Die Beteiligten streiten um die Erteilung eines zweckentfremdungsrechtlichen Negativattests für die Wohngebäude auf FlNr. 7624/0 Gemarkung Sektion, … Straße … in M.
Als Gebäudebestand war auf dem genannten Grundstück ein ca. 130 Jahre altes Vorderhaus vorhanden, das zuletzt seit den 1990er-Jahren als Asylbewerberunterkunft mit Zimmern und Gemeinschaftssanitäreinrichtungen genutzt wurde, außerdem ein Rückgebäude aus den 60er Jahren, das bis Ende 2014 für Wohnungen genutzt wurde. Die beiden Häuser sind mittlerweile komplett abgebrochen worden.
Unter dem 28. November 2014, bei der Beklagten eingegangen am 19. Februar 2015, beantragte die Klägerin die Erteilung eines Negativattests für den Wohnraum in den beiden Gebäuden. Zur Begründung wurde ein vom 12. Dezember 2014 datierendes Gutachten der Ingenieure … und … zum Gebäudezustand vorgelegt, das dem Nachweis der Unwirtschaftlichkeit der Sanierung im Vergleich zum Neubau dienen soll. Das Gutachten kommt im Ergebnis zu Sanierungskosten in Höhe von 13,38 Millionen EUR. Außerdem wurde die Genehmigung einer Zweckentfremdung durch Abbruch bei Schaffung von Ersatzwohnraum beantragt und schließlich auch ein Erhaltungssatzungsantrag gestellt.
Mit technischem Gutachten des Fachbereichs Technik ihres Amts für Wohnen und Migration vom 20. April 2015 (Bl. 339b - 348a der Behördenakten) ließ die Beklagte ihrerseits das Anwesen begutachten mit dem Ergebnis, dass mit einem über zehn Jahre erzielbaren Reinertrag von 3,5 Millionen Euro die für die Wohnhäuser erforderlichen Baumaßnahmen von rund 1,9 Millionen Euro finanziert werden könnten. Die Begutachtungen wurden in der Folge jeweils durch weitere Stellungnahmen (seitens der von der Klägerin beauftragten Ingenieure vom 5. Mai 2015, Bl. 372 - 374 der Behördenakten, seitens des Fachbereichs Technik der Beklagten vom 2. Juli 2015, Bl. 378b - 379a bzw. 380b - 381a der Behördenakten) ergänzt.
Mit nicht mehr streitgegenständlichem Bescheid vom … Juli 2015 (vgl. hierzu das erledigte Verwaltungsstreitverfahren M 9 K 15.3598) wurden die Genehmigung nach der Erhaltungssatzung und die Genehmigung zur Zweckentfremdung durch Abbruch des Wohnraums … Straße … mit Nebenbestimmungen, u. a. der Schaffung von entsprechendem Ersatzwohnraum, erteilt.
Mit streitgegenständlichem Bescheid vom … Juli 2015 wurde der Antrag auf Erteilung eines Negativattests abgelehnt. Die Voraussetzungen gemäß § 3 Abs. 3 Nr. 5 i.V.m. § 10 ZeS lägen nicht vor, da eine Wiederbewohnbarkeit mit zumutbarem Aufwand hergestellt werden könne. Maßstab dafür sei das Vorliegen von Mindestanforderungen hinsichtlich der Bauausführung und Ausstattung nach Behebung schwerer Mängel und Missstände ohne Luxusmodernisierung oder Sonderausstattung. Das bedeute, dass die erforderlichen Instandhaltungs- und Instandsetzungsmaßnahmen Maßstab seien für die Ermittlung der Baukosten. Hier sei davon auszugehen, dass das Wohnheim im Vordergebäude Wohnraum sei, deshalb könnten die entsprechenden Umbaukosten nicht berücksichtigt werden. Es sei von einem bestehenden Wohnraum in einer Größe von 3.011 m² Wohnfläche anstatt 5.175 m² wie im klägerischen Gutachten