Die Klägerin, eine Stadt mit ca. 23.000 Einwohnern, wendet sich gegen eine rechtsaufsichtliche Maßnahme, mit der die vom Stadtrat beschlossene Aufhebung der Straßenausbaubeitragssatzung beanstandet wurde.
Mit Beschluss vom 12. März 2015 erließ die Erste Bürgermeisterin der Klägerin, welche gemäß Art. 23 Abs. 3 GLKrWG die Geschäfte der Klägerin führte, eine Aufhebungssatzung zu der Satzung über die Erhebung von Beiträgen zur Deckung des Aufwands für die Herstellung, Anschaffung, Verbesserung oder Erneuerung von Straßen, Wegen, Plätzen, Parkplätzen, Grünanlagen und Kinderspielplätzen vom 30. September 2004 (im Folgenden: Aufhebungssatzung). Der Beschluss lautete:
„Die Stadt S. erhebt künftig keine Straßenausbaubeiträge von den Anliegern, die Straßenausbaubeitragssatzung wird abgeschafft. Die Satzung zur Aufhebung der Ausbaubeitragssatzung durch die Stadt S. wird beschlossen.“
Die Aufhebungssatzung wurde im Amtsblatt für den Landkreis S. vom 25. März 2015 bekanntgemacht. Sie trat am 1. April 2015 in Kraft.
Am 29. Juni 2015 bestätigte der Stadtrat der Klägerin durch Beschluss unter Tagesordnungspunkt 6 die Aufhebung der Straßenausbaubeitragssatzung durch die Erste Bürgermeisterin.
Nach mehrfacher Anhörung erließ das Landratsamt S. folgenden Bescheid:
„1. Der Beschluss der geschäftsführenden Ersten Bürgermeisterin der Stadt S. vom 12. März 2015 gemäß § 23 Abs. 3 GLKrWG (über die Abschaffung der Straßenausbaubeitragssatzung und über die Satzung zur Aufhebung der Ausbaubeitragssatzung) sowie der Beschluss des Stadtrats der Stadt S. in der Sitzung vom 29. Juni 2015 unter dem Tagesordnungspunkt 6 (über die Bestätigung der Aufhebung der Straßenausbaubeitragssatzung) sind rechtswidrig und werden rechtsaufsichtlich beanstandet.
2. Die Stadt S. wird aufgefordert, die unter Nr. 1 dieses Bescheides genannten Beschlüsse aufzuheben.
3. Für den Fall, dass die Stadt S. die in Nr. 1 dieses Bescheides genannten Beschlüsse nicht binnen zwei Monaten nach Bestandskraft aufhebt, wird die Ersatzvornahme durch die Rechtsaufsichtsbehörde angedroht.
4. Für diesen Bescheid werden keine Kosten erhoben.“
Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt:
Die genannten Beschlüsse verstießen gegen Art. 5 Abs. 1 Satz 3 KAG i.V.m. Art. 62 Abs. 2 GO.
Das Gesamtvolumen des Haushalts der Stadt S. für das laufende Haushaltsjahr 2015 betrage ca. 86,128 Mio. EUR. Es solle bis zum Ende des Rechnungsjahres 2018 auf ca. 76,110 Mio. EUR sinken. Der Anteil der Gewerbesteuereinnahmen belaufe sich für 2015 auf ca. 16,25 Mio. EUR, mithin auf 18,867% des Gesamtvolumens. Die Klägerin plane umfangreiche Investitionen und Investitionsfördermaßnahmen für das laufende Haushaltsjahr 2015 i.H.v. ca. 18,987 Mio. EUR sowie jeweils bis zum Ende der Finanzplanungsjahre 2016, 2017 und 2018 i.H.v. 23,275 Mio. EUR, 15,885 Mio. EUR bzw. 5,265 Mio. EUR.
Die Klägerin verfüge bis Ende 2015 über Rücklagen i.H.v. 13,58 Mio. EUR. Diese gingen im Wesentlichen noch auf die Veräußerung des Kanalnetzes 2014 zurück. Bis Ende 2016 sollen die Rücklagen jedoch auf ca. 1,37 Mio. EUR abgeschmolzen werden, um dann wieder anzusteigen.
Die Klägerin plane bis zum Ende des Finanzplanungsjahres 2018 neue Nettokreditaufnahmen i.H.v. insgesamt 11,0 Mio. EUR. Der Schuldenstand betrage zum Ende des Haushaltsjahres 2014 ca. 18,68 Mio. EUR. Bis zum Ende des Finanzplanungsjahres 2016 solle der Schuldenstand auf ca. 22,44 Mio. EUR ansteigen. Der Schuldendienst betrage für das laufende Haushaltsjahr 2015 ca. 2,18 Mio. EUR. Um den Haushalt im Finanzplanungsjahr 2017 ausgleichen zu können, müsse die Klägerin zusätzlich zu der dargestellten Verringerung der Rücklagen und zu den dargestellten neuen Nettokreditaufnahmen Grundstücke im Wert von 15,7 Mio. EUR veräußern. Die Pro-Kopf-Verschuldung der Klägerin betrage zum Ende des laufenden Haushaltsjahres 2015 ca. 753,22 EUR pro Einwohner. Die Pro-Kopf-Verschuldung der Klägerin für das laufende Haushaltsjahr 2015 sowie für die Finanzplanungsjahre 2016, 2017 und 2018 übersteige den Landesdurchschnitt deutlich.
