Verwaltungsgericht München Urteil, 15. Dez. 2014 - M 8 K 13.3202
Gericht
Tenor
I.
Die Zustimmung des Beklagten vom ... Juli 2013, Az. ... wird aufgehoben.
II.
Der Beklagte hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III.
Die Kostenentscheidung ist gegen Sicherheitsleistung i. H. v. 110% des vollstreckbaren Betrages vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
Die Klägerin ist Eigentümerin des Hinterliegergrundstücks ...straße 3, Fl.Nr. ... Sie wendet sich mit ihrer Klage gegen den Zustimmungsbescheid des Beklagten vom ... Juli 2013, Az. ..., mit dem die Zustimmung für die Aufstockung eines Verwaltungsgebäudes der ... ... auf dem östlichen Nachbargrundstück, ...straße 3, Fl.Nr. ..., erteilt wurde.
Das Grundstück der Klägerin ist mit einem dreigeschossigen Gebäude unmittelbar auf der Grundstücksgrenze zum Vorhabengrundstück mit einer Tiefe von ca. 14 m bebaut. Bei dem klägerischen Grundstück handelt es sich um ein sog. „Hammergrundstück“, zu dem ein Zugangsweg zwischen Vorderliegergrundstück und dem Vorhabengrundstück führt.
Zur baulichen Situation auf den Grundstücken sowie zur Umgebungsbebauung siehe folgenden Lageplan 1:1.000. Der Plan ist aufgrund des Einscannens möglicherweise nicht mehr maßstabsgetreu.
Mit Bescheid vom ... Juli 2013 erteilte der Beklagte in Ziffer 1 des Bescheids die Zustimmung gem. Art. 73 Abs. 1 BayBO für das oben bezeichnete Bauvorhaben. Zugleich wurden in Ziffer 2 die erforderlichen Abweichungen wegen Nichteinhaltung von Abstandsflächen zu den westlich gelegenen Grundstücken ...straße 3, Fl.Nr. ... und ... (richtig: ... und ...) sowie zum Grundstück ...straße Fl.Nr. ... erteilt. Die Zustimmung wurde in Ziffer 3 mit Nebenbestimmungen zum Nachweis der erforderlichen Stellplätze (Ziffer 3.1) und zur Begrünung der in den Planunterlagen entsprechend dargestellten Dachflächen (Ziffer 3.2) verbunden. In der Begründung wird ausgeführt, dass das staatliche Bauamt mit Schreiben vom 13. Dezember 2012 die bauaufsichtliche Zustimmung zur Aufstockung eines Verwaltungsgebäudes der ... ... in der ...straße 3, ... ... beantragt habe. Die ... ... habe mit Schreiben vom 22. April 2013 das gemeindliche Einvernehmen erteilt. Die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit des Vorhabens richte sich vorliegend hinsichtlich des nach § 173 BBauGB übergeleiteten Baulinienplans nach § 30 Abs. 3 BauGB, der an der...traße und ...straße eine Baulinie festsetze, und im Übrigen nach § 34 Abs. 1 BauGB. Die maßgebliche nähere Umgebung bilde die straßenbegleitende Bebauung der ...straße, eine offene Bebauung mit einer vier- bis sechsgeschossigen Höhenentwicklung, die neben der ... überwiegend von Büros und Verwaltung genutzt würde. Einzubeziehen seien die Anwesen in der ...straße mit überwiegender Wohnnutzung. Das Gebiet entspräche keinem der Gebiete der BauNVO. Innerhalb des sich aus der Umgebung ergebenden Maßes der baulichen Nutzung sei das Vorhaben grundsätzlich zulässig. Die Maßstäblichkeit der Aufstockung sei entgegen dem Vorbringen der Nachbarn nicht im Verhältnis zur rückwärtigen Bebauung der ...straße, sondern zur Bebauung der ...straße zu bewerten. Diese Einschätzung werde auch durch die auf den Baugrundstücken vorausgegangenen Baumaßnahmen belegt. Mit Baugenehmigung vom ... Juni 1953 sei die auf dem Grundstück befindliche Privatklinik über die ganze Breite erweitert worden. Das Rückgebäude sei auf Grundlage der Baugenehmigungen vom ... Juli 1955 und ... August 1955 grenzständig über die gesamte Grundstücksbreite ausgebaut worden. Die grenzständige Bebauung hätte den Anbau des Rückgebäudes ...straße 3 und die bessere bauliche Nutzung des Grundstücks ermöglicht. Die städtebauliche Intention der durchgehenden