Verwaltungsgericht München Urteil, 28. Juli 2017 - M 2 K 16.31567

published on 28/07/2017 00:00
Verwaltungsgericht München Urteil, 28. Juli 2017 - M 2 K 16.31567
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Tenor

I. Die Beklagte wird verpflichtet, dem Kläger subsidiären Schutz (§ 4 Abs. 1 AsylG) zuzuerkennen. Der Bescheid des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge vom 13.06.2016 wird in den Nrn. 3 bis 6 aufgehoben.

II. Die Beklagte hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Kläger vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

Der am … Februar 1995 geborene Kläger ist afghanischer Staatsangehöriger. Er lebte zusammen mit seinen Eltern sowie einem älteren und zwei jüngeren Brüdern in Kabul. Der ältere Bruder wurde am 15. Januar 2012 getötet. Am 1. Oktober 2012 verließen der Kläger, seine Eltern und die zwei jüngeren Brüder Afghanistan und reisten mit dem Flugzeug über Dubai kommend in die Bundesrepublik Deutschland ein (alles eigene Angaben). Am 31. Oktober 2012 stellte der Kläger einen Asylantrag.

Die Eltern des Klägers und dessen jüngere Brüder stellten ebenfalls Asylanträge, die vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) unter einem gesonderten Aktenzeichen geführt wurden. Gegen den insoweit ablehnenden Bescheid des Bundesamts wurde Klage zum Verwaltungsgericht München erhoben, die unter dem Aktenzeichen M 4 K 16.30799 geführt wird.

Bei der Anhörung durch das Bundesamt am 17. September 2014 äußerte sich der Kläger zur Begründung seines Asylantrags im Wesentlichen wie folgt: Die Familie habe fünf bis sechs Monate vor der Ausreise ihr Haus verkauft und sei in einen anderen Stadtteil Kabuls gezogen. Er selbst habe keine Probleme in Afghanistan gehabt. Seine Gründe seien die Asylgründe seines Vaters, der in seiner Heimat große Probleme gehabt habe. Der Vater habe ihm nichts von seinen Problemen erzählt. Sein älterer Bruder M., der Geld von seinem Vater habe holen sollen, sei auf der Rückfahrt von Nangarhar nach Kabul von Taliban, die Probleme mit seinem Vater gehabt hätten, mit dem Messer ermordet worden. Wegen der weiteren Einzelheiten der Anhörung wird auf die Niederschrift (Bl. 42 ff. der Akte des Bundesamts – BA) verwiesen (§ 117 Abs. 3 Satz 2 VwGO).

Mit Bescheid vom 13. Juni 2016, zugestellt am 16. Juni 2016, entschied das Bundesamt, dass die Flüchtlingseigenschaft nicht zuerkannt werde (Ziffer 1.), der Antrag auf Asylanerkennung abgelehnt werde (Ziffer 2.), der subsidiäre Schutzstatus nicht zuerkannt werde (Ziffer 3.), Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG nicht vorlägen (Ziffer 4.), forderte den Kläger auf, die Bundesrepublik Deutschland innerhalb von 30 Tagen nach Bekanntgabe dieser Entscheidung bzw. im Falle einer Klageerhebung innerhalb von 30 Tagen nach dem unanfechtbaren Abschluss des Asylverfahrens zu verlassen, andernfalls würde er nach Afghanistan abgeschoben (Ziffer 5.) und befristete das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot auf 30 Monate ab dem Tag der Abschiebung (Ziffer 6.). Zur Begründung wurde u.a. ausgeführt: Die Voraussetzungen für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft und die Anerkennung als Asylberechtigter lägen nicht vor. Der Kläger habe ausdrücklich vorgebracht, er selbst habe in Afghanistan keine Probleme gehabt. Eine flüchtlingsrechtlich relevante Verfolgungshandlung mit einem flüchtlingsrechtlich relevanten Anknüpfungsmerkmal liege daher nicht vor. Die engeren Voraussetzungen für eine Anerkennung als Asylberechtigter lägen nach Ablehnung des Flüchtlingsschutzes ebenfalls nicht vor. Die Voraussetzungen für die Zuerkennung des subsidiären Schutzstatus lägen nicht vor. Bei einer Rückkehr nach Afghanistan könne generell nicht ausgeschlossen werden, dass dem Kläger durch die Taliban ein ernsthafter Schaden entstehe. Der Kläger sei aber auf die Inanspruchnahme des Schutzes durch staatliche Akteure (§ 4 Abs. 3 in Verbindung mit § 3 d AsylG) und den internen Schutz (§ 4 Abs. 3 in Verbindung mit § 3 e AsylG) zu verweisen. Die grundsätzlich schutzwillige Regierung sei in den großen Städten wie Kabul, Herat oder Mazar-e Sharif in der Lage, Schutz vor nichtstaatlicher Verfolgung zu bieten. Abschiebungsverbote lägen ebenfalls nicht vor. Hinsichtlich des § 60 Abs. 5 AufenthG komme in erster Linie eine Verletzung des Art. 3 EMRK in Betracht. In Bezug auf Gefahren einer Verletzung des Art. 3 EMRK, die individuell durch einen konkret handelnden Täter drohten, sei keine andere Bewertung als bei der Prüfung des subsidiären Schutzes denkbar. Die derzeitigen humanitären Bedingungen in Afghanistan führten nicht zu der Annahme, dass bei Abschiebung des Antragstellers eine Verletzung des Art. 3 EMRK vorliege. Die hierfür vom EGMR geforderten hohen Anforderungen an den Gefahrenmaßstab seien nicht erfüllt. Auch unter Berücksichtigung der individuellen Umstände des Klägers sei die Wahrscheinlichkeit einer Verletzung des Art. 3 EMRK durch die Abschiebung nicht beachtlich. Dem Kläger drohe auch keine individuelle Gefahr für Leib oder Leben, die zur Feststellung eines Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 7 AufenthG führen würde. Die Abschiebungsandrohung sei gemäß § 34 Abs. 1 AsylG i.V.m. § 59 AufenthG zu erlassen. Die Ausreisefrist ergebe sich aus § 38 Abs. 1 AsylG. Das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot gemäß § 11 Abs. 1 AufenthG werde nach § 11 Abs. 2 AufenthG auf 30 Monate ab dem Tag der Abschiebung befristet. Wegen der weiteren Einzelheiten der Bescheidsbegründung wird auf den Bescheid (Bl. 53 ff. BA) verwiesen (§ 117 Abs. 3 Satz 2 VwGO).

Gegen diesen Bescheid ließ der Kläger durch seine Bevollmächtigte am 30. Juni 2016 Klage zum Bayerischen Verwaltungsgericht München erheben (ursprüngliches Aktenzeichen M 23 K 16.31567).

Am 15. Juli 2016 legte das Bundesamt seine Akten vor.

Zur Begründung der Klage ließ der Kläger mit Schriftsatz seiner Bevollmächtigten vom 28. Juli 2016 im Wesentlichen u.a. wie folgt vortragen: Fluchtgrund sei die Ermordung des älteren Bruders M. und die Gefährdung des Klägers als Zweitältesten durch die Taliban. Der Vater des Klägers sei Beamter im Landwirtschaftsministerium gewesen und sei von den Taliban zur Zusammenarbeit gedrängt worden. Das Drängen der Taliban sei angesichts der Verweigerungshaltung des Vaters für alle Familienmitglieder zur Lebensbedrohung geworden. Der älteste Bruder sei schließlich am 15. Januar 2012 nach einem Besuch bei seinem Vater in Nangarhar durch die Taliban ermordet worden. Zur Vorlage kam die Kopie eines Fotos, welches das Grabmal des getöteten Bruders M zeigen soll. Beim Trauermahl 40 Tage nach dem Tod des Bruders hätten sich Taliban unter die Gäste gemischt, sich zum Mord bekannt und dem Vater erklärt, die anderen Söhne würden folgen, wenn er seine Weigerung zu kooperieren aufrecht erhalte. Aus Angst vor weiteren Übergriffen der Taliban habe der Vater beschlossen zu fliehen. Über einen Freund, Herrn Q., sei es dem Vater gelungen, aus seinem Versteck heraus die Flucht zu organisieren. Die letzten Monate vor der Flucht habe die Familie in einer Mietwohnung verbracht, zuletzt sei sie im Hause des Freundes untergebracht gewesen. Zur Vorlage kam ein Foto einer schriftlichen Bestätigung des Freundes Q. einschließlich einer Übersetzung in die deutsche Sprache. Bereits im Herbst 2010 sei der Kläger selbst Opfer eines gewaltsamen Angriffs der Taliban geworden. Zu dieser Zeit habe er für den deutschen Entwicklungshelfer H. gearbeitet. Zum damaligen Zeitpunkt sei dem Kläger der Zusammenhang unklar gewesen. Im April 2011 sei der zweitjüngste Bruder Opfer eines brutalen Übergriffs geworden. Bereits zu Beginn des Jahres 2010 habe der Vater über seinen Fahrer Warnungen der Taliban erhalten. Ab ca. Mitte 2011 hätten die Taliban dem Vater schriftliche Nachrichten am Arbeitsplatz zukommen lassen, worin er zur Zusammenarbeit aufgefordert worden war. Bei der Anhörung habe der Kläger die Übergriffe gegen sich selbst und den jüngeren Bruder nicht erwähnt. Die Zusammenhänge seien ihm damals unklar gewesen. Mit weiterem Schriftsatz vom 29. September 2016 ließ der Kläger eine Sachverhaltsdarstellung des Entwicklungshelfers H. nebst eidesstattlicher Versicherung vorlegen. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die beiden Schriftsätze vom 28. Juli 2016 und 29. September 2016 verwiesen (§ 117 Abs. 3 Satz 2 VwGO).