Im Ergebnis seien keine Anhaltspunkte für die Annahme eines atypischen Falls ersichtlich, die einen Verzicht auf die Erhebung von Straßenausbaubeiträgen rechtfertigen könnten. Dabei könne dahingestellt bleiben, ob die Klägerin angesichts der geschilderten Entwicklungen über eine solide Finanzlage verfüge. Eine solide Finanzlage reiche für die Annahme eines atypischen Falles nicht aus. Die im Rahmen der Beschlussbegründung und der Anhörung vorgebrachten Gesichtspunkte rechtfertigen keine andere Beurteilung.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den angegriffenen Bescheid Bezug genommen.
Mit Schriftsatz vom 17. November 2015, bei Gericht eingegangen per Telefax am gleichen Tag, erhob die Klägerin hiergegen Klage.
Die rechtsaufsichtliche Beanstandung der Aufhebungsatzung verstoße gegen das Recht auf kommunale Selbstverwaltung nach Art. 28 Abs. 2 GG. Die Voraussetzungen für die rechtsaufsichtliche Beanstandung nach Art. 112 Abs. 1 GO lägen nicht vor. Der Entscheidungsspielraum des Art. 5 KAG sei ebenso verkannt worden, wie die Haushaltsgrundsätze des Art. 61 und Art. 62 GO.
Die Haushaltslage der Klägerin sei so günstig, dass ohne empfindliche Einbußen an der dauernden Leistungsfähigkeit im Sinn des Art. 61 Abs. 1 GO auf die Einnahmenbeschaffung aus Straßenausbaubeiträgen für die erforderlichen und geplanten Ausbaumaßnahmen verzichtet werden könne. Dabei sei – entgegen dem Vorgehen der Rechtsaufsicht – nicht nur auf die Prognose nach dem Haushalts- und Finanzplan, sondern auf die tatsächliche Entwicklung der vergangenen Jahre abzustellen, die sich im Falle der Klägerin deutlich positiver gestaltet habe.
Die Straßenausbaubeiträge im Haushalt der Klägerin seien mit 0,5% der Gesamteinnahmen (durchschnittlich 50.000,- EUR jährlich) außerdem nur von untergeordneter Bedeutung. Hinzu komme die Vollzugsproblematik, die vor allem in den rechtlichen Problemen der Rechtsanwendung bestände. Die meisten Kommunen verfügten auch nicht über besonders spezialisierte Bedienstete, sondern müssten das Ausbaubeitragsrecht im Rahmen der üblichen Verwaltungstätigkeit bewerkstelligen.
Zu berücksichtigen sei auch, dass sich die tatsächliche Entwicklung regelmäßig positiver entwickelt habe, als im Haushalts- und Finanzplan prognostiziert. So seien z.B. für die Jahre 2005 – 2015 Kreditaufnahmen von durchschnittlich 2,28 Mio. EUR eingeplant gewesen, aber durchschnittlich nur 1,35 Mio. EUR hiervon abgerufen worden. Auch die von der Rechtsaufsicht vorgehaltene für 2015 geplante Abschmelzung der Rücklage um 11,27 Mio. EUR werde nach der geschätzten derzeitigen Prognose um 1,27 Mio. EUR unterschritten. In mehreren Jahren sei der Schuldenstand durch die Rücklage überstiegen worden (2007, 2008, 2014). Im Durchschnitt hätten in den Jahren 2005 – 2014 die Schulden nur um 1,35 Mio. EUR über der Rücklage gelegen. Im Jahr 2015 lägen die Schulden nach der geschätzten derzeitigen Prognose um 2,17 Mio. EUR über der Rücklage.
Die rechtsaufsichtliche Beanstandung der Aufhebungssatzung stelle auch einen Verstoß gegen das Gleichheitsgebot des Art. 3 Abs. 1 GG dar. Denn bei weitem nicht alle bayerischen Gemeinden hätten eine Straßenausbaubeitragssatzung. Der Verzicht auf eine Straßenausbaubeitragssatzung der Landeshauptstadt sei von der Regierung von Oberbayern ebenso akzeptiert worden als die Aufhebung der Ausbaubeitragssatzung der Gemeinde P …
Die Ermessensausübung sei rechtlich zu beanstanden. Es liege kein offensichtlicher Rechtsverstoß der Klägerin vor. Die Rechtsaufsichtsbehörde habe auch die unterschiedliche Natur der verschiedenen Beitragsarten bei ihrer Entscheidung nicht berücksichtigt. Die rechtsaufsichtliche Beanstandung betreffe nicht nur Beiträge nach Art. 5 Abs. 1 Satz 3 KAG, sondern auch Beiträge für die weiteren in der Satzung genannten öffentlichen Einrichtungen nach Art. 5 Abs. 1 Satz 1 KAG. Bei pflichtgemäßer Ermessenausübung hätte die Aufhebung nicht erfolgen dürfen.
Das klägerische Vorbringen wurde mit Schriftsatz vom 22. Februar 2017 noch vertieft.
Die Klägerin beantragt,
den Bescheid des Landratsamts S. vom 16. Oktober 2015 aufzuheben.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der Beklagte tritt den Ausführungen der Klägerin ausführlich entgegen.
