Verwaltungsgericht München Urteil, 11. Nov. 2015 - M 7 K 14.505

published on 11/11/2015 00:00
Verwaltungsgericht München Urteil, 11. Nov. 2015 - M 7 K 14.505
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Gericht

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Tenor

I.

Das Verfahren wird eingestellt, soweit die Beteiligten die Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt haben. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

II.

Der Kläger und der Beklagte tragen jeweils die Hälfte der Kosten des Verfahrens.

III.

Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Kostenschuldner darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

Der Kläger wendet sich gegen eine Vorladung zur Durchführung erkennungsdienstlicher Maßnahmen.

Im Integrationsverfahren der Polizei sind mit Datum vom 11. Dezember 2014 26 den Kläger betreffende Vorgänge aus den Jahren 1988 bis 2014 gespeichert. In 16 davon ist er als Beschuldigter aufgeführt. Als Delikte sind Diebstähle, Betrüge, Strafvereitelung, Beleidigung und Körperverletzung genannt. Der Bundeszentralregisterauszug über den Kläger enthält mit Datum vom 27. Januar 2015 18 Einträge.

Bei dem Vorgang mit dem Aktenzeichen BY … standen Bedrohungen, Beleidigungen (ohne sexuelle Grundlage), Verleumdung (auf sexueller Grundlage) und falsche Verdächtigung durch den Kläger im Raum. Dem von der Polizeiinspektion T. verfassten Kurzsachverhalt der Vorfälle vom ... September 2013 ist zu entnehmen, dass der Kläger verletzt ins Klinikum T. eingeliefert wurde. Dort wollte er sich nicht behandeln lassen. Wegen Selbst- und Fremdgefährdung veranlasste die zuständige Ärztin schließlich seine Einweisung in das I.-S.-Klinikum, W. Nachdem der Kläger die Feststellung seiner Personalien verweigert hatte, wollte ihn die Polizei durchsuchen. Dieser Durchsuchung versuchte er sich zu entziehen, indem er „nach vorne ging“. Zwei Polizeibeamte hielten ihn an den Armen fest. Schließlich ließ er sich nach vorne fallen und zog sich eine Platzwunde an der Stirn zu. Der Kläger war sehr laut und aggressiv. Während der Wartezeit auf den Transport in das I.-S.-Klinikum bezeichnete er zwei der Polizeibeamten als „Penner“, „Wichser“ und „gewaltbereite Polizeibeamte, die ihr Amt missbrauchen“. Gegenüber einem Polizeibeamten und der diensthabenden Ärztin äußerte er, dass die beiden ein „Fickverhältnis“ hätten. Die Ärztin sei nur „die kleine Fick-Fotze“ des Polizeibeamten. Gegenüber einem weiteren Polizeibeamten äußerte der Kläger, er sei nur „ein kleiner Einlauf“ und habe „eh nichts zu melden“. Die eingesetzten Beamten stellten Strafanträge. Der Kläger gab bei seiner Vernehmung am 6. Dezember 2013 an, er könne sich an nichts mehr erinnern, da er am Nachmittag des ... September 2013 Alkohol getrunken habe und aufgrund seines Alkoholkonsums mit dem Kopf gegen die Küchenarbeitsplatte gefallen sei. Dabei sei er ohnmächtig geworden. Erst in der Nacht des ... September 2013 (zwischen 2 und 3 Uhr) sei er wieder zu sich gekommen. Zu diesem Zeitpunkt habe er einen Alkoholwert von 1,3 Promille gehabt. Daran, dass er beleidigende Worte gegenüber den Polizeibeamten und der Ärztin ausgesprochen habe, könne er sich nicht erinnern. Falls dies der Fall gewesen sein solle, möchte er sich bei allen betroffenen Personen entschuldigen.

Mit Bescheid vom 7. Januar 2014 forderte die Polizeiinspektion T. den Kläger auf, sich nach telefonischer Anmeldung bei der Polizeistation Traunreut zur Durchführung erkennungsdienstlicher Maßnahmen (Aufnahme von Lichtbildern und Fingerabdrücken sowie Vornahme von Messungen und ähnlicher Maßnahmen) sowie zur Abgabe einer DNA-Probe einzufinden (Nr. 1). Für den Fall, dass der Kläger der Vorladung bis spätestens 14 Tage nach ihrer Vollstreckbarkeit ohne ausreichenden Grund keine Folge leiste, werde ein Zwangsgeld in Höhe von 100,- Euro verhängt. Falls der Kläger weiterhin nicht zur erkennungsdienstlichen Behandlung erscheine, werde wöchentlich ein weiteres Zwangsgeld in Höhe von 50,- Euro fällig Nr. 2). Sollte die erkennungsdienstliche Behandlung unentschuldigt nicht bis 5 Wochen nach Vollstreckbarkeit des Bescheids erfolgt sein, werde sie mittels unmittelbaren Zwangs durchgesetzt (Nr. 3). In den Rechtsgründen wird ausgeführt, Rechtsgrundlage für die Anordnung der erkennungsdienstlichen Maßnahme sei § 81b Alt. 2 StPO. Die beabsichtigten erkennungsdienstlichen Maßnahmen dienten präventiven Zwecken. Gemäß § 81b Alt. 2 StPO sei Voraussetzung, dass der Kläger beschuldigt werde, eine mit Strafe bedrohte Tat begangen zu haben, dass aufgrund der Umstände des Einzelfalls eine Wiederholungsgefahr bestehe und seine erkennungsdienstliche Behandlung insgesamt verhältnismäßig sei. Der Kläger sei Beschuldigter in einem anhängigen Strafverfahren (Az.: BY …). Gegenstand der Ermittlung sei der Vorfall vom ... September 2013. Für die Anordnung einer erkennungsdienstlichen Behandlung wäre auch der spätere Wegfall der Beschuldigteneigenschaft unerheblich. Zudem bestehe eine Wiederholungsgefahr, da der Kläger in der Vergangenheit wiederholt strafrechtlich auffällig geworden sei. Bei den Straftaten habe es sich um Delikte wie vorsätzliche Körperverletzung, Bedrohung, Strafvereitelung, diverse Betrugsdelikte, Beleidigungen, Diebstähle in verschiedenen Formen usw. gehandelt. Auch die verbüßten Haftstrafen hätten zu keiner Verhaltensbesserung geführt. Der Kläger habe bei Begehung der Taten meist ein gewalttätiges Verhalten seinem Umfeld gegenüber gezeigt. Wer in der vom Kläger gezeigten Art und Weise handle, dem könne nicht mehr zugutegehalten werden, dass es sich um ein einmaliges Fehlverhalten handle. Das erkennungsdienstliche Material sei auch geeignet, den Kläger aufgrund des erhöhten Entdeckungsrisikos von neuen Taten abzuhalten bzw. bei neuen Taten als Täter zu überführen oder zu entlasten. So könne ein Täter zukünftig durch die Lichtbilder und die Personenbeschreibung von Zeugen identifiziert werden, wenn er sich vom Tatort entferne bzw. falsche Personalien angebe. Aufgrund von Fingerabdrücken könne seine Anwesenheit am Tatort bzw. der Kontakt mit dem Tatwerkzeug nachgewiesen werden. Die Maßnahme sei auch verhältnismäßig. Nach Abwägung aller betroffenen Belange, der Folgen des polizeilichen Einschreitens und vor allem auch der Folgen einer möglichen Untätigkeit, seien die Vorladung und die erkennungsdienstliche Behandlung angezeigt und ermessensgerecht. In Anbetracht der auch zukünftig bestehenden Gefahr für die Gemeinschaft sei ein Eingriff in die Persönlichkeitsrechte des Klägers weniger schwerwiegend als das Interesse der Allgemeinheit, vor solchen Gefahren geschützt zu werden. Um eine effektive Ermittlungsarbeit leisten zu können, sei der Rückgriff der Polizei auf die erkennungsdienstlichen Unterlagen erforderlich und auch angemessen. Zwar sei der Kläger bereits am 4. April 1990 erkennungsdienstlich behandelt worden. Inzwischen sei jedoch ein Zeitraum von fast 24 Jahren vergangen. In dieser Zeit verändere sich das Aussehen eines Menschen. Außerdem könnten Handflächenabdrücke erst seit dem Jahr 2003 abgeglichen werden. Die Androhung des Zwangsgeldes und des unmittelbaren Zwangs stütze sich auf Art. 59 PAG. Bei der Bestimmung der Höhe des Zwangsgeldes seien das persönliche Verhalten des Klägers, seine finanzielle Leistungsfähigkeit und die Bedeutung der Angelegenheit berücksichtigt worden. Nach Art. 59 Abs. 3 PAG könnten mehrere Zwangsmittel angedroht werden.