angesetzt auszugehen. Außerdem würden nach der Zweckentfremdungssatzung nur Flächen mit Wohnnutzung, d.h. in der Regel keine Gewerbe-, Nutz- oder Außenflächen berücksichtigt. Die in dem vorgelegten Gutachten angegebenen Bruttogeschossflächen bezögen sich auf das gesamte Vorder- und Rückgebäude; darin seien neben Wohnauch Gewerbeflächen enthalten. Eine Überprüfung der Stellungnahme der Ingenieure … und … vom 5. Mai 2015 zu dem technischen Gutachten des Fachbereichs Technik der Beklagten vom 20. April 2015 habe ergeben, dass der im Privatgutachten angenommene Sanierungsaufwand über eine reine Wiederherstellung der Bewohnbarkeit weit hinaus ausgehe. Darüber hinaus würden wesentlich höhere Flächen (Wohnplus Gewerbeflächen) angesetzt. Ob eine Unbewohnbarkeit vorliege, sei von der technischen Fachabteilung der Beklagten begutachtet worden. Das aufgrund eines Ortstermins am 24. Februar 2015 angefertigte Gutachten vom 20. April 2015 habe ergeben, dass sich das Vordergebäude trotz des Baualters insgesamt betrachtet in einem guten Zustand befinde. Lediglich im Bereich des Dachs und der Fenster sowie bei der Überarbeitung der Oberflächen seien bauliche Maßnahmen angezeigt. Beim Rückgebäude mit solider Bausubstanz aus den 60er-Jahren zeige sich ein größerer Instandhaltungs- und Instandsetzungsbedarf als im Vordergebäude. Auch diese Mängel könnten jedoch gut behoben werden. Um eine ordnungsgemäße Bewohnbarkeit wiederherzustellen, würden bauliche Maßnahmen an der Innenraumausstattung (wie Überarbeitung der Böden, Decken, Wände und zum Teil Türen) und an den sanitären Anlagen im Rückgebäude (wie Erneuerung der Sanitärinstallation und der sanitären Ausstattung) umfangreich angesetzt. Des Weiteren seien Kosten zur Erneuerung der Dachflächen und der Fenster bei beiden Gebäuden und bei den Türen im Rückgebäude angerechnet worden. Ebenso seien Maßnahmen zur Dämmung der Gebäudehülle des Rückgebäudes nach der Energieeinsparverordnung in der Berechnung berücksichtigt. Diese Maßnahmen seien aufgrund des guten Zustands der Fassade nicht zwingend erforderlich, würden aber zur Vermeidung von Schimmelbildung an den Innenflächen der Außenwände empfohlen. Auch unter Berücksichtigung einer großzügigen Kalkulation und eines erhöhten Baunebenkosten- und Wagniszuschlags könnten die Arbeiten mit einem zumutbaren wirtschaftlichen Aufwand gut realisiert werden. Mit einem erzielbaren Reinertrag in Höhe von rund 350.000,- € pro Jahr könnten die für die beiden Wohnhäuser erforderlichen baulichen Maßnahmen in Höhe von rund 1,9 Mio. Euro über zehn Jahre finanziert werden. In der weiteren Stellungnahme der Fachabteilung Technik vom 2. Juli 2015 sei dezidiert die Divergenz zwischen dem von der Klägerin vorgelegten Privatgutachten und dem Gutachten der Fachabteilung Technik behandelt worden. Im Übrigen wird auf den Bescheid Bezug genommen.
Hiergegen ließ die Klägerin mit Schreiben ihrer Bevollmächtigten vom 30. Juli 2015, beim Verwaltungsgericht München eingegangen per Telefax am selben Tag, Klage erheben und beantragen,
Aufhebung des Bescheids und Verpflichtung zur Erteilung des beantragten Negativattests.
