Verwaltungsgericht München Urteil, 19. Jan. 2017 - M 21 K 13.30391

published on 19/01/2017 00:00
Verwaltungsgericht München Urteil, 19. Jan. 2017 - M 21 K 13.30391
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Gericht

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Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.

II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Der nicht ausgewiesene Kläger ist nach eigenen Angaben Staatsangehöriger von Sierra Leone und reiste nach seinen Angaben auf dem Luftweg im April 2012 in die Bundesrepublik Deutschland ein, wo er am 7. Mai 2012 einen Asylantrag stellte.

Zur Begründung trug er bei der Anhörung vor dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (im Folgenden: Bundesamt) am 9. August 2012 vor, seine Eltern und seine Geschwister seien während des Bürgerkrieges im Januar 1999 ums Leben gekommen. Seine Ehefrau sei am 20. Mai 2008 bei der Geburt ihres ersten Kindes verstorben. Seine Tochter lebe derzeit bei seinem Onkel und dessen Familie, bei dem auch er aufgewachsen sei und bis zu seiner Ausreise im September 2011 gelebt habe. Außer diesem Onkel wisse er von keinen Verwandten in Sierra Leone. Er habe sieben Jahre die Grundschule in Bo und vier Jahre das Gymnasium in Freetown besucht. Er habe Automechaniker gelernt und in Bo als Automechaniker gearbeitet. Seit September 2010 sei er als Fahrer für die SLPP tätig gewesen. Er sei lediglich ein Anhänger aber kein Mitglied der SLPP gewesen. Im September 2011 sei er in einem Konvoi als Fahrer für die SLPP gefahren und bei einem Angriff von Anhängern der APC verletzt worden. Er habe dann zusammen mit weiteren Personen das Bürogebäude der APC in Brand gesetzt und noch am gleichen Tag das Land verlassen. Er könne nicht nach Sierra Leone zurückkehren, da er dort keine Familie habe. Er wisse auch nicht, wo sich seine Tochter aufhalte. Zudem könne er nicht zurück, weil die APC an der Macht sei. Wegen der Tötung seiner Eltern und Geschwister habe er auch psychische Probleme. Hierzu wurden mehrere ärztliche Bescheinigungen vorgelegt.

Mit Bescheid vom 19. April 2013 (Bescheid als Einschreiben am 24.4.2013 zur Post gegeben) lehnte das Bundesamt den Antrag auf Asylanerkennung und Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft ab (Nrn. 1 und 2), stellte fest, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 2 bis 7 AufenthG (a.F.) nicht vorliegen (Nr. 3), forderte den Kläger auf, die Bundesrepublik Deutschland innerhalb von 30 Tagen nach Bekanntgabe der Entscheidung bzw. im Falle einer Klageerhebung 30 Tage nach dem unanfechtbaren Abschluss des Asylverfahrens zu verlassen und drohte die Abschiebung nach Sierra Leone an (Nr. 4).

Zur Begründung wurde im Zusammenhang mit den geltend gemachten gesundheitlichen Beeinträchtigungen ausgeführt, die Voraussetzungen für nationale Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG (a.F.) lägen nicht vor. Es sei lediglich ein Verdacht auf eine Posttraumatische Belastungsstörung (im Folgenden: PTBS) diagnostiziert worden. Zudem fehle die für die Prüfung der Voraussetzungen des § 60 Absatz 7 Satz 1 AufenthG (a.F.) erforderliche anschauliche und nachvollziehbare Beschreibung der konkreten Auswirkungen auf den Gesundheitszustand des Klägers. Zudem sei festzustellen, dass bislang offensichtlich keinerlei Behandlungen stattgefunden hätten. Im Hinblick auf die allgemeine Lage in Sierra Leone würden dem Kläger bei einer Rückkehr keine existenziellen Gefahren drohen.

Der Kläger hat durch den früheren Bevollmächtigten mit der am 6. Mai 2013 eingegangenen Klage beantragen lassen, den Bescheid des Bundesamts vom 19 April 2013 in den Nummern 2 bis 4 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, den Kläger als Flüchtling anzuerkennen, hilfsweise festzustellen, dass beim Kläger Abschiebungsverbote gemäß § 60 Abs. 2 bis 7 AufenthG (a.F.) hinsichtlich Sierra Leone vorliegen.

Zur Begründung wurde auf die bisherigen Ausführungen des Klägers Bezug genommen und unter Hinweis auf ein weiteres ärztliches Attest vom 13. Mai 2013 zum Beweis der Tatsache, dass der Kläger an einer behandlungsbedürftigen PTBS leide, die Einholung eines psychiatrischen Sachverständigengutachtens beantragt.

Mit Schriftsatz vom 30. Oktober 2014 trug die jetzige Bevollmächtigte unter Bezug auf einen weiteren ärztlichen Bericht vom 27. Oktober 2014 ergänzend zu den gesundheitlichen Problemen des Klägers vor.

Mit Beschluss des damals zuständigen Einzelrichters vom 2. März 2015 wurde durch Einholung eines Sachverständigengutachtens Beweis erhoben zu folgenden Fragen:

1. Liegt beim Kläger eine PTBS oder eine andere psychische Erkrankung vor?

2. Ist die Erkrankung auf Erlebnisse des Klägers in Sierra Leone oder auf der Flucht zurückzuführen?

3. Ist die Erkrankung behandlungsbedürftig und wenn ja, in welcher Form und wie lange?

4. Welche gesundheitlichen Folgen treten ein, falls die Erkrankung nicht behandelt wird bzw. eine erforderliche Behandlung unterbrochen wird und der Kläger in das Herkunftsland Sierra Leone abgeschoben wird?

Mit der Erstattung des Gutachtens wurde das LMU Klinikum der Universität München, Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie, beauftragt. In dem Auftragsschreiben wurde der Gutachter zudem gebeten, für den Fall, dass er zum Ergebnis komme, dass der Kläger an einer behandlungsbedürftigen PTBS leide, näher auszuführen, auf welche konkreten (traumatisierenden) Umstände die Erkrankung des Kläger zurückzuführen sei sowie - mit Blick auf Kapitel V, Gliederung 43.1 der ICD 10, wonach die Latenz nach einem Trauma bei der PTBS grundsätzlich nur wenige Wochen bis Monate dauert - warum von einer noch behandlungsbedürftigen Erkrankung auszugehen sei, obwohl das traumatisierende Ereignis womöglich schon Jahre zurückliege.

Der beauftragte Gutachter kommt im Gutachten vom 23. November 2016 auf Grundlage einer Untersuchung des Klägers am 1. und 2. Juni 2015 zum Ergebnis, beim Kläger liege eine, auf Erlebnisse des Klägers in Sierra Leone zurückzuführende, komplexe PTBS vor, die immer wieder zu krisenhaften Einbrüchen mit akuter Suizidalität geführt habe und führe. Die Erkrankung bedürfe einer medikamentösen sowie psychotherapeutischen und sozialpsychiatrischen Behandlung. Es handle sich um ein schwerwiegendes Krankheitsbild mit hohem Leidensdruck. Im Falle einer Abschiebung werde mit Sicherheit ein dauerhafter Schaden für die psychische Gesundheit des Klägers entstehen und wahrscheinlich wäre zudem dessen Leben durch mögliche Suizidversuche bedroht. Aus ärztlicher Sicht solle daher die Rückkehr nach Sierra Leone vermieden werden.