Der Kläger beantragt mit Schreiben vom 10. Februar 2014,

den Bescheid des Beklagten vom 7. Januar 2014 aufzuheben.

Zur Begründung führt er aus, er habe an die Vorfälle, die zum Erlass des Bescheids geführt hätten, keinerlei Erinnerung und müsse deshalb auf Zeugenaussagen und Erzählungen von Bekannten zurückgreifen. Er sei am ... September 2013 bewusstlos in seiner Küche aufgefunden worden, nachdem er dort gestürzt und mit dem Kopf auf der Küchenplatte aufgeschlagen sei. Anschließend sei er in das Krankenhaus T. verbracht worden, jedoch erst im Krankenhaus W. zu Bewusstsein gekommen. Was im Krankenhaus T. geschehen sei, könne er aus eigener Erfahrung nicht mehr schildern. Ein erst am nächsten Tag durchgeführter Alkoholtest habe eine erhebliche Konzentration von Restalkohol ergeben, so dass er davon ausgehe, auch bei den Vorfällen im Krankenhaus T. nicht zurechnungsfähig gewesen zu sein. Zudem dürfte ihm lediglich ein geringfügiges Vergehen zur Last gelegt werden. Während der letzten Jahre sei er - abgesehen von einer Straftat wegen Betrugs - ohne Auffälligkeiten gewesen. Einer gegen ihn unberechtigt erhobenen Anzeige wegen angeblicher Beleidigung im Jahr 2011 sei nicht stattgegeben worden. Dass es nicht zu einem Freispruch gekommen sei, weil die Ermittlungen schon vor Anklageerhebung eingestellt worden seien, dürfe sich nicht zulasten des Klägers auswirken. Die Voraussetzungen für die Rechtmäßigkeit einer Anordnung nach § 81g StPO lägen nicht vor, da dem Kläger keine Straftat von erheblicher Bedeutung zur Last gelegt werde. In allen Fällen, in denen von der Rechtsprechung eine Erheblichkeit bejaht worden sei, sei von einer gewissen Nachhaltigkeit oder Dauerhaftigkeit auszugehen, die beim Kläger jedoch nicht vorliege. Auch § 81a Abs. 1 Satz 2 StPO könne nicht als Rechtsgrundlage herangezogen werden, da hierfür eine gewisse Eskalationsgefahr oder zumindest Steigerung der Handlungsgefährlichkeit zu erkennen sein müsste. Außerdem hätte eine Abwägung vorgenommen werden müssen zwischen der Persönlichkeitsverletzung, welche durch die DNA-Abnahme und Speicherung der Daten beim Betroffenen eintrete, und einer möglichen künftigen Gefahr für die Gemeinschaft. Gerade hinsichtlich der Delikte, die dem Betroffenen aktuell zur Last gelegt würden, bestehe ohnehin keinerlei Möglichkeit, diese durch die Speicherung erkennungsdienstlicher Daten besser verfolgen oder gar verhindern zu können. Die Vornahme der erkennungsdienstlichen Behandlung sowie die diesbezügliche Vorladung seien daher nicht ermessensgerecht. Dies gelte insbesondere vor dem Hintergrund, dass bereits vor fast 24 Jahren Daten gespeichert worden seien. Nach Erinnerung des Klägers seien diese Daten im Rahmen einer Inhaftierung im Jahr 2003 außerdem ergänzt bzw. erneuert worden.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung wird ausgeführt, der Kläger sei im Zeitpunkt des Bescheiderlasses Beschuldigter in einem Ermittlungsverfahren gewesen. Aus dem streitgegenständlichen Bescheid ergebe sich eindeutig, dass die Maßnahme nicht im Interesse der Strafverfolgung, sondern für die Zwecke des Erkennungsdienstes angeordnet worden sei. Hinsichtlich der Beurteilung der Notwendigkeit der Abnahme von Finger- und Handabdrücken, Fertigung von Lichtbildern, Messungen und Anfertigung einer Personenbeschreibung sei die von der Polizei angestellte Prognose, dass der Kläger auch künftig strafrechtlich in Erscheinung treten könnte, gerechtfertigt. Die Anordnung sei vorliegend an die Beleidigungen und Bedrohungen des Klägers gegenüber der behandelnden Ärztin und den Polizeibeamten am ... September 2013 angeknüpft worden. Diese Tat als sog. Anlasstat sei geeignet, den in § 81b Alt. 2 StPO vorausgesetzten Verdacht der Begehung einer Straftat zu begründen. Auch das Ergebnis des Verfahrens, der rechtskräftige Strafbefehl, bestätige die Notwendigkeit der erkennungsdienstlichen Behandlung. Ferner bestünden nach kriminalistischer Erfahrung Anhaltspunkte für eine Wiederholungsgefahr. Der Kläger sei in der Vergangenheit wiederholt strafrechtlich auffällig gewesen. Dabei habe es sich um verschiedene Delikte gehandelt. Die erkennungsdienstlichen Maßnahmen seien auch zur Aufklärung derartiger Straftaten in Zukunft geeignet. Die von der Polizei als Konsequenz getroffene Ermessensentscheidung begegne keinen Bedenken. Die zu befürchtenden Delikte seien hier den nahezu klassischen Fällen der Deliktsgruppen zuzurechnen, bei denen zur Identifizierung eines Täters typischerweise auf erkennungsdienstliche Unterlagen zurückgegriffen werden müsse. Dies gelte insbesondere für die Fälle, in denen der Kläger nicht auf frischer Tat angetroffen werde. Älteres Material dürfe, sobald es nicht mehr für Zwecke des Erkennungsdienstes geeignet erscheine, durch neue Maßnahmen aktualisiert werden. Dies gelte für Fingerabdrücke nach fünf Jahren und für Lichtbilder nach sechs Jahren. Auch sei die Anordnung verhältnismäßig und ermessensgerecht. In Anbetracht der zukünftig bestehenden Gefahren für die Gemeinschaft aufgrund der wiederholten Strafauffälligkeit des Klägers überwiege das Interesse an einer funktionierenden Strafrechtspflege das Persönlichkeitsrecht des Klägers. Die gewonnenen Unterlagen würden ausschließlich sachgerecht und für dienstliche Zwecke verwendet.

