Verwaltungsgericht München Urteil, 28. Juni 2016 - M 2 K 15.5290

published on 28/06/2016 00:00
Verwaltungsgericht München Urteil, 28. Juni 2016 - M 2 K 15.5290
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Gericht

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Tenor

I.

Die Klage wird abgewiesen.

II.

Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

III.

Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

Die Klägerin begehrt eine Sondernutzungserlaubnis für das Aufstellen einer Kleiderpuppe auf dem Gehsteig vor ihrem Bekleidungsgeschäft in der ...straße 5 in .... Die ...straße liegt innerhalb des Altstadtrings. Durch die Präsentation von Kleidungsstücken auf dem Gehsteig sollen Passanten auf das Ladengeschäft aufmerksam gemacht werden.

Am 23. März 2015 beantragte die Klägerin bei der Beklagten, ihr eine entsprechende Sondernutzungserlaubnis für die Präsentation von Kleidungsstücken mittels einer Kleiderstange zu erteilen. Aufgrund eines Hinweises eines Mitarbeiters der Beklagten, dass lediglich Kleiderpuppen zugelassen werden könnten, stellte die Klägerin bei der Beklagten am 30. April 2015 einen neuen Antrag auf Erteilung einer Sondernutzungserlaubnis für die Präsentation der Kleidung mittels einer Kleiderpuppe.

Zu diesem Antrag beschloss der Bezirksausschuss des Stadtbezirks ... der Beklagten am 16. Juni 2015, dass die Aufstellung der Kleiderpuppe gemäß § 22 Abs. 3 der Sondernutzungsrichtlinien der Beklagten (SoNuRL) sowie aus stadtgestalterischen Gründen (Stadtratsbeschluss von 1977 zur Entrümpelung der Innenstadt) abzulehnen sei.

Daraufhin hörte die Beklagte die Klägerin mit Schreiben vom 8. Juli 2015 zur Ablehnung des Antrags an. Hierzu ließ die Klägerin durch Schreiben ihrer Bevollmächtigten vom 23. Juli 2015 insbesondere auf Bezugsfälle hinweisen.

Mit Bescheid vom 19. Oktober 2015, zugestellt am 23. Oktober 2015, lehnte die Beklagte die von der Klägerin beantragte Sondernutzungserlaubnis für das Aufstellen einer Kleiderpuppe auf öffentlichem Verkehrsgrund in der ...straße 5 ab. Zur Begründung wurde u. a. wie folgt ausgeführt: § 22 Abs. 3 Satz 1 SoNuRL erlaube innerhalb des Altstadtrings grundsätzlich nur Auslagen der dort aufgeführten privilegierten Warengruppen. Nach § 22 Abs. 3 Satz 2 SoNuRL in der Fassung vom 9. April 2014 „kann“ auf Antrag auch das Aufstellen von Warenauslagen für andere Waren genehmigt werden. § 22 Abs. 3 Satz 2 SoNuRL sei mit Stadtratsbeschluss vom 1. Juli 2015 geändert worden, wonach dem Ladenbesitzer auf Antrag „in Ausnahmefällen“ das Aufstellen von Warenauslagen für andere Waren genehmigt werden „kann“. Die Erteilung der Sondernutzungserlaubnis stehe im Ermessen der Straßenbaubehörde. Es sei gängige und seit Jahren ausgeübte Verwaltungspraxis des Bezirksausschusses 1, Anträge für Warenstellagen für nicht privilegierte Warengruppen abzulehnen, um eine Überfrachtung des öffentlichen Raums im Kern der Altstadt zu vermeiden und um keine Präzedenzfälle zu schaffen. Der Bezirksausschuss habe stadtgestalterische Gründe angeführt und auf den Stadtratsbeschluss von 1977 zur Entrümpelung der Innenstadt verwiesen. Es liege im öffentlichen Interesse, dass die Innenstadt nicht weiter mit Sondernutzungen überfrachtet werde und dass sämtliche Antragsteller gleich behandelt würden. Es würde der grundsätzlichen Beschränkung der Warengruppen nach § 22 Abs. 3 Satz 1 SoNuRL zuwiderlaufen, wenn pauschal oder gar nach Gutdünken andere Warengruppen genehmigt würden. Es werde nicht verkannt, dass im Kernbereich der Altstadt einige Ladenbesitzer versuchten, u. a. durch die unerlaubte Aufstellung von Warenstellagen die Verkaufsfläche zu vergrößern oder Werbeeffekte zu erzielen. Es sei ein ständiger Arbeitsauftrag der Ordnungsbehörde, hiergegen vorzugehen. Dem werde mit Ordnungswidrigkeitsverfahren, Versagungen und Mitteln des Verwaltungszwangs nachgekommen. Zu den von der Klägerin vorgebrachten Bezugsfällen sei zu bemerken, dass für die Kleiderpuppen vor „...“ und vor „...“ keine Sondernutzungserlaubnisse erteilt worden seien. Gegen die unerlaubten Sondernutzungen seien bereits Maßnahmen ergriffen worden.

