Verwaltungsgericht München Urteil, 26. Feb. 2018 - M 8 K 16.1293

published on 26/02/2018 00:00
Verwaltungsgericht München Urteil, 26. Feb. 2018 - M 8 K 16.1293
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Tenor

I. Die Baugenehmigung vom 16. Februar 2016 (Az.: ...) wird aufgehoben.

II. Die Beklagte und die Beigeladene haben die Kosten des Verfahrens zu je ½ zu tragen.

III. Die Kostenentscheidung ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe des jeweils vorläufig vollstreckbaren Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Mit ihrer Klage begehrt die Klägerin die Aufhebung der der Beigeladenen von der Beklagten erteilten Baugenehmigung vom 16. Februar 2016 für das Bauvorhaben „Ersatzbau Hoteltrakt (…-str. 5 / …-platz 6), Teilabbruch Gebäudeteil G ab dem 4. OG und Neuaufbau“ auf dem streitgegenständlichen Grundstück …-str. 5, Fl.Nr. …, Gem. …

Die Beigeladene ist Eigentümerin der Grundstücke Fl.Nr. …, …, … und … der Gemarkung …  und betreibt im Bereich zwischen dem …nplatz 2 bis 6 und der …-straße 5 ein Luxushotel mit ca. 340 Zimmern, 5 Restaurants, 6 Bars, einer Diskothek und einem Wellnessbereich. Die verschiedenen Gebäudeteile verfügen über bis zu neun Geschosse. Der Haupteingang des Hotels der Beigeladenen samt Hotelvorfahrt befindet sich am …-platz. Im Bereich der …-straße 5 befinden sich die Einfahrt in die Tiefgarage des Hotels sowie die Anlieferung für den gesamten Hotel- und Gastronomiebereich. Die Anliefervorgänge finden in dem öffentlichen Verkehrsraum in der …-straße statt.

Die Klägerin ist u.a. Eigentümerin der Grundstücke mit den Fl.Nr. … und … der Gemarkung …, die nördlich der Grundstücke der Beigeladenen – getrennt durch die ca. 22 m breite …-straße – gegenüber der Tiefgarageneinfahrt des Hotels der Beigeladenen liegen. Das Areal …-Straße 1/ …-straße 2 + 4/ …-straße 11 + 13 ist mit fünf zwei- bis fünfstöckigen Gebäuden bebaut, die derzeit als Versammlungsstätten und Büros genutzt werden.

All diese Grundstücke liegen im sog. Kreuzviertel, welches – im Wesentlichen – im Norden durch die …-straße, im Osten durch die …-straße, im Süden durch die … Straße/ …-straße und im Westen durch den …-platz begrenzt wird.

Lageplan (nach Einscannen möglicherweise nicht mehr maßstabsgetreu)

Die Klägerin plant auf ihrem Grundstück mit Fl.Nr. … die Errichtung eines Hotels mit 132 Zimmern und auf dem Grundstück mit Fl.Nr. … die Errichtung eines Büro- und Geschäftshauses. Gegen die hierfür erteilten Baugenehmigungen erhob die Beigeladene Klagen, die unter den Aktenzeichen M 8 K 16.2434 und M 8 K 17.5742 geführt werden und die mit Urteil vom 26. Februar 2018 abgewiesen wurden. Die gegen den Vorbescheid bezüglich der beiden Grundstücke gerichtete Klage der Beigeladenen hatte vor dem Verwaltungsgericht München (M 8 K 14.90) teilweise Erfolg, wurde dagegen vom Bayerischen Verwaltungsgerichtshof (2 ZB 15.856 und 2 B 17.284) abgewiesen. Über den Antrag auf Zulassung der Revision (4 B 63.17) hat das Bundesverwaltungsgericht noch nicht entschieden.

Am 19. Mai 2015 (Eingangsdatum) beantragte die Beigeladene die Erteilung einer Baugenehmigung für „Ersatzbau Hoteltrakt – Teilabbruch Gebäudeteil G ab 4. OG und Neuaufbau“ auf dem streitgegenständlichen Grundstück.

Bisher verfügte der streitgegenständliche Gebäudeteil G über sechs Obergeschosse. Die Firsthöhe des Gebäudeteils betrug 30,62 m.

Der Ersatzbau ist von der Kubatur größer als der abzureißende Altbestand. Der geplante Gebäudeteil G ist in den Obergeschossen 4 – 8 26,925 m lang und 17,72 breit, wobei die westliche Außenwand schräg verläuft und eine Fläche in der nordöstlichen Ecke zu einem anderen Gebäudeteil gehört.

Die Firsthöhe beträgt 30,83 m, die Wandhöhe des 8. Obergeschosses ca. 30 m, die Wandhöhe des 7. Obergeschosses 27,085 m. Das Dach ist nach Norden und Süden sowie im Westen (dort nur auf einer Länge von ca. 6,5 m) um 7° geneigt.

Mit Bescheid vom 16. Februar 2016 (Az.: ...), der Klägerin laut Zustellungsurkunde am 19. Februar 2016 zugestellt, genehmigte die Beklagte den Bauantrag der Beigeladenen vom 19. Mai 2015 nach Plan-Nr. … mit Handeintragungen des Entwurfsverfassers vom 12. August 2015, vom 2. Oktober 2015 und vom 2. Dezember 2015 [richtig wohl 3. Dezember 2015] unter einer aufschiebenden Bedingung als Sonderbau.

Die Beklagte würdigte die Einwendungen der Nachbarn, insbesondere die der Klägerin. Die erhobenen Einwendungen würden nicht durchgreifen. Die Klägerin sei keine Nachbarin im Sinne des Art. 66 BayBO. Zudem sei eine Erhöhung der Zimmeranzahl um neun Zimmer nicht geeignet, im Hinblick auf die verkehrliche Belastung einen Verstoß gegen das Rücksichtnahmegebot gegenüber einem Eigentümer auf der anderen Straßenseite der …-straße auszulösen. Die geplante rückwärtige Erweiterung des bestehenden Hotels füge sich in die nähere Umgebung ein; das Rücksichtnahmegebot würde nicht verletzt. Die für die Erweiterung notwendigen Stellplätze würden in Form einer Stellplatzablöse nachgewiesen. Die Zustellung dieser Baugenehmigung an die Klägerin erfolge nur für den Fall, dass das Verwaltungsgericht die Nachbareigenschaft anders beurteilen sollte.

Das Bauvorhaben ist bereits umgesetzt.

Mit Schriftsatz vom 17. März 2016, beim Verwaltungsgericht München am selben Tage eingegangen, ließ die Klägerin durch ihre Bevollmächtigten Klage erheben mit dem Antrag,

die Baugenehmigung der Beklagten vom 16. Februar 2016 (Az: ...) aufzuheben.

Zur Begründung der Klage führten die Bevollmächtigten der Klägerin aus, dass die Klage zulässig sei, da die Klägerin klagebefugt sei. Sie sei „Nachbarin“ im baurechtlichen Sinne.

Die Baugenehmigung sei im Hinblick auf die Nachbarauswirkungen unbestimmt und damit rechtswidrig. Den Bauvorlagen fehle insbesondere eine Betriebsbeschreibung, die sich mit den konkreten Auswirkungen des streitgegenständlichen Vorhabens auseinandersetze. Es seien auch kein Verkehrsgutachten und kein Stellplatznachweis für den Gesamtkomplex des Hotels … … vorgelegt worden. Wie sich die Zahl von sechs zusätzlich erforderlichen Stellplätzen errechne, sei völlig unklar und mache einmal mehr deutlich, dass es einer Gesamtbetrachtung der verkehrlichen Situation dringend bedürfe. Die Nachbarbetroffenheit lasse sich daher nicht beurteilen.