Die Bevollmächtigte nahm zu dem Gutachten mit Schriftsätzen vom 7. und 20. Dezember 2016 sowie in der mündlichen Verhandlung am 9. Januar 2017 Stellung und wies ergänzend darauf hin, die bisherige medikamentöse Behandlung sei nicht ausreichend gewesen, um eine Verbesserung der Krankheit zu bewirken. Die sozialpsychiatrischen Umstände seien äußerst schlecht und es fehle auch die für eine Stabilisierung erforderliche Sicherheit, zudem sei es immer wieder zu Rückschlägen gekommen, z.B. durch die Nachricht vom Tod des Onkels des Klägers und seine Sorge um das Leben der Tochter im Zusammenhang mit der Ebola-Epidemie in Sierra Leone. Der Kläger habe auch nicht die empfohlene Psychotherapie sondern lediglich eine psychiatrisch-medikamentöse Behandlung erhalten. Eine Möglichkeit zur Psychotherapie bestehe in Sierra Leone nicht, die psychiatrische Behandlung dort sei völlig mangelhaft und es gebe weder ausreichend Medikamente noch Fachärzte für Psychiatrie. In diesem Zusammenhang wurde ergänzend auf eine Entscheidung des Bundesamts vom 1. Dezember 2016 sowie mehrere verwaltungsgerichtliche Entscheidungen hingewiesen.

Die Klage wurde in der mündlichen Verhandlung auf die Ziffern 3 und 4 des angefochtenen Bescheids beschränkt und sinngemäß beantragt,

den Bescheid vom 19. April 2013 in den Ziffern 3 und 4 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG festzustellen.

Die Beklagte hat die Akten mit Schreiben vom 13. Mai 2013 vorgelegt und sich im Übrigen nicht geäußert.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte einschließlich des eingeholten Gutachtens sowie die vorgelegte Behördenakte verwiesen.

Gründe

Über die Klage ist in der Hauptsache aufgrund der Beschränkung nur noch hinsichtlich der Ziffern 3 und 4 des angefochtenen Bescheids und der Verpflichtung zur Feststellung von Abschiebungsverboten nach § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG zu entscheiden. Die insoweit zulässige Klage ist unbegründet. Der Bescheid des Bundesamts vom 19. April 2013 ist zum maßgeblichen Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts (§ 77 Abs. 1 Halbs. 2 AsylG) in den angefochtenen Ziffern rechtmäßig, der Kläger hat keinen Anspruch auf die begehrte Feststellung von Abschiebungsverboten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 5 VwGO).

Die geltend gemachten gesundheitlichen Beeinträchtigungen des Klägers begründen kein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG.

Im Hinblick auf § 60 Abs. 5 AufenthG i.V.m. Art. 3 EMRK reicht der Umstand, dass im Fall einer Aufenthaltsbeendigung die Lage des Betroffenen einschließlich seiner Lebenserwartung erheblich beeinträchtigt würde, allein nicht aus, einen Verstoß gegen Art. 3 EMRK anzunehmen. Anderes kann nur in besonderen Ausnahmefällen gelten, in denen humanitäre Gründe zwingend gegen die Aufenthaltsbeendigung sprechen (BVerwG, U.v. 31.1.2013 - 10 C 15/12 - juris Rn. 23 ff.). Derartige Ausnahmegründe liegen jedenfalls nach dem Ende der Ebola-Epidemie in Sierra Leone Anfang 2016 nicht mehr vor.

Nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG soll von einer Abschiebung abgesehen werden, wenn im Zielstaat für den Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden (§ 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG). Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist (§ 60 Abs. 7 Satz 3 AufenthG). Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist (§ 60 Abs. 7 Satz 4 AufenthG). Entsprechend der Gesetzesbegründung zu der mit dem Gesetz zur Einführung beschleunigter Asylverfahren vom 11. März 2016 (BGBl. 2016 I S. 390 ff.) eingeführten Präzisierung in den Sätzen 2 bis 4 wird klargestellt, dass nur äußerst gravierende Erkrankungen eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib oder Leben nach Satz 1 darstellen. Eine solche schwerwiegende Erkrankung könne zum Beispiel in Fällen von PTBS regelmäßig nicht angenommen werden, es sei denn, die Abschiebung führe zu einer wesentlichen Gesundheitsgefährdung bis hin zu einer Selbstgefährdung (BT-Drs. 18/7538 S. 18).

Angesichts der Unschärfen des Krankheitsbildes einer PTBS sowie seiner vielfältigen Symptome bedarf es bereits zur Substantiierung eines Beweisantrags und erst recht für den Nachweis einer posttraumatischen PTBS regelmäßig der Vorlage eines gewissen Mindestanforderungen genügenden fachärztlichen Attests. Aus diesem muss sich nachvollziehbar ergeben, auf welcher Grundlage der Facharzt seine Diagnose gestellt hat und wie sich die Krankheit im konkreten Fall darstellt. Dazu gehören etwa Angaben darüber, seit wann und wie häufig sich der Patient in ärztlicher Behandlung befunden hat und ob die von ihm geschilderten Beschwerden durch die erhobenen Befunde bestätigt werden. Des Weiteren sollte das Attest Aufschluss über die Schwere der Krankheit, deren Behandlungsbedürftigkeit sowie den bisherigen Behandlungsverlauf (Medikation und Therapie) geben. Wird das Vorliegen einer PTBS auf traumatisierende Erlebnisse im Heimatland gestützt und werden die Symptome erst längere Zeit nach der Ausreise aus dem Heimatland vorgetragen, so ist in der Regel auch eine Begründung dafür erforderlich, warum die Erkrankung nicht früher geltend gemacht worden ist (BVerwG, U.v. 11.9.2007 - 10 C 8/07 und 10 C 1710 C 17.07 - juris jeweils Rn. 15).