Am 7. März 2017 fand die mündliche Verhandlung statt; wegen der Einzelheiten wird auf die Niederschrift über die öffentliche mündliche Verhandlung Bezug genommen.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte sowie auf die vorgelegten Behördenakten verwiesen.
Die Klage ist zulässig, aber in der Sache nicht begründet.
Die rechtsaufsichtlichen Maßnahmen des Landratsamtes, nämlich die Beanstandung der Beschlüsse der Ersten Bürgermeisterin der Klägerin vom 12. März 2015 und des Stadtrats vom 29. Juni 2015 zur Aufhebung der Straßenausbaubeitragssatzung und die mit der Androhung der Ersatzvornahme verbundene Aufforderung, diese Beschlüsse aufzuheben, sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
1. Die Voraussetzungen für ein rechtsaufsichtliches Einschreiten nach Art. 112 Satz 1 GO lagen (und liegen) vor.
Das Landratsamt durfte als zuständige Rechtsaufsichtsbehörde (Art. 110 Satz 1 GO) die genannten Beschlüsse der Klägerin beanstanden und deren Aufhebung verlangen, weil sie rechtswidrig waren. Die Klägerin war im maßgeblichen Zeitpunkt der Beschlussfassung (und ist weiterhin) gemäß Art. 5 Abs. 1 Satz 3 KAG in Verbindung mit Art. 62 Abs. 2 GO zur Erhebung von Beiträgen für die Verbesserung oder Erneuerung ihrer Ortsstraßen und beschränkt-öffentlichen Wege verpflichtet und deshalb rechtlich daran gehindert, ihre Ausbaubeitragssatzung vom 1. Dezember 2010 als zwingend erforderliche Voraussetzung für die Beitragserhebung (Art. 2 Abs. 1 Satz 1 KAG) aufzuheben.
Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof hat zu der Pflicht zur Erhebung von Straßenausbaubeiträgen ausgeführt (BayVGH, U.v. 3.11.2016 – 6 B 15.2732 – juris Rn. 33 ff.):
„a) Die Befugnis der Gemeinden zur Beitragserhebung und die damit verbundene Ermächtigung zum Erlass einer entsprechenden Beitragssatzung hat der Gesetzgeber im Kommunalabgabengesetz (i.d.F. der Bek. v. 4.4.1993, GVBl S. 264, BayRS 2024-1-I, zuletzt geändert durch Gesetz v. 8.3.2016, GVBl S. 36) unterschiedlich ausgestaltet. Während die Gemeinden zur Deckung ihres anderweitig nicht gedeckten Aufwands für Erschließungsanlagen Erschließungsbeiträge erheben müssen (Art. 5 a Abs. 1 KAG, bis 1.4.2016: i.V.m. § 127 Abs. 1 BauGB: „Die Gemeinden erheben …“), steht die Erhebung von Beiträgen zur Deckung des Aufwands für die Herstellung, Anschaffung, Verbesserung oder Erneuerung ihrer öffentlichen Einrichtungen grundsätzlich im pflichtgemäßen Ermessen der Gemeinden (Art. 5 Abs. 1 Satz 1 KAG: „Die Gemeinden … können“). Für die hier in Streit stehende Verbesserung oder Erneuerung von Ortsstraßen und beschränkt-öffentlichen Wegen bestimmt Art. 5 Abs. 1 Satz 3 KAG, dass solche Beiträge erhoben werden „sollen“, soweit nicht Erschließungsbeiträge nach Art. 5 a KAG zu erheben sind.
aa) Der Begriff „sollen“ in Art. 5 Abs. 1 Satz 3 KAG hat nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs grundsätzlich verbindlichen Charakter. Die Gemeinden sind – wie bei Soll-Vorschriften in anderen Gesetzen grundsätzlich auch (vgl. BVerwG, B.v. 3.12.2009 – 9 B 79.09 – juris Rn. 2; U.v. 17.12.2015 – 1 C 31.14 – NVwZ 2016, 458 Rn. 21 m.w.N.) – im Regelfall verpflichtet, so zu verfahren, wie es im Gesetz bestimmt ist. Nur bei Vorliegen von Umständen, die den Fall als atypisch erscheinen lassen, dürfen sie anders verfahren als im Gesetz vorgesehen und den atypischen Fall nach pflichtgemäßem Ermessen entscheiden. Das heißt, die Gemeinden sind mit Blick auf die Verbesserung oder Erneuerung von Ortsstraßen und beschränkt-öffentlichen Wegen grundsätzlich zur Beitragserhebung verpflichtet. Diese grundsätzliche Verpflichtung umfasst sämtliche für eine Beitragserhebung erforderlichen Verfahrensschritte, zuvörderst die Pflicht zum Erlass (und zur Aufrechterhaltung) einer besonderen Abgabesatzung (Straßenausbaubeitragssatzung) als zwingender Voraussetzung für die Beitragserhebung im engeren Sinn (vgl. Art. 2 Abs. 1 Satz 1 KAG). Nur in Ausnahmefällen dürfen sie die genannten Straßenbaumaßnahmen vollständig aus allgemeinen Deckungsmitteln finanzieren. Es müssen also besondere Umstände vorliegen, die es – ausnahmsweise – rechtfertigen, von der Beitragserhebung abzusehen und auf eine entsprechende Beitragssatzung zu verzichten (vgl. BayVGH, U.v. 26.10.1987 – 6 B 85 A 842 und 1075; U.v. 10.3.1999 – 4 B 98.1349 – BayVBl 1999, 408; U.v. 15.10.2009 – 6 B 08.1431 – BayVBl 2010, 278 Rn. 24). Die Beantwortung der Frage, ob ein atypischer Fall vorliegt, ist nicht Teil der Ermessensentscheidung, sondern deren gesetzliche Voraussetzung. Den Gemeinden ist insoweit kein Beurteilungsspielraum eingeräumt. Ihre Einschätzung unterliegt vielmehr im Streitfall in vollem Umfang der Nachprüfung durch die Rechtsaufsichtsbehörden und Gerichte. Es handelt sich insoweit um eine rechtlich gebundene Entscheidung, an die sich bei Vorliegen eines atypischen Ausnahmefalls auf der zweiten Stufe eine nur eingeschränkt überprüfbare Ermessensentscheidung der Gemeinde anschließt.