Mit Bescheid vom 5. März 2014 hat der Beklagte den Bescheid vom 7. Januar 2014 in Nr. 1 dahingehend abgeändert, dass die Aufforderung zur Abgabe einer DNA-Probe entfallen ist. Im Übrigen ist der Bescheid vom 7. Januar 2014 unverändert geblieben. Daraufhin haben die Beteiligten das Verfahren hinsichtlich der Aufforderung zur Abgabe einer DNA-Probe in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt.

Mit Strafbefehl des Amtsgerichts Traunstein vom 11. Februar 2014, rechtskräftig seit 4. März 2014, wurde gegen den Kläger aufgrund des Vorfalls vom ... September 2013 wegen Beleidigung in drei tateinheitlichen Fällen eine Geldstrafe in Höhe von 50 Tagessätzen zu je 35,- Euro verhängt.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichts- und Behördenakten verwiesen.

Gründe

Das Gericht konnte trotz Ausbleibens des Klägers über die Sache verhandeln und entscheiden, da der Kläger ordnungsgemäß geladen und in der mit Postzustellungsurkunde zugestellten Ladung auf diese Möglichkeit hingewiesen worden ist (§ 102 Abs. 2 VwGO).

Hinsichtlich der im Bescheid vom 7. Januar 2014 enthaltenen Aufforderung zur Abgabe einer DNA-Probe haben die Beteiligten die Hauptsache nach Abänderung des Bescheids übereinstimmend für erledigt erklärt, so dass in entsprechender Anwendung von § 92 Absatz 3 VwGO das Verfahren einzustellen war.

Im Übrigen ist die zulässige Klage unbegründet. Der Bescheid des Beklagten vom 7. Januar 2014 in der Fassung vom 5. März 2014 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 VwGO).

Nach § 81b Alt. 2 StPO dürfen Lichtbilder und Fingerabdrücke des Beschuldigten auch gegen seinen Willen aufgenommen und Messungen sowie ähnliche Maßnahmen an ihm vorgenommen werden, soweit es für die Zwecke des Erkennungsdienstes notwendig ist. Nach Art. 15 Abs. 1 Nr. 2 PAG (so Berner/Köhler/Käß, PAG, 20. Aufl. 2010, Art. 15 Rn. 9) bzw. ebenfalls auf der Grundlage von § 81b Alt. 2 StPO (so OVG SA, B. v. 18.9.2007 - 2 O 218/07 - juris Rn. 7) kann er zur Durchführung der erkennungsdienstlichen Behandlung schriftlich vorgeladen werden.

Der Kläger war zum Zeitpunkt der Anordnung der erkennungsdienstlichen Behandlung im Januar 2014 Beschuldigter in einem Ermittlungsverfahren (Az.: BY …). Dieses Verfahren ist inzwischen zwar mit Strafbefehl des Amtsgerichts Traunstein vom 11. Februar 2014 rechtskräftig abgeschlossen worden, allerdings lässt der spätere Wegfall der Beschuldigteneigenschaft infolge der Beendigung des Strafverfahrens durch Einstellung, Verurteilung oder Freispruch die Rechtmäßigkeit der nach § 81b Alt. 2 StPO angeordneten Maßnahmen unberührt (BVerwG, U. v. 23.11.2005 - 6 C 2/05 - juris Rn. 20 m. w. N.; Meyer-Goßner, StPO, 55. Aufl. 2012, § 81b Rn. 7 m. w. N.). Maßgeblich ist lediglich die Beschuldigteneigenschaft zum Zeitpunkt der Anordnung der erkennungsdienstlichen Behandlung (vgl. BVerwG, U. v. 19.10.1982 - 1 C 29/79 - juris Rn. 26; BVerwG, U. v. 23.11.2005 - 6 C 2/05 - juris Rn. 20). Dies resultiert aus dem gesetzlichen Zweck der der Strafverfolgungsvorsorge dienenden Erhebung bzw. Speicherung erkennungsdienstlicher Daten. Die Anfertigung und Aufbewahrung erkennungsdienstlicher Unterlagen ohne unmittelbaren Bezug zu einem konkreten Strafverfahren dienen der vorsorglichen Bereitstellung von sächlichen Hilfsmitteln für die sachgerechte Wahrnehmung der Aufgaben, die der Kriminalpolizei hinsichtlich der Erforschung und Aufklärung von Straftaten durch § 163 StPO zugewiesen sind (vgl. BVerwG, U. v. 23.11.2005 - 6 C 2/05 - juris Rn. 18 m. w. N.).

Die angeordneten erkennungsdienstlichen Maßnahmen sind nach einer Bewertung der gesamten tatsächlichen Umstände des Einzelfalls für die Zwecke des Erkennungsdienstes notwendig. Maßgeblich ist insoweit der Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung (vgl. BVerwG, U. v. 19.10.1982 - 1 C 29/79 - juris Rn. 31). Die Notwendigkeit der Aufbewahrung von erkennungsdienstlichen Unterlagen bemisst sich in Ausprägung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit danach, ob der anlässlich des gegen den Betroffenen gerichteten Strafverfahrens festgestellte Sachverhalt nach kriminalistischer Erfahrung angesichts aller Umstände des Einzelfalls - insbesondere angesichts der Art, Schwere und Begehungsweise der dem Betroffenen im strafrechtlichen Anlassverfahren zur Last gelegten Straftaten, seiner Persönlichkeit sowie unter Berücksichtigung des Zeitraums, während dessen er strafrechtlich nicht (mehr) in Erscheinung getreten ist - Anhaltspunkte für die Annahme bietet, dass der Betroffene künftig mit guten Gründen als Verdächtiger in den Kreis potenzieller Beteiligter an noch aufzuklärenden strafbaren Handlungen einbezogen werden könnte und dass die erkennungsdienstlichen Unterlagen die dann zu führenden Ermittlungen - den Betroffenen schließlich überführend oder entlastend - fördern könnten (st. Rspr. des BVerwG, vgl. U. v. 23.11.2005 - 6 C 2/05 - juris Rn. 22 m. w. N.). Für die Annahme der Notwendigkeit bedarf es einer auf der sog. Anlasstat beruhenden Wiederholungsgefahr (BayVGH, B. v. 6.12.2011 - 10 ZB 11.365 - juris Rn. 4 m. w. N.).

Hier ist eine mögliche Tatbeteiligung des Klägers an einer künftigen Straftat nicht auszuschließen. Grundlage für die bezüglich der Wiederholungsgefahr aufzustellende Prognose bilden die Erkenntnisse aus dem Ermittlungsverfahren gegen den Kläger, welches den Verdacht der Beleidigung, Bedrohung, Verleumdung und falschen Verdächtigung zum Anlass hatte. Hier wurde dem Kläger vorgeworfen, das medizinische Personal des Klinikums T. angegriffen zu haben. Die zuständige Ärztin sah eine weitere Behandlung aufgrund der immer weiter steigenden Aggression und der offensichtlichen Gewaltbereitschaft des Klägers nicht mehr als möglich an. Wegen seines aggressiven Verhaltens und seiner hohen Alkoholisierung veranlassten die herbeigerufenen Polizeibeamten die Einweisung des Klägers in das I.-S.-Klinikum W. Daraufhin beschimpfte er auch die Polizeibeamten, u. a. als „Penner“, „Wichser“ und „Arschlöcher“. Die Polizeibeamten beschrieben den Kläger während des gesamten Vorgangs als sehr laut und aggressiv. Es wurde eine Eigen- und Fremdgefährlichkeit des Klägers angenommen. Insgesamt kann aufgrund des erhöhten Aggressionspotenzials des Klägers und der Intensität seiner Beschimpfungen nicht mehr von einem Bagatelldelikt gesprochen werden. Das Amtsgericht Traunstein verhängte aufgrund dieses Vorfalls am 11. Februar 2014 wegen Beleidigung in drei tateinheitlichen Fällen eine Geldstrafe in Höhe von 50 Tagessätzen zu je 35,- Euro gegen den Kläger. Der mittlerweile rechtskräftige Strafbefehl bestätigte also den gegen den Kläger bestehenden Verdacht, stellte fest, dass der Kläger durch sämtliche Äußerungen seine Missachtung gegenüber den Polizeibeamten zum Ausdruck bringen wollte, und ging von seiner vollen Schuldfähigkeit aus.