Bebauung von der östlichen Baulinie bis zur westlichen Grundstücksgrenze habe ihre Fortsetzung gefunden, als nach Abbruch der ehemaligen Klinikgebäude die Flurstücke Nr. ... (...straße 3) und Nr. ... (...straße 5) zusammengefasst und darauf der Neubau eines Verwaltungsgebäudes der ... bis unmittelbar an die Grenze geplant worden sei. Aufgrund dieser Baugeschichte ließen sich keine Anhaltspunkte erkennen, wonach die beabsichtigte Aufstockung den Rahmen des zulässigen Maßes der baulichen Nutzung sprenge und sich nicht mehr im Sinne des § 34 Abs. 1 BauGB einfüge. Im vorliegenden Fall sei angesichts des gegenseitigen Interessengeflechtes und der besonderen städtebaulichen Situation keine Verletzung des nachbarlichen Rücksichtnahmegebots zu erkennen, wonach die Baumaßnahmen zu unverhältnismäßigen, die Schwelle des Zumutbaren überschreitenden Beeinträchtigungen führten. Die Grenzbebauung auf dem Grundstück ...straße 3 lasse keine nachteiligen Auswirkungen auf die Anwesen an der ...straße erkennen und ermögliche für das Anwesen ...straße 3 Rückgebäude eine das Maß der baulichen Nutzung begünstigende Bebauung. Auf den Anwesen an der ...straße sei generell ein hohes Maß baulicher Nutzung verwirklicht. Die zurückgesetzte Aufstockung übe keine erdrückende Wirkung aus. Auch die Einwendungen hinsichtlich der Verschattung führten zu keinem anderen Ergebnis. Weitere bauplanungsrechtliche Belange lägen nicht vor. Die Baumaßnahme führe zwar zu einer Intensivierung der bisherigen Büronutzung und werde näher an die nachbarlichen Grundstücke herangeführt, dies verletze aber keine geschützten Nachbarbelange.
Belange des Bauordnungsrechts seien nur von Belang, soweit das Vorhaben Abweichungen von nachbarschützenden bauordnungsrechtlichen Vorschriften erfordere, insbesondere bei Abweichungen von Abstandsflächen. Fraglich sei zunächst, ob das Vorhaben generell Abstandsflächen auslöse und ob die beabsichtigte Aufstockung in voller Höhe grenzständig errichtet werden könne. Werde dies verneint, so sei jedenfalls ein westlicher Grenzanbau in dem durch das bestehende Verwaltungsgebäude begründetem Umfang zulässig. Dieser Auffassung folgend wären für nicht an die Grundstücksgrenze angebaute Gebäudeteile grundsätzlich Abstandsflächen einzuhalten, deren Tiefe jedoch nicht nach der Gesamthöhe des zurückgesetzten Wandteiles, sondern nach der Höhe des freistehenden Wandteils zu bestimmen sei (VG München U.v. 02.05.2011 - M 8 K 10.1026; BayVGH B. v. 26.01.2000 - 26 CS 99.2723). Der untere Bezugspunkt für die Berechnung der Abstandsflächen sei daher nicht die Geländeoberfläche, sondern die Höhe der zulässigen Grenzbebauung von 7,66 m. Die beabsichtigte Aufstockung weise in der maßgeblichen Südwestecke eine Höhe von 14,05 m auf, so dass sich eine Abstandsflächentiefe von 6,39 m ergäbe. Der Gebäudeteil sei von der westlichen Grundstücksgrenze 3,20 m entfernt und würde somit ½ H einhalten. Eine aus der umgebenden Bebauung ergebende einheitliche Abstandsflächentiefe von ½ H lasse sich nicht ausmachen, so dass eine Verkürzung nach Art. 6 Abs. 5 Satz 4 BayBO nicht möglich sei. Auch können das sog. 16 m Privileg des Art. 6 Abs. 6 Satz 1 BayBO und der Art. 6 Abs. 5 Satz 2 BayBO nicht in Anspruch genommen werden. Das Vorhaben bedürfe daher der Erteilung von Abweichungen, weil es die erforderlichen Abstandsflächen zu den Nachbargrundstücken ...straße 3, Fl. Nr. ... und ... nicht einhalte. Die Zulassung einer Abweichung setze grundsätzlich voraus, dass eine atypische Fallgestaltung vorliege (BayVGH
Die Zustimmung wurde der Klägerin und ihrem Bevollmächtigten jeweils mit Postzustellungsurkunde am
Mit Schriftsatz vom
die Zustimmung des Beklagten vom ...07.2013, Az.: ..., aufzuheben.
