Verwaltungsgericht München Urteil, 11. Mai 2017 - M 17 K 17.494
Tenor
I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen zu tragen.
III. Die Kostenentscheidung ist gegen Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
den Bescheid vom 1. Februar 2017 aufzuheben.
die Klage abzuweisen.
die Klage abzuweisen.
Gründe
I.
II.
-
1.Abfälle erfasst werden, für die der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger oder der von diesem beauftragte Dritte eine haushaltsnahe oder sonstige hochwertige getrennte Erfassung und Verwertung der Abfälle durchführt,
-
2.die Stabilität der Gebühren gefährdet wird oder
-
3.die diskriminierungsfreie und transparente Vergabe von Entsorgungsleistungen im Wettbewerb erheblich erschwert oder unterlaufen wird.
Urteilsbesprechung zu Verwaltungsgericht München Urteil, 11. Mai 2017 - M 17 K 17.494
Urteilsbesprechungen zu Verwaltungsgericht München Urteil, 11. Mai 2017 - M 17 K 17.494
Referenzen - Gesetze
Referenzen - Urteile
Verwaltungsgericht München Urteil, 11. Mai 2017 - M 17 K 17.494 zitiert oder wird zitiert von 6 Urteil(en).
Die zuständige Behörde kann im Einzelfall die erforderlichen Anordnungen zur Durchführung dieses Gesetzes und der auf Grund dieses Gesetzes erlassenen Rechtsverordnungen treffen.
(1) Gemeinnützige Sammlungen im Sinne des § 17 Absatz 2 Satz 1 Nummer 3 und gewerbliche Sammlungen im Sinne des § 17 Absatz 2 Satz 1 Nummer 4 sind spätestens drei Monate vor ihrer beabsichtigten Aufnahme durch ihren Träger der zuständigen Behörde nach Maßgabe der Absätze 2 und 3 anzuzeigen.
(2) Der Anzeige einer gewerblichen Sammlung sind beizufügen
- 1.
Angaben über die Größe und Organisation des Sammlungsunternehmens, - 2.
Angaben über Art, Ausmaß und Dauer, insbesondere über den größtmöglichen Umfang und die Mindestdauer der Sammlung, - 3.
Angaben über Art, Menge und Verbleib der zu verwertenden Abfälle, - 4.
eine Darlegung der innerhalb des angezeigten Zeitraums vorgesehenen Verwertungswege einschließlich der erforderlichen Maßnahmen zur Sicherstellung ihrer Kapazitäten sowie - 5.
eine Darlegung, wie die ordnungsgemäße und schadlose Verwertung der gesammelten Abfälle im Rahmen der Verwertungswege nach Nummer 4 gewährleistet wird.
(3) Der Anzeige der gemeinnützigen Sammlung sind beizufügen
- 1.
Angaben über die Größe und Organisation des Trägers der gemeinnützigen Sammlung sowie gegebenenfalls des Dritten, der mit der Sammlung beauftragt wird, sowie - 2.
Angaben über Art, Ausmaß und Dauer der Sammlung.
(4) Die zuständige Behörde fordert den von der gewerblichen oder gemeinnützigen Sammlung betroffenen öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger auf, für seinen Zuständigkeitsbereich eine Stellungnahme innerhalb einer Frist von zwei Monaten abzugeben. Hat der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger bis zum Ablauf dieser Frist keine Stellungnahme abgegeben, ist davon auszugehen, dass sich dieser nicht äußern will.
(5) Die zuständige Behörde kann die angezeigte Sammlung von Bedingungen abhängig machen, sie zeitlich befristen oder Auflagen für sie vorsehen, soweit dies erforderlich ist, um die Erfüllung der Voraussetzungen nach § 17 Absatz 2 Satz 1 Nummer 3 oder Nummer 4 sicherzustellen. Die zuständige Behörde hat die Durchführung der angezeigten Sammlung zu untersagen, wenn Tatsachen bekannt sind, aus denen sich Bedenken gegen die Zuverlässigkeit des Anzeigenden oder der für die Leitung und Beaufsichtigung der Sammlung verantwortlichen Personen ergeben, oder die Einhaltung der in § 17 Absatz 2 Satz 1 Nummer 3 oder Nummer 4 genannten Voraussetzungen anders nicht zu gewährleisten ist.
(6) Die zuständige Behörde kann bestimmen, dass eine gewerbliche Sammlung mindestens für einen bestimmten Zeitraum durchzuführen ist; dieser Zeitraum darf drei Jahre nicht überschreiten. Wird die gewerbliche Sammlung vor Ablauf des nach Satz 1 bestimmten Mindestzeitraums eingestellt oder innerhalb dieses Zeitraums in ihrer Art und ihrem Ausmaß in Abweichung von den von der Behörde nach Absatz 5 Satz 1 festgelegten Bedingungen oder Auflagen wesentlich eingeschränkt, ist der Träger der gewerblichen Sammlung dem betroffenen öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger gegenüber zum Ersatz der Mehraufwendungen verpflichtet, die für die Sammlung und Verwertung der bislang von der gewerblichen Sammlung erfassten Abfälle erforderlich sind. Zur Absicherung des Ersatzanspruchs kann die zuständige Behörde dem Träger der gewerblichen Sammlung eine Sicherheitsleistung auferlegen.
(7) Soweit eine gewerbliche Sammlung, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Gesetzes bereits durchgeführt wurde, die Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers, des von diesem beauftragten Dritten oder des auf Grund einer Rechtsverordnung nach § 25 eingerichteten Rücknahmesystems bislang nicht gefährdet hat, ist bei Anordnungen nach Absatz 5 oder 6 der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, insbesondere ein schutzwürdiges Vertrauen des Trägers der Sammlung auf ihre weitere Durchführung, zu beachten.
(8) Der von der gewerblichen Sammlung betroffene öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger hat einen Anspruch darauf, dass die für gewerbliche Sammlungen geltenden Bestimmungen des Anzeigeverfahrens eingehalten werden.
(1) Die öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger haben die in ihrem Gebiet angefallenen und überlassenen Abfälle aus privaten Haushaltungen und Abfälle zur Beseitigung aus anderen Herkunftsbereichen nach Maßgabe der §§ 6 bis 11 zu verwerten oder nach Maßgabe der §§ 15 und 16 zu beseitigen. Werden Abfälle zur Beseitigung überlassen, weil die Pflicht zur Verwertung aus den in § 7 Absatz 4 genannten Gründen nicht erfüllt werden muss, sind die öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger zur Verwertung verpflichtet, soweit bei ihnen diese Gründe nicht vorliegen.
(2) Die öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger sind verpflichtet, folgende in ihrem Gebiet in privaten Haushaltungen angefallenen und überlassenen Abfälle getrennt zu sammeln:
- 1.
Bioabfälle; § 9 Absatz 1 und 3 Nummer 3 und 4 sowie Absatz 4 gilt entsprechend, - 2.
Kunststoffabfälle; § 9 gilt entsprechend, - 3.
Metallabfälle; § 9 gilt entsprechend, - 4.
Papierabfälle; § 9 gilt entsprechend, - 5.
Glas; § 9 Absatz 1 und 3 Nummer 3 und 4 sowie Absatz 4 gilt entsprechend, - 6.
Textilabfälle; § 9 gilt entsprechend, - 7.
Sperrmüll; die öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger sammeln Sperrmüll in einer Weise, welche die Vorbereitung zur Wiederverwendung und das Recycling der einzelnen Bestandteile ermöglicht und - 8.
gefährliche Abfälle; die öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger stellen sicher, dass sich die gefährlichen Abfälle bei der Sammlung nicht mit anderen Abfällen vermischen.
(3) Die öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger können mit Zustimmung der zuständigen Behörde Abfälle von der Entsorgung ausschließen, soweit diese der Rücknahmepflicht auf Grund einer nach § 25 erlassenen Rechtsverordnung oder auf Grund eines Gesetzes unterliegen und entsprechende Rücknahmeeinrichtungen tatsächlich zur Verfügung stehen. Satz 1 gilt auch für Abfälle zur Beseitigung aus anderen Herkunftsbereichen als privaten Haushaltungen, soweit diese nach Art, Menge oder Beschaffenheit nicht mit den in Haushaltungen anfallenden Abfällen entsorgt werden können oder die Sicherheit der umweltverträglichen Beseitigung im Einklang mit den Abfallwirtschaftsplänen der Länder durch einen anderen öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger oder Dritten gewährleistet ist. Die öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger können den Ausschluss von der Entsorgung nach den Sätzen 1 und 2 mit Zustimmung der zuständigen Behörde widerrufen, soweit die dort genannten Voraussetzungen für einen Ausschluss nicht mehr vorliegen.
(4) Die Pflichten nach Absatz 1 gelten auch für Kraftfahrzeuge oder Anhänger ohne gültige amtliche Kennzeichen, wenn diese
- 1.
auf öffentlichen Flächen oder außerhalb im Zusammenhang bebauter Ortsteile abgestellt sind, - 2.
keine Anhaltspunkte für deren Entwendung oder bestimmungsgemäße Nutzung bestehen sowie - 3.
nicht innerhalb eines Monats nach einer am Fahrzeug angebrachten, deutlich sichtbaren Aufforderung entfernt worden sind.
(1) Abweichend von § 7 Absatz 2 und § 15 Absatz 1 sind Erzeuger oder Besitzer von Abfällen aus privaten Haushaltungen verpflichtet, diese Abfälle den nach Landesrecht zur Entsorgung verpflichteten juristischen Personen (öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger) zu überlassen, soweit sie zu einer Verwertung auf den von ihnen im Rahmen ihrer privaten Lebensführung genutzten Grundstücken nicht in der Lage sind oder diese nicht beabsichtigen. Satz 1 gilt auch für Erzeuger und Besitzer von Abfällen zur Beseitigung aus anderen Herkunftsbereichen, soweit sie diese nicht in eigenen Anlagen beseitigen. Die Befugnis zur Beseitigung der Abfälle in eigenen Anlagen nach Satz 2 besteht nicht, soweit die Überlassung der Abfälle an den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger auf Grund überwiegender öffentlicher Interessen erforderlich ist.
(2) Die Überlassungspflicht besteht nicht für Abfälle,
- 1.
die einer Rücknahme- oder Rückgabepflicht auf Grund einer Rechtsverordnung nach § 25 unterliegen, soweit nicht die öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger auf Grund einer Bestimmung nach § 25 Absatz 2 Nummer 8 an der Rücknahme mitwirken; hierfür kann insbesondere eine einheitliche Wertstofftonne oder eine einheitliche Wertstofferfassung in vergleichbarer Qualität vorgesehen werden, durch die werthaltige Abfälle aus privaten Haushaltungen in effizienter Weise erfasst und einer hochwertigen Verwertung zugeführt werden, - 2.
die in Wahrnehmung der Produktverantwortung nach § 26 freiwillig zurückgenommen werden, soweit dem zurücknehmenden Hersteller oder Vertreiber ein Feststellungs- oder Freistellungsbescheid nach § 26 Absatz 3 oder § 26a Absatz 1 Satz 1 erteilt worden ist, - 3.
die durch gemeinnützige Sammlung einer ordnungsgemäßen und schadlosen Verwertung zugeführt werden, - 4.
die durch gewerbliche Sammlung einer ordnungsgemäßen und schadlosen Verwertung zugeführt werden, soweit überwiegende öffentliche Interessen dieser Sammlung nicht entgegenstehen.
(3) Überwiegende öffentliche Interessen nach Absatz 2 Satz 1 Nummer 4 stehen einer gewerblichen Sammlung entgegen, wenn die Sammlung in ihrer konkreten Ausgestaltung, auch im Zusammenwirken mit anderen Sammlungen, die Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers, des von diesem beauftragten Dritten oder des auf Grund einer Rechtsverordnung nach § 25 eingerichteten Rücknahmesystems gefährdet. Eine Gefährdung der Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers oder des von diesem beauftragten Dritten ist anzunehmen, wenn die Erfüllung der nach § 20 bestehenden Entsorgungspflichten zu wirtschaftlich ausgewogenen Bedingungen verhindert oder die Planungssicherheit und Organisationsverantwortung wesentlich beeinträchtigt wird. Eine wesentliche Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers ist insbesondere anzunehmen, wenn durch die gewerbliche Sammlung
- 1.
Abfälle erfasst werden, für die der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger oder der von diesem beauftragte Dritte eine haushaltsnahe oder sonstige hochwertige getrennte Erfassung und Verwertung der Abfälle durchführt, - 2.
die Stabilität der Gebühren gefährdet wird oder - 3.
die diskriminierungsfreie und transparente Vergabe von Entsorgungsleistungen im Wettbewerb erheblich erschwert oder unterlaufen wird.
(4) Die Länder können zur Sicherstellung der umweltverträglichen Beseitigung Andienungs- und Überlassungspflichten für gefährliche Abfälle zur Beseitigung bestimmen. Andienungspflichten für gefährliche Abfälle zur Verwertung, die die Länder bis zum 7. Oktober 1996 bestimmt haben, bleiben unberührt.
Die zuständige Behörde kann im Einzelfall die erforderlichen Anordnungen zur Durchführung dieses Gesetzes und der auf Grund dieses Gesetzes erlassenen Rechtsverordnungen treffen.
(1) Das Urteil ergeht "Im Namen des Volkes". Es ist schriftlich abzufassen und von den Richtern, die bei der Entscheidung mitgewirkt haben, zu unterzeichnen. Ist ein Richter verhindert, seine Unterschrift beizufügen, so wird dies mit dem Hinderungsgrund vom Vorsitzenden oder, wenn er verhindert ist, vom dienstältesten beisitzenden Richter unter dem Urteil vermerkt. Der Unterschrift der ehrenamtlichen Richter bedarf es nicht.
(2) Das Urteil enthält
- 1.
die Bezeichnung der Beteiligten, ihrer gesetzlichen Vertreter und der Bevollmächtigten nach Namen, Beruf, Wohnort und ihrer Stellung im Verfahren, - 2.
die Bezeichnung des Gerichts und die Namen der Mitglieder, die bei der Entscheidung mitgewirkt haben, - 3.
die Urteilsformel, - 4.
den Tatbestand, - 5.
die Entscheidungsgründe, - 6.
die Rechtsmittelbelehrung.
(3) Im Tatbestand ist der Sach- und Streitstand unter Hervorhebung der gestellten Anträge seinem wesentlichen Inhalt nach gedrängt darzustellen. Wegen der Einzelheiten soll auf Schriftsätze, Protokolle und andere Unterlagen verwiesen werden, soweit sich aus ihnen der Sach- und Streitstand ausreichend ergibt.
(4) Ein Urteil, das bei der Verkündung noch nicht vollständig abgefaßt war, ist vor Ablauf von zwei Wochen, vom Tag der Verkündung an gerechnet, vollständig abgefaßt der Geschäftsstelle zu übermitteln. Kann dies ausnahmsweise nicht geschehen, so ist innerhalb dieser zwei Wochen das von den Richtern unterschriebene Urteil ohne Tatbestand, Entscheidungsgründe und Rechtsmittelbelehrung der Geschäftsstelle zu übermitteln; Tatbestand, Entscheidungsgründe und Rechtsmittelbelehrung sind alsbald nachträglich niederzulegen, von den Richtern besonders zu unterschreiben und der Geschäftsstelle zu übermitteln.
(5) Das Gericht kann von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe absehen, soweit es der Begründung des Verwaltungsakts oder des Widerspruchsbescheids folgt und dies in seiner Entscheidung feststellt.
(6) Der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle hat auf dem Urteil den Tag der Zustellung und im Falle des § 116 Abs. 1 Satz 1 den Tag der Verkündung zu vermerken und diesen Vermerk zu unterschreiben. Werden die Akten elektronisch geführt, hat der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle den Vermerk in einem gesonderten Dokument festzuhalten. Das Dokument ist mit dem Urteil untrennbar zu verbinden.
(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.
(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.
(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.
(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.
(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.
Tenor
Der angegriffene Beschluss wird teilweise geändert.
Die aufschiebende Klage der Antragstellerin (VG Düsseldorf 17 K 1535/13) gegen die Zwangsgeldandrohung unter III. des Bescheids der Antragsgegnerin vom 4. Februar 2013 wird angeordnet.
Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens beider Instanzen tragen die Antragstellerin zu drei Viertel und die Antragsgegnerin zu einem Viertel.
Der Streitwert wird unter Änderung der erstinstanzlichen Festsetzung für beide Instanzen auf 26.000,00 € festgesetzt.
1
Gründe
2Die Beschwerde, mit der die Antragstellerin ihr erstinstanzliches Begehren,
3die aufschiebende Wirkung ihrer Klage (VG Düsseldorf 17 K 1535/13) gegen die Ordnungsverfügung der Antragsgegnerin vom 4. Februar 2013 hinsichtlich der Ziffer I. wiederherzustellen und hinsichtlich der Ziffer III. anzuordnen,
4weiterverfolgt, hat in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang Erfolg.
5Das Verwaltungsgericht hat den vorläufigen Rechtsschutzantrag der Antragstellerin mit der Begründung abgelehnt, dass die im Rahmen von § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO anzustellende Interessenabwägung zulasten der Antragstellerin ausfalle, weil die angefochtene Ordnungsverfügung offensichtlich rechtmäßig sei. Ermächtigungsgrundlage für die Untersagungsverfügung unter I. der Ordnungsverfügung sei § 62 KrWG, weil die Antragstellerin ihre Sammlung nicht gemäß § 18 Abs. 1 und 2 KrWG angezeigt habe. Bei den gesammelten Altkleidern und -schuhen handele es sich um Abfall, weil die Vorbesitzer die Sachherrschaft ohne weitere Zweckbestimmung aufgegeben hätten. Die Zwangsgeldandrohung unter III. der Ordnungsverfügung sei noch verhältnismäßig. Dem setzt die Antragstellerin mit ihrem fristgemäßen Beschwerdevorbringen, auf dessen Prüfung das Oberverwaltungsgericht nach § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO beschränkt ist, nur hinsichtlich der Zwangsgeldandrohung Durchgreifendes entgegen.
6Soweit die Antragstellerin sinngemäß die Ordnungsverfügung wegen Unzuständigkeit der Antragsgegnerin für formell rechtswidrig hält, dringt sie damit nicht durch.
7Das Verwaltungsgericht ist sinngemäß davon ausgegangen, dass die Zuständigkeit der Antragsgegnerin möglicherweise in Frage stellende rechtsstaatliche Bedenken, die sich aus dem Zusammenfallen von Aufgaben (Vollzug des Kreislaufwirtschaftsgesetzes einerseits, öffentlich-rechtlicher Entsorgungsträger andererseits) bei ein und derselben Stelle der öffentlichen Verwaltung ergeben (können), durch eine verwaltungsinterne organisatorische und personelle Trennung der Aufgabenbereiche Rechnung getragen werden kann. Dies steht in Einklang mit der Rechtsprechung des hier beschließenden Gerichts.
8Vgl. OVG NRW, Urteil vom 15. August 2013 - 20 A 2798/11 -, juris, m. w. N., und Beschluss vom 19. Juli 2013 - 20 B 530/13 -, juris.
9Soweit die Antragstellerin sinngemäß die von der Antragsgegnerin vorgenommene Trennung der Zuständigkeiten nicht für ausreichend hält, weil - was zutreffend ist - auf einer "höheren" (Vorgesetzten-)Ebene die Zuständigkeiten (wieder) zusammenfallen, dringt sie damit nicht durch. Das Zusammenfallen der Zuständigkeiten auf einer "höheren" (jedenfalls auf der obersten) Ebene ist bei einer Wahrnehmung verschiedener Aufgabenbereiche durch einen Rechtsträger unvermeidbar. Durchgreifende rechtsstaatliche Bedenken dürften sich daraus aber nicht ergeben, zumal die jeweiligen Amtsträger sowohl beim Vollzug des Kreislaufwirtschaftsgesetzes als auch bei der Wahrnehmung der Aufgaben des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers Beschränkungen und Bindungen unterliegen, insbesondere "von Amts wegen" Neutralität zu wahren haben, und diesbezüglich schon auf Verwaltungsebene Kontrollmöglichkeiten bestehen. Im Übrigen ist bereits im Gesetzgebungsverfahren zum Kreislaufwirtschaftsgesetz die (rechtsstaatliche) Problematik einer zusammenfallenden Behördenzuständigkeit gesehen worden, ohne dass dies zum Anlass genommen worden ist, eine Trennung dahingehend zu fordern, dass die Aufgaben bei unterschiedlichen Rechtsträgern angesiedelt werden müssen - was sich bei den Stadtstaaten kaum hätte praktizieren lassen.
10Vgl. BT-Drucks. 17/6052, S. 88, und 17/6645, S. 4.
11Vorliegend erscheint das Bestehen eines - die Zuständigkeit der Antragsgegnerin möglicherweise in Frage stellenden - Interessenkonflikts auch deshalb fernliegend, weil die Ordnungsverfügung ohne Beteiligung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers ausgesprochen wurde und die Antragsgegnerin in ihrer Funktion als öffentlich-rechtlicher Entsorgungsträger nach dem eigenen Vortrag der Antragstellerin gar keine getrennte Alttextiliensammlung oder -erfassung vornimmt. Schließlich bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass die Antragsgegnerin ihre eigenen internen Organisationsregelungen (systematisch) missachtet. Dass es bei einer vorangegangenen, inzwischen aufgehobenen Ordnungsverfügung der Antragsgegnerin gegenüber der Antragstellerin zu einer Abweichung von diesen Organisationsregelungen gekommen ist, hat zum einen die Antragsgegnerin im Beschwerdeverfahren plausibel erklärt und stellt zum anderen nicht in Frage, dass bei Erlass der streitgegenständlichen Ordnungsverfügung die Organisationsregelungen beachtet wurden.
12Entgegen der Auffassung der Antragstellerin ist das Verwaltungsgericht weiterhin - in Übereinstimmung mit der soweit ersichtlich einhelligen aktuelleren Rechtsprechung und Literatur - zutreffend von der Abfalleigenschaft der von der Antragstellerin gesammelten Alttextilien und -schuhe ausgegangen.
13Die Abfalleigenschaft der genannten Gegenstände ergibt sich aufgrund einer Entledigung durch den Besitzer (§ 3 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 KrWG) in Gestalt der Aufgabe der tatsächlichen Sachherrschaft (durch Einwurf in einen Sammelcontainer) unter Wegfall jeder weiteren Zweckbestimmung (§ 3 Abs. 2 Alt. 3 KrWG). Soweit in älteren Gerichtsentscheidungen
14- OVG NRW, Urteil vom 8. Dezember 1982 - 20 A 570/82 -, NVwZ 1983, 561; BayObLG, Beschluss vom 23. August 1983 - 3 Ob OWi 124/83 -, NVwZ 1984, 198 -
15die Abfalleigenschaft von Gegenständen verneint wurde, die nicht der allgemeinen Müllabfuhr, sondern einer (getrennten) Sammlung zugeführt wurden, ist diese Rechtsprechung überholt. Sie beruhte zum einen auf der anderslautenden Abfalldefinition des seinerzeit geltenden § 1 Abs. 1 Satz 1 AbfG 1972, der in seiner ersten Alternative allein auf den Entledigungswillen des Besitzers abstellte, d. h. keinen § 3 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1, Abs. 2 Alt. 3 KrWG vergleichbaren Entstehungstatbestand enthielt, und zum anderen auf einem nicht maßgeblich von der Zweckbestimmung der jeweiligen Sache geprägten Verständnis des Entledigungswillens. Soweit dementsprechend in den zuvor zitierten Entscheidungen ein Entledigungswille mit der Begründung verneint wurde, es solle der Sammlungszweck gefördert und dem sammelnden Unternehmen ein Vorteil eingeräumt werden, ergibt sich daraus keine (konkrete) Zweckbestimmung hinsichtlich der abgegebenen Gegenstände im Sinne von § 3 Abs. 2 Alt. 3 KrWG, welche gegebenenfalls die Abfalleigenschaft nach heutigem Recht ausschlösse. Denn die beiden zuvor genannten Gesichtspunkte (Förderung des Sammlungszwecks, Einräumung eines Vorteils) geben nichts Konkretes dafür her, was mit dem jeweils abgegebenen Gegenstand geschehen soll.
16Der Rückschluss der Antragstellerin aus der Höhe der Wiederverwendungsquote auf eine (konkludente) Zweckbestimmung des Besitzers im Sinne von § 3 Abs. 2 Alt. 3 KrWG verfängt ebenfalls nicht. Dies gilt schon deshalb, weil weder vorgetragen worden noch sonst ersichtlich ist, dass der einzelne Besitzer Kenntnis von der Wiederverwendungsquote hat und hinsichtlich der Weg-/Abgabe von nicht mehr für eigene Zwecke benötigten Alttextilien oder -schuhen auf der Grundlage dieser Kenntnis zwischen potenziell in Betracht kommenden (Annahme-)Stellen entscheidet. Der Annahme einer solchen Kenntnis steht im Übrigen entgegen, dass die Antragstellerin mehrere verschiedene Wiederverwendungsquoten - einerseits die Quote im Bundesdurchschnitt und andererseits die (angebliche) Quote ihres Unternehmens - benennt und es äußerst unwahrscheinlich erscheint, dass die Besitzer von Alttextilien sich gerade mit der (unterstellten) Wiederverwendungsquote der Antragstellerin auseinandergesetzt haben oder ihnen diese bekannt ist. Weiterhin bezieht sich die von der Antragstellerin angeführte Wiederverwendungsquote - soweit ersichtlich - lediglich auf Bekleidung, nicht jedoch auch auf sonstige (Alt-)Textilien und (Alt-)Schuhe, so dass insoweit ein Rückschluss von der Wiederverwendungsquote auf eine Zweckbestimmung ohnehin nicht in Betracht kommt.
17Unabhängig von der Wiederverwendungsquote und unabhängig davon, ob mit einer- hier nicht in Rede stehenden - Übergabe von Alttextilien an einen "Second-Hand-Laden" oder an eine Kleiderkammer eine Zweckbestimmung verbunden ist, lässt sich eine solche jedenfalls beim Einwurf von Alttextilien in einen öffentlich zugänglichen Sammelcontainer nicht feststellen. Es kann dahinstehen, ob tatsächlich ein Großteil der Abgebenden Alttextilien und -schuhe aus der Motivationslage heraus und mit der Hoffnung in einen Sammelcontainer werfen, Kleidung und Schuhe sollten wiederverwendet, also weitergetragen werden. Jedenfalls ist für eine darüber hinausgehende Zweckbestimmung im Sinne einer realistischen und verbindlichen Festlegung einer entsprechenden Funktion der einzelnen Sache nichts ersichtlich. Dies gilt auch unter Berücksichtigung der von der Antragstellerin vorgelegten forsa-Umfrage. Dieser kann zwar entnommen werden, dass hinsichtlich der Abgabe von Altkleidern der ganz überwiegende Teil der Abgebenden aus einer bestimmten, auf die Wiederverwendung (als Kleidung) gerichteten Motivationslage heraus handelt. Dies reicht jedoch nicht aus, in der Abgabe einer für eigene Zwecke nicht mehr gewollten und für Dritte möglicherweise noch weiter nutzbaren Sache zugleich und darüber hinaus eine durch ein gewisses Maß an Verbindlichkeit und Verlässlichkeit gekennzeichnete Zweckbestimmung zu sehen. Gerade aus Seite 6 der Umfrage ist vielmehr zu schließen, dass, wenn überhaupt, mit der Abgabe in einer Kleiderkammer eine Zweckbestimmung verbunden ist, nicht jedoch mit dem Einwerfen in einen in der Öffentlichkeit aufgestellten und frei zugänglichen Sammelcontainer. Der von der Antragstellerin in Bezug genommene Fernsehbericht des WDR vom 13. September 2013 gibt für die Annahme einer Zweckbestimmung auch nicht ansatzweise etwas her; bestenfalls können dem Bericht Anhaltspunkte für eine auf einen "guten Zweck" zielende Motivationslage der Abgebenden entnommen werden.
18Weiterhin steht der Annahme einer Zweckbestimmung entgegen, dass in aller Regel ein Interesse oder ein Wille des Abgebenden, die Einhaltung der (unterstellten) Zweckbestimmung zu verfolgen oder zu kontrollieren, nicht existieren dürfte und ihm unabhängig davon ohnehin entsprechende Möglichkeiten nicht zur Verfügung stehen dürften, weil er mit dem Einwurf der Alttextilien und -schuhe in den Sammelcontainer im Regelfall jede weitere Einflussmöglichkeit aufgibt. Angesichts dessen fehlt es bereits an einer tauglichen Grundlage für die Annahme, ein Alttextilien und -schuhe Abgebender wolle über das Bestehen einer bestimmten Motivationslage hinaus eine (verbindliche) Zweckbestimmung treffen. Im Übrigen machte die Annahme einer beim Einwurf von Alttextilien und -schuhen in einen Sammelcontainer abgegebenen Zweckbestimmung nur Sinn, wenn es einen Adressaten gäbe, der sich entsprechend der Bestimmung verhalten könnte. Dies ist jedoch nicht der Fall, weil die (unterstellte) Zweckbestimmung bei der Abgabe (Einwurf in den Sammelcontainer) nicht erfasst oder aufgenommen wird und es im Nachhinein nicht möglich ist, allein aus der Art und/oder dem Erhaltungszustand eines einzelnen (Textil-)Stücks auf eine (unterstellte) Zweckbestimmung des Abgebenden beim Einwurf in den Sammelcontainer zurückzuschließen. Da es - auch nach der von der Antragstellerin vorgelegten forsa-Umfrage - unterschiedliche Gründe oder Motive gibt, aus denen heraus Alttextilien zur "Kleidersammlung" gegeben werden, gibt es mit Sicherheit auch Fälle, in denen ein zur Wiederverwendung geeignetes Kleidungsstück ohne entsprechende Zweckbestimmung abgegeben wird, etwa weil der Abgebende das Stück - zur Verminderung eines überschüssigen Bekleidungsbestands - schlicht "loswerden" werden will und es beispielsweise aus Umweltschutzgründen nicht in den Restabfallbehälter wirft. Schließlich führte der Rückschluss von der Art oder dem Erhaltungszustand eines Textilstücks auf die (unterstellte) Zweckbestimmung dazu, dass von der Antragstellerin jedenfalls auch Abfall gesammelt wird. Denn im Hinblick auf deutlich verschlissene, offensichtlich nicht wieder oder weiter tragbare Kleidung und Schuhe sowie auf andere Textilien außerhalb von Bekleidung könnte von vornherein nicht von einer auf die Wiederverwendung gerichteten Zweckbestimmung ausgegangen werden.
19Was das Sortieren der Alttextilien nach der Einsammlung anbelangt, hat das Verwaltungsgericht darin nicht den maßgeblichen, die Abfalleigenschaft begründenden Umstand gesehen. Vielmehr hat es das Sortieren lediglich zur Untermauerung seiner Annahme angeführt, dass der Besitzer von Alttextilien im Fall des Einwurfs in einen Sammelcontainer keine Garantie hinsichtlich einer Wiederverwendung im Sinne von § 3 Abs. 21 KrWG hat oder erhält. Jedenfalls kann aus dem Sortieren keine Zweckbestimmung im Sinne von § 3 Abs. 2 Alt. 3 KrWG abgeleitet werden. Dementsprechend kommt es weder darauf an, ob das Sortieren als ein Verfahren der Prüfung gemäß § 3 Abs. 24 KrWG die Abfalleigenschaft indiziert, noch bedarf es einer weiteren Betrachtung, ob und gegebenenfalls welche rechtlichen Folgerungen sich daraus ergeben, dass nach dem Vortrag der Antragstellerin auch Second-Hand-Läden und Kleiderkammern eine Sortierung der ihnen überlassenen Alttextilien vornehmen.
20Soweit das Verwaltungsgericht die Untersagungsverfügung unter I. des angefochtenen Bescheids als auf der Grundlage von § 62 KrWG (offensichtlich) rechtmäßig angesehen hat, hat das Beschwerdevorbringen jedenfalls insoweit Erfolg, als die Erfolgsaussichten der Klage der Antragstellerin als offen anzusehen sind.
21Vom Grundsatz her erscheint eine Sammlungsuntersagung auf der Grundlage von § 62 KrWG bei fehlender oder unvollständiger Anzeige gemäß § 18 Abs. 1 und 2 KrWG nicht ausgeschlossen, wenn das Anzeigeverfahren seinen Zweck aufgrund der fehlenden Anzeige oder unvollständiger Angaben des Anzeigenden nicht erfüllen kann.
22Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 19. Juli 2013 - 20 B 476/13 -, juris.
23Diese Frage ist jedoch in der Rechtsprechung noch nicht abschließend geklärt und in der Literatur umstritten.
24Vgl. Schwind in: von Lersner/Wendenburg, Recht der Abfallbeseitigung, § 18 KrWG Rn. 25, m. w. N. in Fußnote 49; Klement in: Schmehl: Gemeinschaftskommentar zum Kreislaufwirtschaftsgesetz, § 18 Rn. 21; Beckmann in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Band II, § 18 KrWG Rn. 22.
25Ferner ist zu berücksichtigen, dass im Zusammenhang mit Anzeigepflichten in anderen Rechtsgebieten (§ 14 GewO, § 67 Abs. 2 BImSchG) durchaus die Auffassung vertreten wird, dass bei Verstößen gegen eine Anzeigepflicht Maßnahmen im Sinne der hier in Rede stehenden Untersagung nicht in Betracht kommen.
26Vgl. Ennuschat in: Tettinger/Wank/Ennuschat, Gewerbeordnung, 8. Aufl., § 14 Rn. 98; Dieckmann/Ingerowski, Rechtsfragen der Anzeige bestehender gewerblicher Sammlungen nach § 72 Abs. 2 KrWG, AbfallR 2013, 12 (17), m. w. N.
27Dies führt dazu, dass im Rahmen dieses vorläufigen Rechtsschutzverfahrens von einer offensichtlichen Rechtmäßigkeit der auf § 62 KrWG gestützten Sammlungsuntersagung nicht ausgegangen werden kann.
28Andererseits kann die Sammlungsuntersagung aber auch nicht als offensichtlich rechtswidrig angesehen werden. Das folgt für die Frage, ob § 62 KrWG als Ermächtigungsgrundlage für eine Sammlungsuntersagung wegen des Fehlens oder der (wesentlichen) Unvollständigkeit einer Anzeige nach § 18 Abs. 1 und 2 KrWG in Betracht kommt, schon aus dem Vorstehenden. Jedenfalls bei der in diesem Verfahren gebotenen und allein möglichen summarischen Prüfung kann auch nicht (eindeutig) festgestellt werden, dass sich im Fall einer fehlenden oder in wesentlichen Punkten unvollständigen Sammlungsanzeige eine auf § 62 KrWG gestützte Untersagungsverfügung jedenfalls als unverhältnismäßig oder ermessensfehlerhaft erweisen muss.
29Eine offensichtliche Rechtswidrigkeit ergibt sich weiterhin nicht daraus, dass die Antragstellerin meint, bei § 18 Abs. 1 KrWG handele es sich um eine bloße Ordnungsvorschrift und alleine eine fehlende Sammlungsanzeige könne keine Untersagung rechtfertigen. Zum einen hat das Verwaltungsgericht nicht nur auf die fehlende Anzeige abgestellt, sondern zudem zutreffend darauf hingewiesen, dass die Antragstellerin auch nachträglich ihrer Anzeigepflicht trotz entsprechender Anhörung durch die Antragsgegnerin nicht nachgekommen ist und ohne Anzeige die materiellen Rechtmäßigkeitsanforderungen hinsichtlich der Sammlung nicht überprüft werden können. Damit setzt sich die Antragstellerin im Rahmen ihrer Beschwerdebegründung nicht weiter auseinander. Zum anderen spricht der Umstand, dass - wie es bereits das Verwaltungsgericht angemerkt hat - mit einer Sammlungsanzeige ein materiell-rechtliches "Prüfprogramm" der Behörde eröffnet werden soll,
30vgl. dazu OVG NRW, Beschluss vom 19. Juli 2013- 20 B 476/13 -, a. a. O.,
31dagegen, § 18 Abs. 1 und 2 KrWG als bloße Ordnungsvorschrift anzusehen.
32Vgl. auch Wenzel, Aktuelle Rechtsfragen zur Anzeige gewerblicher und gemeinnütziger Sammlungen gemäß § 18 KrWG, AbfallR 2012, 231 (237).
33Der weiteren Auffassung der Antragstellerin, eine Untersagung im Zusammenhang mit einer fehlenden Sammlungsanzeige komme angesichts der bestehenden Bußgeldvorschriften nicht in Betracht, kann ebenfalls nicht gefolgt werden, jedenfalls nicht insoweit, als damit zum Ausdruck gebracht werden soll, § 62 KrWG scheide von vornherein als Ermächtigungsgrundlage für eine Sammlungsuntersagung aus. Dies kann schon aufgrund der anderen Zielrichtung des Ordnungswidrigkeitentatbestands des § 69 Abs. 2 Nr. 1 KrWG einerseits und der (generellen) Handlungsermächtigung des § 62 KrWG andererseits nicht angenommen werden.
34Die danach anzustellende, von den Erfolgsaussichten der Klage der Antragstellerin gegen die Untersagungsverfügung unter I. des angefochtenen Bescheids losgelöste Interessenabwägung fällt zulasten der Antragstellerin aus.
35Zu ihren Gunsten ist zwar zu berücksichtigen, dass dann, wenn die Vollziehbarkeit der Untersagung bestätigt und der Antragstellerin damit (jedenfalls vorübergehend) ein Sammeln verwehrt wird, auf ihrer Seite vom Grundsatz her eine schwerwiegende und stark ins Gewicht fallende Rechtsbeeinträchtigung eintritt, wenn sich die Untersagung im Hauptsacheverfahren als rechtswidrig erweist. Denn ihre Sammlungstätigkeit dürfte in den Schutzbereich der Grundrechte aus Art. 12, 14 GG fallen.
36Vgl. etwa OVG NRW, Beschluss vom 19. Juli 2013- 20 B 122/13 -, juris.
37Andererseits ist aber auch zu berücksichtigen, dass sich die Antragstellerin bei einer Betätigung im Rahmen ihrer Grundrechte an die ansonsten geltenden Gesetze zu halten hat und dies hier unabhängig davon, ob und gegebenenfalls auf welcher Grundlage eine Sammlungsuntersagung verfügt werden kann, nicht der Fall ist, weil sie die nach der vorstehenden Ausführungen erforderliche Anzeige gemäß § 18 Abs. 1 und 2 KrWG, gegebenenfalls in Verbindung mit § 72 Abs. 2 KrWG, nicht erstattet hat. Mit Blick darauf sind hier auf jeden Fall auch öffentliche Interessen betroffen oder beeinträchtigt. Diese können nicht mit dem Argument als wenig(er) gewichtig angesehen oder abgetan werden, bei § 18 Abs. 1 und 2 KrWG handele es sich lediglich um eine bloße Ordnungsvorschrift. Vielmehr dient die Sammlungsanzeige- wie ausgeführt - dazu, der Behörde die Prüfung zu ermöglichen, ob die gesetzlich normierten Anforderungen an eine gewerbliche Sammlung erfüllt sind. Davon, dass eine solche Prüfung hier offensichtlich entbehrlich ist, kann nicht ausgegangen werden. Selbst wenn man unterstellt, dass die Prüfung entgegenstehender überwiegender öffentlicher Interessen gemäß § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 Halbs. 2 KrWG zu vernachlässigen ist, weil die Antragsgegnerin in ihrer Funktion als öffentlich-rechtlicher Entsorgungsträger nach dem unwidersprochenen Vorbringen der Antragstellerin keine getrennte Sammlung von Alttextilien und -schuhen betreibt, verbleibt die Prüfung der ordnungsgemäßen und schadlosen Verwertung im Sinne von § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 Halbs. 1 KrWG, die mangels diesbezüglicher Angaben der Antragstellerin (vgl. insoweit § 18 Abs. 2 Nrn. 4 und 5 KrWG) nicht vorgenommen werden kann. Im Übrigen kann diese Prüfung nicht mit dem Argument als entbehrlich angesehen werden, dass es für Alttextilien einen Markt gebe, sich damit (derzeit hohe) Erlöse erzielen ließen und schon deshalb von einer ordnungsgemäßen und schadlosen Verwertung ausgegangen werden könne. Dabei bleibt unberücksichtigt, dass dies nicht auf sämtliche im Wege einer öffentlichen Containersammlung erfassten Gegenstände zutrifft, weil es einen gewissen Anteil sog. "Fehlwürfe" gibt, hinsichtlich derer eine ordnungsgemäße und schadlose Verwertung ebenfalls gewährleistet sein muss. Entsprechendes gilt für nicht wiederverwendbare, d. h. nicht wieder oder weiter tragbare Bekleidung und Schuhe sowie sonstige Alttextilien.
38Mit Blick darauf kann ein überwiegendes Interesse der Antragstellerin, ihre Sammlung (vorübergehend) fortzusetzen, auch in Ansehung ihrer vom Grundsatz her grundrechtlich geschützten Betätigung nicht angenommen werden. Dabei ist zudem zu berücksichtigen, dass die tatsächlichen Folgen einer hier anzunehmenden vorübergehenden Sammlungsunterbrechung sich in Grenzen halten dürften. Ausgehend davon, dass sich die Antragstellerin ordnungsgemäß die Verfügungsbefugnis hinsichtlich der für die Aufstellung ihrer Sammelcontainer genutzten Flächen gesichert hat, dürften ihr keine Standorte für den Fall verloren gehen, dass sie ihre Container (unterstellt) vorübergehend von den Flächen entfernen muss. Dementsprechend besteht die tatsächliche Beeinträchtigung in (vorübergehenden) Einnahmeverlusten, zu deren Höhe die Antragstellerin jedoch nichts Konkretes vorgetragen hat.
39Unter dem Gesichtspunkt der Beeinträchtigung oder Belastung der Antragstellerin ist ferner zu berücksichtigen, dass die Angelegenheit für sie im Fall der Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung ihrer Klage bis zur Entscheidung in der Hauptsache voraussichtlich nicht "erledigt" wäre. Angesichts der durch § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG vorgeschriebenen oder veranlassten Prüfung wäre die Antragsgegnerin unabhängig von der noch ausstehenden Hauptsacheentscheidung hinsichtlich der Untersagungsverfügung gehalten, sich die für die Prüfung gemäß § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG erforderlichen Angaben auf einem anderen als dem an sich gesetzlich vorgesehenen Weg - das ist die vom Sammler zu erstattende Anzeige - zu verschaffen, indem sie gegen die ohne Anzeige sammelnde Antragstellerin durch die Festsetzung eines Bußgelds (vgl. § 69 Abs. 2 Nr. 1, Abs. 3 KrWG) Druck ausübt und/oder sie mittels auf § 62 KrWG gestützter, gegebenenfalls zwangsgeldbewehrter Ordnungsverfügung zur Erstattung der Anzeige auffordert. Dies bedeutete zum einen einen erheblichen Verwaltungsaufwand und führte zum anderen jedenfalls im Fall der Verhängung eines Bußgelds ebenfalls zu einer finanziellen Belastung der Antragstellerin.
40Zu deren Lasten kommt ferner die bereits vom Verwaltungsgericht betonte Nachahmungsgefahr zum Tragen. Zwar weist die Antragstellerin diesbezüglich zutreffend darauf hin, dass unmittelbar von den von ihr aufgestellten Sammelcontainern keine Nachahmungsgefahr ausgeht, weil ihnen nicht anzusehen ist, ob eine Anzeige erstattet wurde oder nicht. Eine Nachahmungsgefahr leitet sich jedoch daraus ab, dass im (unterstellten) Fall des Bekanntwerdens der Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung dies in Sammlerkreisen als Signal dahingehend verstanden werden könnte, eine Sammlung könne auch ohne Anzeige begonnen und trotz fehlender Anzeige weitergeführt werden, weil eine Untersagung oder Einstellung der Sammlung nicht zu befürchten sei.
41Unter Abwägung aller Gesichtspunkte ist es, wie es bereits das Verwaltungsgericht ausgeführt hat, daher eher der Antragstellerin zuzumuten, ihre Sammlung vorübergehend zu unterbrechen, als der Antragsgegnerin, weiterhin (vorübergehend) auf die vorgeschriebene Prüfung jedenfalls gemäß § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 Halbs. 1 KrWG verzichten zu müssen. Dies gilt umso mehr, als es die Antragstellerin selbst in der Hand hat, der Untersagungsverfügung durch Erstattung der erforderlichen Anzeige die Grundlage zu entziehen. Größerer Aufwand ist damit nicht verbunden, weil § 18 Abs. 2 KrWG zwar Angaben und Darlegungen verlangt, Nachweise dagegen nicht gefordert werden.
42Erfolg hat die Beschwerde dagegen im Hinblick auf die Zwangsgeldandrohung unter III. des angefochtenen Bescheids, weil sich die Androhung als offensichtlich rechtswidrig, nämlich unverhältnismäßig erweist. Dies ergibt sich daraus, dass das angedrohte Zwangsgeld von 2.500,00 €, wie ausdrücklich in dem angefochtenen Bescheid angeordnet, für jeden Tag der Zuwiderhandlung gilt und darüber hinaus, da sich die Androhung ebenfalls ausdrücklich auch auf die nicht vollständige Befolgung der Untersagung unter I. des Bescheids bezieht, in voller Höhe selbst dann "fällig" wird, wenn die Antragstellerin auch nur mit einem Container weitersammelt. Mit Blick auf diese Fallkonstellation erweist sich die Androhung auch oder gerade unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen Interessen des Betroffenen an der Nichtbefolgung der Untersagungsverfügung (vgl. § 60 Abs. 1 Satz 2 VwVG NRW) als unangemessen. Denn ein Zwangsgeld von 2.500,00 € pro Tag bei einem Sammelcontainer liegt offensichtlich so weit von dem Umsatz entfernt, der mit einem einzelnen Sammelcontainer täglich erzielt werden kann, dass hier eine Unverhältnismäßigkeit auf der Hand liegt.
43Vgl. in diesem Sinn auch schon VG Gelsenkirchen, Beschluss vom 26. Juni 2013 - 9 L 337/13 -.
44Dass die Antragsgegnerin möglicherweise hinsichtlich der zuvor behandelten Fallkonstellation keine (besondere) Regelungsintention hatte, ist unerheblich, weil eine Verhältnismäßigkeit der Androhung nur dann angenommen werden kann, wenn sie sich in jedem (einzelnen) in Betracht kommenden Anwendungsfall als angemessen erweist, was hier - wie zuvor dargestellt - nicht der Fall ist, wenn die Antragstellerin gegebenenfalls - entgegen der Untersagungsverfügung - lediglich mit einem Container weitersammelt. Angesichts dieser wirtschaftlichen Gegebenheiten kann eine Verhältnismäßigkeit nicht allein deshalb angenommen werden, weil das pro Tag angedrohte Zwangsgeld am unteren Rand der in § 60 Abs. 1 Satz 1 VwVG NRW genannten Spanne liegt. Der von der Antragsgegnerin gegebenenfalls anzustellende Ermittlungsaufwand zur Feststellung möglicher Zuwiderhandlungen gegen die Untersagungsverfügung dürfte mit Blick auf § 58 Abs. 1 und 2, § 60 Abs. 1 Satz 2 VwVG NRW bereits vom Ansatz her kein tauglicher Gesichtspunkt zur Bemessung der Höhe des Zwangsgeldes darstellen und vermag dementsprechend ebenfalls nicht die Annahme der Verhältnismäßigkeit zu begründen.
45Die Kostenentscheidung folgt aus § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
46Die Streitwertentscheidung beruht auf § 63 Abs. 3 Satz 1, § 53 Abs. 2 Nr. 2, § 52 Abs. 1 GKG. Da die verfügte Sammlungsuntersagung einer partiellen Gewerbeuntersagung gleichkommt, erscheint eine Orientierung an der Nr. 54.2.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit als interessengerecht. Der danach entscheidende Jahresgewinn ist mangels diesbezüglicher Angaben der Antragstellerin zu schätzen, was angesichts der Mitteilung der Antragstellerin, dass im Gebiet der Antragsgegnerin 26 Sammelcontainer stehen, auch sachgerecht möglich ist. Ausgehend von einer jährlichen Sammelmenge pro Container von 10 t und einem erzielbaren Erlös pro Tonne Alttextilien von 400,00 €, wie er in zahlreichen anhängigen Beschwerdeverfahren betreffend die Untersagung von Alttextiliensammlungen genannt wird,
47siehe auch OVG NRW, Beschluss vom 21. August 2013 - 11 E 645/13 -, juris,
48sowie einer - ebenfalls geschätzten - Gewinnmarge von 50 % ergibt sich ein Jahresgewinn von 52.000,00 €, der im Hinblick auf die Vorläufigkeit dieses Rechtsschutzverfahrens zu halbieren ist. Die Zwangsgeldandrohung bleibt nach Nr. 1.7.2 Satz 1 des Streitwertkatalogs außer Betracht. Dementsprechend ist auch die erstinstanzliche Festsetzung zu ändern.
Tenor
I.
Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
II.
Die Klägerin hat die Kosten des Zulassungsverfahrens zu tragen.
III.
Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 16.800,00 € festgesetzt.
Gründe
Tenor
Die Beschwerde der Antragsgegnerin gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 2. Mai 2013 - 1 K 886/13 - wird zurückgewiesen.
Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Streitwert des Beschwerdeverfahrens wird auf 7.500,-- EUR festgesetzt.
Gründe
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
|
| |||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
|
Tenor
Der angegriffene Beschluss wird teilweise geändert.
Die aufschiebende Klage der Antragstellerin (VG Düsseldorf 17 K 1535/13) gegen die Zwangsgeldandrohung unter III. des Bescheids der Antragsgegnerin vom 4. Februar 2013 wird angeordnet.
Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens beider Instanzen tragen die Antragstellerin zu drei Viertel und die Antragsgegnerin zu einem Viertel.
Der Streitwert wird unter Änderung der erstinstanzlichen Festsetzung für beide Instanzen auf 26.000,00 € festgesetzt.
1
Gründe
2Die Beschwerde, mit der die Antragstellerin ihr erstinstanzliches Begehren,
3die aufschiebende Wirkung ihrer Klage (VG Düsseldorf 17 K 1535/13) gegen die Ordnungsverfügung der Antragsgegnerin vom 4. Februar 2013 hinsichtlich der Ziffer I. wiederherzustellen und hinsichtlich der Ziffer III. anzuordnen,
4weiterverfolgt, hat in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang Erfolg.
5Das Verwaltungsgericht hat den vorläufigen Rechtsschutzantrag der Antragstellerin mit der Begründung abgelehnt, dass die im Rahmen von § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO anzustellende Interessenabwägung zulasten der Antragstellerin ausfalle, weil die angefochtene Ordnungsverfügung offensichtlich rechtmäßig sei. Ermächtigungsgrundlage für die Untersagungsverfügung unter I. der Ordnungsverfügung sei § 62 KrWG, weil die Antragstellerin ihre Sammlung nicht gemäß § 18 Abs. 1 und 2 KrWG angezeigt habe. Bei den gesammelten Altkleidern und -schuhen handele es sich um Abfall, weil die Vorbesitzer die Sachherrschaft ohne weitere Zweckbestimmung aufgegeben hätten. Die Zwangsgeldandrohung unter III. der Ordnungsverfügung sei noch verhältnismäßig. Dem setzt die Antragstellerin mit ihrem fristgemäßen Beschwerdevorbringen, auf dessen Prüfung das Oberverwaltungsgericht nach § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO beschränkt ist, nur hinsichtlich der Zwangsgeldandrohung Durchgreifendes entgegen.
6Soweit die Antragstellerin sinngemäß die Ordnungsverfügung wegen Unzuständigkeit der Antragsgegnerin für formell rechtswidrig hält, dringt sie damit nicht durch.
7Das Verwaltungsgericht ist sinngemäß davon ausgegangen, dass die Zuständigkeit der Antragsgegnerin möglicherweise in Frage stellende rechtsstaatliche Bedenken, die sich aus dem Zusammenfallen von Aufgaben (Vollzug des Kreislaufwirtschaftsgesetzes einerseits, öffentlich-rechtlicher Entsorgungsträger andererseits) bei ein und derselben Stelle der öffentlichen Verwaltung ergeben (können), durch eine verwaltungsinterne organisatorische und personelle Trennung der Aufgabenbereiche Rechnung getragen werden kann. Dies steht in Einklang mit der Rechtsprechung des hier beschließenden Gerichts.
8Vgl. OVG NRW, Urteil vom 15. August 2013 - 20 A 2798/11 -, juris, m. w. N., und Beschluss vom 19. Juli 2013 - 20 B 530/13 -, juris.
9Soweit die Antragstellerin sinngemäß die von der Antragsgegnerin vorgenommene Trennung der Zuständigkeiten nicht für ausreichend hält, weil - was zutreffend ist - auf einer "höheren" (Vorgesetzten-)Ebene die Zuständigkeiten (wieder) zusammenfallen, dringt sie damit nicht durch. Das Zusammenfallen der Zuständigkeiten auf einer "höheren" (jedenfalls auf der obersten) Ebene ist bei einer Wahrnehmung verschiedener Aufgabenbereiche durch einen Rechtsträger unvermeidbar. Durchgreifende rechtsstaatliche Bedenken dürften sich daraus aber nicht ergeben, zumal die jeweiligen Amtsträger sowohl beim Vollzug des Kreislaufwirtschaftsgesetzes als auch bei der Wahrnehmung der Aufgaben des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers Beschränkungen und Bindungen unterliegen, insbesondere "von Amts wegen" Neutralität zu wahren haben, und diesbezüglich schon auf Verwaltungsebene Kontrollmöglichkeiten bestehen. Im Übrigen ist bereits im Gesetzgebungsverfahren zum Kreislaufwirtschaftsgesetz die (rechtsstaatliche) Problematik einer zusammenfallenden Behördenzuständigkeit gesehen worden, ohne dass dies zum Anlass genommen worden ist, eine Trennung dahingehend zu fordern, dass die Aufgaben bei unterschiedlichen Rechtsträgern angesiedelt werden müssen - was sich bei den Stadtstaaten kaum hätte praktizieren lassen.
10Vgl. BT-Drucks. 17/6052, S. 88, und 17/6645, S. 4.
11Vorliegend erscheint das Bestehen eines - die Zuständigkeit der Antragsgegnerin möglicherweise in Frage stellenden - Interessenkonflikts auch deshalb fernliegend, weil die Ordnungsverfügung ohne Beteiligung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers ausgesprochen wurde und die Antragsgegnerin in ihrer Funktion als öffentlich-rechtlicher Entsorgungsträger nach dem eigenen Vortrag der Antragstellerin gar keine getrennte Alttextiliensammlung oder -erfassung vornimmt. Schließlich bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass die Antragsgegnerin ihre eigenen internen Organisationsregelungen (systematisch) missachtet. Dass es bei einer vorangegangenen, inzwischen aufgehobenen Ordnungsverfügung der Antragsgegnerin gegenüber der Antragstellerin zu einer Abweichung von diesen Organisationsregelungen gekommen ist, hat zum einen die Antragsgegnerin im Beschwerdeverfahren plausibel erklärt und stellt zum anderen nicht in Frage, dass bei Erlass der streitgegenständlichen Ordnungsverfügung die Organisationsregelungen beachtet wurden.
12Entgegen der Auffassung der Antragstellerin ist das Verwaltungsgericht weiterhin - in Übereinstimmung mit der soweit ersichtlich einhelligen aktuelleren Rechtsprechung und Literatur - zutreffend von der Abfalleigenschaft der von der Antragstellerin gesammelten Alttextilien und -schuhe ausgegangen.
13Die Abfalleigenschaft der genannten Gegenstände ergibt sich aufgrund einer Entledigung durch den Besitzer (§ 3 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 KrWG) in Gestalt der Aufgabe der tatsächlichen Sachherrschaft (durch Einwurf in einen Sammelcontainer) unter Wegfall jeder weiteren Zweckbestimmung (§ 3 Abs. 2 Alt. 3 KrWG). Soweit in älteren Gerichtsentscheidungen
14- OVG NRW, Urteil vom 8. Dezember 1982 - 20 A 570/82 -, NVwZ 1983, 561; BayObLG, Beschluss vom 23. August 1983 - 3 Ob OWi 124/83 -, NVwZ 1984, 198 -
15die Abfalleigenschaft von Gegenständen verneint wurde, die nicht der allgemeinen Müllabfuhr, sondern einer (getrennten) Sammlung zugeführt wurden, ist diese Rechtsprechung überholt. Sie beruhte zum einen auf der anderslautenden Abfalldefinition des seinerzeit geltenden § 1 Abs. 1 Satz 1 AbfG 1972, der in seiner ersten Alternative allein auf den Entledigungswillen des Besitzers abstellte, d. h. keinen § 3 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1, Abs. 2 Alt. 3 KrWG vergleichbaren Entstehungstatbestand enthielt, und zum anderen auf einem nicht maßgeblich von der Zweckbestimmung der jeweiligen Sache geprägten Verständnis des Entledigungswillens. Soweit dementsprechend in den zuvor zitierten Entscheidungen ein Entledigungswille mit der Begründung verneint wurde, es solle der Sammlungszweck gefördert und dem sammelnden Unternehmen ein Vorteil eingeräumt werden, ergibt sich daraus keine (konkrete) Zweckbestimmung hinsichtlich der abgegebenen Gegenstände im Sinne von § 3 Abs. 2 Alt. 3 KrWG, welche gegebenenfalls die Abfalleigenschaft nach heutigem Recht ausschlösse. Denn die beiden zuvor genannten Gesichtspunkte (Förderung des Sammlungszwecks, Einräumung eines Vorteils) geben nichts Konkretes dafür her, was mit dem jeweils abgegebenen Gegenstand geschehen soll.
16Der Rückschluss der Antragstellerin aus der Höhe der Wiederverwendungsquote auf eine (konkludente) Zweckbestimmung des Besitzers im Sinne von § 3 Abs. 2 Alt. 3 KrWG verfängt ebenfalls nicht. Dies gilt schon deshalb, weil weder vorgetragen worden noch sonst ersichtlich ist, dass der einzelne Besitzer Kenntnis von der Wiederverwendungsquote hat und hinsichtlich der Weg-/Abgabe von nicht mehr für eigene Zwecke benötigten Alttextilien oder -schuhen auf der Grundlage dieser Kenntnis zwischen potenziell in Betracht kommenden (Annahme-)Stellen entscheidet. Der Annahme einer solchen Kenntnis steht im Übrigen entgegen, dass die Antragstellerin mehrere verschiedene Wiederverwendungsquoten - einerseits die Quote im Bundesdurchschnitt und andererseits die (angebliche) Quote ihres Unternehmens - benennt und es äußerst unwahrscheinlich erscheint, dass die Besitzer von Alttextilien sich gerade mit der (unterstellten) Wiederverwendungsquote der Antragstellerin auseinandergesetzt haben oder ihnen diese bekannt ist. Weiterhin bezieht sich die von der Antragstellerin angeführte Wiederverwendungsquote - soweit ersichtlich - lediglich auf Bekleidung, nicht jedoch auch auf sonstige (Alt-)Textilien und (Alt-)Schuhe, so dass insoweit ein Rückschluss von der Wiederverwendungsquote auf eine Zweckbestimmung ohnehin nicht in Betracht kommt.
17Unabhängig von der Wiederverwendungsquote und unabhängig davon, ob mit einer- hier nicht in Rede stehenden - Übergabe von Alttextilien an einen "Second-Hand-Laden" oder an eine Kleiderkammer eine Zweckbestimmung verbunden ist, lässt sich eine solche jedenfalls beim Einwurf von Alttextilien in einen öffentlich zugänglichen Sammelcontainer nicht feststellen. Es kann dahinstehen, ob tatsächlich ein Großteil der Abgebenden Alttextilien und -schuhe aus der Motivationslage heraus und mit der Hoffnung in einen Sammelcontainer werfen, Kleidung und Schuhe sollten wiederverwendet, also weitergetragen werden. Jedenfalls ist für eine darüber hinausgehende Zweckbestimmung im Sinne einer realistischen und verbindlichen Festlegung einer entsprechenden Funktion der einzelnen Sache nichts ersichtlich. Dies gilt auch unter Berücksichtigung der von der Antragstellerin vorgelegten forsa-Umfrage. Dieser kann zwar entnommen werden, dass hinsichtlich der Abgabe von Altkleidern der ganz überwiegende Teil der Abgebenden aus einer bestimmten, auf die Wiederverwendung (als Kleidung) gerichteten Motivationslage heraus handelt. Dies reicht jedoch nicht aus, in der Abgabe einer für eigene Zwecke nicht mehr gewollten und für Dritte möglicherweise noch weiter nutzbaren Sache zugleich und darüber hinaus eine durch ein gewisses Maß an Verbindlichkeit und Verlässlichkeit gekennzeichnete Zweckbestimmung zu sehen. Gerade aus Seite 6 der Umfrage ist vielmehr zu schließen, dass, wenn überhaupt, mit der Abgabe in einer Kleiderkammer eine Zweckbestimmung verbunden ist, nicht jedoch mit dem Einwerfen in einen in der Öffentlichkeit aufgestellten und frei zugänglichen Sammelcontainer. Der von der Antragstellerin in Bezug genommene Fernsehbericht des WDR vom 13. September 2013 gibt für die Annahme einer Zweckbestimmung auch nicht ansatzweise etwas her; bestenfalls können dem Bericht Anhaltspunkte für eine auf einen "guten Zweck" zielende Motivationslage der Abgebenden entnommen werden.
18Weiterhin steht der Annahme einer Zweckbestimmung entgegen, dass in aller Regel ein Interesse oder ein Wille des Abgebenden, die Einhaltung der (unterstellten) Zweckbestimmung zu verfolgen oder zu kontrollieren, nicht existieren dürfte und ihm unabhängig davon ohnehin entsprechende Möglichkeiten nicht zur Verfügung stehen dürften, weil er mit dem Einwurf der Alttextilien und -schuhe in den Sammelcontainer im Regelfall jede weitere Einflussmöglichkeit aufgibt. Angesichts dessen fehlt es bereits an einer tauglichen Grundlage für die Annahme, ein Alttextilien und -schuhe Abgebender wolle über das Bestehen einer bestimmten Motivationslage hinaus eine (verbindliche) Zweckbestimmung treffen. Im Übrigen machte die Annahme einer beim Einwurf von Alttextilien und -schuhen in einen Sammelcontainer abgegebenen Zweckbestimmung nur Sinn, wenn es einen Adressaten gäbe, der sich entsprechend der Bestimmung verhalten könnte. Dies ist jedoch nicht der Fall, weil die (unterstellte) Zweckbestimmung bei der Abgabe (Einwurf in den Sammelcontainer) nicht erfasst oder aufgenommen wird und es im Nachhinein nicht möglich ist, allein aus der Art und/oder dem Erhaltungszustand eines einzelnen (Textil-)Stücks auf eine (unterstellte) Zweckbestimmung des Abgebenden beim Einwurf in den Sammelcontainer zurückzuschließen. Da es - auch nach der von der Antragstellerin vorgelegten forsa-Umfrage - unterschiedliche Gründe oder Motive gibt, aus denen heraus Alttextilien zur "Kleidersammlung" gegeben werden, gibt es mit Sicherheit auch Fälle, in denen ein zur Wiederverwendung geeignetes Kleidungsstück ohne entsprechende Zweckbestimmung abgegeben wird, etwa weil der Abgebende das Stück - zur Verminderung eines überschüssigen Bekleidungsbestands - schlicht "loswerden" werden will und es beispielsweise aus Umweltschutzgründen nicht in den Restabfallbehälter wirft. Schließlich führte der Rückschluss von der Art oder dem Erhaltungszustand eines Textilstücks auf die (unterstellte) Zweckbestimmung dazu, dass von der Antragstellerin jedenfalls auch Abfall gesammelt wird. Denn im Hinblick auf deutlich verschlissene, offensichtlich nicht wieder oder weiter tragbare Kleidung und Schuhe sowie auf andere Textilien außerhalb von Bekleidung könnte von vornherein nicht von einer auf die Wiederverwendung gerichteten Zweckbestimmung ausgegangen werden.
19Was das Sortieren der Alttextilien nach der Einsammlung anbelangt, hat das Verwaltungsgericht darin nicht den maßgeblichen, die Abfalleigenschaft begründenden Umstand gesehen. Vielmehr hat es das Sortieren lediglich zur Untermauerung seiner Annahme angeführt, dass der Besitzer von Alttextilien im Fall des Einwurfs in einen Sammelcontainer keine Garantie hinsichtlich einer Wiederverwendung im Sinne von § 3 Abs. 21 KrWG hat oder erhält. Jedenfalls kann aus dem Sortieren keine Zweckbestimmung im Sinne von § 3 Abs. 2 Alt. 3 KrWG abgeleitet werden. Dementsprechend kommt es weder darauf an, ob das Sortieren als ein Verfahren der Prüfung gemäß § 3 Abs. 24 KrWG die Abfalleigenschaft indiziert, noch bedarf es einer weiteren Betrachtung, ob und gegebenenfalls welche rechtlichen Folgerungen sich daraus ergeben, dass nach dem Vortrag der Antragstellerin auch Second-Hand-Läden und Kleiderkammern eine Sortierung der ihnen überlassenen Alttextilien vornehmen.
