Verwaltungsgericht München Urteil, 21. Nov. 2016 - M 8 K 15.4834

published on 21/11/2016 00:00
Verwaltungsgericht München Urteil, 21. Nov. 2016 - M 8 K 15.4834
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Gericht

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Tenor

I.

Die Klage wird abgewiesen.

II.

Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen zu tragen.

III.

Die Kostenentscheidung ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Der Kläger ist Eigentümer des Anwesens ...-str. 47, FlNr. ..., das mit einem sechsgeschossigen Vordergebäude und einem eingeschossigen Rückgebäude mit ausgebautem Dachgeschoss, das über einen Kniestock von gut 1,20 m verfügt, bebaut ist. Dieses Rückgebäude ist an die östliche Grundstücksgrenze angebaut und steht in einem Abstand von 8 m von der westlichen Grundstücksgrenze.

Am 1. Juni 2015 stellte der Beigeladene, dessen Grundstück ...-str. 49 westlich an das klägerische Grundstück angrenzt, einen Änderungsantrag zur Baugenehmigung vom 22. November 2012 nach Plan-Nr. ... Hiernach war die Aufstockung des bestehenden eingeschossigen Rückgebäudes mit einer Grundfläche von 11,82 m x 11,27 m angrenzend an die östliche (Grundstücksgrenze mit dem Kläger) und an die südliche Grundstücksgrenze vorgesehen. An der westlichen Grundstücksgrenze sollte das Rückgebäude über eine Breite von 5 m eingeschossig bleiben. Die Wandhöhe an der östlichen Grundstücksgrenze beträgt 9,04 m (+9,09 m, wobei die Geländeoberkante im Hof des klägerischen Grundstücks in diesem Bereich gegenüber dem Nullpunkt des klägerischen Bauvorhabens bei -0,05 m liegt). Die Außenwand des ersten und zweiten Obergeschosses steht auf der Grenze, die des Erdgeschosses steht mit einem Überbau von 0,20 m im Grundstück des Klägers. Das Satteldach des dreigeschossigen Gebäudeteils hat eine Neigung von 25,6° und eine Firsthöhe von 11,88 m (+11,83 m).

Bild

(Lageplan aufgrund Einscannens evtl. nicht mehr maßstabsgetreu)

Anders als bei dem der Baugenehmigung vom 22. November 2012 zugrunde liegenden Bauantrag sollte die Aufstockung um zwei Geschosse in Holzbauweise erfolgen und nur noch eine Wohneinheit umfassen. Die östliche Außenwand des ersten und zweiten Obergeschosses wurde um 0,20 m von der östlichen Außenwand des Erdgeschosses zurückgesetzt, da diese zur Hälfte auf dem Grundstück des Klägers steht. Gemäß Art. 2 Abs. 3 Nr. 3 BayBO wurde das Vorhaben als Gebäudeklasse 3 eingestuft. Der Brandschutznachweis sollte durch einen Prüfsachverständigen bescheinigt werden.

Unter dem 1. Oktober 2015 erteilte die Beklagte dem Beigeladenen die Baugenehmigung nach Plan-Nr. ... aufgrund des Änderungsantrags vom 1. Juni 2015. Die Auflagen, Bedingungen, Befreiungen, Abweichungen und Ausnahmen des Genehmigungsbescheids vom 22. November 2012 sollten mit Ausnahme der Kfz-Stellplätze weitergelten. Beauflagt wurde nunmehr ein Stellplatz.

Die Baugenehmigung vom 1. Oktober 2015 wurde dem Kläger am 5. Oktober 2015 zugestellt.

Mit einem am gleichen Tage beim Verwaltungsgericht München eingegangenen Schriftsatz vom 30. Oktober 2015 erhoben die Bevollmächtigten des Klägers Klage gegen den Bescheid vom 1. Oktober 2015.

Unter dem 30. März 2016 erließ die Beklagte einen Nachgangsbescheid, in dem das Gebäude gemäß Art. 2 Abs. 3 Nr. 5 BayBO als Gebäudeklasse 5 eingestuft wurde.

Der Nachgangsbescheid enthielt den Hinweis, dass daher die Überprüfung des Standsicherheitsnachweises erforderlich sei, selbst wenn die Baugenehmigung keine baulichen Veränderungen am Gebäude beinhalte. Weiterhin wurde im Nachgangsbescheid darauf hingewiesen, dass der Brandschutznachweis gemäß dem Bauantrag durch einen beauftragten Prüfsachverständigen geprüft werde. Aussagen und Eintragungen in den Bauantragsunterlagen zum Brandschutz seien daher nicht Gegenstand der bauaufsichtlichen Prüfung und Genehmigung. Weiterhin wurde die Weitergeltung der Auflagen des Genehmigungsbescheids vom 22. November 2012 und der Änderungsgenehmigung vom 1. Oktober 2015 angeordnet.

Mit Schriftsatz vom 12. Mai 2016 bezogen die Bevollmächtigten des Klägers den Bescheid vom 30. März 2016 in das anhängige Klageverfahren mit ein.

Mit Schriftsatz vom 20. Juli 2016 begründeten die Bevollmächtigten die Klage dahingehend, dass die streitgegenständliche Änderungsgenehmigung vom 1. Oktober 2015, mit der die ursprüngliche Planung in wesentlichen Teilen (Situierung der Außenwand zum Klägergrundstück, Konstruktion der Außenwand, Fassadengestaltung, Zahl der Wohneinheiten) umgestaltet worden sei, von einer falschen Gebäudeklasse ausgegangen sei. Die Gebäudeklasse 5 erweitere den Prüfumfang der Genehmigungsbehörde und mache besondere Nachweise erforderlich. Innerhalb des Baugenehmigungsverfahrens sei der Brandschutznachweis vorzulegen und vor Erlass der Baugenehmigung zu prüfen. Es sei verfahrensrechtlich zweifelhaft, diesen Mangel durch einfachen Bescheid zu korrigieren. Das Vorhaben verletze überdies statische und brandschutzrechtliche Vorgaben der Bayerischen Bauordnung. Die Aufstockung, die in Holzbauweise ausgeführt werden solle, widerspreche zum Grundstück des Klägers hin den Anforderungen an die Gebäudeklasse 5, da diese Bauweise nicht feuerbeständig sei, Art. 25 und Art. 26 BayBO. Die „Grenzwand“ stelle zwingend eine Brandwand dar. Sie müsse dementsprechend auch unter zusätzlicher mechanischer Beanspruchung feuerbeständig sein und aus nicht brennbaren Baustoffen bestehen, was aber ausweislich der Genehmigungsplanung weder beabsichtigt noch gewährleistbar sei. Der vorliegenden Eingabeplanung sei nicht zu entnehmen, dass eine entsprechende Brandwand errichtet werde. Überdies stehe aus Sicht des Klägers auch Art. 6 BayBO einer Zulässigkeit des Bauvorhabens entgegen. Jedenfalls verletze das Bauvorhaben das planungsrechtliche Rücksichtnahmegebot, da es gegen nachbarschützende brandschutzrechtliche Vorgaben verstoße. Auch wenn diese im vereinfachten Prüfverfahren nicht zum Prüfkanon der Genehmigungsbehörde gehörten, begründeten sie doch gerade wegen ihrer offenkundigen Missachtung und der hieraus resultierenden erheblichen Brandgefahr für das Grundstück des Klägers eine bauplanungsrechtliche Unzumutbarkeit. Die grenznahe mehrgeschossige Bebauung wirke sich im Kontext mit der schmalen rückwärtigen Grundstücksfläche auf dem Grundstück des Klägers für diesen erdrückend aus und werde sein Grundstück massiv verschatten.