Zur Begründung wurde ausgeführt, die Zustimmung sei rechtswidrig, weil die zugelassene Abweichung von den Abstandsflächenvorschriften rechtswidrig sei. Sie verstoße auch gegen das Gebot der Rücksichtnahme. Aus der Begründung des Bescheids des Beklagten ergebe sich, dass dieser bei der Erteilung der Abweichungen wegen Nichteinhaltung von Abstandsflächen davon ausgegangen sei, dass sich die Tiefe der Abstandsfläche hier nicht gem. Art. 6 Abs. 4 S. 2 BayBO von der Geländeoberfläche bis zum Schnittpunkt der Wand mit der Dachhaut bemesse, sondern lediglich nach der Höhe des freistehenden Wandteils. Der untere Bezugspunkt sei damit die Höhe des Daches des bestehenden Rückgebäudes ...straße 3. Das streitgegenständliche Vorhaben füge sich entgegen der Ansicht des Beklagten nicht gem. § 34 Abs. 1 BauGB nach dem Maß der baulichen Nutzung in die Eigenart der näheren Umgebung ein. Der Klägerin sei bekannt, dass dieses Kriterium als solches nicht nachbarschützend sei, dennoch spiele es hier eine entscheidungserhebliche Rolle. Die Eigenart der näheren Umgebung werde vor allem durch die dort vorhandene Bebauung geprägt, bereits beseitigte Bebauung sei daher nicht mehr prägend (VGH München, B.v. 27.11.2008 - 1 ZB 06.594 - juris Rn. 15, Mitschang/Reidt, in: Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB Kommentar 12. Aufl. 2014, § 34 Rn. 23 m.w.N). Das maßgebliche Geviert sei dadurch gekennzeichnet, dass sich die Bebauung im rückwärtigen Bereich von der straßenseitigen Vorderbebauung unterscheide, weil sie deutlich niedriger sei. Nach der zitierten Rechtsprechung bilde eine straßenbegleitende Vorderbebauung nicht den maßgeblichen Rahmen für die Zulässigkeit einer rückwärtigen Bebauung, wenn diese in der gesamten näheren Umgebung, also dem maßgeblichen Straßengeviert deutlich niedriger sei als die straßenseitige Bebauung. Dies sei vorliegend der Fall, denn bei dem Baugrundstück handele es sich unbestreitbar um einen rückwärtigen Bereich, und zwar sowohl von der ...straße wie auch von der ...straße aus gesehen. Das rückwärtige Bestandsgebäude ...straße 3 sei um drei Geschosse und mehr als 10 m niedriger als das Vordergebäude und gegenüber diesem um 5 bis 7 m versetzt. Zwischen beiden Gebäuden bestünde also eine deutlich wahrnehmbare Zäsur. Außerdem habe das Rückgebäude einen separaten Eingang. Auch von der ...straße aus betrachtet stelle es sich eindeutig als Rückgebäude dar. Unter beiden Gesichtspunkten unterscheide sich das streitgegenständliche Gebäude erheblich von der Vorderbebauung entlang der ...- und der ...straße. In der maßgeblichen näheren Umgebung fände sich kein Vorbild für ein Rückgebäude von 14,65 m Höhe (VGH München U.v. 30.07.2012 1 B 12.906 - juris Rn. 20). Eine vor 47 Jahren bereits beseitigte Bebauung sei entgegen der Ansicht des Beklagten nicht mehr von Bedeutung.
Die von dem Beklagten zugelassene Abweichung von Abstandsflächen sei rechtswidrig. Zunächst seien die Flurstücke falsch bezeichnet, die Fl.Nrn. der ...straße 3 seien nicht ... und ..., sondern ... und ... Zugleich seien die Abweichungen auch nicht bestimmt genug. Es würden „die erforderlichen Abweichungen“ zugelassen, es bleibe aber offen, inwieweit eine Abweichung von welchen Abstandsflächen zugelassen werden sollte. Dies sei weder mit Art. 37 Abs. 1 BayVwVfG noch mit den rechtsstaatlichen Bestimmtheitsanforderungen vereinbar. Nach dem Bescheid des Beklagten sei eine Abweichung von 6,39 m auf 3,20 m Abstandsflächentiefe zugelassen worden. Dies entspräche nicht den Anforderungen des Art. 6 BayBO. Das richtige Maß für die gesetzliche Abstandsflächentiefe sei 14,05 m, da das Vorhaben die Tiefe von 1 H einhalten müsse. Nach Art. 6 Abs. 4 S. 2 BayBO sei maßgeblich die Wandhöhe von der Geländeoberfläche bis zum oberen Abschluss der Wand. Im vorliegenden Fall seien dies nach den Bauvorlagen 14,05 m. Davon fielen 3,20 m auf das Baugrundstück, 10,85 m jedoch auf das Hinterliegergrundstück ...straße 3 und im Bereich der Zufahrt mit einer Tiefe von ca. 3 bis 4 m auf das Hinterlieger- und mit 6,85 bis 7,85 m auf das Vorderliegergrundstück ...straße 3. Entgegen des eindeutigen Wortlauts des Gesetzes habe der Beklagte die Abstandsfläche aber nur „nach der Höhe des freistehenden Wandteils“ bemessen und als unteren Bezugspunkt das Dach des bestehenden Rückgebäudes angenommen. Die von ihm angeführten Entscheidungen des VGH München