Die Negativprognose einer Wiederholungsgefahr ist zudem durch zahlreiche andere rechtskräftige Verurteilungen des Klägers wegen verschiedener strafrechtlicher Tatvorwürfe indiziert. So wurde der Kläger bereits im Jahr 1980 wegen Körperverletzung in vier Fällen, davon in einem Fall in Tateinheit mit Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte, Sachbeschädigung, Diebstahl in drei Fällen, wobei es in einem Fall beim Versuch blieb, Betrug in drei Fällen und Hehlerei zu 1 Jahr Jugendstrafe auf Bewährung verurteilt. Weitere Verurteilungen wegen Diebstahl bzw. Betrug erfolgten in den Jahren 1982, 1985, 1988, 1990, 2001, 2003 und 2011. In den Jahren 1988 und 1989 wurde der Kläger wegen Körperverletzung (in Tateinheit mit Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte) verurteilt. Verurteilungen wegen Gefährdung des Straßenverkehrs infolge Trunkenheit und fahrlässiger Trunkenheit im Verkehr erfolgten in den Jahren 1991, 1994 und 2000. Die verhängten (Freiheits-)strafen ließen den Kläger scheinbar unbeeindruckt und konnten ihn nicht von weiteren Straftaten abgehalten, auch wenn der zeitliche Abstand zwischen den Taten zuletzt abnahm. Die Bandbreite der begangenen Delikte vergrößerte sich im Lauf der Jahre; einigen Verurteilungen lagen sogar gemeingefährliche Straftaten zugrunde. Auch hinsichtlich der Verurteilungen vor der Anlasstat kann damit nicht mehr von bloßen Bagatelldelikten gesprochen werden (vgl. OVG SA, B. v. 25.10.2012 - 3 L 50/12 - juris Rn. 11). Sowohl einigen der früheren Taten als auch der Anlasstat lag ein aggressives Verhalten des Klägers zugrunde. Auch handelte es sich bei der Anlasstat nicht um die erste Tat unter Alkoholeinfluss und nicht um die erste Tat, die sich gegen Vollstreckungsbeamte gerichtet hat.

Die Anordnung der erkennungsdienstlichen Behandlung des Klägers ist ermessensfehlerfrei und verhältnismäßig. Die vom Gericht nur im Rahmen des § 114 VwGO zu überprüfende Ermessensentscheidung, die nach Abwägung aller betroffenen Belange, der Folgen des polizeilichen Einschreitens und vor allem auch der Folgen einer möglichen Untätigkeit getroffen wurde, begegnet keinen rechtlichen Bedenken. Die zu erhebenden Daten sind geeignet und erforderlich, zur Feststellung oder zum Ausschluss einer Tatbeteiligung an potenziellen künftigen Straftaten beizutragen. Sie können mögliche künftige Ermittlungsverfahren in relevanter Weise fördern. Selbst bei Beleidigungen oder anderen ehrverletzenden Delikten ist von einem Ermittlungswert der erkennungsdienstlichen Unterlagen auszugehen, da Probleme bezüglich der Identitätsfeststellung auch hier nicht vollends ausgeschlossen werden können. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass der Täter bei dem Vorfall am ... September 2013 seine Personalien der Polizei zunächst nicht preisgeben wollte. Außerdem hat er versucht, sich der Durchsuchung zu entziehen. Diese gelang erst, nachdem er am Boden gefesselt worden war. Sofern der Kläger vorträgt, er sei erst im Jahr 2003 erkennungsdienstlich behandelt worden, ändert dies nichts an der vorliegenden Beurteilung. Schließlich ist Datenmaterial, das möglicherweise nicht mehr hinreichend aktuell ist, für eine wirksame Ermittlungstätigkeit der Polizeibehörden ungeeignet (NdsOVG U. v. 21.2.2008 - 11 LB 417/07 - juris Rn. 30). Hinsichtlich des Zeitraums, nach dem die erneute Abnahme von Finger- und Handflächenabdrücken auch ohne das Vorliegen sonstiger Besonderheiten des Sachverhalts angemessen erscheint, begegnet es keinen Bedenken, die in Ziffer 5.2.2 Satz 2, 2. Spiegelstrich der erkennungsdienstlichen Richtlinien des Bundeskriminalamts (Stand: 18.8.2004, Bundeskriminalblatt 2004 Nr. 244) vorgesehene Zeitspanne von fünf Jahren heranzuziehen (NdsOVG U. v. 21.2.2008 - 11 LB 417/07 - juris Rn. 31). Was Lichtbilder betrifft, hat das OVG Niedersachsen das Verstreichen eines Zeitraums von sechs Jahren als ausreichend erachtet (NdsOVG, U. v. 28.9.2006 - 11 LB 53/06 - juris).

Die angeordnete Maßnahme ist verhältnismäßig im engeren Sinne. Es ist dem Kläger angesichts der erheblichen Wiederholungsgefahr zuzumuten, den relativ geringfügigen Grundrechtseingriff (erneut) hinzunehmen. Im Rahmen der Abwägung der widerstreitenden Interessen ist zu beachten, dass die Schwere des mit der erkennungsdienstlichen Behandlung im Einzelfall verbundenen Grundrechtseingriffs nicht außer Verhältnis zu dem Gewicht des mit der Maßnahme verfolgten öffentlichen Interesses stehen darf (vgl. VGH BW, U. v. 18.12.2003 - 1 S 2211/02 - juris Rn. 42; NdsOVG, U. v. 28.9.2006 - 11 LB 53/06 - juris Rn. 30 und U. v. 28.6.2007 - 11 LC 372/06 - juris Rn. 36). Das Gewicht des öffentlichen Interesses an der Durchführung erkennungsdienstlicher Maßnahmen bemisst sich nicht nur an der Schwere der in der Vergangenheit erfolgten Anlasstat, sondern auch nach dem Gewicht und der Wahrscheinlichkeit derjenigen Straftaten, bei denen der Betroffene zukünftig zum Kreis der potenziellen Beteiligten gehören kann und zu deren Aufklärung die anzufertigenden Unterlagen dienen sollen (vgl. BayVGH, B. v. 28.11.2012 - 10 ZB 12.1468 - juris Rn. 8). Der Kläger ist bisher vielfach polizeilich und strafrechtlich in Erscheinung getreten. Dabei kann weder bei der Anlasstat von einem Bagatelldelikt gesprochen werden noch weisen die zuvor begangenen Straftaten Bagatellcharakter auf. Die Wiederholungsgefahr ist angesichts der vorliegenden Umstände als hoch einzuschätzen. Zudem ist im Rahmen der Abwägung hinsichtlich des öffentlichen Interesses an der Durchführung erkennungsdienstlicher Maßnahmen anerkannte Zielsetzung, den Betroffenen künftig von der Begehung entsprechender Straftaten abzuhalten (vgl. BayVGH, B. v. 5.11. 2012 - 10 CS 12.1855 - juris Rn. 13). Insgesamt führt dies zu einem Überwiegen des öffentlichen Interesses - zumal der mit der erkennungsdienstlichen Behandlung verbundene Grundrechtseingriff grundsätzlich als nicht schwerwiegend anzusehen ist (vgl. BayVGH, B. v. 17.11.2008 - 10 C 08.2872 - juris Rn. 13).