Mit Schriftsatz vom 29. Juli 2016 beantragten die Bevollmächtigten des Beigeladenen,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung wurde zunächst die bauliche Situation auf dem Grundstück des Beigeladenen und des Klägers und das Bauvorhaben im Detail geschildert. Das Bauvorhaben entspreche den Vorgaben der Bayerischen Bauordnung, Grund für die Einstufung in Gebäudeklasse 5 in der Nachgangsgenehmigung sei die Tatsache, dass das Rückgebäude nicht selbstständig nutzbar und daher entsprechend der Gebäudeklasse des Vordergebäudes zu qualifizieren sei. Der Brandschutz sei nicht Gegenstand bauaufsichtlicher Prüfung. Abgesehen davon seien die brandschutzrechtlichen Vorschriften eingehalten; eine feuerbeständige Brandwand sei nicht erforderlich. Die Verwendung nicht brennbarer Baustoffe habe keine Bedeutung, wenn das Ziel F 90 auf andere Weise erreicht werden könne. Gemessen an der Vollzugsbekanntmachung des Bayerischen Feuerwehrgesetzes vom 28. Mai 2013 sei jede an einer Straße gelegene Einsatzstelle innerhalb einer Hilfsfrist von 10 Minuten erreichbar, weshalb keine den Kläger beeinträchtigende Brandgefahr bestehe. Die Branddirektion habe mit Telefax vom 7. Juni 2016 bestätigt, dass die erforderliche Brandsicherheit gegeben sei. Ein Verstoß gegen das Rücksichtnahmegebot liege nicht vor, es sei keine unzumutbare Verschattung gegeben.

Dem Schriftsatz war als Anlage ein Protokoll zum Abstimmungsgespräch Brandschutz mit der Fa. ... GmbH und zwei Vertretern der Branddirektion ... - die Herren Branddirektoren B. ... und S. ... - vom 25. Mai 2016 beigefügt, in dem die Vorgaben für einen notwendigen und auch ausreichenden Brandschutz festgelegt wurden. Das zweiseitige Protokoll trägt am Ende den Vermerk vom 7. Juni 2016 „Einverstanden mit dem Wortlaut der AN aus brandschutztechnischer Sicht, Branddirektion i. A. B. ...“.

Mit Schriftsatz vom 8. August 2016 beantragte die Beklagte,

die Klage abzuweisen.

Die Ausführungen in der Begründung entsprechen im Wesentlichen den Darlegungen im Schriftsatz des Bevollmächtigten des Beigeladenen vom 29. Juli 2016.

Das Gericht hat am 26. September 2016 Beweis durch Einnahme eines Augenscheins auf dem streitgegenständlichen Grundstück und dessen Umgebung erhoben. In der anschließenden mündlichen Verhandlung regte das Gericht aufgrund der Zweifel der Klagepartei an dem Einverstandensvermerk auf dem Protokoll der Abstimmung vom 7. Juni 2016 an, dass durch die Beklagte nochmals eine Bestätigung der Branddirektion zum Protokoll vom 25. Mai 2016 vorgelegt werde, um dem Kläger seine Bedenken gegen das Bauvorhaben hinsichtlich eines etwaigen Brandüberschlags zu nehmen.

Im Hinblick darauf erklärten sich die Beteiligten mit einem Übergang ins schriftliche Verfahren einverstanden und verzichteten auf weitere mündliche Verhandlung und stellten ihre schriftsätzlich angekündigten Anträge.

Mit Schriftsatz vom 26. Oktober 2016 legte die Beklagte eine Bestätigung des Einverständnisses der Branddirektion mit der Abstimmung vom 7. Juni 2016 vor, in der weiterhin erklärt wurde, dass hinsichtlich der Umsetzung der Gesamtkonzeption wie in der Aktennotiz vom 25. Mai 2016 ausführlich beschrieben und begründet, keine Bedenken aus brandschutztechnischer Sicht bestehen.

Mit einem am gleichen Tage beim Verwaltungsgericht München eingegangenen Schriftsatz vom 21. November 2016 teilten die Bevollmächtigten des Klägers mit, dass sie ihre Anfechtungsklage aufrecht hielten. Das gleiche gelte für ihre Bedenken in brandschutzrechtlicher Hinsicht. Es sei eine bautechnisch und brandschutzrechtlich nicht zulässige Konstruktion genehmigt worden. Zum Beleg für diese Auffassung wurde ein Gutachten des Sachverständigen ... vom 18. November 2016 vorgelegt. Das Gutachten kommt letztlich zu dem Ergebnis, dass die zugelassene Bauart für die Gebäudeklasse 5 den Vorgaben des Gesetzes nicht entspreche.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Gerichts- und die vorgelegte Behördenakte, das Protokoll des Augenscheins und der mündlichen Verhandlung vom 26. September 2016 sowie die Schriftsätze der Beteiligten einschließlich der hierbei vorgelegten Anlagen im Einzelnen verwiesen.

Gründe

Über den Rechtsstreit konnte gemäß § 101 Abs. 2 VwGO ohne weitere mündliche Verhandlung entschieden werden, weil die Beteiligten insoweit verzichtet haben.