Die Zustimmung sei auch deshalb rechtswidrig, weil die erteilten Abweichungen ermessensfehlerhaft seien. Die Behörde müsse nach der Rechtsprechung alle maßgeblichen Umstände zutreffend erkennen und berücksichtigen. Eine Ermessensentscheidung setzte immer voraus, dass die zu würdigenden Belange fehlerfrei ermittelt und gewichtet würden. Dagegen habe der Beklagte verstoßen, indem er von falschen gesetzlichen Abstandsflächen ausgegangen sei. Deshalb sei er sich nicht im Klaren gewesen, in welchem Umfang die Abstandsflächen verkürzt seien bzw. hätten verkürzt werden müssen. Eine Abweichung sei ermessensfehlerhaft, wenn ihr Umfang nicht bestimmt genug erkannt oder fehlerhaft beurteilt worden sei (Jäde in Jäde/Dirnberger/Bauer/Weiß, BayBO Kommentar Art 63 Rn. 22). Nach der Entscheidung des VGH München
Das streitgegenständliche Vorhaben verstoße auch gegen das Gebot der Rücksichtnahme. Es überschreite in seiner vollen Höhe das zulässige Maß der baulichen Nutzung und führe für die Klägerin zu einer erheblichen zusätzlichen Verschattung. Bestätigt würde diese Auffassung durch den Umstand, dass das Vorhaben nicht einmal eine Abstandsfläche von 0,25 H einhalte. Das landesrechtliche Abstandsflächenrecht stelle insoweit eine Konkretisierung des Gebots der nachbarlichen Rücksichtnahme dar (BVerwG B.v. 06.12.1996 - 4 B 215/96 - juris Rn. 9 m. w. N.).
Mit Schriftsatz vom 19. Dezember 2013 beantragte der Beklagte,
die Klage abzuweisen.
Mit Schriftsatz vom 24. November 2014 wurde ausgeführt, dass im Zustimmungsbescheid bei der Bezeichnung der Flurstücke tatsächlich ein sog. Zahlendreher enthalten sei. Zur Frage des Einfügens im Sinn von § 34 BauGB wurde auf den Zustimmungsbescheid verwiesen. Die Klagebegründung enthalte insoweit keine neuen Gesichtspunkte. Das gelte auch für die Frage der Abstandsflächen. Es treffe zwar zu, dass die Studienbeiträge abgeschafft seien, allerdings habe die Staatsregierung zugesagt, die weggefallenen Fremdmittel in vollem Umfang durch staatliche Mittel zu ersetzen. Daher seien die zusätzlichen Gelder in jedem Fall zu verwalten, so dass diese Aufwandssteigerung durchaus in die Ermessensausübung habe einfließen dürfen.
Über die baulichen und örtlichen Verhältnisse auf dem streitgegenständlichen Grundstück sowie in dessen Umgebung hat das Gericht am 15. Dezember 2014 Beweis durch Einnahme eines Augenscheins erhoben. Hinsichtlich der Feststellungen dieses Augenscheins sowie der anschließenden mündlichen Verhandlung, in der die Beteiligten ihre schriftsätzlich angekündigten Anträge stellten, wird auf das Protokoll verwiesen. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Gerichts- und die vorgelegten Behördenakten verwiesen.
Gründe
Die zulässige Klage hat in der Sache Erfolg, da die angefochtene Zustimmung vom ... Juni 2013 nachbarschützende Vorschriften des Bauordnungsrechts verletzt, die im Genehmigungsverfahren zu prüfen waren, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
1. Dritte können sich gegen eine Baugenehmigung - und entsprechend gegen einen Zustimmungsbescheid - nur dann mit Aussicht auf Erfolg zur Wehr setzen, wenn die angefochtene Baugenehmigung rechtswidrig ist und diese Rechtswidrigkeit zumindest auch auf der Verletzung von Normen beruht, die gerade auch dem Schutz des betreffenden Nachbarn zu dienen bestimmt sind (BayVGH, B.v. 24.3.2009 - 14 CS 08.3017 - juris Rn. 20). Es genügt daher nicht, wenn die Baugenehmigung bzw. der angefochtene Zustimmungsbescheid gegen Rechtsvorschriften des öffentlichen Rechts verstößt, die nicht - auch nicht teilweise - dem Schutz der Eigentümer benachbarter Grundstücke zu dienen bestimmt sind. Dabei ist zu beachten, dass ein Nachbar eine Baugenehmigung und einen Zustimmungsbescheid zudem nur dann mit Erfolg anfechten kann, wenn die Genehmigung rechtswidrig ist und die Rechtswidrigkeit sich aus einer Verletzung von Vorschriften ergibt, die im Baugenehmigungsverfahren zu prüfen waren (BayVGH, B.v. 24.3.2009, a. a. O.). Verstößt ein Vorhaben gegen eine drittschützende Vorschrift, die im Baugenehmigungsverfahren aber nicht zu prüfen war, trifft die Baugenehmigung insoweit keine Regelung und ist der Nachbar darauf zu verweisen, Rechtsschutz gegen das Vorhaben über einen Antrag auf bauaufsichtliches Einschreiten gegen die Ausführung des Vorhabens zu suchen (vgl. BVerwG, B.v. 16.1.1997 - 4 B 244/96, NVwZ 1998, 58 - juris Rn. 3; BayVGH, B.v. 14.10.2008 - 2 CS 08/2132 - juris Rn. 3).