20Soweit das Verwaltungsgericht die Untersagungsverfügung unter I. des angefochtenen Bescheids als auf der Grundlage von § 62 KrWG (offensichtlich) rechtmäßig angesehen hat, hat das Beschwerdevorbringen jedenfalls insoweit Erfolg, als die Erfolgsaussichten der Klage der Antragstellerin als offen anzusehen sind.
21Vom Grundsatz her erscheint eine Sammlungsuntersagung auf der Grundlage von § 62 KrWG bei fehlender oder unvollständiger Anzeige gemäß § 18 Abs. 1 und 2 KrWG nicht ausgeschlossen, wenn das Anzeigeverfahren seinen Zweck aufgrund der fehlenden Anzeige oder unvollständiger Angaben des Anzeigenden nicht erfüllen kann.
22Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 19. Juli 2013 - 20 B 476/13 -, juris.
23Diese Frage ist jedoch in der Rechtsprechung noch nicht abschließend geklärt und in der Literatur umstritten.
24Vgl. Schwind in: von Lersner/Wendenburg, Recht der Abfallbeseitigung, § 18 KrWG Rn. 25, m. w. N. in Fußnote 49; Klement in: Schmehl: Gemeinschaftskommentar zum Kreislaufwirtschaftsgesetz, § 18 Rn. 21; Beckmann in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Band II, § 18 KrWG Rn. 22.
25Ferner ist zu berücksichtigen, dass im Zusammenhang mit Anzeigepflichten in anderen Rechtsgebieten (§ 14 GewO, § 67 Abs. 2 BImSchG) durchaus die Auffassung vertreten wird, dass bei Verstößen gegen eine Anzeigepflicht Maßnahmen im Sinne der hier in Rede stehenden Untersagung nicht in Betracht kommen.
26Vgl. Ennuschat in: Tettinger/Wank/Ennuschat, Gewerbeordnung, 8. Aufl., § 14 Rn. 98; Dieckmann/Ingerowski, Rechtsfragen der Anzeige bestehender gewerblicher Sammlungen nach § 72 Abs. 2 KrWG, AbfallR 2013, 12 (17), m. w. N.
27Dies führt dazu, dass im Rahmen dieses vorläufigen Rechtsschutzverfahrens von einer offensichtlichen Rechtmäßigkeit der auf § 62 KrWG gestützten Sammlungsuntersagung nicht ausgegangen werden kann.
28Andererseits kann die Sammlungsuntersagung aber auch nicht als offensichtlich rechtswidrig angesehen werden. Das folgt für die Frage, ob § 62 KrWG als Ermächtigungsgrundlage für eine Sammlungsuntersagung wegen des Fehlens oder der (wesentlichen) Unvollständigkeit einer Anzeige nach § 18 Abs. 1 und 2 KrWG in Betracht kommt, schon aus dem Vorstehenden. Jedenfalls bei der in diesem Verfahren gebotenen und allein möglichen summarischen Prüfung kann auch nicht (eindeutig) festgestellt werden, dass sich im Fall einer fehlenden oder in wesentlichen Punkten unvollständigen Sammlungsanzeige eine auf § 62 KrWG gestützte Untersagungsverfügung jedenfalls als unverhältnismäßig oder ermessensfehlerhaft erweisen muss.
29Eine offensichtliche Rechtswidrigkeit ergibt sich weiterhin nicht daraus, dass die Antragstellerin meint, bei § 18 Abs. 1 KrWG handele es sich um eine bloße Ordnungsvorschrift und alleine eine fehlende Sammlungsanzeige könne keine Untersagung rechtfertigen. Zum einen hat das Verwaltungsgericht nicht nur auf die fehlende Anzeige abgestellt, sondern zudem zutreffend darauf hingewiesen, dass die Antragstellerin auch nachträglich ihrer Anzeigepflicht trotz entsprechender Anhörung durch die Antragsgegnerin nicht nachgekommen ist und ohne Anzeige die materiellen Rechtmäßigkeitsanforderungen hinsichtlich der Sammlung nicht überprüft werden können. Damit setzt sich die Antragstellerin im Rahmen ihrer Beschwerdebegründung nicht weiter auseinander. Zum anderen spricht der Umstand, dass - wie es bereits das Verwaltungsgericht angemerkt hat - mit einer Sammlungsanzeige ein materiell-rechtliches "Prüfprogramm" der Behörde eröffnet werden soll,
30vgl. dazu OVG NRW, Beschluss vom 19. Juli 2013- 20 B 476/13 -, a. a. O.,
31dagegen, § 18 Abs. 1 und 2 KrWG als bloße Ordnungsvorschrift anzusehen.
32Vgl. auch Wenzel, Aktuelle Rechtsfragen zur Anzeige gewerblicher und gemeinnütziger Sammlungen gemäß § 18 KrWG, AbfallR 2012, 231 (237).
33Der weiteren Auffassung der Antragstellerin, eine Untersagung im Zusammenhang mit einer fehlenden Sammlungsanzeige komme angesichts der bestehenden Bußgeldvorschriften nicht in Betracht, kann ebenfalls nicht gefolgt werden, jedenfalls nicht insoweit, als damit zum Ausdruck gebracht werden soll, § 62 KrWG scheide von vornherein als Ermächtigungsgrundlage für eine Sammlungsuntersagung aus. Dies kann schon aufgrund der anderen Zielrichtung des Ordnungswidrigkeitentatbestands des § 69 Abs. 2 Nr. 1 KrWG einerseits und der (generellen) Handlungsermächtigung des § 62 KrWG andererseits nicht angenommen werden.
34Die danach anzustellende, von den Erfolgsaussichten der Klage der Antragstellerin gegen die Untersagungsverfügung unter I. des angefochtenen Bescheids losgelöste Interessenabwägung fällt zulasten der Antragstellerin aus.
35Zu ihren Gunsten ist zwar zu berücksichtigen, dass dann, wenn die Vollziehbarkeit der Untersagung bestätigt und der Antragstellerin damit (jedenfalls vorübergehend) ein Sammeln verwehrt wird, auf ihrer Seite vom Grundsatz her eine schwerwiegende und stark ins Gewicht fallende Rechtsbeeinträchtigung eintritt, wenn sich die Untersagung im Hauptsacheverfahren als rechtswidrig erweist. Denn ihre Sammlungstätigkeit dürfte in den Schutzbereich der Grundrechte aus Art. 12, 14 GG fallen.
36Vgl. etwa OVG NRW, Beschluss vom 19. Juli 2013- 20 B 122/13 -, juris.
37Andererseits ist aber auch zu berücksichtigen, dass sich die Antragstellerin bei einer Betätigung im Rahmen ihrer Grundrechte an die ansonsten geltenden Gesetze zu halten hat und dies hier unabhängig davon, ob und gegebenenfalls auf welcher Grundlage eine Sammlungsuntersagung verfügt werden kann, nicht der Fall ist, weil sie die nach der vorstehenden Ausführungen erforderliche Anzeige gemäß § 18 Abs. 1 und 2 KrWG, gegebenenfalls in Verbindung mit § 72 Abs. 2 KrWG, nicht erstattet hat. Mit Blick darauf sind hier auf jeden Fall auch öffentliche Interessen betroffen oder beeinträchtigt. Diese können nicht mit dem Argument als wenig(er) gewichtig angesehen oder abgetan werden, bei § 18 Abs. 1 und 2 KrWG handele es sich lediglich um eine bloße Ordnungsvorschrift. Vielmehr dient die Sammlungsanzeige- wie ausgeführt - dazu, der Behörde die Prüfung zu ermöglichen, ob die gesetzlich normierten Anforderungen an eine gewerbliche Sammlung erfüllt sind. Davon, dass eine solche Prüfung hier offensichtlich entbehrlich ist, kann nicht ausgegangen werden. Selbst wenn man unterstellt, dass die Prüfung entgegenstehender überwiegender öffentlicher Interessen gemäß § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 Halbs. 2 KrWG zu vernachlässigen ist, weil die Antragsgegnerin in ihrer Funktion als öffentlich-rechtlicher Entsorgungsträger nach dem unwidersprochenen Vorbringen der Antragstellerin keine getrennte Sammlung von Alttextilien und -schuhen betreibt, verbleibt die Prüfung der ordnungsgemäßen und schadlosen Verwertung im Sinne von § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 Halbs. 1 KrWG, die mangels diesbezüglicher Angaben der Antragstellerin (vgl. insoweit § 18 Abs. 2 Nrn. 4 und 5 KrWG) nicht vorgenommen werden kann. Im Übrigen kann diese Prüfung nicht mit dem Argument als entbehrlich angesehen werden, dass es für Alttextilien einen Markt gebe, sich damit (derzeit hohe) Erlöse erzielen ließen und schon deshalb von einer ordnungsgemäßen und schadlosen Verwertung ausgegangen werden könne. Dabei bleibt unberücksichtigt, dass dies nicht auf sämtliche im Wege einer öffentlichen Containersammlung erfassten Gegenstände zutrifft, weil es einen gewissen Anteil sog. "Fehlwürfe" gibt, hinsichtlich derer eine ordnungsgemäße und schadlose Verwertung ebenfalls gewährleistet sein muss. Entsprechendes gilt für nicht wiederverwendbare, d. h. nicht wieder oder weiter tragbare Bekleidung und Schuhe sowie sonstige Alttextilien.
38Mit Blick darauf kann ein überwiegendes Interesse der Antragstellerin, ihre Sammlung (vorübergehend) fortzusetzen, auch in Ansehung ihrer vom Grundsatz her grundrechtlich geschützten Betätigung nicht angenommen werden. Dabei ist zudem zu berücksichtigen, dass die tatsächlichen Folgen einer hier anzunehmenden vorübergehenden Sammlungsunterbrechung sich in Grenzen halten dürften. Ausgehend davon, dass sich die Antragstellerin ordnungsgemäß die Verfügungsbefugnis hinsichtlich der für die Aufstellung ihrer Sammelcontainer genutzten Flächen gesichert hat, dürften ihr keine Standorte für den Fall verloren gehen, dass sie ihre Container (unterstellt) vorübergehend von den Flächen entfernen muss. Dementsprechend besteht die tatsächliche Beeinträchtigung in (vorübergehenden) Einnahmeverlusten, zu deren Höhe die Antragstellerin jedoch nichts Konkretes vorgetragen hat.
39Unter dem Gesichtspunkt der Beeinträchtigung oder Belastung der Antragstellerin ist ferner zu berücksichtigen, dass die Angelegenheit für sie im Fall der Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung ihrer Klage bis zur Entscheidung in der Hauptsache voraussichtlich nicht "erledigt" wäre. Angesichts der durch § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG vorgeschriebenen oder veranlassten Prüfung wäre die Antragsgegnerin unabhängig von der noch ausstehenden Hauptsacheentscheidung hinsichtlich der Untersagungsverfügung gehalten, sich die für die Prüfung gemäß § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG erforderlichen Angaben auf einem anderen als dem an sich gesetzlich vorgesehenen Weg - das ist die vom Sammler zu erstattende Anzeige - zu verschaffen, indem sie gegen die ohne Anzeige sammelnde Antragstellerin durch die Festsetzung eines Bußgelds (vgl. § 69 Abs. 2 Nr. 1, Abs. 3 KrWG) Druck ausübt und/oder sie mittels auf § 62 KrWG gestützter, gegebenenfalls zwangsgeldbewehrter Ordnungsverfügung zur Erstattung der Anzeige auffordert. Dies bedeutete zum einen einen erheblichen Verwaltungsaufwand und führte zum anderen jedenfalls im Fall der Verhängung eines Bußgelds ebenfalls zu einer finanziellen Belastung der Antragstellerin.
40Zu deren Lasten kommt ferner die bereits vom Verwaltungsgericht betonte Nachahmungsgefahr zum Tragen. Zwar weist die Antragstellerin diesbezüglich zutreffend darauf hin, dass unmittelbar von den von ihr aufgestellten Sammelcontainern keine Nachahmungsgefahr ausgeht, weil ihnen nicht anzusehen ist, ob eine Anzeige erstattet wurde oder nicht. Eine Nachahmungsgefahr leitet sich jedoch daraus ab, dass im (unterstellten) Fall des Bekanntwerdens der Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung dies in Sammlerkreisen als Signal dahingehend verstanden werden könnte, eine Sammlung könne auch ohne Anzeige begonnen und trotz fehlender Anzeige weitergeführt werden, weil eine Untersagung oder Einstellung der Sammlung nicht zu befürchten sei.
41Unter Abwägung aller Gesichtspunkte ist es, wie es bereits das Verwaltungsgericht ausgeführt hat, daher eher der Antragstellerin zuzumuten, ihre Sammlung vorübergehend zu unterbrechen, als der Antragsgegnerin, weiterhin (vorübergehend) auf die vorgeschriebene Prüfung jedenfalls gemäß § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 Halbs. 1 KrWG verzichten zu müssen. Dies gilt umso mehr, als es die Antragstellerin selbst in der Hand hat, der Untersagungsverfügung durch Erstattung der erforderlichen Anzeige die Grundlage zu entziehen. Größerer Aufwand ist damit nicht verbunden, weil § 18 Abs. 2 KrWG zwar Angaben und Darlegungen verlangt, Nachweise dagegen nicht gefordert werden.
42Erfolg hat die Beschwerde dagegen im Hinblick auf die Zwangsgeldandrohung unter III. des angefochtenen Bescheids, weil sich die Androhung als offensichtlich rechtswidrig, nämlich unverhältnismäßig erweist. Dies ergibt sich daraus, dass das angedrohte Zwangsgeld von 2.500,00 €, wie ausdrücklich in dem angefochtenen Bescheid angeordnet, für jeden Tag der Zuwiderhandlung gilt und darüber hinaus, da sich die Androhung ebenfalls ausdrücklich auch auf die nicht vollständige Befolgung der Untersagung unter I. des Bescheids bezieht, in voller Höhe selbst dann "fällig" wird, wenn die Antragstellerin auch nur mit einem Container weitersammelt. Mit Blick auf diese Fallkonstellation erweist sich die Androhung auch oder gerade unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen Interessen des Betroffenen an der Nichtbefolgung der Untersagungsverfügung (vgl. § 60 Abs. 1 Satz 2 VwVG NRW) als unangemessen. Denn ein Zwangsgeld von 2.500,00 € pro Tag bei einem Sammelcontainer liegt offensichtlich so weit von dem Umsatz entfernt, der mit einem einzelnen Sammelcontainer täglich erzielt werden kann, dass hier eine Unverhältnismäßigkeit auf der Hand liegt.
43Vgl. in diesem Sinn auch schon VG Gelsenkirchen, Beschluss vom 26. Juni 2013 - 9 L 337/13 -.
44Dass die Antragsgegnerin möglicherweise hinsichtlich der zuvor behandelten Fallkonstellation keine (besondere) Regelungsintention hatte, ist unerheblich, weil eine Verhältnismäßigkeit der Androhung nur dann angenommen werden kann, wenn sie sich in jedem (einzelnen) in Betracht kommenden Anwendungsfall als angemessen erweist, was hier - wie zuvor dargestellt - nicht der Fall ist, wenn die Antragstellerin gegebenenfalls - entgegen der Untersagungsverfügung - lediglich mit einem Container weitersammelt. Angesichts dieser wirtschaftlichen Gegebenheiten kann eine Verhältnismäßigkeit nicht allein deshalb angenommen werden, weil das pro Tag angedrohte Zwangsgeld am unteren Rand der in § 60 Abs. 1 Satz 1 VwVG NRW genannten Spanne liegt. Der von der Antragsgegnerin gegebenenfalls anzustellende Ermittlungsaufwand zur Feststellung möglicher Zuwiderhandlungen gegen die Untersagungsverfügung dürfte mit Blick auf § 58 Abs. 1 und 2, § 60 Abs. 1 Satz 2 VwVG NRW bereits vom Ansatz her kein tauglicher Gesichtspunkt zur Bemessung der Höhe des Zwangsgeldes darstellen und vermag dementsprechend ebenfalls nicht die Annahme der Verhältnismäßigkeit zu begründen.
45Die Kostenentscheidung folgt aus § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
46Die Streitwertentscheidung beruht auf § 63 Abs. 3 Satz 1, § 53 Abs. 2 Nr. 2, § 52 Abs. 1 GKG. Da die verfügte Sammlungsuntersagung einer partiellen Gewerbeuntersagung gleichkommt, erscheint eine Orientierung an der Nr. 54.2.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit als interessengerecht. Der danach entscheidende Jahresgewinn ist mangels diesbezüglicher Angaben der Antragstellerin zu schätzen, was angesichts der Mitteilung der Antragstellerin, dass im Gebiet der Antragsgegnerin 26 Sammelcontainer stehen, auch sachgerecht möglich ist. Ausgehend von einer jährlichen Sammelmenge pro Container von 10 t und einem erzielbaren Erlös pro Tonne Alttextilien von 400,00 €, wie er in zahlreichen anhängigen Beschwerdeverfahren betreffend die Untersagung von Alttextiliensammlungen genannt wird,
47siehe auch OVG NRW, Beschluss vom 21. August 2013 - 11 E 645/13 -, juris,
48sowie einer - ebenfalls geschätzten - Gewinnmarge von 50 % ergibt sich ein Jahresgewinn von 52.000,00 €, der im Hinblick auf die Vorläufigkeit dieses Rechtsschutzverfahrens zu halbieren ist. Die Zwangsgeldandrohung bleibt nach Nr. 1.7.2 Satz 1 des Streitwertkatalogs außer Betracht. Dementsprechend ist auch die erstinstanzliche Festsetzung zu ändern.
(1) Gemeinnützige Sammlungen im Sinne des § 17 Absatz 2 Satz 1 Nummer 3 und gewerbliche Sammlungen im Sinne des § 17 Absatz 2 Satz 1 Nummer 4 sind spätestens drei Monate vor ihrer beabsichtigten Aufnahme durch ihren Träger der zuständigen Behörde nach Maßgabe der Absätze 2 und 3 anzuzeigen.
(2) Der Anzeige einer gewerblichen Sammlung sind beizufügen
- 1.
Angaben über die Größe und Organisation des Sammlungsunternehmens, - 2.
Angaben über Art, Ausmaß und Dauer, insbesondere über den größtmöglichen Umfang und die Mindestdauer der Sammlung, - 3.
Angaben über Art, Menge und Verbleib der zu verwertenden Abfälle, - 4.
eine Darlegung der innerhalb des angezeigten Zeitraums vorgesehenen Verwertungswege einschließlich der erforderlichen Maßnahmen zur Sicherstellung ihrer Kapazitäten sowie - 5.
eine Darlegung, wie die ordnungsgemäße und schadlose Verwertung der gesammelten Abfälle im Rahmen der Verwertungswege nach Nummer 4 gewährleistet wird.
(3) Der Anzeige der gemeinnützigen Sammlung sind beizufügen
- 1.
Angaben über die Größe und Organisation des Trägers der gemeinnützigen Sammlung sowie gegebenenfalls des Dritten, der mit der Sammlung beauftragt wird, sowie - 2.
Angaben über Art, Ausmaß und Dauer der Sammlung.
(4) Die zuständige Behörde fordert den von der gewerblichen oder gemeinnützigen Sammlung betroffenen öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger auf, für seinen Zuständigkeitsbereich eine Stellungnahme innerhalb einer Frist von zwei Monaten abzugeben. Hat der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger bis zum Ablauf dieser Frist keine Stellungnahme abgegeben, ist davon auszugehen, dass sich dieser nicht äußern will.
(5) Die zuständige Behörde kann die angezeigte Sammlung von Bedingungen abhängig machen, sie zeitlich befristen oder Auflagen für sie vorsehen, soweit dies erforderlich ist, um die Erfüllung der Voraussetzungen nach § 17 Absatz 2 Satz 1 Nummer 3 oder Nummer 4 sicherzustellen. Die zuständige Behörde hat die Durchführung der angezeigten Sammlung zu untersagen, wenn Tatsachen bekannt sind, aus denen sich Bedenken gegen die Zuverlässigkeit des Anzeigenden oder der für die Leitung und Beaufsichtigung der Sammlung verantwortlichen Personen ergeben, oder die Einhaltung der in § 17 Absatz 2 Satz 1 Nummer 3 oder Nummer 4 genannten Voraussetzungen anders nicht zu gewährleisten ist.
(6) Die zuständige Behörde kann bestimmen, dass eine gewerbliche Sammlung mindestens für einen bestimmten Zeitraum durchzuführen ist; dieser Zeitraum darf drei Jahre nicht überschreiten. Wird die gewerbliche Sammlung vor Ablauf des nach Satz 1 bestimmten Mindestzeitraums eingestellt oder innerhalb dieses Zeitraums in ihrer Art und ihrem Ausmaß in Abweichung von den von der Behörde nach Absatz 5 Satz 1 festgelegten Bedingungen oder Auflagen wesentlich eingeschränkt, ist der Träger der gewerblichen Sammlung dem betroffenen öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger gegenüber zum Ersatz der Mehraufwendungen verpflichtet, die für die Sammlung und Verwertung der bislang von der gewerblichen Sammlung erfassten Abfälle erforderlich sind. Zur Absicherung des Ersatzanspruchs kann die zuständige Behörde dem Träger der gewerblichen Sammlung eine Sicherheitsleistung auferlegen.
(7) Soweit eine gewerbliche Sammlung, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Gesetzes bereits durchgeführt wurde, die Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers, des von diesem beauftragten Dritten oder des auf Grund einer Rechtsverordnung nach § 25 eingerichteten Rücknahmesystems bislang nicht gefährdet hat, ist bei Anordnungen nach Absatz 5 oder 6 der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, insbesondere ein schutzwürdiges Vertrauen des Trägers der Sammlung auf ihre weitere Durchführung, zu beachten.
(8) Der von der gewerblichen Sammlung betroffene öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger hat einen Anspruch darauf, dass die für gewerbliche Sammlungen geltenden Bestimmungen des Anzeigeverfahrens eingehalten werden.
Tenor
Das angefochtene Urteil wird geändert.
Die Klage wird abgewiesen, soweit sie sich gegen die in der Ordnungsverfügung vom 23. April 2013 unter Nr. 2 enthaltene Zwangsgeldandrohung richtet.
Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.
Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in entsprechender Höhe leistet.
Die Revision wird zugelassen.
1
Tatbestand:
2Am 4. Dezember 2012 zeigte die Klägerin bei der Beklagten gemäß § 18 des Kreislaufwirtschaftsgesetzes (KrWG) an, im Stadtgebiet der Beklagten eine gewerbliche Sammlung von Altkleidern und Schuhen aus privaten Haushalten in Form einer Straßensammlung durchführen zu wollen.
3Die Beklagte (Fachbereich Umwelt) forderte die Klägerin mit Schreiben vom 14. Dezember 2012 auf, zur Vervollständigung der Anzeige noch nähere Angaben zum Unternehmen, zu Art und Umfang der geplanten Sammlung und zu den vorgesehenen Verwertungswegen zu machen und aktuellere Führungszeugnisse und Gewerbezentralregisterauszüge einzureichen.
4Die B. GmbH & Co. KG (im Folgenden B. ) führte zur Anzeige der Klägerin aus: Sie unterhalte seit dem Jahr 2000 ein flächendeckendes Sammelsystem. An derzeit 205 Standorten hätten die Bürger die Möglichkeit, Alttextilien schnell und bequem zu entsorgen. Die Container würden im ein- oder zweiwöchigen Entsorgungsturnus geleert. Die Standorte würden regelmäßig kontrolliert und gesäubert und defekte Container würden ausgetauscht. Die Bürger könnten größere Mengen an Alttextilien auch in ihrem Wertstoffzentrum abgeben. Für Bürgeranfragen und Beschwerden in Zusammenhang mit der Alttextilienverwertung stehe ihre Hotline Abfallberatung kontinuierlich zur Verfügung. Jährlich würden ca. 850 Tonnen Altkleider von ihr im Stadtgebiet gesammelt. Die gesammelten Textilien würden einem zertifizierten Entsorgungsfachbetrieb zur Verwertung übergeben. Langfristige Entsorgungsverträge mit den Entsorgungspartnern gewährleisteten eine kontinuierliche Sicherstellung des Entsorgungsangebotes unabhängig von der aktuellen Weltmarktlage für Alttextilien. Als unmittelbar von der Stadt beauftragter Dritter seien die Erträge der Sammlung gebührenrelevant und die erwirtschafteten Erlöse flössen vollständig in die Gebührenkalkulation der Abfallentsorgung der Beklagten ein.
5Unter dem 28. März 2013 nahm die Beklagte (Fachbereich Finanzen/ Beteiligungen) in ihrer Funktion als öffentlich-rechtlicher Entsorgungsträger zu der Anzeige der Klägerin gemäß § 18 Abs. 4 KrWG im Wesentlichen wie folgt Stellung: Die Sammlung und Erfassung von Alttextilien erfolge im Stadtgebiet über Sammelcontainer der B. . Diese sei von der Beklagten vertraglich mit der Erfassung und Verwertung von Alttextilien und -schuhen im Stadtgebiet beauftragt. Durch die angezeigte Sammlung der Klägerin würde die Entsorgungssicherheit und Funktionsfähigkeit des vom beauftragten Unternehmen eingerichteten nutzerfreundlichen Rücknahmesystems beeinträchtigt. Die Klägerin könne eine vollständige Erfassung und Sammlung von Alttextilien im Stadtgebiet nicht sicherstellen. Es müsse daher von einer wesentlichen Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung des öffentlich-rechtlichen Aufgabenträgers ausgegangen werden, da insoweit auch die gemeinwohlorientierte Servicegerechtigkeit der Leistung zu berücksichtigen sei.
6Am 3. April 2013 übersandte die Klägerin nähere Angaben zur beabsichtigten Sammlung und weitere Unterlagen. Sie teilte unter anderem mit: Es handele sich bei ihr um ein Kleinstunternehmen mit zehn Mitarbeitern und drei Fahrzeugen und sie beabsichtige, ab sofort flächendeckend im gesamten Stadtgebiet zu sammeln. Die Sammlung erfolge voraussichtlich zwei Mal monatlich als Straßensammlung mit Sammelkörbern, Säcken oder Eimern, eventuell auch über Container, wenn Stellplätze akquiriert werden könnten. Die Abfälle würden an zugelassene Entsorgungsunternehmen in Polen zur Wiederverwendung und -verwertung weitergegeben. Die Klägerin legte unter anderem die Verträge mit den benannten Verwertungsbetrieben bei.
7Mit der Ordnungsverfügung vom 23. April 2013 - zugestellt am 6. Mai 2013 - untersagte die Beklagte der Klägerin nach vorheriger Anhörung, in ihrem Stadtgebiet entsprechend der Anzeige vom 4. Dezember 2012 Altkleider und -schuhe gewerblich zu sammeln (Nr. 1). Für den Fall der Zuwiderhandlung drohte sie ein Zwangsgeld in Höhe von 2.500,00 € je Kalendertag und Sammlungsgebiet bzw. je Altkleidercontainer an (Nr. 2). Zur Begründung führte sie im Wesentlichen aus: Der Sammlung der Klägerin stünden überwiegende öffentliche Interessen nach § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG entgegen. Durch sie würden Abfälle erfasst, für die die Beklagte bzw. der von ihr beauftragte Dritte ein hochwertiges, flächendeckendes Sammelsystem eingerichtet habe. Bei der Bewertung sei auch das Zusammenwirken der gewerblichen Sammlung der Klägerin mit einer Vielzahl weiterer angezeigter Sammlungen zu berücksichtigen. Die von der Klägerin angebotene Sammlung und Verwertung der Abfälle sei auch nicht wesentlich leistungsfähiger als diejenige des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers bzw. des von ihm beauftragten Dritten.
8Die Klägerin hat am 6. Juni 2013 Klage erhoben und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt: Es sei bereits zweifelhaft, ob bei der Beklagten eine hinreichende organisatorische und personelle Trennung der Aufgabenbereiche der unteren Umweltschutzbehörde und des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers vorhanden sei. Insoweit komme ein Verstoß gegen das staatliche Neutralitätsgebot in Betracht. Die streitgegenständliche Untersagungsverfügung könne materiell bereits deshalb nicht auf das Kreislaufwirtschaftsgesetz gestützt werden, weil es sich bei Altkleidern nicht um Abfall im Sinne des § 3 KrWG handele. Der Besitzer der Altkleider gebe seine Sachherrschaft nicht ohne jede weitere Zweckbestimmung auf, sondern gebe die Kleidung in die Sammlung, damit sie weitergetragen werde. Die Untersagungsverfügung sei im Übrigen zwar vom Wortlaut des § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG gedeckt, es sei aber eine einschränkende, europarechtskonforme Auslegung geboten. Das bloße Vorhandensein eines Systems der haushaltsnahen oder sonstigen hochwertigen getrennten Erfassung und Verwertung durch den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger rechtfertige nicht die Annahme einer wesentlichen Beeinträchtigung seiner Planungssicherheit und Organisationsverantwortung. Vorliegend sei eine solche Beeinträchtigung nicht anzunehmen, weil die beabsichtigte Sammlung der Klägerin nur geringe Mengen erfasse (ca. 60 Tonnen im Jahr). Daher seien auch nur geringfügige Auswirkungen auf die Gebührenkalkulation zu erwarten. Es könne nicht jede Gebührenerhöhung als Gefährdung der Gebührenstabilität eingestuft werden. Auf andere Gründe habe die Beklagte ihre Verfügung nicht gestützt.
9Die Klägerin hat beantragt,
10die Untersagungsverfügung der Beklagten vom 23. April 2013 aufzuheben.
11Die Beklagte hat beantragt,
12die Klage abzuweisen.
13Die Beklagte hat sich auf die Begründung der Untersagungsverfügung berufen und ergänzend im Wesentlichen geltend gemacht: Sie sei nach § 1 Abs. 3 ZustVU als untere Umweltschutzbehörde sachlich zuständig. Die Funktionen der unteren Umweltschutzbehörde und des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers würden von getrennten Organisationseinheiten wahrgenommen. Die Funktion des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers obliege dem Fachbereich Finanzen im Dezernat II, die untere Abfallwirtschaftsbehörde sei hingegen dem Fachbereich Umwelt im Dezernat III zugeordnet. Es finde somit eine organisatorische wie auch personelle Trennung dieser beiden Aufgabenbereiche statt. Die dreimonatige Frist des § 18 Abs. 1 KrWG beziehe sich auf die Anzeige der Sammlung, nicht auf Maßnahmen der Behörde. Im Übrigen sei die Klägerin noch innerhalb von drei Monaten nach Eingang der vollständigen Anzeige zum beabsichtigten Erlass der streitgegenständlichen Verfügung angehört worden. Alttextilien unterfielen dem Abfallbegriff des Kreislaufwirtschaftsgesetzes. Der Einwurf in den Altkleidercontainer sei eine Entledigung im Sinne des § 3 KrWG. Altkleider seien nur dann kein Abfall, wenn sie persönlich bei einer Kleiderkammer abgegeben würden. Das Regelbeispiel des § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG sei erfüllt. Die Beklagte habe die dahingehende Entscheidung des Gesetzgebers zu respektieren. Die Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers könne auch nicht als nur geringfügig angesehen werden, da auch das Zusammenwirken mit anderen Sammlungen berücksichtigt werden müsse und für ihr Stadtgebiet eine Vielzahl gewerblicher Altkleidersammlungen angezeigt worden sei. Bei einer vollständigen Aufstellung der durch Dritte angezeigten Container würde voraussichtlich mindestens die Hälfte der Einsammelmenge der B. wegfallen.
14Mit dem angegriffenen Urteil hat das Verwaltungsgericht die angefochtene Untersagungsverfügung der Beklagten vom 23. April 2013 aufgehoben und zur Begründung angeführt: Der angefochtene Bescheid sei zwar formell, nicht jedoch materiell rechtmäßig. Der angezeigten gewerblichen Sammlung der Klägerin stünden keine überwiegenden öffentlichen Interessen im Sinne von § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG entgegen. Es lasse sich bei der gebotenen europarechtskonformen Auslegung der Regelung in § 17 Abs. 3 KrWG nicht feststellen, dass eine Gefährdung der Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers oder des von diesem beauftragten Dritten wegen Verhinderung der Erfüllung der nach § 20 KrWG bestehenden Entsorgungspflichten zu wirtschaftlich ausgewogenen Bedingungen oder wegen wesentlicher Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung anzunehmen sei. Die im Hinblick auf letzteres genannten Regelbeispiele des § 17 Abs. 3 Satz 3 KrWG seien nicht erfüllt. Dies gelte insbesondere für die Regelung des § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG. Zwar führe die von der Beklagten beauftragte B. im Stadtgebiet eine eigene hochwertige getrennte Erfassung und Verwertung von Alttextilien durch. Dies allein reiche aber nicht aus, um von einer wesentlichen Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung im Sinne von § 17 Abs. 3 Satz 2 Alt. 2 KrWG ausgehen zu können. Zwar lege der Wortlaut der Bestimmung dies nahe. § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG diene aber der Ausfüllung des § 17 Abs. 3 Satz 2 Alt. 2 KrWG, wonach die Planungssicherheit und Organisationsverantwortung wesentlich beeinträchtigt sein müsse - und zwar bezogen auf die nach Satz 1 geschützte Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers. Diese wiederum könne nicht bereits aufgrund des bloßen Nebeneinanders von gewerblicher und kommunaler Sammlung gleicher Abfallarten als gefährdet angesehen werden. Wenn eine Gefährdung der Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers stets angenommen würde, wenn ein öffentlich-rechtlich organisiertes Entsorgungssystem überhaupt bestehe, führe dies zu einem europarechtlich nicht gerechtfertigten absoluten Konkurrenzschutz. Vor diesem Hintergrund bedürfe § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG einer einschränkenden Auslegung. Vor dem Hintergrund der Altpapierentscheidung des Bundesverwaltungsgerichts sei § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG so zu verstehen, dass eine spürbare Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung dann gegeben sei, wenn der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger zu einer wesentlichen Änderung und Anpassung seiner Entsorgungsstruktur gezwungen werde. Es lägen hier indes keine greifbaren Anhaltspunkte dafür vor, dass das bisherige System nicht auch bei Zulassung der Sammlung der Klägerin weiter betrieben werden könne. Die Sammlung über Container im Bringsystem verursache einen relativ geringen Aufwand und könne ohne weiteres an steigende oder fallende Sammelmengen angepasst werden, indem die Container zum Beispiel häufiger oder seltener geleert würden. Der Beklagte habe weder dargelegt noch sei sonst ersichtlich, dass Konsequenzen in technischer, organisatorischer, personeller oder wirtschaftlicher Hinsicht gezogen werden müssten, die zu einer wesentlichen Änderung oder Anpassung der Strukturen im Bereich der Entsorgung von Alttextilien im Stadtgebiet führten. Mitarbeiter und Fahrzeuge könnten auch anderweitig Verwendung finden. Allein die Abschöpfung eines bestimmten Anteils des vorhandenen Wertstoffpotenzials müsse nicht mit einer wesentlichen Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung einhergehen. Zwar seien solche Auswirkungen tatsächlich schwer abzuschätzen, insbesondere angesichts ungenauer Angaben zum geplanten Umfang der Sammlung durch die gewerblichen Sammler. Dies rechtfertige indes nicht den Erlass einer insoweit vorsorglichen Untersagungsverfügung, wenn und soweit nicht absehbar sei, ob überhaupt eine Änderung der Entsorgungsstrukturen erforderlich werden könne. Insoweit sei die zukünftige Entwicklung abzuwarten.
15Mit ihrer vom Verwaltungsgericht wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassenen Berufung wendet die Beklagte im Wesentlichen ein: Das Verwaltungsgericht sei zu Unrecht davon ausgegangen, der klare Wortlaut des § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG bedürfe einer restriktiven europarechtskonformen Auslegung. Dies ergebe sich zunächst aus dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 28. August 2014 - 2 BvR 2639/09 -. Auf die durch das Bundesverwaltungsgericht in seinem Altpapierurteil exemplarisch genannten und durch das Verwaltungsgericht schon deshalb fälschlicherweise unbedingt vorausgesetzten ungeschriebenen Umstände, wonach eine Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung nur anzunehmen sei, wenn der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger zu einer wesentlichen Änderung und Anpassung seiner Entsorgungsstruktur gezwungen werde, könne deshalb nicht (allein) abgestellt werden. Gerade angesichts des weiten Ermessensspielraums der Mitgliedstaaten im Hinblick auf die Umsetzung von Art. 106 Abs. 2 AEUV bedürfe dies auch keiner europarechtlichen Korrektur. Die durch das Bundesverfassungsgericht für zulässig erachtete eigenständige Schutzbedürftigkeit der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung in der konkreten Ausgestaltung wäre hinfällig und der Wille des Gesetzgebers, der sich an diesen entwickelten Grundsätzen im Sinne der Rechtssicherheit und -klarheit orientiert habe, würde verletzt, wenn eine Beeinträchtigung dieser überwiegenden Interessen an zusätzliche, unbestimmte und ungeschriebene materielle Anforderungen geknüpft würde. Dies stelle keine vom Gesetzgeber beabsichtigte klare Leitlinie im Interesse einer intendierten Rechtssicherheit für alle Beteiligten dar. In europarechtlicher Hinsicht sei zudem zu berücksichtigen, dass Beschränkungen der Waren- und Wettbewerbsfreiheit bereits dann für gerechtfertigt gehalten würden, wenn sie dazu dienten, dass eine Dienstleistung von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse zu möglichst niedrigen, sozialverträglichen Gebühren erbracht werden könne. Nach der Rechtsprechung des EuGH sei die Erforderlichkeit und Verhältnismäßigkeit der konkreten Organisations- und Finanzierungsformen im Übrigen kein Gegenstand europarechtlicher Prüfung. Unabhängig davon habe sie, die Beklagte, ausreichend dargelegt, dass wesentliche Beeinträchtigungen auch konkret zu erwarten seien. Gegenwärtig würden durch die B. ca. 1.000 Tonnen Alttextilien pro Jahr gesammelt. Lege man ein Altkleiderpotenzial von 8 kg pro Einwohner und Jahr zugrunde, ergebe sich für die B. eine maximale Erfassungsmenge von knapp 1.300 Tonnen bei vollständiger Abschöpfung. Davon seien Mengen abzuziehen, die in die direkte Secondhand-Vermarktung insbesondere bei Kinderkleidung oder in Rücknahmesysteme von Händlern (z. B. H & M) gingen. Es verbleibe so ein Potenzial von ca. 1.100 Tonnen pro Jahr. Nach den ihr vorliegenden Anzeigen beabsichtigten sechs gewerbliche Sammlungen mit insgesamt 375 Sammelcontainern 805 Tonnen Alttextilien pro Jahr im Stadtgebiet einzusammeln. Sechs weitere gewerbliche Sammler hätten zwar die Anzahl der Container nicht angegeben, jedoch eine voraussichtliche Sammelmenge von knapp 200 Tonnen pro Jahr benannt. Darüber hinaus seien sieben Straßensammlungen mit einer geschätzten Sammelmenge von knapp 139 Tonnen pro Jahr angezeigt worden. Hinzu kämen die vor Inkrafttreten des neuen Kreislaufwirtschaftsgesetzes bereits vorhandenen 29 Container. Insgesamt ergebe sich aus diesen Zahlen eine beabsichtigte Sammelmenge der gewerblichen Sammler, die deutlich über dem vorhandenen Potenzial liege. Sie sei auch nicht verpflichtet zuzuwarten, bis die befürchteten Auswirkungen auf die von der B. durchgeführte flächendeckende hochwertige Entsorgung tatsächlich stattgefunden hätten.
16Unabhängig davon gehe sie, die Beklagte, inzwischen davon aus, dass die beabsichtigte Sammlung der Klägerin auch wegen deren Unzuverlässigkeit untersagt werden müsse. Aus den von ihr eingeholten Auszügen aus dem Gewerbezentralregister und dem polizeilichen Führungszeugnis des Geschäftsführers ergäben sich nicht nur Verstöße gegen die Anzeigepflicht in ihrem Stadtgebiet, sondern auch in H. und in L. . Insbesondere seien Bußgeldbescheide der Stadt H. vom 9. Januar 2013 und vom 19. November 2013 der Stadt H. nach Einspruchrücknahme der Klägerin zwischenzeitlich rechtskräftig geworden. Darüber hinaus seien weitere Bußgeldbescheide (etwa aus dem Kreis S. ) einzubeziehen, in denen das Einspruchsverfahren noch nicht abgeschlossen sei. Auch der Kreis D. betreibe ein entsprechendes Verfahren, da die Klägerin ohne Einholung einer Sondernutzungserlaubnis eine Straßensammlung mittels Waschkörben und Eimern durchgeführt habe. Ferner betreibe die Klägerin in E. seit ca. sechs Monaten eine Sortieranlage, ohne hierfür die erforderliche Baugenehmigung eingeholt zu haben. Ebenso wenig habe sie ihr Gewerbe bei der Stadt E. angemeldet.
17In der mündlichen Verhandlung vor dem erkennenden Senat hat die Beklagte die in ihrer Ordnungsverfügung vom 23. April 2013 unter Nr. 2 enthaltene Zwangsgeldandrohung aufgehoben.
18Die Beklagte beantragt,
19das angegriffene Urteil zu ändern und die Klage abzuweisen.
20Die Klägerin beantragt,
21die Berufung zurückzuweisen.
22Zur Begründung nimmt sie Bezug auf ihren erstinstanzlichen Vortrag und die Ausführungen des Verwaltungsgerichts. Weiter führt sie im Wesentlichen an: Die tatsächlichen Annahmen der Beklagten zu den zu erwartenden Auswirkungen gewerblicher Sammlungen auf die Sammlung der B. überzeugten nicht. Danach erziele die B. bei einem angenommenen Potenzial von 8 kg pro Einwohner pro Jahr einen Wirkungsgrad von 90 %. Die Klägerin gehe nach eigenen Erfahrungen jedoch davon aus, dass lediglich ein Potenzial von 6 kg pro Einwohner und Jahr realistisch sei. Das System sei etabliert und erziele offenbar wachsende Sammelmengen. Hierzu trage auch der Standortvorteil bei, dass die B. an öffentlichen Straßen und Plätzen im Stadtgebiet ohne Probleme weitere Sammelcontainer aufstellen könne. Deshalb erscheine es ausgeschlossen, dass mit der Aufstellung von 375 privaten Sammelcontainern mit einer Sammelmenge von 600 bis 700 Tonnen pro Jahr zu rechnen sei. Es sei vielmehr realistisch, dass sich an der vor der Novellierung des Kreislaufwirtschaftsgesetzes festzustellenden Mengenverteilung zwischen öffentlich-rechtlichem Entsorgungsträger und gewerblichen Sammlern keine signifikanten Änderungen ergeben würden, wenn von einer Untersagung der angezeigten gewerblichen Sammlungen abgesehen werde. Entgegen dem Berufungsvorbringen der Beklagten sei sie, die Klägerin, auch nicht unzuverlässig. Bis zur Neufassung des Kreislaufwirtschaftsgesetzes habe sie über zehn Jahre beanstandungsfrei gearbeitet. Nach Wirksamwerden der Neufassung habe sie sich zwar zunächst tatsächlich schwer getan, ihren Anzeigeverpflichtungen als Grundlage für die Fortsetzung ihrer Sammlungstätigkeit vollständig nachzukommen. Dieses Problem habe sich durch Zukauf des Unternehmens P. -Alttextilien in E. verschärft. Insoweit sei sie davon ausgegangen, dass dieses Unternehmen, namentlich eine freiberuflich für dieses tätige langjährige Mitarbeiterin, in der Lage sei, die Erfüllung der rechtlichen Anforderungen an Sammlungen sicherzustellen. Dieser verantwortlichen Mitarbeiterin des übernommenen Unternehmens habe sie, die Klägerin, daher zunächst freie Hand gelassen. Nachdem festgestellt worden sei, dass diese Erwartung falsch gewesen sei, habe sie umgehend reagiert. Die von der Beklagten angeführten, in der Vergangenheit liegenden Verstöße würden sich daher in Zukunft nicht wiederholen. Aktuellere Gesetzesverstöße habe die Beklagte auch nicht vorgetragen. Insbesondere habe sie, die Klägerin, aufgrund der geäußerten Bedenken das Aufstellen von Sammelbehältern auf öffentlichen Flächen aufgegeben.
23Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten Bezug genommen.
24Entscheidungsgründe
25Die zulässige Berufung der Beklagten ist nur in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet.
26Soweit die Beklagte ihre Ordnungsverfügung in der mündlichen Verhandlung vom 21. September 2015 hinsichtlich der unter Nr. 2 enthaltenen Zwangsgeldandrohung aufgehoben hat, geht die Anfechtungsklage der Klägerin ins Leere. In diesem Umfang ist sie unzulässig (geworden).
27Im Übrigen ist die Klage zulässig und begründet.
28Die angefochtene Ordnungsverfügung vom 23. April 2013 ist hinsichtlich ihrer Nr. 1 rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
29Als Rechtsgrundlagen für die Untersagung der Sammlung kommen hier § 18 Abs. 5 Satz 2 Alt. 1 KrWG und § 18 Abs. 5 Satz 2 Alt. 2 KrWG i. V. m. § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4, § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG in Betracht. Nach § 18 Abs. 5 Satz 2 Alt. 1 KrWG ist die Durchführung einer Sammlung zu untersagen, wenn Tatsachen bekannt sind, aus denen sich Bedenken gegen die Zuverlässigkeit des Anzeigenden oder der für die Leitung und Beaufsichtigung der Sammlung verantwortlichen Person ergeben. Die gleiche Rechtsfolge tritt nach § 18 Abs. 5 Satz 2 Alt. 2 KrWG i. V. m. § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4, § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG ein, wenn die Einhaltung der in § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG genannten Voraussetzungen anders nicht zu gewährleisten ist. Nach § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG besteht die Überlassungspflicht nach § 17 Abs. 1 KrWG nicht für Abfälle, die durch eine gewerbliche Sammlung einer ordnungsgemäßen und schadlosen Verwertung zugeführt werden, soweit überwiegende öffentliche Interessen dieser Sammlung nicht entgegenstehen. Ausgehend davon sind vorliegend die Voraussetzungen für eine Untersagung der gewerblichen Sammlung der Klägerin nicht erfüllt.
30I. Die Untersagungsverfügung ist formell rechtmäßig, insbesondere ist die Beklagte zu ihrem Erlass zuständig.
311. Die Beklagte hat als zuständige Behörde gehandelt. Sie ist als Untere Umweltschutzbehörde gemäß § 38 LAbfG NRW in Verbindung mit § 1 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 der Zuständigkeitsverordnung Umweltschutz (ZustVU) vom 3. Februar 2015 in Verbindung mit Teil A des Verzeichnisses zu dieser Verordnung (GV. NRW. S. 267) für den Vollzug des Kreislaufwirtschaftsgesetzes zuständig. Die Regelung entspricht der bereits nach der Vorgängerverordnung vom 11. Dezember 2007 (GV. NRW. S. 662) bestehenden Rechtslage.
32Vgl. zur früheren Rechtslage OVG NRW, Urteile vom 15. August 2013 - 20 A 2798/11 -, NWVBl. 2014, 16, sowie - 20 A 3043/11 - und 20 A 3044/11 -, beide juris.
33An der Zuständigkeit der Beklagten ändert sich nichts dadurch, dass sie zugleich nach § 5 Abs. 1 LAbfG NRW öffentlich-rechtlicher Entsorgungsträger war und ist. Die Zusammenfassung der Aufgaben des Vollzugs des Kreislaufwirtschaftsgesetzes und des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers in oder bei einer Behörde ist zwar aus rechtsstaatlichen Gründen, namentlich unter den Gesichtspunkten des Gebots der fairen Verfahrensgestaltung und der Neutralitätspflicht, nicht bedenkenfrei, da es bei der Wahrnehmung der unterschiedlichen Aufgaben zu einem Interessenkonflikt kommen kann. Eine neutrale Aufgabenwahrnehmung, die den rechtsstaatlichen Anforderungen Rechnung trägt, ist aber dann gegeben, wenn behördenintern für eine hinreichende organisatorische und personelle Trennung beider Aufgabenbereiche gesorgt ist.
34Vgl. BVerwG, Urteile vom 18. März 2009 - 9 A 39.07 -, BVerwGE 133, 239, und vom 24. November 2011 - 9 A 23.10 -, BVerwGE 141, 171; OVG NRW, Urteil vom 7. Mai 2015 - 20 A 2670/13 -, juris, Beschluss vom 9. Dezember 2013 - 20 B 205/13 -, juris; VGH Bad.-Württ., Beschlüsse vom 4. März 2014 - 10 S 1127/13 -, GewArch 2014, 245, und vom 9. September 2013 - 10 S 1116/13 -, DVBl. 2013, 1537.
35Um diesen Anforderungen Rechnung zu tragen, sind in Nordrhein-Westfalen die Kreise und kreisfreien Städte in allgemeiner Form angewiesen, eine organisatorische und personelle Trennung der Aufgabenbereiche der Unteren Umweltschutzbehörde einerseits und des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers andererseits zu gewährleisten.
36Vgl. Erlass des Ministeriums für Klimaschutz, Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz des Landes Nordrhein-Westfalen vom 13. März 2013, Az. IV-2-408.10.02.
37Diese Voraussetzung ist bei der Beklagten erfüllt und auch bereits zum Zeitpunkt des Erlasses der angefochtenen Ordnungsverfügung erfüllt gewesen. Für das Gebiet der Beklagten wurde die Wahrnehmung der Aufgaben des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers bereits vor mehr als einem Jahrzehnt an die B. GmbH & Co. KG (B. ) delegiert, an der die Beklagte und der Bergische Abfallwirtschaftsverband zu jeweils 50 % beteiligt sind. Zwar ist die Beklagte damit nicht aus ihrer Position als öffentlich-rechtlicher Entsorgungsträger entlassen, die Wahrnehmung dieser Aufgabe ist aber institutionell weitergehend verselbständigt, als es etwa bei einer Zuständigkeitsverteilung auf unterschiedliche Fachbereiche desselben Rechtsträgers der Fall wäre.
38Vgl. in diesem Zusammenhang auch OVG NRW, Urteil vom 7. Mai 2015 - 20 A 2670/13 -, a. a. O.
39Die Aufgaben des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers und der Beteiligungsverwaltung und damit auch die Zuständigkeit für die B. sind im Übrigen im Fachbereich Finanzen (Dezernat II) angesiedelt, die Funktion der Unteren Abfallbehörde wird hingegen von dem Fachbereich Umwelt 70 des Dezernats III der Verwaltung der Beklagten ausgeübt. Die Verantwortlichkeiten des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers und der Unteren Abfallbehörde nehmen für das Kreisgebiet der Beklagten demnach unterschiedliche Stellen und Personen wahr, so dass von einer ausreichenden organisatorischen Trennung ausgegangen werden kann. Diese Aufgabenverteilung bestand auch bereits zum Zeitpunkt des Erlasses der angefochtenen Verfügung.
40b) Es ist auch nicht zu beanstanden, dass die Beklagte ihre Untersagungsverfügung im gerichtlichen Verfahren nunmehr auch auf die fehlende Zuverlässigkeit der Klägerin gestützt hat. Beinhaltet das Vorgehen des Beklagten eine Ergänzung der vorhandenen Begründung (§ 39 Abs. 1 VwVfG NRW) der angefochtenen Untersagungsverfügung, ist dies unter dem hier behandelten Gesichtspunkt der formellen Rechtmäßigkeit ohne Weiteres zulässig, weil nach § 45 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 VwVfG NRW sogar eine vollständig fehlende Begründung nachgeholt werden kann.
41Die Problematik des "Nachschiebens von Gründen" stellt sich hier nicht, weil der Senat auch ohne eine entsprechende Ergänzung der Begründung nicht gehindert gewesen wäre, die angefochtene Untersagungsverfügung auch unter dem Gesichtspunkt der Zuverlässigkeit der Klägerin zu prüfen. Denn bei einer Sammlungsuntersagung gemäß § 18 Abs. 5 Satz 2 KrWG handelt es sich um eine gebundene Entscheidung; das Merkmal der Zuverlässigkeit unterliegt der vollen gerichtlichen Kontrolle, die gegebenenfalls von Amts wegen hätte erfolgen müssen.
42Vgl. dazu nur Marks in: Landmann/Rohmer, GewO - Kommentar, § 35 Rn. 29; OVG NRW, Beschluss vom 11. Dezember 2013 - 20 B 643/13 -, juris, und Urteil vom 7. Mai 2015 - 20 A 2670/13 -, a. a. O.
43II. Die Untersagungsverfügung ist jedoch materiell rechtswidrig.
441. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Frage, ob überwiegende öffentliche Interessen der angezeigten Sammlung entgegenstehen, ist - ebenso wie für die Frage der (Un-)Zuverlässigkeit - die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung vor dem erkennenden Senat. Denn die Untersagung der Sammlung stellt einen Dauerverwaltungsakt dar; für einen solchen wird im Allgemeinen davon ausgegangen, dass für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung maßgebend ist.
45Vgl. OVG NRW, Urteile vom 15. August 2015 ‑ 20 A 2798/11 ‑, a. a. O, ‑ 20 A 3043/11 ‑, a. a. O., und ‑ 20 A 3044/11 ‑, a. a. O.; Bay. VGH, Beschluss vom 11. März 2014 - 20 ZB 13.2510 -, juris; VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 10. Oktober 2013 ‑ 10 S 1202/13 -, juris; Nds. OVG, Urteil vom 21. März 2013 - 7 LB 56/11 -, juris; allgemein Wolff in: Sodan/Ziekow, VwGO-Kommentar, 4. Aufl. 2014, § 113 Rn. 116 f.
46Von diesem allgemeinen Grundsatz für die vorliegende Fallgestaltung eine Ausnahme zu machen, ist nicht angezeigt.
47Vgl. für die Untersagung nach § 18 Abs. 5 Satz 2 Alt. 1 KrWG bereits: OVG NRW, Urteile vom 7. Mai 2015 ‑ 20 A 316/14 ‑ und ‑ 20 A 2670/13 ‑, a. a. O.
48Dies ändert aber nichts daran, dass Bezugspunkt der Untersagungsverfügung die von der Klägerin konkret angezeigte Sammlung ist, insbesondere in ihrer angezeigten Ausgestaltung und ihrem angezeigten Umfang. Denn die Angaben in der Anzeige bestimmen wesentlich den Charakter der Sammlung, über deren Vereinbarkeit mit öffentlichen Interessen die zuständige Abfallbehörde zu befinden hat. Dabei liegt es in der Verantwortung des Sammlers, die von ihm beabsichtigte Sammlung durch korrekte und hinreichend realitätsnahe Angaben inhaltlich festzulegen.
49Vgl. dazu auch Dippel in: Schink/Versteyl, KrWG - Kommentar, 2012, § 18 Rn. 12; Karpenstein/ Dingemann in: Jarass/Petersen, KrWG - Kommentar, 2014, § 18 Rn. 43 ff.
50Er hat den Gegenstand seiner Tätigkeit und deren Art und Weise zu bestimmen. Die Zugrundelegung des Aussagegehalts der Anzeige entspricht der Funktion des Anzeigeverfahrens, der zuständigen Abfallbehörde eine präventive Kontrolle der Zulässigkeit der Sammlung, also eine Beurteilung eines konkreten Vorhabens, zu ermöglichen.
51Vgl. dazu die Begründung zum Gesetzentwurf der Bundesregierung, BT-Drucks. 17/6052, S. 88; Karpenstein/Dingemann, a. a. O., § 18 Rn. 1; Dippel, a. a. O., § 18 Rn. 5.
52§ 17 Abs. 3 Satz 1 KrWG stellt im Rahmen der Prüfung entgegenstehender überwiegender öffentlicher Interessen auf die Sammlung in ihrer konkreten Ausgestaltung ab, die sich wiederum nach dem Regelungskonzept des § 18 KrWG nur aus den Angaben in der Anzeige ergeben kann.
53Darüber hinaus ist dadurch die gebotene Gleichbehandlung aller Bewerber, für die es insbesondere in wirtschaftlichen Konkurrenz- und Mangelsituationen unter anderem auf den Zeitpunkt des (vollständigen) Eingangs einer Anzeige ankommen kann, zu gewährleisten.
542. Die Voraussetzungen des § 18 Abs. 5 Satz 2 Alt. 2 KrWG i. V. m. § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG, auf den die Beklagte die angefochtene Verfügung ursprünglich allein gestützt hat, liegen zum danach maßgeblichen Zeitpunkt nicht vor.
55a) Der Anwendbarkeit des § 18 Abs. 5 Satz 2 Alt. 2 KrWG kann nicht mit Erfolg entgegengehalten werden, dass die Untersagungsverfügung mehr als drei Monate nach der Anzeige der Sammlung ergangen ist.
56Die als Anknüpfungspunkt für eine gegenteilige Auffassung allein in Betracht kommende Frist aus § 18 Abs. 1 KrWG betrifft lediglich den Zeitabstand zwischen der Anzeige und der frühestmöglichen Aufnahme der Sammeltätigkeit. Verstreicht diese Frist, ist der Sammler berechtigt, mit der Durchführung der gewerblichen Sammlung zu beginnen. Diese Berechtigung lässt die materiellen Voraussetzungen für das Entfallen der Überlassungspflicht ebenso unberührt wie die behördlichen Befugnisse, diese Voraussetzungen nach Maßgabe von § 18 Abs. 5 KrWG durch Anordnungen umzusetzen.
57b) Das Verwaltungsgericht ist in Übereinstimmung mit der ‑ soweit ersichtlich ‑ einhelligen aktuelleren Rechtsprechung und Literatur zutreffend davon ausgegangen, dass die von der Klägerin gesammelten bzw. zu sammelnden Alttextilien Abfälle im Sinne des § 17 KrWG sind.
58So ausdrücklich OVG NRW, Beschluss vom 20. Januar 2014 - 20 B 331/13 -, NWVBl. 2014, 300; auch VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 9. September 2013 ‑ 10 S 1116/13 ‑, a. a. O.; im Übrigen wird die Abfalleigenschaft in den einschlägigen Gerichtsentscheidungen stillschweigend vorausgesetzt; vgl. auch Gruber, Abfallrecht 2015, 174.
59Die Abfalleigenschaft der genannten Gegenstände ergibt sich aufgrund einer Entledigung durch den Besitzer (§ 3 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 KrWG) in Gestalt der Aufgabe der tatsächlichen Sachherrschaft (durch Einwurf in einen Sammelcontainer) unter Wegfall jeder weiteren (relevanten) Zweckbestimmung (§ 3 Abs. 2 Alt. 3 KrWG). Soweit in älteren Gerichtsentscheidungen
60- OVG NRW, Urteil vom 8. Dezember 1982 ‑ 20 A 570/82 ‑, NVwZ 1983, 561; BayObLG, Beschluss vom 23. August 1983 ‑ 3 Ob OWi 124/83 ‑, NVwZ 1984, 198 -
61die Abfalleigenschaft von Gegenständen verneint wurde, die nicht der allgemeinen Müllabfuhr, sondern einer (getrennten) Sammlung zugeführt wurden, ist diese Rechtsprechung überholt. Sie beruht auf der anderslautenden Abfalldefinition des seinerzeit geltenden § 1 Abs. 1 Satz 1 AbfG 1972. Die Entledigung und ein hierauf gerichteter Wille war danach schon dann zu verneinen, wenn überhaupt eine irgendwie geartete nützliche Verwendung oder Verwertung stattfand bzw. beabsichtigt war.
62Vgl. BVerwG, Beschluss vom 19. Dezember 1989 ‑ 7 B 157.89 ‑, NVwZ 1990, 564; Kunig/ Schwermer/Versteyl, AbfG, § 1 Rn. 13, 15 und 32.
63Demgegenüber ist nach aktuellem Recht das von der Zweckbestimmung der jeweiligen Sache geprägte Verständnis der Entledigung und des spezifischen Entledigungswillens maßgeblich. Soweit dementsprechend in den zuvor zitierten Entscheidungen ein Entledigungswille mit der Begründung verneint wurde, es solle der Sammlungszweck gefördert und dem sammelnden Unternehmen ein Vorteil eingeräumt werden, ergibt sich daraus keine (konkrete) Zweckbestimmung hinsichtlich der abgegebenen Gegenstände im Sinne von § 3 Abs. 2 Alt. 3 KrWG, welche gegebenenfalls die Abfalleigenschaft nach heutigem Recht ausschlösse. Denn die beiden zuvor genannten Gesichtspunkte (Förderung des Sammlungszwecks, Einräumung eines Vorteils) geben nichts Konkretes dafür her, was mit dem jeweils abgegebenen Gegenstand geschehen soll.
64Die Höhe der Wiederverwendungsquote trägt keinen Rückschluss auf eine (konkludente) Zweckbestimmung des Besitzers im Sinne von § 3 Abs. 2 Alt. 3 KrWG. Dies gilt schon deshalb, weil weder vorgetragen worden noch sonst ersichtlich ist, dass der einzelne Besitzer Kenntnis von der Wiederverwendungsquote hat und sich hinsichtlich der Weg-/Abgabe von nicht mehr für eigene Zwecke benötigten Alttextilien auf der Grundlage dieser Kenntnis zwischen potenziell in Betracht kommenden (Annahme-)Stellen entscheidet. Der Annahme einer solchen Kenntnis stehen im Übrigen die je unterschiedlichen Wiederverwendungsquoten ‑ einerseits die Quote im Bundesdurchschnitt und andererseits die Quoten einzelner Unternehmen ‑ als denkbare Parameter entgegen. Es ist durch nichts Konkretes belegt, dass die Besitzer von Alttextilien sich gerade mit der (unterstellten) Wiederverwendungsquote einzelner gewerblicher Sammler von Alttextilien auseinandersetzen oder ihnen diese bekannt ist. Allerdings liegt selbst die Wiederverwendungsquote der Klägerin bei maximal 60 % der gesammelten Textilien. Weiterhin beziehen sich diese Quoten ‑ soweit ersichtlich ‑ lediglich auf Bekleidung, nicht jedoch auch auf sonstige (Alt‑)Textilien und (Alt‑)Schuhe, so dass insoweit ein Rückschluss von der Wiederverwendungsquote auf eine Zweckbestimmung ohnehin nicht in Betracht kommt.
65Unabhängig von der Wiederverwendungsquote und davon, ob mit einer ‑ hier nicht in Rede stehenden ‑ Übergabe von Alttextilien an einen "Second-Hand-Laden", an eine Kleiderkammer oder an eine sonstige Abgabestelle etwa zur Versorgung von Flüchtlingen eine Zweckbestimmung verbunden ist, lässt sich eine solche jedenfalls beim Einwurf von Alttextilien in einen öffentlich zugänglichen Sammelcontainer nicht feststellen. Es kann dahinstehen, ob tatsächlich ein Großteil der Nutzer von Sammelcontainern Alttextilien aus der Motivationslage heraus und mit der Hoffnung einwerfen, die Gegenstände sollten wiederverwendet, also weitergetragen werden. Jedenfalls ist für eine darüber hinausgehende Zweckbestimmung im Sinne einer realistischen und verbindlichen Festlegung einer entsprechenden Funktion der einzelnen Sache nichts ersichtlich. Dies gilt, wie der Senat bereits an anderer Stelle ausgeführt hat,
66vgl. OVG NRW, Beschluss vom 20. Januar 2014 - 20 B 331/13 -, a. a. O.,
67auch unter Berücksichtigung der Ergebnisse einer forsa-Umfrage von März 2013. Dieser kann zwar entnommen werden, dass hinsichtlich der Abgabe von Altkleidern der ganz überwiegende Teil der bisherigen Besitzer aus einer bestimmten, auf die Wiederverwendung (als Kleidung) gerichteten Motivationslage heraus handelt. Dies reicht jedoch nicht aus, in der Abgabe einer für eigene Zwecke nicht mehr gewollten und für Dritte möglicherweise noch weiter nutzbaren Sache zugleich und darüber hinaus eine durch ein gewisses Maß an Verbindlichkeit und Verlässlichkeit gekennzeichnete Zweckbestimmung zu sehen. Gerade aus Seite 6 der Ausführungen zur Umfrage ist vielmehr zu schließen, dass, wenn überhaupt, mit der Abgabe in einer Kleiderkammer eine Zweckbestimmung verbunden ist, nicht jedoch mit dem Einwerfen in einen in der Öffentlichkeit aufgestellten und frei zugänglichen Sammelcontainer.
