreich sein wird (vgl. unter a.). Es sind auch keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass gleichwohl ein überwiegendes Interesse der Öffentlichkeit am Sofortvollzug des Bescheids bestehen würde (vgl. unter b.);

a. Rechtsgrundlage für die Entziehung der Fahrerlaubnis ist § 3 Abs. 1 StVG i.V.m, § 46 Abs. 1 FeV. Danach ist (kein Ermessensspielraum) die Fahrerlaubnis zu entziehen, wenn sich ihr Inhaber als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen erweist. Dies ist nach § 46 Abs. 1 Satz 2 FeV insbesondere dann der Fall, wenn eine Erkrankung oder ein Mangel nach den Anlagen 4, 5 oder 6 zur FeV vorliegt und dadurch die Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen ausgeschlossen ist. Mit den Auswirkungen von Cannabis-Konsum auf die Fahreignung befasst sich Nr. 9.2 der Anlage 4 zur FeV. Gemäß Nr. 9.2.1 fehlt bei der regelmäßigen Einnahme von Cannabis die Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen. Bei gelegentlicher Einnahme von Cannabis besteht nach Nr. 9.2,2 die Fahreignung des Betroffenen nur dann, wenn der Cannabis-Konsum vom Fahren getrennt wird (Trennungsgebot), kein zusätzlicher Gebrauch von Alkohol oder anderen psychoaktiv wirkenden Stoffen stattfindet und keine Störung der Persönlichkeit und kein Kontrollveriust vorliegen.

Das LRA A-S. ist davon ausgegangen, dass der Antragsteller sich nach § 46 Abs. 1 Satz 2 FeV i.V.m. Nr. 9,2.2 der Anlage 4 zur FeV ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen ist, weil er gelegentlich Cannabis konsumiert (hat) und zwar nicht im Zusammenhang mit Cannabiskonsum im Straßenverkehr aufgefallen ist, aber zusätzlich psychoaktiv wirkende Stoffe gebraucht hat (sog. Mischkonsum). Die Voraussetzungen für die Annahme eines Mischkonsums im Sinne von Nr. 9.2.2 der Anlage 4 zur FeV sind vorliegend aber nicht gegeben:

aa. Es ist zwar davon auszugehen, dass der Antragsteller in der Vergangenheit gelegentlich Cannabis konsumiert hat. Gelegentliche Einnahme von Cannabis im Sinne von Nr. 9,2.2 der Anlage 4 zur FeV liegt vor, wenn tatsächlich mindestens zwei Mal Cannabis in voneinander unabhängigen Konsumakten eingenommen wurde (st. Rspr. des BayVGH: vgl. BayVGH, B.v. 25.1.2006 - 11 CS 05.1453; BayVGH, B.v, 5.3.2009- 11 CS 08.3046; BayVGH, B.v. 13,12.2010- 11 CS 10.2873), Diese Voraussetzungen ist vorliegend unzweifelhaft gegeben. Denn der Antragsteller hat nach seinen eigenen Angaben im Rahmen der ärztlichen Begutachtung durch die AVUS GmbH erstmals an Silvester 2014/2015 Cannabis konsumiert und in der Folgezeit dann bei besonderen Anlässen maximal zwei Mal im Monat. Auch das ärztliche Gutachten kommt daher (nachvollziehbar) zum Ergebnis, dass der Antragsteller in der Vergangenheit (vor dem vollständigen Drogenverzicht nach dem 1P-LSD-Konsum am 24.8.2017) gelegentlicher Cannabiskonsument war.