Da die Anordnung der Vornahme erkennungsdienstlicher Maßnahmen nach § 81b Alt. 2 StPO keinen Bedenken begegnet, ist auch nicht zu beanstanden, dass der Kläger nach Art. 15 Abs. 1 Nr. 2 PAG bzw. § 81b Alt. 2 StPO zur erkennungsdienstlichen Behandlung vorgeladen wurde. Diese Vorladung hat sich nicht durch Verstreichen der in ihr bestimmten Termine erledigt, da die mit ihr verbundene rechtliche oder sachliche Beschwer nicht entfallen ist (vgl. VGH BW, B. v. 22.12.1992 - 14 S 2326/91 - juris Rn. 22; OVG SA, B. v. 18.9.2007 - 2 O 218/07 - juris Rn. 3; OVG Saarl, B. v. 13.3.2009 - 3 B 34/09 - juris Rn. 51; BayVGH, B. v. 23.3.2011 - 10 CS 10.3068 - juris Rn. 17).

Auch die Nr. 2 und 3 des Bescheids vom 7. Januar 2014 in der Fassung, die er durch den Änderungsbescheid vom 5. März 2014 erhalten hat, begegnen keinen rechtlichen Bedenken. Das Gericht folgt insoweit den Ausführungen im Bescheid vom 7. Januar 2014 (§ 117 Abs. 5 VwGO).

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 VwGO i. V. m. §§ 708 ff. ZPO.

Rechtsmittelbelehrung:

Nach §§ 124, 124 a Abs. 4 VwGO können die Beteiligten die Zulassung der Berufung gegen dieses Urteil innerhalb eines Monats nach Zustellung beim Bayerischen Verwaltungsgericht München,

Hausanschrift: Bayerstraße 30, 80335 München, oder

Postanschrift: Postfach 20 05 43, 80005 München

schriftlich beantragen. In dem Antrag ist das angefochtene Urteil zu bezeichnen. Dem Antrag sollen vier Abschriften beigefügt werden.

Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist bei dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof,

Hausanschrift in München: Ludwigstraße 23, 80539 München, oder

Postanschrift in München: Postfach 34 01 48, 80098 München

Hausanschrift in Ansbach: Montgelasplatz 1, 91522 Ansbach

einzureichen, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist.

Über die Zulassung der Berufung entscheidet der Bayerische Verwaltungsgerichtshof.

Vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof müssen sich die Beteiligten, außer im Prozesskostenhilfeverfahren, durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof eingeleitet wird. Als Prozessbevollmächtigte zugelassen sind neben Rechtsanwälten und den in § 67 Abs. 2 Satz 1 VwGO genannten Rechtslehrern mit Befähigung zum Richteramt die in § 67 Abs. 4 Sätze 4 und 7 VwGO sowie in §§ 3, 5 RDGEG bezeichneten Personen und Organisationen.

Der Streitwert wird auf Euro 5.000,- festgesetzt (§ 52 Abs. 1, Abs. 2 Gerichtskostengesetz -GKG -)

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Beschluss steht den Beteiligten die Beschwerde an den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zu, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes Euro 200,- übersteigt oder die Beschwerde zugelassen wurde. Die Beschwerde ist innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, beim Bayerischen Verwaltungsgericht München,

Hausanschrift: Bayerstraße 30, 80335 München, oder

Postanschrift: Postfach 20 05 43, 80005 München

schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen.

Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, kann die Beschwerde auch noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.

Der Beschwerdeschrift eines Beteiligten sollen Abschriften für die übrigen Beteiligten beigefügt werden.

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Lastenausgleichsgesetz - LAG

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au
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Lastenausgleichsgesetz - LAG

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published on 13/03/2009 00:00

Tenor Der Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts des Saarlandes vom 9. Februar 2009 – 6 L 46/09 - wird zurückgewiesen. Gründe
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Annotations

(1) Ist der Beschuldigte einer Straftat von erheblicher Bedeutung oder einer Straftat gegen die sexuelle Selbstbestimmung verdächtig, dürfen ihm zur Identitätsfeststellung in künftigen Strafverfahren Körperzellen entnommen und zur Feststellung des DNA-Identifizierungsmusters sowie des Geschlechts molekulargenetisch untersucht werden, wenn wegen der Art oder Ausführung der Tat, der Persönlichkeit des Beschuldigten oder sonstiger Erkenntnisse Grund zu der Annahme besteht, dass gegen ihn künftig Strafverfahren wegen einer Straftat von erheblicher Bedeutung zu führen sind. Die wiederholte Begehung sonstiger Straftaten kann im Unrechtsgehalt einer Straftat von erheblicher Bedeutung gleichstehen.

(2) Die entnommenen Körperzellen dürfen nur für die in Absatz 1 genannte molekulargenetische Untersuchung verwendet werden; sie sind unverzüglich zu vernichten, sobald sie hierfür nicht mehr erforderlich sind. Bei der Untersuchung dürfen andere Feststellungen als diejenigen, die zur Ermittlung des DNA-Identifizierungsmusters sowie des Geschlechts erforderlich sind, nicht getroffen werden; hierauf gerichtete Untersuchungen sind unzulässig.

(3) Die Entnahme der Körperzellen darf ohne schriftliche Einwilligung des Beschuldigten nur durch das Gericht, bei Gefahr im Verzug auch durch die Staatsanwaltschaft und ihre Ermittlungspersonen (§ 152 des Gerichtsverfassungsgesetzes) angeordnet werden. Die molekulargenetische Untersuchung der Körperzellen darf ohne schriftliche Einwilligung des Beschuldigten nur durch das Gericht angeordnet werden. Die einwilligende Person ist darüber zu belehren, für welchen Zweck die zu erhebenden Daten verwendet werden. § 81f Abs. 2 gilt entsprechend. In der schriftlichen Begründung des Gerichts sind einzelfallbezogen darzulegen

1.
die für die Beurteilung der Erheblichkeit der Straftat bestimmenden Tatsachen,
2.
die Erkenntnisse, auf Grund derer Grund zu der Annahme besteht, dass gegen den Beschuldigten künftig Strafverfahren zu führen sein werden, sowie
3.
die Abwägung der jeweils maßgeblichen Umstände.

(4) Die Absätze 1 bis 3 gelten entsprechend, wenn die betroffene Person wegen der Tat rechtskräftig verurteilt oder nur wegen

1.
erwiesener oder nicht auszuschließender Schuldunfähigkeit,
2.
auf Geisteskrankheit beruhender Verhandlungsunfähigkeit oder
3.
fehlender oder nicht auszuschließender fehlender Verantwortlichkeit (§ 3 des Jugendgerichtsgesetzes)
nicht verurteilt worden ist und die entsprechende Eintragung im Bundeszentralregister oder Erziehungsregister noch nicht getilgt ist.

(5) Die erhobenen Daten dürfen beim Bundeskriminalamt gespeichert und nach Maßgabe des Bundeskriminalamtgesetzes verwendet werden. Das Gleiche gilt

1.
unter den in Absatz 1 genannten Voraussetzungen für die nach § 81e Abs. 1 erhobenen Daten eines Beschuldigten sowie
2.
für die nach § 81e Abs. 2 Satz 1 erhobenen Daten.
Die Daten dürfen nur für Zwecke eines Strafverfahrens, der Gefahrenabwehr und der internationalen Rechtshilfe hierfür übermittelt werden. Im Fall des Satzes 2 Nr. 1 ist der Beschuldigte unverzüglich von der Speicherung zu benachrichtigen und darauf hinzuweisen, dass er die gerichtliche Entscheidung beantragen kann.