Zudem müssen die Anknüpfungstatsachen einer entsprechenden qualifizierten Bescheinigung glaubhaft gemacht worden sein. Bei der Diagnoseerstellung von posttraumatischen Störungen ermöglicht die Symptomatologie des psychopathologischen Befunds generell keine Rekonstruktion der objektiven Seite der traumatisierenden Ereignisse. Dass das behauptete traumatisierende Ereignis tatsächlich stattgefunden hat, muss vielmehr vom Schutzsuchenden gegenüber dem Tatrichter und nicht gegenüber einem ärztlichen Gutachter nachgewiesen bzw. wahrscheinlich gemacht werden (BayVGH, B.v. 4.11.2016 - 9 ZB 16.30468 - juris Rn. 18; B.v. 17.10.2012 - 9 ZB 10.30390 - juris Rn. 8). Insoweit obliegt es dem Kläger, die behaupteten Geschehnisse, die bei ihm eine PTBS zum Entstehen gebracht haben sollen, jedenfalls in Grundzügen unter Angabe von Einzelheiten schlüssig und widerspruchsfrei zu schildern (vgl. BayVGH, B.v. 4.11.2016 a.a.O. - juris Rn. 23; B.v. 17.10.2012 a.a.O. - juris Rn. 8). Werden im Laufe des Verfahrens unterschiedliche Angaben gemacht, die auch unter Berücksichtigung von Erinnerungsproblemen traumatisierter Personen nicht nachvollziehbar sind, enthält das Vorbringen nicht auflösbare Widersprüche, erscheinen die Darstellungen nach der Lebenserfahrung oder aufgrund der Kenntnis entsprechender vergleichbarer Geschehensabläufe nicht nachvollziehbar oder wird das Vorbringen im Laufe des Verfahrens ohne ausreichende Begründung erweitert oder gesteigert, insbesondere wenn Tatsachen, die für das geltend gemachte Abschiebungsverbot ohne vernünftige Erklärung erst sehr spät in das Verfahren eingeführt werden, so kann den Aussagen in der Regel kein Glauben geschenkt werden.

Entsprechend diesem Maßstab liegen die Voraussetzungen für ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG aus gesundheitlichen Gründen nicht vor.

Zwar entspricht das eingeholte Gutachten weitgehend den Anforderungen an eine qualifizierte ärztliche Bescheinigung einer PTBS. Die vom Gutachter gezogenen Schlussfolgerungen beruhen allerdings auf unglaubhaften Angaben des Klägers und sind daher mangels ausreichender Anknüpfungstatsachen nicht tragfähig. Vor diesem Hintergrund ist das Gutachten nicht geeignet, den Nachweis einer PTBS zu erbringen.

Der Gutachter ist in Übereinstimmung mit den einschlägigen Kriterien für eine PTBS vom Erfordernis eines traumatisierenden Ereignisses mit entsprechender Schwere ausgegangen (vgl. die vom Gutachter zugrunde gelegten Kriterien nach Maßgabe der DSM-V der American Psychiatric Association, ebenso die Kriterien nach Maßgabe der internationalen Klassifikation ICD-10: F 43.1).

Als entsprechendes traumatisierendes Ereignis hat der Gutachter die Entdeckung der ermordeten Eltern und Geschwister durch den Kläger zu Grunde gelegt. Zudem werden eine zweiwöchige Gefangennahme des Klägers in der Folge sowie der Tod der Frau des Klägers bei der Geburt der Tochter herangezogen (Gutachten, S.29/30 und S. 39).

Das Gericht hält demgegenüber die Angaben des Klägers zu zentralen Punkten der behaupteten traumaauslösenden Ereignisse, insbesondere zur Entdeckung seiner ermordeten Eltern und Geschwister sowie zu einer Gefangennahme für unglaubhaft und den Kläger im Übrigen insgesamt für unglaubwürdig. Damit fehlt es an einer ausreichenden Grundlage für die Schlussfolgerungen des Gutachters hinsichtlich einer PTBS.

Das Gericht nimmt dem Kläger bereits nicht ab, dass er im Zeitpunkt der Ermordung seiner Familie - nach Angaben des Klägers am 6. Januar 1999 - in Bo war. Die betreffenden Aussagen stehen in unauflösbarem Widerspruch zu den Aussagen im Zusammenhang mit dem schulischen Werdegang vor dem Bundesamt. Der Kläger hat die Richtigkeit seiner Angaben vor dem Bundesamt - auch die Angaben zum persönlichen Lebenshintergrund wie Schulbildung, Wohnort, Eltern/Verwandte - auf Nachfrage in der mündlichen Verhandlung nochmals ausdrücklich bestätigt.

Laut seiner Aussage beim Bundesamt ging der Kläger sieben Jahre in die Grundschule in BO und besuchte anschließend für vier Jahre das Gymnasium in Freetown. Er sei in dieser Zeit manchmal auch in Bo gewesen, z.B. in den Ferien, aber ansonsten in Freetown zur Schule gegangen. Nach den vier Jahren Gymnasium sei er dann wieder nach Bo zurückgegangen. In zeitlicher Hinsicht hat der Kläger die entsprechende Aussage in der mündlichen Verhandlung konkretisiert und mitgeteilt, er habe die Grundschule von 1991 bis 1998 besucht und im Anschluss drei Jahre die Secondary/High School. Beim Gutachter gab der Kläger dagegen an, er habe die Grundschule für sechs Jahre und anschließend die Secondary School bis zum dritten Jahr besucht. Unabhängig davon, welchen der Angaben des Klägers in zeitlicher Hinsicht Glauben geschenkt werden kann, befand er sich im Jahr 1999 auf der Secondary School in Freetown. Die Aussage des Klägers, er habe am Tag der Ermordung seiner Eltern nach der Schule einen Klassenkameraden besucht, sich zwischen 17 Uhr und 18 Uhr auf den Heimweg gemacht, um pünktlich zum Abendessen erscheinen zu können und dann seine ermordete Familie entdeckt, steht hierzu in nicht auflösbarem Widerspruch.

Die Angaben zum Ablauf der Schulausbildung hat der Kläger in der mündlichen Verhandlung durch eine weitere Version ergänzt, die nicht geeignet ist, die aufgetretenen Widersprüche zu erklären. Die Glaubhaftigkeit dieser geänderten Darstellung ist bereits dadurch gemindert, dass sie erst in der mündlichen Verhandlung und auf entsprechende Nachfrage erfolgt ist. Zudem ist auch diese Darstellung durch Widersprüchlichkeiten und Ungereimtheiten gekennzeichnet. Danach will der Kläger die Secondary School zunächst für ein Jahr in BO und dann für zwei weitere Jahre bei seinem Onkel in Freetown besucht haben. Er habe dann die Schule abbrechen müssen, weil das Geld seines Onkels nicht mehr gereicht habe. Diese Aussage steht in Widerspruch zu der Behauptung des Klägers vor dem Gutachter, er sei nach der Ermordung seiner Eltern bei seinem Onkel (dem nach seinen Angaben zusammen mit seiner Tochter einzigen ihm bekannten Verwandten in Sierra Leone) in einer kleinen Stadt außerhalb von BO untergekommen, habe dort in bescheidenen Verhältnissen leben und auf einen Schulbesuch verzichten müssen. Die Einlassung des Klägers auf den entsprechenden Vorhalt in der mündlichen Verhandlung, er könne sich im Hinblick auf die vergangene Zeit nicht mehr so genau erinnern, sowie der Hinweis auf seine gesundheitlichen Probleme, aufgrund der er Erinnerungsprobleme habe, stellt eine Schutzbehauptung dar. Unabhängig davon, dass auch die Umstände im Zusammenhang mit einer PTBS zumindest in den Grundzügen widerspruchsfrei und schlüssig darzustellen sind, hat der Gutachter ausdrücklich darauf hingewiesen, dass beim Kläger zum Untersuchungszeitpunkt keine Unfähigkeit vorliege, einen wichtigen Aspekt des Traumas zu erinnern (Gutachten, S. 30).