bb. Aus dem Umstand, dass der Antragsteller am 24.8.2017 1P-LSD konsumiert hat, und es sich bei diesem Stoff um einen psychoaktiv wirkenden Stoff im Sinne cles StVG handelt, folgt aber nicht, dass im vorliegenden Fall die Voraussetzungen für die Annahme eines die Fahreignung ausschließenden Mischkonsums i.S.d Nr. 9.2.2 der Anlage 4 zur FeV erfüllt wären. Denn der zusätzliche Gebrauch eines psychoaktiv wirkenden Stoffes führt nur im Falle einer kombinierten Rauschwirkung nach § 11 Abs. 7 FeV i.V.m. Nr. 9.2.2 der Anlage 4 zu FeV ohne Weiteres zu einem Verlust der Fahreignung. Es muss daher ein Konsum vorliegen, der in zeitlicher und mengenmäßiger Hinsicht unter wirkungsbezogener Betrachtungsweise zu einer kumulierten Rauschwirkung bzw. zu einer Wirkungskumulation führen kann (vgl. dazu eingehend BVerwG, U.v. 14.11.2013 - 3 C 32/12; BayVGH B.v. 4.7.2017 - 11 CS 17.1162). Hierfür bestehen vorliegend aber keine Erkenntnisse. Zwar war der Antragsteller bis zum seinem Konsum von 1P-LSD am 24.8.2017 gelegentlicher Cannabiskonsument. Dafür, dass der Antragsteller auch in zeitlichem Zusammenhang mit seinem 1P-LSD-Konsum Cannabis konsumiert hat, so dass es zu einer kumulierten Rauschwirkung bzw. zu einer Wirkungskumulation gekommen sein kann, ergeben sich nach Aktenlage aber keine belastbaren Anhaltspunkte, Insoweit ist auch in Rechnung stellen, dass der psychoaktive Wirkstoff THC bei inhaltivem Konsum von Cannabis sehr schnell vom Blut resorbiert wird und bereits wenige Minuten nach dem Rauchende sein Maximum erreicht. Nach der Aufnahme einer Einzeldosis ist THC - anders als das Abbauprodukt THC-Carbonsäure - nur etwa vier bis sechs Stunden im Blut nachweisbar (vgl. Schubert u.a., Begutachtungs-Leitlinien zur Kraftfahrereignung, Kommentar, 2.Auf. 2005, S. 178 mit Tabelle 1). Nach den im Rahmen der 2006 veröffentlichten sog. Maastricht-Studie gewonnenen Erkenntnissen sinkt die THC-Konzentration im Serum auch nach Konsum höherer Dosierungen (bis zu ca. 35 mg THC pro Cannabiszigarette) bei Gelegenheitskonsum innerhalb von sechs Stunden nach Rauchende auf einen Wert von ca, 1 ng/ml ab (vgl. Möller u.a., Leistungsverhalten und Toxikokinetik der Cannaboide nach inhalativer Marihuanaaufnahme, Blutalkohol Vol. 43/2006, S. 361 f.). Der Antragsteller selbst hat sich dahingehend eingelassen, dass er am Tag des Vorfalls mit 1P-LSD kein Cannabis konsumiert habe. Gegenteilige Erkenntnisse oder gar Nachweise gibt es nach Aktenlage nicht. Die abstrakt gegebene Möglichkeit, dass es wegen des gelegentlichen Cannabiskonsums des Antragstellers auch zum Zeitpunkt des 1P-LSD-Konsums zu einer Wirkungskumulation hätte kommen können, ist nicht ausreichend.

cc. Wenn sich die Entziehung der Fahrerlaubnis (Ziffer 1 des Bescheids vom 29.11.2017) als rechtswidrig erweist, kann auch die im Zusammenhang mit der Entziehung stehende und eine (rechtmäßige) Entziehung der Fahrerlaubnis vorausset zende Ablieferungsanordnung (Ziffer 2 des Bescheids vom 29.11.2017) keinen Bestand haben.

b. Nach dem Ausgeführten spricht daher nach summarischer Prüfung alles dafür, dass die Klage gegen Ziffer 1 und 2 des Bescheids vom 29.11.2017 erfolgreich sein wird, Dass es gleichwohl überwiegende öffentliche Interessen gibt, die für eine Beibehaltung der sofortigen Vollziehung des Bescheids streiten, ist weder dargetan noch sonst ersichtlich. Insbesondere ist der Antragsteller nach Aktenlage vor oder nach dem streitgegenständlichen Vorfall nicht im Straßenverkehr wegen Alkoholmissbrauchs oder Drogenkonsums auffällig geworden und ergaben sich bei den im Rahmen der ärztlichen Begutachtung durchgeführten Drogenurinscreenings auch keine Hinweise auf Drogenkonsum.