Zudem verstoße die Baugenehmigung gegen das Gebot der Rücksichtnahme. Die Intensivierung der Nutzung durch zusätzliche Zimmer/Betten habe Auswirkungen auf die Lärmbelastung. Der Klägerin sei nicht zuzumuten, dass die Beigeladene die bereits belastete verkehrliche und akustische Kapazität der …-straße einseitig zusätzlich in Anspruch nehme, ohne die Verkehrsverträglichkeit des Bauvorhabens durch ein Verkehrsgutachten nachzuweisen. Zudem stelle die vollständige Ablösung der aufgrund des Bauvorhabens notwendigen zusätzlichen sechs Stellplätze einen Verstoß gegen das Rücksichtnahmegebot dar. Eine Ablöse von Stellplätzen komme nur in Betracht, wenn ihre Herstellung unmöglich sei und hierdurch keine unzumutbare Verschärfung der Verkehrssituation hervorgerufen werde. Es liege auf der Hand, dass die mit der Aufstockung einhergehende Nutzungsintensivierung zu einer Erhöhung der Belegung der Zimmer und der Stellplätze in der Tiefgarage des … … sowie zu weiterem Parksuchverkehr durch Hotelgäste führen werde. Es sei völlig unklar, über wie viele Stellplätze der … … aktuell verfüge bzw. verfügen müsste. Es bestünden Anhaltspunkte dafür, dass bereits die bestehenden Stellplatzverpflichtungen durch die Beigeladene nicht erfüllt und Auflagen von dieser missachtet würden. Eine Begründung dafür, warum die Herstellung von Stellplätzen der Beigeladenen entbehrlich sei, finde sich weder im Bauantrag noch in der Baugenehmigung. Ein Nachweis darüber, dass der zusätzliche Parksuchverkehr nicht zu einer unzumutbaren Verschärfung der Verkehrssituation in der …-straße führen werde, sei nicht vorgelegt worden.

Mit Schriftsatz vom 10. November 2017 führten die Bevollmächtigten der Klägerin weiter aus, dass unklar sei, wie viele Zimmer und Betten das Hotel der Klägerin bislang habe und wie viele durch das Bauvorhaben hinzukommen würden, wie viele Stellplätze der Gesamtkomplex der Klägerin bauordnungsrechtlich benötige, wie viele Stellplätze davon tatsächlich hergestellt worden seien, ob die für den Stellplatznachweis beurteilten Nutzungen der Realität entsprechen und welche Auswirkungen die Nutzungsintensivierung auf die Verkehrssituation in der …-straße habe. Insbesondere seien die Angaben hinsichtlich der hinzukommenden Zimmer widersprüchlich; mal werde von neun Zimmern, mal von zehn Zimmern gesprochen.

Im Hinblick auf frühere bauliche Vorhaben führte die Klägerin aus, dass unklar sei, ob die Beigeladene ihren stellplatzrechtlichen Verpflichtungen nachgekommen sei.

Es sei nicht nachvollziehbar, dass sich der Anlieferverkehr bei 20 zusätzlichen Gästen nicht erhöhe.

Die Ladezone der Beigeladenen beeinträchtige den Verkehrsfluss in der …-straße ständig.

Die Beigeladene verfüge lediglich über eine Ausnahmegenehmigung vom Halteverbot in der …-straße, nicht jedoch über eine straßenrechtliche Sondernutzungserlaubnis.

Im Übrigen wiederholte und vertiefte die Klägerin ihren Vortrag aus der Klageschrift.

Mit Schriftsatz vom 9. Februar 2018 ergänzten die Bevollmächtigten der Klägerin ihren bisherigen Vortrag. Sie wiesen insbesondere darauf hin, dass die von der Klägerin mittels Verkehrsgutachten nachgewiesene Verkehrsverträglichkeit des Bauvorhabens der Klägerin nicht automatisch auch die Verkehrsverträglichkeit des Vorhabens der Beigeladenen zur Folge habe. Mit verkehrsrechtlicher Anordnung des Kreisverwaltungsreferates vom 24. Januar 2018 sei das absolute Halteverbot im Bereich der Ladezone des Hotels der Klägerin aufgehoben worden; der Abschnitt solle nun mit einer in der Blauen Zone Altstadt üblichen gelben Ladezonenmarkierung gekennzeichnet werden. Die von der Beigeladenen vorgelegte Verkehrsuntersuchung vom 31. Juli 2017 stelle lediglich eine allgemeine Bestandsanalyse der Verkehrssituation im Kreuzviertel dar.

Mit Schriftsatz vom 14. Juni 2017 hat die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung führte die Beklagte im Wesentlichen aus, dass die Bauvorlagen vollständig und hinreichend bestimmt seien, da eine Betriebsbeschreibung bezüglich des Vorhabens vorliege und die Ablösung der zusätzlichen Stellplätze ordnungsgemäß und rechtmäßig erfolgt sei.

Die Erhöhung der Zimmeranzahl im vorliegenden Kerngebiet halte sich im Nutzungsrahmen und begründe daher keinen Verstoß gegen den Gebietserhaltungsanspruch. Im Rahmen der Prüfung des Rücksichtnahmegebots sei auch die Situationsvorbelastung des Nachbargrundstücks zu berücksichtigen. Es seien keine für die Klägerin unzumutbaren Verkehrsimmissionen zu erwarten. Der durch die zusätzlichen neun Zimmer ausgelöste Zu- und Abfahrtsverkehr führe zu keiner wesentlichen, insbesondere zu keiner unzumutbaren nachteiligen Veränderungen zu Lasten der Klägerin. Die bisherige Situation der Klägerin sei durch das bestehende Verkehrsgeschehen bereits vorgeprägt, sodass die durch das Bauvorhaben gegebenenfalls hinzukommenden Verkehrs- und Abgaseinwirkungen zu vernachlässigen seien.

Abschließend sei festzuhalten, dass die Pflicht zur Herstellung einer ausreichenden Zahl von Stellplätzen oder Garagen nicht nachbarschützend sei.

Mit Beschluss vom 21. März 2016 wurde die Bauherrin und Adressatin des streitgegenständlichen Bescheids zum Verfahren beigeladen.

Mit Schriftsatz vom 22. Juli 2016 beantragten die Bevollmächtigten der Beigeladenen,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung führte die Beigeladenenpartei im Wesentlichen aus, dass der Klägerin das Rechtsschutzbedürfnis für die Klage fehle, da die Klagebegründung in wesentlichen Teilen im Widerspruch zu den von der Klägerin selbst in Auftrag gegebenen gutachterlichen Stellungnahmen stehe, sie keine Nachbarin im Sinne von Art. 66 BayBO sei, die Nachbarstellung von dem Bauvorhaben im Blockinneren des Bestandsgebäudes in keiner Weise oder allenfalls unmaßgeblich berührt werde und die Klage rechtsmissbräuchlich sei, da sie allein der Generierung von potentieller „Verhandlungsmasse“ in der eigentlichen Auseinandersetzung zwischen der Klägerin und der Beigeladenen über das Bauvorhaben der Klägerin diene.

Die Baugenehmigung sei nicht unbestimmt; der Bauantrag sei vollständig. Die Klägerin kenne insbesondere die Stellplatzsituation des Gesamtkomplexes Hotel … … aufgrund ihres eigenen Bauvorhabens.

Eine Betriebsbeschreibung sei dem Bauantrag beigefügt worden.

Hinsichtlich des angeblichen Verstoßes gegen das Gebot der Rücksichtnahme sei der Vortrag der Klägerin bereits unschlüssig, da sie anführe aufgrund der angeblichen Unbestimmtheit der Baugenehmigung die Rücksichtslosigkeit nicht beurteilen zu können. Die Herstellung weiterer sechs Stellplätze im Bestandsgebäude der Beigeladenen sei unmöglich bzw. wäre nur mit absolut unverhältnismäßigem Aufwand möglich.