68Weiterhin steht der Annahme einer Zweckbestimmung entgegen, dass in aller Regel dem Nutzer eines Sammelcontainers keine Möglichkeit zur Verfügung steht, die Einhaltung der (unterstellten) Zweckbestimmung zu verfolgen oder zu kontrollieren, selbst wenn ein entsprechendes Interesse bestehen sollte. Denn mit dem Einwurf der Alttextilien in den Sammelcontainer gibt er, wie ihm auch bewusst ist, im Regelfall jede weitere Einflussmöglichkeit auf. Angesichts dessen fehlt es bereits an einer tauglichen Grundlage für die Annahme, der Nutzer eines Sammelcontainers wolle über das Bestehen einer bestimmten Motivationslage hinaus eine (verbindliche) Zweckbestimmung treffen. Im Übrigen hätte die Annahme einer beim Einwurf von Alttextilien in einen Sammelcontainer abgegebenen Zweckbestimmung nur Sinn, wenn es einen Adressaten gäbe, der sich entsprechend der Bestimmung verhalten könnte. Dies ist jedoch nicht der Fall, weil die (unterstellte) Zweckbestimmung bei der Abgabe (Einwurf in den Sammelcontainer) nicht erfasst oder aufgenommen wird und es im Nachhinein regelmäßig nicht möglich ist, allein aus der Art und/oder dem Erhaltungszustand eines einzelnen (Textil-)Stücks auf eine (unterstellte) Zweckbestimmung des Abgebenden beim Einwurf in den Sammelcontainer zurückzuschließen. Da es ‑ auch nach der angesprochenen forsa-Umfrage ‑ unterschiedliche Gründe oder Motive gibt, aus denen heraus Alttextilien zur "Kleidersammlung" gegeben werden, gibt es mit Sicherheit auch Fälle, in denen ein zur Wiederverwendung geeignetes Kleidungsstück ohne entsprechende Zweckbestimmung abgegeben wird, etwa weil der Abgebende das Stück ‑ zur Verminderung eines überschüssigen Bekleidungsbestands ‑ schlicht "loswerden" werden will und es aus Umweltschutz- oder Kostengründen nicht in den Restabfallbehälter wirft. Schließlich führt der Rückschluss von der Art oder dem Erhaltungszustand eines Textilstücks auf die (unterstellte) Zweckbestimmung dazu, dass von der Klägerin jedenfalls auch Abfall gesammelt wird. Denn im Hinblick auf deutlich verschlissene, offensichtlich nicht wieder oder weiter tragbare Kleidung und Schuhe sowie auf andere Textilien außerhalb von Bekleidung könnte von vornherein nicht von einer auf die Wiederverwendung gerichteten Zweckbestimmung ausgegangen werden. Dass es insoweit unterschiedliche Vorstellungen geben wird, ob ein Kleidungsstück gleichwohl noch getragen werden kann bzw. etwa in Notsituationen mangels Alternativen getragen wird, bestätigt die ausgeführte Unmöglichkeit, den Abfallbegriff auf diese Weise zu konkretisieren.
69Aus dem Sortieren nach der Einsammlung und der sich daran anschließenden Vermarktung kann keine Zweckbestimmung im Sinne von § 3 Abs. 2 Alt. 3 KrWG abgeleitet werden. Dementsprechend kommt es weder darauf an, ob das Sortieren als ein Verfahren der Prüfung gemäß § 3 Abs. 24 KrWG die Abfalleigenschaft indiziert, noch bedarf es einer weiteren Betrachtung, ob und gegebenenfalls welche rechtlichen Folgerungen sich daraus ergeben, dass auch Second-Hand-Läden und Kleiderkammern eine Sortierung der ihnen überlassenen Alttextilien vornehmen dürften.
70c) Der von der Klägerin angezeigten Sammlung stehen jedoch überwiegende öffentliche Interessen im Sinne von § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG nicht entgegen.
71aa) Die nähere Konkretisierung des unbestimmten Rechtsbegriffs der entgegenstehenden überwiegenden öffentlichen Interessen enthält § 17 Abs. 3 Satz 1 KrWG. Danach liegen diese unter anderem vor, wenn die beabsichtigte Sammlung in ihrer konkreten Ausgestaltung, auch im Zusammenwirken mit anderen Sammlungen, die Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers oder des von diesem beauftragten Dritten gefährdet. Eine solche Gefährdung der Funktionsfähigkeit ist nach § 17 Abs. 3 Satz 2 KrWG anzunehmen, wenn die Erfüllung der nach § 20 KrWG bestehenden Entsorgungspflichten zu wirtschaftlich ausgewogenen Bedingungen verhindert oder die Planungssicherheit und Organisationsverantwortung wesentlich beeinträchtigt wird. Letzteres wiederum ist nach § 17 Abs. 3 Satz 3 KrWG insbesondere anzunehmen, wenn durch die gewerbliche Sammlung
72- 73
1. Abfälle erfasst werden, für die der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger oder der von diesem beauftragte Dritte eine haushaltsnahe oder sonstige hochwertige getrennte Erfassung und Verwertung der Abfälle durchführt,
- 74
2. die Stabilität der Gebühren gefährdet wird oder
- 75
3. die diskriminierungsfreie und transparente Vergabe von Entsorgungsleistungen im Wettbewerb erheblich erschwert oder unterlaufen wird.
§ 17 Abs. 3 Satz 3 Nrn. 1 und 2 KrWG gelten nicht, wenn die vom gewerblichen Sammler angebotene Sammlung und Verwertung der Abfälle wesentlich leistungsfähiger ist als die von dem öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger oder dem von ihm beauftragten Dritten bereits angebotene oder konkret geplante Leistung (§ 17 Abs. 3 Satz 4 KrWG).
77bb) Die vorliegend in Rede stehende Regelung des § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG verlangt auf der Tatbestandsebene allein, dass durch die gewerbliche Sammlung Abfälle erfasst werden, für die der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger oder der von diesem beauftragte Dritte eine haushaltsnahe oder sonstige hochwertige getrennte Erfassung und Verwertung der Abfälle durchführt.
78Unter einer "haushaltsnahen getrennten Erfassung von Abfällen" im Sinne von § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG ist zumindest in erster Linie ein Holsystem beim privaten Haushalt zu verstehen. Dies ergibt sich aus den Kriterien für den Vergleich der Leistungsfähigkeit nach § 17 Abs. 3 Satz 5 KrWG und wird bestätigt durch die Begründung der vom Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit vorgeschlagenen Änderung des ursprünglichen Gesetzentwurfes der Bundesregierung zum Kreislaufwirtschaftsgesetz. Neben dem üblichen Entsorgungsbehälter für das einzelne Grundstück sollen über das Tatbestandsmerkmal "sonstige hochwertige getrennte Erfassung" auch sonstige Erfassungssysteme erfasst werden, soweit sie nach ihrer räumlichen Ausgestaltung, ihrer Beschaffenheit und ihrem konkreten Betrieb die werthaltigen Abfälle aus den privaten Haushalten in gleichem Umfang, gleicher Qualität und gleicher Effizienz erfassen können. Gemeinsames Merkmal aller (geschützten) Systeme soll dabei sein, dass sie das Ressourcenpotential der werthaltigen Abfälle effizient nutzen.
79Vgl. BT-Drucks. 17/7505 (neu), S. 44; Schwind in: von Lersner/Wendenburg, Recht der Abfallbeseitigung, § 17 KrWG Rn. 175, 179 ff.
80Dies schließt ein Bringsystem mit flächendeckend aufgestellten Sammelcontainern ein. Referenzpunkt der Regelung ist das haushaltsnahe Entsorgungssystem, dem die anderen Systeme in den wesentlichen Punkten entsprechen müssen. Insbesondere muss für sämtliche Einwohner des Entsorgungsgebiets eine mit zumutbarem Aufwand erreichbare Möglichkeit der Abgabe der Abfälle bestehen.
81In diesem Sinne auch Schwind, a. a. O., § 17 KrWG Rn. 175 ff.; Karpenstein/Dingemann, a. a. O., § 17 Rn. 174.
82cc) Weitergehende tatbestandliche Anforderungen stellt § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG seinem Wortlaut nach nicht auf. Danach ist auf der Grundlage dieser Regelung als Rechtsfolge "anzunehmen", dass der gewerblichen Sammlung überwiegende öffentliche Interessen im Sinne einer wesentlichen Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers/Drittbeauftragten entgegenstehen.
83Diese Feststellung bedeutet entgegen der von der Beklagten vertretenen Auffassung aber (noch) nicht, dass allein die Existenz eines haushaltsnahen oder sonstigen hochwertigen Erfassungssystems eine Untersagungsverfügung trüge. Dies wäre nur dann der Fall, wenn § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG bereits für sich genommen einen eigenständigen Untersagungsgrund darstellte oder immer zwingend auf eine wesentliche Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger/Drittbeauftragten führte. Das ist aber nicht der Fall.
84Ein solches Verständnis der Vorschrift findet im Gesetzeswortlaut keine Stütze und widerspricht der Regelungssystematik des § 17 Abs. 3 KrWG. Die Regelungen des § 17 Abs. 3 Satz 3 KrWG stellen ‑ anders als das in § 17 Abs. 3 Satz 1 genannte Bezugskriterium der Funktionsfähigkeit ‑ keine rechtlich verselbständigten Untersagungstatbestände dar. Vielmehr ist bei ihrer Erfüllung die wesentliche Beeinträchtigung des Schutzobjekts der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung (lediglich) "anzunehmen" und ist in der Folge auch eine Gefährdung der Funktionsfähigkeit (nur) "anzunehmen". Damit besagt bereits der Wortlaut von § 17 Abs. 3 Satz 3 KrWG, dass die Erfüllung des Tatbestandes eine weitergehende Betrachtung nicht entbehrlich macht. Ansonsten wäre eine solche Konsequenz nicht "anzunehmen", sondern sie würde "vorliegen", wovon etwa § 17 Abs. 3 Satz 1 KrWG für die "überwiegenden öffentlichen Interessen" im Sinne von § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG ausgeht. Eine derartige Verbindung hat der Gesetzgeber indes in den Sätzen 2 und 3 des § 17 Abs. 3 KrWG nicht vorgesehen und auch nicht gewollt. Das zeigt schon die im Vergleich zu Satz 1 unterschiedliche Fassung der beiden Regelungen, die für den Begriff "anzunehmen" auf einen Aussagegehalt als Vermutung, die sich einzelfallabhängig als richtig oder falsch erweisen kann, hindeutet. Belegt wird dies aber insbesondere auch durch die Begründung des Änderungsantrags zum ursprünglichen Gesetzentwurf, wonach Satz 3 die Schwelle konkretisieren soll, ab der eine "wesentliche Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung angenommen werden kann und den Behörden eine klare Leitlinie" vorgegeben wird.
85Vgl. BT-Drucks. 17/7505 (neu), S. 44 (Unterstreichung durch den Senat).
86Sowohl das Modalverb "kann" als auch der Begriff der "Leitlinie" belegen, dass dieser Bestimmung lediglich ein Orientierungs-, nicht (streng) abschließender Charakter zukommen sollte. Es ist auch nicht zu unterstellen, der Gesetzgeber sei tatsächlich davon ausgegangen, jede gewerbliche Sammlung beeinträchtige ausnahmslos ein hochwertiges kommunales Erfassungssystem. Dagegen spricht insbesondere, dass bereits die in der Begründung des Gesetzentwurfs genannten Erfassungssysteme (Holsysteme und sonstige hochwertige Erfassungssysteme) grundlegende Unterschiede aufweisen und auch innerhalb eines Systemtyps selbst bei seiner Hochwertigkeit gewisse Bandbreiten auftreten können. Schon deshalb variiert naturgemäß ihre "Störanfälligkeit" in beträchtlichem Umfang. Hinzu kommt, dass die jeweils betroffenen Entsorgungsgebiete nach Größe, Siedlungsstruktur und Einwohnerzahl erheblich voneinander abweichen können. Gleiches gilt für die gewerblichen Sammlungen. Dass der Gesetzgeber diese Unterschiede über § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG vollständig einebnen wollte, ist nicht anzunehmen. Im Gegenteil liegt es geradezu auf der Hand, dass etwa eine gewerbliche Sammlung von Alttextilien, die im Extremfall nur einen Container oder eine einmal jährlich stattfindende Straßensammlung in einem Stadt- oder Ortsteil umfasst, das bestehende, voraussetzungsgemäß hochwertige System des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers/Drittbeauftragten schon bei abstrakter Betrachtung im Hinblick auf Planung und Organisation nicht tangiert. Es ist nichts dafür ersichtlich, dass der Gesetzgeber auch in einem solchen Fall eine Untersagung der gewerblichen Sammlung wegen entgegenstehender überwiegender öffentlicher Interessen anordnen wollte.
87Die Regelung des § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG ist damit ‑ im Sinne einer Vermutung ‑ so zu verstehen, dass ein bestehendes hochwertiges Erfassungssystem des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers/Drittbeauftragten nicht von vornherein und immer die Schlussfolgerung rechtfertigt, dass in diesem Fall die Planungssicherheit und Organisationsverantwortung wesentlich durch eine angezeigte gewerbliche Sammlung ‑ im Zusammenwirken mit anderen Sammlungen ‑ beeinträchtigt sein wird und dass die Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers/Drittbeauftragten gefährdet ist. Letzteres bedarf des Vorliegens weiterer Umstände, wobei sich allerdings die Annahmen aus den Sätzen 2 und 3 des § 17 Abs. 3 KrWG ihrem Wesen als Vermutungen entsprechend indiziell dahingehend auswirken, dass die "anzunehmenden" Folgen regelmäßig eintreten. Ob dies dann tatsächlich der Fall ist, hängt immer davon ab, ob und inwieweit der von den Annahmen vorausgesetzte Sachverhalt zunächst auf die Planungssicherheit und Organisationsverantwortung und von dort aus auf die Funktionsfähigkeit durchschlägt.
88Angesichts dessen kann der Begriff "anzunehmen" nicht als eine gesetzlich zwingende (unwiderlegliche) Vermutung
89- so etwa Dageförde/Thärichen, AbfallR 2013, 125; Wenzel, ZUR 2014, 579; Siederer/Wenzel/ Schütze, AbfallR 2014, 79 -
90oder als gesetzliche Fiktion
91- so insbesondere Schwind, a. a. O., § 17 KrWG Rn. 172; Weidemann, AbfallR 2012, 96 -
92verstanden werden. Zwar ließe der Wortlaut des § 17 Abs. 3 Satz 3 KrWG ein solches Verständnis zu, das aufgrund der gleichlautenden Formulierung in § 3 Abs. 2 und 3 KrWG in systematischer Hinsicht auch nicht vollkommen fernläge.
93Vgl. dazu Schwind, a. a. O., § 17 KrWG Rn. 172.
94Dem steht aber im vorliegenden Zusammenhang entgegen, dass das Tatbestandsmerkmal von vornherein nicht in jeder von ihm erfassten Konstellation geeignet wäre, eine reale Verbindung zwischen dem Vermutungs- bzw. Fiktionstatbestand und dem Bezugsobjekt herzustellen. Dies führte dann zumindest partiell zu den oben bereits angesprochenen logischen Brüchen. Diese lassen sich aber vermeiden, wenn der Begriff "anzunehmen" ‑ wie dargestellt ‑ als eine (widerlegliche) Vermutung oder als Regelfall mit Ausnahmevorbehalt verstanden wird. Mit einem solchen Verständnis des in § 17 Abs. 3 Satz 3 KrWG verwendeten Begriffs "anzunehmen" wird für § 17 Abs. 3 Satz 1 KrWG die notwendige und gewollte Wesentlichkeit der Auswirkungen sichergestellt und dem Sinn und Zweck von § 17 Abs. 3 Satz 3 KrWG, als Hilfsmittel für den Ausgleich der Interessen des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers/Drittbeauftragten und des gewerblichen Sammlers zu dienen, angemessen Rechnung getragen.
95dd) In diesem Verständnis bedarf die Regelung des § 17 Abs. 3 Satz 3 KrWG (auch) im Hinblick auf seine Nr. 1 entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts, die auch der wohl herrschenden Auffassung in Literatur und Rechtsprechung entsprechen dürfte,
96Vgl. VGH Bad.-Württ., Beschlüsse vom 9. September 2013 - 10 S 1116/13 -, a. a. O., und vom 4. März 2014 - 10 S 1127/13 -, a. a. O.; VG Neustadt, Urteil vom 28. Mai 2015 - 4 K 1115/14.NW -, juris; Karpenstein/Dingemann, a. a. O., § 17 Rn. 171; Dippel, a. a. O., § 17 Rn. 65; Beckmann in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, § 17 KrWG Rn. 118, 129,
97nicht aus übergeordneten Gesichtspunkten heraus einer Korrektur im Sinne einer einschränkenden Auslegung im Hinblick auf die dort geregelten Merkmale, die zur gesetzlich angeordneten Annahme wesentlicher Beeinträchtigungen führen sollen. Vielmehr trägt das Verständnis von § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG als (widerlegliche) Vermutung oder als Regelfall mit Ausnahmevorbehalt den Gesichtspunkten hinreichend Rechnung, die für eine solche einschränkende Auslegung angeführt werden.
98Angesichts des insoweit eindeutigen Wortlauts des § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG käme eine solche - ergänzende oder korrigierende - Auslegung nach allgemeinen Auslegungsregeln nur dann in Betracht, wenn das so gefundene wortlautgetreue Verständnis ersichtlich nicht dem Willen des Gesetzgebers entspräche, zu sinnwidrigen, der Denklogik widersprechenden Ergebnissen führte oder das vom Gesetzgeber an sich Gewollte in dieser Form mit höherrangigem Recht nicht in Einklang stünde und dieser Widerspruch durch eine solche einschränkende Interpretation beseitigt werden könnte. Nur dann dürfte die an sich jeder Auslegung gesetzte Wortlautgrenze überwunden werden. Keine der genannten Voraussetzungen ist indes unter der dargestellten Prämisse einer (widerleglichen) Vermutung bzw. eines Regel-/Ausnahmeverhältnisses erfüllt.
99(1) Entgegen der in Teilen von Rechtsprechung und Literatur vertretenen Auffassung lässt sich nicht feststellen, dass das vorstehend dargelegte Auslegungsergebnis nicht vom Willen des Gesetzgebers gedeckt ist.
100Die insoweit regelmäßig herangezogene Begründung zum ursprünglichen Gesetzentwurf der Bundesregierung (BT-Drucks. 17/6052)
101- hierauf stellen etwa VGH Bad.-Württ., Beschlüsse vom 9. September 2013 - 10 S 1116/13 -, a. a. O., und vom 4. März 2014 - 10 S 1127/13 -, a. a. O., und VG Neustadt, Urteil vom 28. Mai 2015 - 4 K 1115/14.NW -, a. a. O., VG München, Urteil vom 24. Oktober 2013 - M 17 K 13.2189 -, juris, ab -
102ist hierfür unergiebig, weil sie sich auf eine Fassung des § 17 Abs. 3 KrWG bezieht, die nicht Gesetz geworden, sondern durch die vom Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit in Bezug auf die Regelung in Satz 2 und die Neueinführung des Satzes 3 substantiell und gerade mit dem Ziel, den Schutzkatalog für die öffentlichen Interessen zu erweitern (BT-Drucks. 17/7505 (neu), S. 43), modifiziert worden ist. Unabhängig davon lässt ein "einseitiges" Abstellen auf die (ursprünglichen) Vorstellungen der Bundesregierung außer Acht, dass der Gesetzgebungsprozess gerade von einem Interessengegensatz zwischen öffentlich-rechtlichen Entsorgern und gewerblichen Sammlern geprägt war und die Interessen der öffentlich-rechtlichen Entsorger in verstärktem Maße von Seiten des Bundesrates vertreten wurden, während seitens der Bundesregierung ‑ nicht zuletzt aufgrund dort bestehender europarechtlicher Bedenken ‑ das Ziel einer stärkeren Marktöffnung verfolgt wurde. Demzufolge weisen die erst im Vermittlungsausschuss endgültig konturierten Regelungen der letztendlich Gesetz gewordenen Fassung des § 17 Abs. 3 KrWG Kompromisscharakter auf, so dass zu deren Auslegung die ursprünglichen Vorstellungen der Bundesregierung jedenfalls nicht ohne weiteres und uneingeschränkt herangezogen werden können.
103Vgl. dazu insbesondere Schwind, a. a. O., § 17 KrWG Rn. 23 ff.
104Nimmt man indes die auf die Ergänzung des § 17 Abs. 3 KrWG bezogenen Materialien zum Maßstab, spricht alles dafür, dass der Gesetzgeber die Regelung des § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG bewusst gewählt hat. So wird dort die Einfügung der Regelung des § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG wie folgt erläutert:
105" Nach der ersten Fallgruppe erhält die vom öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger durchgeführte hochwertige getrennte Erfassung und Verwertung einen besonderen Schutz, insbesondere gegenüber dem sogenannten 'Rosinenpicken'." (BT-Drucks. 17/7505, S. 44)
106In der zusammenfassenden Begründung zu § 17 Abs. 3 Satz 3 KrWG neu heißt es sodann:
107" Durch die Ergänzung der Regelung wird die Steuerungsverantwortung der öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger konkretisiert. Die Regelung verdeutlicht, dass hochwertige Wertstofferfassungssysteme in rechtssicherer Weise geschützt werden können und die Aufgabenerledigung auf verlässlicher Grundlage bei tragfähigen und stabilen Gebühren organisiert werden kann. Zugleich schützt die Regelung auch die wettbewerbskonforme Einbindung der privaten Entsorgungswirtschaft in die kommunale Aufgabenwahrnehmung und sichert so die 'duale' Entsorgungsverantwortung im Bereich der Entsorgung von Haushaltsabfällen ab. Sie gewährleistet damit einen fairen Interessenausgleich zwischen öffentlich-rechtlicher und privater Entsorgungswirtschaft." (BT-Drucks. 17/7505, S. 44)
108Eine entsprechende Regelungsabsicht lässt auch die grundlegende Motivation zur gesetzlichen Aufwertung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung zu eigenständigen Schutzobjekten und zu deren gesetzlicher Konkretisierung durch die Regelung des Satzes 3 erkennen, wonach mit ihm den Betroffenen eine klare Leitlinie zur Beurteilung wesentlicher Beeinträchtigungen vorgegeben werden sollte.
109BT-Drucks. 17/7505 (neu), S. 44.
110Noch deutlicher in diese Richtung geht die Stellungnahme der FDP-Fraktion, die grundsätzlich einen möglichst großen Spielraum der privaten Entsorger im Gesetzgebungsverfahren verfochten hat, im Zusammenhang mit dem endgültigen Gesetzesbeschluss. Dort heißt es:
111" In vielen Kommunen gebe es keine gesonderte Papiersammlung oder das Papier müsse auf Wertstoffhöfen oder in Wertstoffcontainern in großer Entfernung entsorgt werden. In diesem Fall sei es ökologisch sinnvoll, wenn ein privates Unternehmen dies übernehme und damit auch noch Geld verdiene. Das dürfe von den Kommunen nicht untersagt werden. Wenn die Kommunen diesen Service nicht anböten, dürfe nicht verhindert werden, dass es Wettbewerb gebe. Wenn aber die Kommunen den Service einer Papiertonne anböten, müsse dieser auch Bestand haben." (BT-Drucks. 17/7505 (neu), S. 18)
112Ein dem (ursprünglichen) gesetzgeberischen Anliegen, gewerblichen Sammlern einen (erleichterten) Marktzugang und damit in größerem Umfang Konkurrenz zwischen privaten und öffentlich-rechtlichen Sammlungen zu ermöglichen, widersprechender absoluter Konkurrenzschutz, der eine einschränkende Auslegung erfordern könnte,
113vgl. dazu etwa VGH Bad.-Württ., Beschlüsse vom 9. September 2013 - 10 S 1116/13 -, a. a. O., und vom 4. März 2014 - 10 S 1127/13 -, a. a. O.; VG München, Urteil vom 24. Oktober 2013 - M 17 K 13.2189 -, a. a. O., VG Würzburg, Urteil vom 12. November 2013 - W 4 K 13.326 -, juris,
114ist mit dieser Regelung ‑ zumal im Verständnis eines Regelfalles ‑ im Übrigen nicht verbunden. Denn die Regelung lässt tatbestandlich nicht jedes Entsorgungssystem ausreichen, sondern verlangt dessen Hochwertigkeit. Ein solches kommunales Sammlungssystem ist jedenfalls nicht in allen Gemeinden und nicht für alle in Frage kommenden Abfallfraktionen vorhanden. Gewerblichen Sammlern verbleibt immer die Möglichkeit, ihre Sammeltätigkeit in solchen Kommunen auszuüben, in denen ein hochwertiges Erfassungssystem nicht bzw. nicht für die in Frage kommende Abfallfraktion vorhanden ist.
115Dass dies nicht ein rein theoretisches Phänomen ist, zeigt die Fallgestaltung, die dem Senatsurteil vom 21. September 2015 - 20 A 2120/14 - zugrunde liegt. Der beklagte Kreis hatte der Klägerin die Sammlungstätigkeit nur in einer kreisangehörigen Kommune untersagt, in allen anderen Städten und Gemeinden, in denen nach Auffassung des Beklagten keine hochwertigen Erfassungssysteme existierten, durfte die dortige Klägerin ihrer Tätigkeit uneingeschränkt nachgehen.
116(2) Das hier zugrunde gelegte Verständnis des § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG wird auch nicht durch die Überlegung in Frage gestellt, der Gesetzgeber habe sich an der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts im sog. Altpapierurteil,
117BVerwG, Urteil vom 18. Juni 2009 - 7 C 16.08 -, BVerwGE 124, 154,
118konkret an den dortigen Fallgruppen der wesentlichen Änderung der Entsorgungsstruktur und des Schutzes des Vergaberechts, orientiert, weshalb die in Satz 3 benannten Fälle mit Blick hierauf verstanden werden müssten.
119Zum einen steht der von § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr.1 KrWG erfasste Fall ausdrücklich nur beispielhaft ("kann von Bedeutung sein") für die nach Auffassung des Bundesverwaltungsgerichts ausreichende "mehr als geringfügige Auswirkung auf Organisation und Planungssicherheit".
120BVerwG, Urteil vom 18. Juni 2009 - 7 C 16.08 -, a. a. O. (Rn. 34).
121Zum anderen bleibt außer Acht, dass nach Auffassung des Bundesverwaltungsgerichts die Entsorgungssicherheit nur ein Aspekt, wenn auch ein wesentlicher, im Rahmen der erforderlichen Prüfung entgegenstehender überwiegender öffentlicher Interessen ist. Daneben steht die Erwägung, wonach die gesetzliche Überlassungspflicht für Abfälle aus privaten Haushaltungen unter unionsrechtlicher Perspektive ihre Rechtfertigung auch darin findet, dass (schon) bei einer Freigabe des Wettbewerbs im Markt um Abfälle aus privaten Haushaltungen Funktionsstörungen zu erwarten sind und deshalb eine Aufgabenzuweisung an den öffentlichen Entsorgungsträger erfolgen darf. Die kontinuierliche und verlässliche Aufgabenerfüllung der Hausmüllentsorgung durch den öffentlichen Entsorgungsträger setze ein Mindestmaß an Planbarkeit voraus, das bei ungehindertem Zugriff privater Dritter nicht gewährleistet sei.
122BVerwG, Urteil vom 18. Juni 2009 - 7 C 16.08 -, a. a. O., (Rn. 41); bestätigt durch BVerfG, Beschluss vom 28. August 2014 - 2 BvR 2639/09 ‑, NVwZ 2015, 52 (Rn. 44).
123Diese Erwägung stellt das Bundesverwaltungsgericht ausdrücklich neben seine Ausführungen zur Entsorgungssicherheit. Dies lässt sich letztlich nur so verstehen, dass daneben der hier unter europarechtlichen Gesichtspunkten angeführte Aspekt, wonach ein freier Markt mit freiem Zugriff für sich genommen als schädlich betrachtet werden kann, zu berücksichtigen ist ‑ und zwar gerade in Abhängigkeit von materiellen Qualitätskriterien ("kontinuierliche und verlässliche Aufgabenerfüllung"). In diese nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts eröffnete Rechtfertigungsmöglichkeit ist die Regelung des § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG bruchlos einzuordnen.
124Demgegenüber passen die für eine wesentliche Beeinträchtigung der Entsorgungsstruktur angeführten Fallgruppen auf den Fall des § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG bereits im Ansatz nicht. Ein solches hochwertiges System setzt einen nicht unerheblichen Personal- und Logistikeinsatz gerade voraus. Deshalb kann es im Hinblick auf die Änderung der Entsorgungsstruktur auch nicht darauf ankommen, dass Personal für den Fall der Aufgabe des gewerblichen Sammlers vorgehalten werden muss. Entsprechendes Personal für (fast) alles Sammelbare ist naturgemäß vorhanden.
125(3) Auch der Verweis auf das "Kaskadensystem" des § 17 Abs. 3 KrWG stellt das hier zugrunde gelegte Verständnis des § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG nicht in Frage.
126Ob der Einwand, ein auf den Wortlaut beschränktes Verständnis des § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG lasse sich nicht in das "Kaskadensystem" des § 17 Abs. 3 KrWG einfügen, da allein die Existenz eines öffentlich-rechtlichen Entsorgungssystems noch nicht bedeute, dass es durch eine gewerbliche Sammlung wesentlich beeinträchtigt oder in seiner Funktion gefährdet wäre, für die Auslegung des Gesetzes maßgeblich herangezogen werden kann, liegt nicht ohne weiteres auf der Hand. Denn der Gesetzgeber dürfte nach den vorstehenden Ausführungen die Konsequenzen der Regelung erfasst und bezweckt haben, ohne dass er die Tragweite der Bestimmung seinerseits grundsätzlich verkannt hätte. Im Rahmen der Gesetzesauslegung ist daher zunächst zu prüfen, ob das System so, wie es vorhanden ist, einen Sinn ergeben kann. Erst wenn dies zu verneinen ist, kommt unter dem Gesichtspunkt der Widersprüchlichkeit eine korrigierende Auslegung in Betracht.
127Vor diesem Hintergrund kommt dem Umstand besondere Bedeutung zu, dass der Gesetzgeber den Schutz des § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG allein einem hochwertigen Erfassungssystem zukommen lassen will. Der Regelung liegt damit zum einen der Gedanke der Sicherung des damit einhergehenden hohen Umweltstandards zugrunde, der gegen Wettbewerb abgeschirmt wird. Da das Kreislaufwirtschaftsgesetz insgesamt jedenfalls primär auf ökologische Standards, nicht auf ökonomische Chancengerechtigkeit ausgelegt ist, kann hierin kein grundlegender Wertungswiderspruch gesehen werden.
128In diesem Sinne auch Schwind, a. a. O., § 17 KrWG Rn. 175 ("kein ökologischer Mehrwert").
129Zum anderen ist bei einem solchen System regelmäßig zu unterstellen, dass der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger/Drittbeauftragte seiner Organisationsverantwortung in besonderer Weise gerecht geworden ist. Wegen dieser "Vorleistung" erscheint es auch nicht von vornherein unsinnig anzunehmen, dass er deshalb auf eine größere Planungssicherheit angewiesen ist. Ebenso durfte der Gesetzgeber berücksichtigen, dass ein solches hochwertiges System regelmäßig eine komplexere Logistik erfordert und deshalb störungssensibler ist. Dies gilt jedenfalls für ein ‑ dem Gesetzgeber wie ausgeführt primär vor Augen stehendes und als Referenzmodell dienendes ‑ flächendeckendes Holsystem (wie beispielsweise bei der Papiertonne).
130In diesem Sinne auch Karpenstein/Dingemann, a. a. O., § 17 Rn. 173.
131Dass dieser Ansatz nicht uneingeschränkt auf die "sonstigen" (Bring-)Systeme Anwendung finden kann, da diese insoweit regelmäßig hinter dem Planungs- und Organisationsaufwand und den damit verbundenen Kosten zurückbleiben, kann über die hinreichend offene Formulierung "ist anzunehmen" sachgerecht berücksichtigt werden und lässt nicht zwingend auf einen grundlegenden Wertungswiderspruch schließen.
132(4) Das hier zugrunde gelegte Verständnis des § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG bedarf auch keiner europarechtlichen Korrektur.
133Es ist nicht zu erkennen, dass das dargestellte Verständnis des § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG die europarechtlichen Anforderungen verfehlte. Soweit dies vornehmlich mit der Überlegung begründet wird, eine allein am Wortlaut der tatbestandlichen Voraussetzungen orientierte Auslegung führe zu einem unionsrechtlich unzulässigen (und vom Gesetzgeber ersichtlich nicht gewollten) absoluten Konkurrenzschutz, trifft dies ‑ wie ausgeführt ‑ bereits im Ausgangspunkt nicht zu. Denn für die Anwendung des § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG reicht gerade nicht die Existenz irgendeines öffentlich-rechtlichen Entsorgungssystems aus, sondern dieses muss qualitative Voraussetzungen erfüllen. Ist dies nicht der Fall, bleibt es bei einem "freien Markt". Absoluten Schutz vor Konkurrenz kann es daher allenfalls im konkreten Sammlungsgebiet geben. Diese Klarstellung ist aus unionsrechtlicher Perspektive aus zwei Gründen bedeutsam:
134Zum einen wird damit Konkurrenz nicht per se für das Gebiet eines Mitgliedstaats ausgehebelt, zum anderen wird der Schutz gerade an einem Merkmal festgemacht, das europarechtlich nicht nur unbedenklich ist, sondern dem zunehmend gerade vom Primärrecht besonderes Augenmerk geschenkt wird.
135Vgl. dazu Hatje in: Schwarze, EU-Kommentar, 3. Aufl. 2012, Art. 14 Rn. 5 ff.; Schorkopf, WuV 2008, 253; Frenz, GewArch 2011, 16; in diesem Sinne auch Karpenstein/ Dingemann, a. a. O., § 17 Rn. 173.
136Insbesondere die durch den Lissabonner Vertrag neugefasste Bestimmung des Art. 14 AEUV, wonach in Anbetracht des Stellenwerts, den Dienste von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse innerhalb der gemeinsamen Werte der Union einnehmen, sowie ihrer Bedeutung bei der Förderung des sozialen und territorialen Zusammenhalts die Union und die Mitgliedsstaaten im Rahmen ihrer jeweiligen Befugnisse im Anwendungsbereich der Verträge dafür Sorge tragen, dass die Grundsätze und Bedingungen, insbesondere jene wirtschaftlicher und finanzieller Art, für das Funktionieren dieser Dienste so gestaltet sind, dass diese ihren Aufgaben nachkommen können, und das hierauf bezogene Protokoll Nr. 26 über Dienste von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse
137- zum Rang als vollwertiger Bestandteil des Primärrechts nach Art. 51 EUV vgl. nur Hatje, a. a. O., Art. 14 Rn. 15 -
138lassen erkennen, dass die von § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG tatbestandlich erfassten hochwertigen Sammlungssysteme auch aus unionsrechtlicher Perspektive in qualifizierter Weise schutzwürdig sind. Die Qualität der Erbringung von Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse wird durch das Protokoll Nr. 26 zum Lissabonner Vertrag konkret und ausdrücklich anerkannt. Danach kommt es für Daseinsvorsorgeleistungen insbesondere auf die Bedürfnisse und Präferenzen der Nutzer sowie auf "ein hohes Niveau in Bezug auf Qualität, Sicherheit und Bezahlbarkeit, Gleichbehandlung und Förderung des universellen Zugangs und der Nutzerrechte" an. Die nähere Ausgestaltung wird zugleich in die Verantwortung der Mitgliedstaaten gestellt.
139Hinzu kommt, dass durch den Lissabonner Vertrag die (frühere) reine Zielbestimmung des Art. 14 AEUV um einen Gewährleistungsauftrag ergänzt wurde.
140Vgl. Wernicke in: Grabitz/Hilf/Nettesheim, Das Recht der Europäischen Union, Art. 14 AEUV Rn. 39 ff.; Frenz, GewArch 2011, 16.
141Auch dies spricht dafür, dass eine Regelung wie die hier in Rede stehende sich im Rahmen des Unionsrechts bewegt, wie es insbesondere die Beschlussempfehlung des Ausschusses für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit postuliert.
142Vgl. BT-Drucks. 17/7505 (neu), S. 43.
143Dem steht auch nicht grundsätzlich entgegen, dass Art. 14 AEUV und das Protokoll Nr. 26 nicht an die Stelle des Art. 106 Abs. 2 AEUV, sondern neben ihn treten bzw. ihn "unbeschadet" lassen. Zum einen sind sie gleichwohl jedenfalls bei dessen Auslegung zu berücksichtigen.
144Vgl. Khan in: Geiger/Khan/Kotzur, EUV/AEUV - Kommentar, 5. Aufl. 2010, Art. 106 Rn. 20; Hatje, a. a. O., Art. 14 Rn. 11, 15; Jung in: Calliess/ Ruffert, EUV/AEUV - Kommentar, 4. Aufl. 2011, Art. 106 AEUV Rn. 52; Frenz, GewArch 2011, 16.
145Zum anderen ist zu beachten, dass nach der jüngeren Rechtsprechung der europäischen Gerichte im Rahmen der Reglementierung von Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse (der Daseinsvorsorge) den Mitgliedstaaten auch nach Art. 106 Abs. 2 AEUV ein weiter Ermessensspielraum zuzubilligen ist, der im Wesentlichen nur im Hinblick auf offensichtliche Fehler und missbräuchliches Verhalten der Kontrolle der Gemeinschaftsorgane unterliegt.
146Vgl. dazu EuGH, Urteile vom 23. Oktober 1997 ‑ Rs. C-157/94 (Kommission/Niederlande) -, Slg. 1997, I-5768 (Rn. 36 ff., 51 ff.) und vom 21. September 1999 - Rs. C-67/96 (Albany) -, Slg. 1999, I-5863 (Rn. 103 f.); EuG, Urteil vom 12. Februar 2008 ‑ T-289/03 -, Slg. 2008, II-81 (Rn. 148); in diesem Sinne auch Voet van Vormizeele in: Schwarze, EU-Kommentar, 3. Aufl. 2012, Art. 106 AEUV Rn. 63, 69 ff.; eingehend Wernicke, a. a. O., Art. 106 AEUV Rn. 73 ff.
147Europarechtlich scheint es nach den vorstehenden Ausführungen aber jedenfalls nicht als offensichtlich fehlsam, eine bestimmte Qualitätsstufe vor Gefährdungen zu schützen.
148Auch die vom Europäischen Gerichtshof benannten und anerkannten, vom Bundesverfassungsgericht in seinem Beschluss vom 28. August 2014 ‑ 2 BvR 2639/09 -, NVwZ 2015, 52, noch betonten Fallgruppen, in denen nationale Regelungen den Anforderungen des Art. 106 Abs. 2 AEUV genügen können, sind insgesamt weitgehend und letztlich nur unter der Prämisse eines weiten Regelungsspielraums nachvollziehbar. Danach sind das Abholen und die Behandlung von Haushaltsabfällen im Allgemeininteresse liegende öffentliche Aufgaben, die ein Staat von Behörden wahrnehmen lassen kann und auf die er entscheidenden Einfluss behalten darf.
149Vgl. EuGH, Urteile vom 10. November 1998 ‑ Rs. C-360/96 (BFI Holding) -, Slg 1998, I-6821 (Rn. 52), und vom 23. Mai 2000 - Rs. C-209/98 (Sydhavens Sten & Grus) -, Slg. 2000, I-3777 (Rn. 76).
150Eine Verhinderung der Aufgabenerfüllung im Sinne von Art. 106 Abs. 2 AEUV liegt vor, wenn das öffentliche Unternehmen seine Tätigkeit unter Wettbewerbsbedingungen nicht zu wirtschaftlich ausgewogenen Bedingungen ausüben kann. Eine Existenzgefährdung durch die Zulassung von Wettbewerb ist dabei nicht erforderlich.
151Vgl. EuGH, Urteile vom 15. November 2007 ‑ Rs. C-162/06 (International Mail Spain) -, Slg. 2007, I-9926 (Rn. 34 f.), vom 21. September 1999 - Rs. C-67/96 (Albany) -, a. a. O. (Rn. 107), vom 23. Oktober 1997 - Rs. C-157/94 (Kommission/ Niederlande) -, a. a. O. (Rn. 43), und vom 19. Mai 1993 - Rs. C-320/91 (Corbeau) ‑, Slg. 1993, I-2563 (Rn. 14 ff.).
152Entscheidend ist vielmehr, ob es für das begünstigte Unternehmen einen anderen wirtschaftlich zumutbaren Weg gibt, seine Aufgabe zu erfüllen, wobei auch die Möglichkeit eines Ausgleichs zwischen den rentablen und den weniger rentablen Tätigkeitsbereichen einzubeziehen ist.
153Vgl. EuGH, Urteile vom 15. November 2007 - Rs. C-162/06 (International Mail Spain) -, a. a. O. (Rn. 36), vom 25. Oktober 2001 ‑ Rs. C-475/99 (Ambulanz Glöckner) ‑, Slg. 2001, I‑8137 (Rn. 57 ff.), vom 17. Mai 2001 - Rs. C-340/99 (TNT Traco) -, Slg. 2001, I-4142 (Rn. 55), vom 23. Oktober 1997 - Rs. C-157/94 (Kommission/Niederlande) -, a. a. O. (Rn. 43), und vom 19. Mai 1993 - Rs. C-320/91 (Corbeau) -, a. a. O. (Rn. 14 ff.).
154Beschränkungen können auch dann gerechtfertigt sein, wenn sie dazu dienen, dass eine Dienstleistung von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse zu möglichst niedrigen, sozialverträglichen Gebühren erbracht werden kann.
155Vgl. EuGH, Urteile vom 23. Oktober 1997 - Rs. C-157/94 (Kommission/Niederlande) -, a. a. O. (Rn. 42); in diesem Sinne wohl auch Urteil vom 25. Oktober 2001 - Rs. C-475/99 (Ambulanz Glöckner) ‑, a. a. O. (Rn. 53 zum Aspekt des sog. "Rosinenpickens").
156Allerdings lässt sich der einschlägigen Rechtsprechung nicht zweifelsfrei entnehmen, wie weit der den Mitgliedstaaten grundsätzlich zugestandene Ermessensspielraum im Einzelfall reicht, da insbesondere der Europäische Gerichtshof gleichzeitig betont, dass Art. 106 Abs. 2 AEUV als Ausnahmevorschrift von den Grundsätzen des Binnenmarktes insgesamt tendenziell eng auszulegen sei.
157In diesem Sinne EuGH, Urteile vom 15. November 2007 - Rs. C-162/06 (International Mail Spain) -, a. a. O. (Rn. 49), vom 17. Mai 2001 ‑ Rs. C-340/99 (TNT Traco) -, a. a. O. (Rn. 56), vom 25. Juni 1998 - Rs. C-203/96 (CAD) -, Slg. I-4111 (Rn. 64 ff.), und vom 23. Oktober 1997 ‑ Rs. C-157/94 (Kommission/Niederlande) -, a. a. O. (Rn. 51 ff.); Khan, a. a. O., Art. 106 Rn. 20.
158Vor diesem Hintergrund erscheint es ‑ nicht zuletzt unter Berücksichtigung der Stellungnahme der Europäischen Kommission vom 29. Juni 2011 im Notifizierungsverfahren (abgedruckt bei von Lersner/Wendenburg, a. a. O., § 17 KrWG Rn. 39), die das materielle Erfordernis wesentlicher Auswirkungen auf den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger betont und strukturelle Änderungen im System des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers als Rechtfertigungsgrund offenbar noch nicht ausreichen lassen will ‑ nicht ausgeschlossen, bei einem allein auf die tatbestandlichen Voraussetzungen abstellenden Verständnis die Regelung des § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG als von Art. 106 Abs. 2 AEUV trotz des Ermessensspielraums der Mitgliedstaaten nicht mehr gedeckt anzusehen.
159Vgl. dazu insbesondere Schwind, a. a. O., § 17 KrWG Rn. 4 ff., 175; Karpenstein/Dingemann, a. a. O., § 17 Rn. 170.
160Dies kann indes schon deshalb auf sich beruhen, weil diese Bedenken jedenfalls dann nicht mehr durchgreifen, wenn auch das auf der Rechtsfolgenseite des § 17 Abs. 3 Satz 3 KrWG befindliche Wort "anzunehmen" in den Blick genommen wird und ‑ wie bereits im Einzelnen dargelegt ‑ dahingehend verstanden wird, dass die Vorschrift eine (widerlegliche) Vermutung oder einen Regelfall mit Ausnahmevorbehalt beinhaltet.
161Ergänzend ist im Übrigen noch darauf hinzuweisen, dass auch eine bereits den Wortlaut des § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG korrigierende unionsrechtlich begründete Auslegung den vorstehend dargelegten Ermessensspielraum des Gesetzgebers zu berücksichtigen hätte und ihrerseits unter einem Erforderlichkeitsvorbehalt stünde. Aus diesem Grund dürfte sie jedenfalls nicht so weit gehen, dass die Voraussetzungen des § 17 Abs. 3 Satz 2 KrWG letztlich losgelöst von § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG geprüft würden und diese Regelung statt als Regelbeispiel als zusätzliches Tatbestandsmerkmal verstanden würde. Ausgehend davon, dass der Gesetzgeber jedenfalls grundsätzlich europarechtlich befugt ist, Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse unter qualitativen Gesichtspunkten Wettbewerbsbeschränkungen zu unterwerfen, dürfte auch ein solches Verständnis nicht dazu führen, dass § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG letztlich Ausnahmecharakter erhielte oder durch die zusätzlichen Anforderungen rechtlich oder tatsächlich leerliefe. Zu weit ginge auch in der unionsrechtlichen Perspektive daher die Auffassung, die Rechtfertigung der Untersagung einer gewerblichen Sammlung sei davon abhängig zu machen, dass tatsächliche Beeinträchtigungen immer vom öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger nachgewiesen werden müssten und noch zusätzlich auch deren Wesentlichkeit positiv festzustellen wäre.
162So aber Karpenstein/Dingemann, a. a. O., § 17 Rn. 170; VG Neustadt, Urteil vom 28. Mai 2015 ‑ 4 K 1115/14.NW -, a. a. O.
163Die aus Art. 106 Abs. 2 AEUV, Art. 14 AEUV i. V. m. dem Protokoll Nr. 26 zum Vertrag von Lissabon folgenden Anforderungen an eine tatbestandliche Reduktion dürften sich daher nicht entscheidend von denjenigen Maßstäben unterscheiden, die bei einem Verständnis von § 17 Abs. 3 Satz 3 KrWG als widerlegliche Vermutung bzw. als Regelfälle mit Ausnahmevorbehalt anzuwenden wären. Eine unionsrechtliche Reduktion wäre dementsprechend nur dann von Bedeutung und in diesem Fall unter dem Gesichtspunkt der Erforderlichkeit auch geboten, wenn man die Regelung der Nr. 1 ‑ was wie bereits im Einzelnen dargelegt nicht sachgerecht ist ‑ als unwiderlegliche Vermutung oder gesetzliche Fiktion verstünde, ohne dass dies aber im Einzelfall zu anderen Ergebnissen führen dürfte.
164(5) Das hier zugrunde gelegte Verständnis des § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG steht auch in Einklang mit Art. 12 GG.
165Der partielle Ausschluss privater Entsorgungsunternehmen aus der Verwertung von Hausmüllbestandteilen stellt nur einen Ausschnitt aus dem Tätigkeitsfeld der Abfallsammlung und -entsorgung dar und ist daher als eine Berufsausübungsregelung zu qualifizieren, die hier durch vernünftige Erwägungen des Allgemeinwohls ‑ Sicherstellung der jederzeitigen Abfallbeseitigung ‑ gerechtfertigt ist.
166Vgl. BVerfG, Beschluss vom 28. August 2014 ‑ 2 BvR 2639/09 -, NVwZ 2015, 52, 55; kritisch Oexle/ Lammers, AbfallR 2015, 192.
167ee) Ist die Regelung des § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG damit im Ergebnis so zu verstehen, dass ein bestehendes hochwertiges Erfassungssystem des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers/Drittbeauftragten zwar regelmäßig, nicht aber ausnahmslos den Schluss rechtfertigt, dass in diesem Fall die Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers/Drittbeauftragten wesentlich durch eine gewerbliche Sammlung beeinträchtigt wird, bleibt stets zu prüfen, ob bei der Betrachtung des konkreten Einzelfalles Umstände zu erkennen sind, die ‑ im Sinne einer Widerlegung der Vermutung bzw. einer Ausnahme von dem Regelfall ‑ ein anderes Ergebnis tragen.
168(1) Diese Betrachtung hat indes zu berücksichtigen, dass mit Wortwahl und Entstehungsgeschichte sowie Sinn und Zweck nach dem Vorstehenden eine Verbindlichkeit in der Form einer "Vermutung"/"Regel" vorgegeben ist. Die Annahmen nach § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG und in deren Folge nach § 17 Abs. 3 Satz 2 KrWG kommen daher nur dann nicht zum Tragen, wenn eine Konstellation vorliegt, die bei konkreter Betrachtung eine vom gesetzlichen Regelfall abweichende Einschätzung rechtfertigt. Dabei ist aber wiederum zu beachten, dass die Regelungen des § 17 Abs. 3 KrWG Teil des Gegenausnahmesystems ist, das die grundsätzliche Öffnung der Sammlung von getrennt vorgehaltenen Abfallfraktionen auch für gewerbliche Sammlungen ermöglichen soll.
169Vgl. OVG NRW, Urteile vom 15. August 2015 ‑ 20 A 2798/11 ‑, a. a. O, ‑ 20 A 3043/11 ‑, a. a. O., und ‑ 20 A 3044/11 ‑, a. a. O.
170Diese gebotene Gesamtbetrachtung bewegt sich dabei im Rahmen der Prüfung, ob der beabsichtigten Sammlung überwiegende öffentliche Interessen entgegenstehen.
171Bei dem Merkmal der entgegenstehenden überwiegenden öffentlichen Interessen handelt es sich um einen unbestimmten Rechtsbegriff, der der vollen gerichtlichen Überprüfung unterliegt. Von daher obliegt es im gerichtlichen Anfechtungsverfahren den Beteiligten, entsprechend ihrer jeweiligen Erkenntnissphäre jedenfalls auf entsprechende Aufforderung die jeweils bei ihnen vorhandenen einschlägigen Informationen zur Verfügung zu stellen, die eine solche Kontrolle ermöglichen. Dies betrifft alle für die Beurteilung relevanten Aspekte, namentlich die Frage, ob Besonderheiten des Einzelfalles vorliegen und dazu führen, dass trotz Bestehens einer hochwertigen Sammlung deren wesentliche Beeinträchtigung bei Durchführung der in Rede stehenden gewerblichen Sammlung bei realistischer Betrachtung nicht zu erwarten steht.
172Bezugspunkt ist dabei für § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG die Erfassung und Verwertung der konkret in Rede stehenden Abfallfraktion.
173Vgl. dazu Schwind, a. a. O., § 17 KrWG Rn. 169 ff.; Karpenstein/Dingemann, a. a. O., § 17 Rn. 177.
174Anderenfalls ergäbe die Bezugnahme allein auf für diese Abfallfraktion zugeschnittene Sammelsysteme keinen Sinn. Dieses Verständnis entspricht im Übrigen ‑ wie ausgeführt ‑ auch der Regelungsintention des Gesetzgebers.
175Damit sind sowohl diejenigen Grundlagen, auf denen die Investitions- und Aufbauentscheidung fußen, als auch die konkret vorhandenen Organisationsstrukturen der Sammlung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers/Drittbeauftragten selbst erfasst. Insofern ist wiederum die gesetzgeberische Orientierung an einem Holsystem von Bedeutung. Liegt ein solches vor, spricht wegen des mit ihm verbundenen hohen finanziellen und organisatorischen Aufwands Vieles dafür, dass es in aller Regel ohne weitere Voraussetzungen gegen gewerbliche Konkurrenz geschützt werden kann.
176In diesem Sinne auch Schwind, a. a. O., § 17 KrWG Rn. 175 ff.; Karpenstein/Dingemann, a. a. O., § 17 Rn. 174.
177Das bedarf angesichts des vorliegend gegebenen Sachverhalts aber keiner weiteren Vertiefung. Jedenfalls ist festzustellen, dass je weiter sich das sonstige hochwertige System von diesem Referenzmodell entfernt, desto eher Sonderfälle und unwesentliche Beeinträchtigungen in Betracht kommen.
178Als Anknüpfungspunkt für entgegenstehende überwiegende öffentliche Interessen geeignet sind dabei vom Grundsatz her die Auswirkungen auf die Sammelmenge des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers/Drittbeauftragten, weil diese bei insgesamt positivem Marktwert die wirtschaftliche Grundlage für dessen Erfassungssystem ist und dieses System sinnvollerweise nachfrage‑/bedarfsgerecht ausgelegt ist. Das Ausmaß der Auswirkungen auf die Sammelmenge lässt Rückschlüsse darauf zu, ob und in welchem Umfang das System in seiner Ausgestaltung geändert werden muss, um unter Berücksichtigung der infrage stehenden gewerblichen Sammlung ohne größere Beeinträchtigungen zu funktionieren. Dabei muss der gegebenenfalls zu berücksichtigende Anpassungsbedarf mehr als nur geringfügig, also wesentlich, sein, aber nicht so weit gehen, dass das kommunale System aufgegeben werden oder grundlegend oder strukturell umgestaltet werden muss.
179Angesichts dessen kann ein Ausnahmefall auch dann in Betracht kommen, wenn die Erfahrung mit einem bisher unbeanstandeten Nebeneinander des öffentlich-rechtlichen Entsorgungssystems und (neuer) gewerblicher Sammlung nennenswerte Auswirkungen allenfalls als theoretische Möglichkeit erscheinen lässt. Dies kann etwa auch der Fall sein, wenn sich das zum maßgeblichen Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung bestehende hochwertige Erfassungssystem des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers/Drittbeauftragten überhaupt erst aus einer Konkurrenzsituation entwickelt hat. Dann liegt dessen Beeinträchtigung durch einen neuen, weiteren Mitbewerber nicht unmittelbar auf der Hand.
180Im Weiteren können auch Besonderheiten der beabsichtigten konkurrierenden gewerblichen Sammlung einen Ausnahmefall begründen. Ansatzpunkt für die Betrachtung hat dabei zunächst die in Rede stehende Sammlung selbst und damit die Feststellung zu sein, ob diese in ihrer konkreten Ausgestaltung und angesichts des bestehenden öffentlich-rechtlichen Systems vom gesetzgeberisch angenommenen Leitbild abweicht.
181Ob das so ist, beurteilt sich, was die konkret angezeigte gewerbliche Sammlung angeht, nach den Angaben in deren Anzeige ‑ insbesondere hinsichtlich der Sammelmenge und der Containerzahl. Auch wenn es sich dabei (nur) um den größtmöglichen Umfang der beabsichtigten Sammlung handelt, ändert dies nichts daran, dass die Anzeige formell den Weg eröffnet, die Sammlung durchführen zu dürfen. Nur auf der Basis der Anzeige kann die zuständige Abfallbehörde das Beeinträchtigungspotential abschätzen und kann der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger/Drittbeauftragte planen. Eine Orientierung an den tatsächlich zu erwartenden Sammelmengen erscheint ebenso unpraktikabel wie nicht gesetzeskonform. Denn die tatsächlichen Sammelmengen können erst im Nachhinein festgestellt werden, d. h. wenn die Sammlungen bereits durchgeführt worden sind. Im Übrigen erschließt sich nicht, anhand welcher Kriterien die zuständige Abfallbehörde die Planungen eines gewerblichen Sammlers eigenmächtig als realistisch oder unrealistisch bewerten sollte ‑ zumal ihr dafür nur die "Pflichtangaben" nach § 18 Abs. 2 KrWG zur Verfügung stehen. Andererseits gibt es keinen Grund, die gewerblichen Sammler, die zu entsprechenden Angaben verpflichtet sind, davon zu entlasten, realistisch zu planen und diese Planung in der Anzeige als Vorhaben offenzulegen. Eine andere Auffassung ließe außer Acht, dass gerade Art und Umfang der Sammlung (und damit auch die beabsichtigte Sammelmenge) nach § 18 Abs. 2 KrWG anzuzeigen sind. Weshalb diese dann für die Auslegung des § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG irrelevant sein sollten, erschließt sich nicht. Diese Angaben sollen ‑ wie bereits ausgeführt ‑ nach § 18 Abs. 2 KrWG die zuständige Abfallbehörde gerade in die Lage versetzen, die Voraussetzungen des § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG zu überprüfen.
182Eine wesentliche Beeinträchtigung kann insbesondere auszuschließen sein, wenn die konkret beabsichtigte gewerbliche Sammlung selbst kein nennenswertes Gewicht im Vergleich zum bestehenden System des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers/Drittbeauftragten zu entwickeln vermag. Dass die Beurteilung anhand des Schädlichkeitspotentials der gesetzgeberischen Regelung nicht fremd ist, zeigt nicht zuletzt die Begünstigung gemeinnütziger Sammlungen, die zumindest auch wegen ihres regelmäßig kleineren Umfangs vom Gesetzgeber vorgesehen wurde.
183Vgl. BT-Drucks. 17/6052, S. 89.
184Neben der nach der Anzeige beabsichtigten Sammelmenge kann von Bedeutung sein, ob eine Straßensammlung oder eine Containersammlung geplant ist, insbesondere bei Letzterer auch die geplante Verteilung der einzelnen Container. So sind nachhaltige Auswirkungen auch bei einer kleineren Containerzahl dann nicht auszuschließen, wenn sich die gewerbliche Sammlung gerade auf die ressourcenstarken Zentren konzentriert und die Peripherie dem öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger/Drittbeauftragten überlässt und sie damit geeignet ist, den internen Ausgleich in Frage zu stellen. In diesem Zusammenhang ist daran zu erinnern, dass zu den Angaben nach § 18 Abs. 2 Nr. 2 KrWG zumindest in ländlichen Gebieten auch gehört, dass der gewerbliche Sammler Angaben dazu macht, wo, d. h. in welchen Ortsteilen, gesammelt werden soll.
185Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 9. Dezember 2013 ‑ 20 B 869/13 -, juris.
186Führt der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger/Drittbeauftragte eine Containersammlung durch, wird diese bei prognostischer Betrachtung von einer Straßensammlung regelmäßig weniger beeinträchtigt werden. Neben deren üblicherweise eher punktuellen Charakter ist insoweit zu berücksichtigen, dass sie wegen ihrer anderen Organisation eher die Chance bietet, weitere Potentiale zu erschließen und damit Nischen zu besetzen. Insoweit kann ihr eine das System des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers/Drittbeauftragten tendenziell ergänzende Funktion zukommen. Von Bedeutung kann schließlich auch die nach § 18 Abs. 2 Nr. 1 KrWG anzugebende Größe des Sammlungsunternehmens sein. Denn bei einem kleinen und eventuell nur lokal tätigen Unternehmen ist eine Verdrängungswirkung weniger naheliegend als bei einem Großunternehmen.
187Aus Vorstehendem ergibt sich, dass feste Zahlen ‑ etwa im Hinblick auf eine Höchstmenge oder eine bestimmte Containerzahl oder einen Bruchteil der vorhandenen Container oder Sammelmengen ‑ insoweit nicht abstrakt bestimmbar sind, vielmehr kann die Prüfung allenfalls anhand von Faustgroßen strukturiert werden.
188Die nähere Prüfung eines Ausnahmefalles erübrigt sich aber gleichwohl regelmäßig jedenfalls dann, wenn sich schon bei isolierter Betrachtung der einzelnen gewerblichen Sammlung aufgrund ihres Umfangs potenziell beeinträchtigende Rückwirkungen auf das bestehende System angesichts der typischen Wechselbeziehungen zwischen Erfassungsmenge und Erfassungssystem geradezu aufdrängen.
189(2) Ist aber allein nach den ‑ hinreichend aussagekräftigen ‑ Angaben zur konkret angezeigten gewerblichen Sammlung noch (nicht) festzustellen, dass wesentliche Beeinträchtigungen nicht zu erwarten sind, ist vor dem Hintergrund des § 17 Abs. 3 Satz 1 KrWG eine weitere Betrachtung erforderlich.
190Nach § 17 Abs. 3 Satz 1 KrWG ist für die Beurteilung auch nach den Sätzen 2 und 3 nicht allein auf die konkrete angezeigte gewerbliche Sammlung abzustellen, sondern "auch" das Zusammenwirken mit anderen Sammlungen einzubeziehen. Bereits die Wortwahl des Gesetzes spricht hier dafür, dass damit in erster Linie auf die konkreten Verhältnisse abgestellt wird, also ein an der gegebenen Situation und nicht an den zukünftigen Entwicklungen orientiertes Merkmal gewählt wird. Dem entspricht die Gesetzesbegründung, wonach die zum maßgeblichen Entscheidungszeitpunkt bereits bestehenden Sammlungen zu berücksichtigen sind.
191Vgl. BT-Drucks. 17/7505 (neu), S. 43; in diesem Sinne auch VG Neustadt, Urteil vom 28. Mai 2015 - 4 K 1115/14.NW -, a. a. O.; Schwind, a. a. O., § 17 KrWG Rn. 154; Beckmann, a. a. O., § 17 KrWG Rn. 115.
192Bei der gebotenen Gesamtbetrachtung sind deshalb vom Grundansatz her zunächst die tatsächlich (zulässigerweise) durchgeführten gewerblichen Sammlungen mit ihren jeweiligen Sammelmengen einzustellen. Diese (realen) Sammelmengen schlagen sich aber regelmäßig schon in den bereits erzielten Sammelmengen des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers/Drittbeauftragten nieder. Denn diese sind Ergebnis eines Erfassungsgeschehens, auf das die existierenden Sammlungen bereits einwirken. Eines Rückgriffs auf die angezeigten Sammelmengen bedarf es deshalb insoweit regelmäßig nicht. Daraus folgt zugleich, dass die tatsächlich vom öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger/Drittbeauftragten realisierte Sammelmenge grundsätzlich tauglicher und ausreichender Bezugspunkt für die prognostisch zu beantwortende Frage ist, ob bei Hinzutreten der angezeigten gewerblichen Sammlung im Zusammenwirken mit anderen gewerblichen Sammlungen wesentliche Beeinträchtigungen realistischerweise (nicht) zu erwarten sind. Die Einzelfallbetrachtung kann ferner zumindest dann auch davon ausgehen, dass die bereits durchgeführten Sammlungen zu keiner (wesentlichen) Beeinträchtigung geführt haben, wenn die Sammelmengen des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers/Drittbeauftragten in den vergangenen Jahren (kontinuierlich) angestiegen oder jedenfalls unverändert geblieben sind.
193Darüber hinaus hat die zuständige Abfallbehörde noch die gewerblichen Sammlungen in ihre Betrachtung einzustellen, die zum maßgeblichen Zeitpunkt aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen (noch) nicht wirken (können), gleichwohl aber bei der Prognose der Auswirkungen im konkreten Fall zu berücksichtigen sind.
194Dies betrifft zunächst diejenigen gewerblichen Sammlungen, die zwar schon angezeigt sind, aber noch nicht durchgeführt werden dürfen, weil die Wartefrist nach § 18 Abs. 1 KrWG noch nicht abgelaufen ist.
195Ferner sind auch Sammlungen entscheidungserheblich, die zwar durchgeführt werden dürften und deshalb im Fall ihrer Realisierung bereits über die real erzielte Sammelmenge des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers/Dritt-beauftragten erfasst wären, von denen aber positiv feststeht, dass sie noch nicht durchgeführt werden, und bei denen zumindest damit zu rechnen ist, dass sie wie angekündigt realisiert werden. Eine solche Erwartung ist auch dann begründet, wenn die gewerbliche Sammlung zwar untersagt wurde, der betroffene Sammler hiergegen aber gerichtlich vorgeht. Damit bringt er besonders sinnfällig zum Ausdruck, dass er an der Sammlung festhält, auch wenn er sie ‑ sei es wegen der sofortigen Vollziehbarkeit der Untersagungsverfügung, sei es, weil er aus betriebswirtschaftlichen Gründen oder sonstigen Erwägungen heraus die Sammlung erst nach erreichter Rechtssicherheit ins Werk setzen will ‑ noch nicht durchführt.
196Aus dem Kreis der damit grundsätzlich berücksichtigungsfähigen gewerblichen Sammlungen scheiden dementsprechend allerdings diejenigen aus, bei denen die Anzeige entweder zum maßgeblichen Entscheidungszeitpunkt schon zurückgenommen war oder die bis dahin bestandskräftig untersagt wurden. In Bezug auf diese zu berücksichtigenden, noch nicht ins Werk gesetzten Sammlungen ist ‑ schon mangels anderer denkbarer Bezugsgrößen ‑ aus den bereits für die konkret in Rede stehende gewerbliche Sammlung genannten Gründen die angezeigte Sammelmenge maßgeblich.
197Von diesen potentiellen erheblichen gewerblichen Sammlungen sind indes der konkret angezeigten Sammlung auch im Rahmen der erforderlichen Auswirkungsprognose nur diejenigen entgegenzuhalten, die bereits vor Eingang deren (vollständiger) Anzeige bei der zuständigen Abfallbehörde angezeigt worden sind. Denn soweit Sammlungen erst danach angezeigt wurden, haben sie schon aus Gründen der zu gewährleistenden gleichmäßigen Behandlung aller potenziellen Sammler bei der Betrachtung zurückzustehen. Zu einer solchen gleichmäßigen Behandlung gehört ‑ wie ausgeführt ‑ auch die Beachtung des Prioritätsprinzips.
