Verwaltungsgericht München Urteil, 23. Okt. 2017 - M 2 K 16.4765

published on 23/10/2017 00:00
Verwaltungsgericht München Urteil, 23. Okt. 2017 - M 2 K 16.4765
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Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.

II. Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Die Klägerin begehrt die Verpflichtung des Beklagten zur Erteilung einer beschränkten wasserrechtlichen Erlaubnis für den (Weiter-)Betrieb einer bestehenden Sandfiltergrabenanlage als Kleinkläranlage für die Abwasserbeseitigung ihrer im Außenbereich gelegenen Gebäude.

Ein Rechtsvorgänger der Klägerin hatte aufgrund einer ihm vom ehemaligen Landratsamt … erteilten beschränkten wasserrechtlichen Erlaubnis für die Einleitung von Hausabwässern und Regenwasser aus dem Anwesen … 2 und 3 auf dem Grundstück FlNr. …, Gemarkung …, im Gemeindegebiet des Marktes … in ein Sandfiltergrabensystem eine entsprechende Anlage errichtet und betrieben. Nachdem ein zwischenzeitlicher weiterer Rechtsvorgänger der Klägerin eine veränderte Beseitigung für das Abwasser des streitgegenständlichen Anwesens beim Beklagten beantragt hatte, wurde ihm hierfür mit Bescheid vom 30. April 2004 unter Widerruf der bisherigen wasserrechtlichen Erlaubnis die entsprechende Erlaubnis erteilt.

Die Klägerin hat zunächst mit Antrag vom 7. März 2013 aufgrund eines Sachverständigengutachtens vom 23. Januar 2013 die Erteilung einer beschränkten wasserrechtlichen Erlaubnis für eine unstreitig den allgemein anerkannten Regeln der Technik entsprechende Kleinkläranlage für ihr Anwesen … 2 und 3 beantragt. Diese Erlaubnis wurde ihr vom Beklagten mit Bescheid vom 21. März 2013 erteilt.

Unter dem 9. Dezember 2014 beantragte die Klägerin den Fortbetrieb der bestehenden Sandfiltergrabenanlage auf der Grundlage eines Sachverständigengutachtens vom 26. November 2014. Der Beklagte wies in der Folge mehrfach darauf hin, dass die vorhandene und erneut zur Gestattung beantragte Anlage ihres Erachtens nicht genehmigungsfähig sei, weil sie nicht mehr den allgemein anerkannten Regeln der Technik entspreche. Die Klägerin hielt an ihrem Antrag fest.

Mit streitbefangenem Bescheid vom 20. September 2016, der Klägerin zugestellt am 22. September 2016, lehnte der Beklagte den Antrag auf Erteilung einer beschränkten wasserrechtlichen Erlaubnis ab. Hiergegen wendet sich die Klägerin mit ihrer Klage vom 19. Oktober 2016, die bei Gericht am selben Tag eingegangen ist. Sie lässt durch ihre Bevollmächtigten beantragen,

den Bescheid vom 20. September 2016 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, der Klägerin die beantragte beschränkte Erlaubnis für die Aufrechterhaltung des Betriebs der bestehenden Sandfiltergrabenanlage als Kleinkläranlage für die Abwasserbeseitigung zu erteilen.

Der Beklagte legte mit Schreiben vom 11. Oktober 2017 die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und beantragt,

die Klage abzuweisen.

Mit Beschluss der Kammer wurde der Rechtsstreit mit Beschluss vom 20. September 2017 zur Entscheidung auf den Einzelrichter übertragen.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die vorgelegte Verfahrensakte des Beklagten sowie auf die Gerichtsakte Bezug genommen.

Gründe

Mit Einverständnis der Beteiligten konnte das Gericht in der Sache ohne mündliche Verhandlung entscheiden (§ 101 Abs. 2 VerwaltungsgerichtsordnungVwGO).

Die zulässige Verpflichtungsklage ist unbegründet.

Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Erteilung der aufgrund des bestandskräftigen Widerrufs der ursprünglichen beschränkten wasserrechtlichen Erlaubnis vom 15. Februar 1966 notwendigen (1.), streitgegenständlich erneut begehrten beschränkten wasserrechtlichen Erlaubnis für den (Weiter-)Betrieb der bestehenden Sandfiltergrabenanlage als Kleinkläranlage für die Abwasserbeseitigung der Gebäude … 2 und 3, FlNr. …, Gemarkung … (2.), § 113 Abs. 5 VwGO.

1. Die einer Rechtsvorgängerin der Klägerin mit Bescheid des ehemaligen Landratsamts … vom 15. Februar 1966 erteilte beschränkte wasserrechtlichen Erlaubnis nach Art. 17 Bayerisches Wassergesetz a.F. (BayWG 1963) zur Einleitung von Hausabwässern von bis zu 125 Personen und des Regenwassers aus dem Anwesen „Kindererholungsheim …“ in einen Entwässerungsgraben wurde mit bestandskräftigem Bescheid des Beklagten vom 30. April 2004 widerrufen. Es bedarf daher einer erneuten wasserrechtlichen Erlaubnis für den (Fort-)Betrieb dieser Anlage.

2. Der Beklagte geht im streitbefangenen Bescheid vom 20. September 2016 zutreffender Weise davon aus, dass die Klägerin keinen Anspruch auf erneute Erteilung der erforderlichen beschränkten wasserrechtlichen Erlaubnis (§§ 8, 9 Abs. 1 Nr. 4 und § 12 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 60 Abs. 1 Satz 2 Hs. 2 Wasserhaushaltsgesetz – WHG –, Art. 15 Bayerisches Wassergesetz – BayWG) für den streitgegenständlich nachgesuchten (Weiter-)Betrieb des seit den 1960er Jahren auf ihrem Anwesen bestehenden Sandfiltergrabensystems als Kleinkläranlage für häusliches Abwasser unter anschließender Einleitung in das Grundwasser hat.

Das Vorhaben entspricht nicht mehr den technischen Anforderungen, die nach geltender Rechtslage an Abwasseranlagen zu stellen sind.

Nach § 60 Abs. 1 Satz 2 Hs. 2 WHG müssen – wie hier – kleinere Abwasseranlagen nach den allgemein anerkannten Regeln der Technik errichtet, betrieben und unterhalten werden. Hiervon geht der Beklagte im streitbefangenen Bescheid zutreffend aus. Insbesondere begegnet es keinen Bedenken, wenn er dort unter Bezugnahme auf die aktuellen Hinweise des Landesamts für Umwelt zu Kleinkläranlagen (Kleinkläranlagen – Katalog häufiger Fragen und Antworten, Stand November 2015, im Internet abrufbar unter www.lfu.bayern.de) darauf abstellt, dass die antragsgegenständliche Sandfiltergrabenanlage als Kleinkläranlage, die technisch auf der DIN 4261, Stand 1954, beruht (vgl. Bescheid des ehemaligen Landratsamt … vom 15.2.1966), bereits seit längerem nicht mehr den allgemein anerkannten Regeln der Technik entspricht und daher eine wasserrechtliche Erlaubnis für eine solche Anlagen nicht mehr neu erteilt werden kann. Bereits seit der Streichung der vormals einschlägigen Nr. 6.3.2 der DIN 4261 Teil 1 „Kleinkläranlagen – Anlagen ohne Abwasserbelüftung“, zuletzt mit Stand 1991, Anfang der 2000er Jahre genügen Filtergrabenanlagen wie die antragsgegenständliche als Anlagen der Abwasserbeseitigung nicht mehr den allgemein anerkannten Regeln der Technik. Dies hat auch das Wasserwirtschaftsamt … ausdrücklich bestätigt (vgl. E-Mail vom 22.1.2015, Bl. 156 der Akten).