Mit Stellplatz-Sofortablösevertrag vom 12. Oktober 2015 seien sechs Stellplätze abgelöst worden. Die …-straße sei eine öffentliche Straße, die sowohl von Privaten als auch von Gewerbetreibenden genutzt werde. Auf der …-straße seien 84 öffentliche, kostenpflichtige Kurzzeitparkplätze ausgewiesen, die einer schnellen Fluktuation unterlägen, was sich wiederum naturgemäß auf die „akustische Kapazität der …-straße“ auswirke. Unzutreffend sei auch, dass die Stellplätze in der Tiefgarage des Hotels … … nicht ausreichend seien, um den tatsächlichen Stellplatzbedarf des Hotels zu decken. Parksuchverkehr durch einen Hotelgast sei durch das Verfahren des sog. „Valet Parking“ zudem so gut wie ausgeschlossen.

Die Klage sei unzulässig, da keine Verletzung von Nachbarrechten durch die Erhöhung der Zimmerzahl um neun möglich sei. Die Bettenzahl steige insgesamt um nur 2,75%. Es sei daher mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen, dass es hierdurch zu einer wahrnehmbaren Veränderung der verkehrlichen und akustischen Kapazitäten im Bereich der …-straße komme; eine detaillierte Untersuchung seitens der Beklagten oder der Beigeladenen habe es daher nicht bedurft. In dem von der Klägerin beauftragten Verkehrsgutachten des Büros … + … (Stand: September 2015) heiße es, dass die vorhabenbedingte Verkehrszunahme durch die von der Klägerin beantragten 150 neuen Hotelzimmer im ungünstigsten Fall ca. 12% betragen sollen. Die dadurch bedingte Erhöhung des Verkehrslärms könne vom menschlichen Ohr nicht wahrgenommen werden. Auch hinsichtlich der „verkehrlichen Gesamtsituation“ könne es nach diesem Gutachten zu keiner Beeinträchtigung der klägerischen Rechte kommen. Mit zusätzlichem An- und Abfahrtsverkehr durch Erweiterung des Personals um eine Mitarbeiterin sowie Anlieferverkehr durch Lkw sei nicht zu rechnen.

Mit Schriftsatz vom 5. Januar 2018 ergänzten die Bevollmächtigten der Beigeladenen, dass es keine rechtliche Pflicht der Beigeladenen gebe, ihrem Bauantrag ein Verkehrsgutachten beizufügen. Zudem erläuterte die Beigeladene die Veränderung der Anzahl der Zimmer in ihrem Hotel. Vor dem hier streitgegenständlichen Umbau habe das Hotel über 328 Zimmer (inklusive Suiten) und 625 Betten verfügt, nunmehr seien 337 Zimmer (inklusive Suiten) und 648 Betten vorhanden. Die Beigeladene habe sich im Übrigen immer an alle Stellplatzvorgaben der Beklagten gehalten.

Das Gericht hat aufgrund des Beweisbeschlusses vom 4. Oktober 2017 am 26. Februar 2018 über die Verhältnisse auf dem klägerischen Grundstück sowie in dessen Umgebung Beweis durch Einnahme eines Augenscheins erhoben. Hinsichtlich der Einzelheiten dieses Augenscheins und der mündlichen Verhandlung vom selben Tag, in welcher die Beteiligten ihre schriftsätzlich angekündigten Anträge wiederholten, wird auf die entsprechende Sitzungsniederschrift verwiesen.

Wegen der weiteren Einzelheiten zum Sachverhalt und zum Vorbringen der Beteiligten wird im Übrigen auf die vorgelegten Behördenakten sowie die Gerichtsakte in diesem Verfahren sowie in den Verfahren M 8 K 17.5742, M 8 K 16.2434 und M 8 K 14.90 Bezug genommen.

Gründe

Die Klage hat Erfolg, da sie zulässig und begründet ist. Die streitgegenständliche Baugenehmigung vom 16. Februar 2016 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren nachbarschützenden Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).

1. Die Klage ist zulässig, da die Klägerin insbesondere klagebefugt gemäß § 42 Abs. 2 VwGO ist.

Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Anfechtungsklage gemäß § 42 Abs. 2 VwGO nur zulässig, wenn der Kläger geltend macht, durch den Verwaltungsakt in seinen Rechten verletzt zu sein. Ist der Kläger nicht Adressat eines Verwaltungsakts, sondern lediglich als Dritter betroffen, so ist für die Klagebefugnis erforderlich, dass er die Verletzung einer Vorschrift behauptet, die ihn als Dritten zu schützen bestimmt ist und die Verletzung dieser Vorschrift zumindest möglich erscheint. Dies ist allerdings dann nicht der Fall, wenn offensichtlich und eindeutig nach keiner Betrachtungsweise die vom Kläger behaupteten Rechte bestehen oder ihm zustehen können (vgl. z.B. BVerwG, B.v. 22.12.2016 – 4 B 13.16 – juris Rn. 7 m.w.N.; BayVGH, B.v. 9.5.2017 – 9 CS 16.1241 – juris Rn. 17).

Die Möglichkeit einer Verletzung in eigenen drittschützenden Rechten hat die Klägerin vorliegend plausibel geltend gemacht. Es ist nicht von vornherein auszuschließen, dass der Ersatzbau unter Teilabriss des Gebäudeteils G, verbunden mit einer Erhöhung der Zimmer- und Bettenanzahl, zu einer Verletzung des Rücksichtnahmegebots führen kann, da insbesondere eine Erhöhung der allgemeinen Verkehrsbelastung möglich erscheint, die – abhängig von dem konkreten Einzelfall – zur Unzumutbarkeit des Bauvorhabens führen kann. Denn vorliegend ist zu berücksichtigen, dass das Bauvorhaben in einem verkehrlich angespannten Bereich geplant ist, was das Gericht in diesem Verfahren und in den Verfahren M 8 K 14.90, M 8 K 16.2434 und M 8 K 17.5742 im Rahmen seiner Augenscheinstermine festgestellt hat. Aufgrund dieser Vorbelastung erscheint es zumindest denkbar, dass auch eine im Verhältnis zur Bestandsnutzung geringe Erhöhung zu einer (nunmehr) rücksichtslosen Belastung der Klägerin führen kann.

Von diesem materiell-rechtlichen Nachbarbegriff ist der Nachbarbegriff im verfahrensrechtlichen Sinn nach Art. 66 Bayerische Bauordnung (BayBO) zu unterscheiden (vgl. Dirnberger in Simon/Busse, BayBO, 128. EL Dezember 2017, Art. 66 Rn.59). Benachbart im Sinne Art. 66 BayBO sind aber ebenfalls nicht nur die Grundstücke, die unmittelbar an das Baugrundstück angrenzen, sondern auch diejenigen Grundstücke, die in nachbarrechtlich relevanter Weise im Einwirkungsbereich des Bauvorhabens liegen (vgl. BayVGH, B.v. 3.2.1997, NVwZ-RR 1998, 487), der nach Art und Intensität der von dem Vorhaben ausgehenden Beeinträchtigungen verschieden bemessen sein kann und dementsprechend flexibel den Kreis der Nachbarn bestimmt. Das bedeutet, dass ein Grundstück dann benachbart i.S.d. Art. 66 Abs. 1 Satz 1 BayBO ist, wenn das Bauvorhaben so zu diesem Grundstück liegt, wie z.B. in einer solchen Nähe, dass es sich auf dieses und besonders dessen Nutzung unmittelbar und tatsächlich auswirken kann. Im Regelfall werden nur die unmittelbar angrenzenden Grundstücke benachbart sein. Vor allem bei Lärm, Abgasen, Gerüchen oder sonst emittierenden Vorhaben können aber auch noch andere als angrenzende Grundstücke benachbart sein, da jedes Grundstück benachbart ist, das belastenden Auswirkungen ausgesetzt sein kann; insofern ist eine potentielle Betroffenheit ausreichend (vgl. Dirnberger in Simon/Busse, BayBO, 128. EL Dezember 2017, Art. 66 Rn.65 ff. m.w.N.; BayVGH, B.v. 4.4.2011 – 14 CS 11.263 – juris Rn. 29).