198Vgl. auch Schwind, a. a. O., § 17 KrWG Rn. 154.
199Aufgrund der Funktion des § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG ist es allerdings nicht gerechtfertigt, auch die angezeigten gemeinnützigen Sammlungen in die Auswirkungsprognose einzubeziehen. Für eine solche Einbeziehung spricht zwar das gesetzgeberische Anliegen, die Gesamtbelastung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungssystems zu berücksichtigen.
200Vgl. BT-Drucks. 17/1705 (neu), S. 43.
201Dieser Blickwinkel wäre aber nicht systemkonform. Denn Schutzziel des § 17 Abs. 3 KrWG ist die Funktionsfähigkeit des konkreten öffentlich-rechtlichen Entsorgungssystems. Dieses wiederum ist aber gegenüber gemeinnützigen Sammlungen gerade nicht geschützt (§ 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 KrWG) und muss mit diesen selbst um den Preis wesentlicher Beeinträchtigungen leben, die sogar bis hin zum eigenen Zusammenbruch gehen dürfen. Die gemeinnützigen Sammlungen gehören also ‑ anders als die gewerblichen ‑ zu den Systembedingungen, die der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger/Drittbeauftragte einzukalkulieren hat. Ihre Existenz kann allenfalls die Empfindlichkeit des kommunalen Erfassungssystems gegenüber einer gewerblichen Sammlung dadurch steigern, dass die vom kommunalen System erfasste Sammelmenge bereits so niedrig ist, dass eine hinzukommende gewerbliche Sammlung spürbarere Auswirkungen hat, als sie es bei einer größeren Sammelmenge des kommunalen Systems hätte.
202Vgl. in diesem Zusammenhang einerseits Dippel, a. a. O., § 17 Rn. 56, und andererseits Schwind, a. a. O., § 17 KrWG Rn. 155.
203(3) Im Hinblick auf die dargestellten Kriterien, die die Annahme eines Ausnahmefalles begründen können, lassen sich für gewerbliche Alttextiliensammlungen ausgehend von den derzeitigen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen für die praxisgerechte Handhabung gewisse Faustgrößen zur Strukturierung der erforderlichen Einzelfallbetrachtung ableiten:
204Eine ‑ als Summe aus der angezeigten Sammlung und den nach dem Vorstehenden relevanten anderen gewerblichen Sammlungen ‑ insgesamt zu berücksichtigende gewerbliche Sammelmenge von unter 10 % des vom öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger/Drittbeauftragten Gesammelten spricht regelmäßig dafür, dass auch mit Hinzutreten der angezeigten Sammlung kein wesentlicher Einfluss auf das bestehende hochwertige öffentlich-rechtliche System verbunden ist. Mengeneinbußen in diesem Umfang bewegen sich in einer Größenordnung von ohnehin auftretenden Schwankungen, die ein an sich funktionierendes Entsorgungssystem typischerweise verkraften kann.
205Vgl. dazu auch die Übersichten bei Karpenstein/ Dingemann, a. a. O., § 17 Rn. 176, und Gruber, Abfallrecht 2015, 182, zu in der Rechtsprechung insoweit angewandten Schwellenwerten.
206Umgekehrt erübrigt sich die nähere Prüfung eines Ausnahmefalles regelmäßig dann, wenn die einzustellenden gewerblichen Sammelmengen Rückwirkungen auf das bestehende kommunale System offensichtlich erwarten lassen. Eine gewerbliche Sammlung wird jedenfalls dann ohne weiteres als potentiell wesentlich schädlich einzustufen sein, wenn sie im Zusammenwirken mit anderen gewerblichen Sammlungen mehr als die Hälfte der von der bestehenden Sammlung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers/Drittbeauftragten erzielten Sammelmenge für sich in Anspruch nimmt. Denn unter Berücksichtigung des Umstandes, dass bei der Sammlung von Alttextilien der Gewinnanteil am Erlös mit 50 % zu veranschlagen ist,
207vgl. etwa OVG NRW, Beschluss vom 7. Mai 2015 ‑ 20 A 2670/13 -, a. a. O.,
208würde bei einer Halbierung der Sammelmenge bei gleichbleibender Infrastruktur (Kosten) aus der zur Quersubventionierung geeigneten Sammlung ein Zuschussgeschäft. Dass der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger/Drittbeauftragte in einem solchen Fall mehr als nur geringfügige Konsequenzen für Organisation und Planung seines Systems ziehen wird, ist selbstverständlich und bedarf keiner Einzelfallbetrachtung. Im Gegenteil liegt es nahe, dass solche Folgerungen bereits zu einem deutlich früheren Zeitpunkt gezogen werden, weil der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger/Drittbeauftragte drohenden Verlusten frühzeitiger begegnen dürfte. Soweit das Verwaltungsgericht demgegenüber davon ausgegangen ist, ein Containersystem könne gegebenenfalls auch bei stark zurückgehenden Mengen noch weiterbetrieben werden, ist dies für sich genommen nicht falsch. Vorausgesetzt wird dabei aber, dass der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger/Drittbeauftragte nicht kostenbewusst agiert. Zudem wiegt die gewerbliche "Rosinenpickerei" im potentiellen Grenzkostenbereich der öffentlich-rechtlichen Erfassung besonders schwer. Andererseits ist zu berücksichtigen, dass die von der angezeigten gewerblichen Sammlung ausgehenden Mengenrückgänge nicht allein den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger/Drittbeauftragten, sondern unter Umständen auch existierende gewerbliche und gemeinnützige Sammlungen treffen dürften.
209In dem damit verbleibenden Zwischenraum von etwa 10 bis 50 % der Sammelmenge des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers/Drittbeauftragten ist es grundsätzlich dessen Aufgabe, konkrete Auswirkungen auf seine Funktionsfähigkeit unter dem Blickwinkel der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung seines Systems plausibel zu machen. Geschieht dies nicht, ist eine unmittelbare Gefährdung jedenfalls nicht zu erkennen.
210Die Anforderungen an eine plausible Darlegung sind dabei umso höher, je näher die einzustellende gewerbliche Sammelmenge an der unteren Grenze von 10 % verbleibt. Umgekehrt wird die Beeinträchtigung mit einer Annäherung an die regelmäßige Obergrenze der Verträglichkeit immer weniger erläuterungsbedürftig sein. Insoweit kann zudem von Bedeutung sein, in welchem Umfang die bestehende Sammlung das Ressourcenpotential ausschöpft und wie sich das gegenwärtige Konkurrenzgeschehen darstellt. Hat der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger/Drittbeauftragte weitgehend eine Monopolstellung, werden die Folgen gewerblicher Sammlungen ihn praktisch allein treffen, so dass schon bei einem Mengenentzug von weniger als der Hälfte drastische Anpassungen realistischer werden. Denkbar sind solche Änderungen zum einen im Hinblick auf den Sammelrhythmus und die Zahl der Sammelcontainer, aber zum anderen etwa auch dadurch, dass sich Investitionen in die hochwertige Infrastruktur konkret nicht so rechnen, wie es der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger/Drittbeauftragte in seine Entscheidung einstellen durfte, oder dass die Infrastruktur nicht so einsetzbar ist, wie er es beabsichtigt hat. In solchen Fällen steht fest, dass zumindest die Planungssicherheit nachteilig betroffen ist oder es zu spürbaren organisatorischen Veränderungen kommen wird.
211ff) Ausgehend von diesen Grundsätzen stehen der Sammlung der Klägerin keine überwiegenden öffentlichen Interessen entgegen.
212(1) Die in § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG genannten tatbestandlichen Voraussetzungen sind vorliegend zwar erfüllt.
213Die B. führt als Drittbeauftragte des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers eine "sonstige hochwertige getrennte Erfassung und Verwertung" (im Sinne von § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG) der von der Sammlung der Klägerin erfassten Alttextilien durch.
214Von der B. werden gegenwärtig im Stadtgebiet flächendeckend 207 Sammelcontainer für Alttextilien betrieben. Hinzu kommt - insbesondere für die Abgabe größerer Mengen - ein zentrales Wertstoffzentrum. In der mündlichen Verhandlung vor dem Senat ist von Seiten der Beklagten auch nachvollziehbar dargelegt worden, dass dieses System ständig unter dem Gesichtspunkt der Bedarfsgerechtigkeit überprüft und gegebenenfalls angepasst wird. Die Richtigkeit dieser Angaben wird vor allem durch die Verdichtung des Netzes von Standorten und Sammelcontainern seit dem Jahr 2012 - insgesamt enthält die Anlage 1 zum Beklagtenschriftsatz vom 15. September 2015 38 zusätzliche Container - bestätigt. Anhaltspunkte dafür, dass diese Angebotsplanung nicht geeignet wäre, das Ressourcenpotenzial der Alttextilien hinreichend effektiv zu nutzen, sind weder vorgetragen noch sonst ersichtlich.
215Dies zeigt im Übrigen die Kontrollüberlegung, dass das ausgehend von dem in Rechtsprechung und Literatur anhand statistischen Materials, insbesondere der Abfallbilanz Nordrhein-Westfalen für Siedlungsabfälle 2008/2009, realistischerweise zugrunde zu legende Potenzial von sieben bis acht Kilogramm Alttextilien und -schuhen pro Einwohner und Jahr im Stadtgebiet der Beklagten weitgehend tatsächlich durch die Sammelcontainer der B. erfasst wird. Die für das Jahr 2015 hochgerechnete Sammelmenge liegt bei ca. 1.085 Tonnen. Ausgehend von einer Einwohnerzahl von ca. 164.000 ergibt sich ein (theoretisches) Potenzial von max. 1.315 Tonnen. Soweit die Klägerin aufgrund eigener Erfahrungen von einem deutlich niedrigeren Potential von sechs Kilogramm pro Einwohner ausgeht (dies entspräche einem Sammelpotential in M. von knapp 1.000 Tonnen), mag dies auf sich beruhen, da sich dadurch der Erfassungsgrad der Sammlung der B. lediglich auf eine Vollabdeckung erhöhte.
216Anhaltspunkte dafür, dass die Sammlung der B. keine ausreichende Verwertung der gesammelten Alttextilien vorhalten oder garantieren könnte und ihre Sammlung unter diesem Aspekt nicht als hochwertig angesehen werden könnte, liegen nicht vor. Die B. lässt das Sammelgut nach wirtschaftlichen Kriterien vermarkten, die sich ihrerseits an den real möglichen Formen der Verwertung ausrichten. Von Seiten der Beklagten ist schriftsätzlich und in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat insoweit nachvollziehbar dargelegt worden, dass das beauftragte Verwertungsunternehmen nach qualitativen Maßstäben ausgesucht und kontrolliert wird. Aus diesem Grund kann auch dahinstehen, dass sich der Begriff der Hochwertigkeit in § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG allein auf das Sammelsystem beziehen dürfte und damit das Korrelat des haushaltsnahen Sammlungstypus markiert.
217(2) Da mithin die tatbestandlichen Voraussetzungen aus § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG vorliegen, greift an sich die sich aus dieser Bestimmung ergebende Vermutung, dass der Sammlung der Klägerin überwiegende öffentliche Interessen im Sinne der wesentlichen Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung der B. als Drittbeauftragte entgegenstehen. Bei einer Betrachtung des konkreten Einzelfalles liegen indes besondere Umstände vor, die diese Vermutung widerlegen bzw. nicht durchgreifen lassen.
218Die angezeigte Sammlung der Klägerin selbst erreicht bezogen auf die bestehende Sammlung der B. als Drittbeauftragte des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers kein Gewicht, das die Annahme einer Beeinträchtigung plausibel erscheinen ließe. Die von ihr angezeigte maximale Sammelmenge von 60 Tonnen pro Jahr entspricht lediglich etwa 5,5 % des für das Jahr 2015 hochgerechneten Ertrages der B. und bleibt für sich genommen deutlich unterhalb der oben genannten Bagatellgrenze. Insoweit ist auch zu berücksichtigen, dass die Klägerin im laufenden Verfahren auf die Einwände der Beklagten bezüglich ihrer Zuverlässigkeit hin zugesichert hat, diesen Bedenken Rechnung zu tragen und ihre Sammlung entsprechend zu beschränken. Daher kann realistischer Weise nicht mehr davon ausgegangen werden, sie werde das ursprünglich avisierte Sammlungsvolumen tatsächlich erreichen. Das hatte die Beklagte zum maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung am 21. September 2015 jedenfalls konkret zu berücksichtigen.
219Ein durchgreifend anderes Ergebnis ergibt sich hier auch nicht unter Einbeziehung der weiteren berücksichtigungsfähigen Sammlungen. Hinzuzurechnen sind hier nach § 17 Abs. 3 Satz 1 KrWG unter dem Gesichtspunkt des Zusammenwirkens alle bis zum 14. Dezember 2012 angezeigten Sammlungen, die weder bestandskräftig untersagt noch zurückgezogen waren. Zu diesem ist die Anzeige der Klägerin bei der Beklagten nach Aktenlage eingegangen. Die Beklagte ist auch von einer Prüffähigkeit der Anzeige ausgegangen, obwohl sie zu einem späteren Zeitpunkt noch Unterlagen nachgefordert hat. Denn sie hat ungeachtet dessen das Beteiligungsverfahren eingeleitet und den Drittbeauftragten um Stellungnahme gebeten. Von Seiten der Beklagten ist zudem in der mündlichen Verhandlung klargestellt worden, dass über die Bestandssammlungen hinaus derzeit keine gewerblichen (Container-)Sammlungen (mehr) im Stadtgebiet stattfinden, so dass keine der neuangezeigten potentiellen gewerblichen Sammlungen auf die tatsächlich erzielte Sammelmenge der B. bisher real einwirken kann. Ausgehend von der von der Beklagten vorgelegten Aufstellung aller angezeigten Sammlungen ist deshalb eine berücksichtigungsfähige Sammelmenge aus gewerblichen Sammlungen in Höhe von 202,23 Tonnen pro Jahr zugrunde zu legen, die sich aus den Sammlungen Nrn. 4, 8, 10, 11, 13 und 14 gemäß der von der Beklagten als Anlage zum Schriftsatz vom 15. September 2015 vorgelegten "Anzeigen nach § 18 KrWG zur Sammlung von Alttextilien" ergeben. In der Addition mit der Sammlung der Klägerin folgt daraus eine jährliche Sammelmenge aus gewerblichen Alttextiliensammlungen von (maximal) 262,23 Tonnen, die etwas mehr als 24% des für das Jahr 2015 hochgerechneten Sammelertrages der B. in Höhe von 1.085 Tonnen ausmacht.
220Bei der deshalb nach obigen Maßstäben erforderlichen Prüfung des Einzelfalles ist zu berücksichtigen, dass auch diese potentielle Gesamtbelastung von weniger als einem Viertel in der maßgeblichen Bandbreite von 10 - 50 % deutlich näher an der Bagatellgrenze bleibt und deshalb eine eingehende und plausible Darlegung der gleichwohl realistischer Weise anzunehmenden Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung des Drittbeauftragten seitens der Beklagten zu erfolgen hätte. Eine solche fehlt hier schon deshalb, weil die von der Beklagtenseite in der mündlichen Verhandlung vor dem erkennenden Senat geschilderten möglichen Beeinträchtigungen der B. außer Acht lassen, dass diese ausschließlich ein Containersammelsystem, also ein Bringsystem, betreibt, während die Klägerin eine Straßensammlung, mithin ein Holsystem, ins Werk setzen will. Wie bereits ausgeführt, kommt einem solchen System tendenziell eine ergänzende Funktion zu, da es zumindest potentiell geeignet ist, ein bisher noch nicht realisiertes Ressourcenpotenzial derjenigen Alttextilienbesitzer zu erschließen, die nicht willens oder in der Lage sind, die bereitgestellten Container trotz ihrer Flächenabdeckung aufzusuchen. Dass sich die Sammlung der Klägerin, die ohnehin nur einen geringen Umfang hat, auch unter Berücksichtigung dieser Eigentümlichkeit gefährdend auf das bestehende System auswirken könnte, ist nicht zu erkennen und wird von der Beklagten auch nicht plausibel dargelegt. Insbesondere sind realistische Rückwirkungen auf die derzeitigen Sammelstrukturen trotz der in der mündlichen Verhandlung von der Beklagtenseite geschilderten relativ komplexen Organisation des Bringsystems ohne Untersagung der Sammlung der Klägerin fernliegend.
2213. Die angefochtene Untersagungsverfügung lässt sich auch nicht auf § 18 Abs. 5 Satz 2 Alt. 1 KrWG stützen. Es liegen derzeit keine hinreichenden tatsächlichen Anhaltspunkte dafür vor, dass die Klägerin im Sinne dieser Vorschrift unzuverlässig ist.
222Der Begriff der Zuverlässigkeit ist im Kreislaufwirtschaftsgesetz selbst nicht definiert, sondern wird in § 18 Abs. 5 Satz 2 Alt. 1 KrWG vorausgesetzt. Da es sich bei der gewerblichen Sammlung von Abfällen um eine grundsätzlich dem Anwendungsbereich der §§ 1, 35 GewO unterfallende selbständige Tätigkeit mit Gewinnerzielungsabsicht handelt, kann auf die zu § 35 GewO entwickelten Kriterien zurückgegriffen werden. Danach ist unzuverlässig, wer nach dem Gesamteindruck seines Verhaltens nicht die Gewähr dafür bietet, die in Rede stehende Tätigkeit zukünftig ordnungsgemäß auszuüben. Nicht ordnungsgemäß ist die Gewerbeausübung durch eine Person, die nicht willens oder nicht in der Lage ist, die im öffentlichen Interesse zu fordernde einwandfreie Führung ihres Gewerbes zu gewährleisten. Unter welchen Voraussetzungen dies im Rahmen des § 18 Abs. 5 Satz 2 Alt. 1 KrWG anzunehmen ist, hat der Senat in seinem rechtskräftigen Urteil vom 7. Mai 2015 - 20 A 2670/13 -, juris, im Einzelnen dargelegt. Zur Vermeidung überflüssiger Wiederholungen wird auf diese Ausführungen (Rn. 51 ff. bei juris) Bezug genommen.
223Danach können namentlich auch Verstöße gegen die spezifischen, bei der gewerblichen Sammlung von Abfällen zu beachtenden Anforderungen die nach § 18 Abs. 5 Satz 2 Alt. 1 KrWG erforderliche Zuverlässigkeit in Frage stellen. Unter Anwendung allgemeiner Maßstäbe schlagen dabei grundsätzlich Verstöße gegen solche Vorschriften auf die abfallrechtliche Zuverlässigkeit durch, die unmittelbar das Schutzgut des Abfallrechts, die Umwelt, betreffen. Hierzu zählt grundsätzlich etwa auch die Verletzung der Anzeigeverpflichtung nach § 18 Abs. 1, 2 KrWG. Daneben sind jedenfalls schwere und systematische Verstöße auch gegen nicht unmittelbar umweltschutzbezogene Vorschriften geeignet, die erforderliche Zuverlässigkeit zu verneinen. Solche kommen im vorliegenden Zusammenhang insbesondere im Hinblick auf das Straßenrecht, aber auch auf die privatrechtlichen Besitz- und Eigentumsrechte an Grundstücken in Betracht. Ist in diesem Sinne in der Vergangenheit unzuverlässiges Handeln festzustellen, muss dieses Verhalten mittels einer Prognose daraufhin beurteilt werden, ob es mit hinreichender Wahrscheinlichkeit auf eine Unzuverlässigkeit in der Zukunft schließen lässt.
224Nach diesen Grundsätzen kann hier entgegen der Auffassung der Beklagten nicht von einer sammlungsrechtlichen Unzuverlässigkeit der Klägerin ausgegangen werden. Insoweit kann letztlich dahinstehen, ob die von der Beklagten im Einzelnen angeführten Ordnungswidrigkeitenverfahren gegen die Klägerin bzw. ihren Geschäftsführer wegen Verstößen gegen die Anzeigepflicht und gegen behördliche Sammlungsuntersagungen sowie wegen Nichteinholung erforderlicher Sondernutzungserlaubnisse für sich genommen hinreichend schwerwiegende Verstöße darstellen, die die Annahme der Unzuverlässigkeit der Klägerin für die Vergangenheit begründen könnten. Selbst wenn dies der Fall wäre, ließe sich darauf nicht die erforderliche Prognose stützen, die Klägerin werde sich auch zukünftig nicht hinreichend rechtstreu verhalten.
225Denn die Klägerin hat in ihrem Schriftsatz vom 19. Januar 2015 nachvollziehbar dargelegt, dass insbesondere den Verletzungen der Anzeigepflicht besondere, aus dem Inkrafttreten des Kreislaufwirtschaftsgesetzes und einer Betriebserweiterung begründete Umstände zugrunde lagen, deren Ursache sie zwischenzeitlich beseitigt hat. Diese lagen nach ihren von der Beklagten nicht in Zweifel gezogenen Angaben im Wesentlichen in durch die Übernahme des Unternehmens P. -Alttextilien und deren wider Erwarten nicht hinreichend qualifizierte Mitarbeiter begründeten Organisationsmängeln. Die hierfür verantwortliche Mitarbeiterin wurde danach entlassen, als die Klägerin diese Versäumnisse erkannt hat. Diese Angaben sind nicht zuletzt deshalb plausibel, weil neuere Verstöße gegen die Anzeigeverpflichtung von der Beklagten auch in der Folgezeit nicht vorgetragen wurden. Anderes ergibt sich insoweit auch nicht aus den aktuelleren Gewerbezentralregisterauszügen, die die Beklagte im Vorfeld und in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat vorgelegt hat und die für die Klägerin Eintragungen auch jüngeren Datums enthalten. Denn daraus lässt sich nicht mit hinreichender Sicherheit ableiten, dass auch die zugrunde liegenden Verstöße in jüngerer Zeit begangen worden sind. Diese können vielmehr bereits längere Zeit zurückliegen, wie nicht zuletzt die bis heute fehlende Eintragung seit längerer Zeit rechtskräftiger Bußgeldbescheide der Stadt H. zeigt. Es ist im Übrigen gerichtsbekannt, dass Meldungen zum Gewerbezentralregister durch die einzelnen Gewerbeaufsichtsbehörden nicht immer zeitnah erfolgen. Ebenso kann zwischen dem geahndeten Verstoß und der Rechtskraft eines Bußgeldbescheides ohne weiteres ein längerer Zeitraum liegen. Eigene Erkenntnisse zu den konkreten Umständen, insbesondere zum genauen Datum der einzelnen Verstöße, hat die Beklagte nach eigenen Angaben in der mündlichen Verhandlung nicht.
226Unabhängig davon ist vorliegend zu berücksichtigen, dass die den genannten Bußgeldverfahren überwiegend zugrunde liegenden Verstöße gegen die Anzeigepflicht im vorliegenden Fall schon deshalb nicht zum Tragen kommen können, weil die Klägerin die beabsichtigte Aufnahme der Sammlungstätigkeit gegenüber der Beklagten ordnungsgemäß angezeigt hat.
227Soweit die Beklagte im Übrigen auf Verstöße gegen das straßenrechtliche Erfordernis einer Sondernutzungserlaubnis für das Aufstellen von Sammeleimern abgestellt hat, ergibt sich auch hieraus nicht die hinreichend tragfähige Prognose, die Klägerin werde sich zukünftig erneut solche Verstöße zu Schulden kommen lassen. Die Klägerin hat zutreffend darauf hingewiesen, dass sich die Fragen, ob entsprechende Sammlungen einer Sondernutzungserlaubnis bedürfen und ob Verstöße als schwerwiegend zu werten sind, erst allmählich in der Rechtsprechung klärten.
228Vgl. in diesem Zusammenhang etwa OVG NRW, Beschlüsse vom 14. November 2014 - 20 B 719/14 -, vom 24. Juni 2015 - 20 B 1392/14 - und vom 2. September 2015 - 20 B 10/15 -.
229Ihrer weiteren Angabe, angesichts dessen inzwischen vorsichtshalber darauf zu verzichten, solche Sammelbehältnisse im öffentlichen Straßenraum aufzustellen, ist die Beklagte nicht mehr entgegengetreten. Anderes ist dem Senat auch im Übrigen nicht bekannt. Vor diesem Hintergrund ist derzeit davon auszugehen, dass die Klägerin ihre Straßensammlung in rechtlich unproblematischer Form - etwa dadurch, dass sie nur mittels Flyer auf solche Sammlungen hinweist und/oder lediglich Sammelsäcke zur Verfügung stellt - durchführt.
230Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2, § 155 Abs. 1 Satz 3, § 161 Abs. 2 Satz 1 VwGO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus § 167 VwGO, § 708 Nr. 10, § 711 ZPO.
231Die Zulassung der Revision beruht auf § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO. Die Frage, wann überwiegende öffentliche Interessen bei Bestehen eines hochwertigen Erfassungssystems des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers/Drittbeauftragten im Sinne von § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG einer gewerblichen Sammlung entgegenstehen, bedarf grundsätzlicher Klärung.
(1) Gemeinnützige Sammlungen im Sinne des § 17 Absatz 2 Satz 1 Nummer 3 und gewerbliche Sammlungen im Sinne des § 17 Absatz 2 Satz 1 Nummer 4 sind spätestens drei Monate vor ihrer beabsichtigten Aufnahme durch ihren Träger der zuständigen Behörde nach Maßgabe der Absätze 2 und 3 anzuzeigen.
(2) Der Anzeige einer gewerblichen Sammlung sind beizufügen
- 1.
Angaben über die Größe und Organisation des Sammlungsunternehmens, - 2.
Angaben über Art, Ausmaß und Dauer, insbesondere über den größtmöglichen Umfang und die Mindestdauer der Sammlung, - 3.
Angaben über Art, Menge und Verbleib der zu verwertenden Abfälle, - 4.
eine Darlegung der innerhalb des angezeigten Zeitraums vorgesehenen Verwertungswege einschließlich der erforderlichen Maßnahmen zur Sicherstellung ihrer Kapazitäten sowie - 5.
eine Darlegung, wie die ordnungsgemäße und schadlose Verwertung der gesammelten Abfälle im Rahmen der Verwertungswege nach Nummer 4 gewährleistet wird.
(3) Der Anzeige der gemeinnützigen Sammlung sind beizufügen
- 1.
Angaben über die Größe und Organisation des Trägers der gemeinnützigen Sammlung sowie gegebenenfalls des Dritten, der mit der Sammlung beauftragt wird, sowie - 2.
Angaben über Art, Ausmaß und Dauer der Sammlung.
(4) Die zuständige Behörde fordert den von der gewerblichen oder gemeinnützigen Sammlung betroffenen öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger auf, für seinen Zuständigkeitsbereich eine Stellungnahme innerhalb einer Frist von zwei Monaten abzugeben. Hat der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger bis zum Ablauf dieser Frist keine Stellungnahme abgegeben, ist davon auszugehen, dass sich dieser nicht äußern will.
(5) Die zuständige Behörde kann die angezeigte Sammlung von Bedingungen abhängig machen, sie zeitlich befristen oder Auflagen für sie vorsehen, soweit dies erforderlich ist, um die Erfüllung der Voraussetzungen nach § 17 Absatz 2 Satz 1 Nummer 3 oder Nummer 4 sicherzustellen. Die zuständige Behörde hat die Durchführung der angezeigten Sammlung zu untersagen, wenn Tatsachen bekannt sind, aus denen sich Bedenken gegen die Zuverlässigkeit des Anzeigenden oder der für die Leitung und Beaufsichtigung der Sammlung verantwortlichen Personen ergeben, oder die Einhaltung der in § 17 Absatz 2 Satz 1 Nummer 3 oder Nummer 4 genannten Voraussetzungen anders nicht zu gewährleisten ist.
(6) Die zuständige Behörde kann bestimmen, dass eine gewerbliche Sammlung mindestens für einen bestimmten Zeitraum durchzuführen ist; dieser Zeitraum darf drei Jahre nicht überschreiten. Wird die gewerbliche Sammlung vor Ablauf des nach Satz 1 bestimmten Mindestzeitraums eingestellt oder innerhalb dieses Zeitraums in ihrer Art und ihrem Ausmaß in Abweichung von den von der Behörde nach Absatz 5 Satz 1 festgelegten Bedingungen oder Auflagen wesentlich eingeschränkt, ist der Träger der gewerblichen Sammlung dem betroffenen öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger gegenüber zum Ersatz der Mehraufwendungen verpflichtet, die für die Sammlung und Verwertung der bislang von der gewerblichen Sammlung erfassten Abfälle erforderlich sind. Zur Absicherung des Ersatzanspruchs kann die zuständige Behörde dem Träger der gewerblichen Sammlung eine Sicherheitsleistung auferlegen.
(7) Soweit eine gewerbliche Sammlung, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Gesetzes bereits durchgeführt wurde, die Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers, des von diesem beauftragten Dritten oder des auf Grund einer Rechtsverordnung nach § 25 eingerichteten Rücknahmesystems bislang nicht gefährdet hat, ist bei Anordnungen nach Absatz 5 oder 6 der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, insbesondere ein schutzwürdiges Vertrauen des Trägers der Sammlung auf ihre weitere Durchführung, zu beachten.
(8) Der von der gewerblichen Sammlung betroffene öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger hat einen Anspruch darauf, dass die für gewerbliche Sammlungen geltenden Bestimmungen des Anzeigeverfahrens eingehalten werden.
(1) Abweichend von § 7 Absatz 2 und § 15 Absatz 1 sind Erzeuger oder Besitzer von Abfällen aus privaten Haushaltungen verpflichtet, diese Abfälle den nach Landesrecht zur Entsorgung verpflichteten juristischen Personen (öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger) zu überlassen, soweit sie zu einer Verwertung auf den von ihnen im Rahmen ihrer privaten Lebensführung genutzten Grundstücken nicht in der Lage sind oder diese nicht beabsichtigen. Satz 1 gilt auch für Erzeuger und Besitzer von Abfällen zur Beseitigung aus anderen Herkunftsbereichen, soweit sie diese nicht in eigenen Anlagen beseitigen. Die Befugnis zur Beseitigung der Abfälle in eigenen Anlagen nach Satz 2 besteht nicht, soweit die Überlassung der Abfälle an den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger auf Grund überwiegender öffentlicher Interessen erforderlich ist.
(2) Die Überlassungspflicht besteht nicht für Abfälle,
- 1.
die einer Rücknahme- oder Rückgabepflicht auf Grund einer Rechtsverordnung nach § 25 unterliegen, soweit nicht die öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger auf Grund einer Bestimmung nach § 25 Absatz 2 Nummer 8 an der Rücknahme mitwirken; hierfür kann insbesondere eine einheitliche Wertstofftonne oder eine einheitliche Wertstofferfassung in vergleichbarer Qualität vorgesehen werden, durch die werthaltige Abfälle aus privaten Haushaltungen in effizienter Weise erfasst und einer hochwertigen Verwertung zugeführt werden, - 2.
die in Wahrnehmung der Produktverantwortung nach § 26 freiwillig zurückgenommen werden, soweit dem zurücknehmenden Hersteller oder Vertreiber ein Feststellungs- oder Freistellungsbescheid nach § 26 Absatz 3 oder § 26a Absatz 1 Satz 1 erteilt worden ist, - 3.
die durch gemeinnützige Sammlung einer ordnungsgemäßen und schadlosen Verwertung zugeführt werden, - 4.
die durch gewerbliche Sammlung einer ordnungsgemäßen und schadlosen Verwertung zugeführt werden, soweit überwiegende öffentliche Interessen dieser Sammlung nicht entgegenstehen.
(3) Überwiegende öffentliche Interessen nach Absatz 2 Satz 1 Nummer 4 stehen einer gewerblichen Sammlung entgegen, wenn die Sammlung in ihrer konkreten Ausgestaltung, auch im Zusammenwirken mit anderen Sammlungen, die Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers, des von diesem beauftragten Dritten oder des auf Grund einer Rechtsverordnung nach § 25 eingerichteten Rücknahmesystems gefährdet. Eine Gefährdung der Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers oder des von diesem beauftragten Dritten ist anzunehmen, wenn die Erfüllung der nach § 20 bestehenden Entsorgungspflichten zu wirtschaftlich ausgewogenen Bedingungen verhindert oder die Planungssicherheit und Organisationsverantwortung wesentlich beeinträchtigt wird. Eine wesentliche Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers ist insbesondere anzunehmen, wenn durch die gewerbliche Sammlung
- 1.
Abfälle erfasst werden, für die der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger oder der von diesem beauftragte Dritte eine haushaltsnahe oder sonstige hochwertige getrennte Erfassung und Verwertung der Abfälle durchführt, - 2.
die Stabilität der Gebühren gefährdet wird oder - 3.
die diskriminierungsfreie und transparente Vergabe von Entsorgungsleistungen im Wettbewerb erheblich erschwert oder unterlaufen wird.
(4) Die Länder können zur Sicherstellung der umweltverträglichen Beseitigung Andienungs- und Überlassungspflichten für gefährliche Abfälle zur Beseitigung bestimmen. Andienungspflichten für gefährliche Abfälle zur Verwertung, die die Länder bis zum 7. Oktober 1996 bestimmt haben, bleiben unberührt.
(1) Die Pflichten zur Abfallvermeidung richten sich nach § 13 sowie den Rechtsverordnungen, die auf Grund der §§ 24 und 25 erlassen worden sind.
(2) Die Erzeuger oder Besitzer von Abfällen sind zur Verwertung ihrer Abfälle verpflichtet. Die Verwertung von Abfällen hat Vorrang vor deren Beseitigung. Der Vorrang entfällt, wenn die Beseitigung der Abfälle den Schutz von Mensch und Umwelt nach Maßgabe des § 6 Absatz 2 Satz 2 und 3 am besten gewährleistet. Der Vorrang gilt nicht für Abfälle, die unmittelbar und üblicherweise durch Maßnahmen der Forschung und Entwicklung anfallen.
(3) Die Verwertung von Abfällen, insbesondere durch ihre Einbindung in Erzeugnisse, hat ordnungsgemäß und schadlos zu erfolgen. Die Verwertung erfolgt ordnungsgemäß, wenn sie im Einklang mit den Vorschriften dieses Gesetzes und anderen öffentlich-rechtlichen Vorschriften steht. Sie erfolgt schadlos, wenn nach der Beschaffenheit der Abfälle, dem Ausmaß der Verunreinigungen und der Art der Verwertung Beeinträchtigungen des Wohls der Allgemeinheit nicht zu erwarten sind, insbesondere keine Schadstoffanreicherung im Wertstoffkreislauf erfolgt.
(4) Die Pflicht zur Verwertung von Abfällen ist zu erfüllen, soweit dies technisch möglich und wirtschaftlich zumutbar ist, insbesondere für einen gewonnenen Stoff oder gewonnene Energie ein Markt vorhanden ist oder geschaffen werden kann. Die Verwertung von Abfällen ist auch dann technisch möglich, wenn hierzu eine Vorbehandlung erforderlich ist. Die wirtschaftliche Zumutbarkeit ist gegeben, wenn die mit der Verwertung verbundenen Kosten nicht außer Verhältnis zu den Kosten stehen, die für eine Abfallbeseitigung zu tragen wären.
(1) Abweichend von § 7 Absatz 2 und § 15 Absatz 1 sind Erzeuger oder Besitzer von Abfällen aus privaten Haushaltungen verpflichtet, diese Abfälle den nach Landesrecht zur Entsorgung verpflichteten juristischen Personen (öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger) zu überlassen, soweit sie zu einer Verwertung auf den von ihnen im Rahmen ihrer privaten Lebensführung genutzten Grundstücken nicht in der Lage sind oder diese nicht beabsichtigen. Satz 1 gilt auch für Erzeuger und Besitzer von Abfällen zur Beseitigung aus anderen Herkunftsbereichen, soweit sie diese nicht in eigenen Anlagen beseitigen. Die Befugnis zur Beseitigung der Abfälle in eigenen Anlagen nach Satz 2 besteht nicht, soweit die Überlassung der Abfälle an den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger auf Grund überwiegender öffentlicher Interessen erforderlich ist.
(2) Die Überlassungspflicht besteht nicht für Abfälle,
- 1.
die einer Rücknahme- oder Rückgabepflicht auf Grund einer Rechtsverordnung nach § 25 unterliegen, soweit nicht die öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger auf Grund einer Bestimmung nach § 25 Absatz 2 Nummer 8 an der Rücknahme mitwirken; hierfür kann insbesondere eine einheitliche Wertstofftonne oder eine einheitliche Wertstofferfassung in vergleichbarer Qualität vorgesehen werden, durch die werthaltige Abfälle aus privaten Haushaltungen in effizienter Weise erfasst und einer hochwertigen Verwertung zugeführt werden, - 2.
die in Wahrnehmung der Produktverantwortung nach § 26 freiwillig zurückgenommen werden, soweit dem zurücknehmenden Hersteller oder Vertreiber ein Feststellungs- oder Freistellungsbescheid nach § 26 Absatz 3 oder § 26a Absatz 1 Satz 1 erteilt worden ist, - 3.
die durch gemeinnützige Sammlung einer ordnungsgemäßen und schadlosen Verwertung zugeführt werden, - 4.
die durch gewerbliche Sammlung einer ordnungsgemäßen und schadlosen Verwertung zugeführt werden, soweit überwiegende öffentliche Interessen dieser Sammlung nicht entgegenstehen.
(3) Überwiegende öffentliche Interessen nach Absatz 2 Satz 1 Nummer 4 stehen einer gewerblichen Sammlung entgegen, wenn die Sammlung in ihrer konkreten Ausgestaltung, auch im Zusammenwirken mit anderen Sammlungen, die Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers, des von diesem beauftragten Dritten oder des auf Grund einer Rechtsverordnung nach § 25 eingerichteten Rücknahmesystems gefährdet. Eine Gefährdung der Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers oder des von diesem beauftragten Dritten ist anzunehmen, wenn die Erfüllung der nach § 20 bestehenden Entsorgungspflichten zu wirtschaftlich ausgewogenen Bedingungen verhindert oder die Planungssicherheit und Organisationsverantwortung wesentlich beeinträchtigt wird. Eine wesentliche Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers ist insbesondere anzunehmen, wenn durch die gewerbliche Sammlung
- 1.
Abfälle erfasst werden, für die der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger oder der von diesem beauftragte Dritte eine haushaltsnahe oder sonstige hochwertige getrennte Erfassung und Verwertung der Abfälle durchführt, - 2.
die Stabilität der Gebühren gefährdet wird oder - 3.
die diskriminierungsfreie und transparente Vergabe von Entsorgungsleistungen im Wettbewerb erheblich erschwert oder unterlaufen wird.
(4) Die Länder können zur Sicherstellung der umweltverträglichen Beseitigung Andienungs- und Überlassungspflichten für gefährliche Abfälle zur Beseitigung bestimmen. Andienungspflichten für gefährliche Abfälle zur Verwertung, die die Länder bis zum 7. Oktober 1996 bestimmt haben, bleiben unberührt.
(1) Zur Festlegung von Anforderungen nach § 23 wird die Bundesregierung ermächtigt, nach Anhörung der beteiligten Kreise (§ 68) durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates zu bestimmen, dass Hersteller oder Vertreiber
- 1.
bestimmte Erzeugnisse nur bei Eröffnung einer für den jeweiligen Bereich flächendeckenden Rückgabemöglichkeit sowie Sicherstellung der umweltverträglichen Verwertung oder Beseitigung abgeben oder in Verkehr bringen dürfen, - 2.
bestimmte Erzeugnisse zurückzunehmen und die Rückgabe sowie die umweltverträgliche Verwertung und Beseitigung durch geeignete Maßnahmen sicherzustellen haben, insbesondere durch die Einrichtung von Rücknahmesystemen, die Beteiligung an Rücknahmesystemen, die Erhebung eines Pfandes oder die Gewährung anderer wirtschaftlicher Anreize, - 3.
bestimmte Erzeugnisse an der Abgabe- oder Anfallstelle oder einer anderen vorgeschriebenen Stelle zurückzunehmen haben, - 4.
sich an Kosten zu beteiligen haben, die den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgern und sonstigen juristischen Personen des öffentlichen Rechts für die Reinigung der Umwelt und die anschließende umweltverträgliche Verwertung und Beseitigung der nach Gebrauch der von einem Hersteller oder Vertreiber in Verkehr gebrachten Erzeugnisse gemäß Teil E des Anhangs zu der Richtlinie (EU) 2019/904 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. Juni 2019 über die Verringerung der Auswirkungen bestimmter Kunststoffprodukte auf die Umwelt (ABl. L 155 vom 12.6.2019, S. 1) entstehen, - 5.
bestimmte Erzeugnisse nur bei Bestellung eines Bevollmächtigten in Verkehr bringen dürfen, der im Geltungsbereich dieses Gesetzes niedergelassen ist und für die mit der Produktverantwortung verbundenen Pflichten verantwortlich ist, die sich aus den auf Grund der §§ 24 und 25 erlassenen Rechtsverordnungen ergeben, wenn der Hersteller oder Vertreiber in einem anderen Mitgliedstaat niedergelassen ist, - 6.
bestimmter Erzeugnisse Systeme zur Förderung der Wiederverwendung und Reparatur zu unterstützen haben, - 7.
einen Nachweis zu führen haben - a)
über die in Verkehr gebrachten Erzeugnisse, deren Eigenschaften und Mengen, - b)
über die Rücknahme von Abfällen und die Beteiligung an Rücknahmesystemen sowie - c)
über Art, Menge und Bewirtschaftung der zurückgenommenen Erzeugnisse oder der nach Gebrauch der Erzeugnisse entstehenden Abfälle,
- 8.
Belege nach Nummer 7 beizubringen, einzubehalten, aufzubewahren oder auf Verlangen vorzuzeigen haben sowie - 9.
zur Gewährleistung einer angemessenen Transparenz für bestimmte, unter die Obhutspflicht fallende Erzeugnisse einen Bericht zu erstellen haben, der die Verwendung der Erzeugnisse, insbesondere deren Art, Menge, Verbleib und Entsorgung, sowie die getroffenen und geplanten Maßnahmen zur Umsetzung der Obhutspflicht zum Inhalt hat; es kann auch bestimmt werden, ob und in welcher Weise der Bericht durch Dritte zu überprüfen, der zuständigen Behörde vorzulegen oder in geeigneter Weise zu veröffentlichen ist; die gültige Umwelterklärung einer in das EMAS-Register eingetragenen Organisation erfüllt die Anforderungen an den Bericht, soweit sie die erforderlichen Obhutspflichten adressiert.
(2) Durch Rechtsverordnung nach Absatz 1 kann zur Festlegung von Anforderungen nach § 23 sowie zur ergänzenden Festlegung von Pflichten sowohl der Erzeuger und Besitzer von Abfällen als auch der öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger im Rahmen der Kreislaufwirtschaft weiter bestimmt werden,
- 1.
wer die Kosten für die Sammlung, Rücknahme, Verwertung und Beseitigung, die Kennzeichnung, die Datenerhebung und -übermittlung sowie die Beratung und Information nach § 24 Nummer 9 zu tragen hat, - 2.
wie die Kosten festgelegt werden, insbesondere, dass bei der Festlegung der Kosten der Lebenszyklus der Erzeugnisse zu berücksichtigen ist, - 3.
dass derjenige, der die Kosten zu tragen hat, einen Nachweis darüber zu erbringen hat, dass er über die erforderlichen finanziellen oder finanziellen und organisatorischen Mittel verfügt, um den Verpflichtungen im Rahmen der Produktverantwortung nachzukommen, insbesondere durch Leisten einer Sicherheit oder Bilden betrieblicher Rücklagen, - 4.
dass derjenige, der die Kosten zu tragen hat, eine geeignete Eigenkontrolle einzurichten und durchzuführen hat zur Prüfung und Bewertung - a)
seiner Finanzen, einschließlich der Kostenverteilung, und - b)
der Qualität der Daten, für die eine Nachweisführung nach Absatz 1 Nummer 7 verordnet wurde,
- 5.
dass derjenige, der die Kosten zu tragen hat, eine Prüfung der Eigenkontrolle nach Nummer 4 durch einen von der zuständigen Behörde bekannt gegebenen Sachverständigen, eine von dieser Behörde bekannt gegebene Stelle oder eine sonstige Person, die über die erforderliche Fach- und Sachkunde verfügt, durchführen zu lassen hat, - 6.
dass die Besitzer von Abfällen diese den nach Absatz 1 verpflichteten Herstellern, Vertreibern oder nach Absatz 1 Nummer 2 eingerichteten Rücknahmesystemen zu überlassen haben, - 7.
auf welche Art und Weise die Abfälle überlassen werden, einschließlich der Maßnahmen zum Bereitstellen, Sammeln und Befördern und des jeweils gebotenen Umfangs sowie der Bringpflichten der in Nummer 6 genannten Besitzer von Abfällen, - 8.
dass die öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger im Sinne des § 20 durch Erfassung der Abfälle als ihnen übertragene Aufgabe bei der Rücknahme mitzuwirken und die erfassten Abfälle den nach Absatz 1 Verpflichteten zu überlassen haben, - 9.
welche Form, welchen Inhalt und welches Verfahren die Bestellung eines Bevollmächtigten nach Absatz 1 Nummer 5 oder eines freiwillig Bevollmächtigten einzuhalten hat, - 10.
welche Anforderungen an die Verwertung eingehalten werden müssen, insbesondere durch Festlegen abfallwirtschaftlicher Ziele, und - 11.
dass Daten über die Einhaltung der abfallwirtschaftlichen Ziele nach Nummer 10 sowie weitere Daten über die Organisation und Struktur der Rücknahmesysteme zu erheben und in geeigneter Weise zu veröffentlichen sind.
(1) Die öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger haben die in ihrem Gebiet angefallenen und überlassenen Abfälle aus privaten Haushaltungen und Abfälle zur Beseitigung aus anderen Herkunftsbereichen nach Maßgabe der §§ 6 bis 11 zu verwerten oder nach Maßgabe der §§ 15 und 16 zu beseitigen. Werden Abfälle zur Beseitigung überlassen, weil die Pflicht zur Verwertung aus den in § 7 Absatz 4 genannten Gründen nicht erfüllt werden muss, sind die öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger zur Verwertung verpflichtet, soweit bei ihnen diese Gründe nicht vorliegen.
(2) Die öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger sind verpflichtet, folgende in ihrem Gebiet in privaten Haushaltungen angefallenen und überlassenen Abfälle getrennt zu sammeln:
- 1.
Bioabfälle; § 9 Absatz 1 und 3 Nummer 3 und 4 sowie Absatz 4 gilt entsprechend, - 2.
Kunststoffabfälle; § 9 gilt entsprechend, - 3.
Metallabfälle; § 9 gilt entsprechend, - 4.
Papierabfälle; § 9 gilt entsprechend, - 5.
Glas; § 9 Absatz 1 und 3 Nummer 3 und 4 sowie Absatz 4 gilt entsprechend, - 6.
Textilabfälle; § 9 gilt entsprechend, - 7.
Sperrmüll; die öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger sammeln Sperrmüll in einer Weise, welche die Vorbereitung zur Wiederverwendung und das Recycling der einzelnen Bestandteile ermöglicht und - 8.
gefährliche Abfälle; die öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger stellen sicher, dass sich die gefährlichen Abfälle bei der Sammlung nicht mit anderen Abfällen vermischen.
(3) Die öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger können mit Zustimmung der zuständigen Behörde Abfälle von der Entsorgung ausschließen, soweit diese der Rücknahmepflicht auf Grund einer nach § 25 erlassenen Rechtsverordnung oder auf Grund eines Gesetzes unterliegen und entsprechende Rücknahmeeinrichtungen tatsächlich zur Verfügung stehen. Satz 1 gilt auch für Abfälle zur Beseitigung aus anderen Herkunftsbereichen als privaten Haushaltungen, soweit diese nach Art, Menge oder Beschaffenheit nicht mit den in Haushaltungen anfallenden Abfällen entsorgt werden können oder die Sicherheit der umweltverträglichen Beseitigung im Einklang mit den Abfallwirtschaftsplänen der Länder durch einen anderen öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger oder Dritten gewährleistet ist. Die öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger können den Ausschluss von der Entsorgung nach den Sätzen 1 und 2 mit Zustimmung der zuständigen Behörde widerrufen, soweit die dort genannten Voraussetzungen für einen Ausschluss nicht mehr vorliegen.
(4) Die Pflichten nach Absatz 1 gelten auch für Kraftfahrzeuge oder Anhänger ohne gültige amtliche Kennzeichen, wenn diese
- 1.
auf öffentlichen Flächen oder außerhalb im Zusammenhang bebauter Ortsteile abgestellt sind, - 2.
keine Anhaltspunkte für deren Entwendung oder bestimmungsgemäße Nutzung bestehen sowie - 3.
nicht innerhalb eines Monats nach einer am Fahrzeug angebrachten, deutlich sichtbaren Aufforderung entfernt worden sind.
(1) Abweichend von § 7 Absatz 2 und § 15 Absatz 1 sind Erzeuger oder Besitzer von Abfällen aus privaten Haushaltungen verpflichtet, diese Abfälle den nach Landesrecht zur Entsorgung verpflichteten juristischen Personen (öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger) zu überlassen, soweit sie zu einer Verwertung auf den von ihnen im Rahmen ihrer privaten Lebensführung genutzten Grundstücken nicht in der Lage sind oder diese nicht beabsichtigen. Satz 1 gilt auch für Erzeuger und Besitzer von Abfällen zur Beseitigung aus anderen Herkunftsbereichen, soweit sie diese nicht in eigenen Anlagen beseitigen. Die Befugnis zur Beseitigung der Abfälle in eigenen Anlagen nach Satz 2 besteht nicht, soweit die Überlassung der Abfälle an den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger auf Grund überwiegender öffentlicher Interessen erforderlich ist.
(2) Die Überlassungspflicht besteht nicht für Abfälle,
- 1.
die einer Rücknahme- oder Rückgabepflicht auf Grund einer Rechtsverordnung nach § 25 unterliegen, soweit nicht die öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger auf Grund einer Bestimmung nach § 25 Absatz 2 Nummer 8 an der Rücknahme mitwirken; hierfür kann insbesondere eine einheitliche Wertstofftonne oder eine einheitliche Wertstofferfassung in vergleichbarer Qualität vorgesehen werden, durch die werthaltige Abfälle aus privaten Haushaltungen in effizienter Weise erfasst und einer hochwertigen Verwertung zugeführt werden, - 2.
die in Wahrnehmung der Produktverantwortung nach § 26 freiwillig zurückgenommen werden, soweit dem zurücknehmenden Hersteller oder Vertreiber ein Feststellungs- oder Freistellungsbescheid nach § 26 Absatz 3 oder § 26a Absatz 1 Satz 1 erteilt worden ist, - 3.
die durch gemeinnützige Sammlung einer ordnungsgemäßen und schadlosen Verwertung zugeführt werden, - 4.
die durch gewerbliche Sammlung einer ordnungsgemäßen und schadlosen Verwertung zugeführt werden, soweit überwiegende öffentliche Interessen dieser Sammlung nicht entgegenstehen.
(3) Überwiegende öffentliche Interessen nach Absatz 2 Satz 1 Nummer 4 stehen einer gewerblichen Sammlung entgegen, wenn die Sammlung in ihrer konkreten Ausgestaltung, auch im Zusammenwirken mit anderen Sammlungen, die Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers, des von diesem beauftragten Dritten oder des auf Grund einer Rechtsverordnung nach § 25 eingerichteten Rücknahmesystems gefährdet. Eine Gefährdung der Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers oder des von diesem beauftragten Dritten ist anzunehmen, wenn die Erfüllung der nach § 20 bestehenden Entsorgungspflichten zu wirtschaftlich ausgewogenen Bedingungen verhindert oder die Planungssicherheit und Organisationsverantwortung wesentlich beeinträchtigt wird. Eine wesentliche Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers ist insbesondere anzunehmen, wenn durch die gewerbliche Sammlung
- 1.
Abfälle erfasst werden, für die der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger oder der von diesem beauftragte Dritte eine haushaltsnahe oder sonstige hochwertige getrennte Erfassung und Verwertung der Abfälle durchführt, - 2.
die Stabilität der Gebühren gefährdet wird oder - 3.
die diskriminierungsfreie und transparente Vergabe von Entsorgungsleistungen im Wettbewerb erheblich erschwert oder unterlaufen wird.
(4) Die Länder können zur Sicherstellung der umweltverträglichen Beseitigung Andienungs- und Überlassungspflichten für gefährliche Abfälle zur Beseitigung bestimmen. Andienungspflichten für gefährliche Abfälle zur Verwertung, die die Länder bis zum 7. Oktober 1996 bestimmt haben, bleiben unberührt.
Tenor
Das Verfahren wird eingestellt, soweit die Beteiligten es übereinstimmend für in der Hauptsache erledigt erklärt haben. Insoweit ist das angefochtene Urteil wirkungslos.
Im Übrigen wird das angefochtene Urteil geändert.
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens beider Rechtszüge.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in entsprechender Höhe leistet.
Die Revision wird zugelassen.
1
Tatbestand
2Die Klägerin ist Teil der S. Unternehmensgruppe, die unter anderem aus der Klägerin und der S. Textilhandels- und -recycling GmbH besteht. In der S. -Gruppe übernimmt die Klägerin die Organisation und Durchführung der Sammlungen von Altkleidern und -schuhen (im Folgenden zusammengefasst als Alttextilien bezeichnet) und die S. Textilhandels- und -recycling GmbH die Sortierung und Vermarktung. Im gesamten Bundesgebiet betreibt die Klägerin nach eigenen Angaben ca. 7.000 Sammelcontainer und erfasst damit jährlich ca. 22.000 Tonnen Alttextilien.
3Die Klägerin zeigte dem Beklagten unter dem 25. Mai 2012 gemäß § 18 Kreislaufwirtschaftsgesetz (KrWG) eine gewerbliche Sammlung von Textilien und Schuhen aus privaten Haushalten im Kreisgebiet des Beklagten an. Auf Bitte des Beklagten, die Anzeige zu vervollständigen und nähere Angaben zur Sammlung zu machen, teilte die Klägerin mit: Die Sammlung erfolge durch Container, die wöchentlich geleert würden. Im Gebiet des Beklagten habe sie insgesamt vier Altkleidercontainer aufgestellt, und zwar jeweils zwei in S1. und in M. . Die Anzeige solle landkreisweit gelten. Die erfassten Textilien würden im Sortierwerk des Partnerunternehmens sortiert. Das Sammelgut bestehe erfahrungsgemäß zu ca. 60 % aus tragfähiger, wiederverwendbarer Kleidung, Haushaltstextilien und Schuhen. Ca. 30 % würden zur Weiterverwendung als Putzlappen und Reißrohstoff an industrielle Partner geliefert und ca. 10 % gelangten zur thermischen Verwertung in die Zementindustrie. Mit E‑Mail vom 27. Juli 2012 ergänzte die Klägerin, sie habe im Gebiet des Beklagten bislang 7 Tonnen Alttextilien im Jahr gesammelt und beabsichtige, dort weitere 100 Container für die Dauer von zehn Jahren aufzustellen und damit ca. 350 Tonnen jährlich zu erfassen. Des Weiteren übersandte sie unter anderem eine Übersicht über die Verwertungswege.
4Der Beklagte forderte die kreisangehörigen Gemeinden und den C. Abfallwirtschaftsverband zur Stellungnahme auf. Die Stadt C. H. erklärte, die Durchführung der angezeigten Sammlung werde eine wesentliche Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung der Stadt C. H. als öffentlich-rechtlicher Entsorgungsträgerin darstellen. Die Sammlung von Kleidung und Schuhen aus privaten Haushaltungen sei bereits Teil der kommunalen Abfallentsorgungseinrichtung. Erfasst würden die Alttextilien und Schuhe über Depotcontainer und Straßensammlungen durch den städtischen Abfallwirtschaftsbetrieb. Die angezeigte Sammlung der Klägerin werde jedenfalls im Zusammenwirken mit anderen gewerblichen Sammlungen die Funktionsfähigkeit der entsprechenden Einrichtungen beeinträchtigen und aufgrund der zu erwartenden Einnahmeausfälle zu einem Anstieg der Abfallentsorgungsgebühren führen.
5Der Beklagte hörte die Klägerin zu der Absicht an, die Sammlung im Gebiet der Stadt C. H. zu untersagen, und führte zur Begründung an, die Sammlung der Stadt C. H. bestehe seit dem Jahr 1999 - ursprünglich im Rahmen einer Drittbeauftragung - und erfolge im gesamten Stadtgebiet flächendeckend über insgesamt 118 Container an 74 Standorten. Der Beklagte forderte die Klägerin außerdem auf, nähere Angaben zum voraussichtlichen Sammlungsumfang in den verschiedenen Gemeinden, insbesondere für die Stadt C. H. zu machen.
6Die Klägerin teilte darauf mit, dass bislang keine konkreten Planungen für zusätzliche Stellplätze bestünden.
7Mit Ordnungsverfügung vom 13. November 2012 untersagte der Beklagte der Klägerin, im Gebiet der Stadt C. H. entsprechend der Anzeige vom 25. Mai 2012 Alttextilien/-schuhe etc. zu sammeln. Für den Fall der Zuwiderhandlung drohte er ein Zwangsgeld in Höhe von 2.500,00 € je Sammeltag und Sammelgebiet an. Zur Begründung führte er aus: Gemäß § 18 Abs. 5 Satz 2 KrWG sei die Durchführung der angezeigten Sammlung zu untersagen, wenn die Einhaltung der in § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG genannten Voraussetzungen anders nicht zu gewährleisten sei. Der Sammlung der Klägerin stünden im Gebiet der Stadt C. H. überwiegende öffentliche Interessen im Sinne von § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG entgegen. Durch sie würden Abfälle erfasst, für die der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger ‑ die Stadt C. H. ‑ ein hochwertiges Sammelsystem eingerichtet habe. Die von der Klägerin angebotene Sammlung und Verwertung der Abfälle sei auch nicht wesentlich leistungsfähiger als diejenige des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers. Die Sammlung sei daher zu untersagen. Die Untersagung sei auch nicht unverhältnismäßig. Die Zwangsgeldandrohung sei erforderlich und geboten, um den Belangen einer geordneten Abfallentsorgung Rechnung zu tragen.
8Die Klägerin hat am 11. Dezember 2012 Klage erhoben und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt: Die gesammelten Alttextilien seien nicht als Abfall einzustufen. Die Kleidung solle nicht verwertet, sondern wiederverwendet werden. Ein Verbraucher, der seine Altkleidung in einen Altkleidercontainer einbringe, gebe die ursprüngliche Zweckbestimmung des Kleidungsstückes nicht auf. Er werfe das Kleidungsstück ein, damit es weiter seinen Zweck erfülle. Diese Zweckbestimmung könne auch nicht deshalb verneint werden, weil die tatsächliche Verwendung durch den neuen Besitzer nicht kontrolliert werden könne. Auch der Verkäufer einer Sache könne nie sicherstellen, dass sie vom Käufer zweckentsprechend verwendet werde. Die Einordnung als Abfall widerspreche im Übrigen der europäischen Abfallrahmenrichtlinie. Außerdem sei die Ungleichbehandlung von gewerblichen und gemeinnützigen Sammlungen weder verfassungsrechtlich noch europarechtlich zu rechtfertigen, da die Auswirkungen für den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger nicht davon abhingen, mit welchem Ziel die private Sammlung durchgeführt werde, und sich eine Bewertung der verschiedenartigen Zielsetzungen verbiete. Der Begriff der Gefährdung in § 17 Abs. 3 KrWG weiche ohnehin in rechtswidriger Weise vom Unionsrecht ab, weil er über den Begriff des „Verhinderns“ in Art. 106 Abs. 2 AEUV hinausgehe. Weiterhin werde die Planungssicherheit und Organisationsverantwortung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers nicht beeinträchtigt. Das Kreislaufwirtschaftsgesetz solle den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger nicht vor unliebsamer Konkurrenz schützen. In C. H. wolle sie, die Klägerin, voraussichtlich 20 Container aufstellen. Dadurch werde die Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers nicht gefährdet. Die Stadt C. H. erfasse bislang noch nicht einmal das gesamte Altkleiderpotential von ca. 10 kg pro Einwohner pro Jahr. Wenn der Beklagte angebe, dass wegen der gestiegenen Sammelmengen neues Personal eingestellt werden müsse, so dürften die zusätzlichen Personalausgaben die Mehrerlöse weitgehend aufzehren, so dass geringere Sammelmengen allenfalls zu einer minimalen Gebührenerhöhung führen könnten. Im Übrigen sei § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG schon deshalb nicht einschlägig, weil der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger die Altkleider nicht selbst verwerte. Zur Verwertung sei die Stadt C. H. auch gar nicht in der Lage, da Altkleider nicht verwertet, sondern wiederverwendet würden. Die Sammlung der Klägerin sei aufgrund ihrer langjährigen Erfahrung in Bezug auf die weltweite Vermarktung auch wesentlich leistungsfähiger. Jedenfalls fehle es an einer ordnungsgemäßen Ermessensbetätigung.
9Die Klägerin hat beantragt,
10die Untersagungsverfügung des Beklagten vom 13. November 2012 aufzuheben.
11Der Beklagte hat beantragt,
12die Klage abzuweisen.
13Er hat im Wesentlichen vorgetragen: Bei Alttextilien handele es sich um Abfall im Sinne des Kreislaufwirtschaftsgesetzes. Der Einwurf in die Container bleibe auch dann eine Entledigung im Sinne des § 3 KrWG, wenn der Besitzer die Altkleider einer Wiederverwendung oder -verwertung zuführen wolle. Ein großer Teil der gesammelten Alttextilien werde im Übrigen nicht wiederverwendet, sondern anderweitig verwertet. Die Durchführung der angezeigten Sammlung der Klägerin beeinträchtige die Planungssicherheit und Organisationsverantwortung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers erheblich. Die kommunale Sammlung bestehe seit vielen Jahren und werde seit Dezember 2012 in Eigenregie des Abfallwirtschaftsbetriebs der Stadt C. H. durchgeführt. Seit 2013 sei ein sprunghafter Anstieg der Sammelmengen zu verzeichnen. Deshalb seien zwölf zusätzliche Containerstandorte eingerichtet, ein neues Sammelfahrzeug beschafft und ein zusätzlicher Mitarbeiter eingestellt worden. Insgesamt habe der Rat der Stadt zwei neue, unbefristete Stellen eingerichtet. Bei stark zurückgehenden Sammelmengen überstiegen die Personal- und Sachkosten den Erlös, so dass das Sammelsystem in der bisherigen Form nicht aufrechterhalten werden könne und die Abfallgebühren erhöht werden müssten. Die Klägerin habe den genauen Umfang der beabsichtigten Sammlung nicht angegeben, insbesondere habe sie nicht mitgeteilt, wieviele Container sie in C. H. aufzustellen beabsichtige. Bislang seien auf Privatflächen im Stadtgebiet im Wesentlichen nur Altkleidercontainer gemeinnütziger Sammler aufgestellt. Bei Aufstellung weiterer (gewerblicher) Altkleidercontainer an stark frequentierten und bequem zu erreichenden Standorten wie etwa auf Supermarktparkplätzen sei zu befürchten, dass die gewerblichen Sammlungen in ihrer Gesamtheit das bisher durch den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger gesammelte Volumen in voller Höhe abschöpfen würden. Es bestehe kein zusätzliches Erfassungspotential. Die Mengenschätzungen der Klägerin seien spekulativ. Es sei davon auszugehen, dass durch die Sammlung der Stadt C. H. das Sammelpotential bereits jetzt voll ausgeschöpft werde. Der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger müsse nicht selbst Sammlung und Verwertung vornehmen, sondern dürfe gemäß § 22 KrWG sowohl für die Sammlung als auch für die Verwertung Dritte beauftragen. Die Sammlung der Stadt C. H. sei auch leistungsfähiger als eine kleinere Sammlung. Nach § 17 Abs. 3 Satz 5 KrWG sei insoweit ausdrücklich auch die gemeinwohlorientierte Servicegerechtigkeit der Leistung zu berücksichtigen. Die von der Klägerin geäußerten europarechtlichen Bedenken seien nicht nachvollziehbar. Das Bundesverwaltungsgericht habe bereits die wesentlich restriktiveren Rahmenbedingungen des früheren Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetzes als europarechtskonform eingestuft. Die Planungssicherheit könne nicht anders als durch die Untersagung der angezeigten Sammlung gewährleistet werden. Es sei für den Beklagten insbesondere nicht möglich, die insgesamt 17 angezeigten gewerblichen Sammlungen wirkungsvoll zu koordinieren.