Nach Übergang der Verwaltungsstreitsache auf die 2. Kammer (neues Aktenzeichen M 2 K 16.31567) wurde der Rechtsstreit mit Beschluss vom 27. Februar 2017 zur Entscheidung auf den Einzelrichter übertragen.

Nach Ladung zur mündlichen Verhandlung ließ der Kläger die Klage mit Schriftsatz seiner Bevollmächtigten vom 28. April 2017 ergänzend begründen. U.a. wurde auf deutsche Presseberichterstattung über den Kläger hingewiesen. Wegen der Einzelheiten wird auf diesen Schriftsatz verwiesen (§ 117 Abs. 3 Satz 2 VwGO).

Am 16. Mai 2017 fand eine erste mündliche Verhandlung statt. Das Gericht wies darauf hin, dass es eine Kopie der Akte des Bundesamts im Verfahren der Eltern des Klägers und dessen jüngerer Brüder zum Verfahren beigezogen habe. Der Kläger wurde informatorisch gehört. Er äußerte sich u.a. zu seinen Kenntnissen über die Hintergründe des Geschehens in Afghanistan, zur beruflichen Tätigkeit seines Vaters, zu den Forderungen der Taliban gegenüber seinem Vater, zu dem in der Klagebegründung vorgebrachten Vorfall im Herbst 2010, zu seinen Kenntnissen über die Ermordung seines älteren Bruders M., zu der ihn betreffenden Drohung gegenüber dem Vater auf der Trauerfeier sowie über die Geschehnisse bis zur Ausreise aus Afghanistan am 1. Oktober 2012. Der anwesende Entwicklungshelfer H. wurde ebenfalls informatorisch zu dem Vorfall im Herbst 2010 gehört. Der gerichtliche Dolmetscher übersetzte die vorgelegte schriftliche Bestätigung des Freundes Q. Die mündliche Verhandlung wurde vertagt. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Niederschrift über die öffentliche Sitzung verwiesen (§ 117 Abs. 3 Satz 2 VwGO).

Auf gerichtliche Aufforderung hin ließ der Kläger mit Schriftsatz seiner Bevollmächtigten vom 11. Juli 2017 das Foto des Grabmals in Farbe sowie eine Vergrößerung des das Grabmal zeigenden Bereichs dieses Fotos mit nunmehr lesbarer Grabinschrift nebst Übersetzung in die deutsche Sprache vorlegen. Mit weiterem Schriftsatz vom 11. Juli 2017 ließ der Kläger unaufgefordert zwei Fotos vorlegen, die nach seinen Angaben den älteren Bruder M. zeigen, eines dieser Fotos zeigt einen in Leichentücher gewickelten Toten. Mit Schriftsatz seiner Bevollmächtigten vom 26. Juli 2017 ließ der Kläger ergänzend vortragen. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die jeweiligen Schriftsätze verwiesen (§ 117 Abs. 3 Satz 2 VwGO).

Am 28. Juli 2017 wurde die mündliche Verhandlung fortgesetzt. Der Kläger wurde ergänzend informatorisch gehört. Der gerichtliche Dolmetscher übersetzte anhand der mit Schriftsatz vom 11. Juli 2017 vorgelegten Fotos die Inschrift auf dem Grabmal. Der Vater des Klägers wurde als Zeuge vernommen. Er äußerte sich u.a. zu seiner beruflichen Tätigkeit für das Landwirtschaftsministerium, zu den Kontaktversuchen und Drohungen der Taliban, zu dem Angriff auf den Kläger im Herbst 2010, zur Ermordung des M. am 15. Januar 2012, zur Drohung gegen den Kläger auf der Trauerfeier 40 Tage nach der Ermordung des M., zur Weitergabe von Informationen über die Ereignisse an seine Familie, zur wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Stellung der Familie in Afghanistan sowie zu Geschehnissen bis zur Ausreise am 1. Oktober 2012. Ferner wurde die Mutter des Klägers als Zeugin vernommen. Sie äußerte sich u.a. zur wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Stellung der Familie in Afghanistan sowie zu ihren Kenntnissen über die Ermordung des M. Der Kläger ließ zuletzt sinngemäß beantragen,

unter Aufhebung des Bescheids vom 13. Juni 2016 die Beklagte zu verpflichten, dem Kläger subsidiären Schutz zuzuerkennen, hilfsweise das Vorliegen von Abschiebungsverboten nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG festzustellen.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Niederschrift über die öffentliche Sitzung verwiesen (§ 117 Abs. 3 Satz 2 VwGO).

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten und die beigezogenen Behördenakten verwiesen.

Gründe

Über die Klage konnte trotz Ausbleibens der ordnungsgemäß geladenen Beklagten entschieden werden. Die Regierung von Oberbayern ist zwar aufgrund der generellen Beteiligungserklärungen vom 11. Mai 2015 und vom 18. Mai 2015 gemäß § 63 Nr. 4 VwGO als Vertreter des öffentlichen Interesses Verfahrensbeteiligter. In diesen Erklärungen hat die Regierung von Oberbayern allerdings darum gebeten, ihr aus-schließlich die jeweilige Letzt- und Endentscheidung zu übersenden und damit unter anderem auch auf eine Ladung zur mündlichen Verhandlung verzichtet.

Die zuletzt im Hauptantrag nur mehr auf Zuerkennung des subsidiären Schutzes nach § 4 AsylG gerichtete Klage ist zulässig und begründet. Der Kläger hat gegen die Beklagte Anspruch auf Zuerkennung subsidiären Schutzes nach § 4 AsylG. Der Bescheid der Beklagten vom 13. Juni 2016 war in Ziffern 3. bis 6. aufzuheben, weil er insoweit diesem Anspruch entgegensteht (vgl. § 113 Abs. 5 VwGO). Hingegen ist die Ablehnung der Anerkennung als Asylberechtigter (Art. 16 a GG) und der Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft (§§ 3 ff. AsylG) in Ziffern 1. und 2 des Bescheids bestandskräftig geworden. Da mithin die Klage bereits im Hauptantrag erfolgreich ist, war über den hilfsweise gestellten Antrag auf Feststellung von Abschiebungsverboten nicht mehr zu entscheiden.

Der Kläger hat gegen die Beklagten Anspruch auf Zuerkennung subsidiären Schutzes nach § 4 AsylG, da er zum maßgeblichen Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung (§ 77 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 1 AsylG) stichhaltige Gründe für die Annahme vorgebracht hat, dass ihm in seinem Herkunftsland Afghanistan ein ernsthafter Schaden droht (sogleich 1.). Die Gefahr eines ernsthaften Schadens geht von den Taliban als nichtstaatlichen Akteuren aus, wobei der afghanische Staat und in § 3 c Nr. 2 AsylG genannte Akteure einschließlich internationaler Organisationen jedenfalls im Einzelfall des Klägers erwiesenermaßen nicht in der Lage sind, im Sinne des § 3 d AsylG Schutz vor einem ernsthaften Schaden zu bieten (§ 4 Abs. 3 AsylG i.V.m. §§ 3 c Nr. 3, 3 d AsylG; dazu sogleich 2.). Im Einzelfall des Klägers besteht auch keine inländische Fluchtalternative im Sinne des § 4 Abs. 3 AsylG i.V.m. § 3 e AsylG (sogleich 3.).

1. Dem Kläger droht in Afghanistan ein ernsthafter Schaden in Gestalt einer unmenschlichen und erniedrigenden Behandlung (§ 4 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 Nr. 2 AsylG). Zur Überzeugung des Gerichts würde der Kläger im Falle einer Rückkehr nach Afghanistan dort von den Taliban ernsthaft mit dem Tode bedroht. Eine solche Tötung stellte zweifellos eine unmenschliche und erniedrigende Behandlung dar. Der Kläger war vor seiner Ausreise in Afghanistan von einem solchen Schaden unmittelbar bedroht (sogleich a)), es gibt keine stichhaltigen Gründe, die dagegen sprächen, dass er im Falle einer Rückkehr nach Afghanistan erneut von einem solchen Schaden bedroht würde (sogleich b)).

a) Zur Überzeugung des Gerichts war der Kläger vor seiner Ausreise aus Afghanistan unmittelbar von einer Tötung durch die Taliban bedroht.