Auch im Übrigen sind die Angaben des Klägers zur Entdeckung der Ermordung seiner Familie durch Steigerungen, Widersprüchlichkeiten und Unsicherheit des Klägers gekennzeichnet, die bei einer Schilderung von selbst erlebten Geschehnissen so nicht aufgetreten wären.

Vor dem Bundesamt waren die Angaben des Klägers zur Ermordung der Eltern trotz ausdrücklicher Nachfrage zu den Hintergründen seiner psychiatrischen Behandlung noch extrem vage. Er teilte hierzu zunächst mit, er sei dabei gewesen als seine Familie getötet worden sei, berichtigte sich daraufhin dahin, er sei nicht dabei gewesen, als das passiert sei, er sei bei einem Freund gewesen. Hinsichtlich der zeitlichen Einordnung beließ es der Kläger bei der Angabe, seine Eltern seien während des Bürgerkriegs im Januar 1999 verstorben. Von der persönlichen Entdeckung der ermordeten Familie berichtete er nicht.

Auch in den Angaben des Klägers im Rahmen der biographischen Anamnese im Entlassbericht des KBO Isar-Amper-Klinikum vom 6. August 2012 wird die Ermordung von Familienangehörigen lediglich auf das Jahr 1999 eingegrenzt, zudem ist dort lediglich von der Ermordung des Vaters des Klägers die Rede. Eine Entdeckung der ermordeten Familienangehörigen durch den Kläger persönlich ist auch dort nicht erwähnt.

Erstmals bei der Untersuchung vor dem Gutachter hat der Kläger dann behauptet, die Ermordung seiner Familie selbst entdeckt zu haben. Als maßgebliches Datum ist in dem Gutachten an zwei Stellen der 6. Januar 1996 vermerkt. Unabhängig davon, ob der Kläger dieses erkennbar falsche Datum gegenüber dem Gutachter tatsächlich angegeben hat oder hier ein Schreibfehler oder ein Missverständnis ursächlich war, erweckt die durch Unsicherheit gekennzeichnete Reaktion des Klägers in der mündlichen Verhandlung auf die entsprechende Nachfragen und Vorhalte zu den zeitlichen Angaben den Eindruck, dass der Kläger nicht über selbst Erlebtes berichten konnte. Er unternahm nicht den Versuch, die zeitlichen Angaben plausibel zu machen, sondern relativierte diese dahin, er glaube lediglich, das genaue Datum des Angriffs sei der 6. Januar 1999 gewesen - genau erinnern könne er sich nicht mehr - und berief sich auch bei diesem Punkt auf Erinnerungsprobleme.

Die Schilderung des Klägers zur Entdeckung der Ermordung seiner Familie ist im Übrigen realitätsfremd und lässt darauf schließen, dass der Kläger dem Gutachter sowie dem Gericht auf der Grundlage tatsächlicher Geschehnisse im Bürgerkrieg in Sierra Leone (vgl. zu den Angriffen im Januar 1999 z.B. truth and reconciliation Commission of Sierra Leone - final report, Volume 3a, chapter 3, S. 150 ff.) eine in weiten Teilen frei erfundene Geschichte präsentiert hat. Dem Kläger kann nicht abgenommen werden, er sei am 6. Januar 1999, einem Tag, an dem in Sierra Leone ein groß angelegter Angriff von Rebellen mit Massakern an der Bevölkerung stattfand, regulär zur Schule und dann zu einem Freund gegangen und habe erst auf dem Nachhauseweg festgestellt, dass seine Familie sowie eine Vielzahl von Personen in der Umgebung Opfer von Massakern geworden seien. Das wird durch die Schilderung des Klägers in der mündlichen Verhandlung zur Situation im zeitlichen Umfeld eher noch bestätigt. Danach habe man die Schule manchmal nicht besuchen können, wenn die Lage unsicher gewesen sei. Gegenüber dem Gutachter gab der Kläger zudem an, sein Vater habe ihn und seine Brüder im Vorfeld mehrmals ermahnt, vorsichtig zu sein. Es habe in den Monaten vor der Ermordung seiner Eltern eine immer stärker werdende Bedrohungslage gegeben. Sein Vater habe von den Kindern verlangt, gemeinsam und unverzüglich nach der Schule nach Hause zu gehen.

Dem Kläger kann auch nicht sein Vortrag zu einer zweiwöchigen Gefangennahme mit Misshandlungen abgenommen werden. Der entsprechende Vortrag vor dem Gutachter ist völlig unsubstantiiert und findet in der Anhörung des Klägers vor dem Bundesamt nicht einmal ansatzweise eine Entsprechung. Der Kläger hat hierzu auch in der mündlichen Verhandlung nichts vorgetragen. Die entsprechenden Angaben gegenüber dem Gutachter stehen zudem in Widerspruch zu den Ausführungen des Klägers gegenüber dem Gutachter, er habe nach dem Angriff auf seine Familie die ersten Tage bei der Familie seines Freundes übernachtet und sei dann von seinem Onkel gefunden und aufgenommen worden.

Auch der Vortrag des Klägers zu weiteren Geschehnissen in seinem Heimatland lässt darauf schließen, dass er - soweit ihm dies im Zusammenhang mit Abschiebungsverboten und der geltend gemachten PTBS günstig erscheint - die Unwahrheit sagt bzw. Begebenheiten verfälscht darstellt. So machte der Kläger bereits vor dem Bundesamt widersprüchliche Angaben über den Verbleib bzw. seine Kenntnis über den Verbleib seiner Tochter. Gegenüber dem Gutachter trug er dann vor, er habe den Beginn der Ebola-Epidemie im Oktober 2014 voller Sorge verfolgt und über seine Facebook-Kontakte erfahren, dass sein Onkel an Ebola verstorben und seine Tochter mit einer Ebola-Infektion in ein Krankenhaus eingeliefert worden sei. Weitere Informationen habe er nicht erhalten, im Moment habe er seinen Facebook-Account nicht mehr besucht, aus lauter Angst vor schlechteren Nachrichten. Der Tod seines Onkels lasse ihn sehr verzweifeln. Die Ungewissheit über den Verbleib seiner Tochter raube ihm den Verstand. In der mündlichen Verhandlung auf den Verbleib der Tochter angesprochen behauptete der Kläger, hierüber immer noch nichts zu wissen, reagierte auf den Vorhalt der von ihm gegenüber dem Gutachter selbst angegebenen Möglichkeit einer Erkundigung über Facebook-Kontakte zunächst mit Unwissen und ließ sich dann auf die - von der Version gegenüber dem Gutachter abweichende und im Hinblick auf den geschilderten Leidensdruck wegen der Unsicherheit über den Verbleib der Tochter - völlig unglaubhafte Aussage ein, er habe von Erkundigungen abgesehen, da er den Kontakt zu seinen damaligen Freunden bei Facebook nicht mehr habe.