Die zulässige Klage hat in der Sache keinen Erfolg, da die angefochtene Baugenehmigung vom 1. Oktober 2015 rechtmäßig ist und den Kläger nicht in seinen Rechten verletzt (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

1. Dritte können sich gegen eine Baugenehmigung nur dann nicht Aussicht auf Erfolg zur Wehr setzen, wenn die angefochtene Baugenehmigung rechtswidrig ist und diese Rechtswidrigkeit zumindest auch auf der Verletzung von Normen beruht, die gerade auch dem Schutz des betreffenden Nachbarn zu dienen bestimmt sind (BayVGH, B. v. 24.3.2009 - 14 CS 08.3017 - juris Rn. 20). Es genügt daher nicht, wenn die Baugenehmigung gegen Rechtsvorschriften des öffentlichen Rechts verstößt, die nicht - auch nicht teilweise - dem Schutz des Eigentümers benachbarter Grundstücke zu dienen bestimmt sind. Dabei ist zu beachten, dass ein Nachbar eine Baugenehmigung zudem nur dann mit Erfolg anfechten kann, wenn die Genehmigung rechtswidrig ist und die Rechtswidrigkeit sich aus einer Verletzung von Vorschriften ergibt, die im Baugenehmigungsverfahren zu prüfen waren (BayVGH, B. v. 24.3.2009 - 14 CS 08.3017 - juris Rn. 20). Verstößt ein Vorhaben gegen eine drittschützende Vorschrift, die im Baugenehmigungsverfahren aber nicht zu prüfen war, trifft die Baugenehmigung insoweit keine Regelung und der Nachbar ist darauf zu verweisen, Rechtsschutz gegen das Vorhaben über einen Antrag auf bauaufsichtliches Einschreiten gegen die Ausführung des Vorhabens zu suchen (vgl. BVerwG, B. v. 16.1.1997 - 4 B 244/96 - NVwZ 1998, 58 - juris Rn. 3; BayVGH, B. v. 14.10.2008 - 2 CS 08/2132 - juris Rn. 3).

Das mit der streitgegenständlichen Baugenehmigung zugelassene Vorhaben verstößt weder in bauplanungsrechtlicher noch in bauordnungsrechtlicher Hinsicht gegen drittschützende Rechte des Klägers, die im Baugenehmigungsverfahren zu prüfen sind.

2. Die planungsrechtliche Zulässigkeit des Vorhabens richtet sich vorliegend nach § 34 Abs. 1 BauGB. Danach ist innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile ein Vorhaben zulässig, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt und die Erschließung gesichert ist. Als „nähere Umgebung“ ist dabei der umliegende Bereich anzusehen, soweit sich die Ausführung des Vorhabens auf ihn auswirken kann und soweit er seinerseits den bodenrechtlichen Charakter des zur Bebauung vorgesehenen Grundstücks prägt oder beeinflusst (BVerwG v. 26.5.1978, BauR 1978 S. 276; BVerwG v. 28.8.1998, NVwZ-RR 1999 S. 105).

Als maßgebliche Umgebung ist vorliegend das Quartier ...-straße/...-straße/...-straße/...-platz/...-straße anzusehen.

2.1 Weder die Art der Nutzung noch die überbaubare Grundstücksfläche - Bebauungstiefe - stehen vorliegend in Frage und werden von den Beteiligten auch nicht problematisiert, abgesehen davon, dass faktische Bebauungstiefen, die sich unabhängig vom Willen des Plangebers im Bereich nach § 34 Abs. 1 BauGB ergeben, keine nachbarschützende Funktion (BayVGH, B. v. 29.9.2008 - Az: 1 CS 08.2201; Nds OVG, B. v. 31.10.2007, Az: 1 M E 277/07) haben.

2.2 Entgegen der Ansicht der Klagepartei fügt sich das Bauvorhaben auch hinsichtlich der Bauweise in seine nähere Umgebung ein.

Sowohl im Inneren des Quartiers ...-straße/...-straße/...-straße/...-platz/...-straße als auch östlich des Vorhabens finden sich diverse Hauptgebäude, die an seitliche und auch rückwärtige Grundstücksgrenzen angebaut sind, u. a. auch das dreigeschossige Rückgebäude auf dem Grundstück des Klägers. Nach dem Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 29. April 2003 (Az: 20 B 01.1904) genügt es für die Möglichkeit im Rahmen des § 34 Abs. 1 BauGB an entsprechende Grundstücksgrenzen zu bauen, wenn eine solche Bauweise in der Umgebung gehäuft vorzufinden ist. Dies ist vorliegend, wie bereits der Blick auf den Lageplan zeigt, offensichtlich der Fall. Der geplante Grenzanbau ist somit planungsrechtlich gemäß § 34 Abs. 1 BauGB zulässig.

2.3 Auch hinsichtlich des Maßes der baulichen Nutzung bestehen keine Bedenken. Die Höhenentwicklung des Bauvorhabens bewegt sich im Rahmen der vorhandenen Bebauung im Inneren des Quartiers; hier findet sich bis zu viergeschossige Bebauung. Auch das Rückgebäude auf dem klägerischen Grundstück ist drei- bis viergeschossig.

Abgesehen davon haben Festsetzungen zum Maß der baulichen Nutzung grundsätzlich keine nachbarschützende Funktion (BVerwG, B. v. 23.6.1995 - Az: 4 B 52/95). Dies gilt insoweit erst recht für den unbeplanten Innenbereich (BVerwG v. 19.10.1995 - Az: 4 B 215/95).

3. Diese allgemeine Zulässigkeit des Vorhabens wird auch nicht durch eine Verletzung des in § 34 Abs. 1 BauGB verankerten Rücksichtnahmegebots in Frage gestellt. Nach gefestigter Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts hängen die Anforderungen, die das Gebot der Rücksichtnahme im Einzelnen begründen, wesentlich von den jeweiligen Umständen ab. Je empfindlicher und schutzwürdiger die Stellung desjenigen ist, dem die Rücksichtnahme im gegebenen Zusammenhang zugute kommt, umso mehr kann er an Rücksichtnahme verlangen. Je verständlicher und unabweisbarer die mit dem Vorhaben verfolgten Interessen sind, umso weniger braucht derjenige, der das Vorhaben verwirklichen will, Rücksicht zu nehmen. Abzustellen ist darauf, was einerseits dem Rücksichtnahmebegünstigten und andererseits dem Rücksichtnahmeverpflichteten nach Lage der Dinge zuzumuten ist. Bei der Interessengewichtung spielt eine maßgebliche Rolle, ob es um ein Vorhaben geht, das grundsätzlich zulässig und nur ausnahmsweise unter bestimmten Voraussetzungen nicht zuzulassen ist, oder ob es sich - umgekehrt - um ein solches handelt, das an sich unzulässig ist und nur ausnahmsweise zugelassen werden kann. Bedeutsam ist ferner, inwieweit derjenige, der sich gegen das Vorhaben wendet, eine rechtlich geschützte wehrfähige Position inne hat (BVerwG v. 6.12.1996 - 4 B 215/956 - NVwZ-RR 1997, 5, 16). Der Nachbar, der sich seine Bauwünsche erfüllt hat, hat es nicht in der Hand, durch die Art und Weise seiner Bauausführung unmittelbaren Einfluss auf die Bebaubarkeit anderer Grundstücke zu nehmen.