Zwar hatte der Kläger bei seiner Anhörung beim Bundesamt – worauf die Beklagte im Bescheid zu Recht hinweist – noch davon gesprochen gehabt, er selbst habe in Afghanistan keine Probleme gehabt, und nur auf die Tötung seines Bruders M. und recht allgemein auf große Probleme seines Vaters hingewiesen. Im Gerichtsverfahren hat der Kläger indes dann von Anfang neben einer Konkretisierung seines Vorbringens beim Bundesamt darüber hinaus u.a. auch neu vorgetragen, die Taliban hätten seinem Vater bei der Trauerfeier für den verstorbenen Bruder M. 40 Tage nach dessen Tötung durch die Taliban damit gedroht, auch die weiteren Söhne des Vaters und damit u.a. auch ihn selbst umzubringen, woraufhin der Vater beschlossen habe, die ganze Familie müsse aus Afghanistan fliehen. Das Gericht verkennt nicht, dass diesem Vorbringen im Gerichtsverfahren vor allem bezüglich der eigenen Bedrohung eine nicht unerhebliche Steigerungstendenz gegenüber jenem im behördlichen Asylverfahren innewohnt, mithin nach dem ersten Anschein insoweit Zweifel am Wahrheitsgehalt des klägerischen Vorbringens aufkommen könnten. Indes ist das Gericht nach umfassender Aufklärung des Sachverhalts bei einer Gesamtwürdigung aller Umstände, insbesondere aufgrund der glaubhaften Einlassung des glaubwürdigen Klägers in der mündlichen Verhandlung und vor allem auch den glaubwürdigen Einlassungen der glaubhaften Eltern des Klägers beim Bundesamt (vgl. die beigezogenen Behördenakten) sowie in der mündlichen Verhandlung als Zeugen, ferner aufgrund weiterer Beweismittel wie insbesondere des Fotos von dem Grabmal des Getöteten M. und der Bestätigung des Q., zu der Überzeugung gelangt, dass das vom Kläger im gerichtlichen Verfahren behauptete individuelle Schicksal der Wahrheit entspricht und auch er selbst von einem ernsthaften Schaden in Gestalt einer Tötung durch die Taliban unmittelbar bedroht war. Im Einzelnen:

aa) Im Ausgangspunkt ist festzuhalten, dass der Kläger den Nachweis erbracht hat, dass sein Bruder M. am 15. Januar 2012 ermordet wurde: Diesen Umstand hatte der Kläger bereits bei seiner Anhörung beim Bundesamt vorgebracht gehabt (Bl. 44 BA). Auch sein Vater und seine Mutter hatten bereits bei ihrer Anhörung beim Bundesamt, die am gleichen Tag wie jene des Klägers stattfand, von der Ermordung des M. berichtet gehabt (Bl. 79 BA, Bl. 84 BA). Auch hat der Vater des Klägers die genauen Umstände der Geschehnisse im Zusammenhang mit der Tötung des M am 15. Januar 2012 – bei der im Protokoll des Bundesamts, Bl. 79, 84 BA, angegebenen Jahreszahl 2011 handelt es sich zur Überzeugung des Gerichts um einen Umrechnungs- oder Schreibfehler – beim Bundesamt und als Zeuge in der mündlichen Verhandlung detailliert, plausibel und im Wesentlichen widerspruchsfrei geschildert (Bl. 79 BA, S. 8 ff. des Sitzungsprotokolls der mündlichen Verhandlung am 28. Juli 2017 – SP 2). Gleiches gilt für die Schilderung der Geschehnisse durch den Kläger aus dessen Sicht (Bl. 44 BA, S. 8 f. des Sitzungsprotokolls der mündlichen Verhandlung am 16. Mai 2017 – SP 1). Die Angaben des Klägers und seines Vaters stimmen auch im Wesentlichen überein, z.B. hinsichtlich der Angabe, dass der Vater den Kläger telefonisch über den Tod des M. unterrichtet hatte und dass sich der Kläger anschließend mit dem Vater am Fundort der Leiche getroffen hatte (S. 8 f. SP 1, S. 9 SP 2). Einen zusätzlichen Nachweis für den gewaltsamen Tod des M. am 15. Januar 2012 bringt auch das vom Kläger vorgelegte Foto, das dessen Grabmal zeigt: Dieses Foto hatte der Kläger bereits mit der Klagebegründung vom 28. Juli 2016 erstmals vorlegen lassen. Auf gerichtliche Aufforderung hin hat er dann anschließend an die erste mündliche Verhandlung mit Schriftsatz vom 11. Juli 2017 u.a. eine Vergrößerung des das Grabmal zeigenden Bereichs dieses Fotos mit nunmehr lesbarer Grabinschrift vorlegen lassen. Der Grabinschrift lässt sich entnehmen, dass der M. am 25.10.1390 – das entspricht dem 15. Januar 2012 – ermordet wurde. Der Kläger hat mit Schriftsatz vom 11. Juli 2017 eine entsprechende Übersetzung der Grabinschrift in die deutsche Sprache vorgelegt. Der gerichtliche Dolmetscher hat in der mündlichen Verhandlung am 28. Juli 2017 eine sinngemäß übereinstimmende Übersetzung der Grabinschrift vorgenommen.

bb) Das Gericht glaubt dem Kläger auch, dass sein Bruder M. von den Taliban ermordet wurde und dass dies geschah, weil sein beim afghanischen Landwirtschaftsministerium beschäftigter Vater nicht mit diesen zusammengearbeitet hatte.

Dies ergibt sich vor allem aus der glaubwürdigen Einlassung des Vater des Klägers: Schon beim Bundesamt hatte dieser darüber berichtet gehabt, dass er für das afghanische Landwirtschaftsministerium zuletzt in Nangarhar tätig gewesen sei und in diesem Zusammenhang Mitte 2011 eine Notiz der Taliban mit der Aufforderung zur Zusammenarbeit erhalten habe und sich die Taliban zu dem Mord an M. bekannt hätten (Bl. 79 BA). Bei seiner Befragung als Zeuge in der mündlichen Verhandlung konnte der Vater des Klägers dann noch weitaus detaillierter und in jeder Hinsicht plausibel seine Tätigkeit als Mitarbeiter des afghanischen Landwirtschaftsministeriums in verschiedenen Provinzen u.a. zuletzt im Rahmen einer Daueranstellung in der Provinz Nangarhar beschreiben (S. 4, S. 6 f. SP 2), gleiches gilt hinsichtlich Art und Weise, Zeitpunkt sowie Ziel der Kontaktaufnahme bzw. der Drohungen der Taliban (S. 4 ff. SP 2) und das Bekenntnis der Taliban zu dem Mord an M. (S. 8, S. 9 SP 2). Scheinbare Widersprüche und Ungereimtheiten konnte der Vaters des Klägers auf gerichtlichen Vorhalt hin ausräumen: So hat er etwa hinsichtlich des zeitlichen Beginns der Drohungen durch die Taliban die auf den ersten Blick bestehende Diskrepanz zwischen den wiederholten Angaben im Gerichtsverfahren – Anfang 2010 hätten die Drohungen begonnen (z.B. S. 5 SP 2) – und beim Bundesamt – (erst) Mitte 2011 habe er eine Notiz der Taliban erhalten (Bl. 79 BA) – plausibel erklären können: Danach bezieht sich der beim Bundesamt erwähnte Zeitpunkt des Erhalts der Notiz Mitte 2011 auf die Zeit, nachdem er in der Provinz Nangarhar die Daueranstellung erhalten hatte (vgl. S. 5 SP 2). Diese Einlassung auf Vorhalt des Gerichts steht im Einklang mit der in der mündlichen Verhandlung zuvor getätigten Aussage des Vaters, nachdem er die Daueranstellung in der Provinz Nangarhar erhalten habe, hätten ihm die Taliban über ein kleines Kind eine Notiz geschickt (S. 4 f. SP 2). Der Beginn der Drohungen schon Anfang 2010 (S. 5 SP 2) stimmt wiederum überein mit der anderen, zuvor getätigten Angabe des Vaters, er sei bereits zuvor während seiner Tätigkeit in den Provinzen Ghazni und Helmand gelegentlich nach Nangarhar geschickt worden und dort von den dortigen Taliban kontaktiert worden (S. 4 SP 2).

Die Angaben des Vaters des Klägers stehen ferner auch im Einklang mit den hierzu seitens des Klägers getätigten Aussagen in der mündlichen Verhandlung, soweit dieser hierzu Angaben machen konnte (S. 4 f. SP 1). Der Umstand, dass der Kläger selbst beim Bundesamt noch keine näheren Angaben zu den Problemen seines Vaters und zum Hintergrund der Tötung des M. machen konnte, steht der Glaubwürdigkeit der Angaben des Vaters beim Bundesamt und bei Gericht sowie jener des Klägers im Gerichtsverfahren nicht entgegen: Der Vater des Klägers hat bei seiner Zeugeneinvernahme bekräftigt, dass er u.a. den Kläger zunächst nicht bzw. nur rudimentär über die Hintergründe der Tötung des M informiert hatte (S. 10 SP 2). Diese Angabe steht mit der diesbezüglichen Einlassung des Klägers (S. 3 f. SP 1) im Einklang. Die Aussagen des Vaters und des Klägers sind vor dem Hintergrund der stärker patriarchalisch geprägten afghanischen Familientraditionen (vgl. dazu auch die Einlassung des Vaters zu seiner Stellung als Familienoberhaupt S. 11 f. SP 2) und der offenbar innerhalb der Familie bestehenden Konfliktsituation nach der Tötung des M. (vgl. S. 4 SP 1, S. 10 SP 2) auch plausibel. Stimmig ist auch die Einlassung des Klägers, sein Vater habe zunächst gesagt, er wolle im Interview alles selbst sagen, erst nach Ergehen des verfahrensgegenständlichen Ablehnungsbescheides habe der Vater den ganzen Hintergrund erzählt (S. 3 SP 1). In der Tat hatte der Vater des Klägers bereits bei seiner Anhörung beim Bundesamt, die am selben Tag wie jene des Klägers stattfand, über die Hintergründe der Tötung des M. ausführlich berichtet.