Dieses Verständnis des Art. 5 Abs. 1 Satz 3 KAG ergibt sich nicht nur aus dem Gesetzeswortlaut und der Unterscheidung von Kann-, Soll- und Muss-Regelungen zur Beitragserhebung, sondern wird auch durch die Gesetzesmaterialien belegt. Denn der Gesetzgeber wollte mit der Ausgestaltung als Soll-Vorschrift im Fall der Erneuerung oder Verbesserung von Ortsstraßen und beschränkt-öffentlichen Wegen bewusst dem Umstand begegnen, dass in der Vergangenheit „die Gemeinden in viel zu geringem Ausmaß von ihrem Recht, Beiträge für solche Maßnahmen festzusetzen, Gebrauch gemacht haben“ (LTDrs. 7/5192 S. 16). Dem steht nicht entgegen, dass die Gemeinden nach dem zum 1. April 2016 in Kraft getretenen Art. 5 b KAG anstelle einmaliger Beiträge nach Art. 5 Abs. 1 KAG wiederkehrende Beiträge für Verkehrsanlagen erheben „können“. Damit wird lediglich ein Wahlrecht hinsichtlich der Art der Beitragserhebung eröffnet, nicht aber der Soll-Befehl des Art. 5 Abs. 1 Satz 3 KAG abgeschwächt. Der Gesetzgeber geht vielmehr davon aus, dass die „neue Option“ der wiederkehrenden Beiträge den Gemeinden entgegen kommt, „die vormals noch nicht über eine Straßenausbaubeitragssatzung verfügten, jedoch … zu einer Beitragserhebung … verpflichtet gewesen wären und nach wie vor sind“ (LTDrs. 17/8225 S. 18). In dem Soll-Befehl kommt zugleich das Anliegen des Gesetzgebers zum Ausdruck, alle Grundstückseigentümer (und Erbbauberechtigte), denen die Möglichkeit der Inanspruchnahme einer verbesserten oder erneuerten Straße besondere Vorteile bietet, in allen bayerischen Gemeinden im Interesse der Beitragsgerechtigkeit möglichst gleich zu behandeln.
bb) Wann ein atypischer Ausnahmefall vorliegt, der den Erlass und die Vorhaltung einer Straßenausbaubeitragssatzung entgegen der gesetzlichen Regel des Art. 5 Abs. 1 Satz 3 KAG in das Ermessen der Gemeinde stellt, lässt sich nur aufgrund einer wertenden Betrachtung aller Umstände des Einzelfalles beurteilen. Diese Wertung wird maßgebend geprägt durch das gemeindliche Finanzverfassungsrecht im Allgemeinen und die in Art. 62 Abs. 2 und 3 GO geregelten Grundsätze der Einnahmebeschaffung im Besonderen.
Art. 22 Abs. 2 GO räumt den Gemeinden das Recht ein, ihr Finanzwesen im Rahmen der Gesetze selbst zu regeln, und verpflichtet den Gesetzgeber, den Gemeinden im Rahmen ihrer Finanzhoheit als Teil des verfassungsrechtlich garantierten Selbstverwaltungsrechts die zur Erfüllung ihrer Aufgaben notwendigen Finanzmittel in ausreichendem Maße zur Verfügung zu stellen. In Erfüllung dieses Regelungsauftrags hat der Gesetzgeber durch die speziellen Ermächtigungen im Kommunalabgabengesetz den Gemeinden das Recht eingeräumt, zur Erfüllung ihrer Aufgaben auch eigene Abgaben, darunter Straßenausbaubeiträge, zu erheben. Art. 62 GO enthält umgekehrt für die Gemeinden die haushaltsrechtliche Verpflichtung, die ihnen gesetzlich eingeräumten Einnahmemöglichkeiten im Rahmen ihrer Haushaltswirtschaft auch tatsächlich vollständig auszuschöpfen, soweit dies zur Aufgabenerfüllung notwendig ist. Diese Verpflichtung steht insbesondere im unmittelbaren Zusammenhang mit dem Grundsatz des Haushaltsausgleichs (Art. 64 Abs. 3 Satz 1 GO), der Sicherung der Aufgabenerfüllung (Art. 61 Abs. 1 Satz 1 GO) und der Sicherstellung der dauernden Leistungsfähigkeit (Art. 61 Abs. 1 Satz 2 GO).