Mit Schreiben ihrer Bevollmächtigten vom 15. Februar 2016 ließ die Klägerin die Klage begründen. Es wird im Wesentlichen geltend gemacht, dass sowohl das Vorderals auch das Rückgebäude stark sanierungsbedürftig seien und es im Hinblick auf die marode Bausubstanz mit wirtschaftlich angemessenem Aufwand nicht möglich sei, eine Wohnnutzung nach heutigen Standards im Wege der Sanierung herzustellen. Der Kostenansatz der Beklagten (1,9 Mio. Euro) sei unvollständig und falsch. Der Ansatz der Beklagten von Sanierungskosten in Höhe von 287,- Euro/m² sei nicht plausibel. Nach der Begutachtung, welche die Klägerin in Auftrag gegeben habe, sei ein Kostenansatz nach dem Baukosteninformationszentrum deutscher Architektenkammern aus dem Jahr 2014 (BKI 2014) im einfachen Standard von 883,- Euro/m² angesetzt. In dem Standard, in dem die Arbeiten tatsächlich vorzunehmen seien (hoher Aufwand), betrügen sie nach dem BKI 2014 2.488,- Euro/m². Die Abzüge für Lebenserwartung und Wohnfläche, welche die technische Abteilung der Beklagten vorgenommen habe, seien nicht nachvollziehbar. Notwendige Maßnahmen seien nicht oder zu gering erfasst; das betreffe zum Beispiel Umbaumaßnahmen an Grundrissen und Sanierungsmaßnahmen an den Geschossdecken, außerdem Behebung von Brandschutzmängeln. Viele angesetzte Posten seien zu gering, das gelte beispielsweise für die Kosten der Baustelleneinrichtung oder die Kosten für Böden und Decken. Hinsichtlich der Fenster würden beispielsweise Kosten für den Abbruch und das Beiputzen nicht berücksichtigt. Die Position „Dächer“ berücksichtige augenscheinlich nur Flächenpreise ohne Gauben, Anschlüsse und Spengler. Bei der Position „Sanitärinstallation“ sei der Rückbau nicht berücksichtigt. Bei der Position „Gaszentralheizung“ sei nur die zentrale Betriebstechnik ohne die Installationen berücksichtigt. Die Position der Elektroinstallationen sei der Höhe nach nicht plausibel. Die angesetzten Instandsetzungsmaßnahmen genügten nicht zur Wiederherstellung der Bewohnbarkeit. Die gesamte Dachkonstruktion müsse neu gemacht werden. Die Etagensanitäranlagen seien für eine Wohnnutzung nicht mehr tauglich. Der Umbau in Wohnungen sei notwendig, da eine Asylbewerberunterkunft kein „Wohnen“ sei. Die Beklagte erwähne den großflächigen Schimmelpilzbefall am Kellerabgang des Vordergebäudes nicht. Entsprechende Pilzsanierungsmaßnahmen seien nicht berücksichtigt. Im Übrigen wird auf den Schriftsatz Bezog genommen.
Die Beklagte erwiderte hierauf mit offensichtlich falsch datiertem Schreiben (9. Mai 2015), richtig wohl vom 9. Mai 2016 (Eingang beim Verwaltungsgericht München am 10. Mai 2016) und beantragte
Klageabweisung.
§ 3 Abs. 3 Nr. 5 ZeS sei für den Maßstab, ob Wohnraum im Sinne des Zweckentfremdungsrechts vorliegt, relevant. Hier sei die Wiederbewohnbarkeit mit objektiv wirtschaftlichem und zumutbarem Aufwand herzustellen. Der Modernisierungs- und Umbauaufwand im klägerischen Privatgutachten sei ein „Mehr“ im Sinne einer Aufwertung. Die Baukostenberechnung beider Begutachtungen, sowohl des Privatgutachtens der Klägerin als auch der Begutachtung durch die technische Fachabteilung der Beklagten sei nach den einschlägigen Regelwerken erfolgt, der Rechenweg sei identisch. Von einer Lebensdauer bzw. Amortisation der Investition von zehn Jahren sei nach der Zweckentfremdungssatzung auszugehen, ein Neubau sei deshalb irrelevant. Die Gebäude seien nicht besonders baufällig. Ein Wohnheim wie der Bestandsbau Vordergebäude sei Wohnraum im Sinne von § 3 Abs. 1 Satz 2 ZeS. Nach der Berechnung des klägerischen Gutachtens ergebe sich ein Ansatz von 4,3 Mio. Euro, wenn der Ansatz BKI 2014 von 833,- Euro/m² für 5.175 m² zu Grunde gelegt werde. Im Übrigen wird auf den Schriftsatz Bezug genommen.
Am 14. Dezember 2016 fand mündliche Verhandlung statt. Auf das Sitzungsprotokoll wird Bezug genommen.