Obige Erwägungen können vorliegend also entsprechend angewandt werden; die Klägerin erfüllt aufgrund der möglichen Betroffenheit durch die verkehrlichen Auswirkungen den formellen Nachbarbegriff.

2. Die Klage ist auch begründet Dritte können sich gegen eine Baugenehmigung nur dann mit Aussicht auf Erfolg zur Wehr setzen, wenn die angefochtene Baugenehmigung rechtswidrig ist und diese Rechtswidrigkeit zumindest auch auf der Verletzung von Normen beruht, die gerade auch dem Schutz des betreffenden Nachbarn zu dienen bestimmt sind (vgl. z.B. BayVGH, B.v. 24.3.2009 – 14 CS 08.3017 – juris Rn. 20). Es genügt daher nicht, wenn die Baugenehmigung gegen Rechtsvorschriften des öffentlichen Rechts verstößt, die nicht – auch nicht teilweise – dem Schutz der Eigentümer benachbarter Grundstücke zu dienen bestimmt sind. Dabei ist zu beachten, dass ein Nachbar eine Baugenehmigung zudem nur dann mit Erfolg anfechten kann, wenn die Genehmigung rechtswidrig ist und die Rechtswidrigkeit sich aus einer Verletzung von Vorschriften ergibt, die im Baugenehmigungsverfahren zu prüfen waren (BayVGH, a.a.O.). Verstößt ein Vorhaben gegen eine drittschützende Vorschrift, die im Baugenehmigungsverfahren aber nicht zu prüfen war, trifft die Baugenehmigung insoweit keine Regelung und der Nachbar ist darauf zu verweisen, Rechtsschutz gegen das Vorhaben über einen Antrag auf bauaufsichtliches Einschreiten gegen die Ausführung des Vorhabens zu suchen (vgl. BVerwG, B.v. 16.1.1997 – 4 B 244/96 – juris Rn. 3; BayVGH, B.v. 14.10.2008 – 2 CS 08/2132 – juris Rn. 3).

Vorliegend sind drittschützende Rechte der Klägerin verletzt, da infolge der Unbestimmtheit der Baugenehmigung bzw. der Bauvorlagen der Gegenstand und Umfang der Baugenehmigung nicht eindeutig festgestellt und deshalb nicht ausgeschlossen werden kann, dass das genehmigte Vorhaben gegen nachbarschützendes Recht, insbesondere das Rücksichtnahmegebot, verstößt.

2.1 Die Baugenehmigung ist zu unbestimmt, weshalb insbesondere die Prüfung der Vereinbarkeit des Vorhabens mit dem Rücksichtnahmegebot durch das Gericht nicht erfolgen kann.

2.1.1 Eine Baugenehmigung muss inhaltlich hinreichend bestimmt sein (Art. 37 Abs. 1 Bayerisches Verwaltungsverfahrensgesetz – BayVwVfG). Sie muss Inhalt, Reichweite und Umfang der genehmigten Nutzung eindeutig erkennen lassen, damit die mit dem Bescheid getroffene Regelung für die Beteiligten des Verfahrens nachvollziehbar und eindeutig ist (vgl. BayVGH, B.v. 20.3.2018 – 15 CS 17.2523 – juris Rn. 30). Dies betrifft insbesondere die mit dem Baugenehmigungsbescheid genehmigten Bauvorlagen.

Art. 64 Abs. 2 Satz 1 BayBO bestimmt, dass mit dem Bauantrag alle für die Beurteilung des Bauvorhabens und die Bearbeitung des Bauantrags erforderlichen Unterlagen (Bauvorlagen) einzureichen sind. Art, Umfang und Inhalt der vorzulegenden Bauvorlagen ergeben sich dabei aus der Bauvorlagenverordnung (BauVorlV), vgl. Art. 80 Abs. 4 BayBO. Die vorgelegten Bauvorlagen und die in ihnen enthaltenen Angaben müssen dabei vollständig, richtig und eindeutig sein (vgl. Gaßner in Simon/Busse, BayBO, Stand: 128. EL Dezember 2017, Art. 64 Rn. 75). Stellt sich bei der Prüfung durch die Behörde heraus, dass die Bauvorlagen inhaltlich unrichtige Angaben enthalten bzw. widersprüchlich oder sonst als Entscheidungsgrundlage für die Baugenehmigung ungeeignet sind, darf die Baugenehmigung nicht erteilt werden (vgl. Gaßner, a.a.O. Rn. 80; VG München, B.v. 28.11.2017 – M 8 SN 17.4766 – juris Rn. 57). Zu einer Unbestimmtheit gelangt man allerdings nur dann, wenn sich der Aussagegehalt des Verwaltungsakts nicht durch Auslegung ermitteln lässt (vgl. BVerwG, U.v. 29.10.1998 – 4 C 9/97 – juris Rn. 19).

Ein Nachbar hat zwar keinen materiellen Anspruch darauf, dass der Bauantragsteller einwandfreie und vollständige Bauvorlagen einreicht (vgl. Gaßner in Simon/Busse, BayBO, Stand: 128. EL Dezember 2017, Art. 64 Rn. 84 m.w.N.). Nachbarrechte können aber dann verletzt sein, wenn infolge der Unbestimmtheit einer Baugenehmigung bzw. der Bauvorlagen der Gegenstand und Umfang der Baugenehmigung nicht eindeutig festgestellt und deshalb nicht ausgeschlossen werden kann, dass das genehmigte Vorhaben gegen nachbarschützendes Recht verstößt (vgl. BayVGH, U.v. 20.05.1996 – 2 B 94.1513, BayVBl. 1997, 405 f.; B.v. 5.12.2001 – 26 ZB 01.1775 – juris Rn. 11 m.w.N.; VGH BW, B.v. 23.11.2017 – 3 S 1933/17 – juris Rn. 8). Dies gilt insbesondere dann, wenn eine Verletzung des Rücksichtnahmegebots nicht ausgeschlossen werden kann (vgl. BayVGH, B.v. 31.10.2016 – 15 B 16.1001 – juris Rn. 4; B.v. 5.7.2017 – 9 CS 17.603 – juris Rn. 13; jeweils m.w.N.). Wie weit das nachbarrechtliche Bestimmtheitserfordernis im Einzelnen reicht, beurteilt sich dabei nach dem jeweils anzuwendenden materiellen Recht (vgl. OVG NW, U.v. 6.6.2014 – 2 A 2757/12 – juris Rn. 73; NdsOVG, B.v. 26.1.2012 – 1 ME 226/11 – juris Rn. 22).