Lediglich ergänzend wird darauf hingewiesen, dass (1) auch wenn man dem Vorbringen des Klägers zu den traumaauslösenden Ereignissen in den Grundzügen Glauben schenken würde und von der im Gutachten diagnostizierten PTBS ausgehen würde, ein Abschiebungsverbot unter Zugrundelegung des Maßstabs von § 60 Abs. 7 Sätze 2 bis 4 AufenthG nicht vorläge und im Übrigen (2) das Gutachten im Zusammenhang mit dem Kriterium der zeitlichen Latenz zwischen Trauma und Auftreten von Symptomen nicht die Anforderungen für den Nachweis einer PTBS erfüllt und jedenfalls ohne Ergänzung durch den Gutachter für den Nachweis einer PTBS nicht zu Grunde gelegt werden könnte.

(1) Im Hinblick auf die Regelungen in § 60 Abs. 7 Sätze 2 bis 4 AufenthG läge selbst dann kein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG vor, wenn man dem Vorbringen des Klägers zu den traumaauslösenden Ereignissen und den geschilderten Beschwerden in den Grundzügen Glauben schenken und von den gestellten Diagnosen des Gutachtens ausgehen würde. Eine PTBS stellt im Hinblick auf die Regelungen in § 60 Abs. 7 Sätze 2 bis 4 AufenthG für sich gesehen keine lebensbedrohliche oder ähnlich schwerwiegende Erkrankung dar, die ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG begründet. Eine akute Selbst- oder Fremdgefährdung liegt laut Gutachten nicht vor. Damit ist auch im Falle einer Rückkehr nicht mit der erforderlichen Wahrscheinlichkeit zu rechnen. Die entsprechenden Aussagen im Gutachten differenzieren insofern nicht ausreichend zwischen inlandsbezogenen und den hier maßgeblichen zielstaatsbezogenen Umständen und beruhen im Übrigen im Hinblick auf die Situation in Sierra Leone auf unzureichenden Anknüpfungstatsachen. Eine ärztlichen Bescheinigung, der nicht zu entnehmen ist, wie sie zur prognostischen Diagnose kommt und welche Tatsachen dieser zugrunde liegen, ist nicht geeignet, das Vorliegen eines Abschiebungsverbots zu begründen (vgl. zu Abschiebungsverboten wegen Reiseunfähigkeit BayVGH, B.v. 23.8.2016 - 10 CE 15.2784 - juris Rn. 16; OVG Sachsen-Anhalt, B.v. 8.2.2012 - 2 M 29/12 - juris Rn. 11 ff.). Entsprechendes gilt, wenn die zu Grunde gelegten Tatsachen in wesentlichen Bereichen unzutreffend sind. Insofern obliegt auch in diesem Zusammenhang die Feststellung der für die ärztliche Bewertung zugrunde gelegten Anknüpfungstatsachen ausschließlich dem Tatrichter. Eine nach dem Gutachten erforderliche Fortsetzung der medikamentösen Behandlung mit Antidepressiva ist auch in Sierra Leone gewährleistet.

Anhaltspunkte für existenzielle Krisen bis hin zur Suizidalität bestehen nach der Entlassung des Klägers aus dem KBO Isar-Amper-Klinikum im Jahr 2012 - mit Ausnahme der aufgetretenen Krisen Ende 2014 im Zusammenhang mit der zwischenzeitlich beendeten Ebola-Epidemie in Sierra Leone und der Trauer bzw. Sorge um Angehörige - nicht. Der Zustand des Klägers war nach dem Gutachten im Untersuchungszeitpunkt nicht akut lebensbedrohlich, obwohl der Kläger weiterhin nur medikamentös ausreichend behandelt wird, sozialpsychiatrisch unzureichend versorgt ist und eine Traumatherapie weder im Untersuchungszeitpunkt noch bis zur mündlichen Verhandlung aufgenommen hat. Der Kläger sei von akuter Suizidalität distanziert, auch eine Fremdgefährdung bestehe nicht (vgl. Gutachten, S. 24). Anhaltspunkte für eine zwischenzeitliche Verschlechterung ergeben sich - auch unter Berücksichtigung des aktuellen Attests des behandelnden Arztes vom 19. Dezember 2016 - nicht.

Die Aussagen im Gutachten lassen auch nicht darauf schließen, dass im Falle einer Abschiebung zielstaatsbezogene Umstände zu einer wesentlichen Verschlechterung des gesundheitlichen Zustands des Klägers mit lebensbedrohlichen oder ähnlich schwerwiegenden, d.h. existenziell bedrohlichen Krankheitsfolgen führen würden. Der Gutachter führt hierzu aus, eine Rückkehr in das vorherige Umfeld der erlebten Bedrohung sei für alle Menschen eine extreme Belastung. Insofern würde eine Rückkehr ins Umfeld, in dem der Kläger aufgewachsen sei, zu einer erheblichen Verschlechterung führen. Die ständige Angst vor der Abschiebung nach Sierra Leone, das für den Kläger eine ständige Ausnahmesituation und einen hohen Stressfaktor berge, bedeute einen dramatischen Leidensdruck. Im Falle einer Abschiebung würde mit Sicherheit ein dauerhafter Schaden für die psychische Gesundheit des Klägers entstehen und wahrscheinlich wäre zudem sein Leben durch mögliche Suizidversuche bedroht. Aus ärztlicher Sicht solle daher die Rückkehr nach Sierra Leone vermieden werden. Diese Aussagen zielen im Schwerpunkt auf - hier nicht maßgebliche - inlandsbezogene Abschiebungshindernisse im Zusammenhang mit der Furcht und Unsicherheit im Vorfeld einer Abschiebung bzw. Umständen im unmittelbaren Zusammenhang mit der Abschiebung (Reisefähigkeit) ab, denen im Übrigen durch entsprechende Vorbereitung und Ausgestaltung der Abschiebung begegnet werden kann. Hinsichtlich der zielstaatsbezogenen Umstände verbleibt es bei dem allgemeinen Hinweis auf die Belastung traumatisierter Personen durch eine Rückkehr in das Umfeld der Traumatisierung. Insofern ist aber neben dem langen Zeitablauf seit den geltend gemachten traumaauslösenden Ereignissen zu berücksichtigen, dass sich die Situation in Sierra Leone zwischenzeitlich grundlegend verändert hat, ein Großteil der Flüchtlinge des Bürgerkriegs in ihr Heimatland zurückgekehrt sind und auch die Bekämpfung der Straflosigkeit für während des Bürgerkriegs begangene schwere Menschenrechtsverstöße Fortschritte macht. Insoweit wird zunächst auf die ausführlichen Darstellungen zur allgemeinen Lage in Sierra Leone in der Begründung des angefochtenen Bescheids Bezug genommen (§ 77 Abs. 2 AsylG) und ergänzend auf Folgendes hingewiesen: Nach Beendigung des elfjährigen Bürgerkrieges im Jahre 2002 kehrt Sierra Leone immer mehr zu friedlichen und geordneten politischen Verhältnissen zurück. Die während des Bürgerkriegs begangenen Verbrechen werden umfassend ermittelt und aufgearbeitet (vgl. Truth & Reconciliation Commission of Sierra Leone, final report, Vol 3a, Chapter 3, The Military an Political History of the Conflict). Auf Grundlage einer Vereinbarung mit den Vereinten Nationen wurde ein Sondergerichtshof für Sierra Leone eingerichtet, (Special Court for Sierra Leone - SCSL), der für eine juristische Aufarbeitung sorgt, vor dem bereits eine Vielzahl von Prozessen stattgefunden hat und durch den u.a. der ehemalige liberianische Staatspräsident Charles Taylor wegen Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit zu 50 Jahren Gefängnis verurteilt wurde (vgl. AI - Amnesty Report 2013 Sierra Leone; U.S. Department of State - Sierra Leone Country Report on Human Rights Practices 2006; Wikipedia - https: …de.wikipedia.org/wiki/Sierra_Leone und https: …en.wikipedia.org/wiki/Charles_Taylor_(Liberian_politician) - zitiert jeweils nach Stand 19.1.2017).