Allgemein anerkannte Regeln der Technik sind Vorschriften, die speziell die technische Konstruktion, die Beschaffenheit sowie die Wirkungsweise technischer Anlagen zum Gegenstand haben und auf wissenschaftlichen Erkenntnissen sowie praktischen Erfahrungen beruhen. DIN-Vorschriften sind grundsätzlich geeignet, als Regeln der Technik anerkannt zu werden. Dass die hier einschlägige DIN 4261 diese Funktion sachgerecht ausfüllt, ist in Rechtsprechung und Literatur anerkannt (vgl. BVerwG, U.v. 14.3.1997 – 8 C 51/95 – juris Rn. 10; Czychowski/Reinhardt, WHG, 11. Aufl. 2014, § 60 Rn. 23). Diese technischen Vorschriften haben zur Aufgabe, insbesondere auch fortschreitend zu beschreiben, ob und mit welchen technischen Verfahren und Vorgaben ein gesetzlich vorgeschriebenes Anforderungsniveau oder Schutzziel erreicht werden kann.

Vorliegend gehen beide nach Art. 63 Abs. 3 Satz 1 BayWG mit besonderer Sachkunde ausgestattete amtliche Sachverständige, deren Auskünften und fachlichen Einschätzungen nach der ständigen Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs (vgl. z.B. BayVGH, B.v. 7.3.2016 – 8 ZB 14.2628 – juris Rn. 8) und des erkennenden Gerichts (vgl. zuletzt U.v. 10.10.2017 – M 2 K 17.4293 – zur Veröffentlichung in juris vorgesehen) besondere Bedeutung im Sinne eines gesetzlich eröffneten Bewertungsvorgangs zukommt, einvernehmlich von einer Ungeeignetheit der vorhandenen Anlage zu einer nach den allgemein anerkannten Regeln der Technik adäquaten Abwasserbeseitigung aus.

Ein Tatsachengericht kann ohne Verstoß gegen seine Aufklärungspflicht grundsätzlich gutachterliche Stellungnahmen, insbesondere von Fachbehörden, heranziehen, und zwar auch dann, wenn sie – wie hier – von der federführenden Behörde des Beklagten, dem Landratsamt …, bereits im Verwaltungsverfahren eingeholt wurden. Es ist vorliegend weder vorgetragen noch in irgendeiner Weise ersichtlich, dass die vorgenannten Auskünfte des Landesamtes für Umwelt und des Wasserwirtschaftsamts … unvollständig, widersprüchlich oder aus sonstigen Gründen nicht überzeugend bzw. in sonstiger Weise mit Fehlern bemakelt sein könnten. Der zur Klagebegründung von der Klägerin letztlich allein herangezogene Umstand, dass durch die bei den Behördenakten befindlichen Wartungsprotokolle aus dem Jahr 2016 nachgewiesen werden könne, dass die streitige Sandfilteranlage die nach der Abwasserverordnung geltenden Überwachungswerte einhalte, ist hierzu nicht geeignet. Der Vortrag ist zudem mit Blick auf die vorstehenden Ausführungen zum Fehlen einer allgemein anerkannten Regel der Technik für diese Anlage mit Blick auf § 60 Abs. 1 Satz 2 Hs. 2 WHG von Rechts wegen auch unerheblich.

Sonach sind vorliegend schädliche Gewässerveränderungen i.S.d. § 3 Nr. 10 WHG deshalb möglich, weil durch den (Weiter-)Betrieb der nicht den Anforderungen des § 60 Abs. 1 Satz 2 Hs. 2 WHG genügenden streitigen Sandfiltergrabenanlage Gewässereigenschaften jedenfalls beeinträchtigt werden können. Es liegt mithin der Versagungsgrund nach § 12 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 60 Abs. 1 Satz 2 WHG vor. Auf die Frage der sachgerechten Ausübung des Bewirtschaftungsermessens durch den Beklagten nach § 12 Abs. 2 WHG kommt es folglich nicht mehr an.

Die Klage war daher mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf § 167 Abs. 2 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. Zivilprozessordnung (ZPO).

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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au
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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au
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published on 07/03/2016 00:00

Tenor I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt. II. Die Klägerin hat die Kosten des Antragsverfahrens zu tragen. III. Der Streitwert für das Antragsverfahren wird auf 20.000 Euro festgesetzt.
published on 10/10/2017 00:00

Tenor I. Die Klage wird abgewiesen. II. Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Die Beigeladenen tragen ihre außergerichtlichen Kosten selbst. III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Ta
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Annotations

(1) Das Gericht entscheidet, soweit nichts anderes bestimmt ist, auf Grund mündlicher Verhandlung. Die mündliche Verhandlung soll so früh wie möglich stattfinden.