Wenn die Baugenehmigung selbst oder die der Baugenehmigung zu Grunde liegenden Bauvorlagen wegen Ungenauigkeiten bzw. wegen ihres Fehlens keine Entscheidung zulassen, ob die Anforderungen derjenigen Vorschriften gewährleistet sind, die zum Prüfprogramm des konkreten bauaufsichtlichen Verfahrens gehören und die Nachbarschutz vermitteln, kann eine Nachbarrechtsverletzung zur Aufhebung einer Baugenehmigung führen (vgl. BayVGH, U.v. 28.6.1999 – 1 B 97.3174 – juris Rn. 16). Betrifft die Unbestimmtheit oder Unrichtigkeit der Bauvorlagen solche Vorschriften, deren Verletzung im konkreten Fall subjektiv-öffentliche Abwehrrechte der Klägerin begründen können, ist eine mögliche Rechtsverletzung der Klägerin hierdurch zu bejahen (vgl. BayVGH, U.v. 28.6.1999 – 1 B 97.3174 – juris Rn. 16; B.v. 5.12.2001 a.a.O. juris Rn. 11 m.w.N.; Lechner in Simon/Busse, BayBO, Stand: 128. EL Dezember 2017, Art. 68 Rn. 472 m.w.N.).

2.2.2 Die Bauvorlagen sind insoweit unbestimmt, als sich aus ihnen nicht zweifelsfrei ergibt, wie viele Zimmer und Betten vor dem ursprünglichen Zustand des Bauteils G in diesem vorhanden waren, wie viele Zimmer und Betten nunmehr nach dem Bauvorhaben dort vorgesehen sind und folglich wie groß die Erhöhung der Zimmer- und Bettenzahl ausfällt.

Der Bestand an Zimmer und Betten im früheren Gebäudeteil G ist bereits unklar in den Bauvorlagen dargestellt. Im Schreiben der Architekten der Beigeladenen an die Beklagte vom 15. Mai 2015 (Bl. 9 der Behördenakte) wird der Bestand des Bauteils G mit 21 Betten/Zimmern ohne nähere Begründung angegeben. Aus den Grundrissplänen des 4. bis 6. OG des Vorhabens – dort befanden sich wohl vormals Hotelzimmer bzw. Räume – ist der Bestand ebenfalls nicht eindeutig erkennbar. Die gelben Markierungen, welche entsprechend Anlage 1 zur BauVorlV die zu beseitigenden baulichen Anlagen oder Bauteile darstellen sollen, werden derart von den roten Markierungen für die geplanten baulichen Anlagen oder Bauteile überlagert, dass eine Bestimmung des Bestandes nicht möglich ist. Es kann lediglich vermutet werden, dass sich im 4. und 5. OG je ca. acht größere Räume mit Nebenräumen und im 6. OG zumindest drei größere Räume befunden haben. Welcher Nutzung diese Räume gedient haben ist aus den Plänen nicht ersichtlich.

Auch die Zimmer und Betten des neuen Gebäudeteils G sind nicht zweifelfrei erkennbar. Im neuen 4. bis 7. OG ist zwar aus den Plänen eindeutig zu entnehmen, dass 28 Zimmer (jeweils 7 Zimmer pro Geschoss) mit je einem Doppelbett entstehen sollen; im 8. OG sollen ein Zimmer mit Doppelbett sowie eine Suite entstehen. Allerdings ist die Bettenanzahl für diese Suite unklar. Das im nordöstlichen Geschossbereich gelegene Zimmer ist ohne Bett eingezeichnet; es findet sich lediglich die Einzeichnung eines Bettes, welches sich jedoch – aufgrund der Handeintragung durch Abstreichung des vormals geplanten Außenbereichs – teilweise außerhalb des Gebäudes im luftleeren Raum befindet. Ob nach wie vor – wie zunächst geplant – nur ein Doppelbett in der Suite geplant ist, erschließt sich aus dem Plan nicht.

Durch diese Unklarheiten bei der Darstellung des Bestandes und des Vorhabens ist in der Folge nicht eindeutig, um wie viele Zimmer sich die Zimmer- und Bettenzahl erhöht. In der Baubeschreibung zum Bauantrag vom 27. April 2015 (Bl. 7 der Behördenakte) finden sich in der Zeile „Beherbergungsstätte“ die Angaben „Anzahl der Beherbergungsräume: + Zimmer neu: 10“ und „Anzahl der Betten: + Betten neu: 9“. Geht man zugunsten der Beigeladenen davon aus, dass 21 Zimmer im Bestand vorhanden waren und das Vorhaben die Errichtung von 30 Zimmern vorsieht, lässt sich dies mit jenen Angaben nicht in Einklang bringen. Die Suite stellt ein und nicht zwei Zimmer dar.

Es sei im Übrigen darauf hingewiesen, dass es nicht Aufgabe der Baugenehmigungsbehörde oder des Verwaltungsgerichts ist, denkbare Bebauungs- oder Nutzungsmöglichkeiten zu überprüfen und aus mehreren Alternativen ein (genehmigungsfähiges) Vorhaben herauszusuchen (vgl. BayVGH, B.v. 14.5.2007 – 1 ZB 06.225 – juris Rn. 13; U.v. 8.12.2015 – 15 B 14.1840 – juris Rn. 23; VG München, U.v. 16.2.2011 – M 9 K 09.5775 – juris Rn. 20).

2.2.3 Zudem und vor alledem sind die Bauvorlagen aber zu unbestimmt, weil die Beigeladene ihrem Bauantrag keine Unterlagen zur verkehrlichen Beurteilung des Bauvorhabens im Hinblick auf die Nachbarn beigefügt hat.

Aus Art. 64 Abs. 2 Satz 1 BayBO und § 1 Abs. 1 Satz 1 BauVorlV folgt, dass die Unterlagen als Bauvorlagen einzureichen sind, die für die Beurteilung des Bauvorhabens und die Bearbeitung des Bauantrags erforderlich sind. Dies sind grundsätzlich die nach §§ 3 ff. BauVorlV vorzulegenden Bauvorlagen. Diese können im Einzelfall zur Entscheidung über den Bauantrag nicht ausreichen. So darf die Bauaufsichtsbehörde gem. § 1 Abs. 4 BauVorlV ein Modell oder weitere Unterlagen verlangen, wenn dies zur Beurteilung des Bauvorhabens erforderlich ist. Dies kann beispielsweise ein Lärmschutzgutachten, eine gutachtliche Geruchsimmissionsprognose bei emittierenden Vorhaben, ein Baugrundgutachten oder ein Sachverständigengutachten mit Angaben zur natürlichen und veränderten Geländeoberfläche sein (BeckOK BauordnungsR Bayern/Weinmann BayBO Art. 64 Rn. 66, m.w.N.). Ebenso kommt auch eine gutachterliche Stellungnahme zu den verkehrlichen Auswirkungen eines Vorhabens in Betracht (vgl. nur die Anforderung der Beklagten in den Verfahren M 8 K 14.90, M 8 K 16.2434 und M 8 K 17.5742). Voraussetzung für die Anforderung solcher weiterer Unterlagen ist, dass ernsthaft anzunehmen ist, dass dem Vorhaben hinsichtlich eines Prüfungsgegenstands Hindernisse entgegenstehen bzw. berechtigte Zweifel an der Zulässigkeit des im Einzelfall beantragten Vorhabens bestehen (vgl. BayVGH, B.v. 3.6.2016 – 15 BV 15.2441 – juris Rn. 20 m.w.N.; Weinmann in BeckOK BauordnungsR Bayern, 6. Edition, Stand 1.12.2017, Art. 64 BayBO Rn. 66). Die Bauaufsichtsbehörde entscheidet hierüber „nach pflichtgemäßem Ermessen“ (vgl. VG Regensburg, U.v. 25.8.2015 – RN 6 K 15.795 – juris Rn. 35 m.w.N.).

Derartige Zweifel sind vorliegend gegeben und hätten ein Verkehrsgutachten bezogen auf das Vorhaben der Beigeladenen erforderlich gemacht.