Schließlich ist der geschilderte Geschehensablauf, Ermordung des M. als Familienangehöriger eines Regierungsmitarbeiters durch Taliban, gemessen an den vorliegenden Erkenntnismitteln (z.B. UNHCR-Richtlinie zur Feststellung des Internationalen Schutzbedarfs afghanischer Asylsuchender vom 19. April 2016, S. 47) auch uneingeschränkt plausibel, wobei vorliegend gefahrerhöhend noch hinzukam, dass der Vater als Regierungsmitarbeiter dem Verlangen der Taliban nach einer Zusammenarbeit nicht entsprochen hatte.

cc) Zur Überzeugung des Gerichts ist ferner davon auszugehen, dass die Taliban auch den Kläger selbst mit dem Tode bedroht hatten: Der Vater des Klägers hatte bereits beim Bundesamt (Bl. 79 BA) und auch als Zeuge bei Gericht (S. 8 SP 2) glaubwürdig ausgesagt, dass ihm die Taliban bei der Trauerfeier 40 Tage nach dem Tod des M. gedroht hätten, neben M. würden auch seine weiteren Söhne und damit u.a. auch der Kläger als nächstältester Sohn umgebracht werden. Auch der Kläger selbst hatte bereits in der Klagebegründung mit Schriftsatz vom 28. Juli 2016 und hat erneut in der mündlichen Verhandlung am 16. Mai 2017 (S. 9 SP 1) von dieser u.a. gegen ihn gerichteten Drohung der Taliban berichtet. Der Umstand, dass der Kläger bei seiner eigenen Anhörung beim Bundesamt noch nicht von einer gegen ihn persönlich gerichteten Drohung gesprochen hatte, erweckt keine durchgreifenden Zweifel am Wahrheitsgehalt dieser Einlassung: Gemessen an den Aussagen des Vaters des Klägers beim Bundesamt und als Zeuge bei Gericht wurde diese Drohung nur gegenüber ihm persönlich ausgesprochen. Dies steht im Einklang mit der Einlassung des Klägers, er habe diese Drohung bei der Trauerfeier nicht selbst mitbekommen (S. 9 SP 1). Auch hat der Vater des Klägers als Zeuge in der mündlichen Verhandlung glaubwürdig ausgesagt, er habe den Kläger nicht weiter damit beschäftigen wollen und ihm nichts darüber sagen wollen (S. 10 SP 2). Wie oben bereits näher ausgeführt wurde, ist ein solches Verhalten angesichts der patriarchalischen Familientradition und der bestehenden Konfliktsituation auch plausibel. Stimmig ist auch insoweit die Einlassung des Klägers, sein Vater habe zunächst gesagt, er wolle im Interview alles selbst sagen, erst nach Ergehen des verfahrensgegenständlichen Ablehnungsbescheides habe der Vater den ganzen Hintergrund erzählt (S. 3 SP 1). In der Tat hatte der Vater des Klägers auch über die Drohung der Taliban gegen den Kläger auf der Trauerfeier bereits bei seiner Anhörung beim Bundesamt berichtet.

dd) Darüber hinaus spricht auch das weitere Verhalten der Familie des Klägers bis zur Ausreise aus Afghanistan am 1. Oktober 2012 für die Glaubwürdigkeit des klägerischen Vorbringens, er selbst sei von den Taliban mit dem Tode bedroht gewesen: Für das Fortbestehen einer Bedrohung durch die Taliban auch nach der Tötung des M spricht schon, dass die Familie des Klägers vergleichsweise zeitnah nach der Drohung u.a. gegen den Kläger auf der Trauerfeier 40 Tage nach der Ermordung des M. Afghanistan verlassen hatten. Zudem hatte die Familie des Klägers bereits wenige Wochen nach der Drohung auf der Trauerfeier ihr Haus verlassen und war in eine Mietwohnung gezogen. Die letzte Tage vor der Ausreise verbrachte die Familie des Klägers bei dem Freund des Vaters Q., der dem Vater des Klägers überdies bei der Organisation der Ausreise behilflich war. Auch diese rasch nach der Drohung der Taliban eingeleiteten Maßnahmen sprechen dafür, dass unverändert eine Bedrohungssituation für die Familie vorlag. Dass sich die Geschehnisse so abgespielt hatten, ergibt sich aus den Angaben des Klägers in der mündlichen Verhandlung (S. 10 SP 1) und der vom Kläger mit Schriftsatz vom 28. Juli 2016 vorgelegten Bestätigung des Q. Der gerichtliche Dolmetscher hat in der mündlichen Verhandlung am 16. Mai 2017 bestätigt, dass die vom Kläger beigebrachte Übersetzung dieser Bestätigung des Q. in die deutsche Sprache sinngemäß richtig ist. Für die Glaubwürdigkeit dieser Bestätigung spricht, dass sich deren Ersteller Q. auf eine Beschreibung der ihm bekannten Tatsachen beschränkt und davon abgesehen hat, der Familie des Klägers scheinbar nützlich Umstände wie z.B. das Bestehen eine Bedrohung durch die Taliban zu bestätigen, obwohl Q. hierüber aus eigener Anschauung nichts Wesentliches hätte wissen können. Für eine tatsächlich bestehende Bedrohung u.a. auch des Klägers selbst durch die Taliban streitet schließlich auch der Umstand, dass dessen Vater ihm in der Zeit bis zur Ausreise verboten hatte, die Wohnung zu verlassen. Auch dies ergibt sich übereinstimmend aus den auch insoweit glaubwürdigen Angaben des Klägers (S. 9 SP 1) und dessen Vaters (S. 12 SP 2).

ee) Keine durchgreifende Bedeutung hinsichtlich der Glaubwürdigkeit des klägerischen Vorbringens misst das Gericht den im gerichtlichen Verfahren zusätzlich vorgebrachten Vorkommnissen im Herbst 2010 (den Kläger betreffend) und im April 2011 (einen jüngeren Bruder des Klägers betreffend) zu. Zwar mag insbesondere der gegen den Kläger gerichtete gewaltsame Angriff im Herbst 2010 tatsächlich stattgefunden haben, was vor allem die Angaben des Entwicklungshelfers H. in der eidesstattlichen Versicherung und in der mündlichen Verhandlung bestätigten dürften. Ob dieser Vorfall indes tatsächlich im Zusammenhang mit einer Bedrohung durch die Taliban wegen der beruflichen Tätigkeit des Vaters stand, ist indes fraglich geblieben. Beim Bundesamt hatten jedenfalls weder der Kläger noch dessen Vater diesen Vorfall erwähnt gehabt. Dies lässt darauf schließen, dass der Kläger und dessen Vater noch zum Zeitpunkt der Anhörungen am 17. September 2014 keine Verknüpfung zwischen diesem Vorfall und der späteren Ermordung des M. durch die Taliban und der sich anschließenden Drohung u.a. gegenüber dem Kläger hergestellt hatten. Das Gericht hat in der mündlichen Verhandlung den Eindruck gewonnen, dass vor allem der Vater des Klägers aber auch dieser selbst diesen Vorfall nachträglich in einen Gesamtzusammenhang mit den Vorkommnissen Anfang 2012 einzuordnen versuchen, was wohl mit der offenbar erst nach Ergehen der ablehnenden Bescheide erstmals in Gang gekommenen gemeinsamen Aufarbeitung dieser lebensprägenden Vorkommnisse zusammenhängen könnte. Ob diese subjektive klägerische Einschätzung objektiv richtig ist, kann indes dahingestellt bleiben: Denn der Umstand, dass der Kläger vor seiner Ausreise aus Afghanistan unmittelbar von einer Tötung durch die Taliban bedroht war, ergibt sich zur Überzeugung des Gerichts allein schon aus den Vorkommnissen Anfang 2012, als der Bruder des Klägers M. von den Taliban ermordet wurde und diese 40 Tage später auf der Trauerfeier eine Todesdrohung u.a. gegenüber dem Kläger ausgesprochen hatten.

b) Es ist auch mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit davon auszugehen, dass dem Kläger im Falle einer Rückkehr nach Afghanistan erneut ein ernsthafter Schaden in Gestalt einer Tötung durch die Taliban drohen würde.

Hierbei ist entscheidend zu berücksichtigten, dass dem vorverfolgten Kläger die Beweiserleichterung des Art. 4 Abs. 4 der Richtlinie 2011/95/EU (Qualifikationsrichtlinie) zu Gute kommt. Danach ist die u.a. die Tatsache, dass ein Antragsteller – wie hier der Kläger – von einem ersthaften Schaden unmittelbar bedroht war, ein ernsthafter Hinweis darauf, dass er tatsächlich Gefahr läuft, ernsthaften Schaden zu erleiden, es sei denn, stichhaltige Gründe sprechen dagegen, dass der Antragsteller erneut von einem solchen Schaden bedroht wird. Vorliegend gibt es zur Überzeugung des Gerichts keine stichhaltigen Gründe, die dagegen sprächen, dass der Kläger im Falle einer Rückkehr nach Afghanistan erneut von den Taliban mit dem Tode bedroht wäre: Zwar ist seit den Vorkommnissen Anfang 2012 mittlerweile einige Zeit vergangen und ist auch der Vater des Klägers nicht mehr für das Landwirtschaftsministerium tätig. Gleichwohl darf vorliegend nicht übersehen werden, dass der Kläger ein erkennbar erhöhtes Risikoprofil für gegen ihn gerichtete Maßnahmen der Taliban hat, weil er selbst bereits direkt in deren Visier geraten war: Auf der Trauerfeier 40 Tage nach der Tötung des M. hatten die Taliban gegenüber dem Vater u.a. damit gedroht, neben dem M. konkret auch den Kläger als zweitältesten Sohn umzubringen. Ferner ist vor allem zu berücksichtigen, dass es im Fall der Familie des Klägers nicht nur bei bloßen Drohungen der Taliban geblieben ist, sondern dass diese ihre Drohung in Bezug auf den M. bereits in die Tat umgesetzt hatten. Dies belegt, dass die Taliban im Fall der Familie des Klägers ihre Todesdrohungen ernst meinen. Hinzu kommt noch, dass die Familie des Klägers nach den glaubwürdigen Angaben des Klägers sowie seiner Eltern (S. 3 SP 1, S. 10 f. SP 2, S. 13 SP 2) zumindest in Kabul durchaus einer breiteren Öffentlichkeit bekannt waren. Dies exponiert den Kläger zusätzlich. Bei dieser Sachlage kann keine Rede davon sein, die Vermutung des Art. 4 Abs. 4 der Qualifikationsrichtlinie sei durch „stichhaltige Gründe“ wiederlegt.