Nach allem war dem Antrag daher mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO stattzugeben. Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf-§§ 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 GKG.

Urteilsbesprechung zu {{shorttitle}}
{{count_recursive}} Urteilsbesprechungen zu {{shorttitle}}

moreResultsText


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a). (2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur 1. bei der

(1) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 3 der Zivilprozessordnung: 1. über die Anordnung eines Arrests, zur Erwirkung eines Europäischen Beschlusses zur vorläufigen Kontenpfändung, wenn keine Festgebühren bestimmt sind, und auf Erlas
{{title}} zitiert {{count_recursive}} §§.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a). (2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur 1. bei der

(1) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 3 der Zivilprozessordnung: 1. über die Anordnung eines Arrests, zur Erwirkung eines Europäischen Beschlusses zur vorläufigen Kontenpfändung, wenn keine Festgebühren bestimmt sind, und auf Erlas
2 Referenzen - Urteile
{{Doctitle}} zitiert oder wird zitiert von {{count_recursive}} Urteil(en).

published on 04/07/2017 00:00

Tenor I. Der Beschluss des Verwaltungsgerichts Würzburg vom 19. Mai 2017 wird in Nr. I aufgehoben. Die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs wird gegen die Nrn. I und II des Bescheids des Landratsamts Miltenberg vom 18. April 2017 wi
published on 14/11/2013 00:00

Tatbestand 1 Der Kläger wendet sich gegen die Entziehung seiner Fahrerlaubnis der Klassen B, L und M. 2
{{Doctitle}} zitiert {{count_recursive}} Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Annotations

(1) Zur Vorbereitung von Entscheidungen über die Erteilung oder die Verlängerung der Fahrerlaubnis oder über die Anordnung von Beschränkungen oder Auflagen ordnet die Fahrerlaubnisbehörde an, dass ein ärztliches Gutachten (§ 11 Absatz 2 Satz 3) beizubringen ist, wenn Tatsachen die Annahme begründen, dass

1.
Abhängigkeit von Betäubungsmitteln im Sinne des Betäubungsmittelgesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 1. März 1994 (BGBl. I S. 358), das zuletzt durch Artikel 1 der Verordnung vom 11. Mai 2011 (BGBl. I S. 821) geändert worden ist, in der jeweils geltenden Fassung oder von anderen psychoaktiv wirkenden Stoffen,
2.
Einnahme von Betäubungsmitteln im Sinne des Betäubungsmittelgesetzes oder
3.
missbräuchliche Einnahme von psychoaktiv wirkenden Arzneimitteln oder anderen psychoaktiv wirkenden Stoffen
vorliegt. Die Beibringung eines ärztlichen Gutachtens kann angeordnet werden, wenn der Betroffene Betäubungsmittel im Sinne des Betäubungsmittelgesetzes widerrechtlich besitzt oder besessen hat. Die Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens kann angeordnet werden, wenn gelegentliche Einnahme von Cannabis vorliegt und weitere Tatsachen Zweifel an der Eignung begründen.

(2) Die Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens ist für die Zwecke nach Absatz 1 anzuordnen, wenn

1.
die Fahrerlaubnis aus einem der in Absatz 1 genannten Gründe durch die Fahrerlaubnisbehörde oder ein Gericht entzogen war,
2.
zu klären ist, ob der Betroffene noch abhängig ist oder – ohne abhängig zu sein – weiterhin die in Absatz 1 genannten Mittel oder Stoffe einnimmt, oder
3.
wiederholt Zuwiderhandlungen im Straßenverkehr nach § 24a des Straßenverkehrsgesetzes begangen wurden. § 13 Nummer 2 Buchstabe b bleibt unberührt.

(1) Erweist sich der Inhaber einer Fahrerlaubnis als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen, hat ihm die Fahrerlaubnisbehörde die Fahrerlaubnis zu entziehen. Dies gilt insbesondere, wenn Erkrankungen oder Mängel nach den Anlagen 4, 5 oder 6 vorliegen oder erheblich oder wiederholt gegen verkehrsrechtliche Vorschriften oder Strafgesetze verstoßen wurde und dadurch die Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen ausgeschlossen ist.