14Mit dem angegriffenen Urteil hat das Verwaltungsgericht die angefochtene Ordnungsverfügung aufgehoben und zur Begründung angeführt: Der Sammlung der Klägerin stünden keine überwiegenden öffentlichen Interessen im Sinne von § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG entgegen. Es lasse sich bei der gebotenen europarechtskonformen Auslegung der Regelung in § 17 Abs. 3 KrWG nicht feststellen, dass eine Gefährdung der Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers oder des von diesem beauftragten Dritten wegen Verhinderung der Erfüllung der nach § 20 KrWG bestehenden Entsorgungspflichten zu wirtschaftlich ausgewogenen Bedingungen oder wegen wesentlicher Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung anzunehmen sei. Die im Hinblick auf letzteres genannten Regelbeispiele des § 17 Abs. 3 Satz 3 KrWG seien nicht erfüllt. Dies gelte insbesondere für die Regelung des § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG. Zwar führe die Stadt C. H. in ihrem Stadtgebiet eine eigene hochwertige getrennte Erfassung und Verwertung von Alttextilien durch. Dies allein reiche aber nicht aus, um von einer wesentlichen Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung im Sinne von § 17 Abs. 3 Satz 2 Alt. 2 KrWG ausgehen zu können. Zwar lege der Wortlaut der Bestimmung dies nahe. § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG diene aber der Ausfüllung des § 17 Abs. 3 Satz 2 Alt. 2 KrWG, wonach die Planungssicherheit und Organisationsverantwortung wesentlich beeinträchtigt sein müsse - und zwar bezogen auf die nach Satz 1 geschützte Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers. Diese wiederum könne nicht bereits aufgrund des bloßen Nebeneinanders von gewerblicher und kommunaler Sammlung gleicher Abfallarten als gefährdet angesehen werden. Wenn eine Gefährdung der Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers stets angenommen würde, wenn ein öffentlich-rechtlich organisiertes Entsorgungssystem überhaupt bestehe, führe dies zu einem europarechtlich nicht gerechtfertigten absoluten Konkurrenzschutz. Vor diesem Hintergrund bedürfe § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG einer einschränkenden Auslegung. Vor dem Hintergrund der Altpapierentscheidung des Bundesverwaltungsgerichts sei § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG so zu verstehen, dass eine spürbare Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung dann gegeben sei, wenn der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger zu einer wesentlichen Änderung und Anpassung seiner Entsorgungsstruktur gezwungen werde. Es lägen hier indes keine greifbaren Anhaltspunkte dafür vor, dass das bisherige städtische System nicht auch bei Zulassung der Sammlung der Klägerin weiter betrieben werden könne. Die Sammlung über Container im Bringsystem verursache einen relativ geringen Aufwand und könne ohne weiteres an steigende oder fallende Sammelmengen angepasst werden, indem die Container zum Beispiel häufiger oder seltener geleert würden. Der Beklagte habe weder dargelegt noch sei sonst ersichtlich, dass Konsequenzen in technischer, organisatorischer, personeller oder wirtschaftlicher Hinsicht für die Stadt C. H. gezogen werden müssten, die zu einer wesentlichen Änderung oder Anpassung der kommunalen Strukturen im Bereich der Entsorgung von Alttextilien im Stadtgebiet führten. Mitarbeiter und Fahrzeuge könnten auch anderweitig Verwendung finden. Allein die Abschöpfung eines bestimmten Anteils des vorhandenen Wertstoffpotenzials müsse nicht mit einer wesentlichen Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung einhergehen. Zwar seien solche Auswirkungen tatsächlich schwer abzuschätzen, insbesondere angesichts ungenauer Angaben zum geplanten Umfang der Sammlung durch die gewerblichen Sammler. Dies rechtfertige indes nicht den Erlass einer insoweit vorsorglichen Untersagungsverfügung, wenn und soweit nicht absehbar sei, ob überhaupt eine Änderung der Entsorgungsstrukturen erforderlich werden könne. Insoweit sei die zukünftige Entwicklung abzuwarten.
15Mit seiner vom Verwaltungsgericht wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassenen Berufung wendet der Beklagte im Wesentlichen ein: Das Verwaltungsgericht habe die entscheidungserheblichen Tatsachen nicht hinreichend berücksichtigt, insbesondere nicht den Umstand, dass 19 Sammlungen mit Sammelmengen von ca. 1.250 Tonnen pro Jahr für das Kreisgebiet angezeigt worden seien. Zudem sei es zu Unrecht davon ausgegangen, der klare Wortlaut des § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG bedürfe einer restriktiven europarechtskonformen Auslegung. Dies ergebe sich zunächst aus dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 28. August 2014 ‑ 2 BvR 2639/09 ‑. Auf die durch das Bundesverwaltungsgericht in seinem Altpapierurteil exemplarisch genannten und durch das Verwaltungsgericht schon deshalb fälschlicherweise unbedingt vorausgesetzten ungeschriebenen Umstände, wonach eine Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung nur anzunehmen sei, wenn der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger zu einer wesentlichen Änderung und Anpassung seiner Entsorgungsstruktur gezwungen werde, könne deshalb nicht (allein) abgestellt werden. Gerade angesichts des weiten Ermessensspielraums der Mitgliedstaaten im Hinblick auf die Umsetzung von Art. 106 Abs. 2 AEUV bedürfe dies auch keiner europarechtlichen Korrektur. Die durch das Bundesverfassungsgericht für zulässig erachtete eigenständige Schutzbedürftigkeit der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung in der konkreten Ausgestaltung wäre hinfällig und der Wille des Gesetzgebers, der sich an diesen entwickelten Grundsätzen im Sinne der Rechtssicherheit und -klarheit orientiert habe, würde verletzt, wenn eine Beeinträchtigung dieser überwiegenden Interessen an zusätzliche, unbestimmte und ungeschriebene materielle Anforderungen geknüpft würde. Dies stelle keine vom Gesetzgeber beabsichtigte klare Leitlinie im Interesse einer intendierten Rechtssicherheit für alle Beteiligten dar. In europarechtlicher Hinsicht sei zudem zu berücksichtigen, dass Beschränkungen der Waren- und Wettbewerbsfreiheit bereits dann für gerechtfertigt gehalten würden, wenn sie dazu dienten, dass eine Dienstleistung von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse zu möglichst niedrigen, sozialverträglichen Gebühren erbracht werden könne. Nach der Rechtsprechung des EuGH sei die Erforderlichkeit und Verhältnismäßigkeit der konkreten Organisations- und Finanzierungsformen im Übrigen kein Gegenstand europarechtlicher Prüfung. Unabhängig davon habe er, der Beklagte, ausreichend dargelegt, dass wesentliche Beeinträchtigungen der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers in C. H. auch konkret zu erwarten seien. Gegenwärtig würden in C. H. kommunal ca. 510 Tonnen Alttextilien pro Jahr in 130 Containern an 92 Standorten gesammelt. Straßensammlungen erzielten eine Sammelmenge von ca. 120 Tonnen pro Jahr. Neben gemeinnützigen Sammlungen fänden inzwischen im Stadtgebiet aufgrund eines konsequenten Vorgehens keine gewerblichen Sammlungen mehr statt. Pro gewerblichen Container sei eine Sammelmenge von 3,8 Tonnen pro Jahr zu erwarten. Die Beachtlichkeitsschwelle von 10 %, die in der Rechtsprechung insoweit zugrunde gelegt werde, sei deshalb bei 14 Containern zu ziehen. Unabhängig davon habe die Stadt C. H. die konkreten Beeinträchtigungen hinreichend plausibel gemacht. Die Einstellung von zwei Mitarbeitern und die Anschaffung von zwei Sammelfahrzeugen seien Organisationsentscheidungen, die bei erheblich zurückgehenden Sammelmengen nicht (mehr) tragbar seien.
16In der mündlichen Verhandlung vor dem erkennenden Senat hat der Beklagte die in der Ordnungsverfügung vom 13. November 2012 enthaltene Zwangsgeldandrohung aufgehoben. Die Beteiligten haben die Hauptsache insoweit übereinstimmend für erledigt erklärt.
17Der Beklagte beantragt,
18das angegriffene Urteil zu ändern und die Klage abzuweisen.
19Die Klägerin beantragt,
20die Berufung zurückzuweisen.
21Zur Begründung nimmt sie Bezug auf ihren erstinstanzlichen Vortrag und die Ausführungen des Verwaltungsgerichts. Ergänzend trägt sie vor: Nach neuesten wissenschaftlichen Studien, namentlich einer Untersuchung der RWTH Aachen im Auftrag des c. e. V., sei von einem potentiellen Sammelaufkommen von 12 kg pro Jahr und Einwohner auszugehen, das in C. H. weiterhin nicht annähernd ausgeschöpft werde.
22Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Beklagten Bezug genommen.
23Entscheidungsgründe
24Soweit die Beteiligten den Rechtsstreit in der mündlichen Verhandlung vor dem erkennenden Senat hinsichtlich der vom Beklagten angedrohten Zwangsgelder für in der Hauptsache erledigt erklärt haben, ist das Verfahren einzustellen und das erstinstanzliche Urteil für wirkungslos zu erklären (§ 92 Abs. 3 VwGO, § 269 Abs. 3 Satz 1 ZPO in entsprechender Anwendung).
25Im Übrigen ist die zulässige Berufung des Beklagten begründet.
26Die Klage ist zulässig, aber unbegründet.
27Die angefochtene Ordnungsverfügung vom 13. November 2012 ist ‑ im noch anhängigen Umfang ‑ rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
28Rechtsgrundlage für die Untersagung der Sammlung ist § 18 Abs. 5 Satz 2 Alt. 2 KrWG i. V. m. § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4, § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG. Danach ist die Durchführung einer Sammlung zu untersagen, wenn die Einhaltung der in § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG genannten Voraussetzungen anders nicht zu gewährleisten ist. Nach § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG besteht die Überlassungspflicht nach § 17 Abs. 1 KrWG nicht für Abfälle, die durch eine gewerbliche Sammlung einer ordnungsgemäßen und schadlosen Verwertung zugeführt werden, soweit überwiegende öffentliche Interessen dieser Sammlung nicht entgegenstehen. Ausgehend davon sind vorliegend die Voraussetzungen für eine Untersagung der gewerblichen Sammlung der Klägerin erfüllt.
29I. Die Untersagungsverfügung ist formell rechtmäßig, insbesondere ist der Beklagte zu ihrem Erlass zuständig.
30Der Beklagte hat als zuständige Behörde gehandelt. Er ist als Untere Umweltschutzbehörde gemäß § 38 LAbfG NRW in Verbindung mit § 1 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 der Zuständigkeitsverordnung Umweltschutz (ZustVU) vom 3. Februar 2015 in Verbindung mit Teil A des Verzeichnisses zu dieser Verordnung (GV. NRW. S. 267) für den Vollzug des Kreislaufwirtschaftsgesetzes zuständig. Die Regelung entspricht der bereits nach der Vorgängerverordnung vom 11. Dezember 2007 (GV. NRW. S. 662) bestehenden Rechtslage.
31Vgl. zur früheren Rechtslage OVG NRW, Urteile vom 15. August 2015 ‑ 20 A 2798/11 ‑, NWVBl. 2014, 16, sowie ‑ 20 A 3043/11 ‑ und ‑ 20 A 3044/11 ‑, beide juris.
32Die Frage der Neutralität der Unteren Umweltschutzbehörde in Fällen, in denen sie gleichzeitig öffentlich-rechtlicher Entsorgungsträger ist,
33vgl. hierzu OVG NRW, Urteil vom 7. Mai 2015 ‑ 20 A 2670/13 ‑, juris.
34stellt sich hier nicht, weil im Gebiet des Beklagten die nicht den kreisangehörigen Gemeinden obliegenden Entsorgungspflichten (§ 5 Abs. 6 Satz 1 LAbfG) vom C. Abfallwirtschaftsverband wahrzunehmen sind (§ 6 Abs. 1 LAbfG).
35II. Die Untersagungsverfügung ist auch materiell rechtmäßig.
361. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Frage, ob überwiegende öffentliche Interessen der angezeigten Sammlung entgegenstehen, ist die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung vor dem erkennenden Senat. Denn die Untersagung der Sammlung stellt einen Dauerverwaltungsakt dar; für einen solchen wird im Allgemeinen davon ausgegangen, dass für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung maßgebend ist.
37Vgl. OVG NRW, Urteile vom 15. August 2015 ‑ 20 A 2798/11 ‑, a. a. O, ‑ 20 A 3043/11 ‑, a. a. O., und ‑ 20 A 3044/11 ‑, a. a. O.; Bay. VGH, Beschluss vom 11. März 2014 - 20 ZB 13.2510 -, juris; VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 10. Oktober 2013 ‑ 10 S 1202/13 -, juris; Nds. OVG, Urteil vom 21. März 2013 - 7 LB 56/11 -, juris; allgemein Wolff in: Sodan/Ziekow, VwGO-Kommentar, 4. Aufl. 2014, § 113 Rn. 116 f.
38Von diesem allgemeinen Grundsatz für die vorliegende Fallgestaltung eine Ausnahme zu machen, ist nicht angezeigt.
39Vgl. für die Untersagung nach § 18 Abs. 5 Satz 2 Alt. 1 KrWG: OVG NRW, Urteile vom 7. Mai 2015 ‑ 20 A 316/14 ‑, juris, und ‑ 20 A 2670/13 ‑, a. a. O.
40Dies ändert aber nichts daran, dass Bezugspunkt der Untersagungsverfügung die von der Klägerin konkret angezeigte Sammlung ist, insbesondere in ihrer angezeigten Ausgestaltung und ihrem angezeigten Umfang. Denn die Angaben in der Anzeige bestimmen wesentlich den Charakter der Sammlung, über deren Vereinbarkeit mit öffentlichen Interessen die zuständige Abfallbehörde zu befinden hat. Dabei liegt es in der Verantwortung des Sammlers, die von ihm beabsichtigte Sammlung durch korrekte und hinreichend realitätsnahe Angaben inhaltlich festzulegen.
41Vgl. dazu auch Dippel in: Schink/Versteyl, KrWG - Kommentar, 2012, § 18 Rn. 12; Karpenstein/ Dingemann in: Jarass/Petersen, KrWG - Kommentar, 2014, § 18 Rn. 43 ff.
42Er hat den Gegenstand seiner Tätigkeit und deren Art und Weise zu bestimmen. Die Zugrundelegung des Aussagegehalts der Anzeige entspricht der Funktion des Anzeigeverfahrens, der zuständigen Abfallbehörde eine präventive Kontrolle der Zulässigkeit der Sammlung, also eine Beurteilung eines konkreten Vorhabens, zu ermöglichen.
43Vgl. dazu die Bründung zum Gesetzentwurf der Bundesregierung, BT-Drucks. 17/6052, S. 88; Karpenstein/Dingemann, a. a. O., § 18 Rn. 1; Dippel, a. a. O., § 18 Rn. 5.
44§ 17 Abs. 3 Satz 1 KrWG stellt im Rahmen der Prüfung entgegenstehender überwiegender öffentlicher Interessen auf die Sammlung in ihrer konkreten Ausgestaltung ab, die sich wiederum nach dem Regelungskonzept des § 18 KrWG nur aus den Angaben in der Anzeige ergeben kann.
45Darüber hinaus ist dadurch die gebotene Gleichbehandlung aller Bewerber, für die es insbesondere in wirtschaftlichen Konkurrenz- und Mangelsituationen unter anderem auf den Zeitpunkt des (vollständigen) Eingangs einer Anzeige ankommen kann, zu gewährleisten.
462. Die Voraussetzungen des § 18 Abs. 5 Satz 2 Alt. 2 KrWG i. V. m. § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG liegen zum danach maßgeblichen Zeitpunkt vor.
47a) Der Anwendbarkeit des § 18 Abs. 5 Satz 2 Alt. 2 KrWG kann nicht mit Erfolg entgegengehalten werden, dass die Untersagungsverfügung mehr als drei Monate nach der Anzeige der Sammlung ergangen ist.
48Die als Anknüpfungspunkt für eine gegenteilige Auffassung allein in Betracht kommende Frist aus § 18 Abs. 1 KrWG betrifft lediglich den Zeitabstand zwischen der Anzeige und der frühestmöglichen Aufnahme der Sammeltätigkeit. Verstreicht diese Frist, ist der Sammler berechtigt, mit der Durchführung der gewerblichen Sammlung zu beginnen. Diese Berechtigung lässt die materiellen Voraussetzungen für das Entfallen der Überlassungspflicht ebenso unberührt wie die behördlichen Befugnisse, diese Voraussetzungen nach Maßgabe von § 18 Abs. 5 KrWG durch Anordnungen umzusetzen.
49b) Das Verwaltungsgericht ist in Übereinstimmung mit der ‑ soweit ersichtlich ‑ einhelligen aktuelleren Rechtsprechung und Literatur zutreffend davon ausgegangen, dass die von der Klägerin gesammelten bzw. zu sammelnden Alttextilien Abfälle im Sinne des § 17 KrWG sind.
50So ausdrücklich OVG NRW, Beschluss vom 20. Januar 2014 - 20 B 331/13 -, NWVBl. 2014, 300; auch VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 9. September 2013 ‑ 10 S 1116/13 ‑, DVBl. 2013, 1537; im Übrigen wird die Abfalleigenschaft in den einschlägigen Gerichtsentscheidungen stillschweigend vorausgesetzt; vgl. auch Gruber, Abfallrecht 2015, 174.
51Die Abfalleigenschaft der genannten Gegenstände ergibt sich aufgrund einer Entledigung durch den Besitzer (§ 3 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 KrWG) in Gestalt der Aufgabe der tatsächlichen Sachherrschaft (durch Einwurf in einen Sammelcontainer) unter Wegfall jeder weiteren (relevanten) Zweckbestimmung (§ 3 Abs. 2 Alt. 3 KrWG). Soweit in älteren Gerichtsentscheidungen
52- OVG NRW, Urteil vom 8. Dezember 1982 ‑ 20 A 570/82 ‑, NVwZ 1983, 561; BayObLG, Beschluss vom 23. August 1983 ‑ 3 Ob OWi 124/83 ‑, NVwZ 1984, 198 -
53die Abfalleigenschaft von Gegenständen verneint wurde, die nicht der allgemeinen Müllabfuhr, sondern einer (getrennten) Sammlung zugeführt wurden, ist diese Rechtsprechung überholt. Sie beruht auf der anderslautenden Abfalldefinition des seinerzeit geltenden § 1 Abs. 1 Satz 1 AbfG 1972. Die Entledigung und ein hierauf gerichteter Wille war danach schon dann zu verneinen, wenn überhaupt eine irgendwie geartete nützliche Verwendung oder Verwertung stattfand bzw. beabsichtigt war.
54Vgl. BVerwG, Beschluss vom 19. Dezember 1989 ‑ 7 B 157.89 ‑, NVwZ 1990, 564; Kunig/ Schwermer/Versteyl, AbfG, § 1 Rn. 13, 15 und 32.
55Demgegenüber ist nach aktuellem Recht das von der Zweckbestimmung der jeweiligen Sache geprägte Verständnis der Entledigung und des spezifischen Entledigungswillens maßgeblich. Soweit dementsprechend in den zuvor zitierten Entscheidungen ein Entledigungswille mit der Begründung verneint wurde, es solle der Sammlungszweck gefördert und dem sammelnden Unternehmen ein Vorteil eingeräumt werden, ergibt sich daraus keine (konkrete) Zweckbestimmung hinsichtlich der abgegebenen Gegenstände im Sinne von § 3 Abs. 2 Alt. 3 KrWG, welche gegebenenfalls die Abfalleigenschaft nach heutigem Recht ausschlösse. Denn die beiden zuvor genannten Gesichtspunkte (Förderung des Sammlungszwecks, Einräumung eines Vorteils) geben nichts Konkretes dafür her, was mit dem jeweils abgegebenen Gegenstand geschehen soll.
56Die Höhe der Wiederverwendungsquote trägt keinen Rückschluss auf eine (konkludente) Zweckbestimmung des Besitzers im Sinne von § 3 Abs. 2 Alt. 3 KrWG. Dies gilt schon deshalb, weil weder vorgetragen worden noch sonst ersichtlich ist, dass der einzelne Besitzer Kenntnis von der Wiederverwendungsquote hat und sich hinsichtlich der Weg-/Abgabe von nicht mehr für eigene Zwecke benötigten Alttextilien auf der Grundlage dieser Kenntnis zwischen potenziell in Betracht kommenden (Annahme-)Stellen entscheidet. Der Annahme einer solchen Kenntnis stehen im Übrigen die je unterschiedlichen Wiederverwendungsquoten ‑ einerseits die Quote im Bundesdurchschnitt und andererseits die Quoten einzelner Unternehmen ‑ als denkbare Parameter entgegen. Es ist durch nichts Konkretes belegt, dass die Besitzer von Alttextilien sich gerade mit der (unterstellten) Wiederverwendungsquote einzelner gewerblicher Sammler von Alttextilien auseinandersetzen oder ihnen diese bekannt ist. Allerdings liegt selbst die Wiederverwendungsquote der Klägerin bei maximal 60 % der gesammelten Textilien. Weiterhin beziehen sich diese Quoten ‑ soweit ersichtlich ‑ lediglich auf Bekleidung, nicht jedoch auch auf sonstige (Alt‑)Textilien und (Alt‑)Schuhe, so dass insoweit ein Rückschluss von der Wiederverwendungsquote auf eine Zweckbestimmung ohnehin nicht in Betracht kommt.
57Unabhängig von der Wiederverwendungsquote und davon, ob mit einer ‑ hier nicht in Rede stehenden ‑ Übergabe von Alttextilien an einen "Second-Hand-Laden", an eine Kleiderkammer oder an eine sonstige Abgabestelle etwa zur Versorgung von Flüchtlingen eine Zweckbestimmung verbunden ist, lässt sich eine solche jedenfalls beim Einwurf von Alttextilien in einen öffentlich zugänglichen Sammelcontainer nicht feststellen. Es kann dahinstehen, ob tatsächlich ein Großteil der Nutzer von Sammelcontainern Alttextilien aus der Motivationslage heraus und mit der Hoffnung einwerfen, die Gegenstände sollten wiederverwendet, also weitergetragen werden. Jedenfalls ist für eine darüber hinausgehende Zweckbestimmung im Sinne einer realistischen und verbindlichen Festlegung einer entsprechenden Funktion der einzelnen Sache nichts ersichtlich. Dies gilt, wie der Senat bereits an anderer Stelle ausgeführt hat,
58vgl. OVG NRW, Beschluss vom 20. Januar 2014 - 20 B 331/13 -, a. a. O.,
59auch unter Berücksichtigung der Ergebnisse einer forsa-Umfrage von März 2013. Dieser kann zwar entnommen werden, dass hinsichtlich der Abgabe von Altkleidern der ganz überwiegende Teil der bisherigen Besitzer aus einer bestimmten, auf die Wiederverwendung (als Kleidung) gerichteten Motivationslage heraus handelt. Dies reicht jedoch nicht aus, in der Abgabe einer für eigene Zwecke nicht mehr gewollten und für Dritte möglicherweise noch weiter nutzbaren Sache zugleich und darüber hinaus eine durch ein gewisses Maß an Verbindlichkeit und Verlässlichkeit gekennzeichnete Zweckbestimmung zu sehen. Gerade aus Seite 6 der Ausführungen zur Umfrage ist vielmehr zu schließen, dass, wenn überhaupt, mit der Abgabe in einer Kleiderkammer eine Zweckbestimmung verbunden ist, nicht jedoch mit dem Einwerfen in einen in der Öffentlichkeit aufgestellten und frei zugänglichen Sammelcontainer.
60Weiterhin steht der Annahme einer Zweckbestimmung entgegen, dass in aller Regel dem Nutzer eines Sammelcontainers keine Möglichkeit zur Verfügung steht, die Einhaltung der (unterstellten) Zweckbestimmung zu verfolgen oder zu kontrollieren, selbst wenn ein entsprechendes Interesse bestehen sollte. Denn mit dem Einwurf der Alttextilien in den Sammelcontainer gibt er, wie ihm auch bewusst ist, im Regelfall jede weitere Einflussmöglichkeit auf. Angesichts dessen fehlt es bereits an einer tauglichen Grundlage für die Annahme, der Nutzer eines Sammelcontainers wolle über das Bestehen einer bestimmten Motivationslage hinaus eine (verbindliche) Zweckbestimmung treffen. Im Übrigen hätte die Annahme einer beim Einwurf von Alttextilien in einen Sammelcontainer abgegebenen Zweckbestimmung nur Sinn, wenn es einen Adressaten gäbe, der sich entsprechend der Bestimmung verhalten könnte. Dies ist jedoch nicht der Fall, weil die (unterstellte) Zweckbestimmung bei der Abgabe (Einwurf in den Sammelcontainer) nicht erfasst oder aufgenommen wird und es im Nachhinein regelmäßig nicht möglich ist, allein aus der Art und/oder dem Erhaltungszustand eines einzelnen (Textil-)Stücks auf eine (unterstellte) Zweckbestimmung des Abgebenden beim Einwurf in den Sammelcontainer zurückzuschließen. Da es ‑ auch nach der angesprochenen forsa-Umfrage ‑ unterschiedliche Gründe oder Motive gibt, aus denen heraus Alttextilien zur "Kleidersammlung" gegeben werden, gibt es mit Sicherheit auch Fälle, in denen ein zur Wiederverwendung geeignetes Kleidungsstück ohne entsprechende Zweckbestimmung abgegeben wird, etwa weil der Abgebende das Stück ‑ zur Verminderung eines überschüssigen Bekleidungsbestands ‑ schlicht "loswerden" werden will und es aus Umweltschutz- oder Kostengründen nicht in den Restabfallbehälter wirft. Schließlich führt der Rückschluss von der Art oder dem Erhaltungszustand eines Textilstücks auf die (unterstellte) Zweckbestimmung dazu, dass von der Klägerin jedenfalls auch Abfall gesammelt wird. Denn im Hinblick auf deutlich verschlissene, offensichtlich nicht wieder oder weiter tragbare Kleidung und Schuhe sowie auf andere Textilien außerhalb von Bekleidung könnte von vornherein nicht von einer auf die Wiederverwendung gerichteten Zweckbestimmung ausgegangen werden. Dass es insoweit unterschiedliche Vorstellungen geben wird, ob ein Kleidungsstück gleichwohl noch getragen werden kann bzw. etwa in Notsituationen mangels Alternativen getragen wird, bestätigt die ausgeführte Unmöglichkeit, den Abfallbegriff auf diese Weise zu konkretisieren.
61Aus dem Sortieren nach der Einsammlung und der sich daran anschließenden Vermarktung kann keine Zweckbestimmung im Sinne von § 3 Abs. 2 Alt. 3 KrWG abgeleitet werden. Dementsprechend kommt es weder darauf an, ob das Sortieren als ein Verfahren der Prüfung gemäß § 3 Abs. 24 KrWG die Abfalleigenschaft indiziert, noch bedarf es einer weiteren Betrachtung, ob und gegebenenfalls welche rechtlichen Folgerungen sich daraus ergeben, dass auch Second-Hand-Läden und Kleiderkammern eine Sortierung der ihnen überlassenen Alttextilien vornehmen dürften.
62c) Der von der Klägerin angezeigten Sammlung stehen überwiegende öffentliche Interessen im Sinne von § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG entgegen.
63aa) Die nähere Konkretisierung des unbestimmten Rechtsbegriffs der entgegenstehenden überwiegenden öffentlichen Interessen enthält § 17 Abs. 3 Satz 1 KrWG. Danach liegen diese unter anderem vor, wenn die beabsichtigte Sammlung in ihrer konkreten Ausgestaltung, auch im Zusammenwirken mit anderen Sammlungen, die Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers oder des von diesem beauftragten Dritten gefährdet. Eine solche Gefährdung der Funktionsfähigkeit ist nach § 17 Abs. 3 Satz 2 KrWG anzunehmen, wenn die Erfüllung der nach § 20 KrWG bestehenden Entsorgungspflichten zu wirtschaftlich ausgewogenen Bedingungen verhindert oder die Planungssicherheit und Organisationsverantwortung wesentlich beeinträchtigt wird. Letzteres wiederum ist nach § 17 Abs. 3 Satz 3 KrWG insbesondere anzunehmen, wenn durch die gewerbliche Sammlung
64- 65
1. Abfälle erfasst werden, für die der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger oder der von diesem beauftragte Dritte eine haushaltsnahe oder sonstige hochwertige getrennte Erfassung und Verwertung der Abfälle durchführt,
- 66
2. die Stabilität der Gebühren gefährdet wird oder
- 67
3. die diskriminierungsfreie und transparente Vergabe von Entsorgungsleistungen im Wettbewerb erheblich erschwert oder unterlaufen wird.
§ 17 Abs. 3 Satz 3 Nrn. 1 und 2 KrWG gelten nicht, wenn die vom gewerblichen Sammler angebotene Sammlung und Verwertung der Abfälle wesentlich leistungsfähiger ist als die von dem öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger oder dem von ihm beauftragten Dritten bereits angebotene oder konkret geplante Leistung (§ 17 Abs. 3 Satz 4 KrWG).
69bb) Die vorliegend in Rede stehende Regelung des § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG verlangt auf der Tatbestandsebene allein, dass durch die gewerbliche Sammlung Abfälle erfasst werden, für die der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger oder der von diesem beauftragte Dritte eine haushaltsnahe oder sonstige hochwertige getrennte Erfassung und Verwertung der Abfälle durchführt.
70Unter einer "haushaltsnahen getrennten Erfassung von Abfällen" im Sinne von § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG ist zumindest in erster Linie ein Holsystem beim privaten Haushalt zu verstehen. Dies ergibt sich aus den Kriterien für den Vergleich der Leistungsfähigkeit nach § 17 Abs. 3 Satz 5 KrWG und wird bestätigt durch die Begründung der vom Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit vorgeschlagenen Änderung des ursprünglichen Gesetzentwurfes der Bundesregierung zum Kreislaufwirtschaftsgesetz. Neben dem üblichen Entsorgungsbehälter für das einzelne Grundstück sollen über das Tatbestandsmerkmal "sonstige hochwertige getrennte Erfassung" auch sonstige Erfassungssysteme erfasst werden, soweit sie nach ihrer räumlichen Ausgestaltung, ihrer Beschaffenheit und ihrem konkreten Betrieb die werthaltigen Abfälle aus den privaten Haushalten in gleichem Umfang, gleicher Qualität und gleicher Effizienz erfassen können. Gemeinsames Merkmal aller (geschützten) Systeme soll dabei sein, dass sie das Ressourcenpotential der werthaltigen Abfälle effizient nutzen.
71Vgl. BT-Drucks. 17/7505 (neu), S. 44; Schwind in: von Lersner/Wendenburg, Recht der Abfallbeseitigung, § 17 KrWG Rn. 175, 179 ff.
72Dies schließt ein Bringsystem mit flächendeckend aufgestellten Sammelcontainern ein. Referenzpunkt der Regelung ist das haushaltsnahe Entsorgungssystem, dem die anderen Systeme in den wesentlichen Punkten entsprechen müssen. Insbesondere muss für sämtliche Einwohner des Entsorgungsgebiets eine mit zumutbarem Aufwand erreichbare Möglichkeit der Abgabe der Abfälle bestehen.
73In diesem Sinne auch Schwind, a. a. O., § 17 KrWG Rn. 175 ff.; Karpenstein/Dingemann, a. a. O., § 17 Rn. 174.
74cc) Weitergehende tatbestandliche Anforderungen stellt § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG seinem Wortlaut nach nicht auf, wovon auch das Verwaltungsgericht ausgegangen ist. Danach ist auf der Grundlage dieser Regelung als Rechtsfolge "anzunehmen", dass der gewerblichen Sammlung überwiegende öffentliche Interessen im Sinne einer wesentlichen Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers/Drittbeauftragten entgegenstehen.
75Diese Feststellung bedeutet entgegen der vom Beklagten vertretenen Auffassung aber (noch) nicht, dass allein die Existenz eines haushaltsnahen oder sonstigen hochwertigen Erfassungssystems eine Untersagungsverfügung trüge. Dies wäre nur dann der Fall, wenn § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG bereits für sich genommen einen eigenständigen Untersagungsgrund darstellte oder immer zwingend auf eine wesentliche Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger/Drittbeauftragten führte. Das ist aber nicht der Fall.
76Ein solches Verständnis der Vorschrift findet im Gesetzeswortlaut keine Stütze und widerspricht der Regelungssystematik des § 17 Abs. 3 KrWG. Die Regelungen des § 17 Abs. 3 Satz 3 KrWG stellen ‑ anders als das in § 17 Abs. 3 Satz 1 genannte Bezugskriterium der Funktionsfähigkeit ‑ keine rechtlich verselbständigten Untersagungstatbestände dar. Vielmehr ist bei ihrer Erfüllung die wesentliche Beeinträchtigung des Schutzobjekts der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung (lediglich) "anzunehmen" und ist in der Folge auch eine Gefährdung der Funktionsfähigkeit (nur) "anzunehmen". Damit besagt bereits der Wortlaut von § 17 Abs. 3 Satz 3 KrWG, dass die Erfüllung des Tatbestandes eine weitergehende Betrachtung nicht entbehrlich macht. Ansonsten wäre eine solche Konsequenz nicht "anzunehmen", sondern sie würde "vorliegen", wovon etwa § 17 Abs. 3 Satz 1 KrWG für die "überwiegenden öffentlichen Interessen" im Sinne von § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG ausgeht. Eine derartige Verbindung hat der Gesetzgeber indes in den Sätzen 2 und 3 des § 17 Abs. 3 KrWG nicht vorgesehen und auch nicht gewollt. Das zeigt schon die im Vergleich zu Satz 1 unterschiedliche Fassung der beiden Regelungen, die für den Begriff "anzunehmen" auf einen Aussagegehalt als Vermutung, die sich einzelfallabhängig als richtig oder falsch erweisen kann, hindeutet. Belegt wird dies aber insbesondere auch durch die Begründung des Änderungsantrags zum ursprünglichen Gesetzentwurf, wonach Satz 3 die Schwelle konkretisieren soll, ab der eine "wesentliche Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung angenommen werden kann und den Behörden eine klare Leitlinie" vorgegeben wird.
77Vgl. BT-Drucks. 17/7505 (neu), S. 44 (Unterstreichung durch den Senat).
78Sowohl das Modalverb "kann" als auch der Begriff der "Leitlinie" belegen, dass dieser Bestimmung lediglich ein Orientierungs-, nicht (streng) abschließender Charakter zukommen sollte. Es ist auch nicht zu unterstellen, der Gesetzgeber sei tatsächlich davon ausgegangen, jede gewerbliche Sammlung beeinträchtige ausnahmslos ein hochwertiges kommunales Erfassungssystem. Dagegen spricht insbesondere, dass bereits die in der Begründung des Gesetzentwurfs genannten Erfassungssysteme (Holsysteme und sonstige hochwertige Erfassungssysteme) grundlegende Unterschiede aufweisen und auch innerhalb eines Systemtyps selbst bei seiner Hochwertigkeit gewisse Bandbreiten auftreten können. Schon deshalb variiert naturgemäß ihre "Störanfälligkeit" in beträchtlichem Umfang. Hinzu kommt, dass die jeweils betroffenen Entsorgungsgebiete nach Größe, Siedlungsstruktur und Einwohnerzahl erheblich voneinander abweichen können. Gleiches gilt für die gewerblichen Sammlungen. Dass der Gesetzgeber diese Unterschiede über § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG vollständig einebnen wollte, ist nicht anzunehmen. Im Gegenteil liegt es geradezu auf der Hand, dass etwa eine gewerbliche Sammlung von Alttextilien, die im Extremfall nur einen Container oder eine einmal jährlich stattfindende Straßensammlung in einem Stadt- oder Ortsteil umfasst, das bestehende, voraussetzungsgemäß hochwertige System des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers/Drittbeauftragten schon bei abstrakter Betrachtung im Hinblick auf Planung und Organisation nicht tangiert. Es ist nichts dafür ersichtlich, dass der Gesetzgeber auch in einem solchen Fall eine Untersagung der gewerblichen Sammlung wegen entgegenstehender überwiegender öffentlicher Interessen anordnen wollte.
79Die Regelung des § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG ist damit ‑ im Sinne einer Vermutung ‑ so zu verstehen, dass ein bestehendes hochwertiges Erfassungssystem des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers/Drittbeauftragten nicht von vornherein und immer die Schlussfolgerung rechtfertigt, dass in diesem Fall die Planungssicherheit und Organisationsverantwortung wesentlich durch eine angezeigte gewerbliche Sammlung ‑ im Zusammenwirken mit anderen Sammlungen ‑ beeinträchtigt sein wird und dass die Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers/Drittbeauftragten gefährdet ist. Letzteres bedarf des Vorliegens weiterer Umstände, wobei sich allerdings die Annahmen aus den Sätzen 2 und 3 des § 17 Abs. 3 KrWG ihrem Wesen als Vermutungen entsprechend indiziell dahingehend auswirken, dass die "anzunehmenden" Folgen regelmäßig eintreten. Ob dies dann tatsächlich der Fall ist, hängt immer davon ab, ob und inwieweit der von den Annahmen vorausgesetzte Sachverhalt zunächst auf die Planungssicherheit und Organisationsverantwortung und von dort aus auf die Funktionsfähigkeit durchschlägt.
80Angesichts dessen kann der Begriff "anzunehmen" nicht als eine gesetzlich zwingende (unwiderlegliche) Vermutung
81- so etwa Dageförde/Thärichen, AbfallR 2013, 125; Wenzel, ZUR 2014, 579; Siederer/Wenzel/ Schütze, AbfallR 2014, 79 -
82oder als gesetzliche Fiktion
83- so insbesondere Schwind, a. a. O., § 17 KrWG Rn. 172; Weidemann, AbfallR 2012, 96 -
84verstanden werden. Zwar ließe der Wortlaut des § 17 Abs. 3 Satz 3 KrWG ein solches Verständnis zu, das aufgrund der gleichlautenden Formulierung in § 3 Abs. 2 und 3 KrWG in systematischer Hinsicht auch nicht vollkommen fernläge.
85Vgl. dazu Schwind, a. a. O., § 17 KrWG Rn. 172.
86Dem steht aber im vorliegenden Zusammenhang entgegen, dass das Tatbestandsmerkmal von vornherein nicht in jeder von ihm erfassten Konstellation geeignet wäre, eine reale Verbindung zwischen dem Vermutungs- bzw. Fiktionstatbestand und dem Bezugsobjekt herzustellen. Dies führte dann zumindest partiell zu den oben bereits angesprochenen logischen Brüchen. Diese lassen sich aber vermeiden, wenn der Begriff "anzunehmen" ‑ wie dargestellt ‑ als eine (widerlegliche) Vermutung oder als Regelfall mit Ausnahmevorbehalt verstanden wird. Mit einem solchen Verständnis des in § 17 Abs. 3 Satz 3 KrWG verwendeten Begriffs "anzunehmen" wird für § 17 Abs. 3 Satz 1 KrWG die notwendige und gewollte Wesentlichkeit der Auswirkungen sichergestellt und dem Sinn und Zweck von § 17 Abs. 3 Satz 3 KrWG, als Hilfsmittel für den Ausgleich der Interessen des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers/Drittbeauftragten und des gewerblichen Sammlers zu dienen, angemessen Rechnung getragen.
87dd) In diesem Verständnis bedarf die Regelung des § 17 Abs. 3 Satz 3 KrWG (auch) im Hinblick auf seine Nr. 1 entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts, die auch der wohl herrschenden Auffassung in Literatur und Rechtsprechung entsprechen dürfte,
88Vgl. VGH Bad.-Württ., Beschlüsse vom 9. September 2013 - 10 S 1116/13 -, a. a. O., und vom 4. März 2014 - 10 S 1127/13 -, GewArch 2014, 245; VG Neustadt, Urteil vom 28. Mai 2015 - 4 K 1115/14.NW -, juris; Karpenstein/Dingemann, a. a. O., § 17 Rn. 171; Dippel, a. a. O., § 17 Rn. 65; Beckmann in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, § 17 KrWG Rn. 118, 129,
89nicht aus übergeordneten Gesichtspunkten heraus einer Korrektur im Sinne einer einschränkenden Auslegung im Hinblick auf die dort geregelten Merkmale, die zur gesetzlich angeordneten Annahme wesentlicher Beeinträchtigungen führen sollen. Vielmehr trägt das Verständnis von § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG als (widerlegliche) Vermutung oder als Regelfall mit Ausnahmevorbehalt den Gesichtspunkten hinreichend Rechnung, die für eine solche einschränkende Auslegung angeführt werden.
90Angesichts des insoweit eindeutigen Wortlauts des § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG käme eine solche - ergänzende oder korrigierende - Auslegung nach allgemeinen Auslegungsregeln nur dann in Betracht, wenn das so gefundene wortlautgetreue Verständnis ersichtlich nicht dem Willen des Gesetzgebers entspräche, zu sinnwidrigen, der Denklogik widersprechenden Ergebnissen führte oder das vom Gesetzgeber an sich Gewollte in dieser Form mit höherrangigem Recht nicht in Einklang stünde und dieser Widerspruch durch eine solche einschränkende Interpretation beseitigt werden könnte. Nur dann dürfte die an sich jeder Auslegung gesetzte Wortlautgrenze überwunden werden. Keine der genannten Voraussetzungen ist indes unter der dargestellten Prämisse einer (widerleglichen) Vermutung bzw. eines Regel-/Ausnahmeverhältnisses erfüllt.
91(1) Entgegen der in Teilen von Rechtsprechung und Literatur vertretenen Auffassung lässt sich nicht feststellen, dass das vorstehend dargelegte Auslegungsergebnis nicht vom Willen des Gesetzgebers gedeckt ist.
92Die insoweit regelmäßig herangezogene Begründung zum ursprünglichen Gesetzentwurf der Bundesregierung (BT-Drucks. 17/6052)
93- hierauf stellen etwa VGH Bad.-Württ., Beschlüsse vom 9. September 2013 - 10 S 1116/13 -, a. a. O., und vom 4. März 2014 - 10 S 1127/13 -, a. a. O., und VG Neustadt, Urteil vom 28. Mai 2015 - 4 K 1115/14.NW -, a. a. O., VG München, Urteil vom 24. Oktober 2013 - M 17 K 13.2189 -, juris, ab -
94ist hierfür unergiebig, weil sie sich auf eine Fassung des § 17 Abs. 3 KrWG bezieht, die nicht Gesetz geworden, sondern durch die vom Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit in Bezug auf die Regelung in Satz 2 und die Neueinführung des Satzes 3 substantiell und gerade mit dem Ziel, den Schutzkatalog für die öffentlichen Interessen zu erweitern (BT-Drucks. 17/7505 (neu), S. 43), modifiziert worden ist. Unabhängig davon lässt ein "einseitiges" Abstellen auf die (ursprünglichen) Vorstellungen der Bundesregierung außer Acht, dass der Gesetzgebungsprozess gerade von einem Interessengegensatz zwischen öffentlich-rechtlichen Entsorgern und gewerblichen Sammlern geprägt war und die Interessen der öffentlich-rechtlichen Entsorger in verstärktem Maße von Seiten des Bundesrates vertreten wurden, während seitens der Bundesregierung ‑ nicht zuletzt aufgrund dort bestehender europarechtlicher Bedenken ‑ das Ziel einer stärkeren Marktöffnung verfolgt wurde. Demzufolge weisen die erst im Vermittlungsausschuss endgültig konturierten Regelungen der letztendlich Gesetz gewordenen Fassung des § 17 Abs. 3 KrWG Kompromisscharakter auf, so dass zu deren Auslegung die ursprünglichen Vorstellungen der Bundesregierung jedenfalls nicht ohne weiteres und uneingeschränkt herangezogen werden können.
95Vgl. dazu insbesondere Schwind, a. a. O., § 17 KrWG Rn. 23 ff.
96Nimmt man indes die auf die Ergänzung des § 17 Abs. 3 KrWG bezogenen Materialien zum Maßstab, spricht alles dafür, dass der Gesetzgeber die Regelung des § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG bewusst gewählt hat. So wird dort die Einfügung der Regelung des § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG wie folgt erläutert:
97" Nach der ersten Fallgruppe erhält die vom öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger durchgeführte hochwertige getrennte Erfassung und Verwertung einen besonderen Schutz, insbesondere gegenüber dem sogenannten 'Rosinenpicken'." (BT-Drucks. 17/7505, S. 44)
98In der zusammenfassenden Begründung zu § 17 Abs. 3 Satz 3 KrWG neu heißt es sodann:
99" Durch die Ergänzung der Regelung wird die Steuerungsverantwortung der öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger konkretisiert. Die Regelung verdeutlicht, dass hochwertige Wertstofferfassungssysteme in rechtssicherer Weise geschützt werden können und die Aufgabenerledigung auf verlässlicher Grundlage bei tragfähigen und stabilen Gebühren organisiert werden kann. Zugleich schützt die Regelung auch die wettbewerbskonforme Einbindung der privaten Entsorgungswirtschaft in die kommunale Aufgabenwahrnehmung und sichert so die 'duale' Entsorgungsverantwortung im Bereich der Entsorgung von Haushaltsabfällen ab. Sie gewährleistet damit einen fairen Interessenausgleich zwischen öffentlich-rechtlicher und privater Entsorgungswirtschaft." (BT-Drucks. 17/7505, S. 44)
100Eine entsprechende Regelungsabsicht lässt auch die grundlegende Motivation zur gesetzlichen Aufwertung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung zu eigenständigen Schutzobjekten und zu deren gesetzlicher Konkretisierung durch die Regelung des Satzes 3 erkennen, wonach mit ihm den Betroffenen eine klare Leitlinie zur Beurteilung wesentlicher Beeinträchtigungen vorgegeben werden sollte.
101BT-Drucks. 17/7505 (neu), S. 44.
102Noch deutlicher in diese Richtung geht die Stellungnahme der FDP-Fraktion, die grundsätzlich einen möglichst großen Spielraum der privaten Entsorger im Gesetzgebungsverfahren verfochten hat, im Zusammenhang mit dem endgültigen Gesetzesbeschluss. Dort heißt es:
103" In vielen Kommunen gebe es keine gesonderte Papiersammlung oder das Papier müsse auf Wertstoffhöfen oder in Wertstoffcontainern in großer Entfernung entsorgt werden. In diesem Fall sei es ökologisch sinnvoll, wenn ein privates Unternehmen dies übernehme und damit auch noch Geld verdiene. Das dürfe von den Kommunen nicht untersagt werden. Wenn die Kommunen diesen Service nicht anböten, dürfe nicht verhindert werden, dass es Wettbewerb gebe. Wenn aber die Kommunen den Service einer Papiertonne anböten, müsse dieser auch Bestand haben." (BT-Drucks. 17/7505 (neu), S. 18)
104Ein dem (ursprünglichen) gesetzgeberischen Anliegen, gewerblichen Sammlern einen (erleichterten) Marktzugang und damit in größerem Umfang Konkurrenz zwischen privaten und öffentlich-rechtlichen Sammlungen zu ermöglichen, widersprechender absoluter Konkurrenzschutz, der eine einschränkende Auslegung erfordern könnte,
105vgl. dazu etwa VGH Bad.-Württ., Beschlüsse vom 9. September 2013 - 10 S 1116/13 -, a. a. O., und vom 4. März 2014 - 10 S 1127/13 -, a. a. O.; VG München, Urteil vom 24. Oktober 2013 - M 17 K 13.2189 -, a. a. O., VG Würzburg, Urteil vom 12. November 2013 - W 4 K 13.326 -, juris,
106ist mit dieser Regelung ‑ zumal im Verständnis eines Regelfalles ‑ im Übrigen nicht verbunden. Denn die Regelung lässt tatbestandlich nicht jedes Entsorgungssystem ausreichen, sondern verlangt dessen Hochwertigkeit. Ein solches kommunales Sammlungssystem ist jedenfalls nicht in allen Gemeinden und nicht für alle in Frage kommenden Abfallfraktionen vorhanden. Gewerblichen Sammlern verbleibt immer die Möglichkeit, ihre Sammeltätigkeit in solchen Kommunen auszuüben, in denen ein hochwertiges Erfassungssystem nicht bzw. nicht für die in Frage kommende Abfallfraktion vorhanden ist. Dass dies nicht ein rein theoretisches Phänomen ist, zeigt gerade das vorliegende Verfahren. Der Beklagte hat der Klägerin nicht die angezeigte Sammlung von Alttextilien in seinem gesamten Zuständigkeitsbereich untersagt, sondern nur in einer einzelnen kreisangehörigen Kommune. In allen anderen Städten und Gemeinden, in denen nach Auffassung des Beklagten keine hochwertigen Erfassungssysteme existieren, darf die Klägerin ihrer Tätigkeit uneingeschränkt nachgehen. Mit einem vollständigen Konkurrenzschutz ist die Klägerin daher nicht einmal im Zuständigkeitsbereich des Beklagten konfrontiert.
107(2) Das hier zugrunde gelegte Verständnis des § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG wird auch nicht durch die Überlegung in Frage gestellt, der Gesetzgeber habe sich an der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts im sog. Altpapierurteil,
108BVerwG, Urteil vom 18. Juni 2009 - 7 C 16.08 -, BVerwGE 124, 154,
109konkret an den dortigen Fallgruppen der wesentlichen Änderung der Entsorgungsstruktur und des Schutzes des Vergaberechts, orientiert, weshalb die in Satz 3 benannten Fälle mit Blick hierauf verstanden werden müssten.
110Zum einen steht der von § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr.1 KrWG erfasste Fall ausdrücklich nur beispielhaft ("kann von Bedeutung sein") für die nach Auffassung des Bundesverwaltungsgerichts ausreichende "mehr als geringfügige Auswirkung auf Organisation und Planungssicherheit".
111BVerwG, Urteil vom 18. Juni 2009 - 7 C 16.08 -, a. a. O. (Rn. 34).
112Zum anderen bleibt außer Acht, dass nach Auffassung des Bundesverwaltungsgerichts die Entsorgungssicherheit nur ein Aspekt, wenn auch ein wesentlicher, im Rahmen der erforderlichen Prüfung entgegenstehender überwiegender öffentlicher Interessen ist. Daneben steht die Erwägung, wonach die gesetzliche Überlassungspflicht für Abfälle aus privaten Haushaltungen unter unionsrechtlicher Perspektive ihre Rechtfertigung auch darin findet, dass (schon) bei einer Freigabe des Wettbewerbs im Markt um Abfälle aus privaten Haushaltungen Funktionsstörungen zu erwarten sind und deshalb eine Aufgabenzuweisung an den öffentlichen Entsorgungsträger erfolgen darf. Die kontinuierliche und verlässliche Aufgabenerfüllung der Hausmüllentsorgung durch den öffentlichen Entsorgungsträger setze ein Mindestmaß an Planbarkeit voraus, das bei ungehindertem Zugriff privater Dritter nicht gewährleistet sei.
113BVerwG, Urteil vom 18. Juni 2009 - 7 C 16.08 -, a. a. O., (Rn. 41); bestätigt durch BVerfG, Beschluss vom 28. August 2014 - 2 BvR 2639/09 ‑, NVwZ 2015, 52 (Rn. 44).
114Diese Erwägung stellt das Bundesverwaltungsgericht ausdrücklich neben seine Ausführungen zur Entsorgungssicherheit. Dies lässt sich letztlich nur so verstehen, dass daneben der hier unter europarechtlichen Gesichtspunkten angeführte Aspekt, wonach ein freier Markt mit freiem Zugriff für sich genommen als schädlich betrachtet werden kann, zu berücksichtigen ist ‑ und zwar gerade in Abhängigkeit von materiellen Qualitätskriterien ("kontinuierliche und verlässliche Aufgabenerfüllung"). In diese nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts eröffnete Rechtfertigungsmöglichkeit ist die Regelung des § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG bruchlos einzuordnen.
115Demgegenüber passen die für eine wesentliche Beeinträchtigung der Entsorgungsstruktur angeführten Fallgruppen auf den Fall des § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG bereits im Ansatz nicht. Ein solches hochwertiges System setzt einen nicht unerheblichen Personal- und Logistikeinsatz gerade voraus. Deshalb kann es im Hinblick auf die Änderung der Entsorgungsstruktur auch nicht darauf ankommen, dass Personal für den Fall der Aufgabe des gewerblichen Sammlers vorgehalten werden muss. Entsprechendes Personal für (fast) alles Sammelbare ist naturgemäß vorhanden.
116(3) Auch der Verweis auf das "Kaskadensystem" des § 17 Abs. 3 KrWG stellt das hier zugrunde gelegte Verständnis des § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG nicht in Frage.
117Ob der Einwand, ein auf den Wortlaut beschränktes Verständnis des § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG lasse sich nicht in das "Kaskadensystem" des § 17 Abs. 3 KrWG einfügen, da allein die Existenz eines öffentlich-rechtlichen Entsorgungssystems noch nicht bedeute, dass es durch eine gewerbliche Sammlung wesentlich beeinträchtigt oder in seiner Funktion gefährdet wäre, für die Auslegung des Gesetzes maßgeblich herangezogen werden kann, liegt nicht ohne weiteres auf der Hand. Denn der Gesetzgeber dürfte nach den vorstehenden Ausführungen die Konsequenzen der Regelung erfasst und bezweckt haben, ohne dass er die Tragweite der Bestimmung seinerseits grundsätzlich verkannt hätte. Im Rahmen der Gesetzesauslegung ist daher zunächst zu prüfen, ob das System so, wie es vorhanden ist, einen Sinn ergeben kann. Erst wenn dies zu verneinen ist, kommt unter dem Gesichtspunkt der Widersprüchlichkeit eine korrigierende Auslegung in Betracht.
118Vor diesem Hintergrund kommt dem Umstand besondere Bedeutung zu, dass der Gesetzgeber den Schutz des § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG allein einem hochwertigen Erfassungssystem zukommen lassen will. Der Regelung liegt damit zum einen der Gedanke der Sicherung des damit einhergehenden hohen Umweltstandards zugrunde, der gegen Wettbewerb abgeschirmt wird. Da das Kreislaufwirtschaftsgesetz insgesamt jedenfalls primär auf ökologische Standards, nicht auf ökonomische Chancengerechtigkeit ausgelegt ist, kann hierin kein grundlegender Wertungswiderspruch gesehen werden.
119In diesem Sinne auch Schwind, a. a. O., § 17 KrWG Rn. 175 ("kein ökologischer Mehrwert").
120Zum anderen ist bei einem solchen System regelmäßig zu unterstellen, dass der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger/Drittbeauftragte seiner Organisationsverantwortung in besonderer Weise gerecht geworden ist. Wegen dieser "Vorleistung" erscheint es auch nicht von vornherein unsinnig anzunehmen, dass er deshalb auf eine größere Planungssicherheit angewiesen ist. Ebenso durfte der Gesetzgeber berücksichtigen, dass ein solches hochwertiges System regelmäßig eine komplexere Logistik erfordert und deshalb störungssensibler ist. Dies gilt jedenfalls für ein ‑ dem Gesetzgeber wie ausgeführt primär vor Augen stehendes und als Referenzmodell dienendes ‑ flächendeckendes Holsystem (wie beispielsweise bei der Papiertonne).
121In diesem Sinne auch Karpenstein/Dingemann, a. a. O., § 17 Rn. 173.
122Dass dieser Ansatz nicht uneingeschränkt auf die "sonstigen" (Bring-)Systeme Anwendung finden kann, da diese insoweit regelmäßig hinter dem Planungs- und Organisationsaufwand und den damit verbundenen Kosten zurückbleiben, kann über die hinreichend offene Formulierung "ist anzunehmen" sachgerecht berücksichtigt werden und lässt nicht zwingend auf einen grundlegenden Wertungswiderspruch schließen.
123(4) Das hier zugrunde gelegte Verständnis des § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG bedarf auch keiner europarechtlichen Korrektur.
124Es ist nicht zu erkennen, dass das dargestellte Verständnis des § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG die europarechtlichen Anforderungen verfehlte. Soweit dies vornehmlich mit der Überlegung begründet wird, eine allein am Wortlaut der tatbestandlichen Voraussetzungen orientierte Auslegung führe zu einem unionsrechtlich unzulässigen (und vom Gesetzgeber ersichtlich nicht gewollten) absoluten Konkurrenzschutz, trifft dies ‑ wie ausgeführt ‑ bereits im Ausgangspunkt nicht zu. Denn für die Anwendung des § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG reicht gerade nicht die Existenz irgendeines öffentlich-rechtlichen Entsorgungssystems aus, sondern dieses muss qualitative Voraussetzungen erfüllen. Ist dies nicht der Fall, bleibt es bei einem "freien Markt", wie es hier in weiten Teilen des Zuständigkeitsbereichs des Beklagten für die Fraktion der Alttextilien weiterhin der Fall ist. Absoluten Schutz vor Konkurrenz kann es daher allenfalls im konkreten Sammlungsgebiet geben. Diese Klarstellung ist aus unionsrechtlicher Perspektive aus zwei Gründen bedeutsam:
125Zum einen wird damit Konkurrenz nicht per se für das Gebiet eines Mitgliedstaats ausgehebelt, zum anderen wird der Schutz gerade an einem Merkmal festgemacht, das europarechtlich nicht nur unbedenklich ist, sondern dem zunehmend gerade vom Primärrecht besonderes Augenmerk geschenkt wird.
126Vgl. dazu Hatje in: Schwarze, EU-Kommentar, 3. Aufl. 2012, Art. 14 Rn. 5 ff.; Schorkopf, WuV 2008, 253; Frenz, GewArch 2011, 16; in diesem Sinne auch Karpenstein/ Dingemann, a. a. O., § 17 Rn. 173.
127Insbesondere die durch den Lissabonner Vertrag neugefasste Bestimmung des Art. 14 AEUV, wonach in Anbetracht des Stellenwerts, den Dienste von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse innerhalb der gemeinsamen Werte der Union einnehmen, sowie ihrer Bedeutung bei der Förderung des sozialen und territorialen Zusammenhalts die Union und die Mitgliedsstaaten im Rahmen ihrer jeweiligen Befugnisse im Anwendungsbereich der Verträge dafür Sorge tragen, dass die Grundsätze und Bedingungen, insbesondere jene wirtschaftlicher und finanzieller Art, für das Funktionieren dieser Dienste so gestaltet sind, dass diese ihren Aufgaben nachkommen können, und das hierauf bezogene Protokoll Nr. 26 über Dienste von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse
128- zum Rang als vollwertiger Bestandteil des Primärrechts nach Art. 51 EUV vgl. nur Hatje, a. a. O., Art. 14 Rn. 15 -
129lassen erkennen, dass die von § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG tatbestandlich erfassten hochwertigen Sammlungssysteme auch aus unionsrechtlicher Perspektive in qualifizierter Weise schutzwürdig sind. Die Qualität der Erbringung von Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse wird durch das Protokoll Nr. 26 zum Lissabonner Vertrag konkret und ausdrücklich anerkannt. Danach kommt es für Daseinsvorsorgeleistungen insbesondere auf die Bedürfnisse und Präferenzen der Nutzer sowie auf "ein hohes Niveau in Bezug auf Qualität, Sicherheit und Bezahlbarkeit, Gleichbehandlung und Förderung des universellen Zugangs und der Nutzerrechte" an. Die nähere Ausgestaltung wird zugleich in die Verantwortung der Mitgliedstaaten gestellt.
130Hinzu kommt, dass durch den Lissabonner Vertrag die (frühere) reine Zielbestimmung des Art. 14 AEUV um einen Gewährleistungsauftrag ergänzt wurde.
131Vgl. Wernicke in: Grabitz/Hilf/Nettesheim, Das Recht der Europäischen Union, Art. 14 AEUV Rn. 39 ff.; Frenz, GewArch 2011, 16.
132Auch dies spricht dafür, dass eine Regelung wie die hier in Rede stehende sich im Rahmen des Unionsrechts bewegt, wie es insbesondere die Beschlussempfehlung des Ausschusses für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit postuliert.
133Vgl. BT-Drucks. 17/7505 (neu), S. 43.
134Dem steht auch nicht grundsätzlich entgegen, dass Art. 14 AEUV und das Protokoll Nr. 26 nicht an die Stelle des Art. 106 Abs. 2 AEUV, sondern neben ihn treten bzw. ihn "unbeschadet" lassen. Zum einen sind sie gleichwohl jedenfalls bei dessen Auslegung zu berücksichtigen.
135Vgl. Khan in: Geiger/Khan/Kotzur, EUV/AEUV - Kommentar, 5. Aufl. 2010, Art. 106 Rn. 20; Hatje, a. a. O., Art. 14 Rn. 11, 15; Jung in: Calliess/ Ruffert, EUV/AEUV - Kommentar, 4. Aufl. 2011, Art. 106 AEUV Rn. 52; Frenz, GewArch 2011, 16.
136Zum anderen ist zu beachten, dass nach der jüngeren Rechtsprechung der europäischen Gerichte im Rahmen der Reglementierung von Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse (der Daseinsvorsorge) den Mitgliedstaaten auch nach Art. 106 Abs. 2 AEUV ein weiter Ermessensspielraum zuzubilligen ist, der im Wesentlichen nur im Hinblick auf offensichtliche Fehler und missbräuchliches Verhalten der Kontrolle der Gemeinschaftsorgane unterliegt.
137Vgl. dazu EuGH, Urteile vom 23. Oktober 1997 ‑ Rs. C-157/94 (Kommission/Niederlande) -, Slg. 1997, I-5768 (Rn. 36 ff., 51 ff.) und vom 21. September 1999 - Rs. C-67/96 (Albany) -, Slg. 1999, I-5863 (Rn. 103 f.); EuG, Urteil vom 12. Februar 2008 ‑ T-289/03 -, Slg. 2008, II-81 (Rn. 148); in diesem Sinne auch Voet van Vormizeele in: Schwarze, EU-Kommentar, 3. Aufl. 2012, Art. 106 AEUV Rn. 63, 69 ff.; eingehend Wernicke, a. a. O., Art. 106 AEUV Rn. 73 ff.
138Europarechtlich scheint es nach den vorstehenden Ausführungen aber jedenfalls nicht als offensichtlich fehlsam, eine bestimmte Qualitätsstufe vor Gefährdungen zu schützen.
139Auch die vom Europäischen Gerichtshof benannten und anerkannten, vom Bundesverfassungsgericht in seinem Beschluss vom 28. August 2014 ‑ 2 BvR 2639/09 -, NVwZ 2015, 52, noch betonten Fallgruppen, in denen nationale Regelungen den Anforderungen des Art. 106 Abs. 2 AEUV genügen können, sind insgesamt weitgehend und letztlich nur unter der Prämisse eines weiten Regelungsspielraums nachvollziehbar. Danach sind das Abholen und die Behandlung von Haushaltsabfällen im Allgemeininteresse liegende öffentliche Aufgaben, die ein Staat von Behörden wahrnehmen lassen kann und auf die er entscheidenden Einfluss behalten darf.
140Vgl. EuGH, Urteile vom 10. November 1998 ‑ Rs. C-360/96 (BFI Holding) -, Slg 1998, I-6821 (Rn. 52), und vom 23. Mai 2000 - Rs. C-209/98 (Sydhavens Sten & Grus) -, Slg. 2000, I-3777 (Rn. 76).
141Eine Verhinderung der Aufgabenerfüllung im Sinne von Art. 106 Abs. 2 AEUV liegt vor, wenn das öffentliche Unternehmen seine Tätigkeit unter Wettbewerbsbedingungen nicht zu wirtschaftlich ausgewogenen Bedingungen ausüben kann. Eine Existenzgefährdung durch die Zulassung von Wettbewerb ist dabei nicht erforderlich.
142Vgl. EuGH, Urteile vom 15. November 2007 ‑ Rs. C-162/06 (International Mail Spain) -, Slg. 2007, I-9926 (Rn. 34 f.), vom 21. September 1999 - Rs. C-67/96 (Albany) -, a. a. O. (Rn. 107), vom 23. Oktober 1997 - Rs. C-157/94 (Kommission/ Niederlande) -, a. a. O. (Rn. 43), und vom 19. Mai 1993 - Rs. C-320/91 (Corbeau) ‑, Slg. 1993, I-2563 (Rn. 14 ff.).
143Entscheidend ist vielmehr, ob es für das begünstigte Unternehmen einen anderen wirtschaftlich zumutbaren Weg gibt, seine Aufgabe zu erfüllen, wobei auch die Möglichkeit eines Ausgleichs zwischen den rentablen und den weniger rentablen Tätigkeitsbereichen einzubeziehen ist.
144Vgl. EuGH, Urteile vom 15. November 2007 - Rs. C-162/06 (International Mail Spain) -, a. a. O. (Rn. 36), vom 25. Oktober 2001 ‑ Rs. C-475/99 (Ambulanz Glöckner) ‑, Slg. 2001, I‑8137 (Rn. 57 ff.), vom 17. Mai 2001 - Rs. C-340/99 (TNT Traco) -, Slg. 2001, I-4142 (Rn. 55), vom 23. Oktober 1997 - Rs. C-157/94 (Kommission/Niederlande) -, a. a. O. (Rn. 43), und vom 19. Mai 1993 - Rs. C-320/91 (Corbeau) -, a. a. O. (Rn. 14 ff.).
145Beschränkungen können auch dann gerechtfertigt sein, wenn sie dazu dienen, dass eine Dienstleistung von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse zu möglichst niedrigen, sozialverträglichen Gebühren erbracht werden kann.