Vor diesem Hintergrund legt Art. 62 Abs. 2 und 3 GO die Reihenfolge fest, nach der sich die Gemeinde die zur Erfüllung ihrer Aufgaben erforderlichen Einnahmen zu beschaffen hat. Primäre Deckungsmittel sind die „sonstigen Einnahmen“, zu denen insbesondere die Gemeindeanteile an der Einkommen- und Umsatzsteuer, die allgemeinen Finanzzuweisungen sowie staatliche Zuwendungen für bestimmte Maßnahmen und die Erträge aus dem Gemeindevermögen zählen. Soweit diese sonstigen Einnahmen nicht ausreichen, hat die Gemeinde die zur Erfüllung ihrer Aufgaben erforderlichen Einnahmen soweit vertretbar und geboten aus besonderen Entgelten für die von ihr erbrachten Leistungen (Abs. 2 Nr. 1) und „im Übrigen“ – also nachrangig – aus Steuern (Abs. 2 Nr. 2) zu beschaffen. Kredite darf die Gemeinde nur aufnehmen, wenn eine andere Finanzierung nicht möglich ist oder wirtschaftlich unzweckmäßig wäre (Abs. 3). Die in Art. 62 Abs. 2 und 3 GO gesetzlich festgelegte Rangfolge der Deckungsmittel geht von dem Grundsatz aus, dass derjenige, der eine kommunale Leistung in Anspruch nimmt oder durch eine kommunale Einrichtung einen Sondervorteil erhält, die entstehenden Kosten in vertretbarem Umfang tragen soll. Die Vorschrift soll zugleich der Entwicklung entgegenwirken, auf angemessene Gegenleistung zu verzichten und den Aufwand für die einem Einzelnen besonders zugutekommenden Leistungen aus allgemeinen Deckungsmitteln zu bestreiten (vgl. LTDrs. 7/3103 S. 32). Dabei handelt es sich nicht bloß um einen Programmsatz, sondern schon mit Blick auf den Gesetzeswortlaut um zwingendes Recht, das dem einzelnen Bürger zwar kein individuelles, einklagbares Recht verleiht, dessen Einhaltung aber von den Rechtsaufsichtsbehörden nach Art. 109 Abs. 1 GO zu überwachen ist. Allerdings bleibt es jeder einzelnen Gemeinde im Rahmen ihrer Finanzautonomie überlassen, inwieweit sie in dem ihr durch die Haushaltsgrundsätze gesteckten äußersten rechtlichen Rahmen von den Einnahmequellen Gebrauch macht (vgl. BayVGH, B.v. 1.2.2007 – 4 ZB 06.2567 – BayVBl 2007, 374 f.; B .v. 20.10.2011 – 4 ZB 11.1187 – juris Rn. 12 ff. m.w.N.).
Die Straßenausbaubeiträge gehören zu den an zweiter Rangstelle der Einnahmequellen stehenden „besonderen Entgelten“. Sie werden von den Eigentümern und Erbbauberechtigten derjenigen Grundstücke erhoben, denen durch die Möglichkeit der Inanspruchnahme einer verbesserten oder erneuerten Orts Straße oder eines beschränkt-öffentlichen Weges besondere Vorteile entstehen, die sie aus dem Kreis der Allgemeinheit herausheben (vgl. BayVGH, U.v. 14.4.2011 – 6 BV 08.3182 – BayVBl 2012, 24 Rn. 18; U.v. 30.6.2016 – 6 B 16.515 – juris Rn. 17). Aufgrund der Wechselwirkung zwischen den haushaltswirtschaftlichen Grundsätzen und der Soll-Vorschrift des Art. 5 Abs. 1 Satz 3 KAG verbleibt nur ein sehr eng begrenzter Bereich, innerhalb dessen eine Gemeinde auf den Erlass einer Straßenausbaubeitragssatzung als unabdingbare Voraussetzung für die Erhebung von Straßenausbaubeiträgen verzichten kann (entsprechend etwa für das thüringische Landesrecht ThürOVG, U.v. 31.5.2005 – 4 KO 1499/04 – ThürVBl 2006, 63 ff.). Als Rechtfertigung für einen solch umfassenden „Komplettverzicht“ auf diese Einnahmequelle genügt es nicht, dass eine Gemeinde „haushaltsmäßig“ mehr oder weniger gut dasteht und sich den Beitragsausfall „finanziell leisten“ kann. Eine atypische Situation, welche den Verzicht auf die Beitragserhebung entgegen der Intention des Gesetzgebers („Soll“) zu rechtfertigen vermag, kann vielmehr nur dann in Betracht kommen, wenn die Gemeinde die in Art. 62 Abs. 2 GO festgelegte Rangfolge der Deckungsmittel einhält und trotz des Beitragsverzichts sowohl die stetige Aufgabenerfüllung gesichert (Art. 61 Abs. 1 Satz 1 GO) als auch die dauernde Leistungsfähigkeit sichergestellt ist (Art. 61 Abs. 1 Satz 2 GO). Sie mag ferner wegen des gesetzlichen Gebots zur sparsamen und wirtschaftlichen Haushaltsführung (Art. 61 Abs. 2 Satz 1 GO) in Betracht zu ziehen sein, wenn der Verwaltungsaufwand für die Beitragserhebung die möglichen Beitragseinnahmen so wesentlich übersteigt, dass durch den Erhebungsverzicht die tatsächliche Einsparung von Kosten möglich ist („defizitäre“ Beitragserhebung). Das dürfte allerdings nur im Einzelfall den Verzicht der Abrechnung einer wenig kostenintensiven Baumaßnahme bei besonders hohem Verwaltungsaufwand rechtfertigen, nicht aber das vollständige Verschließen dieser Einnahmequelle durch das Absehen von einer Beitragssatzung.