(2) Erweist sich der Inhaber einer Fahrerlaubnis noch als bedingt geeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen, schränkt die Fahrerlaubnisbehörde die Fahrerlaubnis so weit wie notwendig ein oder ordnet die erforderlichen Auflagen an. Bei Inhabern ausländischer Fahrerlaubnisse schränkt die Fahrerlaubnisbehörde das Recht, von der ausländischen Fahrerlaubnis im Inland Gebrauch zu machen, so weit wie notwendig ein oder ordnet die erforderlichen Auflagen an. Die Anlagen 4, 5 und 6 sind zu berücksichtigen.

(3) Werden Tatsachen bekannt, die Bedenken begründen, dass der Inhaber einer Fahrerlaubnis zum Führen eines Kraftfahrzeugs ungeeignet oder bedingt geeignet ist, finden die §§ 11 bis 14 entsprechend Anwendung.

(4) Die Fahrerlaubnis ist auch zu entziehen, wenn der Inhaber sich als nicht befähigt zum Führen von Kraftfahrzeugen erweist. Rechtfertigen Tatsachen eine solche Annahme, kann die Fahrerlaubnisbehörde zur Vorbereitung der Entscheidung über die Entziehung die Beibringung eines Gutachtens eines amtlich anerkannten Sachverständigen oder Prüfers für den Kraftfahrzeugverkehr anordnen. § 11 Absatz 6 bis 8 ist entsprechend anzuwenden.

(5) Bei einer ausländischen Fahrerlaubnis hat die Entziehung die Wirkung einer Aberkennung des Rechts, von der Fahrerlaubnis im Inland Gebrauch zu machen.

(6) Mit der Entziehung erlischt die Fahrerlaubnis. Bei einer ausländischen Fahrerlaubnis erlischt das Recht zum Führen von Kraftfahrzeugen im Inland.

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

(1) Erweist sich jemand als ungeeignet oder nicht befähigt zum Führen von Kraftfahrzeugen, so hat ihm die Fahrerlaubnisbehörde die Fahrerlaubnis zu entziehen. Bei einer ausländischen Fahrerlaubnis hat die Entziehung - auch wenn sie nach anderen Vorschriften erfolgt - die Wirkung einer Aberkennung des Rechts, von der Fahrerlaubnis im Inland Gebrauch zu machen. § 2 Abs. 7 und 8 gilt entsprechend.

(2) Mit der Entziehung erlischt die Fahrerlaubnis. Bei einer ausländischen Fahrerlaubnis erlischt das Recht zum Führen von Kraftfahrzeugen im Inland. Nach der Entziehung ist der Führerschein der Fahrerlaubnisbehörde abzuliefern oder zur Eintragung der Entscheidung vorzulegen. Die Sätze 1 bis 3 gelten auch, wenn die Fahrerlaubnisbehörde die Fahrerlaubnis auf Grund anderer Vorschriften entzieht.

(3) Solange gegen den Inhaber der Fahrerlaubnis ein Strafverfahren anhängig ist, in dem die Entziehung der Fahrerlaubnis nach § 69 des Strafgesetzbuchs in Betracht kommt, darf die Fahrerlaubnisbehörde den Sachverhalt, der Gegenstand des Strafverfahrens ist, in einem Entziehungsverfahren nicht berücksichtigen. Dies gilt nicht, wenn die Fahrerlaubnis von einer Dienststelle der Bundeswehr, der Bundespolizei oder der Polizei für Dienstfahrzeuge erteilt worden ist.