Gegen diesen Bescheid ließ die Klägerin durch ihre Bevollmächtigten am 23. November 2015 Klage zum Bayerischen Verwaltungsgericht München erheben, die mit Schriftsatz der Bevollmächtigten vom 29. Januar 2016 u. a. wie folgt begründet wurde: Bei Aufstellen der Kleiderpuppe würde eine zu nutzende Gehwegbreite von ca. 3,20 m verbleiben, so dass die Flüssigkeit und Leichtigkeit des Fußgängerverkehrs nicht beeinträchtigt wäre. Einschlägig für die rechtliche Beurteilung, ob die Klägerin einen Anspruch auf Erteilung einer Sondernutzungserlaubnis habe, sei § 22 Abs. 3 SoNuRL in der Fassung vom 9. April 2014, da die Klägerin ihren Antrag unter Geltung dieser Fassung gestellt habe. Die Klägerin habe abgesehen von ihrem Rechtsanspruch auf rechtfehlerfreie Ausübung des pflichtgemäßen Ermessens durchaus auch einen Rechtsanspruch auf Erteilung der beantragten Erlaubnis. Die Begründung, dass es für die Beklagte seit Jahren gängige und ausgeübte Verwaltungspraxis sei, alle Anträge für nicht privilegierte Warengruppen abzulehnen, bedeute nicht, dass das Ermessen ordnungsgemäß ausgeübt worden sei. Die Beklagte habe in ihrer Sondernutzungsrichtlinie Warengruppen bestimmt, für die eine Sondernutzung grundsätzlich zu erlauben sei, und unter § 22 Abs. 3 Satz 2 SoNuRL dann ausdrücklich bestimmt, dass eine Sondernutzung für andere als die privilegierten Waren genehmigt werden könne. Dies bedeute, dass die Beklagte in jedem Einzelfall konkret zu prüfen habe, ob bei Bewilligung der beantragten Sondernutzung für eine nicht privilegierte Warengruppe eine Überfrachtung des Innenstadtbereichs einträte oder nicht. Diese Mühe habe sich die Beklagte nicht gemacht, sondern einfach festgestellt, dass jede beantragte Sondernutzung für eine nicht privilegierte Warengruppe bereits eine Überfrachtung des Innenstadtbereichs darstelle, statt konkret und einzelfallbezogen zu prüfen, ob bei einer Gesamtschau aller erteilten Sondernutzungserlaubnisse im Umgriff des Ladengeschäfts die Erteilung der beantragten Sondernutzungserlaubnis konkret zu einer Überfrachtung des Innenstadtbereichs führe oder nicht. Die Beklagte habe im Bescheid eingeräumt, dass es im Umgriff des Ladengeschäfts der Klägerin überhaupt keine Sondernutzungen im Sinne des § 22 SoNuRL gebe. Wenn dem aber so sei, dann könne die Erteilung einer einzelnen Sondernutzungserlaubnis für eine Kleiderpuppe keineswegs zu einer Überfrachtung des Innenstadtbereichs führen. Die Klägerin rüge die Ungleichbehandlung mit anderen Inhabern von Ladengeschäften, die ausweislich der vorgelegten Lichtbilder Sondernutzungen ausübten. Die Klägerin unterstelle, dass es sich hierbei um genehmigte Sondernutzungen handele. Abschließend rüge die Klägerin § 22 Abs. 3 SoNuRL als willkürlich und verfassungswidrig. Ihr verschließe sich, weshalb die in § 22 Abs. 3 Satz 1 SoNuRL aufgeführten Warengruppen grundsätzlich erlaubnisfähig sind, andere Waren jedoch nicht.

Mit Schreiben vom 22. Februar 2016 erwiderte die Beklagte u. a. wie folgt: Bei der Ermessensausübung dürfe neben wegerechtlichen Belangen auch auf andere Gesichtspunkte abgestellt werden, sofern sie mit der Straße und ihrem Widmungszweck in einem hinreichend engen Zusammenhang stehen. Ziel der Beklagten sei es, die Attraktivität der Innenstadt zu erhalten bzw. zu erhöhen und der zunehmenden Überfrachtung des öffentlichen Raums mit privaten Werbemitteln entgegenzuwirken. Bei dem in Rede stehenden Anwesen ...straße 5 handele es sich nicht nur um eine Gebäude im Ensemblebereich Altstadt, sondern um ein Einzelbaudenkmal.

Am 28. Juni 2016 fand die mündliche Verhandlung statt. Die Beklagte erläuterte, Sinn und Zweck des § 22 Abs. 3 SoNuRL sei der Schutz des Ortsbildes. Hinsichtlich des von der Klägerin als Bezugsfall genannten Ladengeschäfts „...“ legte der Vertreter der Beklagten u. a. dar, dass der hinsichtlich dieses Ladengeschäfts gestellte Antrag auf Sondernutzungserlaubnis für eine Warenauslage vom Bezirksausschuss am 18. August 2015 abschlägig beschieden worden sei und die Beklagte bereits mehrere Bußgeldbescheide wegen unerlaubter Sondernutzung erlassen habe. In dem weiteren Bezugsfall „...“ sei die Firma im Oktober 2015 angeschrieben worden, woraufhin die dort unerlaubt aufgestellte Kleiderpuppe entfernt worden sei. Die Klägerin ließ sinngemäß beantragen,

die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids der Beklagten vom 19. Oktober 2015 zu verpflichten, der Klägerin die am 30. April 2015 beantragte Sondernutzungserlaubnis für die Aufstellung einer Kleiderpuppe auf öffentlichem Verkehrsgrund (Gehsteig) vor ihrem Ladengeschäft in der ...straße 5 in ... zu erteilen.

Die Beklagte beantragte,

die Klage abzuweisen.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte und die beigezogenen Behördenakten verwiesen.

Gründe

Die zulässige Klage ist unbegründet. Die Klägerin hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Erteilung der am 30. April 2015 beantragten Sondernutzungserlaubnis für die Aufstellung einer Kleiderpuppe auf öffentlichem Verkehrsgrund vor ihrem Ladengeschäft in der ...straße 5. Sie hat auch keinen Anspruch auf eine erneute Verbescheidung dieses Antrags. Die Ablehnung des Antrags mit Bescheid vom 19. Oktober 2015 war nicht rechtswidrig und verletzte die Klägerin nicht in ihren Rechten (vgl. § 113 Abs. 5 VwGO).