Unter Anwendung dieser Grundsätze kann sich der Kläger gegen das streitgegenständliche Bauvorhaben nicht mit Bezug auf das Rücksichtnahmegebot erfolgreich zur Wehr setzen.

3.1 Das gilt auch im Hinblick auf das von der Klagepartei gerügte Maß der baulichen Nutzung bzw. die Höhenentwicklung des Bauvorhabens. Das dreigeschossige Bauvorhaben mit einem relativ flachen Satteldach und einer Firsthöhe von 11,88 m ist offensichtlich deutlich niedriger als das bis zu viergeschossige Rückgebäude an der südlichen Grundstücksgrenze des Klägers. Auch wenn das Bauvorhaben an der südlichen Grundstücksgrenze des Beigeladenen ersichtlich höher ist als das klägerische Mittelgebäude, dem es leicht nach Norden versetzt im Westen gegenüberliegt, ist für die Annahme einer erdrückenden Wirkung kein Raum, da das Mittelgebäude des Klägers in einer Entfernung von 7,50 m von der westlichen - mit dem Beigeladenen gemeinsamen - Grundstücksgrenze entfernt liegt. Die Annahme einer erdrückenden Wirkung würde im Übrigen auch nicht dem Umstand gerecht, dass das Rückgebäude auf dem klägerischen Grundstück, das deutlich höher ist als das Bauvorhaben, ebenfalls nur in einer südlichen Entfernung von 7,50 m vom Mittelgebäude des Klägers liegt.

3.2 Das streitgegenständliche Bauvorhaben verletzt - entgegen der Ansicht der Klagepartei - das Rücksichtnahmegebot auch nicht im Hinblick auf eine etwaige Verletzung von Brandschutzvorschriften. Ähnlich der Wertung, dass ein Verstoß gegen Abstandsflächenvorschriften nicht automatisch eine Verletzung des Rücksichtnahmegebots impliziert (vgl. BVerwG, U. v. 11.1.1999 - 4 B 128/98 - NVwZ 1999, 879 f.; BayVGH, B. v. 6.11.2008 - 14 ZB 08.2326 - juris Rn. 10), bedeutet ein - möglicher - Verstoß gegen landesrechtliche Brandschutzvorschriften keine Verletzung des bauplanungsrechtlichen Gebots der Rücksichtnahme. Eine andere Bewertung würde sowohl die seit dem Gutachten des Bundesverfassungsgerichts von 1954 (BVerfG, Gutachten vom 16.6.1954, Az: 1 PBvV 2/52 - juris) klare Trennung zwischen bauplanungs- und bauordnungsrechtlichen Vorschriften in Frage stellen als auch eine Relativierung des eingeschränkten Prüfumfangs des Art. 59 BayBO bedeuten. Die Annahme der Verletzung des Rücksichtnahmegebots könnte daher bei einer Verletzung von bauordnungsrechtlichen Brandschutzvorschriften allenfalls dann in Betracht kommen, wenn die Missachtung der letzteren evident und die Gefahr der Brandausbreitung auf das Nachbargrundstück konkret und erheblich wäre.

Hiervon kann im vorliegenden Fall schon deshalb nicht ausgegangen werden, da die Branddirektion der Beklagten als zuständige Fachbehörde erklärt hat, dass aus brandschutztechnischer Sicht keine Bedenken gegen das Vorhaben bestehen. Das von der Klagepartei vorgelegte Gutachten ... vom 18. November 2016 führt zu keiner anderen Beurteilung, da auch hier letztlich nur der Einwand verbleibt, dass den Brandschutzvorschriften für ein Gebäude der Gebäudeklasse 5 - aufgrund der Verbindung zum Vordergebäude - nicht angemessen Rechnung getragen werde. Dies allein begründet aber keine konkrete und erhebliche Brandgefahr für das klägerische Anwesen. Die bautechnische Ausführung des Vorhabens weist eine Feuerwiderstandsdauer von 60 Minuten auf, die für ein Gebäude der Gebäudeklasse 3, als das das streitgegenständliche Gebäude ohne die Verbindung zum Vordergebäude einzustufen wäre, ausreicht; weiterhin ist gemäß Nr. 1.1 der Vollzugsbekanntmachung des Bayerischen Feuerwehrgesetzes vom 28. Mai 2013 grundsätzlich jede an einer Straße gelegenen Einsatzstelle innerhalb einer Hilfsfrist von 10 Minuten mit den Einsatzfahrzeugen der Feuerwehr zu erreichen.

4. Das Vorhaben verstößt auch nicht gegen drittschützende bauordnungsrechtliche Vorschriften, die im Prüfprogramm der streitgegenständlichen Baugenehmigung beinhaltet wären.

4.1 Abgesehen davon, dass gemäß Art. 59 Abs. 1 BayBO die Abstandsflächen nicht im Prüfprogramm der streitgegenständlichen Baugenehmigung sind, da es sich bei dem Vorhaben nicht um einen Sonderbau handelt, fallen - entgegen der Ansicht der Klagepartei - an der kommun angebauten Ostseite des Bauvorhabens keine Abstandsflächen an, da ein Grenzanbau insoweit planungsrechtlich zulässig ist, Art. 6 Abs. 1 Satz 3 BayBO. Da Anbauten an seitliche und rückwärtige Grundstücksgrenzen in der maßgeblichen Umgebung grundsätzlich möglich sind (siehe oben 2.2.), bestimmen sich auch die Höhe und Tiefe des Grenzanbaus nach den im Rahmen des § 34 Abs. 1 BauGB zulässigen Tiefen und Höhen (vgl. hierzu BayVGH, B. v. 3.2.2003 - Az: 2 CS 02.2087 - und B. v. 5.8.2004 - Az: 2 ZB 04.1158 - und B. v. 21.1.2005 - Az: 2 CS 04.3580 - alle juris). Im Hinblick auf die hier in der Umgebung vorzufindende Höhenentwicklung fügt sich das Vorhaben als Grenzanbau ein, so dass insoweit der Vorrang des Planungsrechts gegenüber den Abstandsflächenvorschriften zum Zuge kommt.