cc) Dieses Verständnis des Soll-Befehls in Art. 5 Abs. 1 Satz 3 KAG trägt der verfassungsrechtlich verbürgten Garantie der kommunalen Selbstverwaltung hinreichend Rechnung. Sowohl Art. 28 Abs. 2 GG als auch Art. 11 Abs. 2 Satz 2 BV gewährleisten das Selbstverwaltungsrecht und die davon umfasste Finanzhoheit der Gemeinden „im Rahmen der Gesetze“. Durch diesen Gesetzesvorbehalt ist nicht nur die in Art. 5 a Abs. 1 KAG für Erschließungsbeiträge angeordnete Erhebungspflicht gerechtfertigt (vgl. BVerwG, B.v. 3.12.1996 – 8 B 205.96 – juris), sondern auch die grundsätzliche Verpflichtung zur Erhebung von Straßenausbaubeiträgen nach Maßgabe von Art. 5 Abs. 1 Satz 3 KAG und die in Art. 62 Abs. 2 GO festgelegte Rangfolge der Deckungsmittel. Zwar schränkt der Gesetzgeber die Möglichkeit der Gemeinde ein, auf finanzielle Gegenleistungen für erbrachte Leistungen zu verzichten, sichert und verbreitert dadurch aber zugleich die finanzielle Ausstattung mit eigenen Mitteln für die Aufgaben der örtlichen Gemeinschaft. Dadurch wird weder in den Kernbereich der Selbstverwaltungsgarantie eingegriffen noch die gemeindliche Finanzhoheit unverhältnismäßig eingeschränkt. Das gilt umso mehr, als das verfassungsrechtliche Übermaßverbot gerade für den Vorrang der Finanzierung kommunaler Aufgaben aus „besonderen Entgelten“ für die von der Gemeinde erbrachten Leistungen vor der Steuererhebung streitet.“
Dieser rechtlichen Auffassung schließt sich die erkennende Kammer an.
1.2 Gemessen an diesem Maßstab kann sich die Klägerin nicht auf besondere Umstände berufen, die eine Ausnahme von der grundsätzlichen Pflicht zum Erlass und zur Vorhaltung einer Straßenausbaubeitragssatzung rechtfertigen.
1.3 Die Haushaltssituation der Klägerin ist unter Berücksichtigung der gesetzlich vorgegebenen Einnahmebeschaffungsgrundsätze nicht atypisch.
Der Haushalt der Klägerin ist in erheblichem Umfang kreditfinanziert. Der Schuldenstand zum Ende des Haushaltsjahres 2014 betrug 18,68 Mio. EUR. Bis zum Ende des Finanzplanjahres 2017 soll der Schuldenstand auf ca. 22,44 Mio. EUR ansteigen (Haushaltsplan 2015, S. 419, 485, 462). Auch wenn der Schuldenstand nach dem Vorbericht zum Haushaltsplan 2016 bis zum Ende des Jahres auf 15,44 Mio. EUR sinken soll (Haushaltsplanvorbericht 2016, S. 13/14) ändert dies nicht daran, dass der Haushalt auch weiterhin in erheblichem Maße kreditfinanziert werden muss.
Schon mit Blick darauf, dass Kredite gemäß Art. 62 Abs. 3 GO an der letzten Rangstelle der gemeindlichen Einnahmequellen stehen, scheidet bei einem defizitären Haushalt der Verzicht auf eine Straßenausbaubeitragssatzung von vornherein aus. Etwas anderes ergibt sich weder aus dem überobligatorisch hohen Rücklagenbestand noch daraus, dass die Rückführung der Kredite mit Blick auf das gegenwärtige Zinsniveau wirtschaftlich unzweckmäßig wäre.
Nach dem Haushaltsplanvorbericht 2016 würde sich die Rücklage ohnehin auf ca. 1,45 Mio. EUR reduzieren, soweit es zu der für 2016 geplanten Rücklageentnahme kommt (Vorbericht zum Haushaltsplan 2016, S. 14).
Zum anderen erzielt die Klägerin ihrem eigenen Vorbringen nach einen wesentlichen Teil ihrer Einnahmen aus gemeindlichen Steuern, insbesondere aus Gewerbesteuern.
Der Anteil der Gewerbesteuereinnahmen der Klägerin belief sich nach dem Haushaltsplan 2015 auf ca. 16,25 Mio. EUR mithin auf 18,867% des Gesamtvolumens des Haushalts (ca. 86,128 Mio. EUR). Die Gewerbesteuereinnahmen sollen nach dem Haushaltsplan 2015 (S. 46) auf ca. 17,6 Mio. EUR (ca. 23,124% des Gesamtvolumens) steigen. Nach dem Haushaltsplanvorbericht 2016 sollen 2016 ca. 16,8 Mio. EUR Gewerbesteuer eingenommen werden (Anlage 3).