146Vgl. EuGH, Urteile vom 23. Oktober 1997 - Rs. C-157/94 (Kommission/Niederlande) -, a. a. O. (Rn. 42); in diesem Sinne wohl auch Urteil vom 25. Oktober 2001 - Rs. C-475/99 (Ambulanz Glöckner) ‑, a. a. O. (Rn. 53 zum Aspekt des sog. "Rosinenpickens").
147Allerdings lässt sich der einschlägigen Rechtsprechung nicht zweifelsfrei entnehmen, wie weit der den Mitgliedstaaten grundsätzlich zugestandene Ermessensspielraum im Einzelfall reicht, da insbesondere der Europäische Gerichtshof gleichzeitig betont, dass Art. 106 Abs. 2 AEUV als Ausnahmevorschrift von den Grundsätzen des Binnenmarktes insgesamt tendenziell eng auszulegen sei.
148In diesem Sinne EuGH, Urteile vom 15. November 2007 - Rs. C-162/06 (International Mail Spain) -, a. a. O. (Rn. 49), vom 17. Mai 2001 ‑ Rs. C-340/99 (TNT Traco) -, a. a. O. (Rn. 56), vom 25. Juni 1998 - Rs. C-203/96 (CAD) -, Slg. I-4111 (Rn. 64 ff.), und vom 23. Oktober 1997 ‑ Rs. C-157/94 (Kommission/Niederlande) -, a. a. O. (Rn. 51 ff.); Khan, a. a. O., Art. 106 Rn. 20.
149Vor diesem Hintergrund erscheint es ‑ nicht zuletzt unter Berücksichtigung der Stellungnahme der Europäischen Kommission vom 29. Juni 2011 im Notifizierungsverfahren (abgedruckt bei von Lersner/Wendenburg, a. a. O., § 17 KrWG Rn. 39), die das materielle Erfordernis wesentlicher Auswirkungen auf den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger betont und strukturelle Änderungen im System des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers als Rechtfertigungsgrund offenbar noch nicht ausreichen lassen will ‑ nicht ausgeschlossen, bei einem allein auf die tatbestandlichen Voraussetzungen abstellenden Verständnis die Regelung des § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG als von Art. 106 Abs. 2 AEUV trotz des Ermessensspielraums der Mitgliedstaaten nicht mehr gedeckt anzusehen.
150Vgl. dazu insbesondere Schwind, a. a. O., § 17 KrWG Rn. 4 ff., 175; Karpenstein/Dingemann, a. a. O., § 17 Rn. 170.
151Dies kann indes schon deshalb auf sich beruhen, weil diese Bedenken jedenfalls dann nicht mehr durchgreifen, wenn auch das auf der Rechtsfolgenseite des § 17 Abs. 3 Satz 3 KrWG befindliche Wort "anzunehmen" in den Blick genommen wird und ‑ wie bereits im Einzelnen dargelegt ‑ dahingehend verstanden wird, dass die Vorschrift eine (widerlegliche) Vermutung oder einen Regelfall mit Ausnahmevorbehalt beinhaltet.
152Ergänzend ist im Übrigen noch darauf hinzuweisen, dass auch eine bereits den Wortlaut des § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG korrigierende unionsrechtlich begründete Auslegung den vorstehend dargelegten Ermessensspielraum des Gesetzgebers zu berücksichtigen hätte und ihrerseits unter einem Erforderlichkeitsvorbehalt stünde. Aus diesem Grund dürfte sie jedenfalls nicht so weit gehen, dass die Voraussetzungen des § 17 Abs. 3 Satz 2 KrWG letztlich losgelöst von § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG geprüft würden und diese Regelung statt als Regelbeispiel als zusätzliches Tatbestandsmerkmal verstanden würde. Ausgehend davon, dass der Gesetzgeber jedenfalls grundsätzlich europarechtlich befugt ist, Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse unter qualitativen Gesichtspunkten Wettbewerbsbeschränkungen zu unterwerfen, dürfte auch ein solches Verständnis nicht dazu führen, dass § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG letztlich Ausnahmecharakter erhielte oder durch die zusätzlichen Anforderungen rechtlich oder tatsächlich leerliefe. Zu weit ginge auch in der unionsrechtlichen Perspektive daher die Auffassung, die Rechtfertigung der Untersagung einer gewerblichen Sammlung sei davon abhängig zu machen, dass tatsächliche Beeinträchtigungen immer vom öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger nachgewiesen werden müssten und noch zusätzlich auch deren Wesentlichkeit positiv festzustellen wäre.
153So aber Karpenstein/Dingemann, a. a. O., § 17 Rn. 170; VG Neustadt, Urteil vom 28. Mai 2015 ‑ 4 K 1115/14.NW -, a. a. O.
154Die aus Art. 106 Abs. 2 AEUV, Art. 14 AEUV i. V. m. dem Protokoll Nr. 26 zum Vertrag von Lissabon folgenden Anforderungen an eine tatbestandliche Reduktion dürften sich daher nicht entscheidend von denjenigen Maßstäben unterscheiden, die bei einem Verständnis von § 17 Abs. 3 Satz 3 KrWG als widerlegliche Vermutung bzw. als Regelfälle mit Ausnahmevorbehalt anzuwenden wären. Eine unionsrechtliche Reduktion wäre dementsprechend nur dann von Bedeutung und in diesem Fall unter dem Gesichtspunkt der Erforderlichkeit auch geboten, wenn man die Regelung der Nr. 1 ‑ was wie bereits im Einzelnen dargelegt nicht sachgerecht ist ‑ als unwiderlegliche Vermutung oder gesetzliche Fiktion verstünde, ohne dass dies aber im Einzelfall zu anderen Ergebnissen führen dürfte.
155(5) Das hier zugrunde gelegte Verständnis des § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG steht auch in Einklang mit Art. 12 GG.
156Der partielle Ausschluss privater Entsorgungsunternehmen aus der Verwertung von Hausmüllbestandteilen stellt nur einen Ausschnitt aus dem Tätigkeitsfeld der Abfallsammlung und -entsorgung dar und ist daher als eine Berufsausübungsregelung zu qualifizieren, die hier durch vernünftige Erwägungen des Allgemeinwohls ‑ Sicherstellung der jederzeitigen Abfallbeseitigung ‑ gerechtfertigt ist.
157Vgl. BVerfG, Beschluss vom 28. August 2014 ‑ 2 BvR 2639/09 -, NVwZ 2015, 52, 55; kritisch Oexle/ Lammers, AbfallR 2015, 192.
158ee) Ist die Regelung des § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG damit im Ergebnis so zu verstehen, dass ein bestehendes hochwertiges Erfassungssystem des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers/Drittbeauftragten zwar regelmäßig, nicht aber ausnahmslos den Schluss rechtfertigt, dass in diesem Fall die Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers/Drittbeauftragten wesentlich durch eine gewerbliche Sammlung beeinträchtigt wird, bleibt stets zu prüfen, ob bei der Betrachtung des konkreten Einzelfalles Umstände zu erkennen sind, die ‑ im Sinne einer Widerlegung der Vermutung bzw. einer Ausnahme von dem Regelfall ‑ ein anderes Ergebnis tragen.
159(1) Diese Betrachtung hat indes zu berücksichtigen, dass mit Wortwahl und Entstehungsgeschichte sowie Sinn und Zweck nach dem Vorstehenden eine Verbindlichkeit in der Form einer "Vermutung"/"Regel" vorgegeben ist. Die Annahmen nach § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG und in deren Folge nach § 17 Abs. 3 Satz 2 KrWG kommen daher nur dann nicht zum Tragen, wenn eine Konstellation vorliegt, die bei konkreter Betrachtung eine vom gesetzlichen Regelfall abweichende Einschätzung rechtfertigt. Dabei ist aber wiederum zu beachten, dass die Regelungen des § 17 Abs. 3 KrWG Teil des Gegenausnahmesystems ist, das die grundsätzliche Öffnung der Sammlung von getrennt vorgehaltenen Abfallfraktionen auch für gewerbliche Sammlungen ermöglichen soll.
160Vgl. OVG NRW, Urteile vom 15. August 2015 ‑ 20 A 2798/11 ‑, a. a. O, ‑ 20 A 3043/11 ‑, a. a. O., und ‑ 20 A 3044/11 ‑, a. a. O.
161Diese gebotene Gesamtbetrachtung bewegt sich dabei im Rahmen der Prüfung, ob der beabsichtigten Sammlung überwiegende öffentliche Interessen entgegenstehen.
162Bei dem Merkmal der entgegenstehenden überwiegenden öffentlichen Interessen handelt es sich um einen unbestimmten Rechtsbegriff, der der vollen gerichtlichen Überprüfung unterliegt. Von daher obliegt es im gerichtlichen Anfechtungsverfahren den Beteiligten, entsprechend ihrer jeweiligen Erkenntnissphäre jedenfalls auf entsprechende Aufforderung die jeweils bei ihnen vorhandenen einschlägigen Informationen zur Verfügung zu stellen, die eine solche Kontrolle ermöglichen. Dies betrifft alle für die Beurteilung relevanten Aspekte, namentlich die Frage, ob Besonderheiten des Einzelfalles vorliegen und dazu führen, dass trotz Bestehens einer hochwertigen Sammlung deren wesentliche Beeinträchtigung bei Durchführung der in Rede stehenden gewerblichen Sammlung bei realistischer Betrachtung nicht zu erwarten steht.
163Bezugspunkt ist dabei für § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG die Erfassung und Verwertung der konkret in Rede stehenden Abfallfraktion.
164Vgl. dazu Schwind, a. a. O., § 17 KrWG Rn. 169 ff.; Karpenstein/Dingemann, a. a. O., § 17 Rn. 177.
165Anderenfalls ergäbe die Bezugnahme allein auf für diese Abfallfraktion zugeschnittene Sammelsysteme keinen Sinn. Dieses Verständnis entspricht im Übrigen ‑ wie ausgeführt ‑ auch der Regelungsintention des Gesetzgebers.
166Damit sind sowohl diejenigen Grundlagen, auf denen die Investitions- und Aufbauentscheidung fußen, als auch die konkret vorhandenen Organisationsstrukturen der Sammlung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers/Drittbeauftragten selbst erfasst. Insofern ist wiederum die gesetzgeberische Orientierung an einem Holsystem von Bedeutung. Liegt ein solches vor, spricht wegen des mit ihm verbundenen hohen finanziellen und organisatorischen Aufwands Vieles dafür, dass es in aller Regel ohne weitere Voraussetzungen gegen gewerbliche Konkurrenz geschützt werden kann.
167In diesem Sinne auch Schwind, a. a. O., § 17 KrWG Rn. 175 ff.; Karpenstein/Dingemann, a. a. O., § 17 Rn. 174.
168Das bedarf angesichts des vorliegend gegebenen Sachverhalts aber keiner weiteren Vertiefung. Jedenfalls ist festzustellen, dass je weiter sich das sonstige hochwertige System von diesem Referenzmodell entfernt, desto eher Sonderfälle und unwesentliche Beeinträchtigungen in Betracht kommen.
169Als Anknüpfungspunkt für entgegenstehende überwiegende öffentliche Interessen geeignet sind dabei vom Grundsatz her die Auswirkungen auf die Sammelmenge des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers/Drittbeauftragten, weil diese bei insgesamt positivem Marktwert die wirtschaftliche Grundlage für dessen Erfassungssystem ist und dieses System sinnvollerweise nachfrage‑/bedarfsgerecht ausgelegt ist. Das Ausmaß der Auswirkungen auf die Sammelmenge lässt Rückschlüsse darauf zu, ob und in welchem Umfang das System in seiner Ausgestaltung geändert werden muss, um unter Berücksichtigung der infrage stehenden gewerblichen Sammlung ohne größere Beeinträchtigungen zu funktionieren. Dabei muss der gegebenenfalls zu berücksichtigende Anpassungsbedarf mehr als nur geringfügig, also wesentlich, sein, aber nicht so weit gehen, dass das kommunale System aufgegeben werden oder grundlegend oder strukturell umgestaltet werden muss.
170Angesichts dessen kann ein Ausnahmefall auch dann in Betracht kommen, wenn die Erfahrung mit einem bisher unbeanstandeten Nebeneinander des öffentlich-rechtlichen Entsorgungssystems und (neuer) gewerblicher Sammlung nennenswerte Auswirkungen allenfalls als theoretische Möglichkeit erscheinen lässt. Dies kann etwa auch der Fall sein, wenn sich das zum maßgeblichen Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung bestehende hochwertige Erfassungssystem des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers/Drittbeauftragten überhaupt erst aus einer Konkurrenzsituation entwickelt hat. Dann liegt dessen Beeinträchtigung durch einen neuen, weiteren Mitbewerber nicht unmittelbar auf der Hand.
171Im Weiteren können auch Besonderheiten der beabsichtigten konkurrierenden gewerblichen Sammlung einen Ausnahmefall begründen. Ansatzpunkt für die Betrachtung hat dabei zunächst die in Rede stehende Sammlung selbst und damit die Feststellung zu sein, ob diese in ihrer konkreten Ausgestaltung und angesichts des bestehenden öffentlich-rechtlichen Systems vom gesetzgeberisch angenommenen Leitbild abweicht.
172Ob das so ist, beurteilt sich, was die konkret angezeigte gewerbliche Sammlung angeht, nach den Angaben in deren Anzeige ‑ insbesondere hinsichtlich der Sammelmenge und der Containerzahl. Auch wenn es sich dabei (nur) um den größtmöglichen Umfang der beabsichtigten Sammlung handelt, ändert dies nichts daran, dass die Anzeige formell den Weg eröffnet, die Sammlung durchführen zu dürfen. Nur auf der Basis der Anzeige kann die zuständige Abfallbehörde das Beeinträchtigungspotential abschätzen und kann der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger/Drittbeauftragte planen. Eine Orientierung an den tatsächlich zu erwartenden Sammelmengen erscheint ebenso unpraktikabel wie nicht gesetzeskonform. Denn die tatsächlichen Sammelmengen können erst im Nachhinein festgestellt werden, d. h. wenn die Sammlungen bereits durchgeführt worden sind. Im Übrigen erschließt sich nicht, anhand welcher Kriterien die zuständige Abfallbehörde die Planungen eines gewerblichen Sammlers eigenmächtig als realistisch oder unrealistisch bewerten sollte ‑ zumal ihr dafür nur die "Pflichtangaben" nach § 18 Abs. 2 KrWG zur Verfügung stehen. Andererseits gibt es keinen Grund, die gewerblichen Sammler, die zu entsprechenden Angaben verpflichtet sind, davon zu entlasten, realistisch zu planen und diese Planung in der Anzeige als Vorhaben offenzulegen. Eine andere Auffassung ließe außer Acht, dass gerade Art und Umfang der Sammlung (und damit auch die beabsichtigte Sammelmenge) nach § 18 Abs. 2 KrWG anzuzeigen sind. Weshalb diese dann für die Auslegung des § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG irrelevant sein sollten, erschließt sich nicht. Diese Angaben sollen ‑ wie bereits ausgeführt ‑ nach § 18 Abs. 2 KrWG die zuständige Abfallbehörde gerade in die Lage versetzen, die Voraussetzungen des § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG zu überprüfen.
173Eine wesentliche Beeinträchtigung kann insbesondere auszuschließen sein, wenn die konkret beabsichtigte gewerbliche Sammlung selbst kein nennenswertes Gewicht im Vergleich zum bestehenden System des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers/Drittbeauftragten zu entwickeln vermag. Dass die Beurteilung anhand des Schädlichkeitspotentials der gesetzgeberischen Regelung nicht fremd ist, zeigt nicht zuletzt die Begünstigung gemeinnütziger Sammlungen, die zumindest auch wegen ihres regelmäßig kleineren Umfangs vom Gesetzgeber vorgesehen wurde.
174Vgl. BT-Drucks. 17/6052, S. 89.
175Neben der nach der Anzeige beabsichtigten Sammelmenge kann von Bedeutung sein, ob eine Straßensammlung oder eine Containersammlung geplant ist, insbesondere bei Letzterer auch die geplante Verteilung der einzelnen Container. So sind nachhaltige Auswirkungen auch bei einer kleineren Containerzahl dann nicht auszuschließen, wenn sich die gewerbliche Sammlung gerade auf die ressourcenstarken Zentren konzentriert und die Peripherie dem öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger/Drittbeauftragten überlässt und sie damit geeignet ist, den internen Ausgleich in Frage zu stellen. In diesem Zusammenhang ist daran zu erinnern, dass zu den Angaben nach § 18 Abs. 2 Nr. 2 KrWG zumindest in ländlichen Gebieten auch gehört, dass der gewerbliche Sammler Angaben dazu macht, wo, d. h. in welchen Ortsteilen, gesammelt werden soll.
176Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 9. Dezember 2013 ‑ 20 B 869/13 -, juris.
177Führt der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger/Drittbeauftragte eine Containersammlung durch, wird diese bei prognostischer Betrachtung von einer Straßensammlung regelmäßig weniger beeinträchtigt werden. Neben deren üblicherweise eher punktuellen Charakter ist insoweit zu berücksichtigen, dass sie wegen ihrer anderen Organisation eher die Chance bietet, weitere Potentiale zu erschließen und damit Nischen zu besetzen. Insoweit kann ihr eine das System des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers/Drittbeauftragten tendenziell ergänzende Funktion zukommen. Von Bedeutung kann schließlich auch die nach § 18 Abs. 2 Nr. 1 KrWG anzugebende Größe des Sammlungsunternehmens sein. Denn bei einem kleinen und eventuell nur lokal tätigen Unternehmen ist eine Verdrängungswirkung weniger naheliegend als bei einem Großunternehmen.
178Aus Vorstehendem ergibt sich, dass feste Zahlen ‑ etwa im Hinblick auf eine Höchstmenge oder eine bestimmte Containerzahl oder einen Bruchteil der vorhandenen Container oder Sammelmengen ‑ insoweit nicht abstrakt bestimmbar sind, vielmehr kann die Prüfung allenfalls anhand von Faustgroßen strukturiert werden.
179Die nähere Prüfung eines Ausnahmefalles erübrigt sich aber gleichwohl regelmäßig jedenfalls dann, wenn sich schon bei isolierter Betrachtung der einzelnen gewerblichen Sammlung aufgrund ihres Umfangs potenziell beeinträchtigende Rückwirkungen auf das bestehende System angesichts der typischen Wechselbeziehungen zwischen Erfassungsmenge und Erfassungssystem geradezu aufdrängen.
180(2) Ist aber allein nach den ‑ hinreichend aussagekräftigen ‑ Angaben zur konkret angezeigten gewerblichen Sammlung noch (nicht) festzustellen, dass wesentliche Beeinträchtigungen nicht zu erwarten sind, ist vor dem Hintergrund des § 17 Abs. 3 Satz 1 KrWG eine weitere Betrachtung erforderlich.
181Nach § 17 Abs. 3 Satz 1 KrWG ist für die Beurteilung auch nach den Sätzen 2 und 3 nicht allein auf die konkrete angezeigte gewerbliche Sammlung abzustellen, sondern "auch" das Zusammenwirken mit anderen Sammlungen einzubeziehen. Bereits die Wortwahl des Gesetzes spricht hier dafür, dass damit in erster Linie auf die konkreten Verhältnisse abgestellt wird, also ein an der gegebenen Situation und nicht an den zukünftigen Entwicklungen orientiertes Merkmal gewählt wird. Dem entspricht die Gesetzesbegründung, wonach die zum maßgeblichen Entscheidungszeitpunkt bereits bestehenden Sammlungen zu berücksichtigen sind.
182Vgl. BT-Drucks. 17/7505 (neu), S. 43; in diesem Sinne auch VG Neustadt, Urteil vom 28. Mai 2015 - 4 K 1115/14.NW -, a. a. a. O.; Schwind, a. a. O., § 17 KrWG Rn. 154; Beckmann, a. a. O., § 17 KrWG Rn. 115.
183Bei der gebotenen Gesamtbetrachtung sind deshalb vom Grundansatz her zunächst die tatsächlich (zulässigerweise) durchgeführten gewerblichen Sammlungen mit ihren jeweiligen Sammelmengen einzustellen. Diese (realen) Sammelmengen schlagen sich aber regelmäßig schon in den bereits erzielten Sammelmengen des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers/Drittbeauftragten nieder. Denn diese sind Ergebnis eines Erfassungsgeschehens, auf das die existierenden Sammlungen bereits einwirken. Eines Rückgriffs auf die angezeigten Sammelmengen bedarf es deshalb insoweit regelmäßig nicht. Daraus folgt zugleich, dass die tatsächlich vom öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger/Drittbeauftragten realisierte Sammelmenge grundsätzlich tauglicher und ausreichender Bezugspunkt für die prognostisch zu beantwortende Frage ist, ob bei Hinzutreten der angezeigten gewerblichen Sammlung im Zusammenwirken mit anderen gewerblichen Sammlungen wesentliche Beeinträchtigungen realistischerweise (nicht) zu erwarten sind. Die Einzelfallbetrachtung kann ferner zumindest dann auch davon ausgehen, dass die bereits durchgeführten Sammlungen zu keiner (wesentlichen) Beeinträchtigung geführt haben, wenn die Sammelmengen des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers/Drittbeauftragten in den vergangenen Jahren (kontinuierlich) angestiegen oder jedenfalls unverändert geblieben sind.
184Darüber hinaus hat die zuständige Abfallbehörde noch die gewerblichen Sammlungen in ihre Betrachtung einzustellen, die zum maßgeblichen Zeitpunkt aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen (noch) nicht wirken (können), gleichwohl aber bei der Prognose der Auswirkungen im konkreten Fall zu berücksichtigen sind.
185Dies betrifft zunächst diejenigen gewerblichen Sammlungen, die zwar schon angezeigt sind, aber noch nicht durchgeführt werden dürfen, weil die Wartefrist nach § 18 Abs. 1 KrWG noch nicht abgelaufen ist.
186Ferner sind auch Sammlungen entscheidungserheblich, die zwar durchgeführt werden dürften und deshalb im Fall ihrer Realisierung bereits über die real erzielte Sammelmenge des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers/Drittbeauftragten erfasst wären, von denen aber positiv feststeht, dass sie noch nicht durchgeführt werden, und bei denen zumindest damit zu rechnen ist, dass sie wie angekündigt realisiert werden. Eine solche Erwartung ist auch dann begründet, wenn die gewerbliche Sammlung zwar untersagt wurde, der betroffene Sammler hiergegen aber gerichtlich vorgeht. Damit bringt er besonders sinnfällig zum Ausdruck, dass er an der Sammlung festhält, auch wenn er sie ‑ sei es wegen der sofortigen Vollziehbarkeit der Untersagungsverfügung, sei es, weil er aus betriebswirtschaftlichen Gründen oder sonstigen Erwägungen heraus die Sammlung erst nach erreichter Rechtssicherheit ins Werk setzen will ‑ noch nicht durchführt.
187Aus dem Kreis der damit grundsätzlich berücksichtigungsfähigen gewerblichen Sammlungen scheiden dementsprechend allerdings diejenigen aus, bei denen die Anzeige entweder zum maßgeblichen Entscheidungszeitpunkt schon zurückgenommen war oder die bis dahin bestandskräftig untersagt wurden. In Bezug auf diese zu berücksichtigenden, noch nicht ins Werk gesetzten Sammlungen ist ‑ schon mangels anderer denkbarer Bezugsgrößen ‑ aus den bereits für die konkret in Rede stehende gewerbliche Sammlung genannten Gründen die angezeigte Sammelmenge maßgeblich.
188Von diesen potentiellen erheblichen gewerblichen Sammlungen sind indes der konkret angezeigten Sammlung auch im Rahmen der erforderlichen Auswirkungsprognose nur diejenigen entgegenzuhalten, die bereits vor Eingang deren (vollständiger) Anzeige bei der zuständigen Abfallbehörde angezeigt worden sind. Denn soweit Sammlungen erst danach angezeigt wurden, haben sie schon aus Gründen der zu gewährleistenden gleichmäßigen Behandlung aller potenziellen Sammler bei der Betrachtung zurückzustehen. Zu einer solchen gleichmäßigen Behandlung gehört ‑ wie ausgeführt ‑ auch die Beachtung des Prioritätsprinzips.
189Vgl. auch Schwind, a. a. O., § 17 KrWG Rn. 154.
190Aufgrund der Funktion des § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG ist es allerdings nicht gerechtfertigt, auch die angezeigten gemeinnützigen Sammlungen in die Auswirkungsprognose einzubeziehen. Für eine solche Einbeziehung spricht zwar das gesetzgeberische Anliegen, die Gesamtbelastung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungssystems zu berücksichtigen.
191Vgl. BT-Drucks. 17/1705 (neu), S. 43.
192Dieser Blickwinkel wäre aber nicht systemkonform. Denn Schutzziel des § 17 Abs. 3 KrWG ist die Funktionsfähigkeit des konkreten öffentlich-rechtlichen Entsorgungssystems. Dieses wiederum ist aber gegenüber gemeinnützigen Sammlungen gerade nicht geschützt (§ 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 KrWG) und muss mit diesen selbst um den Preis wesentlicher Beeinträchtigungen leben, die sogar bis hin zum eigenen Zusammenbruch gehen dürfen. Die gemeinnützigen Sammlungen gehören also ‑ anders als die gewerblichen ‑ zu den Systembedingungen, die der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger/Drittbeauftragte einzukalkulieren hat. Ihre Existenz kann allenfalls die Empfindlichkeit des kommunalen Erfassungssystems gegenüber einer gewerblichen Sammlung dadurch steigern, dass die vom kommunalen System erfasste Sammelmenge bereits so niedrig ist, dass eine hinzukommende gewerbliche Sammlung spürbarere Auswirkungen hat, als sie es bei einer größeren Sammelmenge des kommunalen Systems hätte.
193Vgl. in diesem Zusammenhang einerseits Dippel, a. a. O., § 17 Rn. 56, und andererseits Schwind, a. a. O., § 17 KrWG Rn. 155.
194(3) Im Hinblick auf die dargestellten Kriterien, die die Annahme eines Ausnahmefalles begründen können, lassen sich für gewerbliche Alttextiliensammlungen ausgehend von den derzeitigen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen für die praxisgerechte Handhabung gewisse Faustgrößen zur Strukturierung der erforderlichen Einzelfallbetrachtung ableiten:
195Eine ‑ als Summe aus der angezeigten Sammlung und den nach dem Vorstehenden relevanten anderen gewerblichen Sammlungen ‑ insgesamt zu berücksichtigende gewerbliche Sammelmenge von unter 10 % des vom öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger/Drittbeauftragten Gesammelten spricht regelmäßig dafür, dass auch mit Hinzutreten der angezeigten Sammlung kein wesentlicher Einfluss auf das bestehende hochwertige öffentlich-rechtliche System verbunden ist. Mengeneinbußen in diesem Umfang bewegen sich in einer Größenordnung von ohnehin auftretenden Schwankungen, die ein an sich funktionierendes Entsorgungssystem typischerweise verkraften kann.
196Vgl. dazu auch die Übersichten bei Karpenstein/ Dingemann, a. a. O., § 17 Rn. 176, und Gruber, Abfallrecht 2015, 182, zu in der Rechtsprechung insoweit angewandten Schwellenwerten.
197Umgekehrt erübrigt sich die nähere Prüfung eines Ausnahmefalles regelmäßig dann, wenn die einzustellenden gewerblichen Sammelmengen Rückwirkungen auf das bestehende kommunale System offensichtlich erwarten lassen. Eine gewerbliche Sammlung wird jedenfalls dann ohne weiteres als potentiell wesentlich schädlich einzustufen sein, wenn sie im Zusammenwirken mit anderen gewerblichen Sammlungen mehr als die Hälfte der von der bestehenden Sammlung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers/Drittbeauftragten erzielten Sammelmenge für sich in Anspruch nimmt. Denn unter Berücksichtigung des Umstandes, dass bei der Sammlung von Alttextilien der Gewinnanteil am Erlös mit 50 % zu veranschlagen ist,
198vgl. etwa OVG NRW, Beschluss vom 7. Mai 2015 ‑ 20 A 2670/13 -, a. a. O.,
199würde bei einer Halbierung der Sammelmenge bei gleichbleibender Infrastruktur (Kosten) aus der zur Quersubventionierung geeigneten Sammlung ein Zuschussgeschäft. Dass der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger/Drittbeauftragte in einem solchen Fall mehr als nur geringfügige Konsequenzen für Organisation und Planung seines Systems ziehen wird, ist selbstverständlich und bedarf keiner Einzelfallbetrachtung. Im Gegenteil liegt es nahe, dass solche Folgerungen bereits zu einem deutlich früheren Zeitpunkt gezogen werden, weil der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger/Drittbeauftragte drohenden Verlusten frühzeitiger begegnen dürfte. Soweit das Verwaltungsgericht demgegenüber davon ausgegangen ist, ein Containersystem könne gegebenenfalls auch bei stark zurückgehenden Mengen noch weiterbetrieben werden, ist dies für sich genommen nicht falsch. Vorausgesetzt wird dabei aber, dass der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger/Drittbeauftragte nicht kostenbewusst agiert. Zudem wiegt die gewerbliche "Rosinenpickerei" im potentiellen Grenzkostenbereich der öffentlich-rechtlichen Erfassung besonders schwer. Andererseits ist zu berücksichtigen, dass die von der angezeigten gewerblichen Sammlung ausgehenden Mengenrückgänge nicht allein den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger/Drittbeauftragten, sondern unter Umständen auch existierende gewerbliche und gemeinnützige Sammlungen treffen dürften.
200In dem damit verbleibenden Zwischenraum von etwa 10 bis 50 % der Sammelmenge des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers/Drittbeauftragten ist es grundsätzlich dessen Aufgabe, konkrete Auswirkungen auf seine Funktionsfähigkeit unter dem Blickwinkel der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung seines Systems plausibel zu machen. Geschieht dies nicht, ist eine unmittelbare Gefährdung jedenfalls nicht zu erkennen.
201Die Anforderungen an eine plausible Darlegung sind dabei umso höher, je näher die einzustellende gewerbliche Sammelmenge an der unteren Grenze von 10 % verbleibt. Umgekehrt wird die Beeinträchtigung mit einer Annäherung an die regelmäßige Obergrenze der Verträglichkeit immer weniger erläuterungsbedürftig sein. Insoweit kann zudem von Bedeutung sein, in welchem Umfang die bestehende Sammlung das Ressourcenpotential ausschöpft und wie sich das gegenwärtige Konkurrenzgeschehen darstellt. Hat der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger/Drittbeauftragte weitgehend eine Monopolstellung, werden die Folgen gewerblicher Sammlungen ihn praktisch allein treffen, so dass schon bei einem Mengenentzug von weniger als der Hälfte drastische Anpassungen realistischer werden. Denkbar sind solche Änderungen zum einen im Hinblick auf den Sammelrhythmus und die Zahl der Sammelcontainer, aber zum anderen etwa auch dadurch, dass sich Investitionen in die hochwertige Infrastruktur konkret nicht so rechnen, wie es der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger/Drittbeauftragte in seine Entscheidung einstellen durfte, oder dass die Infrastruktur nicht so einsetzbar ist, wie er es beabsichtigt hat. In solchen Fällen steht fest, dass zumindest die Planungssicherheit nachteilig betroffen ist oder es zu spürbaren organisatorischen Veränderungen kommen wird.
202ff) Ausgehend von diesen Grundsätzen stehen der Sammlung der Klägerin überwiegende öffentliche Interessen entgegen.
203(1) Die in § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG genannten tatbestandlichen Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt.
204Die Stadt C. H. führt eine "sonstige hochwertige getrennte Erfassung und Verwertung" (im Sinne von § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG) der von der Sammlung der Klägerin erfassten Alttextilien durch.
205Von der Stadt C. H. werden im Stadtgebiet flächendeckend an 92 Standorten 130 Sammelcontainer für Alttextilien betrieben. Der in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat anwesende Vertreter des AWB der Stadt C. H. hat dort plastisch und nachvollziehbar dargelegt, dass dieses System ständig unter dem Gesichtspunkt der Bedarfsgerechtigkeit überprüft und gegebenenfalls angepasst wird. Die Richtigkeit dieser Angaben wird nicht nur durch die Verdichtung des Netzes von Standorten insbesondere seit dem Jahr 2013, sondern auch durch die zwischenzeitlich erhöhte Zahl der Sammelcontainer selbst bestätigt. Anhaltspunkte dafür, dass diese Angebotsplanung nicht geeignet wäre, das Ressourcenpotenzial der Alttextilien hinreichend effektiv zu nutzen, sind weder vorgetragen noch sonst ersichtlich.
206Dies zeigt im Übrigen die Kontrollüberlegung, dass das ausgehend von dem in Rechtsprechung und Literatur anhand statistischen Materials, insbesondere der Abfallbilanz Nordrhein-Westfalen für Siedlungsabfälle 2008/2009, realistischerweise zugrunde zu legende Potenzial von sieben bis acht Kilogramm Alttextilien und -schuhen pro Einwohner und Jahr in der Stadt C. H. weitgehend tatsächlich durch die städtischen Sammelcontainer erfasst wird. Soweit die Klägerin aufgrund einer von ihr vorgelegten Studie der RWTH Aachen von einem höheren Potenzial in einer Größenordnung von zehn bis sogar zwölf Kilogramm Alttextilien pro Einwohner und Jahr ausgeht, ergibt sich daraus kein konkreter Anhaltspunkt für eine unzureichende Dichte der von der Stadt C. H. betriebenen Containerstandorte. Weder die Annahme, es finde inzwischen letztlich jährlich ein "Schrankwechsel" im Sinne eines kompletten Austauschs sämtlicher Bekleidungsgegenstände statt, noch die reine Berechnung des (damit entgegen der Bezeichnung gerade nicht potentiell zu realisierenden) realisierten Alttextilienaufkommens haben insoweit ausreichende Überzeugungskraft.
207Anhaltspunkte dafür, dass die Sammlung der Stadt C. H. als öffentlich-rechtlicher Entsorgungsträger keine ausreichende Verwertung der gesammelten Alttextilien vorhalten oder garantieren könnte und die Sammlung der Klägerin unter diesem Aspekt nicht als hochwertig angesehen werden könne, liegen nicht vor. Die Stadt C. H. lässt das Sammelgut nach wirtschaftlichen Kriterien vermarkten, die sich ihrerseits an den real möglichen Formen der Verwertung ausrichten. Der Beklagte bzw. die Stadt C. H. haben in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat insoweit nachvollziehbar dargelegt, dass das beauftragte Verwertungsunternehmen nach qualitativen Maßstäben ausgesucht und kontrolliert wird. Aus diesem Grund kann auch dahinstehen, dass sich der Begriff der Hochwertigkeit in § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG allein auf das Sammelsystem beziehen dürfte und damit das Korrelat des haushaltsnahen Sammlungstypus markiert.
208(2) Da mithin die tatbestandlichen Voraussetzungen aus § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG vorliegen, greift die sich aus dieser Bestimmung ergebende Vermutung, dass der Sammlung der Klägerin überwiegende öffentliche Interessen im Sinne der wesentlichen Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung der Stadt C. H. als öffentlich-rechtlicher Entsorgungsträger entgegenstehen. Bei einer Betrachtung des konkreten Einzelfalles sind auch keine Umstände zu erkennen, die ein anderes Ergebnis tragen.
209Die angezeigte Sammlung der Klägerin im Zusammenwirken mit den zu berücksichtigenden weiteren gewerblichen Sammlungen beeinträchtigt die Sammlung der Stadt C. H. als öffentlich-rechtlicher Entsorgungsträger wesentlich. Denn die zu berücksichtigenden Sammlungen machen bereits mehr als 50 % des vom öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers realisierten Aufkommens aus. Unabhängig davon hat die Stadt C. H. auch potentielle Auswirkungen auf ihre Planungssicherheit und Organisationsverantwortung hinreichend plausibel gemacht.
210Dabei wird zunächst zugunsten der Klägerin der von ihr in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht erstmals angegebene Sammlungsumfang für die Stadt C. H. von 20 Containern zugrunde gelegt und im Weiteren unterstellt, dass diese Angabe die bis dato lediglich für das gesamte Kreisgebiet bezifferte Sammlung konkretisiert und es sich nicht der Sache nach um eine neue, prozessual unbeachtliche Sammlungsanzeige handelt. Dies könnte deshalb angenommen werden, weil der Beklagte anhand der ursprünglichen Angaben und der mehrmals ohne Erfolg gebliebenen Nachfragen angesichts der Einwohnerverteilung im Kreis (Einwohner der Stadt C. H. ca. 110.000, Gesamteinwohner im Rheinisch-Bergischen Kreises ca. 278.000) zumindest bei einer naheliegenden einwohnerorientierten Aufteilung von einem etwa doppelt so großen Umfang der Sammlung in C. H. ausgehen musste. Legt man für die 20 Container wegen der insofern im Raum stehenden Bandbreite eine realistische jährliche Sammelmenge von 3,8 Tonnen pro Container und Jahr zugrunde, war für die Sammlung der Klägerin von einem Umfang von 76 Tonnen pro Jahr auszugehen, die für sich genommen etwa 15 % der von der Stadt C. H. als öffentlich-rechtlicher Entsorgungsträger für das Jahr 2015 hochgerechneten Sammelmenge in Höhe von 510 Tonnen erreicht.
211Hinzuzurechnen sind nach § 17 Abs. 3 Satz 1 KrWG unter dem Gesichtspunkt des Zusammenwirkens alle bis zum 11. September 2014 angezeigten Sammlungen, die weder bestandskräftig untersagt noch zurückgezogen waren. Denn erst zu diesem Zeitpunkt hat die Klägerin in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht den Umfang ihrer beabsichtigten Sammlung näher dargelegt und konnte deshalb der Beklagte nach vorstehenden Ausführungen von einer hinreichend präzisierten Anzeige im nunmehr zugrunde gelegten Umfang ausgehen. Zudem hat die Stadt C. H. klargestellt, dass derzeit keine gewerblichen (Container-)Sammlungen (mehr) im Stadtgebiet stattfinden, so dass keine der potentiellen gewerblichen Sammlungen auf die tatsächlich erzielte Sammelmenge der Stadt C. H. bisher real einwirken kann. Ausgehend von der vom Beklagten auf Bitten des Senats vorgelegten Aufstellung angezeigter Sammlungen ist kreisweit deshalb eine berücksichtigungsfähige Sammelmenge aus gewerblichen Sammlungen in Höhe von 672 Tonnen pro Jahr zugrunde zu legen, die sich aus den Sammlungen Nrn. 1, 13, 18, 41, 46, 58, 77, 89, 91, 92, 95, 98, 102, 103 und 106 gemäß der vom Beklagten als Anlage 2 zum Schriftsatz vom 14. September 2015 vorgelegten "Übersichtsliste Altkleidersammlungen Rheinisch-Bergischer Kreis" ergeben. Daraus folgt für die Stadt C. H. angesichts ihrer anteiligen Einwohnerzahl eine zu erwartende Sammelmenge von etwa 268 Tonnen pro Jahr. In der Addition mit der Sammlung der Klägerin ergibt sich daraus eine Sammelmenge aus gewerblichen Alttextiliensammlungen, die erheblich mehr als 50 % selbst des für das Jahr 2015 hochgerechneten Sammelertrages der Stadt C. H. in Höhe von 510 Tonnen ausmacht.
212Unabhängig davon hat die Stadt C. H. aber auch für den Fall geringerer Mengenabflüsse wesentliche Beeinträchtigungen hinsichtlich ihrer Planungssicherheit und Organisationsverantwortung plausibel dargetan. Allein aus der überreichten Kostenkalkulation ergibt sich, dass die Reingewinne des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers aus der Sammlung von Alttextilien hier konkret (nur) ca. 40 % der ‑ relativ hohen ‑ Verkaufserlöse ausmacht. Aus diesem Grund liegt, nicht zuletzt unter Berücksichtigung der derzeit offenbar sinkenden Marktpreise für Alttextilien, nach obigen Feststellungen auf der Hand, dass bereits bei einem geringeren Mengenrückgang als 50 % das derzeitige System auf den Prüfstand gestellt und im Hinblick auf Sammelrhythmus und Containerzahl wesentlich geändert werden müsste. Dies hat auch zwangsläufig Auswirkungen auf die Einsatzmöglichkeiten der neu angeschafften Fahrzeuge und der eingestellten weiteren Mitarbeiter. Ob Letztere in diesem Fall entlassen würden oder anderweitig eingesetzt werden könnten, ist für die Frage des Ausmaßes der Beeinträchtigung der gewählten Organisation ebenso wenig relevant wie alternative Einsatzmöglichkeiten der Sammelfahrzeuge. Diese wurden konkret für die fragliche kommunale Sammlung zur Gewährleistung ihrer Hochwertigkeit angeschafft, so dass die Stadt C. H. damit rechnen durfte, sie hierfür einsetzen zu können und nicht zu einer Umplanung gezwungen zu werden.
213(3) Die angefochtene Untersagung ist auch nicht unverhältnismäßig; ihr steht namentlich § 18 Abs. 5 Satz 1 KrWG nicht entgegen.
214Auch unter Berücksichtigung des Umstandes, dass die Untersagung einer angezeigten Sammlung nach § 18 Abs. 5 Satz 2 KrWG nur das letzte Mittel ist, um die Beeinträchtigung der entgegenstehenden überwiegenden öffentlichen Interessen abzuwehren, sind weniger eingreifende Regelungen hier nicht ersichtlich. Insbesondere ist es nicht Aufgabe der zuständigen Abfallbehörde, den Umfang der angezeigten Sammlung auf das gerade noch verträgliche Maß zu beschränken. Eine mengen- oder zahlenmäßige Beschränkung der Sammlung ist keine Auflage, Bedingung oder Befristung im Sinne des § 18 Abs. 5 Satz 1 KrWG. Resultat wäre vielmehr eine andere als die angezeigte Sammlung. Es ist indes Sache des gewerblichen Sammlers zu entscheiden, welche Sammlung er durchführen möchte. Hierzu gehört auch die Entscheidung darüber, ob er eine kleinere Sammlung, die ihm weniger Erlöse eröffnet, tatsächlich durchführen will oder ob sie sich für ihn betriebswirtschaftlich nicht rechnet. Insoweit bleibt ihm eine neue Anzeige einer anderen, "kleineren" Sammlung jederzeit unbenommen. Im Übrigen würden sonst mithilfe einer "geltungserhaltenden Reduktion" gerade besonders umfangreich angezeigte gewerbliche Sammlungen privilegiert und das Risiko realistischer Planung vom gewerblichen Sammler auf die Behörden verlagert.
215Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1, § 155 Abs. 1 Satz 3, § 161 Abs. 2 Satz 1 VwGO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus § 167 VwGO, § 708 Nr. 10, § 711 ZPO.
216Die Zulassung der Revision beruht auf § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO. Die Frage, wann überwiegende öffentliche Interessen bei Bestehen eines hochwertigen Erfassungssystems des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers/Drittbeauftragten im Sinne von § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG einer gewerblichen Sammlung entgegenstehen, bedarf grundsätzlicher Klärung.
(1) Abweichend von § 7 Absatz 2 und § 15 Absatz 1 sind Erzeuger oder Besitzer von Abfällen aus privaten Haushaltungen verpflichtet, diese Abfälle den nach Landesrecht zur Entsorgung verpflichteten juristischen Personen (öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger) zu überlassen, soweit sie zu einer Verwertung auf den von ihnen im Rahmen ihrer privaten Lebensführung genutzten Grundstücken nicht in der Lage sind oder diese nicht beabsichtigen. Satz 1 gilt auch für Erzeuger und Besitzer von Abfällen zur Beseitigung aus anderen Herkunftsbereichen, soweit sie diese nicht in eigenen Anlagen beseitigen. Die Befugnis zur Beseitigung der Abfälle in eigenen Anlagen nach Satz 2 besteht nicht, soweit die Überlassung der Abfälle an den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger auf Grund überwiegender öffentlicher Interessen erforderlich ist.
(2) Die Überlassungspflicht besteht nicht für Abfälle,
- 1.
die einer Rücknahme- oder Rückgabepflicht auf Grund einer Rechtsverordnung nach § 25 unterliegen, soweit nicht die öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger auf Grund einer Bestimmung nach § 25 Absatz 2 Nummer 8 an der Rücknahme mitwirken; hierfür kann insbesondere eine einheitliche Wertstofftonne oder eine einheitliche Wertstofferfassung in vergleichbarer Qualität vorgesehen werden, durch die werthaltige Abfälle aus privaten Haushaltungen in effizienter Weise erfasst und einer hochwertigen Verwertung zugeführt werden, - 2.
die in Wahrnehmung der Produktverantwortung nach § 26 freiwillig zurückgenommen werden, soweit dem zurücknehmenden Hersteller oder Vertreiber ein Feststellungs- oder Freistellungsbescheid nach § 26 Absatz 3 oder § 26a Absatz 1 Satz 1 erteilt worden ist, - 3.
die durch gemeinnützige Sammlung einer ordnungsgemäßen und schadlosen Verwertung zugeführt werden, - 4.
die durch gewerbliche Sammlung einer ordnungsgemäßen und schadlosen Verwertung zugeführt werden, soweit überwiegende öffentliche Interessen dieser Sammlung nicht entgegenstehen.
(3) Überwiegende öffentliche Interessen nach Absatz 2 Satz 1 Nummer 4 stehen einer gewerblichen Sammlung entgegen, wenn die Sammlung in ihrer konkreten Ausgestaltung, auch im Zusammenwirken mit anderen Sammlungen, die Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers, des von diesem beauftragten Dritten oder des auf Grund einer Rechtsverordnung nach § 25 eingerichteten Rücknahmesystems gefährdet. Eine Gefährdung der Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers oder des von diesem beauftragten Dritten ist anzunehmen, wenn die Erfüllung der nach § 20 bestehenden Entsorgungspflichten zu wirtschaftlich ausgewogenen Bedingungen verhindert oder die Planungssicherheit und Organisationsverantwortung wesentlich beeinträchtigt wird. Eine wesentliche Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers ist insbesondere anzunehmen, wenn durch die gewerbliche Sammlung
- 1.
Abfälle erfasst werden, für die der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger oder der von diesem beauftragte Dritte eine haushaltsnahe oder sonstige hochwertige getrennte Erfassung und Verwertung der Abfälle durchführt, - 2.
die Stabilität der Gebühren gefährdet wird oder - 3.
die diskriminierungsfreie und transparente Vergabe von Entsorgungsleistungen im Wettbewerb erheblich erschwert oder unterlaufen wird.
(4) Die Länder können zur Sicherstellung der umweltverträglichen Beseitigung Andienungs- und Überlassungspflichten für gefährliche Abfälle zur Beseitigung bestimmen. Andienungspflichten für gefährliche Abfälle zur Verwertung, die die Länder bis zum 7. Oktober 1996 bestimmt haben, bleiben unberührt.
Tenor
I.
Die Beschwerde des Beigeladenen wird vom vorliegenden Verfahren abgetrennt und unter dem Aktenzeichen 20 CS 16.2542 fortgeführt.
II.
Die Beschwerde des Beigeladenen wird verworfen.
III.
Der Beigeladene hat die Kosten seines Beschwerdeverfahrens zu tragen.
IV.
Der Streitwert wird im Verfahren 20 CS 16.1416 bis zur Abtrennung auf 20.000,00 EUR, nach der Abtrennung im Verfahren 20 CS 16.2542 auf 10.000 EUR festgesetzt.
Gründe
(1) Abweichend von § 7 Absatz 2 und § 15 Absatz 1 sind Erzeuger oder Besitzer von Abfällen aus privaten Haushaltungen verpflichtet, diese Abfälle den nach Landesrecht zur Entsorgung verpflichteten juristischen Personen (öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger) zu überlassen, soweit sie zu einer Verwertung auf den von ihnen im Rahmen ihrer privaten Lebensführung genutzten Grundstücken nicht in der Lage sind oder diese nicht beabsichtigen. Satz 1 gilt auch für Erzeuger und Besitzer von Abfällen zur Beseitigung aus anderen Herkunftsbereichen, soweit sie diese nicht in eigenen Anlagen beseitigen. Die Befugnis zur Beseitigung der Abfälle in eigenen Anlagen nach Satz 2 besteht nicht, soweit die Überlassung der Abfälle an den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger auf Grund überwiegender öffentlicher Interessen erforderlich ist.
(2) Die Überlassungspflicht besteht nicht für Abfälle,
- 1.
die einer Rücknahme- oder Rückgabepflicht auf Grund einer Rechtsverordnung nach § 25 unterliegen, soweit nicht die öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger auf Grund einer Bestimmung nach § 25 Absatz 2 Nummer 8 an der Rücknahme mitwirken; hierfür kann insbesondere eine einheitliche Wertstofftonne oder eine einheitliche Wertstofferfassung in vergleichbarer Qualität vorgesehen werden, durch die werthaltige Abfälle aus privaten Haushaltungen in effizienter Weise erfasst und einer hochwertigen Verwertung zugeführt werden, - 2.
die in Wahrnehmung der Produktverantwortung nach § 26 freiwillig zurückgenommen werden, soweit dem zurücknehmenden Hersteller oder Vertreiber ein Feststellungs- oder Freistellungsbescheid nach § 26 Absatz 3 oder § 26a Absatz 1 Satz 1 erteilt worden ist, - 3.
die durch gemeinnützige Sammlung einer ordnungsgemäßen und schadlosen Verwertung zugeführt werden, - 4.
die durch gewerbliche Sammlung einer ordnungsgemäßen und schadlosen Verwertung zugeführt werden, soweit überwiegende öffentliche Interessen dieser Sammlung nicht entgegenstehen.
(3) Überwiegende öffentliche Interessen nach Absatz 2 Satz 1 Nummer 4 stehen einer gewerblichen Sammlung entgegen, wenn die Sammlung in ihrer konkreten Ausgestaltung, auch im Zusammenwirken mit anderen Sammlungen, die Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers, des von diesem beauftragten Dritten oder des auf Grund einer Rechtsverordnung nach § 25 eingerichteten Rücknahmesystems gefährdet. Eine Gefährdung der Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers oder des von diesem beauftragten Dritten ist anzunehmen, wenn die Erfüllung der nach § 20 bestehenden Entsorgungspflichten zu wirtschaftlich ausgewogenen Bedingungen verhindert oder die Planungssicherheit und Organisationsverantwortung wesentlich beeinträchtigt wird. Eine wesentliche Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers ist insbesondere anzunehmen, wenn durch die gewerbliche Sammlung
- 1.
Abfälle erfasst werden, für die der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger oder der von diesem beauftragte Dritte eine haushaltsnahe oder sonstige hochwertige getrennte Erfassung und Verwertung der Abfälle durchführt, - 2.
die Stabilität der Gebühren gefährdet wird oder - 3.
die diskriminierungsfreie und transparente Vergabe von Entsorgungsleistungen im Wettbewerb erheblich erschwert oder unterlaufen wird.
(4) Die Länder können zur Sicherstellung der umweltverträglichen Beseitigung Andienungs- und Überlassungspflichten für gefährliche Abfälle zur Beseitigung bestimmen. Andienungspflichten für gefährliche Abfälle zur Verwertung, die die Länder bis zum 7. Oktober 1996 bestimmt haben, bleiben unberührt.
Tenor
I.
Die Beschwerde des Beigeladenen wird vom vorliegenden Verfahren abgetrennt und unter dem Aktenzeichen 20 CS 16.2542 fortgeführt.
II.
Die Beschwerde des Beigeladenen wird verworfen.
III.
Der Beigeladene hat die Kosten seines Beschwerdeverfahrens zu tragen.
IV.
Der Streitwert wird im Verfahren 20 CS 16.1416 bis zur Abtrennung auf 20.000,00 EUR, nach der Abtrennung im Verfahren 20 CS 16.2542 auf 10.000 EUR festgesetzt.
Gründe
(1) Abweichend von § 7 Absatz 2 und § 15 Absatz 1 sind Erzeuger oder Besitzer von Abfällen aus privaten Haushaltungen verpflichtet, diese Abfälle den nach Landesrecht zur Entsorgung verpflichteten juristischen Personen (öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger) zu überlassen, soweit sie zu einer Verwertung auf den von ihnen im Rahmen ihrer privaten Lebensführung genutzten Grundstücken nicht in der Lage sind oder diese nicht beabsichtigen. Satz 1 gilt auch für Erzeuger und Besitzer von Abfällen zur Beseitigung aus anderen Herkunftsbereichen, soweit sie diese nicht in eigenen Anlagen beseitigen. Die Befugnis zur Beseitigung der Abfälle in eigenen Anlagen nach Satz 2 besteht nicht, soweit die Überlassung der Abfälle an den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger auf Grund überwiegender öffentlicher Interessen erforderlich ist.
(2) Die Überlassungspflicht besteht nicht für Abfälle,
- 1.
die einer Rücknahme- oder Rückgabepflicht auf Grund einer Rechtsverordnung nach § 25 unterliegen, soweit nicht die öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger auf Grund einer Bestimmung nach § 25 Absatz 2 Nummer 8 an der Rücknahme mitwirken; hierfür kann insbesondere eine einheitliche Wertstofftonne oder eine einheitliche Wertstofferfassung in vergleichbarer Qualität vorgesehen werden, durch die werthaltige Abfälle aus privaten Haushaltungen in effizienter Weise erfasst und einer hochwertigen Verwertung zugeführt werden, - 2.
die in Wahrnehmung der Produktverantwortung nach § 26 freiwillig zurückgenommen werden, soweit dem zurücknehmenden Hersteller oder Vertreiber ein Feststellungs- oder Freistellungsbescheid nach § 26 Absatz 3 oder § 26a Absatz 1 Satz 1 erteilt worden ist, - 3.
die durch gemeinnützige Sammlung einer ordnungsgemäßen und schadlosen Verwertung zugeführt werden, - 4.
die durch gewerbliche Sammlung einer ordnungsgemäßen und schadlosen Verwertung zugeführt werden, soweit überwiegende öffentliche Interessen dieser Sammlung nicht entgegenstehen.
(3) Überwiegende öffentliche Interessen nach Absatz 2 Satz 1 Nummer 4 stehen einer gewerblichen Sammlung entgegen, wenn die Sammlung in ihrer konkreten Ausgestaltung, auch im Zusammenwirken mit anderen Sammlungen, die Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers, des von diesem beauftragten Dritten oder des auf Grund einer Rechtsverordnung nach § 25 eingerichteten Rücknahmesystems gefährdet. Eine Gefährdung der Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers oder des von diesem beauftragten Dritten ist anzunehmen, wenn die Erfüllung der nach § 20 bestehenden Entsorgungspflichten zu wirtschaftlich ausgewogenen Bedingungen verhindert oder die Planungssicherheit und Organisationsverantwortung wesentlich beeinträchtigt wird. Eine wesentliche Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers ist insbesondere anzunehmen, wenn durch die gewerbliche Sammlung
- 1.
Abfälle erfasst werden, für die der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger oder der von diesem beauftragte Dritte eine haushaltsnahe oder sonstige hochwertige getrennte Erfassung und Verwertung der Abfälle durchführt, - 2.
die Stabilität der Gebühren gefährdet wird oder - 3.
die diskriminierungsfreie und transparente Vergabe von Entsorgungsleistungen im Wettbewerb erheblich erschwert oder unterlaufen wird.
(4) Die Länder können zur Sicherstellung der umweltverträglichen Beseitigung Andienungs- und Überlassungspflichten für gefährliche Abfälle zur Beseitigung bestimmen. Andienungspflichten für gefährliche Abfälle zur Verwertung, die die Länder bis zum 7. Oktober 1996 bestimmt haben, bleiben unberührt.
(1) Gemeinnützige Sammlungen im Sinne des § 17 Absatz 2 Satz 1 Nummer 3 und gewerbliche Sammlungen im Sinne des § 17 Absatz 2 Satz 1 Nummer 4 sind spätestens drei Monate vor ihrer beabsichtigten Aufnahme durch ihren Träger der zuständigen Behörde nach Maßgabe der Absätze 2 und 3 anzuzeigen.
(2) Der Anzeige einer gewerblichen Sammlung sind beizufügen
- 1.
Angaben über die Größe und Organisation des Sammlungsunternehmens, - 2.
Angaben über Art, Ausmaß und Dauer, insbesondere über den größtmöglichen Umfang und die Mindestdauer der Sammlung, - 3.
Angaben über Art, Menge und Verbleib der zu verwertenden Abfälle, - 4.
eine Darlegung der innerhalb des angezeigten Zeitraums vorgesehenen Verwertungswege einschließlich der erforderlichen Maßnahmen zur Sicherstellung ihrer Kapazitäten sowie - 5.
eine Darlegung, wie die ordnungsgemäße und schadlose Verwertung der gesammelten Abfälle im Rahmen der Verwertungswege nach Nummer 4 gewährleistet wird.
(3) Der Anzeige der gemeinnützigen Sammlung sind beizufügen
- 1.
Angaben über die Größe und Organisation des Trägers der gemeinnützigen Sammlung sowie gegebenenfalls des Dritten, der mit der Sammlung beauftragt wird, sowie - 2.
Angaben über Art, Ausmaß und Dauer der Sammlung.
(4) Die zuständige Behörde fordert den von der gewerblichen oder gemeinnützigen Sammlung betroffenen öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger auf, für seinen Zuständigkeitsbereich eine Stellungnahme innerhalb einer Frist von zwei Monaten abzugeben. Hat der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger bis zum Ablauf dieser Frist keine Stellungnahme abgegeben, ist davon auszugehen, dass sich dieser nicht äußern will.
(5) Die zuständige Behörde kann die angezeigte Sammlung von Bedingungen abhängig machen, sie zeitlich befristen oder Auflagen für sie vorsehen, soweit dies erforderlich ist, um die Erfüllung der Voraussetzungen nach § 17 Absatz 2 Satz 1 Nummer 3 oder Nummer 4 sicherzustellen. Die zuständige Behörde hat die Durchführung der angezeigten Sammlung zu untersagen, wenn Tatsachen bekannt sind, aus denen sich Bedenken gegen die Zuverlässigkeit des Anzeigenden oder der für die Leitung und Beaufsichtigung der Sammlung verantwortlichen Personen ergeben, oder die Einhaltung der in § 17 Absatz 2 Satz 1 Nummer 3 oder Nummer 4 genannten Voraussetzungen anders nicht zu gewährleisten ist.
(6) Die zuständige Behörde kann bestimmen, dass eine gewerbliche Sammlung mindestens für einen bestimmten Zeitraum durchzuführen ist; dieser Zeitraum darf drei Jahre nicht überschreiten. Wird die gewerbliche Sammlung vor Ablauf des nach Satz 1 bestimmten Mindestzeitraums eingestellt oder innerhalb dieses Zeitraums in ihrer Art und ihrem Ausmaß in Abweichung von den von der Behörde nach Absatz 5 Satz 1 festgelegten Bedingungen oder Auflagen wesentlich eingeschränkt, ist der Träger der gewerblichen Sammlung dem betroffenen öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger gegenüber zum Ersatz der Mehraufwendungen verpflichtet, die für die Sammlung und Verwertung der bislang von der gewerblichen Sammlung erfassten Abfälle erforderlich sind. Zur Absicherung des Ersatzanspruchs kann die zuständige Behörde dem Träger der gewerblichen Sammlung eine Sicherheitsleistung auferlegen.
(7) Soweit eine gewerbliche Sammlung, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Gesetzes bereits durchgeführt wurde, die Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers, des von diesem beauftragten Dritten oder des auf Grund einer Rechtsverordnung nach § 25 eingerichteten Rücknahmesystems bislang nicht gefährdet hat, ist bei Anordnungen nach Absatz 5 oder 6 der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, insbesondere ein schutzwürdiges Vertrauen des Trägers der Sammlung auf ihre weitere Durchführung, zu beachten.
(8) Der von der gewerblichen Sammlung betroffene öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger hat einen Anspruch darauf, dass die für gewerbliche Sammlungen geltenden Bestimmungen des Anzeigeverfahrens eingehalten werden.
(1) Abweichend von § 7 Absatz 2 und § 15 Absatz 1 sind Erzeuger oder Besitzer von Abfällen aus privaten Haushaltungen verpflichtet, diese Abfälle den nach Landesrecht zur Entsorgung verpflichteten juristischen Personen (öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger) zu überlassen, soweit sie zu einer Verwertung auf den von ihnen im Rahmen ihrer privaten Lebensführung genutzten Grundstücken nicht in der Lage sind oder diese nicht beabsichtigen. Satz 1 gilt auch für Erzeuger und Besitzer von Abfällen zur Beseitigung aus anderen Herkunftsbereichen, soweit sie diese nicht in eigenen Anlagen beseitigen. Die Befugnis zur Beseitigung der Abfälle in eigenen Anlagen nach Satz 2 besteht nicht, soweit die Überlassung der Abfälle an den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger auf Grund überwiegender öffentlicher Interessen erforderlich ist.
(2) Die Überlassungspflicht besteht nicht für Abfälle,
- 1.
die einer Rücknahme- oder Rückgabepflicht auf Grund einer Rechtsverordnung nach § 25 unterliegen, soweit nicht die öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger auf Grund einer Bestimmung nach § 25 Absatz 2 Nummer 8 an der Rücknahme mitwirken; hierfür kann insbesondere eine einheitliche Wertstofftonne oder eine einheitliche Wertstofferfassung in vergleichbarer Qualität vorgesehen werden, durch die werthaltige Abfälle aus privaten Haushaltungen in effizienter Weise erfasst und einer hochwertigen Verwertung zugeführt werden, - 2.
die in Wahrnehmung der Produktverantwortung nach § 26 freiwillig zurückgenommen werden, soweit dem zurücknehmenden Hersteller oder Vertreiber ein Feststellungs- oder Freistellungsbescheid nach § 26 Absatz 3 oder § 26a Absatz 1 Satz 1 erteilt worden ist, - 3.
die durch gemeinnützige Sammlung einer ordnungsgemäßen und schadlosen Verwertung zugeführt werden, - 4.
die durch gewerbliche Sammlung einer ordnungsgemäßen und schadlosen Verwertung zugeführt werden, soweit überwiegende öffentliche Interessen dieser Sammlung nicht entgegenstehen.
(3) Überwiegende öffentliche Interessen nach Absatz 2 Satz 1 Nummer 4 stehen einer gewerblichen Sammlung entgegen, wenn die Sammlung in ihrer konkreten Ausgestaltung, auch im Zusammenwirken mit anderen Sammlungen, die Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers, des von diesem beauftragten Dritten oder des auf Grund einer Rechtsverordnung nach § 25 eingerichteten Rücknahmesystems gefährdet. Eine Gefährdung der Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers oder des von diesem beauftragten Dritten ist anzunehmen, wenn die Erfüllung der nach § 20 bestehenden Entsorgungspflichten zu wirtschaftlich ausgewogenen Bedingungen verhindert oder die Planungssicherheit und Organisationsverantwortung wesentlich beeinträchtigt wird. Eine wesentliche Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers ist insbesondere anzunehmen, wenn durch die gewerbliche Sammlung
- 1.
Abfälle erfasst werden, für die der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger oder der von diesem beauftragte Dritte eine haushaltsnahe oder sonstige hochwertige getrennte Erfassung und Verwertung der Abfälle durchführt, - 2.
die Stabilität der Gebühren gefährdet wird oder - 3.
die diskriminierungsfreie und transparente Vergabe von Entsorgungsleistungen im Wettbewerb erheblich erschwert oder unterlaufen wird.
(4) Die Länder können zur Sicherstellung der umweltverträglichen Beseitigung Andienungs- und Überlassungspflichten für gefährliche Abfälle zur Beseitigung bestimmen. Andienungspflichten für gefährliche Abfälle zur Verwertung, die die Länder bis zum 7. Oktober 1996 bestimmt haben, bleiben unberührt.
Tenor
Das Verfahren wird eingestellt, soweit die Beteiligten es übereinstimmend für in der Hauptsache erledigt erklärt haben. Insoweit ist das angefochtene Urteil wirkungslos.
Im Übrigen wird das angefochtene Urteil geändert.
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens beider Rechtszüge.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in entsprechender Höhe leistet.
Die Revision wird zugelassen.
1
Tatbestand
2Die Klägerin ist Teil der S. Unternehmensgruppe, die unter anderem aus der Klägerin und der S. Textilhandels- und -recycling GmbH besteht. In der S. -Gruppe übernimmt die Klägerin die Organisation und Durchführung der Sammlungen von Altkleidern und -schuhen (im Folgenden zusammengefasst als Alttextilien bezeichnet) und die S. Textilhandels- und -recycling GmbH die Sortierung und Vermarktung. Im gesamten Bundesgebiet betreibt die Klägerin nach eigenen Angaben ca. 7.000 Sammelcontainer und erfasst damit jährlich ca. 22.000 Tonnen Alttextilien.