Im Übrigen wird auf die Gerichtsakten in diesem sowie im beigezogenen Verfahren M 9 K 15.3598 sowie auf die vorgelegten Behördenakten inklusive der Begutachtung durch die technische Fachabteilung der Beklagten sowie auf das von der Klägerin vorgelegte Gutachten und dessen Ergänzung Bezug genommen.
Die Klage hat keinen Erfolg.
Die zulässige Klage ist unbegründet. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf die Erteilung des beantragten Negativattests, § 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO, § 3 Abs. 3 Nr. 5 i.V.m. § 10 Var. 1 der Satzung der Beklagten über das Verbot der Zweckentfremdung von Wohnraum (ZeS).
Gemäß § 10 Var. 1 ZeS besteht auf Antrag ein Anspruch auf Ausstellung eines Negativattests bei einer Maßnahme, für die eine Genehmigung nicht erforderlich ist, weil Wohnraum nicht vorhanden ist. Das Nichtvorhandensein von Wohnraum kommt hier in Betracht auf der Grundlage von § 3 Abs. 3 Nr. 5 ZeS. Danach liegt Wohnraum nicht vor, wenn ein dauerndes Bewohnen unzulässig oder unzumutbar ist, weil der Raum einen schweren Mangel bzw. Missstand aufweist und die Wiederbewohnbarkeit nicht mit einem objektiv wirtschaftlichen und zumutbaren Aufwand wiederhergestellt werden kann. Letzteres ist stets der Fall, wenn die aufzuwendenden finanziellen Mittel nicht innerhalb eines Zeitraums von zehn Jahren durch entsprechende Erträge ausgeglichen werden können oder die Kosten des Abbruchs zuzüglich der Neuerrichtung die eines vergleichbaren Gebäudes erreichen.
Ursprünglich handelte es sich bei den streitgegenständlichen Wohngebäuden zwischen den Beteiligten unstreitig um sog. geschützten Wohnraum im Sinne des Zweckentfremdungsrechts, § 3 Abs. 1, 2 ZeS. Die Wohnraumqualität ist auch nicht nach § 3 Abs. 3 Nr. 5 ZeS weggefallen.
Dabei ist davon auszugehen, dass der zur Wiederherstellung der Bewohnbarkeit erforderliche zumutbare Instandsetzungsaufwand nur diejenigen Maßnahmen erfasst, die unbedingt erforderlich sind, die objektive Eignung zum Bewohnen und die Annahme des Wohnraums durch den Markt unabhängig von der Miethöhe wiederherzustellen, nicht darüber hinausgehende wünschenswerte oder sinnvolle Modernisierungsmaßnahmen zur Erzielung einer höheren Rendite (BayVGH, U.v.30.5.1990 - 7 B 88.2097 - BayVBl. 1991, 83).
Vorliegend ist nach den zur Verfügung stehenden Erkenntnissen davon auszugehen, dass die streitgegenständlichen Gebäude vor dem Abbruch mit einem in diesem Sinne zumutbaren Aufwand hätten instandgesetzt werden können (1.). Verbleibende Zweifel hieran, die allenfalls in Bezug auf den weitgehend unbekannten Zustand der Gebäudesubstanz vorhanden sind bzw. sein könnten, gehen zu Lasten der Klägerin, da die Gebäude abgerissen wurden (2.).
1. Unter Berücksichtigung der von den Beteiligten vorgelegten Begutachtungen der streitgegenständlichen Gebäude im Hinblick auf den kostenmäßigen Aufwand für eine Wiederherstellung der Wiederbewohnbarkeit spricht zunächst alles dafür, dass die Wiederbewohnbarkeit mit einem objektiv wirtschaftlichen und zumutbaren Aufwand hätte hergestellt werden können.
Die von der Beklagten vorgelegten Begutachtungen ihres Fachbereichs Technik (technisches Gutachten vom 20. April 2015 sowie die erneute Stellungnahme vom 2. Juli 2015, welche wegen der enormen Differenzen zu den von der Klägerin vorgelegten Begutachtungen eingeholt wurde) sind plausibel und nachvollziehbar. Das auf der Grundlage dieser Begutachtungen erzielte Ergebnis, dass mit einem erzielbaren Reinertrag über zehn Jahre in Höhe von ca. 3.500.000,- Euro die für die Wohnhäuser erforderlichen baulichen Maßnahmen in Höhe von rund 1,9 Mio. Euro finanziert werden können, zeigt, dass die Voraussetzungen gemäß § 3 Abs. 3 Nr. 5 Variante 1 ZeS nicht gegeben sind.