(1) Eine körperliche Untersuchung des Beschuldigten darf zur Feststellung von Tatsachen angeordnet werden, die für das Verfahren von Bedeutung sind. Zu diesem Zweck sind Entnahmen von Blutproben und andere körperliche Eingriffe, die von einem Arzt nach den Regeln der ärztlichen Kunst zu Untersuchungszwecken vorgenommen werden, ohne Einwilligung des Beschuldigten zulässig, wenn kein Nachteil für seine Gesundheit zu befürchten ist.

(2) Die Anordnung steht dem Richter, bei Gefährdung des Untersuchungserfolges durch Verzögerung auch der Staatsanwaltschaft und ihren Ermittlungspersonen (§ 152 des Gerichtsverfassungsgesetzes) zu. Die Entnahme einer Blutprobe bedarf abweichend von Satz 1 keiner richterlichen Anordnung, wenn bestimmte Tatsachen den Verdacht begründen, dass eine Straftat nach § 315a Absatz 1 Nummer 1, Absatz 2 und 3, § 315c Absatz 1 Nummer 1 Buchstabe a, Absatz 2 und 3 oder § 316 des Strafgesetzbuchs begangen worden ist.

(3) Dem Beschuldigten entnommene Blutproben oder sonstige Körperzellen dürfen nur für Zwecke des der Entnahme zugrundeliegenden oder eines anderen anhängigen Strafverfahrens verwendet werden; sie sind unverzüglich zu vernichten, sobald sie hierfür nicht mehr erforderlich sind.

(1) Sobald der Termin zur mündlichen Verhandlung bestimmt ist, sind die Beteiligten mit einer Ladungsfrist von mindestens zwei Wochen, bei dem Bundesverwaltungsgericht von mindestens vier Wochen, zu laden. In dringenden Fällen kann der Vorsitzende die Frist abkürzen.

(2) Bei der Ladung ist darauf hinzuweisen, daß beim Ausbleiben eines Beteiligten auch ohne ihn verhandelt und entschieden werden kann.

(3) Die Gerichte der Verwaltungsgerichtsbarkeit können Sitzungen auch außerhalb des Gerichtssitzes abhalten, wenn dies zur sachdienlichen Erledigung notwendig ist.

(4) § 227 Abs. 3 Satz 1 der Zivilprozeßordnung ist nicht anzuwenden.

(1) Der Kläger kann bis zur Rechtskraft des Urteils seine Klage zurücknehmen. Die Zurücknahme nach Stellung der Anträge in der mündlichen Verhandlung setzt die Einwilligung des Beklagten und, wenn ein Vertreter des öffentlichen Interesses an der mündlichen Verhandlung teilgenommen hat, auch seine Einwilligung voraus. Die Einwilligung gilt als erteilt, wenn der Klagerücknahme nicht innerhalb von zwei Wochen seit Zustellung des die Rücknahme enthaltenden Schriftsatzes widersprochen wird; das Gericht hat auf diese Folge hinzuweisen.

(2) Die Klage gilt als zurückgenommen, wenn der Kläger das Verfahren trotz Aufforderung des Gerichts länger als zwei Monate nicht betreibt. Absatz 1 Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Der Kläger ist in der Aufforderung auf die sich aus Satz 1 und § 155 Abs. 2 ergebenden Rechtsfolgen hinzuweisen. Das Gericht stellt durch Beschluß fest, daß die Klage als zurückgenommen gilt.

(3) Ist die Klage zurückgenommen oder gilt sie als zurückgenommen, so stellt das Gericht das Verfahren durch Beschluß ein und spricht die sich nach diesem Gesetz ergebenden Rechtsfolgen der Zurücknahme aus. Der Beschluß ist unanfechtbar.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Die Behörden und Beamten des Polizeidienstes haben Straftaten zu erforschen und alle keinen Aufschub gestattenden Anordnungen zu treffen, um die Verdunkelung der Sache zu verhüten. Zu diesem Zweck sind sie befugt, alle Behörden um Auskunft zu ersuchen, bei Gefahr im Verzug auch, die Auskunft zu verlangen, sowie Ermittlungen jeder Art vorzunehmen, soweit nicht andere gesetzliche Vorschriften ihre Befugnisse besonders regeln.

(2) Die Behörden und Beamten des Polizeidienstes übersenden ihre Verhandlungen ohne Verzug der Staatsanwaltschaft. Erscheint die schleunige Vornahme richterlicher Untersuchungshandlungen erforderlich, so kann die Übersendung unmittelbar an das Amtsgericht erfolgen.

(3) Zeugen sind verpflichtet, auf Ladung vor Ermittlungspersonen der Staatsanwaltschaft zu erscheinen und zur Sache auszusagen, wenn der Ladung ein Auftrag der Staatsanwaltschaft zugrunde liegt. Soweit nichts anderes bestimmt ist, gelten die Vorschriften des Sechsten Abschnitts des Ersten Buches entsprechend. Die eidliche Vernehmung bleibt dem Gericht vorbehalten.

(4) Die Staatsanwaltschaft entscheidet

1.
über die Zeugeneigenschaft oder das Vorliegen von Zeugnis- oder Auskunftsverweigerungsrechten, sofern insoweit Zweifel bestehen oder im Laufe der Vernehmung aufkommen,
2.
über eine Gestattung nach § 68 Absatz 3 Satz 1, Angaben zur Person nicht oder nur über eine frühere Identität zu machen,
3.
über die Beiordnung eines Zeugenbeistands nach § 68b Absatz 2 und
4.
bei unberechtigtem Ausbleiben oder unberechtigter Weigerung des Zeugen über die Verhängung der in den §§ 51 und 70 vorgesehenen Maßregeln; dabei bleibt die Festsetzung der Haft dem nach § 162 zuständigen Gericht vorbehalten.
Im Übrigen trifft die erforderlichen Entscheidungen die die Vernehmung leitende Person.

(5) Gegen Entscheidungen von Beamten des Polizeidienstes nach § 68b Absatz 1 Satz 3 sowie gegen Entscheidungen der Staatsanwaltschaft nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 3 und 4 kann gerichtliche Entscheidung durch das nach § 162 zuständige Gericht beantragt werden. Die §§ 297 bis 300, 302, 306 bis 309, 311a und 473a gelten jeweils entsprechend. Gerichtliche Entscheidungen nach Satz 1 sind unanfechtbar.

(6) Für die Belehrung des Sachverständigen durch Beamte des Polizeidienstes gelten § 52 Absatz 3 und § 55 Absatz 2 entsprechend. In den Fällen des § 81c Absatz 3 Satz 1 und 2 gilt § 52 Absatz 3 auch bei Untersuchungen durch Beamte des Polizeidienstes sinngemäß.

(7) § 185 Absatz 1 und 2 des Gerichtsverfassungsgesetzes gilt entsprechend.

Soweit die Verwaltungsbehörde ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, prüft das Gericht auch, ob der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig ist, weil die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist. Die Verwaltungsbehörde kann ihre Ermessenserwägungen hinsichtlich des Verwaltungsaktes auch noch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren ergänzen.