Durch den Verzicht auf die Erhebung von Straßenausbaubeiträgen verlagert die Klägerin die Finanzierung beitragsfähiger Straßenbaumaßnahmen von den Begünstigten auf die Allgemeinheit, insbesondere auf die Steuerpflichtigen. Das widerspricht dem gesetzlichen Vorrang der „besonderen Entgelte“ vor den Steuern und kann deshalb ebenfalls keinen atypischen Sonderfall begründen, der in Ausnahme von der Soll-Vorschrift des Art. 5 Abs. 1 Satz 3 KAG den Verzicht auf eine Beitragssatzung rechtfertigen kann.
Der Umstand, dass die Klägerin seit Jahren keine Schlüsselzuweisungen im Rahmen des kommunalen Finanzausgleichs erhält, kann den Verzicht auf den Erlass einer Straßenausbaubeitragssatzung ebenfalls nicht rechtfertigen. Denn ob und in welcher Höhe sich für die einzelne Gemeinde eine Schlüsselzuweisung errechnet, hängt von deren Steuerkraft ab, in deren Berechnung unter anderem die – nivellierten – Einnahmen aus der Grund- und der Gewerbesteuer einfließen (vgl. Art. 2, 4 FAG). Letztere haben aber gerade Nachrang gegenüber den „besonderen Entgelten“.
Das Rangverhältnis der Einnahmequellen lässt sich nicht dadurch infrage stellen, dass Art. 62 Abs. 2 Nr. 2 GO den Vorrang der „besonderen Entgelte“ unter den Vorbehalt des Vertretbaren und Gebotenen stellt. Zunächst ist der den Gemeinden damit eingeräumte Beurteilungsspielraum durch die Soll-Vorschrift des Art. 5 Abs. 1 Satz 3 KAG weitgehend eingeschränkt. Zudem führen die regelmäßig nicht unerheblichen Aufwendungen der Gemeinde für die Verbesserung oder Erneuerung ihrer Straßen zu einem beachtlichen Sondervorteil in Gestalt einer qualifizierten Inanspruchnahmemöglichkeit bei den Eigentümern und Erbbauberechtigten der bevorteilten Grundstücke.
Dies ergibt sich vorliegend schon daraus, dass seit der Aufhebung der Ausbaubeitragssatzung bereits 470.000,- EUR für von der Klägerin finanzierte Aufwendungen für Straßenausbaumaßnahmen angefallen sind. Im Hinblick auf diese absoluten Zahlen kann auch nicht - wie das Landratsamt zu Recht ausführt - von geringfügigen Einnahmen gesprochen werden, selbst wenn diese durchschnittlich nur 5% des Gesamthaushalts betragen würden. Im Übrigen verändert sich der prozentuale Anteil jeweils nach der Höhe der jährlich anfallenden für Straßenausbaumaßnahmen notwendigen Aufwendungen.
Es ist kein tragfähiger sozialer oder finanzwirtschaftlicher Grund ersichtlich, zugunsten des bevorteilten Personenkreises auf die Erhebung besonderer Entgelte zum Vorteilsausgleich mit der Folge zu verzichten, dass die in Rede stehenden Mittel von Anderen aufgebracht werden müssen oder zur Erfüllung anderer gemeindlicher Aufgaben fehlen.
Von einer atypischen Situation kann insoweit nicht gesprochen werden.
Die Auffassung der Klägerin, es hätte nicht (nur) die im Haushalts- und Finanzplan prognostizierte Haushaltsentwicklung, sondern die tatsächliche sich aus früheren Haushaltsjahren ergebende Entwicklung berücksichtigt werden müssen, geht fehl.
Denn die beanstandeten Aufhebungsbeschlüsse betreffen alle gegenwärtigen (noch abrechenbaren) und künftigen Aufwendungen für Straßenausbaumaßnahmen, und müssten, wenn die beanstandeten Beschlüsse Bestand hätten, im Rahmen des bestehenden und der künftigen Haushalte von der Klägerin getragen werden. Deshalb kann es auch nicht mehr auf frühere Haushaltsverhältnisse ankommen.
Nicht nachvollziehbar ist das Argument der Klägerin, die Beitragserhebung sei wegen Vollzugsproblemen in der Rechtsanwendung nicht vertretbar.
Auch wenn es sich bei dem Straßenausbaubeitragsrecht um eine schwierige Rechtsmaterie handelt, die wesentlich von der Rechtsprechung geprägt wurde, ist es der Klägerin – wie anderen Kommunen auch – zumutbar, die in der Rechtsanwendung auftretenden Rechtsprobleme durch entsprechend qualifiziertes Personal zu lösen. Ein die Rechtsproblematik beherrschendes Personal ist ohnehin in jeder Gemeinde schon für die Bearbeitung des Erschließungsbeitragsrechts erforderlich, dessen Rechtsprobleme mit denen des Ausbaubeitragsrechts vergleichbar sind.