Hierzu trägt bei, dass es sich bei dem Vorhaben um einen Sonderbau, jedenfalls nach Art. 2 Abs. 4 Nr. 8 BayBO, handelt. Denn Sonderbauten unterliegen im Hinblick auf die Beurteilung der baurechtliche Zulässigkeit wegen ihres Umfangs, ihrer Größe und der mit ihnen verbundenen Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung (Art. 3 Abs. 1 Satz 1 BayBO) bereits von Gesetzes wegen erhöhten Anforderungen (vgl. Art. 60 BayBO; Art. 62 Abs. 3 BayBO). Negative verkehrliche Auswirkungen sind bei ihnen viel wahrscheinlicher als bei sonstigen baulichen Anlagen; Zweifel an der verkehrlichen Verträglichkeit sind daher meist angebracht. Maßgeblich ist jedoch stets die nähere Umgebung des Vorhabens, also der Einzelfall.

Vorliegend kommt entscheidend die verkehrliche Vorbelastung des Kreuzviertels im Allgemeinen und der …-straße im Speziellen hinzu. Die Beigeladene hat in diesem Verfahren, aber vor allem in den Verfahren M 8 K 14.90, M 8 K 16.2434 und M 8 K 17.5742 geltend gemacht, dass in diesem Bereichen eine äußerst angespannte verkehrliche Situation vorherrscht. Dem hat sich das Gericht unter anderem mit seinen Feststellungen im Augenschein am 19. Januar 2015 im Verfahren M 8 K 14.90 angeschlossen. Es hat eine erhebliche Beeinträchtigung des Verkehrsflusses im Bereich der Lieferzone bzw. der Tiefgaragenzufahrt der Beigeladenen festgestellt. Trotz der ruhigen verkehrlichen Situation im Rahmen des Augenscheins am 26. Februar 2018, hält das Gericht aufgrund der gerichtsbekannten typischen verkehrlichen Belastung der Straßen des Kreuzviertels an der Bewertung des früheren Augenscheins fest. Auch der Beklagten sind die Gegebenheiten vor Ort bekannt, da sie auch an den o.g. Verfahren als Beklagte beteiligt war bzw. ist. Insbesondere lagen der Beklagten aber der Vorbescheidsantrag bzw. die Bauanträge der Klägerin u.a. für die Errichtung eines Hotels auf deren Grundstücken vor. Diese hat die Beklagte auch positiv verbeschieden und dabei vorgelegte Verkehrsgutachten zum Bestandteil der Baugenehmigung erklärt (vgl. die entsprechenden Ausführungen in den Urteilen vom 26.2.2018 in den Verfahren M 8 K 16.2434 und M 8 K 17.5742).

Aufgrund dieser bekannten Vorbelastung mussten sich der Beklagten Zweifel aufdrängen, ob eine Erhöhung der Zimmer- und Bettenzahl durch das Vorhaben – gerade in Anbetracht der von ihr genehmigten Bebauung auf den Nachbargrundstücken – die Zulässigkeit des Vorhabens nicht in Frage stellen. Die nach Auffassung des Gerichts naheliegenden Zweifel betreffen dabei nicht nur die Vereinbarkeit des Vorhabens mit nachbarlichen Belangen, sondern auch die Zulässigkeit im Hinblick auf die gesicherte Erschließung nach § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB. Letztere umfasst gerade auch die Gewährleistung der Aufnahmefähigkeit des anfallenden Verkehrs durch die entsprechenden Straßen bzw. der Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs (vgl. OVG LSA, U.v. 10.10.2012 – 2 K 99/12 – juris Rn. 168).

Diese Erwägungen gelten vorliegend auch angesichts der im Verhältnis zur bereits vorhandenen Zimmer- und Bettenzahl geringen Erhöhung durch das Vorhaben. Denn es konnte von der Beklagten nicht ausgeschlossen werden, dass diese Erhöhung ohne jeglichen Einfluss auf die angespannte Verkehrssituation in der …-straße sein wird. Ohne weitere Nachweise ist nicht ersichtlich, dass sich die bereits zum Zeitpunkt des ersten gerichtlichen Augenscheins kritischen verkehrlichen Verhältnisse nicht erheblich und unter Umständen in unzumutbarer Weise – auch bei nur wenigen hinzukommenden Zimmern und Betten – verschlechtern. Die pauschale Behauptung der Beigeladenen, die Zahl der An- und Abfahrten durch Gäste und Anlieferer würde sich durch das Vorhaben nicht (erheblich) erhöhen, kann ohne eine detaillierte Betriebsbeschreibung, ein Erschließungskonzept oder Ähnliches nicht nachvollzogen werden. Gerade angesichts der sehr kurzen Betriebsbeschreibung und eines fehlenden genehmigten Erschließungskonzepts für das Hotel der Beigeladenen, vor allem hinsichtlich der Anlieferung von Waren, sind die Auswirkungen des Vorhabens nicht hinreichend absehbar.

Auf die von der Klägerin in den Verfahren M 8 K 14.90, M 8 K 16.2434 und M 8 K 17.5742 vorgelegten Gutachten kann sich die Beigeladene schon aufgrund des Grundsatzes von Treu und Glauben nicht berufen. In diesen Verfahren argumentierte sie stets, dass die Verkehrsgutachten der Klägerin in sich widersprüchlich seien, von falschen Tatsachengrundlagen ausgingen und folglich keine taugliche Grundlage für eine Beurteilung der verkehrlichen Auswirkungen des Vorhabens der Klägerin darstellten. Wenn die Beigeladene in diesem Verfahren nunmehr die Verkehrsverträglichkeit ihres Vorhabens gerade auf jene Gutachten stützt, ist dies treuwidrig.

Im Übrigen behandeln diese Gutachten schwerpunktmäßig die verkehrlichen Auswirkungen des Vorhabens der Klägerin auf die Umgebung und nicht das – nicht existente – Erschließungskonzept der Beigeladenen. Zudem wurden diese Gutachten auch nicht zum Gegenstand der streitgegenständlichen Baugenehmigung gemacht und sind daher diesbezüglich nicht verbindlich.

2.2.4 Infolge dieser Unbestimmtheit ist dem Gericht insbesondere keine abschließende und vollumfängliche Beurteilung der Verletzung des Rücksichtnahmegebots möglich.

2.2.4.1 Insoweit kann dahinstehen, ob sich dieses im vorliegenden Fall aus dem Begriff des „Einfügens“ des § 34 Abs. 1 BauGB oder aus § 34 Abs. 2 BauGB i.V.m. § 15 Abs. 1 Baunutzungsverordnung (BauNVO) ableitet, da im Ergebnis dieselbe Prüfung stattzufinden hat (vgl. BayVGH, B.v. 12.9.2013 – 2 CS 13.1351 – juris Rn. 4).

Inhaltich zielt das Gebot der Rücksichtnahme darauf ab, Spannungen und Störungen, die durch unverträgliche Grundstücksnutzungen entstehen, möglichst zu vermeiden. Welche Anforderungen das Gebot der Rücksichtnahme begründet, hängt wesentlich von den jeweiligen Umständen des Einzelfalles ab. Je empfindlicher und schutzwürdiger die Stellung desjenigen ist, dem die Rücksichtnahme im gegebenen Zusammenhang zu Gute kommt, desto mehr kann er an Rücksichtnahme verlangen. Je verständlicher und unabweisbarer die mit dem Vorhaben verfolgten Interessen sind, umso weniger braucht derjenige, der das Vorhaben verwirklichen will, Rücksicht zu nehmen. Abzustellen ist darauf, was einerseits dem Rücksichtnahmebegünstigten und andererseits dem Rücksichtnahmeverpflichteten nach Lage der Dinge zuzumuten ist (vgl. BVerwG, U.v. 18.11.2004 – 4 C 1.04 – juris, Rn. 22; U.v. 29.11.2012 – 4 C 8.11 – juris Rn. 16; BayVGH, B.v. 12.9.2013 – 2 CS 13.1351 – juris Rn. 4; B.v. 23.1.2018 – 15 CS 17.2575 – juris Rn. 22 m.w.N.). Bedeutsam ist ferner, inwieweit derjenige, der sich gegen das Vorhaben wendet, eine rechtlich geschützte wehrfähige Position inne hat (vgl. BVerwG, B.v. 6.12.1996 – 4 B 215.96 – juris Rn. 9).