(1) Das Urteil ergeht "Im Namen des Volkes". Es ist schriftlich abzufassen und von den Richtern, die bei der Entscheidung mitgewirkt haben, zu unterzeichnen. Ist ein Richter verhindert, seine Unterschrift beizufügen, so wird dies mit dem Hinderungsgrund vom Vorsitzenden oder, wenn er verhindert ist, vom dienstältesten beisitzenden Richter unter dem Urteil vermerkt. Der Unterschrift der ehrenamtlichen Richter bedarf es nicht.

(2) Das Urteil enthält

1.
die Bezeichnung der Beteiligten, ihrer gesetzlichen Vertreter und der Bevollmächtigten nach Namen, Beruf, Wohnort und ihrer Stellung im Verfahren,
2.
die Bezeichnung des Gerichts und die Namen der Mitglieder, die bei der Entscheidung mitgewirkt haben,
3.
die Urteilsformel,
4.
den Tatbestand,
5.
die Entscheidungsgründe,
6.
die Rechtsmittelbelehrung.

(3) Im Tatbestand ist der Sach- und Streitstand unter Hervorhebung der gestellten Anträge seinem wesentlichen Inhalt nach gedrängt darzustellen. Wegen der Einzelheiten soll auf Schriftsätze, Protokolle und andere Unterlagen verwiesen werden, soweit sich aus ihnen der Sach- und Streitstand ausreichend ergibt.

(4) Ein Urteil, das bei der Verkündung noch nicht vollständig abgefaßt war, ist vor Ablauf von zwei Wochen, vom Tag der Verkündung an gerechnet, vollständig abgefaßt der Geschäftsstelle zu übermitteln. Kann dies ausnahmsweise nicht geschehen, so ist innerhalb dieser zwei Wochen das von den Richtern unterschriebene Urteil ohne Tatbestand, Entscheidungsgründe und Rechtsmittelbelehrung der Geschäftsstelle zu übermitteln; Tatbestand, Entscheidungsgründe und Rechtsmittelbelehrung sind alsbald nachträglich niederzulegen, von den Richtern besonders zu unterschreiben und der Geschäftsstelle zu übermitteln.

(5) Das Gericht kann von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe absehen, soweit es der Begründung des Verwaltungsakts oder des Widerspruchsbescheids folgt und dies in seiner Entscheidung feststellt.

(6) Der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle hat auf dem Urteil den Tag der Zustellung und im Falle des § 116 Abs. 1 Satz 1 den Tag der Verkündung zu vermerken und diesen Vermerk zu unterschreiben. Werden die Akten elektronisch geführt, hat der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle den Vermerk in einem gesonderten Dokument festzuhalten. Das Dokument ist mit dem Urteil untrennbar zu verbinden.

(1) Wenn ein Beteiligter teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jedem Teil zur Hälfte zur Last. Einem Beteiligten können die Kosten ganz auferlegt werden, wenn der andere nur zu einem geringen Teil unterlegen ist.

(2) Wer einen Antrag, eine Klage, ein Rechtsmittel oder einen anderen Rechtsbehelf zurücknimmt, hat die Kosten zu tragen.

(3) Kosten, die durch einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand entstehen, fallen dem Antragsteller zur Last.

(4) Kosten, die durch Verschulden eines Beteiligten entstanden sind, können diesem auferlegt werden.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

(1) Die Beteiligten können vor dem Verwaltungsgericht den Rechtsstreit selbst führen.

(2) Die Beteiligten können sich durch einen Rechtsanwalt oder einen Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz, der die Befähigung zum Richteramt besitzt, als Bevollmächtigten vertreten lassen. Darüber hinaus sind als Bevollmächtigte vor dem Verwaltungsgericht vertretungsbefugt nur

1.
Beschäftigte des Beteiligten oder eines mit ihm verbundenen Unternehmens (§ 15 des Aktiengesetzes); Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich auch durch Beschäftigte anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse vertreten lassen,
2.
volljährige Familienangehörige (§ 15 der Abgabenordnung, § 11 des Lebenspartnerschaftsgesetzes), Personen mit Befähigung zum Richteramt und Streitgenossen, wenn die Vertretung nicht im Zusammenhang mit einer entgeltlichen Tätigkeit steht,
3.
Steuerberater, Steuerbevollmächtigte, Wirtschaftsprüfer und vereidigte Buchprüfer, Personen und Vereinigungen im Sinne der §§ 3a und 3c des Steuerberatungsgesetzes im Rahmen ihrer Befugnisse nach § 3a des Steuerberatungsgesetzes, zu beschränkter geschäftsmäßiger Hilfeleistung in Steuersachen nach den §§ 3d und 3e des Steuerberatungsgesetzes berechtigte Personen im Rahmen dieser Befugnisse sowie Gesellschaften im Sinne des § 3 Satz 1 Nummer 2 und 3 des Steuerberatungsgesetzes, die durch Personen im Sinne des § 3 Satz 2 des Steuerberatungsgesetzes handeln, in Abgabenangelegenheiten,
3a.
Steuerberater, Steuerbevollmächtigte, Wirtschaftsprüfer und vereidigte Buchprüfer, Personen und Vereinigungen im Sinne der §§ 3a und 3c des Steuerberatungsgesetzes im Rahmen ihrer Befugnisse nach § 3a des Steuerberatungsgesetzes, zu beschränkter geschäftsmäßiger Hilfeleistung in Steuersachen nach den §§ 3d und 3e des Steuerberatungsgesetzes berechtigte Personen im Rahmen dieser Befugnisse sowie Gesellschaften im Sinne des § 3 Satz 1 Nummer 2 und 3 des Steuerberatungsgesetzes, die durch Personen im Sinne des § 3 Satz 2 des Steuerberatungsgesetzes handeln, in Angelegenheiten finanzieller Hilfeleistungen im Rahmen staatlicher Hilfsprogramme zur Abmilderung der Folgen der COVID-19-Pandemie, wenn und soweit diese Hilfsprogramme eine Einbeziehung der Genannten als prüfende Dritte vorsehen,
4.
berufsständische Vereinigungen der Landwirtschaft für ihre Mitglieder,
5.
Gewerkschaften und Vereinigungen von Arbeitgebern sowie Zusammenschlüsse solcher Verbände für ihre Mitglieder oder für andere Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder,
6.
Vereinigungen, deren satzungsgemäße Aufgaben die gemeinschaftliche Interessenvertretung, die Beratung und Vertretung der Leistungsempfänger nach dem sozialen Entschädigungsrecht oder der behinderten Menschen wesentlich umfassen und die unter Berücksichtigung von Art und Umfang ihrer Tätigkeit sowie ihres Mitgliederkreises die Gewähr für eine sachkundige Prozessvertretung bieten, für ihre Mitglieder in Angelegenheiten der Kriegsopferfürsorge und des Schwerbehindertenrechts sowie der damit im Zusammenhang stehenden Angelegenheiten,
7.
juristische Personen, deren Anteile sämtlich im wirtschaftlichen Eigentum einer der in den Nummern 5 und 6 bezeichneten Organisationen stehen, wenn die juristische Person ausschließlich die Rechtsberatung und Prozessvertretung dieser Organisation und ihrer Mitglieder oder anderer Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder entsprechend deren Satzung durchführt, und wenn die Organisation für die Tätigkeit der Bevollmächtigten haftet.
Bevollmächtigte, die keine natürlichen Personen sind, handeln durch ihre Organe und mit der Prozessvertretung beauftragten Vertreter.