(2) Mit Einverständnis der Beteiligten kann das Gericht ohne mündliche Verhandlung entscheiden.

(3) Entscheidungen des Gerichts, die nicht Urteile sind, können ohne mündliche Verhandlung ergehen, soweit nichts anderes bestimmt ist.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

Für dieses Gesetz gelten folgende Begriffsbestimmungen:

1.
Oberirdische Gewässer
das ständig oder zeitweilig in Betten fließende oder stehende oder aus Quellen wild abfließende Wasser;
2.
Küstengewässer
das Meer zwischen der Küstenlinie bei mittlerem Hochwasser oder zwischen der seewärtigen Begrenzung der oberirdischen Gewässer und der seewärtigen Begrenzung des Küstenmeeres; die seewärtige Begrenzung von oberirdischen Gewässern, die nicht Binnenwasserstraßen des Bundes sind, richtet sich nach den landesrechtlichen Vorschriften;
2a.
Meeresgewässer
die Küstengewässer sowie die Gewässer im Bereich der deutschen ausschließlichen Wirtschaftszone und des Festlandsockels, jeweils einschließlich des Meeresgrundes und des Meeresuntergrundes;
3.
Grundwasser
das unterirdische Wasser in der Sättigungszone, das in unmittelbarer Berührung mit dem Boden oder dem Untergrund steht;
4.
Künstliche Gewässer
von Menschen geschaffene oberirdische Gewässer oder Küstengewässer;
5.
Erheblich veränderte Gewässer
durch den Menschen in ihrem Wesen physikalisch erheblich veränderte oberirdische Gewässer oder Küstengewässer;
6.
Wasserkörper
einheitliche und bedeutende Abschnitte eines oberirdischen Gewässers oder Küstengewässers (Oberflächenwasserkörper) sowie abgegrenzte Grundwasservolumen innerhalb eines oder mehrerer Grundwasserleiter (Grundwasserkörper);
7.
Gewässereigenschaften
die auf die Wasserbeschaffenheit, die Wassermenge, die Gewässerökologie und die Hydromorphologie bezogenen Eigenschaften von Gewässern und Gewässerteilen;
8.
Gewässerzustand
die auf Wasserkörper bezogenen Gewässereigenschaften als ökologischer, chemischer oder mengenmäßiger Zustand eines Gewässers; bei als künstlich oder erheblich verändert eingestuften Gewässern tritt an die Stelle des ökologischen Zustands das ökologische Potenzial;
9.
Wasserbeschaffenheit
die physikalische, chemische oder biologische Beschaffenheit des Wassers eines oberirdischen Gewässers oder Küstengewässers sowie des Grundwassers;
10.
Schädliche Gewässerveränderungen
Veränderungen von Gewässereigenschaften, die das Wohl der Allgemeinheit, insbesondere die öffentliche Wasserversorgung, beeinträchtigen oder die nicht den Anforderungen entsprechen, die sich aus diesem Gesetz, aus auf Grund dieses Gesetzes erlassenen oder aus sonstigen wasserrechtlichen Vorschriften ergeben;
11.
Stand der Technik
der Entwicklungsstand fortschrittlicher Verfahren, Einrichtungen oder Betriebsweisen, der die praktische Eignung einer Maßnahme zur Begrenzung von Emissionen in Luft, Wasser und Boden, zur Gewährleistung der Anlagensicherheit, zur Gewährleistung einer umweltverträglichen Abfallentsorgung oder sonst zur Vermeidung oder Verminderung von Auswirkungen auf die Umwelt zur Erreichung eines allgemein hohen Schutzniveaus für die Umwelt insgesamt gesichert erscheinen lässt; bei der Bestimmung des Standes der Technik sind insbesondere die in der Anlage 1 aufgeführten Kriterien zu berücksichtigen;
12.
EMAS-Standort
diejenige Einheit einer Organisation, die nach § 32 Absatz 1 Satz 1 des Umweltauditgesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 4. September 2002 (BGBl. I S. 3490), das zuletzt durch Artikel 1 des Gesetzes vom 6. Dezember 2011 (BGBl. I S. 2509) geändert worden ist, in der jeweils geltenden Fassung in das EMAS-Register eingetragen ist;
13.
Einzugsgebiet
ein Gebiet, aus dem über oberirdische Gewässer der gesamte Oberflächenabfluss an einer einzigen Flussmündung, einem Ästuar oder einem Delta ins Meer gelangt;
14.
Teileinzugsgebiet
ein Gebiet, aus dem über oberirdische Gewässer der gesamte Oberflächenabfluss an einem bestimmten Punkt in ein oberirdisches Gewässer gelangt;
15.
Flussgebietseinheit
ein als Haupteinheit für die Bewirtschaftung von Einzugsgebieten festgelegtes Land- oder Meeresgebiet, das aus einem oder mehreren benachbarten Einzugsgebieten, dem ihnen zugeordneten Grundwasser und den ihnen zugeordneten Küstengewässern im Sinne des § 7 Absatz 5 Satz 2 besteht;
16.
Wasserdienstleistungen sind folgende Dienstleistungen für Haushalte, öffentliche Einrichtungen oder wirtschaftliche Tätigkeiten jeder Art:
a)
Entnahme, Aufstauung, Speicherung, Behandlung und Verteilung von Wasser aus einem Gewässer;
b)
Sammlung und Behandlung von Abwasser in Abwasseranlagen, die anschließend in oberirdische Gewässer einleiten;
17.
Wassernutzungen sind alle Wasserdienstleistungen sowie andere Handlungen mit Auswirkungen auf den Zustand eines Gewässers, die im Hinblick auf die Bewirtschaftungsziele nach den §§ 27 bis 31, 44 und 47 signifikant sind.