(4) Will die Fahrerlaubnisbehörde in einem Entziehungsverfahren einen Sachverhalt berücksichtigen, der Gegenstand der Urteilsfindung in einem Strafverfahren gegen den Inhaber der Fahrerlaubnis gewesen ist, so kann sie zu dessen Nachteil vom Inhalt des Urteils insoweit nicht abweichen, als es sich auf die Feststellung des Sachverhalts oder die Beurteilung der Schuldfrage oder der Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen bezieht. Der Strafbefehl und die gerichtliche Entscheidung, durch welche die Eröffnung des Hauptverfahrens oder der Antrag auf Erlass eines Strafbefehls abgelehnt wird, stehen einem Urteil gleich; dies gilt auch für Bußgeldentscheidungen, soweit sie sich auf die Feststellung des Sachverhalts und die Beurteilung der Schuldfrage beziehen.

(5) Die Fahrerlaubnisbehörde darf der Polizei die verwaltungsbehördliche oder gerichtliche Entziehung der Fahrerlaubnis oder das Bestehen eines Fahrverbots übermitteln, soweit dies im Einzelfall für die polizeiliche Überwachung im Straßenverkehr erforderlich ist.

(6) Für die Erteilung des Rechts, nach vorangegangener Entziehung oder vorangegangenem Verzicht von einer ausländischen Fahrerlaubnis im Inland wieder Gebrauch zu machen, an Personen mit ordentlichem Wohnsitz im Ausland gelten die Vorschriften über die Neuerteilung einer Fahrerlaubnis nach vorangegangener Entziehung oder vorangegangenem Verzicht entsprechend.

(7) Durch Rechtsverordnung auf Grund des § 6 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 können Fristen und Voraussetzungen

1.
für die Erteilung einer neuen Fahrerlaubnis nach vorangegangener Entziehung oder nach vorangegangenem Verzicht oder
2.
für die Erteilung des Rechts, nach vorangegangener Entziehung oder vorangegangenem Verzicht von einer ausländischen Fahrerlaubnis im Inland wieder Gebrauch zu machen, an Personen mit ordentlichem Wohnsitz im Ausland
bestimmt werden.

(1) Erweist sich der Inhaber einer Fahrerlaubnis als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen, hat ihm die Fahrerlaubnisbehörde die Fahrerlaubnis zu entziehen. Dies gilt insbesondere, wenn Erkrankungen oder Mängel nach den Anlagen 4, 5 oder 6 vorliegen oder erheblich oder wiederholt gegen verkehrsrechtliche Vorschriften oder Strafgesetze verstoßen wurde und dadurch die Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen ausgeschlossen ist.

(2) Erweist sich der Inhaber einer Fahrerlaubnis noch als bedingt geeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen, schränkt die Fahrerlaubnisbehörde die Fahrerlaubnis so weit wie notwendig ein oder ordnet die erforderlichen Auflagen an. Bei Inhabern ausländischer Fahrerlaubnisse schränkt die Fahrerlaubnisbehörde das Recht, von der ausländischen Fahrerlaubnis im Inland Gebrauch zu machen, so weit wie notwendig ein oder ordnet die erforderlichen Auflagen an. Die Anlagen 4, 5 und 6 sind zu berücksichtigen.

(3) Werden Tatsachen bekannt, die Bedenken begründen, dass der Inhaber einer Fahrerlaubnis zum Führen eines Kraftfahrzeugs ungeeignet oder bedingt geeignet ist, finden die §§ 11 bis 14 entsprechend Anwendung.

(4) Die Fahrerlaubnis ist auch zu entziehen, wenn der Inhaber sich als nicht befähigt zum Führen von Kraftfahrzeugen erweist. Rechtfertigen Tatsachen eine solche Annahme, kann die Fahrerlaubnisbehörde zur Vorbereitung der Entscheidung über die Entziehung die Beibringung eines Gutachtens eines amtlich anerkannten Sachverständigen oder Prüfers für den Kraftfahrzeugverkehr anordnen. § 11 Absatz 6 bis 8 ist entsprechend anzuwenden.

(5) Bei einer ausländischen Fahrerlaubnis hat die Entziehung die Wirkung einer Aberkennung des Rechts, von der Fahrerlaubnis im Inland Gebrauch zu machen.

(6) Mit der Entziehung erlischt die Fahrerlaubnis. Bei einer ausländischen Fahrerlaubnis erlischt das Recht zum Führen von Kraftfahrzeugen im Inland.