Die Klägerin benötigt für die Aufstellung einer Kleiderpuppe auf öffentlichem Verkehrsgrund (Gehsteig) der ...straße eine Sondernutzungserlaubnis der Beklagten nach Art. 18 Abs. 1 Satz 1 BayStrWG: Hierbei handelt es sich um die Benutzung einer öffentlichen Straße, die über den Gemeingebrauch hinausgeht. Diese kann auch den Gemeingebrauch beeinträchtigen, weil die tatsächliche Benutzung des räumlichen Bereichs, in dem die Kleiderpuppe aufgestellt werden soll, durch andere ausgeschlossen wird und dadurch die Straße insoweit nicht entsprechend ihrer verkehrlichen Zweckbestimmung genutzt werden kann. Auf den von der Klägerin erwähnten Umstand, dass der öffentliche Verkehrsraum durch eine Kleiderpuppe nur vergleichsweise geringfügig in Anspruch genommen wird, kommt es insoweit nicht an (vgl. zum Ganzen BayVGH, B. v. 3.11.2011 - 8 ZB 11.1457 - juris Rn. 16 ff.; BayVGH, B. v. 17.4.2012 - 8 ZB 11.2785 - juris Rn. 11 f.). Die Erteilung einer solcher Sondernutzungserlaubnis nach Art. 18 Abs. 1 Satz 1 BayStrWG steht im pflichtgemäßen Ermessen der Straßenbaubehörde (BayVGH, B. v. 3.11.2011 - 8 ZB 11.1457 - juris Rn. 20; BayVGH, B. v. 17.4.2012 - 8 ZB 11.2785 - juris Rn.10; Wiget in Zeitler, Bayerisches Straßen- und Wegegesetz, Art. 18 Rn. 26 m. w. N.), hier also gemäß Art. 58 Abs. 2 Nr. 3 BayStrWG der Beklagten.

Die Ermessensausübung hat dem Normzweck der Art. 18 ff. BayStrWG entsprechend sachbezogen nach den Umständen des konkreten Einzelfalls zu erfolgen. Daher darf sich die Behörde bei der Erteilung einer straßenrechtlichen Sondernutzungserlaubnis regelmäßig nur an Gründen orientieren, die einen sachlichen Bezug zur Straße haben. Zu diesen Gründen zählen vorrangig die in Art. 18 Abs. 2 Satz 2 BayStrWG ausdrücklich genannten Belange der Straßenbaulast und der Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs. Daneben können aber auch baugestalterische oder städtebauliche Belange, wie etwa der Schutz eines bestimmten Straßen- oder Ortsbilds, berücksichtigt werden, sofern sie einen sachlichen Bezug zur Straße haben und auf einem konkreten Gestaltungskonzept der Gemeinde beruhen. Dagegen ist die straßenrechtliche Sondernutzungserlaubnis nicht dazu bestimmt, als zusätzliches Eingriffsinstrument für andere straßenrechtsfremde öffentliche Belange zu dienen (BayVGH, B. v. 3.11.2011 - 8 ZB 11.1457 - juris Rn. 20 m. w. N.; vgl. auch BayVGH, B. v. 17.4.2012 - 8 ZB 11.2785 - juris Rn. 13 m. w. N.; OVG Nordrhein-Westfalen, B. v. 1.7.2014 - 11 A 1081/12 - juris Rn. 8 f.; Wiget in Zeitler, a. a. O., Art. 18 Rn. 26 m. w. N.).

Die Ermessensausübung kann durch verwaltungsinterne Richtlinien oder Anordnungen für eine gleichmäßige Handhabung allgemein geregelt werden (BayVGH, B. v. 3.11.2011 - 8 ZB 11.1457 - juris Rn. 26; Wiget in Zeitler, a. a. O., Art. 18 Rn. 26 m. w. N.). Nachdem solche ermessenslenkenden Verwaltungsvorschriften nicht am konkreten, sondern am typischen Einzelfall orientiert sind, ist die Behörde nicht gehindert und kann sogar verpflichtet sein, ihr Ermessen in besonders gelagerten atypischen Sonderfällen abweichend auszuüben (BayVGH, B. v. 3.11.2011 - 8 ZB 11.1457 - juris Rn. 26 m. w. N.).

Da die Sondernutzungserlaubnis im Ermessen der Straßenbaubehörde steht, besteht grundsätzlich kein Rechtsanspruch auf Erteilung einer solchen Erlaubnis, sondern nur ein Anspruch auf fehlerfreien Ermessensgebrauch (Wiget in Zeitler, a. a. O., Art. 18 Rn. 26 m. w. N.). Der grundsätzlich bestehende Ermessensspielraum kann allerdings ausnahmsweise auf Null reduziert sein, so dass ein Anspruch auf Erteilung der begehrten Sondernutzungserlaubnis bestehen kann. Eine solche Ermessensreduktion auf Null können insbesondere grundrechtsrelevante Sachverhalte bewirken. Eine entscheidende Rolle spielt vor allem der Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG, Art. 118 Abs. 1 BV). Weder dürfen wesentlich gleiche Sachverhalte willkürlich anders behandelt werden, noch darf von einer gleichmäßigen behördlichen Praxis in gleichheitswidriger Weise abgewichen werden (sog. Selbstbindung der Verwaltung; zum Ganzen: Wiget in Zeitler, a. a. O., Art. 18 Rn. 27 m. w. N.; zur Selbstbindung der Verwaltung auch BayVGH, B. v. 3.11.2011 - 8 ZB 11.1457 - juris Rn. 26 m. w. N.).