Ein von der UNHCR initiiertes Repatriierungsprogramm für Bürgerkriegsflüchtlinge wurde im Juli 2004 abgeschlossen und ein Großteil der Flüchtlinge ist in ihre Heimat zurückgekehrt. Am 23. Juni 2006 wurde Sierra Leone als eines der ersten Länder vom UN-Sicherheitsrat auf die Agenda der 2005 ins Leben gerufenen Peacebuilding Commission (PBC) gesetzt. Nach Aussage des früheren UN-Generalsekretärs Ban Ki-Moon am 14. Juni 2010 in Freetown repräsentiert Sierra Leone einen der erfolgreichsten Fälle für Wiederaufbau, Friedenswahrung und Friedensaufbau nach einem Konflikt (Wikipedia - https: …de.wikipedia.org/wiki/Sierra_Leone - zitiert nach Stand 19.1.2017).

Ob eine Rückkehr traumatisierter Personen aus Krisenregionen trotz Aufarbeitung straffrei begangener Verbrechen und Menschenrechtsverletzungen im Herkunftsland mit einer nicht hinnehmbaren Gefahr einer Retraumatisierung verbunden ist, hängt von den - einer ärztlichen Bescheinigung zu Grunde zu legenden - Einzelumständen, einerseits Art und Umfang einer erfolgten Aufarbeitung der Krise im Herkunftsstaat und andererseits von Art, Dauer und Intensität des erlittenen Traumas ab. Das Gutachten geht hierauf nicht ein. Die Bescheinigung des behandelnden Arztes vom 19. Dezember 2016 greift diesen Gesichtspunkt zwar ansatzweise auf, der hier gezogene Vergleich mit der Situation von Juden, die nach ihrer Befreiung aus Konzentrationslagern auch nach Ende des dritten Reichs und der Aufarbeitung der begangenen Verbrechen nicht mehr nach Deutschland einreisen konnten, liegt im Hinblick auf den maßgeblichen Vortrag des Klägers zu Art und Intensität der erlebten Traumen aber erkennbar neben der Sache.

Im Hinblick auf die Behandlungsmöglichkeiten in Sierra Leone geht das Gericht davon aus, dass eine ausreichende therapeutische und psychiatrische Behandlung dort nicht sichergestellt ist und damit eine ausreichende Behandlung einer PTBS nicht möglich ist. Hierauf kommt es aber im Hinblick auf die Regelungen in § 60 Abs. 7 Sätze 2 bis 4 AufenthG gerade nicht an. Maßgeblich ist vielmehr, dass eine ausreichende medikamentöse Versorgung mit Antidepressiva auch in Sierra Leone gewährleistet und damit eine lebensbedrohliche oder existenziell bedrohliche Verschlechterung des gesundheitlichen Zustands des Klägers nach einer Rückkehr nicht wahrscheinlich ist. Entsprechend der Auskunftslage ist davon auszugehen, dass eine medikamentöse Behandlung mit Antidepressiva auch in Sierra Leone erfolgen kann (vgl. Auskunft AA an VG Aachen vom 21.2.2007). Anhaltspunkte, dass sich hieran etwas geändert haben könnte, sind nicht substantiiert vorgetragen und - nach dem Ende der Ebola-Epidemie Anfang 2016 - jedenfalls im Hinblick auf große Städte wie Freetown nicht naheliegend. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus den von der Klägerseite vorgelegten Entscheidungen des Bundesamts vom 1. Dezember 2016 sowie den in der mündlichen Verhandlung vorgelegten bzw. in Bezug genommenen verwaltungsgerichtlichen Entscheidungen. Dabei handelt es sich nur teilweise um Entscheidungen zu Sierra Leone. Bei den entsprechenden Entscheidungen standen im Mittelpunkt die therapeutischen und psychiatrischen Behandlungsmöglichkeiten. Soweit dort auch Fragen zur medikamentösen Versorgungslage angesprochen sind, handelt es sich um Fragen der individuellen Verfügbarkeit. Insoweit besteht im Hinblick auf die langjährige Tätigkeit des Klägers als KFZ-Mechaniker bis zu seiner Ausreise aus Sierra Leone kein Anlass zur Annahme, er sei nach einer Rückkehr dauerhaft nicht in der Lage, einen ausreichenden Unterhalt, der auch eine medikamentöse Behandlung einschließt, zu erzielen. Eine Ergänzung des Gutachtens im Hinblick auf diese Punkte war auf Grund der fehlenden Entscheidungsrelevanz (mangelnde Glaubhaftigkeit der Schilderung des Klägers) nicht veranlasst.

(2) Hinsichtlich des Kriteriums der zeitlichen Latenz beruhen die Bewertungen des Gutachtens auf einer Verkennung der Anforderungen eines Vollbeweises für sämtliche Kriterien einer PTBS nach Maßgabe der allgemeinen Beweisregeln. Demnach ist für sämtliche Kriterien ein Nachweis mit der erforderlichen an Sicherheit grenzenden Wahrscheinlichkeit nötig. Zweifel gehen entsprechend den allgemeinen Beweislastregeln zu Lasten des Asylbewerbers. Der Gutachter weist im Zusammenhang mit Kapitel V, Gliederung 43.1 ICD 10, wonach die Latenz nach einem Trauma bei der PTBS grundsätzlich nur wenige Wochen bis Monate dauert, darauf hin, die Verlaufsdynamik der PTBS sei aufgrund der komplexen Psychopathologie sehr variabel. Die von ihm gemachten statistischen Angaben - Symptome bei 42% der Betroffenen 9 Monate nach dem Trauma, bei 15 bis 25% persistierend über Jahre und bei einem Drittel der Patienten chronischer Verlauf mit einer mittleren Revisionszeit von 3 Jahren - lassen die Diagnose PTBS beim Kläger zwar als möglich, nicht jedoch als wahrscheinlich oder nahezu sicher erscheinen. Der Gutachter hat keine Feststellungen getroffen, die eine Zuordnung der Symptome des Klägers zu einer chronisch oder sonst atypisch verlaufenden PTBS trotz der erheblichen zeitlichen Latenz mit an Sicherheit grenzender oder zumindest überwiegender Wahrscheinlichkeit ermöglichen würde. Insbesondere fehlt es an einer Würdigung und Gewichtung von Symptomen vor der Ausreise des Klägers aus Sierra Leone - dies insbesondere vor dem Hintergrund, dass die Schwere der Symptome dort offenbar weit hinter der in Deutschland beobachteten Schwere mit krisenhaften Einbrüchen bis hin zu akuter Suizidalität zurückblieb. Der Kläger führte in Sierra Leone nach seinen Angaben trotz erheblicher Belastungen durch den Tod seiner Familie ein weitgehend normales Leben, ging einer selbständigen Tätigkeit im Rahmen einer - zusammen mit Freunden betriebenen - KFZ-Werkstatt nach und war auch in der Lage, familiäre Bindungen einzugehen. Er war auch nach dem Tod seiner Frau bei der Geburt des Kindes in der Lage, einem geregelten Leben und einer Arbeitstätigkeit nachzugehen. Eine Ergänzung des Gutachtens im Hinblick auf diese Punkte war auf Grund der fehlenden Entscheidungsrelevanz (mangelnde Glaubhaftigkeit der Schilderung des Klägers) nicht veranlasst.