3Die Klägerin zeigte dem Beklagten unter dem 25. Mai 2012 gemäß § 18 Kreislaufwirtschaftsgesetz (KrWG) eine gewerbliche Sammlung von Textilien und Schuhen aus privaten Haushalten im Kreisgebiet des Beklagten an. Auf Bitte des Beklagten, die Anzeige zu vervollständigen und nähere Angaben zur Sammlung zu machen, teilte die Klägerin mit: Die Sammlung erfolge durch Container, die wöchentlich geleert würden. Im Gebiet des Beklagten habe sie insgesamt vier Altkleidercontainer aufgestellt, und zwar jeweils zwei in S1. und in M. . Die Anzeige solle landkreisweit gelten. Die erfassten Textilien würden im Sortierwerk des Partnerunternehmens sortiert. Das Sammelgut bestehe erfahrungsgemäß zu ca. 60 % aus tragfähiger, wiederverwendbarer Kleidung, Haushaltstextilien und Schuhen. Ca. 30 % würden zur Weiterverwendung als Putzlappen und Reißrohstoff an industrielle Partner geliefert und ca. 10 % gelangten zur thermischen Verwertung in die Zementindustrie. Mit E‑Mail vom 27. Juli 2012 ergänzte die Klägerin, sie habe im Gebiet des Beklagten bislang 7 Tonnen Alttextilien im Jahr gesammelt und beabsichtige, dort weitere 100 Container für die Dauer von zehn Jahren aufzustellen und damit ca. 350 Tonnen jährlich zu erfassen. Des Weiteren übersandte sie unter anderem eine Übersicht über die Verwertungswege.
4Der Beklagte forderte die kreisangehörigen Gemeinden und den C. Abfallwirtschaftsverband zur Stellungnahme auf. Die Stadt C. H. erklärte, die Durchführung der angezeigten Sammlung werde eine wesentliche Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung der Stadt C. H. als öffentlich-rechtlicher Entsorgungsträgerin darstellen. Die Sammlung von Kleidung und Schuhen aus privaten Haushaltungen sei bereits Teil der kommunalen Abfallentsorgungseinrichtung. Erfasst würden die Alttextilien und Schuhe über Depotcontainer und Straßensammlungen durch den städtischen Abfallwirtschaftsbetrieb. Die angezeigte Sammlung der Klägerin werde jedenfalls im Zusammenwirken mit anderen gewerblichen Sammlungen die Funktionsfähigkeit der entsprechenden Einrichtungen beeinträchtigen und aufgrund der zu erwartenden Einnahmeausfälle zu einem Anstieg der Abfallentsorgungsgebühren führen.
5Der Beklagte hörte die Klägerin zu der Absicht an, die Sammlung im Gebiet der Stadt C. H. zu untersagen, und führte zur Begründung an, die Sammlung der Stadt C. H. bestehe seit dem Jahr 1999 - ursprünglich im Rahmen einer Drittbeauftragung - und erfolge im gesamten Stadtgebiet flächendeckend über insgesamt 118 Container an 74 Standorten. Der Beklagte forderte die Klägerin außerdem auf, nähere Angaben zum voraussichtlichen Sammlungsumfang in den verschiedenen Gemeinden, insbesondere für die Stadt C. H. zu machen.
6Die Klägerin teilte darauf mit, dass bislang keine konkreten Planungen für zusätzliche Stellplätze bestünden.
7Mit Ordnungsverfügung vom 13. November 2012 untersagte der Beklagte der Klägerin, im Gebiet der Stadt C. H. entsprechend der Anzeige vom 25. Mai 2012 Alttextilien/-schuhe etc. zu sammeln. Für den Fall der Zuwiderhandlung drohte er ein Zwangsgeld in Höhe von 2.500,00 € je Sammeltag und Sammelgebiet an. Zur Begründung führte er aus: Gemäß § 18 Abs. 5 Satz 2 KrWG sei die Durchführung der angezeigten Sammlung zu untersagen, wenn die Einhaltung der in § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG genannten Voraussetzungen anders nicht zu gewährleisten sei. Der Sammlung der Klägerin stünden im Gebiet der Stadt C. H. überwiegende öffentliche Interessen im Sinne von § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG entgegen. Durch sie würden Abfälle erfasst, für die der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger ‑ die Stadt C. H. ‑ ein hochwertiges Sammelsystem eingerichtet habe. Die von der Klägerin angebotene Sammlung und Verwertung der Abfälle sei auch nicht wesentlich leistungsfähiger als diejenige des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers. Die Sammlung sei daher zu untersagen. Die Untersagung sei auch nicht unverhältnismäßig. Die Zwangsgeldandrohung sei erforderlich und geboten, um den Belangen einer geordneten Abfallentsorgung Rechnung zu tragen.
8Die Klägerin hat am 11. Dezember 2012 Klage erhoben und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt: Die gesammelten Alttextilien seien nicht als Abfall einzustufen. Die Kleidung solle nicht verwertet, sondern wiederverwendet werden. Ein Verbraucher, der seine Altkleidung in einen Altkleidercontainer einbringe, gebe die ursprüngliche Zweckbestimmung des Kleidungsstückes nicht auf. Er werfe das Kleidungsstück ein, damit es weiter seinen Zweck erfülle. Diese Zweckbestimmung könne auch nicht deshalb verneint werden, weil die tatsächliche Verwendung durch den neuen Besitzer nicht kontrolliert werden könne. Auch der Verkäufer einer Sache könne nie sicherstellen, dass sie vom Käufer zweckentsprechend verwendet werde. Die Einordnung als Abfall widerspreche im Übrigen der europäischen Abfallrahmenrichtlinie. Außerdem sei die Ungleichbehandlung von gewerblichen und gemeinnützigen Sammlungen weder verfassungsrechtlich noch europarechtlich zu rechtfertigen, da die Auswirkungen für den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger nicht davon abhingen, mit welchem Ziel die private Sammlung durchgeführt werde, und sich eine Bewertung der verschiedenartigen Zielsetzungen verbiete. Der Begriff der Gefährdung in § 17 Abs. 3 KrWG weiche ohnehin in rechtswidriger Weise vom Unionsrecht ab, weil er über den Begriff des „Verhinderns“ in Art. 106 Abs. 2 AEUV hinausgehe. Weiterhin werde die Planungssicherheit und Organisationsverantwortung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers nicht beeinträchtigt. Das Kreislaufwirtschaftsgesetz solle den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger nicht vor unliebsamer Konkurrenz schützen. In C. H. wolle sie, die Klägerin, voraussichtlich 20 Container aufstellen. Dadurch werde die Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers nicht gefährdet. Die Stadt C. H. erfasse bislang noch nicht einmal das gesamte Altkleiderpotential von ca. 10 kg pro Einwohner pro Jahr. Wenn der Beklagte angebe, dass wegen der gestiegenen Sammelmengen neues Personal eingestellt werden müsse, so dürften die zusätzlichen Personalausgaben die Mehrerlöse weitgehend aufzehren, so dass geringere Sammelmengen allenfalls zu einer minimalen Gebührenerhöhung führen könnten. Im Übrigen sei § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG schon deshalb nicht einschlägig, weil der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger die Altkleider nicht selbst verwerte. Zur Verwertung sei die Stadt C. H. auch gar nicht in der Lage, da Altkleider nicht verwertet, sondern wiederverwendet würden. Die Sammlung der Klägerin sei aufgrund ihrer langjährigen Erfahrung in Bezug auf die weltweite Vermarktung auch wesentlich leistungsfähiger. Jedenfalls fehle es an einer ordnungsgemäßen Ermessensbetätigung.
9Die Klägerin hat beantragt,
10die Untersagungsverfügung des Beklagten vom 13. November 2012 aufzuheben.
11Der Beklagte hat beantragt,
12die Klage abzuweisen.
13Er hat im Wesentlichen vorgetragen: Bei Alttextilien handele es sich um Abfall im Sinne des Kreislaufwirtschaftsgesetzes. Der Einwurf in die Container bleibe auch dann eine Entledigung im Sinne des § 3 KrWG, wenn der Besitzer die Altkleider einer Wiederverwendung oder -verwertung zuführen wolle. Ein großer Teil der gesammelten Alttextilien werde im Übrigen nicht wiederverwendet, sondern anderweitig verwertet. Die Durchführung der angezeigten Sammlung der Klägerin beeinträchtige die Planungssicherheit und Organisationsverantwortung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers erheblich. Die kommunale Sammlung bestehe seit vielen Jahren und werde seit Dezember 2012 in Eigenregie des Abfallwirtschaftsbetriebs der Stadt C. H. durchgeführt. Seit 2013 sei ein sprunghafter Anstieg der Sammelmengen zu verzeichnen. Deshalb seien zwölf zusätzliche Containerstandorte eingerichtet, ein neues Sammelfahrzeug beschafft und ein zusätzlicher Mitarbeiter eingestellt worden. Insgesamt habe der Rat der Stadt zwei neue, unbefristete Stellen eingerichtet. Bei stark zurückgehenden Sammelmengen überstiegen die Personal- und Sachkosten den Erlös, so dass das Sammelsystem in der bisherigen Form nicht aufrechterhalten werden könne und die Abfallgebühren erhöht werden müssten. Die Klägerin habe den genauen Umfang der beabsichtigten Sammlung nicht angegeben, insbesondere habe sie nicht mitgeteilt, wieviele Container sie in C. H. aufzustellen beabsichtige. Bislang seien auf Privatflächen im Stadtgebiet im Wesentlichen nur Altkleidercontainer gemeinnütziger Sammler aufgestellt. Bei Aufstellung weiterer (gewerblicher) Altkleidercontainer an stark frequentierten und bequem zu erreichenden Standorten wie etwa auf Supermarktparkplätzen sei zu befürchten, dass die gewerblichen Sammlungen in ihrer Gesamtheit das bisher durch den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger gesammelte Volumen in voller Höhe abschöpfen würden. Es bestehe kein zusätzliches Erfassungspotential. Die Mengenschätzungen der Klägerin seien spekulativ. Es sei davon auszugehen, dass durch die Sammlung der Stadt C. H. das Sammelpotential bereits jetzt voll ausgeschöpft werde. Der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger müsse nicht selbst Sammlung und Verwertung vornehmen, sondern dürfe gemäß § 22 KrWG sowohl für die Sammlung als auch für die Verwertung Dritte beauftragen. Die Sammlung der Stadt C. H. sei auch leistungsfähiger als eine kleinere Sammlung. Nach § 17 Abs. 3 Satz 5 KrWG sei insoweit ausdrücklich auch die gemeinwohlorientierte Servicegerechtigkeit der Leistung zu berücksichtigen. Die von der Klägerin geäußerten europarechtlichen Bedenken seien nicht nachvollziehbar. Das Bundesverwaltungsgericht habe bereits die wesentlich restriktiveren Rahmenbedingungen des früheren Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetzes als europarechtskonform eingestuft. Die Planungssicherheit könne nicht anders als durch die Untersagung der angezeigten Sammlung gewährleistet werden. Es sei für den Beklagten insbesondere nicht möglich, die insgesamt 17 angezeigten gewerblichen Sammlungen wirkungsvoll zu koordinieren.
14Mit dem angegriffenen Urteil hat das Verwaltungsgericht die angefochtene Ordnungsverfügung aufgehoben und zur Begründung angeführt: Der Sammlung der Klägerin stünden keine überwiegenden öffentlichen Interessen im Sinne von § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG entgegen. Es lasse sich bei der gebotenen europarechtskonformen Auslegung der Regelung in § 17 Abs. 3 KrWG nicht feststellen, dass eine Gefährdung der Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers oder des von diesem beauftragten Dritten wegen Verhinderung der Erfüllung der nach § 20 KrWG bestehenden Entsorgungspflichten zu wirtschaftlich ausgewogenen Bedingungen oder wegen wesentlicher Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung anzunehmen sei. Die im Hinblick auf letzteres genannten Regelbeispiele des § 17 Abs. 3 Satz 3 KrWG seien nicht erfüllt. Dies gelte insbesondere für die Regelung des § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG. Zwar führe die Stadt C. H. in ihrem Stadtgebiet eine eigene hochwertige getrennte Erfassung und Verwertung von Alttextilien durch. Dies allein reiche aber nicht aus, um von einer wesentlichen Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung im Sinne von § 17 Abs. 3 Satz 2 Alt. 2 KrWG ausgehen zu können. Zwar lege der Wortlaut der Bestimmung dies nahe. § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG diene aber der Ausfüllung des § 17 Abs. 3 Satz 2 Alt. 2 KrWG, wonach die Planungssicherheit und Organisationsverantwortung wesentlich beeinträchtigt sein müsse - und zwar bezogen auf die nach Satz 1 geschützte Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers. Diese wiederum könne nicht bereits aufgrund des bloßen Nebeneinanders von gewerblicher und kommunaler Sammlung gleicher Abfallarten als gefährdet angesehen werden. Wenn eine Gefährdung der Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers stets angenommen würde, wenn ein öffentlich-rechtlich organisiertes Entsorgungssystem überhaupt bestehe, führe dies zu einem europarechtlich nicht gerechtfertigten absoluten Konkurrenzschutz. Vor diesem Hintergrund bedürfe § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG einer einschränkenden Auslegung. Vor dem Hintergrund der Altpapierentscheidung des Bundesverwaltungsgerichts sei § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG so zu verstehen, dass eine spürbare Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung dann gegeben sei, wenn der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger zu einer wesentlichen Änderung und Anpassung seiner Entsorgungsstruktur gezwungen werde. Es lägen hier indes keine greifbaren Anhaltspunkte dafür vor, dass das bisherige städtische System nicht auch bei Zulassung der Sammlung der Klägerin weiter betrieben werden könne. Die Sammlung über Container im Bringsystem verursache einen relativ geringen Aufwand und könne ohne weiteres an steigende oder fallende Sammelmengen angepasst werden, indem die Container zum Beispiel häufiger oder seltener geleert würden. Der Beklagte habe weder dargelegt noch sei sonst ersichtlich, dass Konsequenzen in technischer, organisatorischer, personeller oder wirtschaftlicher Hinsicht für die Stadt C. H. gezogen werden müssten, die zu einer wesentlichen Änderung oder Anpassung der kommunalen Strukturen im Bereich der Entsorgung von Alttextilien im Stadtgebiet führten. Mitarbeiter und Fahrzeuge könnten auch anderweitig Verwendung finden. Allein die Abschöpfung eines bestimmten Anteils des vorhandenen Wertstoffpotenzials müsse nicht mit einer wesentlichen Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung einhergehen. Zwar seien solche Auswirkungen tatsächlich schwer abzuschätzen, insbesondere angesichts ungenauer Angaben zum geplanten Umfang der Sammlung durch die gewerblichen Sammler. Dies rechtfertige indes nicht den Erlass einer insoweit vorsorglichen Untersagungsverfügung, wenn und soweit nicht absehbar sei, ob überhaupt eine Änderung der Entsorgungsstrukturen erforderlich werden könne. Insoweit sei die zukünftige Entwicklung abzuwarten.
15Mit seiner vom Verwaltungsgericht wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassenen Berufung wendet der Beklagte im Wesentlichen ein: Das Verwaltungsgericht habe die entscheidungserheblichen Tatsachen nicht hinreichend berücksichtigt, insbesondere nicht den Umstand, dass 19 Sammlungen mit Sammelmengen von ca. 1.250 Tonnen pro Jahr für das Kreisgebiet angezeigt worden seien. Zudem sei es zu Unrecht davon ausgegangen, der klare Wortlaut des § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG bedürfe einer restriktiven europarechtskonformen Auslegung. Dies ergebe sich zunächst aus dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 28. August 2014 ‑ 2 BvR 2639/09 ‑. Auf die durch das Bundesverwaltungsgericht in seinem Altpapierurteil exemplarisch genannten und durch das Verwaltungsgericht schon deshalb fälschlicherweise unbedingt vorausgesetzten ungeschriebenen Umstände, wonach eine Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung nur anzunehmen sei, wenn der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger zu einer wesentlichen Änderung und Anpassung seiner Entsorgungsstruktur gezwungen werde, könne deshalb nicht (allein) abgestellt werden. Gerade angesichts des weiten Ermessensspielraums der Mitgliedstaaten im Hinblick auf die Umsetzung von Art. 106 Abs. 2 AEUV bedürfe dies auch keiner europarechtlichen Korrektur. Die durch das Bundesverfassungsgericht für zulässig erachtete eigenständige Schutzbedürftigkeit der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung in der konkreten Ausgestaltung wäre hinfällig und der Wille des Gesetzgebers, der sich an diesen entwickelten Grundsätzen im Sinne der Rechtssicherheit und -klarheit orientiert habe, würde verletzt, wenn eine Beeinträchtigung dieser überwiegenden Interessen an zusätzliche, unbestimmte und ungeschriebene materielle Anforderungen geknüpft würde. Dies stelle keine vom Gesetzgeber beabsichtigte klare Leitlinie im Interesse einer intendierten Rechtssicherheit für alle Beteiligten dar. In europarechtlicher Hinsicht sei zudem zu berücksichtigen, dass Beschränkungen der Waren- und Wettbewerbsfreiheit bereits dann für gerechtfertigt gehalten würden, wenn sie dazu dienten, dass eine Dienstleistung von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse zu möglichst niedrigen, sozialverträglichen Gebühren erbracht werden könne. Nach der Rechtsprechung des EuGH sei die Erforderlichkeit und Verhältnismäßigkeit der konkreten Organisations- und Finanzierungsformen im Übrigen kein Gegenstand europarechtlicher Prüfung. Unabhängig davon habe er, der Beklagte, ausreichend dargelegt, dass wesentliche Beeinträchtigungen der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers in C. H. auch konkret zu erwarten seien. Gegenwärtig würden in C. H. kommunal ca. 510 Tonnen Alttextilien pro Jahr in 130 Containern an 92 Standorten gesammelt. Straßensammlungen erzielten eine Sammelmenge von ca. 120 Tonnen pro Jahr. Neben gemeinnützigen Sammlungen fänden inzwischen im Stadtgebiet aufgrund eines konsequenten Vorgehens keine gewerblichen Sammlungen mehr statt. Pro gewerblichen Container sei eine Sammelmenge von 3,8 Tonnen pro Jahr zu erwarten. Die Beachtlichkeitsschwelle von 10 %, die in der Rechtsprechung insoweit zugrunde gelegt werde, sei deshalb bei 14 Containern zu ziehen. Unabhängig davon habe die Stadt C. H. die konkreten Beeinträchtigungen hinreichend plausibel gemacht. Die Einstellung von zwei Mitarbeitern und die Anschaffung von zwei Sammelfahrzeugen seien Organisationsentscheidungen, die bei erheblich zurückgehenden Sammelmengen nicht (mehr) tragbar seien.
16In der mündlichen Verhandlung vor dem erkennenden Senat hat der Beklagte die in der Ordnungsverfügung vom 13. November 2012 enthaltene Zwangsgeldandrohung aufgehoben. Die Beteiligten haben die Hauptsache insoweit übereinstimmend für erledigt erklärt.
17Der Beklagte beantragt,
18das angegriffene Urteil zu ändern und die Klage abzuweisen.
19Die Klägerin beantragt,
20die Berufung zurückzuweisen.
21Zur Begründung nimmt sie Bezug auf ihren erstinstanzlichen Vortrag und die Ausführungen des Verwaltungsgerichts. Ergänzend trägt sie vor: Nach neuesten wissenschaftlichen Studien, namentlich einer Untersuchung der RWTH Aachen im Auftrag des c. e. V., sei von einem potentiellen Sammelaufkommen von 12 kg pro Jahr und Einwohner auszugehen, das in C. H. weiterhin nicht annähernd ausgeschöpft werde.
22Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Beklagten Bezug genommen.
23Entscheidungsgründe
24Soweit die Beteiligten den Rechtsstreit in der mündlichen Verhandlung vor dem erkennenden Senat hinsichtlich der vom Beklagten angedrohten Zwangsgelder für in der Hauptsache erledigt erklärt haben, ist das Verfahren einzustellen und das erstinstanzliche Urteil für wirkungslos zu erklären (§ 92 Abs. 3 VwGO, § 269 Abs. 3 Satz 1 ZPO in entsprechender Anwendung).
25Im Übrigen ist die zulässige Berufung des Beklagten begründet.
26Die Klage ist zulässig, aber unbegründet.
27Die angefochtene Ordnungsverfügung vom 13. November 2012 ist ‑ im noch anhängigen Umfang ‑ rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
28Rechtsgrundlage für die Untersagung der Sammlung ist § 18 Abs. 5 Satz 2 Alt. 2 KrWG i. V. m. § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4, § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG. Danach ist die Durchführung einer Sammlung zu untersagen, wenn die Einhaltung der in § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG genannten Voraussetzungen anders nicht zu gewährleisten ist. Nach § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG besteht die Überlassungspflicht nach § 17 Abs. 1 KrWG nicht für Abfälle, die durch eine gewerbliche Sammlung einer ordnungsgemäßen und schadlosen Verwertung zugeführt werden, soweit überwiegende öffentliche Interessen dieser Sammlung nicht entgegenstehen. Ausgehend davon sind vorliegend die Voraussetzungen für eine Untersagung der gewerblichen Sammlung der Klägerin erfüllt.
29I. Die Untersagungsverfügung ist formell rechtmäßig, insbesondere ist der Beklagte zu ihrem Erlass zuständig.
30Der Beklagte hat als zuständige Behörde gehandelt. Er ist als Untere Umweltschutzbehörde gemäß § 38 LAbfG NRW in Verbindung mit § 1 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 der Zuständigkeitsverordnung Umweltschutz (ZustVU) vom 3. Februar 2015 in Verbindung mit Teil A des Verzeichnisses zu dieser Verordnung (GV. NRW. S. 267) für den Vollzug des Kreislaufwirtschaftsgesetzes zuständig. Die Regelung entspricht der bereits nach der Vorgängerverordnung vom 11. Dezember 2007 (GV. NRW. S. 662) bestehenden Rechtslage.
31Vgl. zur früheren Rechtslage OVG NRW, Urteile vom 15. August 2015 ‑ 20 A 2798/11 ‑, NWVBl. 2014, 16, sowie ‑ 20 A 3043/11 ‑ und ‑ 20 A 3044/11 ‑, beide juris.
32Die Frage der Neutralität der Unteren Umweltschutzbehörde in Fällen, in denen sie gleichzeitig öffentlich-rechtlicher Entsorgungsträger ist,
33vgl. hierzu OVG NRW, Urteil vom 7. Mai 2015 ‑ 20 A 2670/13 ‑, juris.
34stellt sich hier nicht, weil im Gebiet des Beklagten die nicht den kreisangehörigen Gemeinden obliegenden Entsorgungspflichten (§ 5 Abs. 6 Satz 1 LAbfG) vom C. Abfallwirtschaftsverband wahrzunehmen sind (§ 6 Abs. 1 LAbfG).
35II. Die Untersagungsverfügung ist auch materiell rechtmäßig.
361. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Frage, ob überwiegende öffentliche Interessen der angezeigten Sammlung entgegenstehen, ist die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung vor dem erkennenden Senat. Denn die Untersagung der Sammlung stellt einen Dauerverwaltungsakt dar; für einen solchen wird im Allgemeinen davon ausgegangen, dass für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung maßgebend ist.
37Vgl. OVG NRW, Urteile vom 15. August 2015 ‑ 20 A 2798/11 ‑, a. a. O, ‑ 20 A 3043/11 ‑, a. a. O., und ‑ 20 A 3044/11 ‑, a. a. O.; Bay. VGH, Beschluss vom 11. März 2014 - 20 ZB 13.2510 -, juris; VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 10. Oktober 2013 ‑ 10 S 1202/13 -, juris; Nds. OVG, Urteil vom 21. März 2013 - 7 LB 56/11 -, juris; allgemein Wolff in: Sodan/Ziekow, VwGO-Kommentar, 4. Aufl. 2014, § 113 Rn. 116 f.
38Von diesem allgemeinen Grundsatz für die vorliegende Fallgestaltung eine Ausnahme zu machen, ist nicht angezeigt.
39Vgl. für die Untersagung nach § 18 Abs. 5 Satz 2 Alt. 1 KrWG: OVG NRW, Urteile vom 7. Mai 2015 ‑ 20 A 316/14 ‑, juris, und ‑ 20 A 2670/13 ‑, a. a. O.
40Dies ändert aber nichts daran, dass Bezugspunkt der Untersagungsverfügung die von der Klägerin konkret angezeigte Sammlung ist, insbesondere in ihrer angezeigten Ausgestaltung und ihrem angezeigten Umfang. Denn die Angaben in der Anzeige bestimmen wesentlich den Charakter der Sammlung, über deren Vereinbarkeit mit öffentlichen Interessen die zuständige Abfallbehörde zu befinden hat. Dabei liegt es in der Verantwortung des Sammlers, die von ihm beabsichtigte Sammlung durch korrekte und hinreichend realitätsnahe Angaben inhaltlich festzulegen.
41Vgl. dazu auch Dippel in: Schink/Versteyl, KrWG - Kommentar, 2012, § 18 Rn. 12; Karpenstein/ Dingemann in: Jarass/Petersen, KrWG - Kommentar, 2014, § 18 Rn. 43 ff.
42Er hat den Gegenstand seiner Tätigkeit und deren Art und Weise zu bestimmen. Die Zugrundelegung des Aussagegehalts der Anzeige entspricht der Funktion des Anzeigeverfahrens, der zuständigen Abfallbehörde eine präventive Kontrolle der Zulässigkeit der Sammlung, also eine Beurteilung eines konkreten Vorhabens, zu ermöglichen.
43Vgl. dazu die Bründung zum Gesetzentwurf der Bundesregierung, BT-Drucks. 17/6052, S. 88; Karpenstein/Dingemann, a. a. O., § 18 Rn. 1; Dippel, a. a. O., § 18 Rn. 5.
44§ 17 Abs. 3 Satz 1 KrWG stellt im Rahmen der Prüfung entgegenstehender überwiegender öffentlicher Interessen auf die Sammlung in ihrer konkreten Ausgestaltung ab, die sich wiederum nach dem Regelungskonzept des § 18 KrWG nur aus den Angaben in der Anzeige ergeben kann.
45Darüber hinaus ist dadurch die gebotene Gleichbehandlung aller Bewerber, für die es insbesondere in wirtschaftlichen Konkurrenz- und Mangelsituationen unter anderem auf den Zeitpunkt des (vollständigen) Eingangs einer Anzeige ankommen kann, zu gewährleisten.
462. Die Voraussetzungen des § 18 Abs. 5 Satz 2 Alt. 2 KrWG i. V. m. § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG liegen zum danach maßgeblichen Zeitpunkt vor.
47a) Der Anwendbarkeit des § 18 Abs. 5 Satz 2 Alt. 2 KrWG kann nicht mit Erfolg entgegengehalten werden, dass die Untersagungsverfügung mehr als drei Monate nach der Anzeige der Sammlung ergangen ist.
48Die als Anknüpfungspunkt für eine gegenteilige Auffassung allein in Betracht kommende Frist aus § 18 Abs. 1 KrWG betrifft lediglich den Zeitabstand zwischen der Anzeige und der frühestmöglichen Aufnahme der Sammeltätigkeit. Verstreicht diese Frist, ist der Sammler berechtigt, mit der Durchführung der gewerblichen Sammlung zu beginnen. Diese Berechtigung lässt die materiellen Voraussetzungen für das Entfallen der Überlassungspflicht ebenso unberührt wie die behördlichen Befugnisse, diese Voraussetzungen nach Maßgabe von § 18 Abs. 5 KrWG durch Anordnungen umzusetzen.
49b) Das Verwaltungsgericht ist in Übereinstimmung mit der ‑ soweit ersichtlich ‑ einhelligen aktuelleren Rechtsprechung und Literatur zutreffend davon ausgegangen, dass die von der Klägerin gesammelten bzw. zu sammelnden Alttextilien Abfälle im Sinne des § 17 KrWG sind.
50So ausdrücklich OVG NRW, Beschluss vom 20. Januar 2014 - 20 B 331/13 -, NWVBl. 2014, 300; auch VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 9. September 2013 ‑ 10 S 1116/13 ‑, DVBl. 2013, 1537; im Übrigen wird die Abfalleigenschaft in den einschlägigen Gerichtsentscheidungen stillschweigend vorausgesetzt; vgl. auch Gruber, Abfallrecht 2015, 174.
51Die Abfalleigenschaft der genannten Gegenstände ergibt sich aufgrund einer Entledigung durch den Besitzer (§ 3 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 KrWG) in Gestalt der Aufgabe der tatsächlichen Sachherrschaft (durch Einwurf in einen Sammelcontainer) unter Wegfall jeder weiteren (relevanten) Zweckbestimmung (§ 3 Abs. 2 Alt. 3 KrWG). Soweit in älteren Gerichtsentscheidungen
52- OVG NRW, Urteil vom 8. Dezember 1982 ‑ 20 A 570/82 ‑, NVwZ 1983, 561; BayObLG, Beschluss vom 23. August 1983 ‑ 3 Ob OWi 124/83 ‑, NVwZ 1984, 198 -
53die Abfalleigenschaft von Gegenständen verneint wurde, die nicht der allgemeinen Müllabfuhr, sondern einer (getrennten) Sammlung zugeführt wurden, ist diese Rechtsprechung überholt. Sie beruht auf der anderslautenden Abfalldefinition des seinerzeit geltenden § 1 Abs. 1 Satz 1 AbfG 1972. Die Entledigung und ein hierauf gerichteter Wille war danach schon dann zu verneinen, wenn überhaupt eine irgendwie geartete nützliche Verwendung oder Verwertung stattfand bzw. beabsichtigt war.
54Vgl. BVerwG, Beschluss vom 19. Dezember 1989 ‑ 7 B 157.89 ‑, NVwZ 1990, 564; Kunig/ Schwermer/Versteyl, AbfG, § 1 Rn. 13, 15 und 32.
55Demgegenüber ist nach aktuellem Recht das von der Zweckbestimmung der jeweiligen Sache geprägte Verständnis der Entledigung und des spezifischen Entledigungswillens maßgeblich. Soweit dementsprechend in den zuvor zitierten Entscheidungen ein Entledigungswille mit der Begründung verneint wurde, es solle der Sammlungszweck gefördert und dem sammelnden Unternehmen ein Vorteil eingeräumt werden, ergibt sich daraus keine (konkrete) Zweckbestimmung hinsichtlich der abgegebenen Gegenstände im Sinne von § 3 Abs. 2 Alt. 3 KrWG, welche gegebenenfalls die Abfalleigenschaft nach heutigem Recht ausschlösse. Denn die beiden zuvor genannten Gesichtspunkte (Förderung des Sammlungszwecks, Einräumung eines Vorteils) geben nichts Konkretes dafür her, was mit dem jeweils abgegebenen Gegenstand geschehen soll.
56Die Höhe der Wiederverwendungsquote trägt keinen Rückschluss auf eine (konkludente) Zweckbestimmung des Besitzers im Sinne von § 3 Abs. 2 Alt. 3 KrWG. Dies gilt schon deshalb, weil weder vorgetragen worden noch sonst ersichtlich ist, dass der einzelne Besitzer Kenntnis von der Wiederverwendungsquote hat und sich hinsichtlich der Weg-/Abgabe von nicht mehr für eigene Zwecke benötigten Alttextilien auf der Grundlage dieser Kenntnis zwischen potenziell in Betracht kommenden (Annahme-)Stellen entscheidet. Der Annahme einer solchen Kenntnis stehen im Übrigen die je unterschiedlichen Wiederverwendungsquoten ‑ einerseits die Quote im Bundesdurchschnitt und andererseits die Quoten einzelner Unternehmen ‑ als denkbare Parameter entgegen. Es ist durch nichts Konkretes belegt, dass die Besitzer von Alttextilien sich gerade mit der (unterstellten) Wiederverwendungsquote einzelner gewerblicher Sammler von Alttextilien auseinandersetzen oder ihnen diese bekannt ist. Allerdings liegt selbst die Wiederverwendungsquote der Klägerin bei maximal 60 % der gesammelten Textilien. Weiterhin beziehen sich diese Quoten ‑ soweit ersichtlich ‑ lediglich auf Bekleidung, nicht jedoch auch auf sonstige (Alt‑)Textilien und (Alt‑)Schuhe, so dass insoweit ein Rückschluss von der Wiederverwendungsquote auf eine Zweckbestimmung ohnehin nicht in Betracht kommt.
57Unabhängig von der Wiederverwendungsquote und davon, ob mit einer ‑ hier nicht in Rede stehenden ‑ Übergabe von Alttextilien an einen "Second-Hand-Laden", an eine Kleiderkammer oder an eine sonstige Abgabestelle etwa zur Versorgung von Flüchtlingen eine Zweckbestimmung verbunden ist, lässt sich eine solche jedenfalls beim Einwurf von Alttextilien in einen öffentlich zugänglichen Sammelcontainer nicht feststellen. Es kann dahinstehen, ob tatsächlich ein Großteil der Nutzer von Sammelcontainern Alttextilien aus der Motivationslage heraus und mit der Hoffnung einwerfen, die Gegenstände sollten wiederverwendet, also weitergetragen werden. Jedenfalls ist für eine darüber hinausgehende Zweckbestimmung im Sinne einer realistischen und verbindlichen Festlegung einer entsprechenden Funktion der einzelnen Sache nichts ersichtlich. Dies gilt, wie der Senat bereits an anderer Stelle ausgeführt hat,
58vgl. OVG NRW, Beschluss vom 20. Januar 2014 - 20 B 331/13 -, a. a. O.,
59auch unter Berücksichtigung der Ergebnisse einer forsa-Umfrage von März 2013. Dieser kann zwar entnommen werden, dass hinsichtlich der Abgabe von Altkleidern der ganz überwiegende Teil der bisherigen Besitzer aus einer bestimmten, auf die Wiederverwendung (als Kleidung) gerichteten Motivationslage heraus handelt. Dies reicht jedoch nicht aus, in der Abgabe einer für eigene Zwecke nicht mehr gewollten und für Dritte möglicherweise noch weiter nutzbaren Sache zugleich und darüber hinaus eine durch ein gewisses Maß an Verbindlichkeit und Verlässlichkeit gekennzeichnete Zweckbestimmung zu sehen. Gerade aus Seite 6 der Ausführungen zur Umfrage ist vielmehr zu schließen, dass, wenn überhaupt, mit der Abgabe in einer Kleiderkammer eine Zweckbestimmung verbunden ist, nicht jedoch mit dem Einwerfen in einen in der Öffentlichkeit aufgestellten und frei zugänglichen Sammelcontainer.
60Weiterhin steht der Annahme einer Zweckbestimmung entgegen, dass in aller Regel dem Nutzer eines Sammelcontainers keine Möglichkeit zur Verfügung steht, die Einhaltung der (unterstellten) Zweckbestimmung zu verfolgen oder zu kontrollieren, selbst wenn ein entsprechendes Interesse bestehen sollte. Denn mit dem Einwurf der Alttextilien in den Sammelcontainer gibt er, wie ihm auch bewusst ist, im Regelfall jede weitere Einflussmöglichkeit auf. Angesichts dessen fehlt es bereits an einer tauglichen Grundlage für die Annahme, der Nutzer eines Sammelcontainers wolle über das Bestehen einer bestimmten Motivationslage hinaus eine (verbindliche) Zweckbestimmung treffen. Im Übrigen hätte die Annahme einer beim Einwurf von Alttextilien in einen Sammelcontainer abgegebenen Zweckbestimmung nur Sinn, wenn es einen Adressaten gäbe, der sich entsprechend der Bestimmung verhalten könnte. Dies ist jedoch nicht der Fall, weil die (unterstellte) Zweckbestimmung bei der Abgabe (Einwurf in den Sammelcontainer) nicht erfasst oder aufgenommen wird und es im Nachhinein regelmäßig nicht möglich ist, allein aus der Art und/oder dem Erhaltungszustand eines einzelnen (Textil-)Stücks auf eine (unterstellte) Zweckbestimmung des Abgebenden beim Einwurf in den Sammelcontainer zurückzuschließen. Da es ‑ auch nach der angesprochenen forsa-Umfrage ‑ unterschiedliche Gründe oder Motive gibt, aus denen heraus Alttextilien zur "Kleidersammlung" gegeben werden, gibt es mit Sicherheit auch Fälle, in denen ein zur Wiederverwendung geeignetes Kleidungsstück ohne entsprechende Zweckbestimmung abgegeben wird, etwa weil der Abgebende das Stück ‑ zur Verminderung eines überschüssigen Bekleidungsbestands ‑ schlicht "loswerden" werden will und es aus Umweltschutz- oder Kostengründen nicht in den Restabfallbehälter wirft. Schließlich führt der Rückschluss von der Art oder dem Erhaltungszustand eines Textilstücks auf die (unterstellte) Zweckbestimmung dazu, dass von der Klägerin jedenfalls auch Abfall gesammelt wird. Denn im Hinblick auf deutlich verschlissene, offensichtlich nicht wieder oder weiter tragbare Kleidung und Schuhe sowie auf andere Textilien außerhalb von Bekleidung könnte von vornherein nicht von einer auf die Wiederverwendung gerichteten Zweckbestimmung ausgegangen werden. Dass es insoweit unterschiedliche Vorstellungen geben wird, ob ein Kleidungsstück gleichwohl noch getragen werden kann bzw. etwa in Notsituationen mangels Alternativen getragen wird, bestätigt die ausgeführte Unmöglichkeit, den Abfallbegriff auf diese Weise zu konkretisieren.
61Aus dem Sortieren nach der Einsammlung und der sich daran anschließenden Vermarktung kann keine Zweckbestimmung im Sinne von § 3 Abs. 2 Alt. 3 KrWG abgeleitet werden. Dementsprechend kommt es weder darauf an, ob das Sortieren als ein Verfahren der Prüfung gemäß § 3 Abs. 24 KrWG die Abfalleigenschaft indiziert, noch bedarf es einer weiteren Betrachtung, ob und gegebenenfalls welche rechtlichen Folgerungen sich daraus ergeben, dass auch Second-Hand-Läden und Kleiderkammern eine Sortierung der ihnen überlassenen Alttextilien vornehmen dürften.
62c) Der von der Klägerin angezeigten Sammlung stehen überwiegende öffentliche Interessen im Sinne von § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG entgegen.
63aa) Die nähere Konkretisierung des unbestimmten Rechtsbegriffs der entgegenstehenden überwiegenden öffentlichen Interessen enthält § 17 Abs. 3 Satz 1 KrWG. Danach liegen diese unter anderem vor, wenn die beabsichtigte Sammlung in ihrer konkreten Ausgestaltung, auch im Zusammenwirken mit anderen Sammlungen, die Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers oder des von diesem beauftragten Dritten gefährdet. Eine solche Gefährdung der Funktionsfähigkeit ist nach § 17 Abs. 3 Satz 2 KrWG anzunehmen, wenn die Erfüllung der nach § 20 KrWG bestehenden Entsorgungspflichten zu wirtschaftlich ausgewogenen Bedingungen verhindert oder die Planungssicherheit und Organisationsverantwortung wesentlich beeinträchtigt wird. Letzteres wiederum ist nach § 17 Abs. 3 Satz 3 KrWG insbesondere anzunehmen, wenn durch die gewerbliche Sammlung
64- 65
1. Abfälle erfasst werden, für die der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger oder der von diesem beauftragte Dritte eine haushaltsnahe oder sonstige hochwertige getrennte Erfassung und Verwertung der Abfälle durchführt,
- 66
2. die Stabilität der Gebühren gefährdet wird oder
- 67
3. die diskriminierungsfreie und transparente Vergabe von Entsorgungsleistungen im Wettbewerb erheblich erschwert oder unterlaufen wird.
§ 17 Abs. 3 Satz 3 Nrn. 1 und 2 KrWG gelten nicht, wenn die vom gewerblichen Sammler angebotene Sammlung und Verwertung der Abfälle wesentlich leistungsfähiger ist als die von dem öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger oder dem von ihm beauftragten Dritten bereits angebotene oder konkret geplante Leistung (§ 17 Abs. 3 Satz 4 KrWG).
69bb) Die vorliegend in Rede stehende Regelung des § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG verlangt auf der Tatbestandsebene allein, dass durch die gewerbliche Sammlung Abfälle erfasst werden, für die der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger oder der von diesem beauftragte Dritte eine haushaltsnahe oder sonstige hochwertige getrennte Erfassung und Verwertung der Abfälle durchführt.
70Unter einer "haushaltsnahen getrennten Erfassung von Abfällen" im Sinne von § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG ist zumindest in erster Linie ein Holsystem beim privaten Haushalt zu verstehen. Dies ergibt sich aus den Kriterien für den Vergleich der Leistungsfähigkeit nach § 17 Abs. 3 Satz 5 KrWG und wird bestätigt durch die Begründung der vom Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit vorgeschlagenen Änderung des ursprünglichen Gesetzentwurfes der Bundesregierung zum Kreislaufwirtschaftsgesetz. Neben dem üblichen Entsorgungsbehälter für das einzelne Grundstück sollen über das Tatbestandsmerkmal "sonstige hochwertige getrennte Erfassung" auch sonstige Erfassungssysteme erfasst werden, soweit sie nach ihrer räumlichen Ausgestaltung, ihrer Beschaffenheit und ihrem konkreten Betrieb die werthaltigen Abfälle aus den privaten Haushalten in gleichem Umfang, gleicher Qualität und gleicher Effizienz erfassen können. Gemeinsames Merkmal aller (geschützten) Systeme soll dabei sein, dass sie das Ressourcenpotential der werthaltigen Abfälle effizient nutzen.
71Vgl. BT-Drucks. 17/7505 (neu), S. 44; Schwind in: von Lersner/Wendenburg, Recht der Abfallbeseitigung, § 17 KrWG Rn. 175, 179 ff.
72Dies schließt ein Bringsystem mit flächendeckend aufgestellten Sammelcontainern ein. Referenzpunkt der Regelung ist das haushaltsnahe Entsorgungssystem, dem die anderen Systeme in den wesentlichen Punkten entsprechen müssen. Insbesondere muss für sämtliche Einwohner des Entsorgungsgebiets eine mit zumutbarem Aufwand erreichbare Möglichkeit der Abgabe der Abfälle bestehen.
73In diesem Sinne auch Schwind, a. a. O., § 17 KrWG Rn. 175 ff.; Karpenstein/Dingemann, a. a. O., § 17 Rn. 174.
74cc) Weitergehende tatbestandliche Anforderungen stellt § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG seinem Wortlaut nach nicht auf, wovon auch das Verwaltungsgericht ausgegangen ist. Danach ist auf der Grundlage dieser Regelung als Rechtsfolge "anzunehmen", dass der gewerblichen Sammlung überwiegende öffentliche Interessen im Sinne einer wesentlichen Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers/Drittbeauftragten entgegenstehen.
75Diese Feststellung bedeutet entgegen der vom Beklagten vertretenen Auffassung aber (noch) nicht, dass allein die Existenz eines haushaltsnahen oder sonstigen hochwertigen Erfassungssystems eine Untersagungsverfügung trüge. Dies wäre nur dann der Fall, wenn § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG bereits für sich genommen einen eigenständigen Untersagungsgrund darstellte oder immer zwingend auf eine wesentliche Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger/Drittbeauftragten führte. Das ist aber nicht der Fall.
76Ein solches Verständnis der Vorschrift findet im Gesetzeswortlaut keine Stütze und widerspricht der Regelungssystematik des § 17 Abs. 3 KrWG. Die Regelungen des § 17 Abs. 3 Satz 3 KrWG stellen ‑ anders als das in § 17 Abs. 3 Satz 1 genannte Bezugskriterium der Funktionsfähigkeit ‑ keine rechtlich verselbständigten Untersagungstatbestände dar. Vielmehr ist bei ihrer Erfüllung die wesentliche Beeinträchtigung des Schutzobjekts der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung (lediglich) "anzunehmen" und ist in der Folge auch eine Gefährdung der Funktionsfähigkeit (nur) "anzunehmen". Damit besagt bereits der Wortlaut von § 17 Abs. 3 Satz 3 KrWG, dass die Erfüllung des Tatbestandes eine weitergehende Betrachtung nicht entbehrlich macht. Ansonsten wäre eine solche Konsequenz nicht "anzunehmen", sondern sie würde "vorliegen", wovon etwa § 17 Abs. 3 Satz 1 KrWG für die "überwiegenden öffentlichen Interessen" im Sinne von § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG ausgeht. Eine derartige Verbindung hat der Gesetzgeber indes in den Sätzen 2 und 3 des § 17 Abs. 3 KrWG nicht vorgesehen und auch nicht gewollt. Das zeigt schon die im Vergleich zu Satz 1 unterschiedliche Fassung der beiden Regelungen, die für den Begriff "anzunehmen" auf einen Aussagegehalt als Vermutung, die sich einzelfallabhängig als richtig oder falsch erweisen kann, hindeutet. Belegt wird dies aber insbesondere auch durch die Begründung des Änderungsantrags zum ursprünglichen Gesetzentwurf, wonach Satz 3 die Schwelle konkretisieren soll, ab der eine "wesentliche Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung angenommen werden kann und den Behörden eine klare Leitlinie" vorgegeben wird.
77Vgl. BT-Drucks. 17/7505 (neu), S. 44 (Unterstreichung durch den Senat).
78Sowohl das Modalverb "kann" als auch der Begriff der "Leitlinie" belegen, dass dieser Bestimmung lediglich ein Orientierungs-, nicht (streng) abschließender Charakter zukommen sollte. Es ist auch nicht zu unterstellen, der Gesetzgeber sei tatsächlich davon ausgegangen, jede gewerbliche Sammlung beeinträchtige ausnahmslos ein hochwertiges kommunales Erfassungssystem. Dagegen spricht insbesondere, dass bereits die in der Begründung des Gesetzentwurfs genannten Erfassungssysteme (Holsysteme und sonstige hochwertige Erfassungssysteme) grundlegende Unterschiede aufweisen und auch innerhalb eines Systemtyps selbst bei seiner Hochwertigkeit gewisse Bandbreiten auftreten können. Schon deshalb variiert naturgemäß ihre "Störanfälligkeit" in beträchtlichem Umfang. Hinzu kommt, dass die jeweils betroffenen Entsorgungsgebiete nach Größe, Siedlungsstruktur und Einwohnerzahl erheblich voneinander abweichen können. Gleiches gilt für die gewerblichen Sammlungen. Dass der Gesetzgeber diese Unterschiede über § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG vollständig einebnen wollte, ist nicht anzunehmen. Im Gegenteil liegt es geradezu auf der Hand, dass etwa eine gewerbliche Sammlung von Alttextilien, die im Extremfall nur einen Container oder eine einmal jährlich stattfindende Straßensammlung in einem Stadt- oder Ortsteil umfasst, das bestehende, voraussetzungsgemäß hochwertige System des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers/Drittbeauftragten schon bei abstrakter Betrachtung im Hinblick auf Planung und Organisation nicht tangiert. Es ist nichts dafür ersichtlich, dass der Gesetzgeber auch in einem solchen Fall eine Untersagung der gewerblichen Sammlung wegen entgegenstehender überwiegender öffentlicher Interessen anordnen wollte.
79Die Regelung des § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG ist damit ‑ im Sinne einer Vermutung ‑ so zu verstehen, dass ein bestehendes hochwertiges Erfassungssystem des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers/Drittbeauftragten nicht von vornherein und immer die Schlussfolgerung rechtfertigt, dass in diesem Fall die Planungssicherheit und Organisationsverantwortung wesentlich durch eine angezeigte gewerbliche Sammlung ‑ im Zusammenwirken mit anderen Sammlungen ‑ beeinträchtigt sein wird und dass die Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers/Drittbeauftragten gefährdet ist. Letzteres bedarf des Vorliegens weiterer Umstände, wobei sich allerdings die Annahmen aus den Sätzen 2 und 3 des § 17 Abs. 3 KrWG ihrem Wesen als Vermutungen entsprechend indiziell dahingehend auswirken, dass die "anzunehmenden" Folgen regelmäßig eintreten. Ob dies dann tatsächlich der Fall ist, hängt immer davon ab, ob und inwieweit der von den Annahmen vorausgesetzte Sachverhalt zunächst auf die Planungssicherheit und Organisationsverantwortung und von dort aus auf die Funktionsfähigkeit durchschlägt.
80Angesichts dessen kann der Begriff "anzunehmen" nicht als eine gesetzlich zwingende (unwiderlegliche) Vermutung
81- so etwa Dageförde/Thärichen, AbfallR 2013, 125; Wenzel, ZUR 2014, 579; Siederer/Wenzel/ Schütze, AbfallR 2014, 79 -
82oder als gesetzliche Fiktion
83- so insbesondere Schwind, a. a. O., § 17 KrWG Rn. 172; Weidemann, AbfallR 2012, 96 -
84verstanden werden. Zwar ließe der Wortlaut des § 17 Abs. 3 Satz 3 KrWG ein solches Verständnis zu, das aufgrund der gleichlautenden Formulierung in § 3 Abs. 2 und 3 KrWG in systematischer Hinsicht auch nicht vollkommen fernläge.
85Vgl. dazu Schwind, a. a. O., § 17 KrWG Rn. 172.
86Dem steht aber im vorliegenden Zusammenhang entgegen, dass das Tatbestandsmerkmal von vornherein nicht in jeder von ihm erfassten Konstellation geeignet wäre, eine reale Verbindung zwischen dem Vermutungs- bzw. Fiktionstatbestand und dem Bezugsobjekt herzustellen. Dies führte dann zumindest partiell zu den oben bereits angesprochenen logischen Brüchen. Diese lassen sich aber vermeiden, wenn der Begriff "anzunehmen" ‑ wie dargestellt ‑ als eine (widerlegliche) Vermutung oder als Regelfall mit Ausnahmevorbehalt verstanden wird. Mit einem solchen Verständnis des in § 17 Abs. 3 Satz 3 KrWG verwendeten Begriffs "anzunehmen" wird für § 17 Abs. 3 Satz 1 KrWG die notwendige und gewollte Wesentlichkeit der Auswirkungen sichergestellt und dem Sinn und Zweck von § 17 Abs. 3 Satz 3 KrWG, als Hilfsmittel für den Ausgleich der Interessen des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers/Drittbeauftragten und des gewerblichen Sammlers zu dienen, angemessen Rechnung getragen.
87dd) In diesem Verständnis bedarf die Regelung des § 17 Abs. 3 Satz 3 KrWG (auch) im Hinblick auf seine Nr. 1 entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts, die auch der wohl herrschenden Auffassung in Literatur und Rechtsprechung entsprechen dürfte,
88Vgl. VGH Bad.-Württ., Beschlüsse vom 9. September 2013 - 10 S 1116/13 -, a. a. O., und vom 4. März 2014 - 10 S 1127/13 -, GewArch 2014, 245; VG Neustadt, Urteil vom 28. Mai 2015 - 4 K 1115/14.NW -, juris; Karpenstein/Dingemann, a. a. O., § 17 Rn. 171; Dippel, a. a. O., § 17 Rn. 65; Beckmann in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, § 17 KrWG Rn. 118, 129,
89nicht aus übergeordneten Gesichtspunkten heraus einer Korrektur im Sinne einer einschränkenden Auslegung im Hinblick auf die dort geregelten Merkmale, die zur gesetzlich angeordneten Annahme wesentlicher Beeinträchtigungen führen sollen. Vielmehr trägt das Verständnis von § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG als (widerlegliche) Vermutung oder als Regelfall mit Ausnahmevorbehalt den Gesichtspunkten hinreichend Rechnung, die für eine solche einschränkende Auslegung angeführt werden.
90Angesichts des insoweit eindeutigen Wortlauts des § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG käme eine solche - ergänzende oder korrigierende - Auslegung nach allgemeinen Auslegungsregeln nur dann in Betracht, wenn das so gefundene wortlautgetreue Verständnis ersichtlich nicht dem Willen des Gesetzgebers entspräche, zu sinnwidrigen, der Denklogik widersprechenden Ergebnissen führte oder das vom Gesetzgeber an sich Gewollte in dieser Form mit höherrangigem Recht nicht in Einklang stünde und dieser Widerspruch durch eine solche einschränkende Interpretation beseitigt werden könnte. Nur dann dürfte die an sich jeder Auslegung gesetzte Wortlautgrenze überwunden werden. Keine der genannten Voraussetzungen ist indes unter der dargestellten Prämisse einer (widerleglichen) Vermutung bzw. eines Regel-/Ausnahmeverhältnisses erfüllt.
91(1) Entgegen der in Teilen von Rechtsprechung und Literatur vertretenen Auffassung lässt sich nicht feststellen, dass das vorstehend dargelegte Auslegungsergebnis nicht vom Willen des Gesetzgebers gedeckt ist.
92Die insoweit regelmäßig herangezogene Begründung zum ursprünglichen Gesetzentwurf der Bundesregierung (BT-Drucks. 17/6052)
93- hierauf stellen etwa VGH Bad.-Württ., Beschlüsse vom 9. September 2013 - 10 S 1116/13 -, a. a. O., und vom 4. März 2014 - 10 S 1127/13 -, a. a. O., und VG Neustadt, Urteil vom 28. Mai 2015 - 4 K 1115/14.NW -, a. a. O., VG München, Urteil vom 24. Oktober 2013 - M 17 K 13.2189 -, juris, ab -
94ist hierfür unergiebig, weil sie sich auf eine Fassung des § 17 Abs. 3 KrWG bezieht, die nicht Gesetz geworden, sondern durch die vom Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit in Bezug auf die Regelung in Satz 2 und die Neueinführung des Satzes 3 substantiell und gerade mit dem Ziel, den Schutzkatalog für die öffentlichen Interessen zu erweitern (BT-Drucks. 17/7505 (neu), S. 43), modifiziert worden ist. Unabhängig davon lässt ein "einseitiges" Abstellen auf die (ursprünglichen) Vorstellungen der Bundesregierung außer Acht, dass der Gesetzgebungsprozess gerade von einem Interessengegensatz zwischen öffentlich-rechtlichen Entsorgern und gewerblichen Sammlern geprägt war und die Interessen der öffentlich-rechtlichen Entsorger in verstärktem Maße von Seiten des Bundesrates vertreten wurden, während seitens der Bundesregierung ‑ nicht zuletzt aufgrund dort bestehender europarechtlicher Bedenken ‑ das Ziel einer stärkeren Marktöffnung verfolgt wurde. Demzufolge weisen die erst im Vermittlungsausschuss endgültig konturierten Regelungen der letztendlich Gesetz gewordenen Fassung des § 17 Abs. 3 KrWG Kompromisscharakter auf, so dass zu deren Auslegung die ursprünglichen Vorstellungen der Bundesregierung jedenfalls nicht ohne weiteres und uneingeschränkt herangezogen werden können.
95Vgl. dazu insbesondere Schwind, a. a. O., § 17 KrWG Rn. 23 ff.
96Nimmt man indes die auf die Ergänzung des § 17 Abs. 3 KrWG bezogenen Materialien zum Maßstab, spricht alles dafür, dass der Gesetzgeber die Regelung des § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG bewusst gewählt hat. So wird dort die Einfügung der Regelung des § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG wie folgt erläutert:
97" Nach der ersten Fallgruppe erhält die vom öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger durchgeführte hochwertige getrennte Erfassung und Verwertung einen besonderen Schutz, insbesondere gegenüber dem sogenannten 'Rosinenpicken'." (BT-Drucks. 17/7505, S. 44)
98In der zusammenfassenden Begründung zu § 17 Abs. 3 Satz 3 KrWG neu heißt es sodann:
99" Durch die Ergänzung der Regelung wird die Steuerungsverantwortung der öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger konkretisiert. Die Regelung verdeutlicht, dass hochwertige Wertstofferfassungssysteme in rechtssicherer Weise geschützt werden können und die Aufgabenerledigung auf verlässlicher Grundlage bei tragfähigen und stabilen Gebühren organisiert werden kann. Zugleich schützt die Regelung auch die wettbewerbskonforme Einbindung der privaten Entsorgungswirtschaft in die kommunale Aufgabenwahrnehmung und sichert so die 'duale' Entsorgungsverantwortung im Bereich der Entsorgung von Haushaltsabfällen ab. Sie gewährleistet damit einen fairen Interessenausgleich zwischen öffentlich-rechtlicher und privater Entsorgungswirtschaft." (BT-Drucks. 17/7505, S. 44)
100Eine entsprechende Regelungsabsicht lässt auch die grundlegende Motivation zur gesetzlichen Aufwertung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung zu eigenständigen Schutzobjekten und zu deren gesetzlicher Konkretisierung durch die Regelung des Satzes 3 erkennen, wonach mit ihm den Betroffenen eine klare Leitlinie zur Beurteilung wesentlicher Beeinträchtigungen vorgegeben werden sollte.
101BT-Drucks. 17/7505 (neu), S. 44.
102Noch deutlicher in diese Richtung geht die Stellungnahme der FDP-Fraktion, die grundsätzlich einen möglichst großen Spielraum der privaten Entsorger im Gesetzgebungsverfahren verfochten hat, im Zusammenhang mit dem endgültigen Gesetzesbeschluss. Dort heißt es:
103" In vielen Kommunen gebe es keine gesonderte Papiersammlung oder das Papier müsse auf Wertstoffhöfen oder in Wertstoffcontainern in großer Entfernung entsorgt werden. In diesem Fall sei es ökologisch sinnvoll, wenn ein privates Unternehmen dies übernehme und damit auch noch Geld verdiene. Das dürfe von den Kommunen nicht untersagt werden. Wenn die Kommunen diesen Service nicht anböten, dürfe nicht verhindert werden, dass es Wettbewerb gebe. Wenn aber die Kommunen den Service einer Papiertonne anböten, müsse dieser auch Bestand haben." (BT-Drucks. 17/7505 (neu), S. 18)
104Ein dem (ursprünglichen) gesetzgeberischen Anliegen, gewerblichen Sammlern einen (erleichterten) Marktzugang und damit in größerem Umfang Konkurrenz zwischen privaten und öffentlich-rechtlichen Sammlungen zu ermöglichen, widersprechender absoluter Konkurrenzschutz, der eine einschränkende Auslegung erfordern könnte,
105vgl. dazu etwa VGH Bad.-Württ., Beschlüsse vom 9. September 2013 - 10 S 1116/13 -, a. a. O., und vom 4. März 2014 - 10 S 1127/13 -, a. a. O.; VG München, Urteil vom 24. Oktober 2013 - M 17 K 13.2189 -, a. a. O., VG Würzburg, Urteil vom 12. November 2013 - W 4 K 13.326 -, juris,
106ist mit dieser Regelung ‑ zumal im Verständnis eines Regelfalles ‑ im Übrigen nicht verbunden. Denn die Regelung lässt tatbestandlich nicht jedes Entsorgungssystem ausreichen, sondern verlangt dessen Hochwertigkeit. Ein solches kommunales Sammlungssystem ist jedenfalls nicht in allen Gemeinden und nicht für alle in Frage kommenden Abfallfraktionen vorhanden. Gewerblichen Sammlern verbleibt immer die Möglichkeit, ihre Sammeltätigkeit in solchen Kommunen auszuüben, in denen ein hochwertiges Erfassungssystem nicht bzw. nicht für die in Frage kommende Abfallfraktion vorhanden ist. Dass dies nicht ein rein theoretisches Phänomen ist, zeigt gerade das vorliegende Verfahren. Der Beklagte hat der Klägerin nicht die angezeigte Sammlung von Alttextilien in seinem gesamten Zuständigkeitsbereich untersagt, sondern nur in einer einzelnen kreisangehörigen Kommune. In allen anderen Städten und Gemeinden, in denen nach Auffassung des Beklagten keine hochwertigen Erfassungssysteme existieren, darf die Klägerin ihrer Tätigkeit uneingeschränkt nachgehen. Mit einem vollständigen Konkurrenzschutz ist die Klägerin daher nicht einmal im Zuständigkeitsbereich des Beklagten konfrontiert.
107(2) Das hier zugrunde gelegte Verständnis des § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG wird auch nicht durch die Überlegung in Frage gestellt, der Gesetzgeber habe sich an der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts im sog. Altpapierurteil,
108BVerwG, Urteil vom 18. Juni 2009 - 7 C 16.08 -, BVerwGE 124, 154,
109konkret an den dortigen Fallgruppen der wesentlichen Änderung der Entsorgungsstruktur und des Schutzes des Vergaberechts, orientiert, weshalb die in Satz 3 benannten Fälle mit Blick hierauf verstanden werden müssten.
110Zum einen steht der von § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr.1 KrWG erfasste Fall ausdrücklich nur beispielhaft ("kann von Bedeutung sein") für die nach Auffassung des Bundesverwaltungsgerichts ausreichende "mehr als geringfügige Auswirkung auf Organisation und Planungssicherheit".
111BVerwG, Urteil vom 18. Juni 2009 - 7 C 16.08 -, a. a. O. (Rn. 34).
112Zum anderen bleibt außer Acht, dass nach Auffassung des Bundesverwaltungsgerichts die Entsorgungssicherheit nur ein Aspekt, wenn auch ein wesentlicher, im Rahmen der erforderlichen Prüfung entgegenstehender überwiegender öffentlicher Interessen ist. Daneben steht die Erwägung, wonach die gesetzliche Überlassungspflicht für Abfälle aus privaten Haushaltungen unter unionsrechtlicher Perspektive ihre Rechtfertigung auch darin findet, dass (schon) bei einer Freigabe des Wettbewerbs im Markt um Abfälle aus privaten Haushaltungen Funktionsstörungen zu erwarten sind und deshalb eine Aufgabenzuweisung an den öffentlichen Entsorgungsträger erfolgen darf. Die kontinuierliche und verlässliche Aufgabenerfüllung der Hausmüllentsorgung durch den öffentlichen Entsorgungsträger setze ein Mindestmaß an Planbarkeit voraus, das bei ungehindertem Zugriff privater Dritter nicht gewährleistet sei.
113BVerwG, Urteil vom 18. Juni 2009 - 7 C 16.08 -, a. a. O., (Rn. 41); bestätigt durch BVerfG, Beschluss vom 28. August 2014 - 2 BvR 2639/09 ‑, NVwZ 2015, 52 (Rn. 44).
114Diese Erwägung stellt das Bundesverwaltungsgericht ausdrücklich neben seine Ausführungen zur Entsorgungssicherheit. Dies lässt sich letztlich nur so verstehen, dass daneben der hier unter europarechtlichen Gesichtspunkten angeführte Aspekt, wonach ein freier Markt mit freiem Zugriff für sich genommen als schädlich betrachtet werden kann, zu berücksichtigen ist ‑ und zwar gerade in Abhängigkeit von materiellen Qualitätskriterien ("kontinuierliche und verlässliche Aufgabenerfüllung"). In diese nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts eröffnete Rechtfertigungsmöglichkeit ist die Regelung des § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG bruchlos einzuordnen.
115Demgegenüber passen die für eine wesentliche Beeinträchtigung der Entsorgungsstruktur angeführten Fallgruppen auf den Fall des § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG bereits im Ansatz nicht. Ein solches hochwertiges System setzt einen nicht unerheblichen Personal- und Logistikeinsatz gerade voraus. Deshalb kann es im Hinblick auf die Änderung der Entsorgungsstruktur auch nicht darauf ankommen, dass Personal für den Fall der Aufgabe des gewerblichen Sammlers vorgehalten werden muss. Entsprechendes Personal für (fast) alles Sammelbare ist naturgemäß vorhanden.
116(3) Auch der Verweis auf das "Kaskadensystem" des § 17 Abs. 3 KrWG stellt das hier zugrunde gelegte Verständnis des § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG nicht in Frage.
117Ob der Einwand, ein auf den Wortlaut beschränktes Verständnis des § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG lasse sich nicht in das "Kaskadensystem" des § 17 Abs. 3 KrWG einfügen, da allein die Existenz eines öffentlich-rechtlichen Entsorgungssystems noch nicht bedeute, dass es durch eine gewerbliche Sammlung wesentlich beeinträchtigt oder in seiner Funktion gefährdet wäre, für die Auslegung des Gesetzes maßgeblich herangezogen werden kann, liegt nicht ohne weiteres auf der Hand. Denn der Gesetzgeber dürfte nach den vorstehenden Ausführungen die Konsequenzen der Regelung erfasst und bezweckt haben, ohne dass er die Tragweite der Bestimmung seinerseits grundsätzlich verkannt hätte. Im Rahmen der Gesetzesauslegung ist daher zunächst zu prüfen, ob das System so, wie es vorhanden ist, einen Sinn ergeben kann. Erst wenn dies zu verneinen ist, kommt unter dem Gesichtspunkt der Widersprüchlichkeit eine korrigierende Auslegung in Betracht.
118Vor diesem Hintergrund kommt dem Umstand besondere Bedeutung zu, dass der Gesetzgeber den Schutz des § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG allein einem hochwertigen Erfassungssystem zukommen lassen will. Der Regelung liegt damit zum einen der Gedanke der Sicherung des damit einhergehenden hohen Umweltstandards zugrunde, der gegen Wettbewerb abgeschirmt wird. Da das Kreislaufwirtschaftsgesetz insgesamt jedenfalls primär auf ökologische Standards, nicht auf ökonomische Chancengerechtigkeit ausgelegt ist, kann hierin kein grundlegender Wertungswiderspruch gesehen werden.
119In diesem Sinne auch Schwind, a. a. O., § 17 KrWG Rn. 175 ("kein ökologischer Mehrwert").