Das Gebot der Rücksichtnahme gibt den Nachbarn aber nicht das Recht, von jeglicher Beeinträchtigung der Licht- und Luftverhältnisse oder der Verschlechterung der Sichtachsen von seinem Grundstück aus verschont zu bleiben. Eine Rechtsverletzung ist erst dann zu bejahen, wenn von dem Vorhaben eine unzumutbare Beeinträchtigung ausgeht (vgl. BayVGH, B.v. 22.6.2011 – 15 CS 11.1101 – juris Rn. 17). Eine Veränderung der Verhältnisse durch ein Vorhaben, das den Rahmen der Umgebungsbebauung wahrt und städtebaulich vorgegeben ist, ist aber regelmäßig als zumutbar hinzunehmen (vgl. BayVGH, B.v. 12.9.2013 – 2 CS 13.1351 – juris Rn. 6).

2.2.4.2 Hinsichtlich einer Verschlechterung der allgemeinen Erschließungs- und Verkehrssituation durch ein Vorhaben ist in der Rechtsprechung zudem anerkannt, dass dies grundsätzlich nicht zur Rücksichtlosigkeit des Vorhabens führt. Die mit einer Bebauung verbundenen Beeinträchtigungen und Unannehmlichkeiten durch den dadurch verursachten An- und Abfahrtsverkehr sind – jedenfalls bei Einhaltung der maßgeblichen Immissionswerte – im Regelfall hinzunehmen (vgl. BayVGH, B.v. 20.3.2018 – 15 CS 17.2523 – juris Rn. 32). Das dem Nachbarn durch das Eigentum vermittelte Recht zur bestimmungsgemäßen Nutzung seines Grundstücks begründet kein Recht auf bevorzugte Nutzung des angrenzenden öffentlichen Straßenraums und keinen Anspruch darauf, dass eine bisher gegebene Verkehrslage aufrechterhalten bleibt (vgl. BayVGH, B.v. 1.3.2016 – 15 CS 16.244 – juris Rn. 29; OVG Bremen, B.v. 18.10.2002 – 1 B 315/02 – juris Rn. 12; OVG LSA, B.v. 5.3.2014 – 2 M 164/13 – juris Rn. 48; U.v. 10.10.2012 – 2 K 99/12 – juris Rn. 144).

Der durch ein Vorhaben verursachte und diesem zuzurechnende Fahrzeugverkehr bzw. die mit diesem verbundenen Auswirkungen auf die Nutzung eines Nachbargrundstücks können sich – abgesehen von der Lärmbelastung – aber dann als rücksichtslos darstellen, wenn sich die Beeinträchtigungen und Störungen aufgrund besonderer örtlicher Verhältnisse in der Umgebung des Baugrundstücks als unzumutbar darstellen (vgl. BayVGH, B.v. 20.3.2018 – 15 CS 17.2523 – juris Rn. 32). Dies kommt insbesondere in Betracht, wenn es aufgrund der örtlichen Verhältnisse zu chaotischen Verkehrsverhältnissen im unmittelbaren Umgriff des Nachbargrundstücks kommen wird bzw. mangels ausreichender Parkmöglichkeiten (im Bereich der öffentlichen Verkehrsflächen oder auf dem Vorhabengrundstück) der durch das Vorhaben bewirkte Park- oder Parksuchverkehr den Nachbarn unzumutbar beeinträchtigt oder wenn die bestimmungsgemäße Nutzung des Nachbargrundstücks nicht mehr oder nur noch eingeschränkt möglich ist (vgl. BayVGH, B.v. 20.3.2018 – 15 CS 17.2523 – juris Rn. 32; B.v. 25.08.2009 – 1 CS 09.287 – juris Rn. 39; jeweils m.w.N.).

Im Rahmen der Abwägung zwischen dem, was einerseits dem Bauherrn und andererseits dem Nachbarn nach Lage der Dinge zuzumuten ist, ist allerdings auch die Situationsvorbelastung des Grundstücks des Nachbarn zu berücksichtigen (vgl. OVG Bremen, B.v. 18.10.2002 – 1 B 315/02 – juris Rn. 12; OVG LSA, B.v. 5.3.2014 – 2 M 164/13 – juris Rn. 48).

2.2.4.3 Vorliegend erscheint aufgrund der unbestimmten Bauvorlagen nicht ausgeschlossen, dass für die Klägerin unzumutbare Verkehrsverhältnisse entstehen. Wie oben ausgeführt droht möglicherweise insbesondere ohne ein genehmigtes Erschließungskonzept eine noch weitere Verschlechterung der Situation in der …-straße. Selbst eine geringe Erhöhung des Verkehrs durch Gäste und Anlieferer könnte dazu führen, dass die …-straße, auf deren Nutzbarkeit der Verkehr im Kreuzviertel und die Klägerin nach ihrem genehmigten Erschließungskonzept angewiesen sind, nicht mehr passierbar sein wird. Denn bereits jetzt beanspruchen die Anlieferenden des Hotels der Beigeladenen – so die Feststellungen des Gerichts in beiden Augenscheinen – auch erhebliche Teile des öffentlichen Straßenraums, wodurch der Verkehrsfluss deutlich beeinträchtigt wird.

Eine abschließende und vollumfängliche Prüfung des Rücksichtnahmegebots ist infolge all dessen nicht möglich. Die unbestimmte Angabe der Zimmer und Betten in Verbindung mit dem fehlenden Verkehrsgutachten samt Erschließungskonzept führt dazu, dass die Rücksichtlosigkeit des Vorhabens der Beigeladenen nicht beurteilt werden kann. Dies gilt insbesondere unter Berücksichtigung der verkehrlichen Vorbelastung der …-straße.

Eine Aussage zur (tatsächlichen) Rücksichtslosigkeit des Vorhabens – in die eine oder andere Richtung – ist hiermit jedoch nicht verbunden.

2.3 Auf die Frage der Verletzung von anderen drittschützenden Normen des Bauplanungsrechts und Bauordnungsrechts kommt es vor diesem Hintergrund nicht mehr streitentscheidend an.

3. Nach alledem war der Klage stattzugeben. Als Unterlegene tragen die Beklagte und die Beigeladene, die einen eigenen Sachantrag gestellt hat, die Kosten des Verfahrens je zur Hälfte (§ 154 Abs. 1 VwGO, § 154 Abs. 3 VwGO, § 159 VwGO i.V.m. § 100 Abs. 1 ZPO); dabei entspricht es der Billigkeit, dass die Beigeladene ihre außergerichtlichen Kosten im vollen Umfang selbst und nicht auch die Beklagte trägt (§ 162 Abs. 3 VwGO).

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung er-folgt gemäß § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. Zivilprozessordnung (ZPO).