Für die hier streitgegenständliche bauaufsichtliche Zustimmung nach Art. 73 BayBO gilt entsprechendes. Die beabsichtigte Aufstockung des Universitätsgebäudes bedarf im Hinblick auf Art. 73 Abs. 1 Satz 4 BayBO einer bauaufsichtlichen Zustimmung, da sie zur Erweiterung des Bauvolumens führt, so dass dieses nicht verfahrensfreie Bauvorhaben gemäß Art. 73 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 BayBO einer Zustimmung der Regierung... ... bedarf. Gemäß Art. 73 Abs. 2 Satz 3 BayBO entscheidet die Regierung... ... über Abweichungen von sonstigen Vorschriften, soweit sie drittschützend sind. Vorliegend wurden Abweichungen gemäß Art. 63 Abs. 1 BayBO von der Einhaltung der Vorschriften über Abstandsflächen nach Art. 6 Abs. 1 BayBO im streitgegenständlichen Zustimmungsbescheid erteilt, so dass die Abstandsflächenvorschriften vom Prüfungsumfang im bauaufsichtlichen Zustimmungsverfahren erfasst sind.
2. In bauordnungsrechtlicher Hinsicht stellt sich die streitgegenständliche Zustimmung vom ... Juni 2013 als rechtswidrig dar und verletzt die Klägerin in ihren Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
2.1. Grundsätzlich bemisst sich die die Tiefe der Abstandsfläche gem. Art. 6 Abs. 4 S. 1 BayBO nach der Wandhöhe, die senkrecht zur Wand gemessen wird. Die Wandhöhe ist nach Art. 6 Abs. 4 Satz 2 BayBO das Maß von der Geländeoberkante bis zum Schnittpunkt der Wand mit der Dachhaut oder bis zum oberen Abschluss der Wand. Eine Ausnahme zu Art. 6 Abs. 4 BayBO hat der Bayerische Verwaltungsgerichtshof in seiner Rechtsprechung vom 26. Januar 2000 (vgl. BayVGH 26. Senat
Voraussetzung für die Anwendung der Rechtsprechung des 26. Senats
An der Nordwestecke beträgt der Abstand der Außenwand der geplanten Gebäudeaufstockung bis zur Grundstücksgrenze rund 6,02 m (abgegriffen aus dem Lageplan) bzw. bei Berücksichtigung der Wartungsbalkone ca. 5,30 m (abgegriffen), damit fallen an der Nordwestecke 1,19 m (bzw. bei Berücksichtigung der Wartungsbalkone 1,32 m) auf das klägerische Hinterliegergrundstück und den Zugangsweg.
Nach Art. 6 Abs. 2 Satz 3 BayBO dürfen sich Abstandsflächen im Sinn von Satz 1 ganz oder teilweise auf andere Grundstücke erstrecken, wenn rechtlich oder tatsächlich gesichert ist, dass sie nicht überbaut werden. Hinsichtlich des Zugangswegs zum klägerischen Hinterliegergrundstück (sog. Hammergrundstück) sind diese Voraussetzungen zumindest bis zu dessen Mitte erfüllt, Art. 6 Abs. 2 Satz 2 HS 2 BayBO. Aber soweit die Abstandsflächen an der Südwestecke in das klägerische Gebäude fallen, greift Art. 6 Abs. 2 Satz 3 BayBO nicht.
An der Südwestecke beträgt der Abstand der Außenwand der geplanten Gebäudeaufstockung bis zur Grundstücksgrenze ca. 4,00 m (abgegriffen aus dem Lageplan) bzw. bei Berücksichtigung des Wartungsbalkone etwa 3,20 m (abgegriffen aus dem Lageplan), so dass bei einer Wandhöhe ab Dachaustritt von 7,21 m (bzw. bei Berücksichtigung der Wartungsbalkone von 6,62 m) etwa 3,21 m (bzw. bei Berücksichtigung der Wartungsbalkone 3,42 m) auf das klägerische Hinterliegergebäude fallen.