Abgesehen von der geltend gemachten PTBS liegen keine gesundheitlichen Beeinträchtigungen vor, die ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG begründen bzw. im Hinblick auf qualifizierte ärztliche Bescheinigungen Anlass für eine weitere Sachverhaltsermittlung bieten. Im Hinblick auf die von Klägerseite angeführte Anorexia nervosa (Magersucht) ergeben sich aus den vorgelegten ärztlichen Bescheinigungen keine Anhaltspunkte für eine lebensgefährliche oder vergleichbar schwerwiegende Erkrankung.

Schließlich folgt auch aus den schwierigen Lebensverhältnissen in Sierra Leone kein Abschiebungsverbot aus § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG. Bei den dort vorherrschenden Lebensbedingungen handelt es sich um eine Situation, der die gesamte Bevölkerung ausgesetzt ist, weshalb Abschiebeschutz nach § 60 Abs. 7 Satz 5 AufenthG ausschließlich durch eine generelle Regelung nach § 60 a Abs. 1 Satz 1 AufenthG gewährt wird. Anhaltspunkte für eine extreme Gefährdungslage bei der aufgrund der Schutzwirkungen der Grundrechte aus Art. 1 Abs. 1 und Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG die Sperrwirkung des § 60 Abs. 7 Satz 5 AufenthG ausnahmsweise nicht greift (vgl. BVerwG, U.v. 17.10.1995 - 9 C 9/95 - juris LS 3 und Rn. 14; BVerwG, U.v. 31.1.2013 - 10 C 15/12 - juris Rn. 38), sind nicht erkennbar.

Nachdem auch die nach Maßgabe von § 34 Abs. 1 AsylG i.V.m. § 59 AufenthG erlassene Abschiebungsandrohung nicht zu beanstanden ist, war die Klage abzuweisen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1, § 155 Abs. 2 VwGO. Gerichtskosten werden nicht erhoben (§ 83 b AsylG).

Vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung: § 167 VwGO, §§ 708 ff. ZPO

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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs. (2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungskl
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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs. (2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungskl
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published on 04/11/2016 00:00

Tenor I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt. II. Der Kläger hat die Kosten des Zulassungsverfahrens zu tragen. Gerichtskosten werden nicht erhoben. Gründe I. Der Kläger ist seinen A
published on 23/08/2016 00:00

Tenor I. Die Beschwerde wird zurückgewiesen. II. Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens. III. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 1.250 Euro festgesetzt. Gründe
published on 31/01/2013 00:00

Tatbestand 1 Der Kläger erstrebt Abschiebungsschutz wegen ihm in Afghanistan drohender Gefahren. 2
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published on 10/01/2017 00:00

Tenor I. Die Klage wird abgewiesen. II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Tatbestand Der nicht durch Papiere ausgewiesene Klä
published on 29/03/2017 00:00

Tenor I. Die Klage wird abgewiesen. II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. III. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Tatbestand Der Kläger begehrt die posit
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(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

(1) In Streitigkeiten nach diesem Gesetz stellt das Gericht auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung ab; ergeht die Entscheidung ohne mündliche Verhandlung, ist der Zeitpunkt maßgebend, in dem die Entscheidung gefällt wird. § 74 Absatz 2 Satz 2 bleibt unberührt.

(2) Das Gericht kann außer in den Fällen des § 38 Absatz 1 und des § 73b Absatz 7 bei Klagen gegen Entscheidungen nach diesem Gesetz im schriftlichen Verfahren durch Urteil entscheiden, wenn der Ausländer anwaltlich vertreten ist. Auf Antrag eines Beteiligten muss mündlich verhandelt werden. Hierauf sind die Beteiligten von dem Gericht hinzuweisen.

(3) Das Gericht sieht von einer weiteren Darstellung des Tatbestandes und der Entscheidungsgründe ab, soweit es den Feststellungen und der Begründung des angefochtenen Verwaltungsaktes folgt und dies in seiner Entscheidung feststellt oder soweit die Beteiligten übereinstimmend darauf verzichten.

(4) Wird während des Verfahrens der streitgegenständliche Verwaltungsakt, mit dem ein Asylantrag als unzulässig abgelehnt wurde, durch eine Ablehnung als unbegründet oder offensichtlich unbegründet ersetzt, so wird der neue Verwaltungsakt Gegenstand des Verfahrens. Das Bundesamt übersendet dem Gericht, bei dem das Verfahren anhängig ist, eine Abschrift des neuen Verwaltungsakts. Nimmt der Kläger die Klage daraufhin unverzüglich zurück, trägt das Bundesamt die Kosten des Verfahrens. Unterliegt der Kläger ganz oder teilweise, entscheidet das Gericht nach billigem Ermessen.

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

(1) Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.

(2) Das Deutsche Volk bekennt sich darum zu unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechten als Grundlage jeder menschlichen Gemeinschaft, des Friedens und der Gerechtigkeit in der Welt.

(3) Die nachfolgenden Grundrechte binden Gesetzgebung, vollziehende Gewalt und Rechtsprechung als unmittelbar geltendes Recht.

(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.

(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

(1) Das Bundesamt erlässt nach den §§ 59 und 60 Absatz 10 des Aufenthaltsgesetzes eine schriftliche Abschiebungsandrohung, wenn

1.
der Ausländer nicht als Asylberechtigter anerkannt wird,
2.
dem Ausländer nicht die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt wird,
2a.
dem Ausländer kein subsidiärer Schutz gewährt wird,
3.
die Voraussetzungen des § 60 Absatz 5 und 7 des Aufenthaltsgesetzes nicht vorliegen oder die Abschiebung ungeachtet des Vorliegens der Voraussetzungen des § 60 Absatz 7 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes ausnahmsweise zulässig ist und
4.
der Ausländer keinen Aufenthaltstitel besitzt.
Eine Anhörung des Ausländers vor Erlass der Abschiebungsandrohung ist nicht erforderlich. Im Übrigen bleibt die Ausländerbehörde für Entscheidungen nach § 59 Absatz 1 Satz 4 und Absatz 6 des Aufenthaltsgesetzes zuständig.