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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au
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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au
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published on 19/01/2015 00:00

Tenor I. Soweit die Hauptsache für erledigt erklärt wurde bzw. die Klage zurückgenommen wurde, wird das Verfahren eingestellt. II. Der Vorbescheid vom ... Dezember 2013, Pl.Nr. ..., wird, soweit die Fragen 1.1, 1.5 und 4.1 positi
published on 03/06/2016 00:00

Tenor I. Die Berufung wird zurückgewiesen. II. Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens. III. Die Kostenentscheidung ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags vorläufig vol
published on 01/03/2016 00:00

Tenor I. Die Beschwerde wird zurückgewiesen. II. Die Antragstellerin hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen. Die Beigeladenen tragen ihre außergerichtlichen Kosten im Beschwerdeverfahren selbst. III. D
published on 08/12/2015 00:00

Gründe Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Aktenzeichen: 15 B 14.1840 Im Namen des Volkes Urteil vom 8. Dezember 2015 (VG Augsburg, Entscheidung vom 31. Juli 2013, Az.: Au 5 K 12.1542) 15. Senat Sachgebiet
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(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts (Anfechtungsklage) sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts (Verpflichtungsklage) begehrt werden.

(2) Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage nur zulässig, wenn der Kläger geltend macht, durch den Verwaltungsakt oder seine Ablehnung oder Unterlassung in seinen Rechten verletzt zu sein.

(1) Innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile ist ein Vorhaben zulässig, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt und die Erschließung gesichert ist. Die Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse müssen gewahrt bleiben; das Ortsbild darf nicht beeinträchtigt werden.

(2) Entspricht die Eigenart der näheren Umgebung einem der Baugebiete, die in der auf Grund des § 9a erlassenen Verordnung bezeichnet sind, beurteilt sich die Zulässigkeit des Vorhabens nach seiner Art allein danach, ob es nach der Verordnung in dem Baugebiet allgemein zulässig wäre; auf die nach der Verordnung ausnahmsweise zulässigen Vorhaben ist § 31 Absatz 1, im Übrigen ist § 31 Absatz 2 entsprechend anzuwenden.

(3) Von Vorhaben nach Absatz 1 oder 2 dürfen keine schädlichen Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden zu erwarten sein.

(3a) Vom Erfordernis des Einfügens in die Eigenart der näheren Umgebung nach Absatz 1 Satz 1 kann im Einzelfall abgewichen werden, wenn die Abweichung

1.
einem der nachfolgend genannten Vorhaben dient:
a)
der Erweiterung, Änderung, Nutzungsänderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten Gewerbe- oder Handwerksbetriebs,
b)
der Erweiterung, Änderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten, Wohnzwecken dienenden Gebäudes oder
c)
der Nutzungsänderung einer zulässigerweise errichteten baulichen Anlage zu Wohnzwecken, einschließlich einer erforderlichen Änderung oder Erneuerung,
2.
städtebaulich vertretbar ist und
3.
auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.
Satz 1 findet keine Anwendung auf Einzelhandelsbetriebe, die die verbrauchernahe Versorgung der Bevölkerung beeinträchtigen oder schädliche Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden haben können. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 1 Buchstabe b und c kann darüber hinaus vom Erfordernis des Einfügens im Einzelfall im Sinne des Satzes 1 in mehreren vergleichbaren Fällen abgewichen werden, wenn die übrigen Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und die Aufstellung eines Bebauungsplans nicht erforderlich ist.

(4) Die Gemeinde kann durch Satzung

1.
die Grenzen für im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen,
2.
bebaute Bereiche im Außenbereich als im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen, wenn die Flächen im Flächennutzungsplan als Baufläche dargestellt sind,
3.
einzelne Außenbereichsflächen in die im Zusammenhang bebauten Ortsteile einbeziehen, wenn die einbezogenen Flächen durch die bauliche Nutzung des angrenzenden Bereichs entsprechend geprägt sind.
Die Satzungen können miteinander verbunden werden.

(5) Voraussetzung für die Aufstellung von Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 ist, dass

1.
sie mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung vereinbar sind,
2.
die Zulässigkeit von Vorhaben, die einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder nach Landesrecht unterliegen, nicht begründet wird und
3.
keine Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der in § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe b genannten Schutzgüter oder dafür bestehen, dass bei der Planung Pflichten zur Vermeidung oder Begrenzung der Auswirkungen von schweren Unfällen nach § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zu beachten sind.
In den Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 können einzelne Festsetzungen nach § 9 Absatz 1 und 3 Satz 1 sowie Absatz 4 getroffen werden. § 9 Absatz 6 und § 31 sind entsprechend anzuwenden. Auf die Satzung nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 3 sind ergänzend § 1a Absatz 2 und 3 und § 9 Absatz 1a entsprechend anzuwenden; ihr ist eine Begründung mit den Angaben entsprechend § 2a Satz 2 Nummer 1 beizufügen.

(6) Bei der Aufstellung der Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 sind die Vorschriften über die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung nach § 13 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und 3 sowie Satz 2 entsprechend anzuwenden. Auf die Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 bis 3 ist § 10 Absatz 3 entsprechend anzuwenden.

(1) Die in den §§ 2 bis 14 aufgeführten baulichen und sonstigen Anlagen sind im Einzelfall unzulässig, wenn sie nach Anzahl, Lage, Umfang oder Zweckbestimmung der Eigenart des Baugebiets widersprechen. Sie sind auch unzulässig, wenn von ihnen Belästigungen oder Störungen ausgehen können, die nach der Eigenart des Baugebiets im Baugebiet selbst oder in dessen Umgebung unzumutbar sind, oder wenn sie solchen Belästigungen oder Störungen ausgesetzt werden.

(2) Die Anwendung des Absatzes 1 hat nach den städtebaulichen Zielen und Grundsätzen des § 1 Absatz 5 des Baugesetzbuchs zu erfolgen.

(3) Die Zulässigkeit der Anlagen in den Baugebieten ist nicht allein nach den verfahrensrechtlichen Einordnungen des Bundes-Immissionsschutzgesetzes und der auf seiner Grundlage erlassenen Verordnungen zu beurteilen.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

Besteht der kostenpflichtige Teil aus mehreren Personen, so gilt § 100 der Zivilprozeßordnung entsprechend. Kann das streitige Rechtsverhältnis dem kostenpflichtigen Teil gegenüber nur einheitlich entschieden werden, so können die Kosten den mehreren Personen als Gesamtschuldnern auferlegt werden.

(1) Besteht der unterliegende Teil aus mehreren Personen, so haften sie für die Kostenerstattung nach Kopfteilen.

(2) Bei einer erheblichen Verschiedenheit der Beteiligung am Rechtsstreit kann nach dem Ermessen des Gerichts die Beteiligung zum Maßstab genommen werden.

(3) Hat ein Streitgenosse ein besonderes Angriffs- oder Verteidigungsmittel geltend gemacht, so haften die übrigen Streitgenossen nicht für die dadurch veranlassten Kosten.

(4) Werden mehrere Beklagte als Gesamtschuldner verurteilt, so haften sie auch für die Kostenerstattung, unbeschadet der Vorschrift des Absatzes 3, als Gesamtschuldner. Die Vorschriften des bürgerlichen Rechts, nach denen sich diese Haftung auf die im Absatz 3 bezeichneten Kosten erstreckt, bleiben unberührt.

(1) Kosten sind die Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) und die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten einschließlich der Kosten des Vorverfahrens.

(2) Die Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts oder eines Rechtsbeistands, in den in § 67 Absatz 2 Satz 2 Nummer 3 und 3a genannten Angelegenheiten auch einer der dort genannten Personen, sind stets erstattungsfähig. Soweit ein Vorverfahren geschwebt hat, sind Gebühren und Auslagen erstattungsfähig, wenn das Gericht die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig erklärt. Juristische Personen des öffentlichen Rechts und Behörden können an Stelle ihrer tatsächlichen notwendigen Aufwendungen für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen den in Nummer 7002 der Anlage 1 zum Rechtsanwaltsvergütungsgesetz bestimmten Höchstsatz der Pauschale fordern.

(3) Die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen sind nur erstattungsfähig, wenn sie das Gericht aus Billigkeit der unterliegenden Partei oder der Staatskasse auferlegt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.