(3) Das Gericht weist Bevollmächtigte, die nicht nach Maßgabe des Absatzes 2 vertretungsbefugt sind, durch unanfechtbaren Beschluss zurück. Prozesshandlungen eines nicht vertretungsbefugten Bevollmächtigten und Zustellungen oder Mitteilungen an diesen Bevollmächtigten sind bis zu seiner Zurückweisung wirksam. Das Gericht kann den in Absatz 2 Satz 2 Nr. 1 und 2 bezeichneten Bevollmächtigten durch unanfechtbaren Beschluss die weitere Vertretung untersagen, wenn sie nicht in der Lage sind, das Sach- und Streitverhältnis sachgerecht darzustellen.

(4) Vor dem Bundesverwaltungsgericht und dem Oberverwaltungsgericht müssen sich die Beteiligten, außer im Prozesskostenhilfeverfahren, durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht oder einem Oberverwaltungsgericht eingeleitet wird. Als Bevollmächtigte sind nur die in Absatz 2 Satz 1 bezeichneten Personen zugelassen. Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich durch eigene Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt oder durch Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse vertreten lassen. Vor dem Bundesverwaltungsgericht sind auch die in Absatz 2 Satz 2 Nr. 5 bezeichneten Organisationen einschließlich der von ihnen gebildeten juristischen Personen gemäß Absatz 2 Satz 2 Nr. 7 als Bevollmächtigte zugelassen, jedoch nur in Angelegenheiten, die Rechtsverhältnisse im Sinne des § 52 Nr. 4 betreffen, in Personalvertretungsangelegenheiten und in Angelegenheiten, die in einem Zusammenhang mit einem gegenwärtigen oder früheren Arbeitsverhältnis von Arbeitnehmern im Sinne des § 5 des Arbeitsgerichtsgesetzes stehen, einschließlich Prüfungsangelegenheiten. Die in Satz 5 genannten Bevollmächtigten müssen durch Personen mit der Befähigung zum Richteramt handeln. Vor dem Oberverwaltungsgericht sind auch die in Absatz 2 Satz 2 Nr. 3 bis 7 bezeichneten Personen und Organisationen als Bevollmächtigte zugelassen. Ein Beteiligter, der nach Maßgabe der Sätze 3, 5 und 7 zur Vertretung berechtigt ist, kann sich selbst vertreten.

(5) Richter dürfen nicht als Bevollmächtigte vor dem Gericht auftreten, dem sie angehören. Ehrenamtliche Richter dürfen, außer in den Fällen des Absatzes 2 Satz 2 Nr. 1, nicht vor einem Spruchkörper auftreten, dem sie angehören. Absatz 3 Satz 1 und 2 gilt entsprechend.

(6) Die Vollmacht ist schriftlich zu den Gerichtsakten einzureichen. Sie kann nachgereicht werden; hierfür kann das Gericht eine Frist bestimmen. Der Mangel der Vollmacht kann in jeder Lage des Verfahrens geltend gemacht werden. Das Gericht hat den Mangel der Vollmacht von Amts wegen zu berücksichtigen, wenn nicht als Bevollmächtigter ein Rechtsanwalt auftritt. Ist ein Bevollmächtigter bestellt, sind die Zustellungen oder Mitteilungen des Gerichts an ihn zu richten.

(7) In der Verhandlung können die Beteiligten mit Beiständen erscheinen. Beistand kann sein, wer in Verfahren, in denen die Beteiligten den Rechtsstreit selbst führen können, als Bevollmächtigter zur Vertretung in der Verhandlung befugt ist. Das Gericht kann andere Personen als Beistand zulassen, wenn dies sachdienlich ist und hierfür nach den Umständen des Einzelfalls ein Bedürfnis besteht. Absatz 3 Satz 1 und 3 und Absatz 5 gelten entsprechend. Das von dem Beistand Vorgetragene gilt als von dem Beteiligten vorgebracht, soweit es nicht von diesem sofort widerrufen oder berichtigt wird.

(1) Kammerrechtsbeistände stehen in den nachfolgenden Vorschriften einem Rechtsanwalt gleich:

1.
§ 79 Absatz 1 Satz 2 und Absatz 2 Satz 1, § 88 Absatz 2, § 121 Absatz 2 bis 4, § 122 Absatz 1, den §§ 126, 130d und 133 Absatz 2, den §§ 135, 157 und 169 Absatz 2, den §§ 174, 195 und 317 Absatz 5 Satz 2, § 348 Absatz 1 Satz 2 Nummer 2 Buchstabe d, § 397 Absatz 2 und § 702 Absatz 2 Satz 2 der Zivilprozessordnung,
2.
§ 10 Absatz 2 Satz 1, § 11 Satz 4, § 13 Absatz 4, den §§ 14b und 78 Absatz 2 bis 4 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit,
3.
§ 11 Absatz 2 Satz 1 und § 46g des Arbeitsgerichtsgesetzes,
4.
den §§ 65d und 73 Absatz 2 Satz 1 und Absatz 6 Satz 5 des Sozialgerichtsgesetzes, wenn nicht die Erlaubnis das Sozial- und Sozialversicherungsrecht ausschließt,
5.
den §§ 55d und 67 Absatz 2 Satz 1 und Absatz 6 Satz 4 der Verwaltungsgerichtsordnung,
6.
den §§ 52d und 62 Absatz 2 Satz 1 und Absatz 6 Satz 4 der Finanzgerichtsordnung, wenn die Erlaubnis die geschäftsmäßige Hilfeleistung in Steuersachen umfasst.

(2) Registrierte Erlaubnisinhaber stehen im Sinn von § 79 Abs. 2 Satz 1 der Zivilprozessordnung, § 10 Abs. 2 Satz 1 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit, § 11 Abs. 2 Satz 1 des Arbeitsgerichtsgesetzes, § 73 Abs. 2 Satz 1 des Sozialgerichtsgesetzes, § 67 Abs. 2 Satz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung und § 62 Abs. 2 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung einem Rechtsanwalt gleich, soweit ihnen die gerichtliche Vertretung oder das Auftreten in der Verhandlung

1.
nach dem Umfang ihrer bisherigen Erlaubnis,
2.
als Prozessagent durch Anordnung der Justizverwaltung nach § 157 Abs. 3 der Zivilprozessordnung in der bis zum 30. Juni 2008 geltenden Fassung,
3.
durch eine für die Erteilung der Erlaubnis zum mündlichen Verhandeln vor den Sozialgerichten zuständige Stelle,
4.
nach § 67 der Verwaltungsgerichtsordnung in der bis zum 30. Juni 2008 geltenden Fassung oder
5.
nach § 13 des Gesetzes über die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit in der bis zum 30. Juni 2008 geltenden Fassung
gestattet war. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 1 bis 3 ist der Umfang der Befugnis zu registrieren und im Rechtsdienstleistungsregister bekanntzumachen.

(3) Das Gericht weist registrierte Erlaubnisinhaber, soweit sie nicht nach Maßgabe des Absatzes 2 zur gerichtlichen Vertretung oder zum Auftreten in der Verhandlung befugt sind, durch unanfechtbaren Beschluss zurück. Prozesshandlungen eines nicht vertretungsbefugten Bevollmächtigten und Zustellungen oder Mitteilungen an diesen Bevollmächtigten sind bis zu seiner Zurückweisung wirksam. Das Gericht kann registrierten Erlaubnisinhabern durch unanfechtbaren Beschluss die weitere Vertretung oder das weitere Auftreten in der Verhandlung untersagen, wenn sie nicht in der Lage sind, das Sach- und Streitverhältnis sachgerecht darzustellen.§ 335 Abs. 1 Nr. 5 der Zivilprozessordnung gilt entsprechend.