Damit fallen auch unter Anwendung der Rechtsprechung des 26. Senats
2.2 Es ist bereits strittig, ob neben der Anwendung der privilegierenden Rechtsprechung des 26. Senats
2.3 Gemäß Art. 63 Abs. 1 Satz 1 BayBO kann die Bauaufsichtsbehörde Abweichungen von bauaufsichtlichen Anforderungen zulassen, wenn sie unter Berücksichtigung der jeweiligen Anforderung und unter Würdigung der nachbarlichen Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar sind. Während bei bautechnischen Anforderungen der Zweck der Vorschriften vielfach auch durch eine andere als die gesetzlich vorgesehene Bauausführung gewahrt werden kann (die dann im Wege der Abweichung zuzulassen ist), wird der Zweck des Abstandsflächenrechts, der vor allem darin besteht, eine ausreichende Belichtung und Belüftung der Gebäude zu gewährleisten und die für Nebenanlagen erforderlichen Freiflächen zu sichern, regelmäßig nur dann erreicht, wenn die Abstandsflächen in dem gesetzlich festgelegten Umfang eingehalten werden. Da somit jede Abweichung von den Anforderungen des Art. 6 BayBO zur Folge hat, dass die Ziele des Abstandsflächenrechts nur unvollkommen verwirklicht werden, setzt die Zulassung einer Abweichung Gründe von ausreichendem Gewicht voraus, durch die sich das Vorhaben vom Regelfall unterscheidet und die die Einbuße an Belichtung und Belüftung im konkreten Fall als vertretbar erscheinen lassen (vgl. BayVGH B.v. 09.02.2015 - 15 ZB 12.1152 - juris Rn. 16). Es muss sich um eine atypische, von der gesetzlichen Regel nicht zureichend erfasste oder bedachte Fallgestaltung handeln (vgl. BayVGH, B.v. 13.2.2002 - 2 CS 01.1506 - juris Rn. 16;
Liegt die erforderliche Atypik vor, ist weitere Voraussetzung die Vereinbarkeit der Abweichung mit den öffentlichen Belangen unter Würdigung der öffentlich-rechtlich geschützten nachbarlichen Interessen. Mit der Verpflichtung zur Würdigung nachbarlicher Interessen verlangt das Gesetz - wie bei dem bauplanungsrechtlichen Gebot der Rücksichtnahme - eine Abwägung zwischen den für das Vorhaben sprechenden Gründen und den Belangen des Nachbarn (BayVGH, B. v. 16.7.2007 - 1 CS 07.1340 - juris Rn. 17). Ob eine Abweichung von den Abstandsflächenvorschriften zugelassen werden kann, beurteilt sich dabei nicht allein danach, wie stark die Interessen des betroffenen Nachbarn beeinträchtigt werden. Es ist stets auch zu prüfen, ob die Schmälerung der nachbarlichen Interessen durch überwiegende Interessen des Bauherrn oder überwiegende öffentliche Belange gerechtfertigt ist (BayVGH, B. v. 16.7.2007 - 1 CS 07.1340 - juris Rn. 20).
Liegt die erforderliche Atypik nicht vor, erweist sich eine trotzdem erteilte Abweichung von der Einhaltung der gesetzlich vorgeschrieben Abstandsflächen von vornherein als rechtswidrig; die Baugenehmigung ist auf eine Nachbarklage hin aufzuheben (vgl. BayVGH, B.v. 9.2.2015 - 15 ZB 12.1152 - juris Rn. 16).
2.4 Eine atypische Sondersituation ist im vorliegenden Fall nicht gegeben. Der streitgegenständliche Zustimmungsbescheid führt hierzu aus, dass die von der Rechtsprechung geforderte Atypik durch die städtebauliche Situation mit dem entsprechenden Maß der baulichen Nutzung auf dem Baugrundstück, das nicht in direkten Vergleich gesetzt werden könne zur rückwärtigen Bebauung der Grundstücke der ...straße, begründet sei. Dies habe zur Folge, dass auf dem Baugrundstück im Prinzip jede bauliche Veränderung oder Erweiterung zu einem Verstoß gegen abstandsflächenrechtliche Belange führe. In einer solchen Situation innerstädtischer dichter Bebauung sei es erforderlich, dass für den Fall einer notwendigen baulichen Anpassung an geänderte Nutzungsanforderungen gegebenenfalls Abweichungen von den generalisierenden Regelungen des Abstandsflächenrechts zuzulassen seien.