(1) Bewerber um eine Fahrerlaubnis müssen die hierfür notwendigen körperlichen und geistigen Anforderungen erfüllen. Die Anforderungen sind insbesondere nicht erfüllt, wenn eine Erkrankung oder ein Mangel nach Anlage 4 oder 5 vorliegt, wodurch die Eignung oder die bedingte Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen ausgeschlossen wird. Außerdem dürfen die Bewerber nicht erheblich oder nicht wiederholt gegen verkehrsrechtliche Vorschriften oder Strafgesetze verstoßen haben, sodass dadurch die Eignung ausgeschlossen wird. Bewerber um die Fahrerlaubnis der Klasse D oder D1 und der Fahrerlaubnis zur Fahrgastbeförderung gemäß § 48 müssen auch die Gewähr dafür bieten, dass sie der besonderen Verantwortung bei der Beförderung von Fahrgästen gerecht werden. Der Bewerber hat diese durch die Vorlage eines Führungszeugnisses nach § 30 Absatz 5 Satz 1 des Bundeszentralregistergesetzes nachzuweisen.

(2) Werden Tatsachen bekannt, die Bedenken gegen die körperliche oder geistige Eignung des Fahrerlaubnisbewerbers begründen, kann die Fahrerlaubnisbehörde zur Vorbereitung von Entscheidungen über die Erteilung oder Verlängerung der Fahrerlaubnis oder über die Anordnung von Beschränkungen oder Auflagen die Beibringung eines ärztlichen Gutachtens durch den Bewerber anordnen. Bedenken gegen die körperliche oder geistige Eignung bestehen insbesondere, wenn Tatsachen bekannt werden, die auf eine Erkrankung oder einen Mangel nach Anlage 4 oder 5 hinweisen. Die Behörde bestimmt in der Anordnung auch, ob das Gutachten von einem

1.
für die Fragestellung (Absatz 6 Satz 1) zuständigen Facharzt mit verkehrsmedizinischer Qualifikation,
2.
Arzt des Gesundheitsamtes oder einem anderen Arzt der öffentlichen Verwaltung,
3.
Arzt mit der Gebietsbezeichnung „Arbeitsmedizin“ oder der Zusatzbezeichnung „Betriebsmedizin“,
4.
Arzt mit der Gebietsbezeichnung „Facharzt für Rechtsmedizin“ oder
5.
Arzt in einer Begutachtungsstelle für Fahreignung, der die Anforderungen nach Anlage 14 erfüllt,
erstellt werden soll. Die Behörde kann auch mehrere solcher Anordnungen treffen. Der Facharzt nach Satz 3 Nummer 1 soll nicht zugleich der den Betroffenen behandelnde Arzt sein.

(3) Die Beibringung eines Gutachtens einer amtlich anerkannten Begutachtungsstelle für Fahreignung (medizinisch-psychologisches Gutachten) kann zur Klärung von Eignungszweifeln für die Zwecke nach Absatz 1 und 2 angeordnet werden,

1.
wenn nach Würdigung der Gutachten gemäß Absatz 2 oder Absatz 4 ein medizinisch-psychologisches Gutachten zusätzlich erforderlich ist,
2.
zur Vorbereitung einer Entscheidung über die Befreiung von den Vorschriften über das Mindestalter,
3.
bei erheblichen Auffälligkeiten, die im Rahmen einer Fahrerlaubnisprüfung nach § 18 Absatz 3 mitgeteilt worden sind,
4.
bei einem erheblichen Verstoß oder wiederholten Verstößen gegen verkehrsrechtliche Vorschriften,
5.
bei einer erheblichen Straftat, die im Zusammenhang mit dem Straßenverkehr steht, oder bei Straftaten, die im Zusammenhang mit dem Straßenverkehr stehen,
6.
bei einer erheblichen Straftat, die im Zusammenhang mit der Kraftfahreignung steht, insbesondere wenn Anhaltspunkte für ein hohes Aggressionspotenzial bestehen oder die erhebliche Straftat unter Nutzung eines Fahrzeugs begangen wurde,
7.
bei Straftaten, die im Zusammenhang mit der Kraftfahreignung stehen, insbesondere wenn Anhaltspunkte für ein hohes Aggressionspotenzial bestehen,
8.
wenn die besondere Verantwortung bei der Beförderung von Fahrgästen nach Absatz 1 zu überprüfen ist oder
9.
bei der Neuerteilung der Fahrerlaubnis, wenn
a)
die Fahrerlaubnis wiederholt entzogen war oder
b)
der Entzug der Fahrerlaubnis auf einem Grund nach den Nummern 4 bis 7 beruhte.
Unberührt bleiben medizinisch-psychologische Begutachtungen nach § 2a Absatz 4 und 5 und § 4 Absatz 10 Satz 4 des Straßenverkehrsgesetzes sowie § 10 Absatz 2 und den §§ 13 und 14 in Verbindung mit den Anlagen 4 und 5 dieser Verordnung.