Der Kläger kann auch nicht mit der Hoffnung vertröstet werden, nach all den Jahren und weil sein Vater nicht mehr Regierungsmitarbeiter ist, hätten ihn die Taliban womöglich zwischenzeitlich vergessen und bedrohten ihn nicht mehr mit dem Tode. Hierfür mag es zwar eine gewisse Wahrscheinlichkeit geben. Dem Kläger kann indes nicht zugemutet werden, dieses Risiko einzugehen und womöglich doch das gleiche Schicksal wie sein getöteter Bruder zu erleiden, was zur Überzeugung des Gerichts beachtlich wahrscheinlich ist.

2. Auch die Voraussetzung des § 4 Abs. 3 AsylG i.V.m. § 3 c AsylG sind gegeben: Die regierungsfeindlichen Gruppierungen der Taliban sind nichtstaatliche Akteure im Sinne von § 3 c Nr. 3 AsylG. Der afghanische Staat und in § 3 c Nr. 2 AsylG genannte Akteure einschließlich internationaler Organisationen sind gemessen an den vorliegenden Erkenntnismitteln jedenfalls im Einzelfall des Klägers erwiesenermaßen nicht in der Lage, im Sinne des § 3 d Abs. 2 AsylG wirksamen Schutz vor einem ersthaften Schaden durch die nichtstaatlichen Akteure zu bieten. Die größte Bedrohung für die Bürger Afghanistans geht von lokalen Machthabern und Kommandeuren aus. Es handelt sich meist um Anführer von Milizen, die zwar nicht mit staatlichen Befugnissen, aber mit faktischer Macht ausgestattet sind, die sie häufig missbrauchen. Die Zentralregierung hat auf viele dieser Personen kaum Einfluss und kann sie nur begrenzt kontrollieren bzw. ihre Taten untersuchen oder verurteilen. Wegen des schwachen Verwaltungs- und Rechtswesens bleiben diese Menschenrechtsverletzungen daher häufig ohne Sanktionen (Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Islamischen Republik Afghanistan, Stand September 2016, vom 19. Oktober 2016, S. 17).

Dahingestellt kann bleiben, ob bei einer Bedrohung durch die Taliban ganz allgemein und generell davon auszugehen ist, die grundsätzlich schutzwillige afghanische Regierung sei nicht in der Lage, wirksamen Schutz zu bieten. Jedenfalls im Einzelfall des Klägers, der dadurch geprägt ist, dass dieser bereits selbst direkt ins Visier der Taliban geraten und mit dem Tode bedroht war, dass die Taliban im Fall der Familie des Klägers ihre Todesdrohungen durch die Ermordung des Bruders M. bereits in die Tat umgesetzt hatten und dass die Familie des Klägers zumindest in Kabul einer breiteren Öffentlichkeit bekannt war (siehe dazu näher schon oben unter 1. b)), kann gemessen an den Erkenntnismitteln nicht davon ausgegangen werden, dass der Kläger wirksamen Schutz im Sinne des § 3 d AsylG erhalten könnte. Der Fall des Klägers hebt sich insbesondere deutlich ab von all jenen Fällen, in denen es nur zu allgemeinen Bedrohungen der Taliban gegen die Familie eines Betroffenen gekommen ist. Haben die Taliban den Kläger im Falle einer Rückkehr nach Afghanistan weiterhin im Visier und wollen sie ihn wie schon seinen Bruder M. töten, was zur Überzeugung des Gerichts beachtlich wahrscheinlich ist (siehe dazu schon oben unter 1. b)), stünde dem exponierten Kläger zur Überzeugung des Gerichts kein wirksamer Schutz im Sinne des § 3 d AsylG zur Verfügung.

3. Im Einzelfall des Klägers besteht auch keine inländische Fluchtalternative im Sinne des § 4 Abs. 3 AsylG i.V.m. § 3 e AsylG. Danach wird einem Ausländer subsidiärer Schutz nicht zuerkannt, wenn er in einem Teil seines Herkunftslandes keine begründete Furcht vor Verfolgung oder Zugang zu Schutz vor Verfolgung nach § 3 d AsylG hat und sicher und legal in diesen Landesteil reisen kann, dort aufgenommen wird und vernünftigerweise erwartet werden kann, dass er sich dort niederlässt. Hierbei sind die allgemeinen Gegebenheiten im Herkunftsland und die persönlichen Umstände des Ausländers gemäß Art. 4 der Richtlinie 2011/95/EU (Qualifikationsrichtlinie) zu berücksichtigen. Die Beurteilung, ob eine Fluchtalternative besteht, hängt deshalb auch maßgeblich davon ab, in welchem Ausmaß ein Betroffener vorverfolgt ist, und wie sehr er ins Visier seiner Verfolger gelangt ist (ebenso VG München, U. v. 20.6.2017 – M 26 K 17.30772 – juris Rdnr. 25).

Zwar wird man selbst in Fällen einer Bedrohung durch die Taliban nicht ganz allgemein und generell davon ausgehen können, ein Betroffener könne z.B. in einer Großstadt wie etwa Kabul keinen asylrechtlich hinreichenden internen Schutz im Sinne des § 3 e AsylG erlangen. Anders ist dies indes im Einzelfall für exponierte Betroffene wie vorliegenden den Kläger zu sehen: Hierbei ist zu berücksichtigten, dass die Taliban nach den Erkenntnismitteln auch in größeren Städten wie Kabul oder Herat agieren und im Einzelfall auch in der Lage sein dürften, eine Person zu finden, die sich in einer anderen Provinz niedergelassen hat. Das gilt insbesondere für das „Aufspüren ihrer wohl bekannten und gut aufgestellten Gegner“ wie beispielsweise Mitarbeiter der Regierung oder internationaler NGOs (vgl. Immigration and Refugee Board of Canada, Afghanistan: Whether the Taliban has the capacity to pursue individuals after they relocate to another region; their capacity to track individuals over the long term; Taliban capacity to carry out targeted killings, 15. Februar 2016). Laut dem Immigration and Refugee Board of Canada (Afghanistan: Whether the Taliban has the capacity to pursue individuals after they relocate to another region; their capacity to track individuals over the long term; Taliban capacity to carry out targeted killings, 15. Februar 2016) findet zwischen den höheren Ebenen innerhalb der Taliban durchaus Kommunikation und Koordination über Provinzen hinweg statt (vgl. VG München, U. v. 20.6.2017 – M 26 K 17.30772 – juris Rdnr. 25). Daran gemessen kann im Einzelfall des Klägers, der dadurch geprägt ist, dass dieser bereits selbst direkt ins Visier der Taliban geraten und mit dem Tode bedroht war, dass die Taliban im Fall der Familie des Klägers ihre Todesdrohungen durch die Ermordung des Bruders M. bereits in die Tat umgesetzt hatten und dass die Familie des Klägers zumindest in Kabul einer breiteren Öffentlichkeit bekannt war (siehe dazu näher schon oben unter 1. b)), nicht von einer inländischen Fluchtalternative ausgegangen werden. Zwar mag es eine gewisse Wahrscheinlichkeit geben, dass der Kläger in einem anderen Teil Afghanistans von den Taliban nicht aufgespürt werden könnte. Dem Kläger kann indes auch insoweit nicht zugemutet werden, dieses Risiko einzugehen und womöglich doch das gleiche Schicksal wie sein getöteter Bruder zu erleiden, was zur Überzeugung des Gerichts aufgrund der o.g. Umstände des Einzelfalls beachtlich wahrscheinlich ist (siehe dazu schon oben unter 1. b)).

Nach alldem war der gemäß § 83 b AsylG gerichtskostenfreie Klage mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO wie tenoriert stattzugeben.

Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:1.Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;2.Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;3.Urteile, dur

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs. (2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungskl
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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:1.Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;2.Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;3.Urteile, dur

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs. (2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungskl
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published on 20/06/2017 00:00

Tenor I. Soweit die Klage zurückgenommen wurde, wird das Verfahren eingestellt. Der Bescheid des Bundesamts für ... vom 9. Januar 2017 wird in den Nummern 1 sowie 3 bis 6 aufgehoben. Die Beklagte wird verpflichtet, dem Kläger di
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Annotations

(1) Ein Ausländer ist subsidiär Schutzberechtigter, wenn er stichhaltige Gründe für die Annahme vorgebracht hat, dass ihm in seinem Herkunftsland ein ernsthafter Schaden droht. Als ernsthafter Schaden gilt:

1.
die Verhängung oder Vollstreckung der Todesstrafe,
2.
Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung oder
3.
eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit einer Zivilperson infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts.