4.2 Soweit der Kläger rügt, das Vorhaben stehe nicht im Einklang mit den einschlägigen brandschutzrechtlichen Bestimmungen, scheidet eine Verletzung von Nachbarrechten durch Erteilung der Baugenehmigung schon deshalb aus, weil die Einhaltung dieser Anforderungen im Verfahren nicht zu prüfen war und die Feststellungswirkung der Baugenehmigung sich hierauf nicht erstreckt.

Im vereinfachten Genehmigungsverfahren nach Art. 59 BayBO werden bauaufsichtliche Anforderungen nur geprüft, wenn eine Abweichung beantragt wurde (Art. 59 Satz 1 Nr. 2 BayBO) oder, soweit es um den Brandschutz geht, bei einem Gebäude der Gebäudeklasse 5 - wie hier, wie nunmehr die Einstufung im Nachgangsbescheid vom 30. März 2016 festlegt - der Bauherr eine bauaufsichtliche Prüfung des Brandschutznachweises anstelle einer Bescheinigung durch einen Prüfsachverständigen nach Art. 62 Abs. 3 Satz 3 Nr. 3 BayBO wählt. Im vorliegenden Fall wurde aber weder eine Abweichung von brandschutzrechtlichen Anforderungen noch eine bauaufsichtliche Prüfung des Brandschutzes beantragt, sondern vielmehr im Bauantrag vom 1. Juni 2015 zulässigerweise festgelegt, dass der Brandschutznachweis durch eine Bescheinigung eines Prüfsachverständigen erbracht wird. Soweit der Brandschutznachweis durch einen Prüfsachverständigen gemäß Art. 62 Abs. 3 Satz 3 Nr. 3 BayBO bescheinigt wird, gelten gemäß Art. 62 Abs. 4 Satz 2 BayBO die entsprechenden Anforderungen als eingehalten. Aufgrund der ausdrücklichen Bezugnahme in Art. 62 Abs. 4 Satz 2 BayBO auf Art. 63 BayBO gilt dies auch für die Fälle, die bei einer Prüfung durch die Bauaufsichtsbehörde einer ausdrücklichen Abweichung nach Art. 63 BayBO bedürften. Ein den brandschutzrechtlichen Anforderungen nicht in vollem Umfang entsprechendes Vorhaben wird aufgrund der Bescheinigung eines Prüfsachverständigen so behandelt, als ob die Bauaufsichtsbehörde eine Abweichung von den nicht eingehaltenen Anforderungen zugelassen hätte (vgl. Schwarzer/König, 4. Auflage 2012, BayBO, Art. 62 Rn. 30).

Der Bescheinigung eines Prüfsachverständigen kommt damit eine „materielle Legalitätsfiktion“ zu. Für die Behörde bleibt bei den bescheinigten Anforderungen nichts zu prüfen übrig, so dass diese Anforderungen nicht zum Genehmigungsumfang im Sinne des Art. 68 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1 BayBO gehören. Der Bauherr darf grundsätzlich darauf vertrauen, dass sein Vorhaben den Vorschriften entspricht, deren Einhaltung durch die Bescheinigung bestätigt wurde (Schwarzer/König, a. a. O., Art. 62 Nr. 30). Für den Fall, dass die Bauaufsichtsbehörde Kenntnis erlangt, dass eine Bescheinigung zu Unrecht erteilt worden ist, kann sie - unabhängig von der Fiktionswirkung - in Wahrnehmung ihrer Aufgaben nach Art. 54 Abs. 2 Satz 1 BayBO jedenfalls dann einschreiten, wenn die Voraussetzungen vorliegen, unter denen nach Art. 54 Abs. 4 BayBO Anforderungen an bestandsgeschützte Anlagen gestellt werden dürfen. Liegen diese Voraussetzungen nicht vor, kann sie lediglich den Bauherrn und den Prüfsachverständigen auf den Mangel und ihre daraus resultierende Verantwortung hinweisen.

Da vorliegend der Brandschutznachweis von einem Prüfsachverständigen bescheinigt wird, gehört der Brandschutz nicht zum Prüfungsmaßstab und Genehmigungsinhalt. Entsprechend enthält die streitgegenständliche Baugenehmigung keine Regelung zum Brandschutz bzw. entfaltet sie insoweit keine Feststellungswirkung, so dass der Kläger hierdurch nicht in seinen Rechten bezüglich der Brandschutzanforderungen verletzt sein kann. Dies gilt auch dann, wenn die Prüfbescheinigung materiell eine „Abweichung“ von den Vorschriften des Art. 28 Abs. 3 Satz 1 BayBO insoweit beinhaltet, als die östliche Brandwand des streitgegenständlichen Gebäudes nur die Anforderungen des Art. 28 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 BayBO für die Gebäudeklasse 3 und nicht die des Art. 28 Abs. 3 Satz 1 BayBO für die Gebäudeklasse 5 einhält bzw. einhalten muss. Der Kläger ist daher darauf zu verweisen, bei der Bauaufsichtsbehörde um ein bauaufsichtliches Einschreiten nachzusuchen, das allerdings auf die Voraussetzungen des Art. 54 Abs. 4 BayBO beschränkt ist, die im Hinblick auf die Bewertung der Brandschutzdirektion vom 7. Juni 2016 nicht gegeben sein dürften.

5. Die Klage war daher mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen. Es entspricht der Billigkeit, dem Kläger auch die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen gemäß § 162 Abs. 3 VwGO aufzuerlegen, da der Beigeladene einen Antrag gestellt und sich damit selbst einem Kostenrisiko gemäß § 154 Abs. 3 VwGO ausgesetzt hat.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 ff. ZPO.