Das neue Bauvorhaben mit der vorgesehenen Aufstockung ist aber nicht etwa die Folge einer durch den Altbestand vorgegebenen Zwangslage, sondern dient der weiteren Optimierung der wirtschaftlichen Verwertungsmöglichkeiten des Vorhabengrundstücks. Aus den Behördenakten ergibt sich, dass auch maßvollere Aufstockungsvarianten mit der Klägerin besprochen wurde. Das staatlichen Bauamt hat jedoch mit Schreiben vom 12. April 2013 mitgeteilt, dass dem Vorschlag auf Reduzierung des Maßes der baulichen Nutzung nicht beigetreten werden könne, da dadurch der dringende Bedarf an Bürofläche nicht ausgeglichen werden könne. Es mag aus wirtschaftlichen Gründen nachvollziehbar sein, dass die Aufstockung des zweigeschossigen Verwaltungsgebäudes um zwei weitere zurückgesetzte Geschosse gegenüber dem alten rückwärtigen Verwaltungsgebäude einen dringend benötigten Platzbedarf zu decken vermag und der gewählte Standort an der ...straße in absoluter Nähe zum Hauptgebäude der ... sich in besonderen Maß anbietet und sinnvoll ist. Es dürfte sich hierbei um den - unter Berücksichtigung von Praktikabilitätserwägungen und wirtschaftlichen Gesichtspunkten - optimalen Standort handeln, da einerseits die vorhandene Infrastruktur ohne großen Umbauaufwand in die Gebäudeaufstockung integriert werden kann und andererseits durch die räumliche Nähe zum Hauptgebäude der ... die Gebäudeaufstockung in dieser zentralen Lage besonders geeignet ist. Diese Gründe vermögen gleichwohl keine Atypik zu begründen. Allein der Wunsch eines Eigentümers, sein Grundstück stärker auszunutzen als dies ohnehin schon zulässig wäre, kann noch keine Atypik begründen (vgl. BayVGH B.v. 20.11.2014 - 2 CS 14.2199 - juris Rn. 4). Modernisierungsmaßnahmen, die nur der Gewinnmaximierung dienen sollen, sind auch in Ballungsräumen nicht besonders schützenswert (vgl. BayVGH, B.v. 13.10.2014 - 2 ZB 13.1627 n.V.; BayVGH, B.v. 20.11.2014 - 2 CS 14.2199 - juris Rn. 4;
Da es sich bei den bauordnungsrechtlichen Abstandsflächenvorschriften um Inhalts- und Schrankenbestimmungen des Eigentums i. S. von Art. 14 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 GG handelt, ist das Vorliegen einer Atypik im Sinne einer von der gesetzlichen Regel des Art. 6 BayBO nicht zureichend erfassten oder bedachten Fallgestaltung auch verfassungsrechtlich geboten. Inhalt und Schranken und damit die Sozialbindung des Eigentums bestimmt allein der Gesetzgeber (vgl. Papier, in: Maunz/Dürig, Grundgesetz-Kommentar, Stand 71. Ergänzungslieferung 2014, Art. 14 Rn. 306). Eine Geltung der Abstandsflächen allein nach Ermessen der Bauaufsichtsbehörden wäre mit diesem spezifischen Gesetzesvorbehalt bei Inhalts- und Schrankenbestimmungen nicht vereinbar. Ohne Vorliegen einer Atypik kann daher weder allein ein besonderes Interesse des Bauherrn an einer möglichst wirtschaftlichen Ausnutzung der Bebauung seines Grundstücks noch ein besonderes öffentliches Interesse eine Abweichung von den Abstandsflächen rechtfertigen. Diese Belange können erst dann zur Geltung kommen, wenn die atypische Grundstückssituation vorliegt und damit der Weg zu einer umfassenden Abwägung der privaten und öffentlichen Interessen im Rahmen der Abweichungsentscheidung auf der Grundlage des Art. 63 Abs. 1 Satz 1 BayBO eröffnet ist.
3. Im vorliegenden Fall kann sich die Klägerin auch mit Erfolg darauf berufen, dass sie durch die erteilte Abweichung von den nach Art. 6 BayBO erforderlichen Abstandsflächen in eigenen Rechten verletzt wird. Eine solche Rüge ist ihr nicht aufgrund des auch im öffentlichen Recht anwendbaren Grundsatzes von Treu und Glauben (§ 242 BGB) verwehrt. Die Klägerin wirft selbst keine Abstandsflächen auf das streitgegenständliche Vorhabengrundstück. Nach Art. 6 Abs. 1 Satz 3 BayBO ist eine Abstandsfläche nicht erforderlich vor Außenwänden, die an Grundstücksgrenzen errichtet werden, wenn nach planungsrechtlichen Vorschriften an die Grenze gebaut werden muss oder gebaut werden darf. Da das Gebäude der Klägerin in zulässiger Weise auf der zwischen dem klägerischen Hinterliegergrundstück und dem Vorhabengrundstück liegenden Grundstücksgrenze errichtet ist, ist eine Abstandsfläche gem. Art. 6 Abs. 1 Satz 3 BayBO nicht erforderlich.