(2) Ein Ausländer ist von der Zuerkennung subsidiären Schutzes nach Absatz 1 ausgeschlossen, wenn schwerwiegende Gründe die Annahme rechtfertigen, dass er

1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit im Sinne der internationalen Vertragswerke begangen hat, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen festzulegen,
2.
eine schwere Straftat begangen hat,
3.
sich Handlungen zuschulden kommen lassen hat, die den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen, wie sie in der Präambel und den Artikeln 1 und 2 der Charta der Vereinten Nationen (BGBl. 1973 II S. 430, 431) verankert sind, zuwiderlaufen oder
4.
eine Gefahr für die Allgemeinheit oder für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland darstellt.
Diese Ausschlussgründe gelten auch für Ausländer, die andere zu den genannten Straftaten oder Handlungen anstiften oder sich in sonstiger Weise daran beteiligen.

(3) Die §§ 3c bis 3e gelten entsprechend. An die Stelle der Verfolgung, des Schutzes vor Verfolgung beziehungsweise der begründeten Furcht vor Verfolgung treten die Gefahr eines ernsthaften Schadens, der Schutz vor einem ernsthaften Schaden beziehungsweise die tatsächliche Gefahr eines ernsthaften Schadens; an die Stelle der Flüchtlingseigenschaft tritt der subsidiäre Schutz.

(1) Das Urteil ergeht "Im Namen des Volkes". Es ist schriftlich abzufassen und von den Richtern, die bei der Entscheidung mitgewirkt haben, zu unterzeichnen. Ist ein Richter verhindert, seine Unterschrift beizufügen, so wird dies mit dem Hinderungsgrund vom Vorsitzenden oder, wenn er verhindert ist, vom dienstältesten beisitzenden Richter unter dem Urteil vermerkt. Der Unterschrift der ehrenamtlichen Richter bedarf es nicht.

(2) Das Urteil enthält

1.
die Bezeichnung der Beteiligten, ihrer gesetzlichen Vertreter und der Bevollmächtigten nach Namen, Beruf, Wohnort und ihrer Stellung im Verfahren,
2.
die Bezeichnung des Gerichts und die Namen der Mitglieder, die bei der Entscheidung mitgewirkt haben,
3.
die Urteilsformel,
4.
den Tatbestand,
5.
die Entscheidungsgründe,
6.
die Rechtsmittelbelehrung.

(3) Im Tatbestand ist der Sach- und Streitstand unter Hervorhebung der gestellten Anträge seinem wesentlichen Inhalt nach gedrängt darzustellen. Wegen der Einzelheiten soll auf Schriftsätze, Protokolle und andere Unterlagen verwiesen werden, soweit sich aus ihnen der Sach- und Streitstand ausreichend ergibt.

(4) Ein Urteil, das bei der Verkündung noch nicht vollständig abgefaßt war, ist vor Ablauf von zwei Wochen, vom Tag der Verkündung an gerechnet, vollständig abgefaßt der Geschäftsstelle zu übermitteln. Kann dies ausnahmsweise nicht geschehen, so ist innerhalb dieser zwei Wochen das von den Richtern unterschriebene Urteil ohne Tatbestand, Entscheidungsgründe und Rechtsmittelbelehrung der Geschäftsstelle zu übermitteln; Tatbestand, Entscheidungsgründe und Rechtsmittelbelehrung sind alsbald nachträglich niederzulegen, von den Richtern besonders zu unterschreiben und der Geschäftsstelle zu übermitteln.

(5) Das Gericht kann von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe absehen, soweit es der Begründung des Verwaltungsakts oder des Widerspruchsbescheids folgt und dies in seiner Entscheidung feststellt.

(6) Der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle hat auf dem Urteil den Tag der Zustellung und im Falle des § 116 Abs. 1 Satz 1 den Tag der Verkündung zu vermerken und diesen Vermerk zu unterschreiben. Werden die Akten elektronisch geführt, hat der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle den Vermerk in einem gesonderten Dokument festzuhalten. Das Dokument ist mit dem Urteil untrennbar zu verbinden.

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

(1) Das Bundesamt erlässt nach den §§ 59 und 60 Absatz 10 des Aufenthaltsgesetzes eine schriftliche Abschiebungsandrohung, wenn

1.
der Ausländer nicht als Asylberechtigter anerkannt wird,
2.
dem Ausländer nicht die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt wird,
2a.
dem Ausländer kein subsidiärer Schutz gewährt wird,
3.
die Voraussetzungen des § 60 Absatz 5 und 7 des Aufenthaltsgesetzes nicht vorliegen oder die Abschiebung ungeachtet des Vorliegens der Voraussetzungen des § 60 Absatz 7 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes ausnahmsweise zulässig ist und
4.
der Ausländer keinen Aufenthaltstitel besitzt.
Eine Anhörung des Ausländers vor Erlass der Abschiebungsandrohung ist nicht erforderlich. Im Übrigen bleibt die Ausländerbehörde für Entscheidungen nach § 59 Absatz 1 Satz 4 und Absatz 6 des Aufenthaltsgesetzes zuständig.

(2) Die Abschiebungsandrohung soll mit der Entscheidung über den Asylantrag verbunden werden. Wurde kein Bevollmächtigter für das Verfahren bestellt, sind die Entscheidungsformel der Abschiebungsandrohung und die Rechtsbehelfsbelehrung dem Ausländer in eine Sprache zu übersetzen, deren Kenntnis vernünftigerweise vorausgesetzt werden kann.

(1) Die Abschiebung ist unter Bestimmung einer angemessenen Frist zwischen sieben und 30 Tagen für die freiwillige Ausreise anzudrohen. Ausnahmsweise kann eine kürzere Frist gesetzt oder von einer Fristsetzung abgesehen werden, wenn dies im Einzelfall zur Wahrung überwiegender öffentlicher Belange zwingend erforderlich ist, insbesondere wenn

1.
der begründete Verdacht besteht, dass der Ausländer sich der Abschiebung entziehen will, oder
2.
von dem Ausländer eine erhebliche Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung ausgeht.
Unter den in Satz 2 genannten Voraussetzungen kann darüber hinaus auch von einer Abschiebungsandrohung abgesehen werden, wenn
1.
der Aufenthaltstitel nach § 51 Absatz 1 Nummer 3 bis 5 erloschen ist oder
2.
der Ausländer bereits unter Wahrung der Erfordernisse des § 77 auf das Bestehen seiner Ausreisepflicht hingewiesen worden ist.
Die Ausreisefrist kann unter Berücksichtigung der besonderen Umstände des Einzelfalls angemessen verlängert oder für einen längeren Zeitraum festgesetzt werden. § 60a Absatz 2 bleibt unberührt. Wenn die Vollziehbarkeit der Ausreisepflicht oder der Abschiebungsandrohung entfällt, wird die Ausreisefrist unterbrochen und beginnt nach Wiedereintritt der Vollziehbarkeit erneut zu laufen. Einer erneuten Fristsetzung bedarf es nicht. Nach Ablauf der Frist zur freiwilligen Ausreise darf der Termin der Abschiebung dem Ausländer nicht angekündigt werden.

(2) In der Androhung soll der Staat bezeichnet werden, in den der Ausländer abgeschoben werden soll, und der Ausländer darauf hingewiesen werden, dass er auch in einen anderen Staat abgeschoben werden kann, in den er einreisen darf oder der zu seiner Übernahme verpflichtet ist. Gebietskörperschaften im Sinne der Anhänge I und II der Verordnung (EU) 2018/1806 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. November 2018 zur Aufstellung der Liste der Drittländer, deren Staatsangehörige beim Überschreiten der Außengrenzen im Besitz eines Visums sein müssen, sowie der Liste der Drittländer, deren Staatsangehörige von dieser Visumpflicht befreit sind (ABl. L 303 vom 28.11.2018, S. 39), sind Staaten gleichgestellt.

(3) Dem Erlass der Androhung steht das Vorliegen von Abschiebungsverboten und Gründen für die vorübergehende Aussetzung der Abschiebung nicht entgegen. In der Androhung ist der Staat zu bezeichnen, in den der Ausländer nicht abgeschoben werden darf. Stellt das Verwaltungsgericht das Vorliegen eines Abschiebungsverbots fest, so bleibt die Rechtmäßigkeit der Androhung im Übrigen unberührt.

(4) Nach dem Eintritt der Unanfechtbarkeit der Abschiebungsandrohung bleiben für weitere Entscheidungen der Ausländerbehörde über die Abschiebung oder die Aussetzung der Abschiebung Umstände unberücksichtigt, die einer Abschiebung in den in der Abschiebungsandrohung bezeichneten Staat entgegenstehen und die vor dem Eintritt der Unanfechtbarkeit der Abschiebungsandrohung eingetreten sind; sonstige von dem Ausländer geltend gemachte Umstände, die der Abschiebung oder der Abschiebung in diesen Staat entgegenstehen, können unberücksichtigt bleiben. Die Vorschriften, nach denen der Ausländer die im Satz 1 bezeichneten Umstände gerichtlich im Wege der Klage oder im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes nach der Verwaltungsgerichtsordnung geltend machen kann, bleiben unberührt.

(5) In den Fällen des § 58 Abs. 3 Nr. 1 bedarf es keiner Fristsetzung; der Ausländer wird aus der Haft oder dem öffentlichen Gewahrsam abgeschoben. Die Abschiebung soll mindestens eine Woche vorher angekündigt werden.

(6) Über die Fristgewährung nach Absatz 1 wird dem Ausländer eine Bescheinigung ausgestellt.