Die dagegen von der Klägerin vorgelegten Begutachtungen (das Privatgutachten vom 12. Dezember 2014 sowie die ergänzende Stellungnahme der Ingenieure vom 5. Mai 2015) sind von vornherein für den hiesigen Prüfungszweck, nämlich die Prüfung des Vorliegens bzw. Nichtvorliegens der Unzulässigkeit oder Unzumutbarkeit des dauernden Bewohnens, weil der Wohnraum einen schweren Mangel bzw. Missstand aufweist, ungeeignet, da sie von einer ganzen Reihe unzutreffender Prämissen ausgehen.
Neben vielen weiteren Details folgt das insbesondere aus mehreren grundsätzlichen Gesichtspunkten.
Erstens geht das Privatgutachten bereits von der falschen Aufgabenstellung aus und kann deshalb notwendigerweise nicht zur den richtigen Ergebnissen vor dem Hintergrund der Regelung in § 3 Abs. 3 Nr. 5 Var. 1 ZeS führen. Unabhängig davon, dass das Privatgutachten vom 12. Dezember 2014 als „Aufnahme des Gebäudezustands“ betitelt ist, ist der Gutachtensauftrag „Feststellung des Gebäudezustands am Objekt … Straße … in M. mit monetärer Bewertung des erforderlichen Modernisierungs- und Umbauaufwands zur Weiternutzung als Wohngebäude“ vor dem Hintergrund der zweckentfremdungsrechtlichen Prüfung ungeeignet. Bei der Frage, was zur Wiederherstellung der Bewohnbarkeit einzustellen ist, geht es um Maßnahmen der Instandsetzung bzw. Instandhaltung, gerade nicht jedoch um Modernisierungs- und Umbaumaßnahmen. Daher kann diese Fragestellung bereits von vornherein nicht zu einem brauchbaren Ergebnis für die Erteilung eines zweckentfremdungsrechtlichen Negativattests wegen Unbewohnbarkeit führen. Hierbei handelt es sich auch nicht etwa um eine unscharfe Begrifflichkeit des Privatgutachtens, vielmehr zieht es sich auch in inhaltlicher Hinsicht gleichsam wie ein roter Faden durch das klägerische Gutachten, dass es darin nicht um die Instandsetzung im Sinne einer „Wiederbewohnbarmachung“ geht, sondern um eine Modernisierung und einen teilweise sehr weit gehenden Umbau im Sinne der Herstellung von Wohnraum nach aktuellstem gehobenen Standard.
Zweitens leidet das Privatgutachten grundlegend daran, dass eine völlig unzutreffende Wohnfläche zugrunde gelegt wird. Das Privatgutachten setzt eine Bruttogeschossfläche von 5.175 m² an und schließt damit sämtliche zur Verfügung stehenden Flächen, eingeschlossen auch Gewerbe- und Nutzflächen (z.B. eine halbe Million Euro für die Garagenanlagen und Außenanlagen), mit ein. Die Flächen sind in dem Privatgutachten der Klägerin überwiegend jeweils durch Planabgriff bestimmt worden. Das ist vor dem Hintergrund des Umstands, dass nicht alle bisher genutzten Flächen Wohnraum darstellen, fehlerhaft, weil dadurch auch Flächen Berücksichtigung finden, die mit dem Zweckentfremdungsrecht überhaupt nichts zu tun haben. Dadurch erzielt das klägerische Gutachten einen viel zu hohen Flächenwert, für den es dann dieselben hohen Modernisierungssätze ansetzt. Das stellt einen der Gründe dar, warum sich nach dem Privatgutachten der Klägerin ein - gemessen an den Anforderungen des Zweckentfremdungsrechts - viel zu hoher Modernisierungsaufwand ergibt, unabhängig davon, dass nach dem oben Gesagten auch nicht auf eine Modernisierung, sondern auf eine Instandsetzung abgestellt werden darf.