(4) Die Beibringung eines Gutachtens eines amtlich anerkannten Sachverständigen oder Prüfers für den Kraftfahrzeugverkehr kann zur Klärung von Eignungszweifeln für die Zwecke nach Absatz 2 angeordnet werden,

1.
wenn nach Würdigung der Gutachten gemäß Absatz 2 oder Absatz 3 ein Gutachten eines amtlich anerkannten Sachverständigen oder Prüfers zusätzlich erforderlich ist oder
2.
bei Behinderungen des Bewegungsapparates, um festzustellen, ob der Behinderte das Fahrzeug mit den erforderlichen besonderen technischen Hilfsmitteln sicher führen kann.

(5) Für die Durchführung der ärztlichen und der medizinisch-psychologischen Untersuchung sowie für die Erstellung der entsprechenden Gutachten gelten die in der Anlage 4a genannten Grundsätze.

(6) Die Fahrerlaubnisbehörde legt unter Berücksichtigung der Besonderheiten des Einzelfalls und unter Beachtung der Anlagen 4 und 5 in der Anordnung zur Beibringung des Gutachtens fest, welche Fragen im Hinblick auf die Eignung des Betroffenen zum Führen von Kraftfahrzeugen zu klären sind. Die Behörde teilt dem Betroffenen unter Darlegung der Gründe für die Zweifel an seiner Eignung und unter Angabe der für die Untersuchung in Betracht kommenden Stelle oder Stellen mit, dass er sich innerhalb einer von ihr festgelegten Frist auf seine Kosten der Untersuchung zu unterziehen und das Gutachten beizubringen hat; sie teilt ihm außerdem mit, dass er die zu übersendenden Unterlagen einsehen kann. Der Betroffene hat die Fahrerlaubnisbehörde darüber zu unterrichten, welche Stelle er mit der Untersuchung beauftragt hat. Die Fahrerlaubnisbehörde teilt der untersuchenden Stelle mit, welche Fragen im Hinblick auf die Eignung des Betroffenen zum Führen von Kraftfahrzeugen zu klären sind und übersendet ihr die vollständigen Unterlagen, soweit sie unter Beachtung der gesetzlichen Verwertungsverbote verwendet werden dürfen. Die Untersuchung erfolgt auf Grund eines Auftrags durch den Betroffenen.

(7) Steht die Nichteignung des Betroffenen zur Überzeugung der Fahrerlaubnisbehörde fest, unterbleibt die Anordnung zur Beibringung des Gutachtens.

(8) Weigert sich der Betroffene, sich untersuchen zu lassen, oder bringt er der Fahrerlaubnisbehörde das von ihr geforderte Gutachten nicht fristgerecht bei, darf sie bei ihrer Entscheidung auf die Nichteignung des Betroffenen schließen. Der Betroffene ist hierauf bei der Anordnung nach Absatz 6 hinzuweisen.

(9) Unbeschadet der Absätze 1 bis 8 haben die Bewerber um die Erteilung oder Verlängerung einer Fahrerlaubnis der Klassen C, C1, CE, C1E, D, D1, DE oder D1E zur Feststellung ihrer Eignung der Fahrerlaubnisbehörde einen Nachweis nach Maßgabe der Anlage 5 vorzulegen.