(2) Die Abschiebungsandrohung soll mit der Entscheidung über den Asylantrag verbunden werden. Wurde kein Bevollmächtigter für das Verfahren bestellt, sind die Entscheidungsformel der Abschiebungsandrohung und die Rechtsbehelfsbelehrung dem Ausländer in eine Sprache zu übersetzen, deren Kenntnis vernünftigerweise vorausgesetzt werden kann.

(1) Die Abschiebung ist unter Bestimmung einer angemessenen Frist zwischen sieben und 30 Tagen für die freiwillige Ausreise anzudrohen. Ausnahmsweise kann eine kürzere Frist gesetzt oder von einer Fristsetzung abgesehen werden, wenn dies im Einzelfall zur Wahrung überwiegender öffentlicher Belange zwingend erforderlich ist, insbesondere wenn

1.
der begründete Verdacht besteht, dass der Ausländer sich der Abschiebung entziehen will, oder
2.
von dem Ausländer eine erhebliche Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung ausgeht.
Unter den in Satz 2 genannten Voraussetzungen kann darüber hinaus auch von einer Abschiebungsandrohung abgesehen werden, wenn
1.
der Aufenthaltstitel nach § 51 Absatz 1 Nummer 3 bis 5 erloschen ist oder
2.
der Ausländer bereits unter Wahrung der Erfordernisse des § 77 auf das Bestehen seiner Ausreisepflicht hingewiesen worden ist.
Die Ausreisefrist kann unter Berücksichtigung der besonderen Umstände des Einzelfalls angemessen verlängert oder für einen längeren Zeitraum festgesetzt werden. § 60a Absatz 2 bleibt unberührt. Wenn die Vollziehbarkeit der Ausreisepflicht oder der Abschiebungsandrohung entfällt, wird die Ausreisefrist unterbrochen und beginnt nach Wiedereintritt der Vollziehbarkeit erneut zu laufen. Einer erneuten Fristsetzung bedarf es nicht. Nach Ablauf der Frist zur freiwilligen Ausreise darf der Termin der Abschiebung dem Ausländer nicht angekündigt werden.

(2) In der Androhung soll der Staat bezeichnet werden, in den der Ausländer abgeschoben werden soll, und der Ausländer darauf hingewiesen werden, dass er auch in einen anderen Staat abgeschoben werden kann, in den er einreisen darf oder der zu seiner Übernahme verpflichtet ist. Gebietskörperschaften im Sinne der Anhänge I und II der Verordnung (EU) 2018/1806 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. November 2018 zur Aufstellung der Liste der Drittländer, deren Staatsangehörige beim Überschreiten der Außengrenzen im Besitz eines Visums sein müssen, sowie der Liste der Drittländer, deren Staatsangehörige von dieser Visumpflicht befreit sind (ABl. L 303 vom 28.11.2018, S. 39), sind Staaten gleichgestellt.

(3) Dem Erlass der Androhung steht das Vorliegen von Abschiebungsverboten und Gründen für die vorübergehende Aussetzung der Abschiebung nicht entgegen. In der Androhung ist der Staat zu bezeichnen, in den der Ausländer nicht abgeschoben werden darf. Stellt das Verwaltungsgericht das Vorliegen eines Abschiebungsverbots fest, so bleibt die Rechtmäßigkeit der Androhung im Übrigen unberührt.

(4) Nach dem Eintritt der Unanfechtbarkeit der Abschiebungsandrohung bleiben für weitere Entscheidungen der Ausländerbehörde über die Abschiebung oder die Aussetzung der Abschiebung Umstände unberücksichtigt, die einer Abschiebung in den in der Abschiebungsandrohung bezeichneten Staat entgegenstehen und die vor dem Eintritt der Unanfechtbarkeit der Abschiebungsandrohung eingetreten sind; sonstige von dem Ausländer geltend gemachte Umstände, die der Abschiebung oder der Abschiebung in diesen Staat entgegenstehen, können unberücksichtigt bleiben. Die Vorschriften, nach denen der Ausländer die im Satz 1 bezeichneten Umstände gerichtlich im Wege der Klage oder im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes nach der Verwaltungsgerichtsordnung geltend machen kann, bleiben unberührt.

(5) In den Fällen des § 58 Abs. 3 Nr. 1 bedarf es keiner Fristsetzung; der Ausländer wird aus der Haft oder dem öffentlichen Gewahrsam abgeschoben. Die Abschiebung soll mindestens eine Woche vorher angekündigt werden.

(6) Über die Fristgewährung nach Absatz 1 wird dem Ausländer eine Bescheinigung ausgestellt.

(7) Liegen der Ausländerbehörde konkrete Anhaltspunkte dafür vor, dass der Ausländer Opfer einer in § 25 Absatz 4a Satz 1 oder in § 25 Absatz 4b Satz 1 genannten Straftat wurde, setzt sie abweichend von Absatz 1 Satz 1 eine Ausreisefrist, die so zu bemessen ist, dass er eine Entscheidung über seine Aussagebereitschaft nach § 25 Absatz 4a Satz 2 Nummer 3 oder nach § 25 Absatz 4b Satz 2 Nummer 2 treffen kann. Die Ausreisefrist beträgt mindestens drei Monate. Die Ausländerbehörde kann von der Festsetzung einer Ausreisefrist nach Satz 1 absehen, diese aufheben oder verkürzen, wenn

1.
der Aufenthalt des Ausländers die öffentliche Sicherheit und Ordnung oder sonstige erhebliche Interessen der Bundesrepublik Deutschland beeinträchtigt oder
2.
der Ausländer freiwillig nach der Unterrichtung nach Satz 4 wieder Verbindung zu den Personen nach § 25 Absatz 4a Satz 2 Nummer 2 aufgenommen hat.
Die Ausländerbehörde oder eine durch sie beauftragte Stelle unterrichtet den Ausländer über die geltenden Regelungen, Programme und Maßnahmen für Opfer von in § 25 Absatz 4a Satz 1 genannten Straftaten.

(8) Ausländer, die ohne die nach § 4a Absatz 5 erforderliche Berechtigung zur Erwerbstätigkeit beschäftigt waren, sind vor der Abschiebung über die Rechte nach Artikel 6 Absatz 2 und Artikel 13 der Richtlinie 2009/52/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 18. Juni 2009 über Mindeststandards für Sanktionen und Maßnahmen gegen Arbeitgeber, die Drittstaatsangehörige ohne rechtmäßigen Aufenthalt beschäftigen (ABl. L 168 vom 30.6.2009, S. 24), zu unterrichten.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Wenn ein Beteiligter teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jedem Teil zur Hälfte zur Last. Einem Beteiligten können die Kosten ganz auferlegt werden, wenn der andere nur zu einem geringen Teil unterlegen ist.

(2) Wer einen Antrag, eine Klage, ein Rechtsmittel oder einen anderen Rechtsbehelf zurücknimmt, hat die Kosten zu tragen.

(3) Kosten, die durch einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand entstehen, fallen dem Antragsteller zur Last.

(4) Kosten, die durch Verschulden eines Beteiligten entstanden sind, können diesem auferlegt werden.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.