Dagegen hat der Fachbereich Technik der Beklagten einen Wert von 3.011 m² Wohnfläche ermittelt, was vor dem Hintergrund der zweckentfremdungsrechtlichen Betrachtung, nach der eben nur Flächen mit bisheriger Wohnnutzung einzubeziehen sind, der zutreffende Wert ist. Die Klägerin kann sich durch den Umstand, dass sie durch einen Umbau, der einem Neubau gleichkommt, ganz neue Wohnungszuschnitte mit ggf. unter dem Strich einem „Mehr“ an Wohnraum erzielt, nicht komplett von den Bindungen des Zweckentfremdungsrechts befreien, indem sie die Kosten für die Herstellung des neuen zusätzlichen Wohnraums dazu addiert. Der Umstand, dass ein „Mehr“ an Wohnraum geschaffen wird, kommt der Klägerin in wirtschaftlicher Hinsicht bereits zugute bei der hier nicht streitgegenständlichen Genehmigung der Zweckentfremdung durch Abbruch kombiniert damit, dass unter Zugrundelegung der Erhaltungssatzung der Beklagten, die nur hinsichtlich des bisher bestehenden Wohnraums greift, bereits „freier“ Wohnraum entsteht. Im Zuge dessen fallen außerdem einige kostenmäßig erhebliche Punkte, welche das von der Klägerin vorgelegte Gutachten ansetzt, weg (z.B. Grundrissänderungen).
Ebenso ist zu berücksichtigen, dass bei Instandsetzungsmaßnahmen, die auf die gesamte Gebäudefläche, also auf die Wohn- und Gewerbeflächen, umgelegt werden müssen, nach den Ermittlungen des Fachbereichs Technik der Beklagten nur die Kosten anteilig zur Wohnfläche gerechnet wurden (vgl. technisches Gutachten, ergänzende Stellungnahme vom 2. Juli 2015, dort Seite 3 unten).
Bereits aus diesen beiden eben genannten Punkten ergibt sich rechnerisch ein großer Teil der enormen Kostendifferenz zwischen dem Privatgutachten und den Stellungnahmen des Fachbereichs Technik der Beklagten. Allerdings entspricht wie gezeigt nur die Betrachtung des Fachbereichs Technik der Beklagten dem hier anzuwendenden rechtlichen Hintergrund, nämlich dem des Zweckentfremdungsrechts.
Schließlich gibt es auch keinen Grund, die Nutzung des Vordergebäudes als Asylbewerberunterkunft von vorneherein als den heutigen Wohnverhältnissen oder -standards nicht mehr angemessen einzustufen und entsprechend die Erforderlichkeit kompletter Umbaumaßnahmen vorzusehen. Denn diese Sichtweise steht mit dem Zweckentfremdungsrecht nicht in Einklang. Das folgt aus der Regelung in § 3 Abs. 1 Satz 2 ZeS, wonach auch Wohnheime Wohnraum im Sinne des Zweckentfremdungsrechts darstellen. Das bedeutet nicht, dass die Klägerin das Vordergebäude nicht umbauen darf (vgl. auch den nicht streitgegenständlichen Bescheid der Beklagten vom … Juli 2015). Das bedeutet aber, dass die Klägerin bei der Bemessung der Unzumutbarkeit im Sinne von § 3 Abs. 3 Nr. 5 Satz 1 ZeS nicht Kosten für einen Umbau zu Grunde legen darf, der zweckentfremdungsrechtlich nicht veranlasst ist. Nach Maßgabe der zweckentfremdungsrechtlichen Vorschriften korrekt ist dagegen das Vorgehen der Beklagten, die nur die Kosten berechnet, die nötig wären, um das Wohnheim wieder in einen bewohnbaren Zustand zu versetzen.
Darauf, dass noch weitere Ungereimtheiten vorliegen, etwa, dass nach dem klägerischen Gutachten der finanzielle Kostenaufwand für das Vordergebäude um ca. eineinhalb Millionen Euro höher sein soll als für das Rückgebäude, obwohl beide Beteiligte in ihren Begutachtungen davon ausgehen, dass das Vordergebäude, obwohl deutlich älter, eine viel bessere Substanz aufweist als das aus den 60er Jahren stammende Rückgebäude, kommt es nicht mehr an.