4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
5. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 52 Abs. 1 GKG i. V. m. Ziffern 9.7.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit.
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Annotations
(1) Im Geltungsbereich eines Bebauungsplans, der allein oder gemeinsam mit sonstigen baurechtlichen Vorschriften mindestens Festsetzungen über die Art und das Maß der baulichen Nutzung, die überbaubaren Grundstücksflächen und die örtlichen Verkehrsflächen enthält, ist ein Vorhaben zulässig, wenn es diesen Festsetzungen nicht widerspricht und die Erschließung gesichert ist.
(2) Im Geltungsbereich eines vorhabenbezogenen Bebauungsplans nach § 12 ist ein Vorhaben zulässig, wenn es dem Bebauungsplan nicht widerspricht und die Erschließung gesichert ist.
(3) Im Geltungsbereich eines Bebauungsplans, der die Voraussetzungen des Absatzes 1 nicht erfüllt (einfacher Bebauungsplan), richtet sich die Zulässigkeit von Vorhaben im Übrigen nach § 34 oder § 35.
(1) Innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile ist ein Vorhaben zulässig, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt und die Erschließung gesichert ist. Die Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse müssen gewahrt bleiben; das Ortsbild darf nicht beeinträchtigt werden.
(2) Entspricht die Eigenart der näheren Umgebung einem der Baugebiete, die in der auf Grund des § 9a erlassenen Verordnung bezeichnet sind, beurteilt sich die Zulässigkeit des Vorhabens nach seiner Art allein danach, ob es nach der Verordnung in dem Baugebiet allgemein zulässig wäre; auf die nach der Verordnung ausnahmsweise zulässigen Vorhaben ist § 31 Absatz 1, im Übrigen ist § 31 Absatz 2 entsprechend anzuwenden.
(3) Von Vorhaben nach Absatz 1 oder 2 dürfen keine schädlichen Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden zu erwarten sein.
(3a) Vom Erfordernis des Einfügens in die Eigenart der näheren Umgebung nach Absatz 1 Satz 1 kann im Einzelfall abgewichen werden, wenn die Abweichung
- 1.
einem der nachfolgend genannten Vorhaben dient: - a)
der Erweiterung, Änderung, Nutzungsänderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten Gewerbe- oder Handwerksbetriebs, - b)
der Erweiterung, Änderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten, Wohnzwecken dienenden Gebäudes oder - c)
der Nutzungsänderung einer zulässigerweise errichteten baulichen Anlage zu Wohnzwecken, einschließlich einer erforderlichen Änderung oder Erneuerung,
- 2.
städtebaulich vertretbar ist und - 3.
auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.
(4) Die Gemeinde kann durch Satzung
- 1.
die Grenzen für im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen, - 2.
bebaute Bereiche im Außenbereich als im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen, wenn die Flächen im Flächennutzungsplan als Baufläche dargestellt sind, - 3.
einzelne Außenbereichsflächen in die im Zusammenhang bebauten Ortsteile einbeziehen, wenn die einbezogenen Flächen durch die bauliche Nutzung des angrenzenden Bereichs entsprechend geprägt sind.
(5) Voraussetzung für die Aufstellung von Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 ist, dass
- 1.
sie mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung vereinbar sind, - 2.
die Zulässigkeit von Vorhaben, die einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder nach Landesrecht unterliegen, nicht begründet wird und - 3.
keine Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der in § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe b genannten Schutzgüter oder dafür bestehen, dass bei der Planung Pflichten zur Vermeidung oder Begrenzung der Auswirkungen von schweren Unfällen nach § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zu beachten sind.
(6) Bei der Aufstellung der Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 sind die Vorschriften über die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung nach § 13 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und 3 sowie Satz 2 entsprechend anzuwenden. Auf die Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 bis 3 ist § 10 Absatz 3 entsprechend anzuwenden.
(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.
(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.
(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.
(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.
(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.
(1) Das Eigentum und das Erbrecht werden gewährleistet. Inhalt und Schranken werden durch die Gesetze bestimmt.
(2) Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen.
(3) Eine Enteignung ist nur zum Wohle der Allgemeinheit zulässig. Sie darf nur durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes erfolgen, das Art und Ausmaß der Entschädigung regelt. Die Entschädigung ist unter gerechter Abwägung der Interessen der Allgemeinheit und der Beteiligten zu bestimmen. Wegen der Höhe der Entschädigung steht im Streitfalle der Rechtsweg vor den ordentlichen Gerichten offen.
Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.
(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.
(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.
(4) In Verfahren
- 1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro, - 2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro, - 3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und - 4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.
(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert
- 1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist, - 2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.
(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.