Daran gemessen gilt vorliegend, dass die Klägerin gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Erteilung der beantragen Sondernutzungserlaubnis für die Aufstellung einer Kleiderpuppe auf öffentlichem Verkehrsgrund vor ihrem Ladengeschäft hat, und zwar weder unter dem Gesichtspunkt einer Selbstbindung der Beklagten durch ihre ermessenslenkenden Verwaltungsvorschriften (sogleich 1.), noch aufgrund einer Selbstbindung durch die tatsächliche Verwaltungspraxis der Beklagten (sogleich 2.). Die Klägerin hat auch keinen Anspruch darauf, dass die Beklagte unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut über ihren Antrag entscheidet (sogleich 3.). Im Einzelnen:

1. Ein Anspruch auf die beantragte Sondernutzungserlaubnis ergibt sich insbesondere nicht im Hinblick auf die Selbstbindung der Beklagten durch ihre ermessenslenkenden Verwaltungsvorschriften zu Warenauslagen in § 22 der Sondernutzungsrichtlinien (SoNuRL) der Beklagten vom 9. April 2014 bzw. 1. Juli 2015. Denn bei Anwendung des § 22 SoNuRL ergibt sich für die Aufstellung einer Kleiderpuppe auf dem Gehweg der...straße kein Rechtsanspruch:

§ 22 Abs. 3 SoNuRL enthält für bestimmte Bereiche des Stadtgebiets der Beklagten, vor allem auch für das Gebiet innerhalb des Altstadtrings, spezielle Vorschriften für Warenauslagen, welche die allgemeinen Bestimmungen in § 22 Abs. 1 und 2 SoNuRL verdrängen. Da die ...straße innerhalb des Altstadtrings liegt, kommt somit vorliegend nicht § 22 Abs. 1 und 2 SoNuRL, sondern allein § 22 Abs. 3 SoNuRL zur Anwendung.

Nach § 22 Abs. 3 Satz 1 SoNuRL sind „grundsätzlich“ nur die Auslage von Obst, Gemüse und Südfrüchten, Blumen, Presseerzeugnissen (Tageszeitungen und Zeitschriften), Postkarten, Bücher, Bild- und Tonträger sowie kunsthandwerkliche Gegenstände genehmigungsfähig. Die Auslage von Kleidung mittels einer Kleiderpuppe fällt nicht unter eine dieser privilegierten Warengruppen, so dass sich aus § 22 Abs. 3 Satz 1 SoNuRL kein Rechtsanspruch auf Erteilung der begehrten Sondernutzungserlaubnis ergeben kann.

Auch aus § 22 Abs. 3 Satz 2 SoNuRL kann die Klägerin keinen Rechtsanspruch ableiten: Nach dieser Verwaltungsvorschrift „kann“ einem Ladenbesitzer (Fassung vom9. April 2014) bzw. „kann“ einem Ladenbesitzer „in Ausnahmefällen“ (Fassung vom 1. Juli 2015) das Aufstellen von Warenauslagen auch für andere als die in Satz 1 genannten Waren genehmigt werden. Nach beiden Fassungen dieser Vorschrift besteht kein Rechtsanspruch auf eine Sondernutzungserlaubnis, vielmehr besteht insoweit lediglich ein Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung (dazu unten 3.).

2. Ein Anspruch auf Erteilung der beantragten Sondernutzungserlaubnis folgt auch nicht unter dem Gesichtspunkt einer Selbstbindung der Beklagten infolge einer entsprechenden tatsächlichen Verwaltungspraxis.

Eine solche Selbstbindung könnte dadurch eintreten, dass die Beklagte entweder in Anwendung des § 22 Abs. 3 Satz 2 SoNuRL oder gar durch eine von den ermessenslenkenden Verwaltungsvorschriften gänzlich abweichende tatsächliche Verwaltungspraxis regelmäßig Sondernutzungserlaubnisse für das Aufstellen von Kleiderpuppen auf dem Gehweg vor Bekleidungsgeschäften erteilt. Hierfür gibt es indes schon angesichts der glaubhaft vorgebrachten Entscheidungspraxis des bei der Beklagten intern zuständigen Bezirksausschusses des Stadtbezirks ... keine Anhaltspunkte. Auch die von der Klägerin genannten zwei Bezugsfälle sind nicht geeignet, eine derartige Verwaltungspraxis der Beklagten zu belegen: Schon im Bescheid hatte die Beklagte darauf hingewiesen, dass für die Warenauslagen vor den Bekleidungsgeschäften „...“ und „...“, die sich beide ebenfalls in der ...straße befinden, keine Sondernutzungserlaubnisse erteilt worden sind und dass gegen die unerlaubten Sondernutzungen Maßnahmen ergriffen worden sind. In der mündlichen Verhandlung hat die Beklagte dies eingehend erläutert: Insbesondere ist der hinsichtlich des Ladengeschäfts „...“ gestellte Antrag auf Sondernutzungserlaubnis für eine Warenauslage vom Bezirksausschuss des Stadtbezirks ... am 18. August 2015 abschlägig beschieden worden. Ferner hat die Beklagte bereits mehrfach Bußgeldbescheide wegen unerlaubter Sondernutzung erlassen. In dem weiteren Bezugsfall „...“ hat die Beklagte die Firma im Oktober 2015 angeschrieben, woraufhin die dort unerlaubt aufgestellte Kleiderpuppe entfernt worden ist. Das Gericht hat keinen Anlass, an der Richtigkeit dieser Angaben der Beklagten zu zweifeln. Mithin gibt es auch keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass die Beklagte in den beiden von der Klägerin genannten Bezugsfällen Sondernutzungserlaubnisse erteilt hätte.

3. Die Klägerin hat auch keinen Anspruch darauf, dass die Beklagte unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut über ihren Antrag entscheidet (ein solcher Antrag ist als „Minus“ im Klageantrag der Klägerin enthalten, § 88 VwGO). Ein solcher Anspruch bestünde nur dann, wenn die Beklagte ihr Ermessen wegen eines Ermessensfehlers rechtswidrig ausgeübt hätte, was jedoch nicht der Fall ist:

a) Ausweislich der Begründung des Bescheids hat die Beklagte erkannt, dass es sich hinsichtlich des klägerischen Antrags auf Erteilung einer Sondernutzungserlaubnis um eine Ermessensentscheidung handelt. Maßgeblich für die Ermessensausübung war der durch § 22 Abs. 3 SoNuRL bezweckte Schutz des Ortsbilds ihrer Altstadt vor Überfrachtung mit Warenauslagen. Hierbei handelt es sich um ein dem Normzweck der Art. 18 ff. BayStrWG entsprechendes Kriterium: Wie oben bereits ausgeführt wurde, können bei der Ermessensausübung auch baugestalterische oder städtebauliche Belange, wie etwa der Schutz eines bestimmten Straßen- oder Ortsbilds, berücksichtigt werden, sofern sie einen sachlichen Bezug zur Straße haben und auf einem konkreten Gestaltungskonzept der Gemeinde beruhen (BayVGH, B. v. 3.11.2011 - 8 ZB 11.1457 - juris Rn. 20 m. w. N.; OVG Nordrhein-Westfalen, B. v. 1.7.2014 - 11 A 1081/12 - juris Rn. 8 f.). Wie die Regelung in § 22 Abs. 3 SoNuRL zeigt, verfolgt die Beklagte u. a. für den Bereich innerhalb des Altstadtrings das Konzept, Warenauslagen auf bestimmte, aus ihrer Sicht das Ortsbild nicht oder weniger störende Waren zu beschränken.