2. Da sich allerdings die Gutachten beider Beteiligter ausdrücklich nicht oder kaum (mit Ausnahme der Anlage 7.3 zum klägerischen Gutachten) zur Gebäudesubstanz und zum baulichen Zustand, soweit dieser nicht sichtbar bzw. nicht offen zugänglich ist, verhalten, kann nicht mehr abschließend geklärt werden, ob die von der Beklagten angenommenen Instandsetzungs- und Instandhaltungsarbeiten nicht doch in tatsächlicher Hinsicht teurer werden, weil sich herausstellt, dass aufgrund nicht sichtbarer Schäden an baulichen Anlagen und Bauteilen, die nicht offen zugänglich sind, kostenträchtigere Eingriffe bzw. Neuherstellungen in der Gebäudesubstanz erforderlich sind.
Konkret unter diesem Blickwinkel kommt es in der Tat entgegen der Auffassung der Klägerbevollmächtigten im - ohnehin erst nach dem Urteil eingegangenen - Schreiben vom 23. Dezember 2016, in dem breit ausgeführt wird, dass die Beurteilung der Zumutbarkeit nicht auf die Gebäudesubstanz verengt werden dürfe, auf die Gebäudesubstanz an.
Da aber insofern wegen des Abbruchs des Gebäudes keine weiteren Feststellungen mehr getroffen werden können, ist der Rechtsstreit auf der Grundlage der vorliegenden Feststellungen und Gutachten zu entscheiden. Zwar hat die Klägerin mit dem Abbruch ordnungsgemäß von der nicht streitgegenständlichen Zweckentfremdungsgenehmigung (Abriss) mit Bescheid vom … Juli 2015 Gebrauch gemacht. Die Ursache dafür, dass kein Augenschein oder ein gerichtliches Sachverständigengutachten hätten beschlossen werden können, hat dadurch jedoch ebenfalls die Klägerin gesetzt, weshalb sie die Nichtaufklärbarkeit etwaiger für ihre Position günstige Umstände trägt, sog. materielle Beweis- oder Feststellungslast.
Eine weitere Beweiserhebung ohne das Vorhandensein der streitgegenständlichen Gebäude hingegen kommt im konkreten Fall nicht in Betracht. Eine Begutachtung allein auf der Grundlage der vorhandenen gutachterlichen Feststellungen der Beteiligten ist nicht möglich, was das Gericht auf Grund der vorliegenden fachlichen Stellungnahmen der Beteiligten wiederum selbst feststellen kann. Sowohl die Ermittlungen des Fachbereichs Technik der Beklagten als auch die Begutachtungen, welche die Klägerin vorgelegt hat, enthalten deutlich zu wenig Anknüpfungstatsachen für eine Begutachtung ohne weiteres Vorhandensein des Objekts. Die Ansätze, die sich insbesondere aus dem Gutachten der Klägerin vom 12. Dezember 2014 ergeben, sind hierfür eindeutig zu wenig. Das folgt bereits aus dem Gutachten selbst, das sich nicht nur ausdrücklich auf eine reine Sichtprüfung beschränkt, sondern auch keine Funktionsprüfungen vorgenommen hat und die festgestellten Schäden ausdrücklich auch nur teilweise durch Fotoaufnahmen dokumentiert hat (vgl. S. 6 unten des Gutachtens vom 12.12.2014). In tatsächlicher Hinsicht dokumentiert sind jeweils immer nur Ausschnitte bzw. Stichproben. Es fehlt jedoch an einer kompletten oder doch wenigstens ausreichenden, d.h. über Einzelbeispiele und Stichproben hinausgehenden Aufnahme des Gebäudezustands.
Da somit eine weitere Ermittlung des Sachverhalts und der Grundlagen für die Beurteilung für den Kostenaufwand zur Instandsetzung nicht mehr möglich ist, bleibt es dabei, dass die Voraussetzungen für einen Wegfall des Wohnraums gemäß § 3 Abs. 3 Nr. 5 ZeS nicht vorliegen, weil die Wiederbewohnbarkeit zum maßgeblichen Zeitpunkt vor dem Abbruch mit einem objektiv wirtschaftlichen und zumutbaren Aufwand hätte hergestellt werden können.
Nach alledem ist die Klage abzuweisen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 167 VwGO i.V.m. 708 ff. ZPO.