(10) Hat der Betroffene an einem Kurs teilgenommen, um festgestellte Eignungsmängel zu beheben, genügt in der Regel zum Nachweis der Wiederherstellung der Eignung statt eines erneuten medizinisch-psychologischen Gutachtens eine Teilnahmebescheinigung, wenn

1.
der betreffende Kurs nach § 70 anerkannt ist,
2.
auf Grund eines medizinisch-psychologischen Gutachtens einer Begutachtungsstelle für Fahreignung die Teilnahme des Betroffenen an dieser Art von Kursen als geeignete Maßnahme angesehen wird, seine Eignungsmängel zu beheben,
3.
der Betroffene nicht Inhaber einer Fahrerlaubnis ist und
4.
die Fahrerlaubnisbehörde der Kursteilnahme nach Nummer 2 vor Kursbeginn zugestimmt hat.
Wurde die Beibringung eines Gutachtens einer amtlich anerkannten Begutachtungsstelle für Fahreignung nach § 4 Absatz 10 Satz 4 des Straßenverkehrsgesetzes oder nach § 11 Absatz 3 Nummer 4 bis 7 angeordnet, findet Satz 1 keine Anwendung.

(11) Die Teilnahmebescheinigung muss

1.
den Familiennamen und Vornamen, den Tag und Ort der Geburt und die Anschrift des Seminarteilnehmers,
2.
die Bezeichnung des Seminarmodells und
3.
Angaben über Umfang und Dauer des Seminars
enthalten. Sie ist vom Seminarleiter und vom Seminarteilnehmer unter Angabe des Ausstellungsdatums zu unterschreiben. Die Ausstellung der Teilnahmebescheinigung ist vom Kursleiter zu verweigern, wenn der Teilnehmer nicht an allen Sitzungen des Kurses teilgenommen oder die Anfertigung von Kursaufgaben verweigert hat.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 3 der Zivilprozessordnung:

1.
über die Anordnung eines Arrests, zur Erwirkung eines Europäischen Beschlusses zur vorläufigen Kontenpfändung, wenn keine Festgebühren bestimmt sind, und auf Erlass einer einstweiligen Verfügung sowie im Verfahren über die Aufhebung, den Widerruf oder die Abänderung der genannten Entscheidungen,
2.
über den Antrag auf Zulassung der Vollziehung einer vorläufigen oder sichernden Maßnahme des Schiedsgerichts,
3.
auf Aufhebung oder Abänderung einer Entscheidung auf Zulassung der Vollziehung (§ 1041 der Zivilprozessordnung),
4.
nach § 47 Absatz 5 des Energiewirtschaftsgesetzes über gerügte Rechtsverletzungen, der Wert beträgt höchstens 100 000 Euro, und
5.
nach § 148 Absatz 1 und 2 des Aktiengesetzes; er darf jedoch ein Zehntel des Grundkapitals oder Stammkapitals des übertragenden oder formwechselnden Rechtsträgers oder, falls der übertragende oder formwechselnde Rechtsträger ein Grundkapital oder Stammkapital nicht hat, ein Zehntel des Vermögens dieses Rechtsträgers, höchstens jedoch 500 000 Euro, nur insoweit übersteigen, als die Bedeutung der Sache für die Parteien höher zu bewerten ist.

(2) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 52 Absatz 1 und 2:

1.
über einen Antrag auf Erlass, Abänderung oder Aufhebung einer einstweiligen Anordnung nach § 123 der Verwaltungsgerichtsordnung oder § 114 der Finanzgerichtsordnung,
2.
nach § 47 Absatz 6, § 80 Absatz 5 bis 8, § 80a Absatz 3 oder § 80b Absatz 2 und 3 der Verwaltungsgerichtsordnung,
3.
nach § 69 Absatz 3, 5 der Finanzgerichtsordnung,
4.
nach § 86b des Sozialgerichtsgesetzes und
5.
nach § 50 Absatz 3 bis 5 des Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetzes.