Verwaltungsgericht München Urteil, 12. März 2018 - M 8 K 16.4384

published on 12/03/2018 00:00
Verwaltungsgericht München Urteil, 12. März 2018 - M 8 K 16.4384
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Gericht

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Tenor

I. Der Bescheid vom 25.8. 2016 (Az.: ......) wird aufgehoben.

II. Die Beklagte hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Die Beigeladene trägt ihre außergerichtlichen Kosten selbst.

III. Die Kostenentscheidung ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des vorläufig vollstreckbaren Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Mit seiner Klage wendet sich der Kläger als Nachbar gegen die der Beigeladenen durch die Beklagte erteilte Baugenehmigung vom 25. August 2016 für den temporären Umbau und die Umnutzung einer ehemaligen Turbinenhalle zu einem Kunstmuseum, Büroflächen und einem Museums-Café/-Restaurant auf dem streitgegenständlichen Grundstck ...straße 12, Fl.Nr. ..., Gemarkung ... (Altstadt).

Der Kläger ist Eigentümer der Grundstücke mit den Flurnummern ..., ..., ... und ..., jeweils Gemarkung .... Diese Grundstücke befinden sich südlich des streitgegenständlichen Grundstücks; die Grundstücke mir Fl.Nr. ... und ... grenzen unmittelbar hieran an.

Am 18. Juli 2016 (Eingangsdatum) beantragte die Beigeladene eine Baugenehmigung für die temporäre Umnutzung einer ehemaligen Turbinenhalle der ... zum Kunstmuseum, Büroflächen, einem Museumscafé und einem Museumsrestaurant, befristet bis zum Jahr 2021.

Im Untergeschoss sind Ausstellungsräume vorgesehen. Im Erdgeschoss befinden sich der Eingang zum Museum, ein Ausstellungsraum sowie ein Museumrestaurant und ein Museumscafé mit Shop, die sich beide einen bestuhlten Außenbereich (insgesamt max. 39 Sitzplätze) teilen. Im Obergeschoss sind Ausstellungsräume, Büros und ein Konferenzraum geplant.

Laut Betriebsbeschreibung vom 22. August 2016 sind als Öffnungszeiten Mittwoch bis Montag, 10:00 bis 20:00 Uhr geplant. Das Rahmenprogramm endet in der Regel um 23:00 Uhr, sodass das Haus um 24:00 Uhr, spätestens um 1:00 Uhr schließt. Die laufenden Ausstellungen sollen in der Regel von ca. 30-50 Personen pro Tag besucht werden. Die maximale Besucherzahl wird auf 199 Personen beschränkt. Die Gästebewirtung soll mittags sechs Tage die Woche von 12:00 Uhr bis 14:30 Uhr und abends fünf Tage die Woche von 18:30 Uhr bis 23:00 Uhr erfolgen. Der Außenbereich schließt um 22:00 Uhr. Das Museum soll durch ein Rahmenprogramm unterstützt und begleitet werden, insbesondere Vernissagen, im großen Rahmen mit bis zu 199 teilnehmenden Personen.

Den Bauvorlagen war eine Abschätzung zum Immissionsschutz der ... GmbH vom 11. August 2016 beigefügt (Bl. 47 der Behördenakte). Die Stellungnahme geht dabei von den Immissionsrichtwerten eines Besonderen Wohngebietes – so die Darstellung im Flächennutzungsplan –, also 60 dB(A) tags und 40 dB(A), aus, welche um 6 dB wegen der vorhandenen Vorbelastung zu reduzieren seien. Tagsüber werde lediglich an der Nordfassade des Gebäudes ...straße 16 der Grenzwert überschritten, was angesichts der Geräuschvorbelastung akzeptabel sei. Ein Betrieb der Parkplätze sowie der Freischankfläche nachts sei wegen klarer Überschreitung der Richtwerte nicht zulässig. Grundsätzlich sei davon auszugehen, dass aus immissionstechnischer Sicht keine Einwände gegen die geplante Nutzung bestünden. Allerdings sollte im Zuge der weiteren Planung die Verträglichkeit eventuell hinzukommender Schallquellen (z.B. Anlieferung) rechnerisch untersucht werden.

Mit streitgegenständlichem Bescheid vom 25. August 2016 (Az.: ......), dem Kläger laut Zustellungsurkunde am 27. August 2016 zugestellt, genehmigte die Beklagte den Bauantrag der Beigeladenen vom 18. Juli 2016 nach Plannummer ... sowie Betriebsbeschreibung vom 22. August 2016 mit Handeintragungen vom 11. August 2016 und 24. August 2016 [bzgl. der Pläne, nicht der Betriebsbeschreibung, Anm. d. Verf.] unter einer aufschiebenden Bedingung befristet bis zum 30. April 2021 als Sonderbau.

Die Betriebsbeschreibung wurde zum Bestandteil der Baugenehmigung erklärt. Das Vorhaben entspreche den öffentlich-rechtlichen Vorschriften, die im bauaufsichtlichen Verfahren zu prüfen seien; nachbarrechtlich geschützte Belange würden nicht beeinträchtigt; insbesondere würden keine Befreiungen oder Abweichungen erteilt, die nachbarrechtlich von Bedeutung seien.

Mit Schriftsatz vom 27. September 2016, beim Verwaltungsgericht München am selben Tage eingegangen, ließ die Klagepartei durch ihre Bevollmächtigten Klage erheben.

Mit Schriftsatz vom 27. November 2017 beantragten die Bevollmächtigten, den Baugenehmigungsbescheid vom 25. August 2016 (Az.: ......) aufzuheben.

Zur Begründung der Klage führten die Bevollmächtigten der Klagepartei im Wesentlichen aus, dass die Fenster der wohngenutzten Aufenthaltsräume der Gebäude des Klägers auf das streitgegenständliche Grundstück ausgerichtet seien.

Die Klagepartei meint, dass das Bauvorhaben gegen das Rücksichtnahmegebot verstoße. Von den Veranstaltungen mit bis zu 199 Personen bis 1:00 Uhr morgens an jedem Wochentag gingen offensichtlich ganz erhebliche Lärmbeeinträchtigungen für das Anwesen des Klägers aus (Lautäußerungen der Gäste und Stellplatzverkehr). Die Häufigkeit derartiger Großveranstaltungen sei nicht beschränkt. Auch fehlten jegliche Auflagen zu den Betriebsmodalitäten während derartiger Großveranstaltungen (Parkraumkonzept, Zu- und Abgangswege von fußläufigem Besucherverkehr etc.). Schließlich sehe die Baugenehmigung keine Lärmgrenzwerte vor. Selbst wenn man, was nicht sei, davon ausgehen wollte, dass keine Überschreitung der maßgeblichen Immissionsrichtwerte zu besorgen sei, wäre zumindest die Beauflagung entsprechender Grenzwerte erforderlich gewesen. Außerdem sei vorliegend keine immissionsschutzfachliche Einschätzung der zu erwartenden Immissionen getroffen worden.

Mit Schriftsatz vom 21. November 2017 beantragte die Beklagte,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung vertiefte sie ihre Begründung des streitgegenständlichen Bescheides und führte ergänzend aus, dass die Nutzung teilweise bereits aufgenommen worden sei. Ein Verstoß gegen das Gebot der Rücksichtnahme liege nicht vor, was sich aus dem zum Bauantrag eingereichten Schreiben zur Einschätzung der Immissionen sowie aus der detaillierten Betriebsbeschreibung ergebe.

Mit Beschluss vom 28. September 2016 wurde die Adressatin des streitgegenständlichen Bescheides zum Verfahren beigeladen.

Die Beigeladene äußerte sich nicht.

Das Gericht hat aufgrund des Beweisbeschlusses vom 16. November 2017 am 12. März 2018 über die Verhältnisse auf dem klägerischen Grundstück sowie in dessen Umgebung Beweis durch Einnahme eines Augenscheins erhoben. Hinsichtlich der Einzelheiten dieses Augenscheins und der mündlichen Verhandlung vom selben Tag, in welcher die Klagepartei und die Beklagte ihre schriftsätzlich angekündigten Anträge wiederholten, wird auf die entsprechende Sitzungsniederschrift verwiesen.

Wegen der weiteren Einzelheiten zum Sachverhalt und zum Vorbringen der Beteiligten wird im Übrigen auf die vorgelegten Behördenakten sowie die Gerichtsakte Bezug genommen.

Gründe

1. Das Gericht konnte trotz Ausbleibens der Beigeladenen im Termin zur mündlichen Verhandlung (und zum Augenschein) verhandeln und entscheiden, da die Beigeladene ordnungsgemäß zum Termin geladen und auf die Folgen des Ausbleibens hingewiesen wurde (vgl. § 102 Abs. 2 VerwaltungsgerichtsordnungVwGO).

2. Die zulässige Klage ist begründet und hat daher Erfolg. Der streitgegenständliche Bescheid ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO), da die Baugenehmigung – insbesondere die Betriebsbeschreibung – entgegen Art. 37 Abs. 1 Bayerisches Verwaltungsverfahrensgesetz (BayVwVfG) nicht hinreichend bestimmt ist und diese Unbestimmtheit vorliegend den Kläger in seinen drittschützenden Rechten verletzt.

2.1 Dritte können sich gegen eine Baugenehmigung nur dann mit Aussicht auf Erfolg zur Wehr setzen, wenn die angefochtene Baugenehmigung rechtswidrig ist und diese Rechtswidrigkeit zumindest auch auf der Verletzung von Normen beruht, die gerade auch dem Schutz des betreffenden Nachbarn zu dienen bestimmt sind (vgl. z.B. BayVGH, B.v. 24.3.2009 – 14 CS 08.3017 – juris Rn. 20). Es genügt daher nicht, wenn die Baugenehmigung gegen Rechtsvorschriften des öffentlichen Rechts verstößt, die nicht – auch nicht teilweise – dem Schutz der Eigentümer benachbarter Grundstücke zu dienen bestimmt sind. Dabei ist zu beachten, dass ein Nachbar eine Baugenehmigung zudem nur dann mit Erfolg anfechten kann, wenn die Genehmigung rechtswidrig ist und die Rechtswidrigkeit sich aus einer Verletzung von Vorschriften ergibt, die im Baugenehmigungsverfahren zu prüfen waren (BayVGH, a.a.O.). Verstößt ein Vorhaben gegen eine drittschützende Vorschrift, die im Baugenehmigungsverfahren aber nicht zu prüfen war, trifft die Baugenehmigung insoweit keine Regelung und der Nachbar ist darauf zu verweisen, Rechtsschutz gegen das Vorhaben über einen Antrag auf bauaufsichtliches Einschreiten gegen die Ausführung des Vorhabens zu suchen (vgl. BVerwG, B.v. 16.1.1997 – 4 B 244/96 – juris Rn. 3; BayVGH, B.v. 14.10.2008 – 2 CS 08/2132 – juris Rn. 3).

Vorliegend sind drittschützende Rechte des Klägers verletzt, da infolge der Unbestimmtheit der Baugenehmigung bzw. der Bauvorlagen der Gegenstand und Umfang der Baugenehmigung nicht eindeutig festgestellt und deshalb nicht ausgeschlossen werden kann, dass das genehmigte Vorhaben gegen nachbarschützendes Recht, insbesondere das Rücksichtnahmegebot, verstößt.

2.2 Eine Baugenehmigung muss inhaltlich hinreichend bestimmt sein (Art. 37 Abs. 1 BayVwVfG). Sie muss Inhalt, Reichweite und Umfang der genehmigten Nutzung eindeutig erkennen lassen, damit die mit dem Bescheid getroffene Regelung für die Beteiligten des Verfahrens nachvollziehbar und eindeutig ist (vgl. BayVGH, B.v. 20.3.2018 – 15 CS 17.2523 – juris Rn. 30). Dies betrifft insbesondere die mit dem Baugenehmigungsbescheid genehmigten Bauvorlagen.

Art. 64 Abs. 2 Satz 1 BayBO bestimmt, dass mit dem Bauantrag alle für die Beurteilung des Bauvorhabens und die Bearbeitung des Bauantrags erforderlichen Unterlagen (Bauvorlagen) einzureichen sind. Art, Umfang und Inhalt der vorzulegenden Bauvorlagen ergeben sich dabei aus der Bauvorlagenverordnung (BauVorlV), vgl. Art. 80 Abs. 4 BayBO. Die vorgelegten Bauvorlagen und die in ihnen enthaltenen Angaben müssen dabei vollständig, richtig und eindeutig sein (vgl. Gaßner in Simon/Busse, BayBO, Stand: 128. EL Dezember 2017, Art. 64 Rn. 75). Stellt sich bei der Prüfung durch die Behörde heraus, dass die Bauvorlagen inhaltlich unrichtige Angaben enthalten bzw. widersprüchlich oder sonst als Entscheidungsgrundlage für die Baugenehmigung ungeeignet sind, darf die Baugenehmigung nicht erteilt werden (vgl. Gaßner, a.a.O. Rn. 80; VG München, B.v. 28.11.2017 – M 8 SN 17.4766 – juris Rn. 57). Zu einer Unbestimmtheit gelangt man allerdings nur dann, wenn sich der Aussagegehalt des Verwaltungsakts nicht durch Auslegung ermitteln lässt (vgl. BVerwG, U.v. 29.10.1998 – 4 C 9/97 – juris Rn. 19).

Ein Nachbar hat zwar keinen materiellen Anspruch darauf, dass der Bauantragsteller einwandfreie und vollständige Bauvorlagen einreicht (vgl. Gaßner in Simon/Busse, BayBO, Stand: 128. EL Dezember 2017, Art. 64 Rn. 84 m.w.N.). Nachbarrechte können aber dann verletzt sein, wenn infolge der Unbestimmtheit einer Baugenehmigung bzw. der Bauvorlagen der Gegenstand und Umfang der Baugenehmigung nicht eindeutig festgestellt und deshalb nicht ausgeschlossen werden kann, dass das genehmigte Vorhaben gegen nachbarschützendes Recht verstößt (vgl. BayVGH, U.v. 20.05.1996 – 2 B 94.1513, BayVBl. 1997, 405 f.; B.v. 5.12.2001 – 26 ZB 01.1775 – juris Rn. 11 m.w.N.; VGH BW, B.v. 23.11.2017 – 3 S 1933/17 – juris Rn. 8). Dies gilt insbesondere dann, wenn eine Verletzung des Rücksichtnahmegebots nicht ausgeschlossen werden kann (vgl. BayVGH, B.v. 31.10.2016 – 15 B 16.1001 – juris Rn. 4; B.v. 5.7.2017 – 9 CS 17.603 – juris Rn. 13; jeweils m.w.N.). Wie weit das nachbarrechtliche Bestimmtheitserfordernis im Einzelnen reicht, beurteilt sich dabei nach dem jeweils anzuwendenden materiellen Recht (vgl. OVG NW, U.v. 6.6.2014 – 2 A 2757/12 – juris Rn. 73; NdsOVG, B.v. 26.1.2012 – 1 ME 226/11 – juris Rn. 22).

Wenn die Baugenehmigung selbst oder die der Baugenehmigung zu Grunde liegenden Bauvorlagen wegen Ungenauigkeiten bzw. wegen ihres Fehlens keine Entscheidung zulassen, ob die Anforderungen derjenigen Vorschriften gewährleistet sind, die zum Prüfprogramm des konkreten bauaufsichtlichen Verfahrens gehören und die Nachbarschutz vermitteln, kann eine Nachbarrechtsverletzung zur Aufhebung einer Baugenehmigung führen (vgl. BayVGH, U.v. 28.6.1999 – 1 B 97.3174 – juris Rn. 16). Betrifft die Unbestimmtheit oder Unrichtigkeit der Bauvorlagen solche Vorschriften, deren Verletzung im konkreten Fall subjektiv-öffentliche Abwehrrechte des Klägers begründen können, ist eine mögliche Rechtsverletzung des Klägers hierdurch zu bejahen (vgl. BayVGH, U.v. 28.6.1999 – 1 B 97.3174 – juris Rn. 16; B.v. 5.12.2001 a.a.O. juris Rn. 11 m.w.N.; Lechner in Simon/Busse, BayBO, Stand: 128. EL Dezember 2017, Art. 68 Rn. 472 m.w.N.).

2.3 Unter Zugrundelegung dessen sind die streitgegenständliche Baugenehmigung und insbesondere die Betriebsbeschreibung unbestimmt.

Aus der Betriebsbeschreibung ist zunächst nicht ersichtlich, an welchen Wochentagen das Café/Restaurant geöffnet hat. Diese spricht nur von einer Öffnung an „6 Tage[n] die Woche“ bzw. „5 Tage[n] die Woche“ (S. 4 der Betriebsbeschreibung). Der Umfang der genehmigten Nutzung ist daher nicht eindeutig festgelegt.

Zudem ist die Häufigkeit des Rahmenprogramms nicht eindeutig festgelegt. Auf Seite 4 der Betriebsbeschreibung wird lediglich der Umfang der möglichen einzelnen Veranstaltungen und deren Inhalt erläutert, nicht jedoch wie oft solche Veranstaltungen durchgeführt werden sollen. Der Hinweis auf Seite 5, dass „Veranstaltungen darüber hinaus“ mit der zuständigen Behörde abgeklärt werden, ist lediglich als Hinweis darauf zu verstehen, dass Veranstaltungen mit mehr als 199 Personen gesondert abgeklärt bzw. beantragt werden. Der Umfang der genehmigten Nutzung ist daher auch diesbezüglich nicht eindeutig festgelegt.

Schließlich verhalten sich weder die Baugenehmigung noch die Bauvorlagen bindend zu Belangen der Nachbarschaft im Hinblick auf die Lärmimmissionen, die vom Bauvorhaben ausgelöst werden. Die Baugenehmigung enthält keine Lärmschutzauflagen, obwohl aus der den Bauvorlagen beigefügten Abschätzung zum Immissionsschutz vom 11. August 2016 eindeutig zu entnehmen ist, dass Immissionsrichtwerte bereits im Rahmen der bloßen Abschätzung überschritten worden sind. Angesichts dessen musste es sich dem Bauherrn, aber auch der Beklagten aufdrängen, weitere Immissionsschutzbeurteilungen einzuholen, zumal dies auch in der Abschätzung empfohlen wurde, und jedenfalls durch Auflagen sicherzustellen, dass die Immissionsrichtwerte eingehalten sind. Dies beinhaltet auch die Festlegung auf einen Gebietstyp nach der Baunutzungsverordnung. Der Umfang der genehmigten Nutzung ist also auch insoweit nicht eindeutig festgelegt.

2.4 Diese Unbestimmtheit führt dazu, dass der Kläger – aber auch das die Baugenehmigung überprüfende Gericht – nicht abschließend beurteilen kann, ob das Vorhaben gegen das Rücksichtnahmegebot verstößt.