Rechtsmittelbelehrung:

Nach §§ 124, 124 a Abs. 4 VwGO können die Beteiligten die Zulassung der Berufung gegen dieses Urteil innerhalb eines Monats nach Zustellung beim Bayerischen Verwaltungsgericht München,

Hausanschrift: Bayerstraße 30, 80335 München, oder

Postanschrift: Postfach 20 05 43, 80005 München

beantragen. In dem Antrag ist das angefochtene Urteil zu bezeichnen. Dem Antrag sollen vier Abschriften beigefügt werden.

Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist bei dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof,

Hausanschrift in München: Ludwigstraße 23, 80539 München, oder

Postanschrift in München: Postfach 34 01 48, 80098 München

Hausanschrift in Ansbach: Montgelasplatz 1, 91522 Ansbach

einzureichen, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist.

Über die Zulassung der Berufung entscheidet der Bayerische Verwaltungsgerichtshof.

Vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof müssen sich die Beteiligten, außer im Prozesskostenhilfeverfahren, durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof eingeleitet wird. Als Prozessbevollmächtigte zugelassen sind neben Rechtsanwälten und den in § 67 Abs. 2 Satz 1 VwGO genannten Rechtslehrern mit Befähigung zum Richteramt die in § 67 Abs. 4 Sätze 4 und 7 VwGO sowie in §§ 3, 5 RDGEG bezeichneten Personen und Organisationen.

Beschluss:

Der Streitwert wird auf EUR 7.500,-- festgesetzt (§ 52 Abs. 1 Gerichtskostengesetz -GKG- i. V. m. Ziffer 9.7.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit).

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Beschluss steht den Beteiligten die Beschwerde an den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zu, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes EUR 200,-- übersteigt oder die Beschwerde zugelassen wurde. Die Beschwerde ist innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, beim Bayerischen Verwaltungsgericht München,

Hausanschrift: Bayerstraße 30, 80335 München, oder

Postanschrift: Postfach 20 05 43, 80005 München

einzulegen.

Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, kann die Beschwerde auch noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.

Der Beschwerdeschrift eines Beteiligten sollen Abschriften für die übrigen Beteiligten beigefügt werden.

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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au
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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au
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published on 16/01/2017 00:00

Tenor I. Der Antrag wird abgelehnt. II. Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu tragen. III. Der Streitwert wird auf 3.750,-- EUR festgesetzt.
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Annotations

(1) Das Gericht entscheidet, soweit nichts anderes bestimmt ist, auf Grund mündlicher Verhandlung. Die mündliche Verhandlung soll so früh wie möglich stattfinden.

(2) Mit Einverständnis der Beteiligten kann das Gericht ohne mündliche Verhandlung entscheiden.

(3) Entscheidungen des Gerichts, die nicht Urteile sind, können ohne mündliche Verhandlung ergehen, soweit nichts anderes bestimmt ist.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile ist ein Vorhaben zulässig, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt und die Erschließung gesichert ist. Die Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse müssen gewahrt bleiben; das Ortsbild darf nicht beeinträchtigt werden.

(2) Entspricht die Eigenart der näheren Umgebung einem der Baugebiete, die in der auf Grund des § 9a erlassenen Verordnung bezeichnet sind, beurteilt sich die Zulässigkeit des Vorhabens nach seiner Art allein danach, ob es nach der Verordnung in dem Baugebiet allgemein zulässig wäre; auf die nach der Verordnung ausnahmsweise zulässigen Vorhaben ist § 31 Absatz 1, im Übrigen ist § 31 Absatz 2 entsprechend anzuwenden.

(3) Von Vorhaben nach Absatz 1 oder 2 dürfen keine schädlichen Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden zu erwarten sein.

(3a) Vom Erfordernis des Einfügens in die Eigenart der näheren Umgebung nach Absatz 1 Satz 1 kann im Einzelfall abgewichen werden, wenn die Abweichung

1.
einem der nachfolgend genannten Vorhaben dient:
a)
der Erweiterung, Änderung, Nutzungsänderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten Gewerbe- oder Handwerksbetriebs,
b)
der Erweiterung, Änderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten, Wohnzwecken dienenden Gebäudes oder
c)
der Nutzungsänderung einer zulässigerweise errichteten baulichen Anlage zu Wohnzwecken, einschließlich einer erforderlichen Änderung oder Erneuerung,
2.
städtebaulich vertretbar ist und
3.
auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.
Satz 1 findet keine Anwendung auf Einzelhandelsbetriebe, die die verbrauchernahe Versorgung der Bevölkerung beeinträchtigen oder schädliche Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden haben können. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 1 Buchstabe b und c kann darüber hinaus vom Erfordernis des Einfügens im Einzelfall im Sinne des Satzes 1 in mehreren vergleichbaren Fällen abgewichen werden, wenn die übrigen Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und die Aufstellung eines Bebauungsplans nicht erforderlich ist.

(4) Die Gemeinde kann durch Satzung

1.
die Grenzen für im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen,
2.
bebaute Bereiche im Außenbereich als im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen, wenn die Flächen im Flächennutzungsplan als Baufläche dargestellt sind,
3.
einzelne Außenbereichsflächen in die im Zusammenhang bebauten Ortsteile einbeziehen, wenn die einbezogenen Flächen durch die bauliche Nutzung des angrenzenden Bereichs entsprechend geprägt sind.
Die Satzungen können miteinander verbunden werden.

(5) Voraussetzung für die Aufstellung von Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 ist, dass

1.
sie mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung vereinbar sind,
2.
die Zulässigkeit von Vorhaben, die einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder nach Landesrecht unterliegen, nicht begründet wird und
3.
keine Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der in § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe b genannten Schutzgüter oder dafür bestehen, dass bei der Planung Pflichten zur Vermeidung oder Begrenzung der Auswirkungen von schweren Unfällen nach § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zu beachten sind.
In den Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 können einzelne Festsetzungen nach § 9 Absatz 1 und 3 Satz 1 sowie Absatz 4 getroffen werden. § 9 Absatz 6 und § 31 sind entsprechend anzuwenden. Auf die Satzung nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 3 sind ergänzend § 1a Absatz 2 und 3 und § 9 Absatz 1a entsprechend anzuwenden; ihr ist eine Begründung mit den Angaben entsprechend § 2a Satz 2 Nummer 1 beizufügen.

(6) Bei der Aufstellung der Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 sind die Vorschriften über die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung nach § 13 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und 3 sowie Satz 2 entsprechend anzuwenden. Auf die Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 bis 3 ist § 10 Absatz 3 entsprechend anzuwenden.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Kosten sind die Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) und die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten einschließlich der Kosten des Vorverfahrens.