(1) Abwasseranlagen sind so zu errichten, zu betreiben und zu unterhalten, dass die Anforderungen an die Abwasserbeseitigung eingehalten werden. Im Übrigen müssen Abwasserbehandlungsanlagen im Sinne von Absatz 3 Satz 1 Nummer 2 und 3 nach dem Stand der Technik, andere Abwasseranlagen nach den allgemein anerkannten Regeln der Technik errichtet, betrieben und unterhalten werden.

(2) Entsprechen vorhandene Abwasseranlagen nicht den Anforderungen nach Absatz 1, so sind die erforderlichen Maßnahmen innerhalb angemessener Fristen durchzuführen.

(3) Die Errichtung, der Betrieb und die wesentliche Änderung einer Abwasserbehandlungsanlage bedürfen einer Genehmigung, wenn

1.
für die Anlage nach dem Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung eine Verpflichtung zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung besteht oder
2.
in der Anlage Abwasser behandelt wird, das
a)
aus Anlagen nach § 3 der Verordnung über genehmigungsbedürftige Anlagen stammt, deren Genehmigungserfordernis sich nicht nach § 1 Absatz 2 der Verordnung über genehmigungsbedürftige Anlagen auf die Abwasserbehandlungsanlage erstreckt, und
b)
nicht unter die Richtlinie 91/271/EWG des Rates vom 21. Mai 1991 über die Behandlung von kommunalem Abwasser (ABl. L 135 vom 30.5.1991, S. 40), die zuletzt durch die Verordnung (EG) Nr. 1137/2008 (ABl. L 311 vom 21.11.2008, S. 1) geändert worden ist, fällt oder
3.
in der Anlage Abwasser behandelt wird, das
a)
aus einer Deponie im Sinne von § 3 Absatz 27 des Kreislaufwirtschaftsgesetzes mit einer Aufnahmekapazität von mindestens 10 Tonnen pro Tag oder mit einer Gesamtkapazität von mindestens 25 000 Tonnen, ausgenommen Deponien für Inertabfälle, stammt, sofern sich die Zulassung der Deponie nicht auf die Anlage erstreckt, und
b)
nicht unter die Richtlinie91/271/EWGfällt.
Die Genehmigung ist zu versagen oder mit den notwendigen Nebenbestimmungen zu versehen, wenn die Anlage den Anforderungen des Absatzes 1 nicht entspricht oder sonstige öffentlich-rechtliche Vorschriften dies erfordern. § 13 Absatz 1, § 16 Absatz 1 und 3 und § 17 gelten entsprechend. Für die Anlagen, die die Voraussetzungen nach Satz 1 Nummer 2 oder Nummer 3 erfüllen, gelten auch die Anforderungen nach § 5 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes entsprechend.