Inhaltich zielt das Gebot der Rücksichtnahme darauf ab, Spannungen und Störungen, die durch unverträgliche Grundstücksnutzungen entstehen, möglichst zu vermeiden. Welche Anforderungen das Gebot der Rücksichtnahme begründet, hängt wesentlich von den jeweiligen Umständen des Einzelfalles ab. Je empfindlicher und schutzwürdiger die Stellung desjenigen ist, dem die Rücksichtnahme im gegebenen Zusammenhang zu Gute kommt, desto mehr kann er an Rücksichtnahme verlangen. Je verständlicher und unabweisbarer die mit dem Vorhaben verfolgten Interessen sind, umso weniger braucht derjenige, der das Vorhaben verwirklichen will, Rücksicht zu nehmen. Abzustellen ist darauf, was einerseits dem Rücksichtnahmebegünstigten und andererseits dem Rücksichtnahmeverpflichteten nach Lage der Dinge zuzumuten ist (vgl. BVerwG, U.v. 18.11.2004 – 4 C 1.04 – juris, Rn. 22; U.v. 29.11.2012 – 4 C 8.11 – juris Rn. 16; BayVGH, B.v. 12.9.2013 – 2 CS 13.1351 – juris Rn. 4; B.v. 23.1.2018 – 15 CS 17.2575 – juris Rn. 22 m.w.N.). Das Gebot der Rücksichtnahme gibt den Nachbarn aber nicht das Recht, von jeglicher Beeinträchtigung der Licht- und Luftverhältnisse oder der Verschlechterung der Sichtachsen von seinem Grundstück aus verschont zu bleiben. Eine Rechtsverletzung ist erst dann zu bejahen, wenn von dem Vorhaben eine unzumutbare Beeinträchtigung ausgeht (vgl. BayVGH, B.v. 22.6.2011 – 15 CS 11.1101 – juris Rn. 17).

Ob eine Unzumutbarkeit in diesem Sinne durch das Vorhaben ausgelöst wird, kann anhand der Baugenehmigung und der Bauvorlagen nicht ausgeschlossen werden. Denn für eine derartige Beurteilung kommt es maßgeblich auf den Umfang der Nutzung an und die dadurch ausgelösten Beeinträchtigungen. Wie oft, zu welchen Zeiten und in welcher Intensität der Kläger durch die genehmigte Nutzung in seinen Rechten beeinträchtigt wird, ist aber wie oben dargelegt unklar. Diese Unsicherheit hat der Kläger nicht hinzunehmen, sondern kann seine subjektiv-öffentlichen Abwehrrechte dagegen geltend machen, was vorliegend zur Aufhebung der Baugenehmigung führt.

3. Der Klage war mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO stattzugeben. Da die Beigeladene keinen Antrag gestellt hat und sich somit keinem Kostenrisiko ausgesetzt hat, entspricht es der Billigkeit, dass ihr keine Kosten auferlegt werden und sie ihre außergerichtlichen Kosten selbst trägt (vgl. §§ 154 Abs. 3, 162 Abs. 3 VwGO).

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung er-folgt gemäß § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. Zivilprozessordnung (ZPO).

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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au
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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

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published on 31/10/2016 00:00

Tenor I. Das Verfahren wird eingestellt. II. Das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts Regensburg vom 9. Dezember 2014 ist wirkungslos geworden. III. Der Beklagte und der Beigeladene tragen die Kosten
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Tenor I. Die Beschwerde wird zurückgewiesen. II. Die Antragsteller tragen als Gesamtschuldner die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen. III. Der Streitwert für das Bes
published on 05/07/2017 00:00

Tenor I. Die Beschwerde wird zurückgewiesen. II. Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen. III. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wi
published on 20/03/2018 00:00

Tenor I. Die Beschwerde wird zurückgewiesen. II. Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen. III. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird
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Annotations

(1) Sobald der Termin zur mündlichen Verhandlung bestimmt ist, sind die Beteiligten mit einer Ladungsfrist von mindestens zwei Wochen, bei dem Bundesverwaltungsgericht von mindestens vier Wochen, zu laden. In dringenden Fällen kann der Vorsitzende die Frist abkürzen.

(2) Bei der Ladung ist darauf hinzuweisen, daß beim Ausbleiben eines Beteiligten auch ohne ihn verhandelt und entschieden werden kann.

(3) Die Gerichte der Verwaltungsgerichtsbarkeit können Sitzungen auch außerhalb des Gerichtssitzes abhalten, wenn dies zur sachdienlichen Erledigung notwendig ist.

(4) § 227 Abs. 3 Satz 1 der Zivilprozeßordnung ist nicht anzuwenden.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.