(2) Die Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts oder eines Rechtsbeistands, in den in § 67 Absatz 2 Satz 2 Nummer 3 und 3a genannten Angelegenheiten auch einer der dort genannten Personen, sind stets erstattungsfähig. Soweit ein Vorverfahren geschwebt hat, sind Gebühren und Auslagen erstattungsfähig, wenn das Gericht die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig erklärt. Juristische Personen des öffentlichen Rechts und Behörden können an Stelle ihrer tatsächlichen notwendigen Aufwendungen für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen den in Nummer 7002 der Anlage 1 zum Rechtsanwaltsvergütungsgesetz bestimmten Höchstsatz der Pauschale fordern.

(3) Die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen sind nur erstattungsfähig, wenn sie das Gericht aus Billigkeit der unterliegenden Partei oder der Staatskasse auferlegt.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

(1) Die Beteiligten können vor dem Verwaltungsgericht den Rechtsstreit selbst führen.

(2) Die Beteiligten können sich durch einen Rechtsanwalt oder einen Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz, der die Befähigung zum Richteramt besitzt, als Bevollmächtigten vertreten lassen. Darüber hinaus sind als Bevollmächtigte vor dem Verwaltungsgericht vertretungsbefugt nur

1.
Beschäftigte des Beteiligten oder eines mit ihm verbundenen Unternehmens (§ 15 des Aktiengesetzes); Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich auch durch Beschäftigte anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse vertreten lassen,
2.
volljährige Familienangehörige (§ 15 der Abgabenordnung, § 11 des Lebenspartnerschaftsgesetzes), Personen mit Befähigung zum Richteramt und Streitgenossen, wenn die Vertretung nicht im Zusammenhang mit einer entgeltlichen Tätigkeit steht,
3.
Steuerberater, Steuerbevollmächtigte, Wirtschaftsprüfer und vereidigte Buchprüfer, Personen und Vereinigungen im Sinne der §§ 3a und 3c des Steuerberatungsgesetzes im Rahmen ihrer Befugnisse nach § 3a des Steuerberatungsgesetzes, zu beschränkter geschäftsmäßiger Hilfeleistung in Steuersachen nach den §§ 3d und 3e des Steuerberatungsgesetzes berechtigte Personen im Rahmen dieser Befugnisse sowie Gesellschaften im Sinne des § 3 Satz 1 Nummer 2 und 3 des Steuerberatungsgesetzes, die durch Personen im Sinne des § 3 Satz 2 des Steuerberatungsgesetzes handeln, in Abgabenangelegenheiten,
3a.
Steuerberater, Steuerbevollmächtigte, Wirtschaftsprüfer und vereidigte Buchprüfer, Personen und Vereinigungen im Sinne der §§ 3a und 3c des Steuerberatungsgesetzes im Rahmen ihrer Befugnisse nach § 3a des Steuerberatungsgesetzes, zu beschränkter geschäftsmäßiger Hilfeleistung in Steuersachen nach den §§ 3d und 3e des Steuerberatungsgesetzes berechtigte Personen im Rahmen dieser Befugnisse sowie Gesellschaften im Sinne des § 3 Satz 1 Nummer 2 und 3 des Steuerberatungsgesetzes, die durch Personen im Sinne des § 3 Satz 2 des Steuerberatungsgesetzes handeln, in Angelegenheiten finanzieller Hilfeleistungen im Rahmen staatlicher Hilfsprogramme zur Abmilderung der Folgen der COVID-19-Pandemie, wenn und soweit diese Hilfsprogramme eine Einbeziehung der Genannten als prüfende Dritte vorsehen,
4.
berufsständische Vereinigungen der Landwirtschaft für ihre Mitglieder,
5.
Gewerkschaften und Vereinigungen von Arbeitgebern sowie Zusammenschlüsse solcher Verbände für ihre Mitglieder oder für andere Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder,
6.
Vereinigungen, deren satzungsgemäße Aufgaben die gemeinschaftliche Interessenvertretung, die Beratung und Vertretung der Leistungsempfänger nach dem sozialen Entschädigungsrecht oder der behinderten Menschen wesentlich umfassen und die unter Berücksichtigung von Art und Umfang ihrer Tätigkeit sowie ihres Mitgliederkreises die Gewähr für eine sachkundige Prozessvertretung bieten, für ihre Mitglieder in Angelegenheiten der Kriegsopferfürsorge und des Schwerbehindertenrechts sowie der damit im Zusammenhang stehenden Angelegenheiten,
7.
juristische Personen, deren Anteile sämtlich im wirtschaftlichen Eigentum einer der in den Nummern 5 und 6 bezeichneten Organisationen stehen, wenn die juristische Person ausschließlich die Rechtsberatung und Prozessvertretung dieser Organisation und ihrer Mitglieder oder anderer Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder entsprechend deren Satzung durchführt, und wenn die Organisation für die Tätigkeit der Bevollmächtigten haftet.
Bevollmächtigte, die keine natürlichen Personen sind, handeln durch ihre Organe und mit der Prozessvertretung beauftragten Vertreter.

(3) Das Gericht weist Bevollmächtigte, die nicht nach Maßgabe des Absatzes 2 vertretungsbefugt sind, durch unanfechtbaren Beschluss zurück. Prozesshandlungen eines nicht vertretungsbefugten Bevollmächtigten und Zustellungen oder Mitteilungen an diesen Bevollmächtigten sind bis zu seiner Zurückweisung wirksam. Das Gericht kann den in Absatz 2 Satz 2 Nr. 1 und 2 bezeichneten Bevollmächtigten durch unanfechtbaren Beschluss die weitere Vertretung untersagen, wenn sie nicht in der Lage sind, das Sach- und Streitverhältnis sachgerecht darzustellen.