b) Entgegen der Auffassung der Klägerin liegen auch im Zusammenhang mit der Ausnahmeregelung des § 22 Abs. 3 Satz 2 SoNuRL keine Ermessensfehler der Beklagten vor:

Diesbezüglich ist zunächst darauf hinzuweisen, dass die Beklagte ausweislich der Bescheidsbegründung § 22 Abs. 3 Satz 2 SoNuRL gesehen und eine Sondernutzungserlaubnis nach dieser Vorschrift unter Hinweis auf die gängige und seit Jahren ausgeübte Entscheidungspraxis des Bezirksausschusses abgelehnt hat, mithin auch insoweit von einem Ermessensausfall keine Rede sein kann.

Anders als die Klägerin meint, war es auch nicht ermessensfehlerhaft, die Erteilung einer Sondernutzungserlaubnis nach § 22 Abs. 3 Satz 2 SoNuRL mit dieser Begründung abzulehnen: Ob § 22 Abs. 3 Satz 2 SoNuRL in der Fassung vom 9. April 2014 (a. F.) oder in der Fassung vom 1. Juli 2015 (n. F.) anzuwenden ist - für Letzteres spricht, dass die Beklagte ihre Verwaltungspraxis jederzeit für die Zukunft ändern kann (BayVGH, B. v. 3.11.2011 - 8 ZB 11.1457 - juris Rn. 27) und es hinsichtlich eines Anspruchs auf Erteilung einer Sondernutzungserlaubnis nach materiellem Recht auf den Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung ankommen dürfte -, kann dabei dahingestellt bleiben: Denn auch im Rahmen des § 22 Abs. 3 SoNuRL a. F. stellte Satz 1 den Grundsatz auf und deckte Satz 2 Ausnahmefälle ab, wie die Verwendung des Begriffs „grundsätzlich“ in Satz 1 und die systematische Stellung des Satzes 2 nach Satz 1 zeigen. Dieses Regel-Ausnahmeverhältnis wurde dadurch, dass in § 22 Abs. 3 Satz 2 SoNuRL n. F. der Passus „in Ausnahmefällen“ aufgenommen wurde, lediglich deutlicher herausgestellt. § 22 Abs. 3 Satz 2 SoNuRL (a. F. und n. F.) regelte bzw. regelt demnach nur das, was ohnehin gilt: Da ermessenslenkende Verwaltungsvorschriften nicht am konkreten, sondern am typischen Einzelfall orientiert sind, ist die Behörde nicht gehindert und kann sogar verpflichtet sein, ihr Ermessen in begründeten Fällen abweichend auszuüben. Insbesondere in besonders gelagerten atypischen Sonderfällen, die nicht in genereller Weise durch die Verwaltungsvorschriften vorentschieden sind, hat die Behörde eine Einzelfallwürdigung vorzunehmen (BayVGH, B. v. 3.11.2011 - 8 ZB 11.1457 - juris Rn. 26 m. w. N.). Indes ist vorliegend weder von der Klägerin vorgetragen noch sonst ersichtlich, dass und ggf. aus welchen Gründen im Fall der Klägerin ein besonders gelagerter atypischer Sonderfall oder ein sonstiger Ausnahmefall vorliegen sollte: Die Umstände und Hintergründe ihres Antrags auf Erteilung einer Sondernutzungserlaubnis unterscheiden sich nicht (nachteilig) von der Situation anderer Gewerbetreibender innerhalb des Altstadtrings, die ebenso zu Werbezwecken eine Kleiderpuppe auf der öffentlichen Verkehrsfläche vor ihrem Bekleidungsgeschäft aufstellen wollen. Es ist demnach nicht ermessensfehlerhaft gewesen, dass die Beklagte auch im Fall der Klägerin auf die gängige und seit Jahren ausgeübte Entscheidungspraxis des Bezirksausschusses abgestellt hat.

Nicht überzeugen kann die Argumentation der Klägerin, wonach die Beklagte im Rahmen des § 22 Abs. 3 Satz 2 SoNuRL darauf abzustellen habe, ob im konkreten Einzelfall durch die beantragte Sondernutzungserlaubnis für das Aufstellen einer Kleiderpuppe unter Berücksichtigung der in der Umgebung erteilten Sondernutzungserlaubnisse eine Überfrachtung des Innenstadtbereichs eintreten würde. Eine einzelne Sondernutzung kann für sich betrachtet nicht zu einer Überfrachtung führen. Vielmehr entstünde durch die Erteilung einer Sondernutzungserlaubnis für das Aufstellen einer Kleiderpuppe ein Bezugsfall, aufgrund dessen dann die Beklagte auch anderen Gewerbetreibenden im Rahmen des Gleichheitsgrundsatzes entsprechende Sondernutzungserlaubnisse erteilen müsste. Dies würde dann zu der Überfrachtung des Innenstadtbereichs mit Sondernutzungen führen, welche die Beklagte aus stadtgestalterischen Gründen verhindern möchte.