(4) Sofern eine Genehmigung nicht beantragt wird, hat der Betreiber die Änderung der Lage, der Beschaffenheit oder des Betriebs einer Anlage, die die Voraussetzungen nach Absatz 3 Satz 1 Nummer 2 oder Nummer 3 erfüllt, der zuständigen Behörde mindestens einen Monat bevor mit der Änderung begonnen werden soll, schriftlich oder elektronisch anzuzeigen, wenn die Änderung Auswirkungen auf die Umwelt haben kann. Der Anzeige sind die zur Beurteilung der Auswirkungen notwendigen Unterlagen nach § 3 Absatz 1 und 2 der Industriekläranlagen-Zulassungs- und Überwachungsverordnung beizufügen, soweit diese für die Prüfung erforderlich sein können, ob das Vorhaben genehmigungsbedürftig ist. Die zuständige Behörde hat dem Betreiber unverzüglich mitzuteilen, ob ihr die für die Prüfung nach Satz 2 erforderlichen Unterlagen vorliegen. Der Betreiber der Anlage darf die Änderung vornehmen, sobald die zuständige Behörde ihm mitgeteilt hat, dass die Änderung keiner Genehmigung bedarf oder wenn die zuständige Behörde sich innerhalb eines Monats nach Zugang der Mitteilung nach Satz 3, dass die erforderlichen Unterlagen vorliegen, nicht geäußert hat.

(5) Kommt der Betreiber einer Anlage, die die Voraussetzungen nach Absatz 3 Satz 1 Nummer 2 oder Nummer 3 erfüllt, einer Nebenbestimmung oder einer abschließend bestimmten Pflicht aus einer Rechtsverordnung nach § 23 Absatz 1 Nummer 3 in Verbindung mit § 57 Absatz 2, 3, 4 Satz 1 Nummer 1 oder Absatz 5 Satz 2, nach § 23 Absatz 1 Nummer 5 oder der Abwasserverordnung in ihrer am 28. Februar 2010 geltenden Fassung nicht nach und wird hierdurch eine unmittelbare Gefahr für die menschliche Gesundheit oder die Umwelt herbeigeführt, so hat die zuständige Behörde den Betrieb der Anlage oder den Betrieb des betreffenden Teils der Anlage bis zur Erfüllung der Nebenbestimmung oder der abschließend bestimmten Pflicht zu untersagen.

(6) Wird eine Anlage, die die Voraussetzungen nach Absatz 3 Satz 1 Nummer 2 oder Nummer 3 erfüllt, ohne die erforderliche Genehmigung betrieben oder wesentlich geändert, so ordnet die zuständige Behörde die Stilllegung der Anlage an.

(7) Die Länder können regeln, dass die Errichtung, der Betrieb und die wesentliche Änderung von Abwasseranlagen, die nicht unter Absatz 3 fallen, einer Anzeige oder Genehmigung bedürfen. Genehmigungserfordernisse nach anderen öffentlich-rechtlichen Vorschriften bleiben unberührt.

(1) Die Erlaubnis und die Bewilligung sind zu versagen, wenn

1.
schädliche, auch durch Nebenbestimmungen nicht vermeidbare oder nicht ausgleichbare Gewässerveränderungen zu erwarten sind oder
2.
andere Anforderungen nach öffentlich-rechtlichen Vorschriften nicht erfüllt werden.

(2) Im Übrigen steht die Erteilung der Erlaubnis und der Bewilligung im pflichtgemäßen Ermessen (Bewirtschaftungsermessen) der zuständigen Behörde.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.