(4) Vor dem Bundesverwaltungsgericht und dem Oberverwaltungsgericht müssen sich die Beteiligten, außer im Prozesskostenhilfeverfahren, durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht oder einem Oberverwaltungsgericht eingeleitet wird. Als Bevollmächtigte sind nur die in Absatz 2 Satz 1 bezeichneten Personen zugelassen. Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich durch eigene Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt oder durch Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse vertreten lassen. Vor dem Bundesverwaltungsgericht sind auch die in Absatz 2 Satz 2 Nr. 5 bezeichneten Organisationen einschließlich der von ihnen gebildeten juristischen Personen gemäß Absatz 2 Satz 2 Nr. 7 als Bevollmächtigte zugelassen, jedoch nur in Angelegenheiten, die Rechtsverhältnisse im Sinne des § 52 Nr. 4 betreffen, in Personalvertretungsangelegenheiten und in Angelegenheiten, die in einem Zusammenhang mit einem gegenwärtigen oder früheren Arbeitsverhältnis von Arbeitnehmern im Sinne des § 5 des Arbeitsgerichtsgesetzes stehen, einschließlich Prüfungsangelegenheiten. Die in Satz 5 genannten Bevollmächtigten müssen durch Personen mit der Befähigung zum Richteramt handeln. Vor dem Oberverwaltungsgericht sind auch die in Absatz 2 Satz 2 Nr. 3 bis 7 bezeichneten Personen und Organisationen als Bevollmächtigte zugelassen. Ein Beteiligter, der nach Maßgabe der Sätze 3, 5 und 7 zur Vertretung berechtigt ist, kann sich selbst vertreten.

(5) Richter dürfen nicht als Bevollmächtigte vor dem Gericht auftreten, dem sie angehören. Ehrenamtliche Richter dürfen, außer in den Fällen des Absatzes 2 Satz 2 Nr. 1, nicht vor einem Spruchkörper auftreten, dem sie angehören. Absatz 3 Satz 1 und 2 gilt entsprechend.

(6) Die Vollmacht ist schriftlich zu den Gerichtsakten einzureichen. Sie kann nachgereicht werden; hierfür kann das Gericht eine Frist bestimmen. Der Mangel der Vollmacht kann in jeder Lage des Verfahrens geltend gemacht werden. Das Gericht hat den Mangel der Vollmacht von Amts wegen zu berücksichtigen, wenn nicht als Bevollmächtigter ein Rechtsanwalt auftritt. Ist ein Bevollmächtigter bestellt, sind die Zustellungen oder Mitteilungen des Gerichts an ihn zu richten.

(7) In der Verhandlung können die Beteiligten mit Beiständen erscheinen. Beistand kann sein, wer in Verfahren, in denen die Beteiligten den Rechtsstreit selbst führen können, als Bevollmächtigter zur Vertretung in der Verhandlung befugt ist. Das Gericht kann andere Personen als Beistand zulassen, wenn dies sachdienlich ist und hierfür nach den Umständen des Einzelfalls ein Bedürfnis besteht. Absatz 3 Satz 1 und 3 und Absatz 5 gelten entsprechend. Das von dem Beistand Vorgetragene gilt als von dem Beteiligten vorgebracht, soweit es nicht von diesem sofort widerrufen oder berichtigt wird.

(1) Kammerrechtsbeistände stehen in den nachfolgenden Vorschriften einem Rechtsanwalt gleich:

1.
§ 79 Absatz 1 Satz 2 und Absatz 2 Satz 1, § 88 Absatz 2, § 121 Absatz 2 bis 4, § 122 Absatz 1, den §§ 126, 130d und 133 Absatz 2, den §§ 135, 157 und 169 Absatz 2, den §§ 174, 195 und 317 Absatz 5 Satz 2, § 348 Absatz 1 Satz 2 Nummer 2 Buchstabe d, § 397 Absatz 2 und § 702 Absatz 2 Satz 2 der Zivilprozessordnung,
2.
§ 10 Absatz 2 Satz 1, § 11 Satz 4, § 13 Absatz 4, den §§ 14b und 78 Absatz 2 bis 4 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit,
3.
§ 11 Absatz 2 Satz 1 und § 46g des Arbeitsgerichtsgesetzes,
4.
den §§ 65d und 73 Absatz 2 Satz 1 und Absatz 6 Satz 5 des Sozialgerichtsgesetzes, wenn nicht die Erlaubnis das Sozial- und Sozialversicherungsrecht ausschließt,
5.
den §§ 55d und 67 Absatz 2 Satz 1 und Absatz 6 Satz 4 der Verwaltungsgerichtsordnung,
6.
den §§ 52d und 62 Absatz 2 Satz 1 und Absatz 6 Satz 4 der Finanzgerichtsordnung, wenn die Erlaubnis die geschäftsmäßige Hilfeleistung in Steuersachen umfasst.

(2) Registrierte Erlaubnisinhaber stehen im Sinn von § 79 Abs. 2 Satz 1 der Zivilprozessordnung, § 10 Abs. 2 Satz 1 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit, § 11 Abs. 2 Satz 1 des Arbeitsgerichtsgesetzes, § 73 Abs. 2 Satz 1 des Sozialgerichtsgesetzes, § 67 Abs. 2 Satz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung und § 62 Abs. 2 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung einem Rechtsanwalt gleich, soweit ihnen die gerichtliche Vertretung oder das Auftreten in der Verhandlung

1.
nach dem Umfang ihrer bisherigen Erlaubnis,
2.
als Prozessagent durch Anordnung der Justizverwaltung nach § 157 Abs. 3 der Zivilprozessordnung in der bis zum 30. Juni 2008 geltenden Fassung,
3.
durch eine für die Erteilung der Erlaubnis zum mündlichen Verhandeln vor den Sozialgerichten zuständige Stelle,
4.
nach § 67 der Verwaltungsgerichtsordnung in der bis zum 30. Juni 2008 geltenden Fassung oder
5.
nach § 13 des Gesetzes über die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit in der bis zum 30. Juni 2008 geltenden Fassung
gestattet war. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 1 bis 3 ist der Umfang der Befugnis zu registrieren und im Rechtsdienstleistungsregister bekanntzumachen.

(3) Das Gericht weist registrierte Erlaubnisinhaber, soweit sie nicht nach Maßgabe des Absatzes 2 zur gerichtlichen Vertretung oder zum Auftreten in der Verhandlung befugt sind, durch unanfechtbaren Beschluss zurück. Prozesshandlungen eines nicht vertretungsbefugten Bevollmächtigten und Zustellungen oder Mitteilungen an diesen Bevollmächtigten sind bis zu seiner Zurückweisung wirksam. Das Gericht kann registrierten Erlaubnisinhabern durch unanfechtbaren Beschluss die weitere Vertretung oder das weitere Auftreten in der Verhandlung untersagen, wenn sie nicht in der Lage sind, das Sach- und Streitverhältnis sachgerecht darzustellen.§ 335 Abs. 1 Nr. 5 der Zivilprozessordnung gilt entsprechend.