c) Schließlich ist die Entscheidung der Beklagten entgegen der Auffassung der Klägerin auch nicht deshalb ermessensfehlerhaft, weil sich nicht erschließen würde, weshalb die in § 22 Abs. 3 Satz 1 SoNuRL aufgeführten Warengruppen grundsätzlich erlaubnisfähig sind, andere jedoch nicht, und deshalb die Regelung in § 22 Abs. 3 SoNuRL willkürlich wäre. Es liegt auf der Hand, dass bestimmte Warengruppen als das Ortsbild nicht oder weniger störend empfunden werden können als andere Warengruppen, mithin insoweit zwischen verschiedenen Warengruppen differenziert werden kann. Auch hat eine Gemeinde bei der Erstellung des Gestaltungskonzepts für ihr Straßenbild eine „straßenrechtliche Gestaltungsfreiheit“: Sie kann das Erscheinungsbild z. B. ihres Altstadtbereichs selbst positiv gestalten, indem sie festlegt, welche gewerblichen Sondernutzungen prägend sein sollen und welche nicht (VGH BW, U. v. 9.12.1999 - 5 S 2051/98 - juris Rdnr. 46). Daran gemessen ist es nicht zu beanstanden, dass die Beklagte in § 22 Abs. 3 SoNuRL u. a. für den Bereich innerhalb des Altstadtrings Warenauslagen auf bestimmte, aus ihrer Sicht das Ortsbild nicht oder weniger störende Waren beschränkt hat. Anhaltspunkte für Willkür liegen nicht vor.

Nach alledem war die Klage mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen. Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i. V. m. § 708 Nr. 11, 711 ZPO.

Die Berufung war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 124 Abs. 2 Nrn. 3 oder 4 VwGO nicht vorliegen (§ 124a Abs. 1 Satz 1 VwGO).

Rechtsmittelbelehrung:

Nach §§ 124, 124 a Abs. 4 VwGO können die Beteiligten die Zulassung der Berufung gegen dieses Urteil innerhalb eines Monats nach Zustellung beim Bayerischen Verwaltungsgericht München,

Hausanschrift: Bayerstraße 30, 80335 München, oder

Postanschrift: Postfach 20 05 43, 80005 München

beantragen. In dem Antrag ist das angefochtene Urteil zu bezeichnen. Dem Antrag sollen vier Abschriften beigefügt werden.

Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist bei dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof,

Hausanschrift in München: Ludwigstraße 23, 80539 München, oder

Postanschrift in München: Postfach 34 01 48, 80098 München

Hausanschrift in Ansbach: Montgelasplatz 1, 91522 Ansbach

einzureichen, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist.

Über die Zulassung der Berufung entscheidet der Bayerische Verwaltungsgerichtshof.

Vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof müssen sich die Beteiligten, außer im Prozesskostenhilfeverfahren, durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof eingeleitet wird. Als Prozessbevollmächtigte zugelassen sind neben Rechtsanwälten und den in § 67 Abs. 2 Satz 1 VwGO genannten Rechtslehrern mit Befähigung zum Richteramt die in § 67 Abs. 4 Sätze 4 und 7 VwGO sowie in §§ 3, 5 RDGEG bezeichneten Personen und Organisationen.

Beschluss:

Der Streitwert wird auf EUR 5.000,00 festgesetzt (§ 52 Abs. 2 Gerichtskostengesetz -GKG-).

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Beschluss steht den Beteiligten die Beschwerde an den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zu, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes EUR 200,-- übersteigt oder die Beschwerde zugelassen wurde. Die Beschwerde ist innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, beim Bayerischen Verwaltungsgericht München,

Hausanschrift: Bayerstraße 30, 80335 München, oder

Postanschrift: Postfach 20 05 43, 80005 München

einzulegen.

Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, kann die Beschwerde auch noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.

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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:1.Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;2.Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;3.Urteile, dur
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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

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published on 01/07/2014 00:00

Tenor Der Antrag wird abgelehnt. Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens. Der Streitwert wird auch für das Zulassungsverfahren auf 5.000,00 Euro festgesetzt. 1G r ü n d e : 2Der Antrag auf Zulassung der Berufung ist zulässig, hat in de
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(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.

(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.

(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.

Das Gericht darf über das Klagebegehren nicht hinausgehen, ist aber an die Fassung der Anträge nicht gebunden.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.

(1) Das Verwaltungsgericht lässt die Berufung in dem Urteil zu, wenn die Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 vorliegen. Das Oberverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden. Zu einer Nichtzulassung der Berufung ist das Verwaltungsgericht nicht befugt.

(2) Die Berufung ist, wenn sie von dem Verwaltungsgericht zugelassen worden ist, innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Verwaltungsgericht einzulegen. Die Berufung muss das angefochtene Urteil bezeichnen.

(3) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 2 innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht zugleich mit der Einlegung der Berufung erfolgt, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden des Senats verlängert werden. Die Begründung muss einen bestimmten Antrag enthalten sowie die im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe). Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung unzulässig.

(4) Wird die Berufung nicht in dem Urteil des Verwaltungsgerichts zugelassen, so ist die Zulassung innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils zu beantragen. Der Antrag ist bei dem Verwaltungsgericht zu stellen. Er muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Stellung des Antrags hemmt die Rechtskraft des Urteils.

(5) Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht durch Beschluss. Die Berufung ist zuzulassen, wenn einer der Gründe des § 124 Abs. 2 dargelegt ist und vorliegt. Der Beschluss soll kurz begründet werden. Mit der Ablehnung des Antrags wird das Urteil rechtskräftig. Lässt das Oberverwaltungsgericht die Berufung zu, wird das Antragsverfahren als Berufungsverfahren fortgesetzt; der Einlegung einer Berufung bedarf es nicht.

(6) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 5 innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses über die Zulassung der Berufung zu begründen. Die Begründung ist bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Absatz 3 Satz 3 bis 5 gilt entsprechend.

(1) Die Beteiligten können vor dem Verwaltungsgericht den Rechtsstreit selbst führen.