(7) Liegen der Ausländerbehörde konkrete Anhaltspunkte dafür vor, dass der Ausländer Opfer einer in § 25 Absatz 4a Satz 1 oder in § 25 Absatz 4b Satz 1 genannten Straftat wurde, setzt sie abweichend von Absatz 1 Satz 1 eine Ausreisefrist, die so zu bemessen ist, dass er eine Entscheidung über seine Aussagebereitschaft nach § 25 Absatz 4a Satz 2 Nummer 3 oder nach § 25 Absatz 4b Satz 2 Nummer 2 treffen kann. Die Ausreisefrist beträgt mindestens drei Monate. Die Ausländerbehörde kann von der Festsetzung einer Ausreisefrist nach Satz 1 absehen, diese aufheben oder verkürzen, wenn

1.
der Aufenthalt des Ausländers die öffentliche Sicherheit und Ordnung oder sonstige erhebliche Interessen der Bundesrepublik Deutschland beeinträchtigt oder
2.
der Ausländer freiwillig nach der Unterrichtung nach Satz 4 wieder Verbindung zu den Personen nach § 25 Absatz 4a Satz 2 Nummer 2 aufgenommen hat.
Die Ausländerbehörde oder eine durch sie beauftragte Stelle unterrichtet den Ausländer über die geltenden Regelungen, Programme und Maßnahmen für Opfer von in § 25 Absatz 4a Satz 1 genannten Straftaten.

(8) Ausländer, die ohne die nach § 4a Absatz 5 erforderliche Berechtigung zur Erwerbstätigkeit beschäftigt waren, sind vor der Abschiebung über die Rechte nach Artikel 6 Absatz 2 und Artikel 13 der Richtlinie 2009/52/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 18. Juni 2009 über Mindeststandards für Sanktionen und Maßnahmen gegen Arbeitgeber, die Drittstaatsangehörige ohne rechtmäßigen Aufenthalt beschäftigen (ABl. L 168 vom 30.6.2009, S. 24), zu unterrichten.

(1) In den sonstigen Fällen, in denen das Bundesamt den Ausländer nicht als Asylberechtigten anerkennt, beträgt die dem Ausländer zu setzende Ausreisefrist 30 Tage. Im Falle der Klageerhebung endet die Ausreisefrist 30 Tage nach dem unanfechtbaren Abschluss des Asylverfahrens.

(2) Im Falle der Rücknahme des Asylantrags vor der Entscheidung des Bundesamtes oder der Einstellung des Verfahrens beträgt die dem Ausländer zu setzende Ausreisefrist eine Woche.

(3) Im Falle der Rücknahme des Asylantrags oder der Klage oder des Verzichts auf die Durchführung des Asylverfahrens nach § 14a Absatz 3 kann dem Ausländer eine Ausreisefrist bis zu drei Monaten eingeräumt werden, wenn er sich zur freiwilligen Ausreise bereit erklärt.

(1) Gegen einen Ausländer, der ausgewiesen, zurückgeschoben oder abgeschoben worden ist, ist ein Einreise- und Aufenthaltsverbot zu erlassen. Infolge des Einreise- und Aufenthaltsverbots darf der Ausländer weder erneut in das Bundesgebiet einreisen noch sich darin aufhalten noch darf ihm, selbst im Falle eines Anspruchs nach diesem Gesetz, ein Aufenthaltstitel erteilt werden.

(2) Im Falle der Ausweisung ist das Einreise- und Aufenthaltsverbot gemeinsam mit der Ausweisungsverfügung zu erlassen. Ansonsten soll das Einreise- und Aufenthaltsverbot mit der Abschiebungsandrohung oder Abschiebungsanordnung nach § 58a unter der aufschiebenden Bedingung der Ab- oder Zurückschiebung und spätestens mit der Ab- oder Zurückschiebung erlassen werden. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist bei seinem Erlass von Amts wegen zu befristen. Die Frist beginnt mit der Ausreise. Die Befristung kann zur Abwehr einer Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung mit einer Bedingung versehen werden, insbesondere einer nachweislichen Straf- oder Drogenfreiheit. Tritt die Bedingung bis zum Ablauf der Frist nicht ein, gilt eine von Amts wegen zusammen mit der Befristung nach Satz 5 angeordnete längere Befristung.

(3) Über die Länge der Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots wird nach Ermessen entschieden. Sie darf außer in den Fällen der Absätze 5 bis 5b fünf Jahre nicht überschreiten.

(4) Das Einreise- und Aufenthaltsverbot kann zur Wahrung schutzwürdiger Belange des Ausländers oder, soweit es der Zweck des Einreise- und Aufenthaltsverbots nicht mehr erfordert, aufgehoben oder die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots verkürzt werden. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot soll aufgehoben werden, wenn die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels nach Kapitel 2 Abschnitt 5 vorliegen. Bei der Entscheidung über die Verkürzung der Frist oder die Aufhebung des Einreise- und Aufenthaltsverbots, das zusammen mit einer Ausweisung erlassen wurde, ist zu berücksichtigen, ob der Ausländer seiner Ausreisepflicht innerhalb der ihm gesetzten Ausreisefrist nachgekommen ist, es sei denn, der Ausländer war unverschuldet an der Ausreise gehindert oder die Überschreitung der Ausreisefrist war nicht erheblich. Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots kann aus Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung verlängert werden. Absatz 3 gilt entsprechend.

(5) Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots soll zehn Jahre nicht überschreiten, wenn der Ausländer auf Grund einer strafrechtlichen Verurteilung ausgewiesen worden ist oder wenn von ihm eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung ausgeht. Absatz 4 gilt in diesen Fällen entsprechend.

(5a) Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots soll 20 Jahre betragen, wenn der Ausländer wegen eines Verbrechens gegen den Frieden, eines Kriegsverbrechens oder eines Verbrechens gegen die Menschlichkeit oder zur Abwehr einer Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland oder einer terroristischen Gefahr ausgewiesen wurde. Absatz 4 Satz 4 und 5 gilt in diesen Fällen entsprechend. Eine Verkürzung der Frist oder Aufhebung des Einreise- und Aufenthaltsverbots ist grundsätzlich ausgeschlossen. Die oberste Landesbehörde kann im Einzelfall Ausnahmen hiervon zulassen.

(5b) Wird der Ausländer auf Grund einer Abschiebungsanordnung nach § 58a aus dem Bundesgebiet abgeschoben, soll ein unbefristetes Einreise- und Aufenthaltsverbot erlassen werden. In den Fällen des Absatzes 5a oder wenn der Ausländer wegen eines in § 54 Absatz 1 Nummer 1 genannten Ausweisungsinteresses ausgewiesen worden ist, kann im Einzelfall ein unbefristetes Einreise- und Aufenthaltsverbot erlassen werden. Absatz 5a Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(5c) Die Behörde, die die Ausweisung, die Abschiebungsandrohung oder die Abschiebungsanordnung nach § 58a erlässt, ist auch für den Erlass und die erstmalige Befristung des damit zusammenhängenden Einreise- und Aufenthaltsverbots zuständig.

(6) Gegen einen Ausländer, der seiner Ausreisepflicht nicht innerhalb einer ihm gesetzten Ausreisefrist nachgekommen ist, kann ein Einreise- und Aufenthaltsverbot angeordnet werden, es sei denn, der Ausländer ist unverschuldet an der Ausreise gehindert oder die Überschreitung der Ausreisefrist ist nicht erheblich. Absatz 1 Satz 2, Absatz 2 Satz 3 bis 6, Absatz 3 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1, 2 und 4 gelten entsprechend. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist mit seiner Anordnung nach Satz 1 zu befristen. Bei der ersten Anordnung des Einreise- und Aufenthaltsverbots nach Satz 1 soll die Frist ein Jahr nicht überschreiten. Im Übrigen soll die Frist drei Jahre nicht überschreiten. Ein Einreise- und Aufenthaltsverbot wird nicht angeordnet, wenn Gründe für eine vorübergehende Aussetzung der Abschiebung nach § 60a vorliegen, die der Ausländer nicht verschuldet hat.

(7) Gegen einen Ausländer,

1.
dessen Asylantrag nach § 29a Absatz 1 des Asylgesetzes als offensichtlich unbegründet abgelehnt wurde, dem kein subsidiärer Schutz zuerkannt wurde, das Vorliegen der Voraussetzungen für ein Abschiebungsverbot nach § 60 Absatz 5 oder 7 nicht festgestellt wurde und der keinen Aufenthaltstitel besitzt oder
2.
dessen Antrag nach § 71 oder § 71a des Asylgesetzes wiederholt nicht zur Durchführung eines weiteren Asylverfahrens geführt hat,
kann das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge ein Einreise- und Aufenthaltsverbot anordnen. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot wird mit Bestandskraft der Entscheidung über den Asylantrag wirksam. Absatz 1 Satz 2, Absatz 2 Satz 3 bis 6, Absatz 3 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1, 2 und 4 gelten entsprechend. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist mit seiner Anordnung nach Satz 1 zu befristen. Bei der ersten Anordnung des Einreise- und Aufenthaltsverbots nach Satz 1 soll die Frist ein Jahr nicht überschreiten. Im Übrigen soll die Frist drei Jahre nicht überschreiten. Über die Aufhebung, Verlängerung oder Verkürzung entscheidet die zuständige Ausländerbehörde.

(8) Vor Ablauf des Einreise- und Aufenthaltsverbots kann dem Ausländer ausnahmsweise erlaubt werden, das Bundesgebiet kurzfristig zu betreten, wenn zwingende Gründe seine Anwesenheit erfordern oder die Versagung der Erlaubnis eine unbillige Härte bedeuten würde. Im Falle der Absätze 5a und 5b ist für die Entscheidung die oberste Landesbehörde zuständig.