Nach alledem bleibt es bei der gesetzlichen Verpflichtung der Klägerin aus Art. 5 Abs. 1 Satz 3 KAG, für die Verbesserung oder Erneuerung ihrer Ortsstraßen und beschränkt-öffentlichen Wege Beiträge zu erheben und eine entsprechende Beitragssatzung vorzuhalten. Die hier beandeten Beschlüsse der Klägerin waren demnach rechtswidrig. Das gilt auch insoweit, als die aufgehobene Satzung die Beitragserhebung nicht nur für die in Art. 5 Abs. 1 Satz 3 KAG genannten Maßnahmen regelt, sondern sich darüber hinaus auf der Grundlage der Kann-Bestimmung des Art. 5 Abs. 1 Satz 1 KAG etwa auf Grünanlagen und Kinderspielplätze erstreckt (vgl. § 5 Abs. 1 Nrn. 5 und 6 ABS). Von einer bloßen, auf den Bereich des Art. 5 Abs. 1 Satz 3 KAG beschränkten Teilrechtswidrigkeit der Aufhebungsbeschlüsse kann schon deshalb nicht ausgegangen werden, weil nicht angenommen werden kann, dass die Beschlüsse auch ohne den zur Rechtswidrigkeit führenden Teil gefasst worden wären (vgl. BayVGH, a.a.O., Rn. 50).
2. Das Landratsamt hat mit seiner Entscheidung, die rechtswidrigen Beschlüsse wegen des Verstoßes gegen Art. 5 Abs. 1 Satz 3 KAG zu beanstanden und dessen Aufhebung zu verlangen, das ihr durch Art. 112 Satz 1 GO eröffnete rechtsaufsichtliche Ermessen fehlerfrei ausgeübt.
2.1 Für eine gleichheitswidrige Handhabung des Beanstandungsrechts ist nichts ersichtlich.
Nicht durchdringen kann die Klägerin mit dem Einwand, die rechtsaufsichtliche Beanstandung verstoße gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung (Art. 3 Abs. 1 GG), weil nur ca. 72,6% der bayerischen Gemeinden eine Straßenausbaubeitragssatzung hätten. Dabei kann offenbleiben, ob sich eine Gemeinde uneingeschränkt auf den durch Art. 3 Abs. 1 GG und Art. 118 Abs. 1 BV grundrechtlich verbürgten allgemeinen Gleichheitssatz oder „nur“ auf das objektive Willkürverbot berufen kann. Ebenso kann offen bleiben, ob der Gleichheitssatz beim Vollzug der rechtsaufsichtlichen Vorschriften nur die jeweilige Behörde für ihren konkreten Zuständigkeitsbereich (so etwa Jarass in Jarass/Pieroth, GG, 14. Aufl. 2016, Art. 3 Rn. 9, m.w.N.) oder aber den Freistaat Bayern als den Träger der öffentlichen Gewalt für seinen Zuständigkeitsbereich aufgrund der Möglichkeit zur Vollzugsvereinheitlichung durch Verwaltungsvorschriften verpflichtet (in diese Richtung Osterloh/Nußberger, in Sachs, GG, 7. Aufl. 2014, Art. 3 Rn. 81 und Fn. 164; P. Kirchhof in Maunz/Dürig, GG, 2015, Art. 3 Abs. 1 Rn. 162 m.w.N.). Selbst bei Zugrundelegung des für die Klägerin günstigeren Prüfungsmaßstabs kann eine ungerechtfertigte Ungleichbehandlung nicht festgestellt werden. Die einzelne Rechtsaufsichtsbehörde und erst recht der Freistaat Bayern muss rechtswidrige Zustände, die bei einer Vielzahl von Gemeinde vorliegen, nicht stets „flächendeckend“ beanstanden, sondern darf sich auf die Regelung von Einzelfällen beschränken, sofern sie hierfür sachliche Gründe anzuführen vermag (vgl. BVerwG, B.v. 19.2.1992 – 7 B 106.91 – NVwZ-RR 1992, 360; B.v. 24.7.2014 – 4 B 34.14 – juris Rn. 4). Das ist hier der Fall.
Hinsichtlich der Gemeinde P* … hat das Landratsamt dargelegt, dass diese Gemeinde – im Gegensatz zur Klägerin – schuldenfrei ist und über Jahre hinaus auch keine Kreditaufnahmen plant.
Bezüglich der Landeshauptstadt fehlt es an einem hinreichend substantiierten Vortrag, dass insoweit die Haushaltssituation und das Verhältnis zwischen Verwaltungsaufwand und Einnahmen mit den Verhältnissen der Klägerin vergleichbar wären.
Damit ist ein Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz nicht dargetan. Weder die Rechtsaufsichtsbehörde noch das Gericht sind verpflichtet, mögliche Bezugsfälle von Amts wegen zu ermitteln (vgl. BayVGH, a.a.O., juris Rn. 53).
2.2 Auch im Übrigen sind Ermessensfehler nicht ersichtlich. Auf die Ausführungen im angegriffenen Bescheid wird insoweit Bezug genommen (s. dort S. 16).
3. Ebenfalls rechtmäßig ist schließlich die Androhung der Ersatzvornahme durch die Rechtsaufsichtsbehörde für den Fall, dass die Klägerin der Aufforderung zur Aufhebung der beanstandeten Beschlüsse bis zum Ablauf von zwei Monaten nach Bestandskraft des Bescheids nicht nachkommt. Die Befugnis der Rechtsaufsichtbehörde zu dieser Androhung ergibt sich mittelbar aus Art. 113 Satz 1 GO. Die der Klägerin gesetzte Frist ist angemessen.
4. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Der Ausspruch über ihre vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO, § 708 ff. ZPO.
5. Die Berufung war nicht zuzulassen, weil kein Zulassungsgrund ersichtlich ist.