(2) Die Beteiligten können sich durch einen Rechtsanwalt oder einen Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz, der die Befähigung zum Richteramt besitzt, als Bevollmächtigten vertreten lassen. Darüber hinaus sind als Bevollmächtigte vor dem Verwaltungsgericht vertretungsbefugt nur

1.
Beschäftigte des Beteiligten oder eines mit ihm verbundenen Unternehmens (§ 15 des Aktiengesetzes); Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich auch durch Beschäftigte anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse vertreten lassen,
2.
volljährige Familienangehörige (§ 15 der Abgabenordnung, § 11 des Lebenspartnerschaftsgesetzes), Personen mit Befähigung zum Richteramt und Streitgenossen, wenn die Vertretung nicht im Zusammenhang mit einer entgeltlichen Tätigkeit steht,
3.
Steuerberater, Steuerbevollmächtigte, Wirtschaftsprüfer und vereidigte Buchprüfer, Personen und Vereinigungen im Sinne der §§ 3a und 3c des Steuerberatungsgesetzes im Rahmen ihrer Befugnisse nach § 3a des Steuerberatungsgesetzes, zu beschränkter geschäftsmäßiger Hilfeleistung in Steuersachen nach den §§ 3d und 3e des Steuerberatungsgesetzes berechtigte Personen im Rahmen dieser Befugnisse sowie Gesellschaften im Sinne des § 3 Satz 1 Nummer 2 und 3 des Steuerberatungsgesetzes, die durch Personen im Sinne des § 3 Satz 2 des Steuerberatungsgesetzes handeln, in Abgabenangelegenheiten,
3a.
Steuerberater, Steuerbevollmächtigte, Wirtschaftsprüfer und vereidigte Buchprüfer, Personen und Vereinigungen im Sinne der §§ 3a und 3c des Steuerberatungsgesetzes im Rahmen ihrer Befugnisse nach § 3a des Steuerberatungsgesetzes, zu beschränkter geschäftsmäßiger Hilfeleistung in Steuersachen nach den §§ 3d und 3e des Steuerberatungsgesetzes berechtigte Personen im Rahmen dieser Befugnisse sowie Gesellschaften im Sinne des § 3 Satz 1 Nummer 2 und 3 des Steuerberatungsgesetzes, die durch Personen im Sinne des § 3 Satz 2 des Steuerberatungsgesetzes handeln, in Angelegenheiten finanzieller Hilfeleistungen im Rahmen staatlicher Hilfsprogramme zur Abmilderung der Folgen der COVID-19-Pandemie, wenn und soweit diese Hilfsprogramme eine Einbeziehung der Genannten als prüfende Dritte vorsehen,
4.
berufsständische Vereinigungen der Landwirtschaft für ihre Mitglieder,
5.
Gewerkschaften und Vereinigungen von Arbeitgebern sowie Zusammenschlüsse solcher Verbände für ihre Mitglieder oder für andere Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder,
6.
Vereinigungen, deren satzungsgemäße Aufgaben die gemeinschaftliche Interessenvertretung, die Beratung und Vertretung der Leistungsempfänger nach dem sozialen Entschädigungsrecht oder der behinderten Menschen wesentlich umfassen und die unter Berücksichtigung von Art und Umfang ihrer Tätigkeit sowie ihres Mitgliederkreises die Gewähr für eine sachkundige Prozessvertretung bieten, für ihre Mitglieder in Angelegenheiten der Kriegsopferfürsorge und des Schwerbehindertenrechts sowie der damit im Zusammenhang stehenden Angelegenheiten,
7.
juristische Personen, deren Anteile sämtlich im wirtschaftlichen Eigentum einer der in den Nummern 5 und 6 bezeichneten Organisationen stehen, wenn die juristische Person ausschließlich die Rechtsberatung und Prozessvertretung dieser Organisation und ihrer Mitglieder oder anderer Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder entsprechend deren Satzung durchführt, und wenn die Organisation für die Tätigkeit der Bevollmächtigten haftet.
Bevollmächtigte, die keine natürlichen Personen sind, handeln durch ihre Organe und mit der Prozessvertretung beauftragten Vertreter.

(3) Das Gericht weist Bevollmächtigte, die nicht nach Maßgabe des Absatzes 2 vertretungsbefugt sind, durch unanfechtbaren Beschluss zurück. Prozesshandlungen eines nicht vertretungsbefugten Bevollmächtigten und Zustellungen oder Mitteilungen an diesen Bevollmächtigten sind bis zu seiner Zurückweisung wirksam. Das Gericht kann den in Absatz 2 Satz 2 Nr. 1 und 2 bezeichneten Bevollmächtigten durch unanfechtbaren Beschluss die weitere Vertretung untersagen, wenn sie nicht in der Lage sind, das Sach- und Streitverhältnis sachgerecht darzustellen.

(4) Vor dem Bundesverwaltungsgericht und dem Oberverwaltungsgericht müssen sich die Beteiligten, außer im Prozesskostenhilfeverfahren, durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht oder einem Oberverwaltungsgericht eingeleitet wird. Als Bevollmächtigte sind nur die in Absatz 2 Satz 1 bezeichneten Personen zugelassen. Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich durch eigene Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt oder durch Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse vertreten lassen. Vor dem Bundesverwaltungsgericht sind auch die in Absatz 2 Satz 2 Nr. 5 bezeichneten Organisationen einschließlich der von ihnen gebildeten juristischen Personen gemäß Absatz 2 Satz 2 Nr. 7 als Bevollmächtigte zugelassen, jedoch nur in Angelegenheiten, die Rechtsverhältnisse im Sinne des § 52 Nr. 4 betreffen, in Personalvertretungsangelegenheiten und in Angelegenheiten, die in einem Zusammenhang mit einem gegenwärtigen oder früheren Arbeitsverhältnis von Arbeitnehmern im Sinne des § 5 des Arbeitsgerichtsgesetzes stehen, einschließlich Prüfungsangelegenheiten. Die in Satz 5 genannten Bevollmächtigten müssen durch Personen mit der Befähigung zum Richteramt handeln. Vor dem Oberverwaltungsgericht sind auch die in Absatz 2 Satz 2 Nr. 3 bis 7 bezeichneten Personen und Organisationen als Bevollmächtigte zugelassen. Ein Beteiligter, der nach Maßgabe der Sätze 3, 5 und 7 zur Vertretung berechtigt ist, kann sich selbst vertreten.