120Zum anderen ist bei einem solchen System regelmäßig zu unterstellen, dass der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger/Drittbeauftragte seiner Organisationsverantwortung in besonderer Weise gerecht geworden ist. Wegen dieser "Vorleistung" erscheint es auch nicht von vornherein unsinnig anzunehmen, dass er deshalb auf eine größere Planungssicherheit angewiesen ist. Ebenso durfte der Gesetzgeber berücksichtigen, dass ein solches hochwertiges System regelmäßig eine komplexere Logistik erfordert und deshalb störungssensibler ist. Dies gilt jedenfalls für ein ‑ dem Gesetzgeber wie ausgeführt primär vor Augen stehendes und als Referenzmodell dienendes ‑ flächendeckendes Holsystem (wie beispielsweise bei der Papiertonne).
121In diesem Sinne auch Karpenstein/Dingemann, a. a. O., § 17 Rn. 173.
122Dass dieser Ansatz nicht uneingeschränkt auf die "sonstigen" (Bring-)Systeme Anwendung finden kann, da diese insoweit regelmäßig hinter dem Planungs- und Organisationsaufwand und den damit verbundenen Kosten zurückbleiben, kann über die hinreichend offene Formulierung "ist anzunehmen" sachgerecht berücksichtigt werden und lässt nicht zwingend auf einen grundlegenden Wertungswiderspruch schließen.
123(4) Das hier zugrunde gelegte Verständnis des § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG bedarf auch keiner europarechtlichen Korrektur.
124Es ist nicht zu erkennen, dass das dargestellte Verständnis des § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG die europarechtlichen Anforderungen verfehlte. Soweit dies vornehmlich mit der Überlegung begründet wird, eine allein am Wortlaut der tatbestandlichen Voraussetzungen orientierte Auslegung führe zu einem unionsrechtlich unzulässigen (und vom Gesetzgeber ersichtlich nicht gewollten) absoluten Konkurrenzschutz, trifft dies ‑ wie ausgeführt ‑ bereits im Ausgangspunkt nicht zu. Denn für die Anwendung des § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG reicht gerade nicht die Existenz irgendeines öffentlich-rechtlichen Entsorgungssystems aus, sondern dieses muss qualitative Voraussetzungen erfüllen. Ist dies nicht der Fall, bleibt es bei einem "freien Markt", wie es hier in weiten Teilen des Zuständigkeitsbereichs des Beklagten für die Fraktion der Alttextilien weiterhin der Fall ist. Absoluten Schutz vor Konkurrenz kann es daher allenfalls im konkreten Sammlungsgebiet geben. Diese Klarstellung ist aus unionsrechtlicher Perspektive aus zwei Gründen bedeutsam:
125Zum einen wird damit Konkurrenz nicht per se für das Gebiet eines Mitgliedstaats ausgehebelt, zum anderen wird der Schutz gerade an einem Merkmal festgemacht, das europarechtlich nicht nur unbedenklich ist, sondern dem zunehmend gerade vom Primärrecht besonderes Augenmerk geschenkt wird.
126Vgl. dazu Hatje in: Schwarze, EU-Kommentar, 3. Aufl. 2012, Art. 14 Rn. 5 ff.; Schorkopf, WuV 2008, 253; Frenz, GewArch 2011, 16; in diesem Sinne auch Karpenstein/ Dingemann, a. a. O., § 17 Rn. 173.
127Insbesondere die durch den Lissabonner Vertrag neugefasste Bestimmung des Art. 14 AEUV, wonach in Anbetracht des Stellenwerts, den Dienste von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse innerhalb der gemeinsamen Werte der Union einnehmen, sowie ihrer Bedeutung bei der Förderung des sozialen und territorialen Zusammenhalts die Union und die Mitgliedsstaaten im Rahmen ihrer jeweiligen Befugnisse im Anwendungsbereich der Verträge dafür Sorge tragen, dass die Grundsätze und Bedingungen, insbesondere jene wirtschaftlicher und finanzieller Art, für das Funktionieren dieser Dienste so gestaltet sind, dass diese ihren Aufgaben nachkommen können, und das hierauf bezogene Protokoll Nr. 26 über Dienste von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse
128- zum Rang als vollwertiger Bestandteil des Primärrechts nach Art. 51 EUV vgl. nur Hatje, a. a. O., Art. 14 Rn. 15 -
129lassen erkennen, dass die von § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG tatbestandlich erfassten hochwertigen Sammlungssysteme auch aus unionsrechtlicher Perspektive in qualifizierter Weise schutzwürdig sind. Die Qualität der Erbringung von Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse wird durch das Protokoll Nr. 26 zum Lissabonner Vertrag konkret und ausdrücklich anerkannt. Danach kommt es für Daseinsvorsorgeleistungen insbesondere auf die Bedürfnisse und Präferenzen der Nutzer sowie auf "ein hohes Niveau in Bezug auf Qualität, Sicherheit und Bezahlbarkeit, Gleichbehandlung und Förderung des universellen Zugangs und der Nutzerrechte" an. Die nähere Ausgestaltung wird zugleich in die Verantwortung der Mitgliedstaaten gestellt.
130Hinzu kommt, dass durch den Lissabonner Vertrag die (frühere) reine Zielbestimmung des Art. 14 AEUV um einen Gewährleistungsauftrag ergänzt wurde.
131Vgl. Wernicke in: Grabitz/Hilf/Nettesheim, Das Recht der Europäischen Union, Art. 14 AEUV Rn. 39 ff.; Frenz, GewArch 2011, 16.
132Auch dies spricht dafür, dass eine Regelung wie die hier in Rede stehende sich im Rahmen des Unionsrechts bewegt, wie es insbesondere die Beschlussempfehlung des Ausschusses für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit postuliert.
133Vgl. BT-Drucks. 17/7505 (neu), S. 43.
134Dem steht auch nicht grundsätzlich entgegen, dass Art. 14 AEUV und das Protokoll Nr. 26 nicht an die Stelle des Art. 106 Abs. 2 AEUV, sondern neben ihn treten bzw. ihn "unbeschadet" lassen. Zum einen sind sie gleichwohl jedenfalls bei dessen Auslegung zu berücksichtigen.
135Vgl. Khan in: Geiger/Khan/Kotzur, EUV/AEUV - Kommentar, 5. Aufl. 2010, Art. 106 Rn. 20; Hatje, a. a. O., Art. 14 Rn. 11, 15; Jung in: Calliess/ Ruffert, EUV/AEUV - Kommentar, 4. Aufl. 2011, Art. 106 AEUV Rn. 52; Frenz, GewArch 2011, 16.
136Zum anderen ist zu beachten, dass nach der jüngeren Rechtsprechung der europäischen Gerichte im Rahmen der Reglementierung von Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse (der Daseinsvorsorge) den Mitgliedstaaten auch nach Art. 106 Abs. 2 AEUV ein weiter Ermessensspielraum zuzubilligen ist, der im Wesentlichen nur im Hinblick auf offensichtliche Fehler und missbräuchliches Verhalten der Kontrolle der Gemeinschaftsorgane unterliegt.
137Vgl. dazu EuGH, Urteile vom 23. Oktober 1997 ‑ Rs. C-157/94 (Kommission/Niederlande) -, Slg. 1997, I-5768 (Rn. 36 ff., 51 ff.) und vom 21. September 1999 - Rs. C-67/96 (Albany) -, Slg. 1999, I-5863 (Rn. 103 f.); EuG, Urteil vom 12. Februar 2008 ‑ T-289/03 -, Slg. 2008, II-81 (Rn. 148); in diesem Sinne auch Voet van Vormizeele in: Schwarze, EU-Kommentar, 3. Aufl. 2012, Art. 106 AEUV Rn. 63, 69 ff.; eingehend Wernicke, a. a. O., Art. 106 AEUV Rn. 73 ff.
138Europarechtlich scheint es nach den vorstehenden Ausführungen aber jedenfalls nicht als offensichtlich fehlsam, eine bestimmte Qualitätsstufe vor Gefährdungen zu schützen.
139Auch die vom Europäischen Gerichtshof benannten und anerkannten, vom Bundesverfassungsgericht in seinem Beschluss vom 28. August 2014 ‑ 2 BvR 2639/09 -, NVwZ 2015, 52, noch betonten Fallgruppen, in denen nationale Regelungen den Anforderungen des Art. 106 Abs. 2 AEUV genügen können, sind insgesamt weitgehend und letztlich nur unter der Prämisse eines weiten Regelungsspielraums nachvollziehbar. Danach sind das Abholen und die Behandlung von Haushaltsabfällen im Allgemeininteresse liegende öffentliche Aufgaben, die ein Staat von Behörden wahrnehmen lassen kann und auf die er entscheidenden Einfluss behalten darf.
140Vgl. EuGH, Urteile vom 10. November 1998 ‑ Rs. C-360/96 (BFI Holding) -, Slg 1998, I-6821 (Rn. 52), und vom 23. Mai 2000 - Rs. C-209/98 (Sydhavens Sten & Grus) -, Slg. 2000, I-3777 (Rn. 76).
141Eine Verhinderung der Aufgabenerfüllung im Sinne von Art. 106 Abs. 2 AEUV liegt vor, wenn das öffentliche Unternehmen seine Tätigkeit unter Wettbewerbsbedingungen nicht zu wirtschaftlich ausgewogenen Bedingungen ausüben kann. Eine Existenzgefährdung durch die Zulassung von Wettbewerb ist dabei nicht erforderlich.
142Vgl. EuGH, Urteile vom 15. November 2007 ‑ Rs. C-162/06 (International Mail Spain) -, Slg. 2007, I-9926 (Rn. 34 f.), vom 21. September 1999 - Rs. C-67/96 (Albany) -, a. a. O. (Rn. 107), vom 23. Oktober 1997 - Rs. C-157/94 (Kommission/ Niederlande) -, a. a. O. (Rn. 43), und vom 19. Mai 1993 - Rs. C-320/91 (Corbeau) ‑, Slg. 1993, I-2563 (Rn. 14 ff.).
143Entscheidend ist vielmehr, ob es für das begünstigte Unternehmen einen anderen wirtschaftlich zumutbaren Weg gibt, seine Aufgabe zu erfüllen, wobei auch die Möglichkeit eines Ausgleichs zwischen den rentablen und den weniger rentablen Tätigkeitsbereichen einzubeziehen ist.
144Vgl. EuGH, Urteile vom 15. November 2007 - Rs. C-162/06 (International Mail Spain) -, a. a. O. (Rn. 36), vom 25. Oktober 2001 ‑ Rs. C-475/99 (Ambulanz Glöckner) ‑, Slg. 2001, I‑8137 (Rn. 57 ff.), vom 17. Mai 2001 - Rs. C-340/99 (TNT Traco) -, Slg. 2001, I-4142 (Rn. 55), vom 23. Oktober 1997 - Rs. C-157/94 (Kommission/Niederlande) -, a. a. O. (Rn. 43), und vom 19. Mai 1993 - Rs. C-320/91 (Corbeau) -, a. a. O. (Rn. 14 ff.).
145Beschränkungen können auch dann gerechtfertigt sein, wenn sie dazu dienen, dass eine Dienstleistung von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse zu möglichst niedrigen, sozialverträglichen Gebühren erbracht werden kann.
146Vgl. EuGH, Urteile vom 23. Oktober 1997 - Rs. C-157/94 (Kommission/Niederlande) -, a. a. O. (Rn. 42); in diesem Sinne wohl auch Urteil vom 25. Oktober 2001 - Rs. C-475/99 (Ambulanz Glöckner) ‑, a. a. O. (Rn. 53 zum Aspekt des sog. "Rosinenpickens").
147Allerdings lässt sich der einschlägigen Rechtsprechung nicht zweifelsfrei entnehmen, wie weit der den Mitgliedstaaten grundsätzlich zugestandene Ermessensspielraum im Einzelfall reicht, da insbesondere der Europäische Gerichtshof gleichzeitig betont, dass Art. 106 Abs. 2 AEUV als Ausnahmevorschrift von den Grundsätzen des Binnenmarktes insgesamt tendenziell eng auszulegen sei.
148In diesem Sinne EuGH, Urteile vom 15. November 2007 - Rs. C-162/06 (International Mail Spain) -, a. a. O. (Rn. 49), vom 17. Mai 2001 ‑ Rs. C-340/99 (TNT Traco) -, a. a. O. (Rn. 56), vom 25. Juni 1998 - Rs. C-203/96 (CAD) -, Slg. I-4111 (Rn. 64 ff.), und vom 23. Oktober 1997 ‑ Rs. C-157/94 (Kommission/Niederlande) -, a. a. O. (Rn. 51 ff.); Khan, a. a. O., Art. 106 Rn. 20.
149Vor diesem Hintergrund erscheint es ‑ nicht zuletzt unter Berücksichtigung der Stellungnahme der Europäischen Kommission vom 29. Juni 2011 im Notifizierungsverfahren (abgedruckt bei von Lersner/Wendenburg, a. a. O., § 17 KrWG Rn. 39), die das materielle Erfordernis wesentlicher Auswirkungen auf den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger betont und strukturelle Änderungen im System des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers als Rechtfertigungsgrund offenbar noch nicht ausreichen lassen will ‑ nicht ausgeschlossen, bei einem allein auf die tatbestandlichen Voraussetzungen abstellenden Verständnis die Regelung des § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG als von Art. 106 Abs. 2 AEUV trotz des Ermessensspielraums der Mitgliedstaaten nicht mehr gedeckt anzusehen.
150Vgl. dazu insbesondere Schwind, a. a. O., § 17 KrWG Rn. 4 ff., 175; Karpenstein/Dingemann, a. a. O., § 17 Rn. 170.
151Dies kann indes schon deshalb auf sich beruhen, weil diese Bedenken jedenfalls dann nicht mehr durchgreifen, wenn auch das auf der Rechtsfolgenseite des § 17 Abs. 3 Satz 3 KrWG befindliche Wort "anzunehmen" in den Blick genommen wird und ‑ wie bereits im Einzelnen dargelegt ‑ dahingehend verstanden wird, dass die Vorschrift eine (widerlegliche) Vermutung oder einen Regelfall mit Ausnahmevorbehalt beinhaltet.
152Ergänzend ist im Übrigen noch darauf hinzuweisen, dass auch eine bereits den Wortlaut des § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG korrigierende unionsrechtlich begründete Auslegung den vorstehend dargelegten Ermessensspielraum des Gesetzgebers zu berücksichtigen hätte und ihrerseits unter einem Erforderlichkeitsvorbehalt stünde. Aus diesem Grund dürfte sie jedenfalls nicht so weit gehen, dass die Voraussetzungen des § 17 Abs. 3 Satz 2 KrWG letztlich losgelöst von § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG geprüft würden und diese Regelung statt als Regelbeispiel als zusätzliches Tatbestandsmerkmal verstanden würde. Ausgehend davon, dass der Gesetzgeber jedenfalls grundsätzlich europarechtlich befugt ist, Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse unter qualitativen Gesichtspunkten Wettbewerbsbeschränkungen zu unterwerfen, dürfte auch ein solches Verständnis nicht dazu führen, dass § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG letztlich Ausnahmecharakter erhielte oder durch die zusätzlichen Anforderungen rechtlich oder tatsächlich leerliefe. Zu weit ginge auch in der unionsrechtlichen Perspektive daher die Auffassung, die Rechtfertigung der Untersagung einer gewerblichen Sammlung sei davon abhängig zu machen, dass tatsächliche Beeinträchtigungen immer vom öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger nachgewiesen werden müssten und noch zusätzlich auch deren Wesentlichkeit positiv festzustellen wäre.
153So aber Karpenstein/Dingemann, a. a. O., § 17 Rn. 170; VG Neustadt, Urteil vom 28. Mai 2015 ‑ 4 K 1115/14.NW -, a. a. O.
154Die aus Art. 106 Abs. 2 AEUV, Art. 14 AEUV i. V. m. dem Protokoll Nr. 26 zum Vertrag von Lissabon folgenden Anforderungen an eine tatbestandliche Reduktion dürften sich daher nicht entscheidend von denjenigen Maßstäben unterscheiden, die bei einem Verständnis von § 17 Abs. 3 Satz 3 KrWG als widerlegliche Vermutung bzw. als Regelfälle mit Ausnahmevorbehalt anzuwenden wären. Eine unionsrechtliche Reduktion wäre dementsprechend nur dann von Bedeutung und in diesem Fall unter dem Gesichtspunkt der Erforderlichkeit auch geboten, wenn man die Regelung der Nr. 1 ‑ was wie bereits im Einzelnen dargelegt nicht sachgerecht ist ‑ als unwiderlegliche Vermutung oder gesetzliche Fiktion verstünde, ohne dass dies aber im Einzelfall zu anderen Ergebnissen führen dürfte.
155(5) Das hier zugrunde gelegte Verständnis des § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG steht auch in Einklang mit Art. 12 GG.
156Der partielle Ausschluss privater Entsorgungsunternehmen aus der Verwertung von Hausmüllbestandteilen stellt nur einen Ausschnitt aus dem Tätigkeitsfeld der Abfallsammlung und -entsorgung dar und ist daher als eine Berufsausübungsregelung zu qualifizieren, die hier durch vernünftige Erwägungen des Allgemeinwohls ‑ Sicherstellung der jederzeitigen Abfallbeseitigung ‑ gerechtfertigt ist.
157Vgl. BVerfG, Beschluss vom 28. August 2014 ‑ 2 BvR 2639/09 -, NVwZ 2015, 52, 55; kritisch Oexle/ Lammers, AbfallR 2015, 192.
158ee) Ist die Regelung des § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG damit im Ergebnis so zu verstehen, dass ein bestehendes hochwertiges Erfassungssystem des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers/Drittbeauftragten zwar regelmäßig, nicht aber ausnahmslos den Schluss rechtfertigt, dass in diesem Fall die Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers/Drittbeauftragten wesentlich durch eine gewerbliche Sammlung beeinträchtigt wird, bleibt stets zu prüfen, ob bei der Betrachtung des konkreten Einzelfalles Umstände zu erkennen sind, die ‑ im Sinne einer Widerlegung der Vermutung bzw. einer Ausnahme von dem Regelfall ‑ ein anderes Ergebnis tragen.
159(1) Diese Betrachtung hat indes zu berücksichtigen, dass mit Wortwahl und Entstehungsgeschichte sowie Sinn und Zweck nach dem Vorstehenden eine Verbindlichkeit in der Form einer "Vermutung"/"Regel" vorgegeben ist. Die Annahmen nach § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG und in deren Folge nach § 17 Abs. 3 Satz 2 KrWG kommen daher nur dann nicht zum Tragen, wenn eine Konstellation vorliegt, die bei konkreter Betrachtung eine vom gesetzlichen Regelfall abweichende Einschätzung rechtfertigt. Dabei ist aber wiederum zu beachten, dass die Regelungen des § 17 Abs. 3 KrWG Teil des Gegenausnahmesystems ist, das die grundsätzliche Öffnung der Sammlung von getrennt vorgehaltenen Abfallfraktionen auch für gewerbliche Sammlungen ermöglichen soll.
160Vgl. OVG NRW, Urteile vom 15. August 2015 ‑ 20 A 2798/11 ‑, a. a. O, ‑ 20 A 3043/11 ‑, a. a. O., und ‑ 20 A 3044/11 ‑, a. a. O.
161Diese gebotene Gesamtbetrachtung bewegt sich dabei im Rahmen der Prüfung, ob der beabsichtigten Sammlung überwiegende öffentliche Interessen entgegenstehen.
162Bei dem Merkmal der entgegenstehenden überwiegenden öffentlichen Interessen handelt es sich um einen unbestimmten Rechtsbegriff, der der vollen gerichtlichen Überprüfung unterliegt. Von daher obliegt es im gerichtlichen Anfechtungsverfahren den Beteiligten, entsprechend ihrer jeweiligen Erkenntnissphäre jedenfalls auf entsprechende Aufforderung die jeweils bei ihnen vorhandenen einschlägigen Informationen zur Verfügung zu stellen, die eine solche Kontrolle ermöglichen. Dies betrifft alle für die Beurteilung relevanten Aspekte, namentlich die Frage, ob Besonderheiten des Einzelfalles vorliegen und dazu führen, dass trotz Bestehens einer hochwertigen Sammlung deren wesentliche Beeinträchtigung bei Durchführung der in Rede stehenden gewerblichen Sammlung bei realistischer Betrachtung nicht zu erwarten steht.
163Bezugspunkt ist dabei für § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG die Erfassung und Verwertung der konkret in Rede stehenden Abfallfraktion.
164Vgl. dazu Schwind, a. a. O., § 17 KrWG Rn. 169 ff.; Karpenstein/Dingemann, a. a. O., § 17 Rn. 177.
165Anderenfalls ergäbe die Bezugnahme allein auf für diese Abfallfraktion zugeschnittene Sammelsysteme keinen Sinn. Dieses Verständnis entspricht im Übrigen ‑ wie ausgeführt ‑ auch der Regelungsintention des Gesetzgebers.
166Damit sind sowohl diejenigen Grundlagen, auf denen die Investitions- und Aufbauentscheidung fußen, als auch die konkret vorhandenen Organisationsstrukturen der Sammlung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers/Drittbeauftragten selbst erfasst. Insofern ist wiederum die gesetzgeberische Orientierung an einem Holsystem von Bedeutung. Liegt ein solches vor, spricht wegen des mit ihm verbundenen hohen finanziellen und organisatorischen Aufwands Vieles dafür, dass es in aller Regel ohne weitere Voraussetzungen gegen gewerbliche Konkurrenz geschützt werden kann.
167In diesem Sinne auch Schwind, a. a. O., § 17 KrWG Rn. 175 ff.; Karpenstein/Dingemann, a. a. O., § 17 Rn. 174.
168Das bedarf angesichts des vorliegend gegebenen Sachverhalts aber keiner weiteren Vertiefung. Jedenfalls ist festzustellen, dass je weiter sich das sonstige hochwertige System von diesem Referenzmodell entfernt, desto eher Sonderfälle und unwesentliche Beeinträchtigungen in Betracht kommen.
169Als Anknüpfungspunkt für entgegenstehende überwiegende öffentliche Interessen geeignet sind dabei vom Grundsatz her die Auswirkungen auf die Sammelmenge des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers/Drittbeauftragten, weil diese bei insgesamt positivem Marktwert die wirtschaftliche Grundlage für dessen Erfassungssystem ist und dieses System sinnvollerweise nachfrage‑/bedarfsgerecht ausgelegt ist. Das Ausmaß der Auswirkungen auf die Sammelmenge lässt Rückschlüsse darauf zu, ob und in welchem Umfang das System in seiner Ausgestaltung geändert werden muss, um unter Berücksichtigung der infrage stehenden gewerblichen Sammlung ohne größere Beeinträchtigungen zu funktionieren. Dabei muss der gegebenenfalls zu berücksichtigende Anpassungsbedarf mehr als nur geringfügig, also wesentlich, sein, aber nicht so weit gehen, dass das kommunale System aufgegeben werden oder grundlegend oder strukturell umgestaltet werden muss.
170Angesichts dessen kann ein Ausnahmefall auch dann in Betracht kommen, wenn die Erfahrung mit einem bisher unbeanstandeten Nebeneinander des öffentlich-rechtlichen Entsorgungssystems und (neuer) gewerblicher Sammlung nennenswerte Auswirkungen allenfalls als theoretische Möglichkeit erscheinen lässt. Dies kann etwa auch der Fall sein, wenn sich das zum maßgeblichen Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung bestehende hochwertige Erfassungssystem des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers/Drittbeauftragten überhaupt erst aus einer Konkurrenzsituation entwickelt hat. Dann liegt dessen Beeinträchtigung durch einen neuen, weiteren Mitbewerber nicht unmittelbar auf der Hand.
171Im Weiteren können auch Besonderheiten der beabsichtigten konkurrierenden gewerblichen Sammlung einen Ausnahmefall begründen. Ansatzpunkt für die Betrachtung hat dabei zunächst die in Rede stehende Sammlung selbst und damit die Feststellung zu sein, ob diese in ihrer konkreten Ausgestaltung und angesichts des bestehenden öffentlich-rechtlichen Systems vom gesetzgeberisch angenommenen Leitbild abweicht.
172Ob das so ist, beurteilt sich, was die konkret angezeigte gewerbliche Sammlung angeht, nach den Angaben in deren Anzeige ‑ insbesondere hinsichtlich der Sammelmenge und der Containerzahl. Auch wenn es sich dabei (nur) um den größtmöglichen Umfang der beabsichtigten Sammlung handelt, ändert dies nichts daran, dass die Anzeige formell den Weg eröffnet, die Sammlung durchführen zu dürfen. Nur auf der Basis der Anzeige kann die zuständige Abfallbehörde das Beeinträchtigungspotential abschätzen und kann der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger/Drittbeauftragte planen. Eine Orientierung an den tatsächlich zu erwartenden Sammelmengen erscheint ebenso unpraktikabel wie nicht gesetzeskonform. Denn die tatsächlichen Sammelmengen können erst im Nachhinein festgestellt werden, d. h. wenn die Sammlungen bereits durchgeführt worden sind. Im Übrigen erschließt sich nicht, anhand welcher Kriterien die zuständige Abfallbehörde die Planungen eines gewerblichen Sammlers eigenmächtig als realistisch oder unrealistisch bewerten sollte ‑ zumal ihr dafür nur die "Pflichtangaben" nach § 18 Abs. 2 KrWG zur Verfügung stehen. Andererseits gibt es keinen Grund, die gewerblichen Sammler, die zu entsprechenden Angaben verpflichtet sind, davon zu entlasten, realistisch zu planen und diese Planung in der Anzeige als Vorhaben offenzulegen. Eine andere Auffassung ließe außer Acht, dass gerade Art und Umfang der Sammlung (und damit auch die beabsichtigte Sammelmenge) nach § 18 Abs. 2 KrWG anzuzeigen sind. Weshalb diese dann für die Auslegung des § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG irrelevant sein sollten, erschließt sich nicht. Diese Angaben sollen ‑ wie bereits ausgeführt ‑ nach § 18 Abs. 2 KrWG die zuständige Abfallbehörde gerade in die Lage versetzen, die Voraussetzungen des § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG zu überprüfen.
173Eine wesentliche Beeinträchtigung kann insbesondere auszuschließen sein, wenn die konkret beabsichtigte gewerbliche Sammlung selbst kein nennenswertes Gewicht im Vergleich zum bestehenden System des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers/Drittbeauftragten zu entwickeln vermag. Dass die Beurteilung anhand des Schädlichkeitspotentials der gesetzgeberischen Regelung nicht fremd ist, zeigt nicht zuletzt die Begünstigung gemeinnütziger Sammlungen, die zumindest auch wegen ihres regelmäßig kleineren Umfangs vom Gesetzgeber vorgesehen wurde.
174Vgl. BT-Drucks. 17/6052, S. 89.
175Neben der nach der Anzeige beabsichtigten Sammelmenge kann von Bedeutung sein, ob eine Straßensammlung oder eine Containersammlung geplant ist, insbesondere bei Letzterer auch die geplante Verteilung der einzelnen Container. So sind nachhaltige Auswirkungen auch bei einer kleineren Containerzahl dann nicht auszuschließen, wenn sich die gewerbliche Sammlung gerade auf die ressourcenstarken Zentren konzentriert und die Peripherie dem öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger/Drittbeauftragten überlässt und sie damit geeignet ist, den internen Ausgleich in Frage zu stellen. In diesem Zusammenhang ist daran zu erinnern, dass zu den Angaben nach § 18 Abs. 2 Nr. 2 KrWG zumindest in ländlichen Gebieten auch gehört, dass der gewerbliche Sammler Angaben dazu macht, wo, d. h. in welchen Ortsteilen, gesammelt werden soll.
176Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 9. Dezember 2013 ‑ 20 B 869/13 -, juris.
177Führt der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger/Drittbeauftragte eine Containersammlung durch, wird diese bei prognostischer Betrachtung von einer Straßensammlung regelmäßig weniger beeinträchtigt werden. Neben deren üblicherweise eher punktuellen Charakter ist insoweit zu berücksichtigen, dass sie wegen ihrer anderen Organisation eher die Chance bietet, weitere Potentiale zu erschließen und damit Nischen zu besetzen. Insoweit kann ihr eine das System des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers/Drittbeauftragten tendenziell ergänzende Funktion zukommen. Von Bedeutung kann schließlich auch die nach § 18 Abs. 2 Nr. 1 KrWG anzugebende Größe des Sammlungsunternehmens sein. Denn bei einem kleinen und eventuell nur lokal tätigen Unternehmen ist eine Verdrängungswirkung weniger naheliegend als bei einem Großunternehmen.
178Aus Vorstehendem ergibt sich, dass feste Zahlen ‑ etwa im Hinblick auf eine Höchstmenge oder eine bestimmte Containerzahl oder einen Bruchteil der vorhandenen Container oder Sammelmengen ‑ insoweit nicht abstrakt bestimmbar sind, vielmehr kann die Prüfung allenfalls anhand von Faustgroßen strukturiert werden.
179Die nähere Prüfung eines Ausnahmefalles erübrigt sich aber gleichwohl regelmäßig jedenfalls dann, wenn sich schon bei isolierter Betrachtung der einzelnen gewerblichen Sammlung aufgrund ihres Umfangs potenziell beeinträchtigende Rückwirkungen auf das bestehende System angesichts der typischen Wechselbeziehungen zwischen Erfassungsmenge und Erfassungssystem geradezu aufdrängen.
180(2) Ist aber allein nach den ‑ hinreichend aussagekräftigen ‑ Angaben zur konkret angezeigten gewerblichen Sammlung noch (nicht) festzustellen, dass wesentliche Beeinträchtigungen nicht zu erwarten sind, ist vor dem Hintergrund des § 17 Abs. 3 Satz 1 KrWG eine weitere Betrachtung erforderlich.
181Nach § 17 Abs. 3 Satz 1 KrWG ist für die Beurteilung auch nach den Sätzen 2 und 3 nicht allein auf die konkrete angezeigte gewerbliche Sammlung abzustellen, sondern "auch" das Zusammenwirken mit anderen Sammlungen einzubeziehen. Bereits die Wortwahl des Gesetzes spricht hier dafür, dass damit in erster Linie auf die konkreten Verhältnisse abgestellt wird, also ein an der gegebenen Situation und nicht an den zukünftigen Entwicklungen orientiertes Merkmal gewählt wird. Dem entspricht die Gesetzesbegründung, wonach die zum maßgeblichen Entscheidungszeitpunkt bereits bestehenden Sammlungen zu berücksichtigen sind.
182Vgl. BT-Drucks. 17/7505 (neu), S. 43; in diesem Sinne auch VG Neustadt, Urteil vom 28. Mai 2015 - 4 K 1115/14.NW -, a. a. a. O.; Schwind, a. a. O., § 17 KrWG Rn. 154; Beckmann, a. a. O., § 17 KrWG Rn. 115.
183Bei der gebotenen Gesamtbetrachtung sind deshalb vom Grundansatz her zunächst die tatsächlich (zulässigerweise) durchgeführten gewerblichen Sammlungen mit ihren jeweiligen Sammelmengen einzustellen. Diese (realen) Sammelmengen schlagen sich aber regelmäßig schon in den bereits erzielten Sammelmengen des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers/Drittbeauftragten nieder. Denn diese sind Ergebnis eines Erfassungsgeschehens, auf das die existierenden Sammlungen bereits einwirken. Eines Rückgriffs auf die angezeigten Sammelmengen bedarf es deshalb insoweit regelmäßig nicht. Daraus folgt zugleich, dass die tatsächlich vom öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger/Drittbeauftragten realisierte Sammelmenge grundsätzlich tauglicher und ausreichender Bezugspunkt für die prognostisch zu beantwortende Frage ist, ob bei Hinzutreten der angezeigten gewerblichen Sammlung im Zusammenwirken mit anderen gewerblichen Sammlungen wesentliche Beeinträchtigungen realistischerweise (nicht) zu erwarten sind. Die Einzelfallbetrachtung kann ferner zumindest dann auch davon ausgehen, dass die bereits durchgeführten Sammlungen zu keiner (wesentlichen) Beeinträchtigung geführt haben, wenn die Sammelmengen des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers/Drittbeauftragten in den vergangenen Jahren (kontinuierlich) angestiegen oder jedenfalls unverändert geblieben sind.
184Darüber hinaus hat die zuständige Abfallbehörde noch die gewerblichen Sammlungen in ihre Betrachtung einzustellen, die zum maßgeblichen Zeitpunkt aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen (noch) nicht wirken (können), gleichwohl aber bei der Prognose der Auswirkungen im konkreten Fall zu berücksichtigen sind.
185Dies betrifft zunächst diejenigen gewerblichen Sammlungen, die zwar schon angezeigt sind, aber noch nicht durchgeführt werden dürfen, weil die Wartefrist nach § 18 Abs. 1 KrWG noch nicht abgelaufen ist.
186Ferner sind auch Sammlungen entscheidungserheblich, die zwar durchgeführt werden dürften und deshalb im Fall ihrer Realisierung bereits über die real erzielte Sammelmenge des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers/Drittbeauftragten erfasst wären, von denen aber positiv feststeht, dass sie noch nicht durchgeführt werden, und bei denen zumindest damit zu rechnen ist, dass sie wie angekündigt realisiert werden. Eine solche Erwartung ist auch dann begründet, wenn die gewerbliche Sammlung zwar untersagt wurde, der betroffene Sammler hiergegen aber gerichtlich vorgeht. Damit bringt er besonders sinnfällig zum Ausdruck, dass er an der Sammlung festhält, auch wenn er sie ‑ sei es wegen der sofortigen Vollziehbarkeit der Untersagungsverfügung, sei es, weil er aus betriebswirtschaftlichen Gründen oder sonstigen Erwägungen heraus die Sammlung erst nach erreichter Rechtssicherheit ins Werk setzen will ‑ noch nicht durchführt.
187Aus dem Kreis der damit grundsätzlich berücksichtigungsfähigen gewerblichen Sammlungen scheiden dementsprechend allerdings diejenigen aus, bei denen die Anzeige entweder zum maßgeblichen Entscheidungszeitpunkt schon zurückgenommen war oder die bis dahin bestandskräftig untersagt wurden. In Bezug auf diese zu berücksichtigenden, noch nicht ins Werk gesetzten Sammlungen ist ‑ schon mangels anderer denkbarer Bezugsgrößen ‑ aus den bereits für die konkret in Rede stehende gewerbliche Sammlung genannten Gründen die angezeigte Sammelmenge maßgeblich.
188Von diesen potentiellen erheblichen gewerblichen Sammlungen sind indes der konkret angezeigten Sammlung auch im Rahmen der erforderlichen Auswirkungsprognose nur diejenigen entgegenzuhalten, die bereits vor Eingang deren (vollständiger) Anzeige bei der zuständigen Abfallbehörde angezeigt worden sind. Denn soweit Sammlungen erst danach angezeigt wurden, haben sie schon aus Gründen der zu gewährleistenden gleichmäßigen Behandlung aller potenziellen Sammler bei der Betrachtung zurückzustehen. Zu einer solchen gleichmäßigen Behandlung gehört ‑ wie ausgeführt ‑ auch die Beachtung des Prioritätsprinzips.
189Vgl. auch Schwind, a. a. O., § 17 KrWG Rn. 154.
190Aufgrund der Funktion des § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG ist es allerdings nicht gerechtfertigt, auch die angezeigten gemeinnützigen Sammlungen in die Auswirkungsprognose einzubeziehen. Für eine solche Einbeziehung spricht zwar das gesetzgeberische Anliegen, die Gesamtbelastung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungssystems zu berücksichtigen.
191Vgl. BT-Drucks. 17/1705 (neu), S. 43.
192Dieser Blickwinkel wäre aber nicht systemkonform. Denn Schutzziel des § 17 Abs. 3 KrWG ist die Funktionsfähigkeit des konkreten öffentlich-rechtlichen Entsorgungssystems. Dieses wiederum ist aber gegenüber gemeinnützigen Sammlungen gerade nicht geschützt (§ 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 KrWG) und muss mit diesen selbst um den Preis wesentlicher Beeinträchtigungen leben, die sogar bis hin zum eigenen Zusammenbruch gehen dürfen. Die gemeinnützigen Sammlungen gehören also ‑ anders als die gewerblichen ‑ zu den Systembedingungen, die der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger/Drittbeauftragte einzukalkulieren hat. Ihre Existenz kann allenfalls die Empfindlichkeit des kommunalen Erfassungssystems gegenüber einer gewerblichen Sammlung dadurch steigern, dass die vom kommunalen System erfasste Sammelmenge bereits so niedrig ist, dass eine hinzukommende gewerbliche Sammlung spürbarere Auswirkungen hat, als sie es bei einer größeren Sammelmenge des kommunalen Systems hätte.
193Vgl. in diesem Zusammenhang einerseits Dippel, a. a. O., § 17 Rn. 56, und andererseits Schwind, a. a. O., § 17 KrWG Rn. 155.
194(3) Im Hinblick auf die dargestellten Kriterien, die die Annahme eines Ausnahmefalles begründen können, lassen sich für gewerbliche Alttextiliensammlungen ausgehend von den derzeitigen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen für die praxisgerechte Handhabung gewisse Faustgrößen zur Strukturierung der erforderlichen Einzelfallbetrachtung ableiten:
195Eine ‑ als Summe aus der angezeigten Sammlung und den nach dem Vorstehenden relevanten anderen gewerblichen Sammlungen ‑ insgesamt zu berücksichtigende gewerbliche Sammelmenge von unter 10 % des vom öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger/Drittbeauftragten Gesammelten spricht regelmäßig dafür, dass auch mit Hinzutreten der angezeigten Sammlung kein wesentlicher Einfluss auf das bestehende hochwertige öffentlich-rechtliche System verbunden ist. Mengeneinbußen in diesem Umfang bewegen sich in einer Größenordnung von ohnehin auftretenden Schwankungen, die ein an sich funktionierendes Entsorgungssystem typischerweise verkraften kann.
196Vgl. dazu auch die Übersichten bei Karpenstein/ Dingemann, a. a. O., § 17 Rn. 176, und Gruber, Abfallrecht 2015, 182, zu in der Rechtsprechung insoweit angewandten Schwellenwerten.
197Umgekehrt erübrigt sich die nähere Prüfung eines Ausnahmefalles regelmäßig dann, wenn die einzustellenden gewerblichen Sammelmengen Rückwirkungen auf das bestehende kommunale System offensichtlich erwarten lassen. Eine gewerbliche Sammlung wird jedenfalls dann ohne weiteres als potentiell wesentlich schädlich einzustufen sein, wenn sie im Zusammenwirken mit anderen gewerblichen Sammlungen mehr als die Hälfte der von der bestehenden Sammlung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers/Drittbeauftragten erzielten Sammelmenge für sich in Anspruch nimmt. Denn unter Berücksichtigung des Umstandes, dass bei der Sammlung von Alttextilien der Gewinnanteil am Erlös mit 50 % zu veranschlagen ist,
198vgl. etwa OVG NRW, Beschluss vom 7. Mai 2015 ‑ 20 A 2670/13 -, a. a. O.,
199würde bei einer Halbierung der Sammelmenge bei gleichbleibender Infrastruktur (Kosten) aus der zur Quersubventionierung geeigneten Sammlung ein Zuschussgeschäft. Dass der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger/Drittbeauftragte in einem solchen Fall mehr als nur geringfügige Konsequenzen für Organisation und Planung seines Systems ziehen wird, ist selbstverständlich und bedarf keiner Einzelfallbetrachtung. Im Gegenteil liegt es nahe, dass solche Folgerungen bereits zu einem deutlich früheren Zeitpunkt gezogen werden, weil der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger/Drittbeauftragte drohenden Verlusten frühzeitiger begegnen dürfte. Soweit das Verwaltungsgericht demgegenüber davon ausgegangen ist, ein Containersystem könne gegebenenfalls auch bei stark zurückgehenden Mengen noch weiterbetrieben werden, ist dies für sich genommen nicht falsch. Vorausgesetzt wird dabei aber, dass der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger/Drittbeauftragte nicht kostenbewusst agiert. Zudem wiegt die gewerbliche "Rosinenpickerei" im potentiellen Grenzkostenbereich der öffentlich-rechtlichen Erfassung besonders schwer. Andererseits ist zu berücksichtigen, dass die von der angezeigten gewerblichen Sammlung ausgehenden Mengenrückgänge nicht allein den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger/Drittbeauftragten, sondern unter Umständen auch existierende gewerbliche und gemeinnützige Sammlungen treffen dürften.
200In dem damit verbleibenden Zwischenraum von etwa 10 bis 50 % der Sammelmenge des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers/Drittbeauftragten ist es grundsätzlich dessen Aufgabe, konkrete Auswirkungen auf seine Funktionsfähigkeit unter dem Blickwinkel der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung seines Systems plausibel zu machen. Geschieht dies nicht, ist eine unmittelbare Gefährdung jedenfalls nicht zu erkennen.
201Die Anforderungen an eine plausible Darlegung sind dabei umso höher, je näher die einzustellende gewerbliche Sammelmenge an der unteren Grenze von 10 % verbleibt. Umgekehrt wird die Beeinträchtigung mit einer Annäherung an die regelmäßige Obergrenze der Verträglichkeit immer weniger erläuterungsbedürftig sein. Insoweit kann zudem von Bedeutung sein, in welchem Umfang die bestehende Sammlung das Ressourcenpotential ausschöpft und wie sich das gegenwärtige Konkurrenzgeschehen darstellt. Hat der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger/Drittbeauftragte weitgehend eine Monopolstellung, werden die Folgen gewerblicher Sammlungen ihn praktisch allein treffen, so dass schon bei einem Mengenentzug von weniger als der Hälfte drastische Anpassungen realistischer werden. Denkbar sind solche Änderungen zum einen im Hinblick auf den Sammelrhythmus und die Zahl der Sammelcontainer, aber zum anderen etwa auch dadurch, dass sich Investitionen in die hochwertige Infrastruktur konkret nicht so rechnen, wie es der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger/Drittbeauftragte in seine Entscheidung einstellen durfte, oder dass die Infrastruktur nicht so einsetzbar ist, wie er es beabsichtigt hat. In solchen Fällen steht fest, dass zumindest die Planungssicherheit nachteilig betroffen ist oder es zu spürbaren organisatorischen Veränderungen kommen wird.
202ff) Ausgehend von diesen Grundsätzen stehen der Sammlung der Klägerin überwiegende öffentliche Interessen entgegen.
203(1) Die in § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG genannten tatbestandlichen Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt.
204Die Stadt C. H. führt eine "sonstige hochwertige getrennte Erfassung und Verwertung" (im Sinne von § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG) der von der Sammlung der Klägerin erfassten Alttextilien durch.
205Von der Stadt C. H. werden im Stadtgebiet flächendeckend an 92 Standorten 130 Sammelcontainer für Alttextilien betrieben. Der in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat anwesende Vertreter des AWB der Stadt C. H. hat dort plastisch und nachvollziehbar dargelegt, dass dieses System ständig unter dem Gesichtspunkt der Bedarfsgerechtigkeit überprüft und gegebenenfalls angepasst wird. Die Richtigkeit dieser Angaben wird nicht nur durch die Verdichtung des Netzes von Standorten insbesondere seit dem Jahr 2013, sondern auch durch die zwischenzeitlich erhöhte Zahl der Sammelcontainer selbst bestätigt. Anhaltspunkte dafür, dass diese Angebotsplanung nicht geeignet wäre, das Ressourcenpotenzial der Alttextilien hinreichend effektiv zu nutzen, sind weder vorgetragen noch sonst ersichtlich.
206Dies zeigt im Übrigen die Kontrollüberlegung, dass das ausgehend von dem in Rechtsprechung und Literatur anhand statistischen Materials, insbesondere der Abfallbilanz Nordrhein-Westfalen für Siedlungsabfälle 2008/2009, realistischerweise zugrunde zu legende Potenzial von sieben bis acht Kilogramm Alttextilien und -schuhen pro Einwohner und Jahr in der Stadt C. H. weitgehend tatsächlich durch die städtischen Sammelcontainer erfasst wird. Soweit die Klägerin aufgrund einer von ihr vorgelegten Studie der RWTH Aachen von einem höheren Potenzial in einer Größenordnung von zehn bis sogar zwölf Kilogramm Alttextilien pro Einwohner und Jahr ausgeht, ergibt sich daraus kein konkreter Anhaltspunkt für eine unzureichende Dichte der von der Stadt C. H. betriebenen Containerstandorte. Weder die Annahme, es finde inzwischen letztlich jährlich ein "Schrankwechsel" im Sinne eines kompletten Austauschs sämtlicher Bekleidungsgegenstände statt, noch die reine Berechnung des (damit entgegen der Bezeichnung gerade nicht potentiell zu realisierenden) realisierten Alttextilienaufkommens haben insoweit ausreichende Überzeugungskraft.
207Anhaltspunkte dafür, dass die Sammlung der Stadt C. H. als öffentlich-rechtlicher Entsorgungsträger keine ausreichende Verwertung der gesammelten Alttextilien vorhalten oder garantieren könnte und die Sammlung der Klägerin unter diesem Aspekt nicht als hochwertig angesehen werden könne, liegen nicht vor. Die Stadt C. H. lässt das Sammelgut nach wirtschaftlichen Kriterien vermarkten, die sich ihrerseits an den real möglichen Formen der Verwertung ausrichten. Der Beklagte bzw. die Stadt C. H. haben in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat insoweit nachvollziehbar dargelegt, dass das beauftragte Verwertungsunternehmen nach qualitativen Maßstäben ausgesucht und kontrolliert wird. Aus diesem Grund kann auch dahinstehen, dass sich der Begriff der Hochwertigkeit in § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG allein auf das Sammelsystem beziehen dürfte und damit das Korrelat des haushaltsnahen Sammlungstypus markiert.
208(2) Da mithin die tatbestandlichen Voraussetzungen aus § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG vorliegen, greift die sich aus dieser Bestimmung ergebende Vermutung, dass der Sammlung der Klägerin überwiegende öffentliche Interessen im Sinne der wesentlichen Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung der Stadt C. H. als öffentlich-rechtlicher Entsorgungsträger entgegenstehen. Bei einer Betrachtung des konkreten Einzelfalles sind auch keine Umstände zu erkennen, die ein anderes Ergebnis tragen.
209Die angezeigte Sammlung der Klägerin im Zusammenwirken mit den zu berücksichtigenden weiteren gewerblichen Sammlungen beeinträchtigt die Sammlung der Stadt C. H. als öffentlich-rechtlicher Entsorgungsträger wesentlich. Denn die zu berücksichtigenden Sammlungen machen bereits mehr als 50 % des vom öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers realisierten Aufkommens aus. Unabhängig davon hat die Stadt C. H. auch potentielle Auswirkungen auf ihre Planungssicherheit und Organisationsverantwortung hinreichend plausibel gemacht.
210Dabei wird zunächst zugunsten der Klägerin der von ihr in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht erstmals angegebene Sammlungsumfang für die Stadt C. H. von 20 Containern zugrunde gelegt und im Weiteren unterstellt, dass diese Angabe die bis dato lediglich für das gesamte Kreisgebiet bezifferte Sammlung konkretisiert und es sich nicht der Sache nach um eine neue, prozessual unbeachtliche Sammlungsanzeige handelt. Dies könnte deshalb angenommen werden, weil der Beklagte anhand der ursprünglichen Angaben und der mehrmals ohne Erfolg gebliebenen Nachfragen angesichts der Einwohnerverteilung im Kreis (Einwohner der Stadt C. H. ca. 110.000, Gesamteinwohner im Rheinisch-Bergischen Kreises ca. 278.000) zumindest bei einer naheliegenden einwohnerorientierten Aufteilung von einem etwa doppelt so großen Umfang der Sammlung in C. H. ausgehen musste. Legt man für die 20 Container wegen der insofern im Raum stehenden Bandbreite eine realistische jährliche Sammelmenge von 3,8 Tonnen pro Container und Jahr zugrunde, war für die Sammlung der Klägerin von einem Umfang von 76 Tonnen pro Jahr auszugehen, die für sich genommen etwa 15 % der von der Stadt C. H. als öffentlich-rechtlicher Entsorgungsträger für das Jahr 2015 hochgerechneten Sammelmenge in Höhe von 510 Tonnen erreicht.
211Hinzuzurechnen sind nach § 17 Abs. 3 Satz 1 KrWG unter dem Gesichtspunkt des Zusammenwirkens alle bis zum 11. September 2014 angezeigten Sammlungen, die weder bestandskräftig untersagt noch zurückgezogen waren. Denn erst zu diesem Zeitpunkt hat die Klägerin in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht den Umfang ihrer beabsichtigten Sammlung näher dargelegt und konnte deshalb der Beklagte nach vorstehenden Ausführungen von einer hinreichend präzisierten Anzeige im nunmehr zugrunde gelegten Umfang ausgehen. Zudem hat die Stadt C. H. klargestellt, dass derzeit keine gewerblichen (Container-)Sammlungen (mehr) im Stadtgebiet stattfinden, so dass keine der potentiellen gewerblichen Sammlungen auf die tatsächlich erzielte Sammelmenge der Stadt C. H. bisher real einwirken kann. Ausgehend von der vom Beklagten auf Bitten des Senats vorgelegten Aufstellung angezeigter Sammlungen ist kreisweit deshalb eine berücksichtigungsfähige Sammelmenge aus gewerblichen Sammlungen in Höhe von 672 Tonnen pro Jahr zugrunde zu legen, die sich aus den Sammlungen Nrn. 1, 13, 18, 41, 46, 58, 77, 89, 91, 92, 95, 98, 102, 103 und 106 gemäß der vom Beklagten als Anlage 2 zum Schriftsatz vom 14. September 2015 vorgelegten "Übersichtsliste Altkleidersammlungen Rheinisch-Bergischer Kreis" ergeben. Daraus folgt für die Stadt C. H. angesichts ihrer anteiligen Einwohnerzahl eine zu erwartende Sammelmenge von etwa 268 Tonnen pro Jahr. In der Addition mit der Sammlung der Klägerin ergibt sich daraus eine Sammelmenge aus gewerblichen Alttextiliensammlungen, die erheblich mehr als 50 % selbst des für das Jahr 2015 hochgerechneten Sammelertrages der Stadt C. H. in Höhe von 510 Tonnen ausmacht.
212Unabhängig davon hat die Stadt C. H. aber auch für den Fall geringerer Mengenabflüsse wesentliche Beeinträchtigungen hinsichtlich ihrer Planungssicherheit und Organisationsverantwortung plausibel dargetan. Allein aus der überreichten Kostenkalkulation ergibt sich, dass die Reingewinne des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers aus der Sammlung von Alttextilien hier konkret (nur) ca. 40 % der ‑ relativ hohen ‑ Verkaufserlöse ausmacht. Aus diesem Grund liegt, nicht zuletzt unter Berücksichtigung der derzeit offenbar sinkenden Marktpreise für Alttextilien, nach obigen Feststellungen auf der Hand, dass bereits bei einem geringeren Mengenrückgang als 50 % das derzeitige System auf den Prüfstand gestellt und im Hinblick auf Sammelrhythmus und Containerzahl wesentlich geändert werden müsste. Dies hat auch zwangsläufig Auswirkungen auf die Einsatzmöglichkeiten der neu angeschafften Fahrzeuge und der eingestellten weiteren Mitarbeiter. Ob Letztere in diesem Fall entlassen würden oder anderweitig eingesetzt werden könnten, ist für die Frage des Ausmaßes der Beeinträchtigung der gewählten Organisation ebenso wenig relevant wie alternative Einsatzmöglichkeiten der Sammelfahrzeuge. Diese wurden konkret für die fragliche kommunale Sammlung zur Gewährleistung ihrer Hochwertigkeit angeschafft, so dass die Stadt C. H. damit rechnen durfte, sie hierfür einsetzen zu können und nicht zu einer Umplanung gezwungen zu werden.
213(3) Die angefochtene Untersagung ist auch nicht unverhältnismäßig; ihr steht namentlich § 18 Abs. 5 Satz 1 KrWG nicht entgegen.
214Auch unter Berücksichtigung des Umstandes, dass die Untersagung einer angezeigten Sammlung nach § 18 Abs. 5 Satz 2 KrWG nur das letzte Mittel ist, um die Beeinträchtigung der entgegenstehenden überwiegenden öffentlichen Interessen abzuwehren, sind weniger eingreifende Regelungen hier nicht ersichtlich. Insbesondere ist es nicht Aufgabe der zuständigen Abfallbehörde, den Umfang der angezeigten Sammlung auf das gerade noch verträgliche Maß zu beschränken. Eine mengen- oder zahlenmäßige Beschränkung der Sammlung ist keine Auflage, Bedingung oder Befristung im Sinne des § 18 Abs. 5 Satz 1 KrWG. Resultat wäre vielmehr eine andere als die angezeigte Sammlung. Es ist indes Sache des gewerblichen Sammlers zu entscheiden, welche Sammlung er durchführen möchte. Hierzu gehört auch die Entscheidung darüber, ob er eine kleinere Sammlung, die ihm weniger Erlöse eröffnet, tatsächlich durchführen will oder ob sie sich für ihn betriebswirtschaftlich nicht rechnet. Insoweit bleibt ihm eine neue Anzeige einer anderen, "kleineren" Sammlung jederzeit unbenommen. Im Übrigen würden sonst mithilfe einer "geltungserhaltenden Reduktion" gerade besonders umfangreich angezeigte gewerbliche Sammlungen privilegiert und das Risiko realistischer Planung vom gewerblichen Sammler auf die Behörden verlagert.
215Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1, § 155 Abs. 1 Satz 3, § 161 Abs. 2 Satz 1 VwGO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus § 167 VwGO, § 708 Nr. 10, § 711 ZPO.
216Die Zulassung der Revision beruht auf § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO. Die Frage, wann überwiegende öffentliche Interessen bei Bestehen eines hochwertigen Erfassungssystems des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers/Drittbeauftragten im Sinne von § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG einer gewerblichen Sammlung entgegenstehen, bedarf grundsätzlicher Klärung.
(1) Gemeinnützige Sammlungen im Sinne des § 17 Absatz 2 Satz 1 Nummer 3 und gewerbliche Sammlungen im Sinne des § 17 Absatz 2 Satz 1 Nummer 4 sind spätestens drei Monate vor ihrer beabsichtigten Aufnahme durch ihren Träger der zuständigen Behörde nach Maßgabe der Absätze 2 und 3 anzuzeigen.
(2) Der Anzeige einer gewerblichen Sammlung sind beizufügen
- 1.
Angaben über die Größe und Organisation des Sammlungsunternehmens, - 2.
Angaben über Art, Ausmaß und Dauer, insbesondere über den größtmöglichen Umfang und die Mindestdauer der Sammlung, - 3.
Angaben über Art, Menge und Verbleib der zu verwertenden Abfälle, - 4.
eine Darlegung der innerhalb des angezeigten Zeitraums vorgesehenen Verwertungswege einschließlich der erforderlichen Maßnahmen zur Sicherstellung ihrer Kapazitäten sowie - 5.
eine Darlegung, wie die ordnungsgemäße und schadlose Verwertung der gesammelten Abfälle im Rahmen der Verwertungswege nach Nummer 4 gewährleistet wird.
(3) Der Anzeige der gemeinnützigen Sammlung sind beizufügen
- 1.
Angaben über die Größe und Organisation des Trägers der gemeinnützigen Sammlung sowie gegebenenfalls des Dritten, der mit der Sammlung beauftragt wird, sowie - 2.
Angaben über Art, Ausmaß und Dauer der Sammlung.
(4) Die zuständige Behörde fordert den von der gewerblichen oder gemeinnützigen Sammlung betroffenen öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger auf, für seinen Zuständigkeitsbereich eine Stellungnahme innerhalb einer Frist von zwei Monaten abzugeben. Hat der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger bis zum Ablauf dieser Frist keine Stellungnahme abgegeben, ist davon auszugehen, dass sich dieser nicht äußern will.
(5) Die zuständige Behörde kann die angezeigte Sammlung von Bedingungen abhängig machen, sie zeitlich befristen oder Auflagen für sie vorsehen, soweit dies erforderlich ist, um die Erfüllung der Voraussetzungen nach § 17 Absatz 2 Satz 1 Nummer 3 oder Nummer 4 sicherzustellen. Die zuständige Behörde hat die Durchführung der angezeigten Sammlung zu untersagen, wenn Tatsachen bekannt sind, aus denen sich Bedenken gegen die Zuverlässigkeit des Anzeigenden oder der für die Leitung und Beaufsichtigung der Sammlung verantwortlichen Personen ergeben, oder die Einhaltung der in § 17 Absatz 2 Satz 1 Nummer 3 oder Nummer 4 genannten Voraussetzungen anders nicht zu gewährleisten ist.
(6) Die zuständige Behörde kann bestimmen, dass eine gewerbliche Sammlung mindestens für einen bestimmten Zeitraum durchzuführen ist; dieser Zeitraum darf drei Jahre nicht überschreiten. Wird die gewerbliche Sammlung vor Ablauf des nach Satz 1 bestimmten Mindestzeitraums eingestellt oder innerhalb dieses Zeitraums in ihrer Art und ihrem Ausmaß in Abweichung von den von der Behörde nach Absatz 5 Satz 1 festgelegten Bedingungen oder Auflagen wesentlich eingeschränkt, ist der Träger der gewerblichen Sammlung dem betroffenen öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger gegenüber zum Ersatz der Mehraufwendungen verpflichtet, die für die Sammlung und Verwertung der bislang von der gewerblichen Sammlung erfassten Abfälle erforderlich sind. Zur Absicherung des Ersatzanspruchs kann die zuständige Behörde dem Träger der gewerblichen Sammlung eine Sicherheitsleistung auferlegen.
(7) Soweit eine gewerbliche Sammlung, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Gesetzes bereits durchgeführt wurde, die Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers, des von diesem beauftragten Dritten oder des auf Grund einer Rechtsverordnung nach § 25 eingerichteten Rücknahmesystems bislang nicht gefährdet hat, ist bei Anordnungen nach Absatz 5 oder 6 der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, insbesondere ein schutzwürdiges Vertrauen des Trägers der Sammlung auf ihre weitere Durchführung, zu beachten.
(8) Der von der gewerblichen Sammlung betroffene öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger hat einen Anspruch darauf, dass die für gewerbliche Sammlungen geltenden Bestimmungen des Anzeigeverfahrens eingehalten werden.
(1) Zur Festlegung von Anforderungen nach § 23 wird die Bundesregierung ermächtigt, nach Anhörung der beteiligten Kreise (§ 68) durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates zu bestimmen, dass Hersteller oder Vertreiber
- 1.
bestimmte Erzeugnisse nur bei Eröffnung einer für den jeweiligen Bereich flächendeckenden Rückgabemöglichkeit sowie Sicherstellung der umweltverträglichen Verwertung oder Beseitigung abgeben oder in Verkehr bringen dürfen, - 2.
bestimmte Erzeugnisse zurückzunehmen und die Rückgabe sowie die umweltverträgliche Verwertung und Beseitigung durch geeignete Maßnahmen sicherzustellen haben, insbesondere durch die Einrichtung von Rücknahmesystemen, die Beteiligung an Rücknahmesystemen, die Erhebung eines Pfandes oder die Gewährung anderer wirtschaftlicher Anreize, - 3.
bestimmte Erzeugnisse an der Abgabe- oder Anfallstelle oder einer anderen vorgeschriebenen Stelle zurückzunehmen haben, - 4.
sich an Kosten zu beteiligen haben, die den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgern und sonstigen juristischen Personen des öffentlichen Rechts für die Reinigung der Umwelt und die anschließende umweltverträgliche Verwertung und Beseitigung der nach Gebrauch der von einem Hersteller oder Vertreiber in Verkehr gebrachten Erzeugnisse gemäß Teil E des Anhangs zu der Richtlinie (EU) 2019/904 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. Juni 2019 über die Verringerung der Auswirkungen bestimmter Kunststoffprodukte auf die Umwelt (ABl. L 155 vom 12.6.2019, S. 1) entstehen, - 5.
bestimmte Erzeugnisse nur bei Bestellung eines Bevollmächtigten in Verkehr bringen dürfen, der im Geltungsbereich dieses Gesetzes niedergelassen ist und für die mit der Produktverantwortung verbundenen Pflichten verantwortlich ist, die sich aus den auf Grund der §§ 24 und 25 erlassenen Rechtsverordnungen ergeben, wenn der Hersteller oder Vertreiber in einem anderen Mitgliedstaat niedergelassen ist, - 6.
bestimmter Erzeugnisse Systeme zur Förderung der Wiederverwendung und Reparatur zu unterstützen haben, - 7.
einen Nachweis zu führen haben - a)
über die in Verkehr gebrachten Erzeugnisse, deren Eigenschaften und Mengen, - b)
über die Rücknahme von Abfällen und die Beteiligung an Rücknahmesystemen sowie - c)
über Art, Menge und Bewirtschaftung der zurückgenommenen Erzeugnisse oder der nach Gebrauch der Erzeugnisse entstehenden Abfälle,
- 8.
Belege nach Nummer 7 beizubringen, einzubehalten, aufzubewahren oder auf Verlangen vorzuzeigen haben sowie - 9.
zur Gewährleistung einer angemessenen Transparenz für bestimmte, unter die Obhutspflicht fallende Erzeugnisse einen Bericht zu erstellen haben, der die Verwendung der Erzeugnisse, insbesondere deren Art, Menge, Verbleib und Entsorgung, sowie die getroffenen und geplanten Maßnahmen zur Umsetzung der Obhutspflicht zum Inhalt hat; es kann auch bestimmt werden, ob und in welcher Weise der Bericht durch Dritte zu überprüfen, der zuständigen Behörde vorzulegen oder in geeigneter Weise zu veröffentlichen ist; die gültige Umwelterklärung einer in das EMAS-Register eingetragenen Organisation erfüllt die Anforderungen an den Bericht, soweit sie die erforderlichen Obhutspflichten adressiert.
(2) Durch Rechtsverordnung nach Absatz 1 kann zur Festlegung von Anforderungen nach § 23 sowie zur ergänzenden Festlegung von Pflichten sowohl der Erzeuger und Besitzer von Abfällen als auch der öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger im Rahmen der Kreislaufwirtschaft weiter bestimmt werden,
- 1.
wer die Kosten für die Sammlung, Rücknahme, Verwertung und Beseitigung, die Kennzeichnung, die Datenerhebung und -übermittlung sowie die Beratung und Information nach § 24 Nummer 9 zu tragen hat, - 2.
wie die Kosten festgelegt werden, insbesondere, dass bei der Festlegung der Kosten der Lebenszyklus der Erzeugnisse zu berücksichtigen ist, - 3.
dass derjenige, der die Kosten zu tragen hat, einen Nachweis darüber zu erbringen hat, dass er über die erforderlichen finanziellen oder finanziellen und organisatorischen Mittel verfügt, um den Verpflichtungen im Rahmen der Produktverantwortung nachzukommen, insbesondere durch Leisten einer Sicherheit oder Bilden betrieblicher Rücklagen, - 4.
dass derjenige, der die Kosten zu tragen hat, eine geeignete Eigenkontrolle einzurichten und durchzuführen hat zur Prüfung und Bewertung - a)
seiner Finanzen, einschließlich der Kostenverteilung, und - b)
der Qualität der Daten, für die eine Nachweisführung nach Absatz 1 Nummer 7 verordnet wurde,
- 5.
dass derjenige, der die Kosten zu tragen hat, eine Prüfung der Eigenkontrolle nach Nummer 4 durch einen von der zuständigen Behörde bekannt gegebenen Sachverständigen, eine von dieser Behörde bekannt gegebene Stelle oder eine sonstige Person, die über die erforderliche Fach- und Sachkunde verfügt, durchführen zu lassen hat, - 6.
dass die Besitzer von Abfällen diese den nach Absatz 1 verpflichteten Herstellern, Vertreibern oder nach Absatz 1 Nummer 2 eingerichteten Rücknahmesystemen zu überlassen haben, - 7.
auf welche Art und Weise die Abfälle überlassen werden, einschließlich der Maßnahmen zum Bereitstellen, Sammeln und Befördern und des jeweils gebotenen Umfangs sowie der Bringpflichten der in Nummer 6 genannten Besitzer von Abfällen, - 8.
dass die öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger im Sinne des § 20 durch Erfassung der Abfälle als ihnen übertragene Aufgabe bei der Rücknahme mitzuwirken und die erfassten Abfälle den nach Absatz 1 Verpflichteten zu überlassen haben, - 9.
welche Form, welchen Inhalt und welches Verfahren die Bestellung eines Bevollmächtigten nach Absatz 1 Nummer 5 oder eines freiwillig Bevollmächtigten einzuhalten hat, - 10.
welche Anforderungen an die Verwertung eingehalten werden müssen, insbesondere durch Festlegen abfallwirtschaftlicher Ziele, und - 11.
dass Daten über die Einhaltung der abfallwirtschaftlichen Ziele nach Nummer 10 sowie weitere Daten über die Organisation und Struktur der Rücknahmesysteme zu erheben und in geeigneter Weise zu veröffentlichen sind.
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.
(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.