(9) Reist ein Ausländer entgegen einem Einreise- und Aufenthaltsverbot in das Bundesgebiet ein, wird der Ablauf einer festgesetzten Frist für die Dauer des Aufenthalts im Bundesgebiet gehemmt. Die Frist kann in diesem Fall verlängert werden, längstens jedoch um die Dauer der ursprünglichen Befristung. Der Ausländer ist auf diese Möglichkeit bei der erstmaligen Befristung hinzuweisen. Für eine nach Satz 2 verlängerte Frist gelten die Absätze 3 und 4 Satz 1 entsprechend.

(1) Das Urteil ergeht "Im Namen des Volkes". Es ist schriftlich abzufassen und von den Richtern, die bei der Entscheidung mitgewirkt haben, zu unterzeichnen. Ist ein Richter verhindert, seine Unterschrift beizufügen, so wird dies mit dem Hinderungsgrund vom Vorsitzenden oder, wenn er verhindert ist, vom dienstältesten beisitzenden Richter unter dem Urteil vermerkt. Der Unterschrift der ehrenamtlichen Richter bedarf es nicht.

(2) Das Urteil enthält

1.
die Bezeichnung der Beteiligten, ihrer gesetzlichen Vertreter und der Bevollmächtigten nach Namen, Beruf, Wohnort und ihrer Stellung im Verfahren,
2.
die Bezeichnung des Gerichts und die Namen der Mitglieder, die bei der Entscheidung mitgewirkt haben,
3.
die Urteilsformel,
4.
den Tatbestand,
5.
die Entscheidungsgründe,
6.
die Rechtsmittelbelehrung.

(3) Im Tatbestand ist der Sach- und Streitstand unter Hervorhebung der gestellten Anträge seinem wesentlichen Inhalt nach gedrängt darzustellen. Wegen der Einzelheiten soll auf Schriftsätze, Protokolle und andere Unterlagen verwiesen werden, soweit sich aus ihnen der Sach- und Streitstand ausreichend ergibt.

(4) Ein Urteil, das bei der Verkündung noch nicht vollständig abgefaßt war, ist vor Ablauf von zwei Wochen, vom Tag der Verkündung an gerechnet, vollständig abgefaßt der Geschäftsstelle zu übermitteln. Kann dies ausnahmsweise nicht geschehen, so ist innerhalb dieser zwei Wochen das von den Richtern unterschriebene Urteil ohne Tatbestand, Entscheidungsgründe und Rechtsmittelbelehrung der Geschäftsstelle zu übermitteln; Tatbestand, Entscheidungsgründe und Rechtsmittelbelehrung sind alsbald nachträglich niederzulegen, von den Richtern besonders zu unterschreiben und der Geschäftsstelle zu übermitteln.

(5) Das Gericht kann von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe absehen, soweit es der Begründung des Verwaltungsakts oder des Widerspruchsbescheids folgt und dies in seiner Entscheidung feststellt.

(6) Der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle hat auf dem Urteil den Tag der Zustellung und im Falle des § 116 Abs. 1 Satz 1 den Tag der Verkündung zu vermerken und diesen Vermerk zu unterschreiben. Werden die Akten elektronisch geführt, hat der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle den Vermerk in einem gesonderten Dokument festzuhalten. Das Dokument ist mit dem Urteil untrennbar zu verbinden.

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

(1) Das Urteil ergeht "Im Namen des Volkes". Es ist schriftlich abzufassen und von den Richtern, die bei der Entscheidung mitgewirkt haben, zu unterzeichnen. Ist ein Richter verhindert, seine Unterschrift beizufügen, so wird dies mit dem Hinderungsgrund vom Vorsitzenden oder, wenn er verhindert ist, vom dienstältesten beisitzenden Richter unter dem Urteil vermerkt. Der Unterschrift der ehrenamtlichen Richter bedarf es nicht.

(2) Das Urteil enthält

1.
die Bezeichnung der Beteiligten, ihrer gesetzlichen Vertreter und der Bevollmächtigten nach Namen, Beruf, Wohnort und ihrer Stellung im Verfahren,
2.
die Bezeichnung des Gerichts und die Namen der Mitglieder, die bei der Entscheidung mitgewirkt haben,
3.
die Urteilsformel,
4.
den Tatbestand,
5.
die Entscheidungsgründe,
6.
die Rechtsmittelbelehrung.

(3) Im Tatbestand ist der Sach- und Streitstand unter Hervorhebung der gestellten Anträge seinem wesentlichen Inhalt nach gedrängt darzustellen. Wegen der Einzelheiten soll auf Schriftsätze, Protokolle und andere Unterlagen verwiesen werden, soweit sich aus ihnen der Sach- und Streitstand ausreichend ergibt.

(4) Ein Urteil, das bei der Verkündung noch nicht vollständig abgefaßt war, ist vor Ablauf von zwei Wochen, vom Tag der Verkündung an gerechnet, vollständig abgefaßt der Geschäftsstelle zu übermitteln. Kann dies ausnahmsweise nicht geschehen, so ist innerhalb dieser zwei Wochen das von den Richtern unterschriebene Urteil ohne Tatbestand, Entscheidungsgründe und Rechtsmittelbelehrung der Geschäftsstelle zu übermitteln; Tatbestand, Entscheidungsgründe und Rechtsmittelbelehrung sind alsbald nachträglich niederzulegen, von den Richtern besonders zu unterschreiben und der Geschäftsstelle zu übermitteln.

(5) Das Gericht kann von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe absehen, soweit es der Begründung des Verwaltungsakts oder des Widerspruchsbescheids folgt und dies in seiner Entscheidung feststellt.

(6) Der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle hat auf dem Urteil den Tag der Zustellung und im Falle des § 116 Abs. 1 Satz 1 den Tag der Verkündung zu vermerken und diesen Vermerk zu unterschreiben. Werden die Akten elektronisch geführt, hat der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle den Vermerk in einem gesonderten Dokument festzuhalten. Das Dokument ist mit dem Urteil untrennbar zu verbinden.

Beteiligte am Verfahren sind

1.
der Kläger,
2.
der Beklagte,
3.
der Beigeladene (§ 65),
4.
der Vertreter des Bundesinteresses beim Bundesverwaltungsgericht oder der Vertreter des öffentlichen Interesses, falls er von seiner Beteiligungsbefugnis Gebrauch macht.

(1) Ein Ausländer ist subsidiär Schutzberechtigter, wenn er stichhaltige Gründe für die Annahme vorgebracht hat, dass ihm in seinem Herkunftsland ein ernsthafter Schaden droht. Als ernsthafter Schaden gilt:

1.
die Verhängung oder Vollstreckung der Todesstrafe,
2.
Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung oder
3.
eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit einer Zivilperson infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts.

(2) Ein Ausländer ist von der Zuerkennung subsidiären Schutzes nach Absatz 1 ausgeschlossen, wenn schwerwiegende Gründe die Annahme rechtfertigen, dass er

1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit im Sinne der internationalen Vertragswerke begangen hat, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen festzulegen,
2.
eine schwere Straftat begangen hat,
3.
sich Handlungen zuschulden kommen lassen hat, die den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen, wie sie in der Präambel und den Artikeln 1 und 2 der Charta der Vereinten Nationen (BGBl. 1973 II S. 430, 431) verankert sind, zuwiderlaufen oder
4.
eine Gefahr für die Allgemeinheit oder für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland darstellt.
Diese Ausschlussgründe gelten auch für Ausländer, die andere zu den genannten Straftaten oder Handlungen anstiften oder sich in sonstiger Weise daran beteiligen.

(3) Die §§ 3c bis 3e gelten entsprechend. An die Stelle der Verfolgung, des Schutzes vor Verfolgung beziehungsweise der begründeten Furcht vor Verfolgung treten die Gefahr eines ernsthaften Schadens, der Schutz vor einem ernsthaften Schaden beziehungsweise die tatsächliche Gefahr eines ernsthaften Schadens; an die Stelle der Flüchtlingseigenschaft tritt der subsidiäre Schutz.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Ein Ausländer ist subsidiär Schutzberechtigter, wenn er stichhaltige Gründe für die Annahme vorgebracht hat, dass ihm in seinem Herkunftsland ein ernsthafter Schaden droht. Als ernsthafter Schaden gilt:

1.
die Verhängung oder Vollstreckung der Todesstrafe,
2.
Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung oder
3.
eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit einer Zivilperson infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts.

(2) Ein Ausländer ist von der Zuerkennung subsidiären Schutzes nach Absatz 1 ausgeschlossen, wenn schwerwiegende Gründe die Annahme rechtfertigen, dass er

1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit im Sinne der internationalen Vertragswerke begangen hat, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen festzulegen,
2.
eine schwere Straftat begangen hat,
3.
sich Handlungen zuschulden kommen lassen hat, die den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen, wie sie in der Präambel und den Artikeln 1 und 2 der Charta der Vereinten Nationen (BGBl. 1973 II S. 430, 431) verankert sind, zuwiderlaufen oder
4.
eine Gefahr für die Allgemeinheit oder für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland darstellt.
Diese Ausschlussgründe gelten auch für Ausländer, die andere zu den genannten Straftaten oder Handlungen anstiften oder sich in sonstiger Weise daran beteiligen.

(3) Die §§ 3c bis 3e gelten entsprechend. An die Stelle der Verfolgung, des Schutzes vor Verfolgung beziehungsweise der begründeten Furcht vor Verfolgung treten die Gefahr eines ernsthaften Schadens, der Schutz vor einem ernsthaften Schaden beziehungsweise die tatsächliche Gefahr eines ernsthaften Schadens; an die Stelle der Flüchtlingseigenschaft tritt der subsidiäre Schutz.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.