(5) Richter dürfen nicht als Bevollmächtigte vor dem Gericht auftreten, dem sie angehören. Ehrenamtliche Richter dürfen, außer in den Fällen des Absatzes 2 Satz 2 Nr. 1, nicht vor einem Spruchkörper auftreten, dem sie angehören. Absatz 3 Satz 1 und 2 gilt entsprechend.

(6) Die Vollmacht ist schriftlich zu den Gerichtsakten einzureichen. Sie kann nachgereicht werden; hierfür kann das Gericht eine Frist bestimmen. Der Mangel der Vollmacht kann in jeder Lage des Verfahrens geltend gemacht werden. Das Gericht hat den Mangel der Vollmacht von Amts wegen zu berücksichtigen, wenn nicht als Bevollmächtigter ein Rechtsanwalt auftritt. Ist ein Bevollmächtigter bestellt, sind die Zustellungen oder Mitteilungen des Gerichts an ihn zu richten.

(7) In der Verhandlung können die Beteiligten mit Beiständen erscheinen. Beistand kann sein, wer in Verfahren, in denen die Beteiligten den Rechtsstreit selbst führen können, als Bevollmächtigter zur Vertretung in der Verhandlung befugt ist. Das Gericht kann andere Personen als Beistand zulassen, wenn dies sachdienlich ist und hierfür nach den Umständen des Einzelfalls ein Bedürfnis besteht. Absatz 3 Satz 1 und 3 und Absatz 5 gelten entsprechend. Das von dem Beistand Vorgetragene gilt als von dem Beteiligten vorgebracht, soweit es nicht von diesem sofort widerrufen oder berichtigt wird.

(1) Kammerrechtsbeistände stehen in den nachfolgenden Vorschriften einem Rechtsanwalt gleich:

1.
§ 79 Absatz 1 Satz 2 und Absatz 2 Satz 1, § 88 Absatz 2, § 121 Absatz 2 bis 4, § 122 Absatz 1, den §§ 126, 130d und 133 Absatz 2, den §§ 135, 157 und 169 Absatz 2, den §§ 174, 195 und 317 Absatz 5 Satz 2, § 348 Absatz 1 Satz 2 Nummer 2 Buchstabe d, § 397 Absatz 2 und § 702 Absatz 2 Satz 2 der Zivilprozessordnung,
2.
§ 10 Absatz 2 Satz 1, § 11 Satz 4, § 13 Absatz 4, den §§ 14b und 78 Absatz 2 bis 4 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit,
3.
§ 11 Absatz 2 Satz 1 und § 46g des Arbeitsgerichtsgesetzes,
4.
den §§ 65d und 73 Absatz 2 Satz 1 und Absatz 6 Satz 5 des Sozialgerichtsgesetzes, wenn nicht die Erlaubnis das Sozial- und Sozialversicherungsrecht ausschließt,
5.
den §§ 55d und 67 Absatz 2 Satz 1 und Absatz 6 Satz 4 der Verwaltungsgerichtsordnung,
6.
den §§ 52d und 62 Absatz 2 Satz 1 und Absatz 6 Satz 4 der Finanzgerichtsordnung, wenn die Erlaubnis die geschäftsmäßige Hilfeleistung in Steuersachen umfasst.

(2) Registrierte Erlaubnisinhaber stehen im Sinn von § 79 Abs. 2 Satz 1 der Zivilprozessordnung, § 10 Abs. 2 Satz 1 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit, § 11 Abs. 2 Satz 1 des Arbeitsgerichtsgesetzes, § 73 Abs. 2 Satz 1 des Sozialgerichtsgesetzes, § 67 Abs. 2 Satz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung und § 62 Abs. 2 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung einem Rechtsanwalt gleich, soweit ihnen die gerichtliche Vertretung oder das Auftreten in der Verhandlung

1.
nach dem Umfang ihrer bisherigen Erlaubnis,
2.
als Prozessagent durch Anordnung der Justizverwaltung nach § 157 Abs. 3 der Zivilprozessordnung in der bis zum 30. Juni 2008 geltenden Fassung,
3.
durch eine für die Erteilung der Erlaubnis zum mündlichen Verhandeln vor den Sozialgerichten zuständige Stelle,
4.
nach § 67 der Verwaltungsgerichtsordnung in der bis zum 30. Juni 2008 geltenden Fassung oder
5.
nach § 13 des Gesetzes über die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit in der bis zum 30. Juni 2008 geltenden Fassung
gestattet war. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 1 bis 3 ist der Umfang der Befugnis zu registrieren und im Rechtsdienstleistungsregister bekanntzumachen.

(3) Das Gericht weist registrierte Erlaubnisinhaber, soweit sie nicht nach Maßgabe des Absatzes 2 zur gerichtlichen Vertretung oder zum Auftreten in der Verhandlung befugt sind, durch unanfechtbaren Beschluss zurück. Prozesshandlungen eines nicht vertretungsbefugten Bevollmächtigten und Zustellungen oder Mitteilungen an diesen Bevollmächtigten sind bis zu seiner Zurückweisung wirksam. Das Gericht kann registrierten Erlaubnisinhabern durch unanfechtbaren Beschluss die weitere Vertretung oder das weitere Auftreten in der Verhandlung untersagen, wenn sie nicht in der Lage sind, das Sach- und Streitverhältnis sachgerecht darzustellen.§ 335 Abs. 1 Nr. 5 der Zivilprozessordnung gilt entsprechend.