Verwaltungsgericht München Urteil, 12. Sept. 2017 - M 16 K 16.3881

published on 12/09/2017 00:00
Verwaltungsgericht München Urteil, 12. Sept. 2017 - M 16 K 16.3881
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Tenor

I. Der Bescheid der Beklagten vom 25. Juli 2016 wird aufgehoben.

II. Die Beklagte hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Kläger vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

Der Kläger wendet sich gegen den Widerruf seiner gaststättenrechtlichen Erlaubnis.

Mit Bescheid vom 25. Juli 2016, zugestellt am 28. Juli 2016, widerrief die Beklagte die dem Kläger am 8. September 2010 erteilte Gaststättenerlaubnis für die Schank- und Speisewirtschaft in … Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, die Beklagte habe eine Mitteilung über Steuerhinterziehung in drei tatmehrheitlichen Fällen, davon in drei Fällen tateinheitlich mit je zwei weiteren Vergehen der Steuerhinterziehung erhalten. Daraufhin sei am 7. April 2016 eine Überprüfung der persönlichen Zuverlässigkeit eingeleitet worden. Bei dem Finanzamt Erding (im Folgenden: Finanzamt) hätten Rückstände in Höhe von 33.071,00 Euro bestanden, bei der AOK Bayern (im Folgenden: AOK) in Höhe von 8.027,77 Euro und bei der Beklagten in Höhe von ca. 15.000,- Euro. Zudem habe ein Urteil mit direktem Gewerbebezug vom … Februar 2016 (Rechtskraftdatum: 15. März 2016) vorgelegen (Geldstrafe in Höhe von 9.000,- Euro). Im Rahmen der Anhörung sei dem Kläger bis 3. Juni 2016 Zeit gegeben worden, entlastende Unterlagen, wie z.B. ein Sanierungskonzept oder Nachweise über Ratenzahlungsvereinbarungen vorzulegen. Die am 20. Juni 2016 nach erfolgter Fristverlängerung von Seiten der Steuerberater des Klägers vorgelegte betriebswirtschaftliche Auswertung (Stand: Mai 2016) sei kein Sanierungskonzept. Bei einem Einzelunternehmen seien auch gerade die privaten Verbindlichkeiten, Einkünfte und Ausgaben mit einzurechnen. Zusätzlich sei die Darstellung der wirtschaftlichen Gesamtsituation mit Ausblick auf künftige Entwicklung unter Beachtung der laufenden und vorangegangenen Zahlungspflichten von Bedeutung. Auf diese sei der Kläger jedoch nicht eingegangen. Es sei auch nicht mitgeteilt worden, dass die Rückstände bei der AOK vollständig beglichen worden seien, wobei sich die Frage stelle, aus welchen Mitteln dies möglich gewesen sei. Eine Ratenzahlungsvereinbarung der Stadtkasse Erding sei den Unterlagen nicht zu entnehmen gewesen. Zur Zukunftsprognose sei mitgeteilt worden, dass ab September 2016 die Freischankfläche winterfest gemacht werden solle und somit der Umsatz in den Wintermonaten gesteigert werden könnte. Eine Anfrage an das Bauamt habe jedoch ergeben, dass es weder einen Bauantrag noch eine Baugenehmigung für das genehmigungspflichtige Vorhaben gebe. Es sei dem Kläger nochmals Gelegenheit zur Äußerung gegeben worden. Unter Berücksichtigung der betriebswirtschaftlichen Auswertung hätten sich bis dahin folgende Erkenntnisse ergeben: Finanzamt: Rückstände in Höhe von 33.071,00 Euro (Ratenzahlung); AOK: Rückstände in Höhe von 8.027,77 Euro (durch Schenkung beglichen); Beklagte: Rückstand in Höhe von ca. 7.000,- Euro; Urteil mit direktem Gewerbebezug, Geldstrafe in Höhe von 9.000,- Euro (Ratenzahlung); Finanzierung KFZ in Höhe von ca. 18.000,- Euro (monatlich 272,24 Euro), Private Darlehen (Familie) in Höhe von ca. 34.400,- Euro. Am 19. Juli 2016 sei bei der Beklagten nach erfolgter Fristverlängerung eine betriebswirtschaftliche Auswertung, eine Summen- und Saldenliste zum 30. Juni 2016 und eine tabellarische Auflistung der monatlichen privaten und betrieblichen Verbindlichkeiten sowie der privaten Einnahmen und Ausgaben eingegangen. Zusätzlich seien Anlagen über Darlehen und Ratenzahlungsvereinbarungen übersendet worden. Es sei auch mitgeteilt worden, dass der Kläger von seiner Schwiegermutter ein Darlehen über 5.900,- Euro und eine Schenkung von seinen Eltern über 7.800,- Euro erhalten habe, um Rückstände schnellst möglich tilgen zu können. Gerade auch eine Schenkung spiegle die Situation wider, in der sich der Kläger befinde. Zusätzlich habe ein privater Darlehensgeber die Tilgung auf unbestimmte Zeit ausgesetzt. Eine Tilgung von Zahlungsrückständen durch neue Darlehen und Tilgungsaussetzung sei keine Verbesserung der wirtschaftlichen Situation. Weitere Verbindlichkeiten könnten nicht ausgeschlossen werden. Die monatlichen Ausgaben beliefen sich aktuell nach Mitteilung auf 9.623,- Euro, ab Oktober 2016 auf 8.273,- Euro und ab Februar 2017 auf 7.623,- Euro. Die kurzfristige Erfolgsrechnung von Januar 2016 bis einschließlich Juni 2016 ergebe ein vorläufiges Ergebnis von 45.701,64 Euro. Der Gewerbesteuermessbescheid für Zwecke der Vorauszahlung 2015 ergebe für das Jahr 2015 eine Schätzung von einem Gewinn aus Gewerbebetrieb in Höhe von 57.763,- Euro und für das Jahr 2016 in Höhe von 40.426,- Euro. Aufgrund der wirtschaftlichen Situation könne nicht von einer Verbesserung der wirtschaftlichen Lage ausgegangen werden. Eher im Gegenteil, es müsse in den folgenden Jahren mit Steuernachzahlungen gerechnet werden oder die Einkünfte würden die monatlichen Belastungen nicht decken können. Beides führe unmittelbar zu einer Unzuverlässigkeit der wirtschaftlichen Leistungsunfähigkeit. Gemäß § 15 Abs. 2 GastG sei eine Erlaubnis zu widerrufen, wenn nachträglich Tatsachen einträten, die die Versagung der Gaststättenerlaubnis auf Grund des Fehlens der erforderlichen Zuverlässigkeit (§ 4 Abs. 1 Nr. 1 GastG) rechtfertigen würden. Zur persönlichen Zuverlässigkeit zähle auch die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit. Den steuerrechtlichen Verpflichtungen aus dem Betrieb des Gaststättengewerbes komme der Kläger nicht nach. Er verschaffe sich dadurch einen ungerechtfertigten Vorteil im Wettbewerb. Ein Gastwirt, der seinen Betrieb ordnungsgemäß führe, müsse bei anhaltender wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit die erforderlichen Maßnahmen treffen. Reichten diese nicht aus und trete eine weitere Verschlechterung der Situation ein, dürfe von einem ordnungsgemäß Gewerbetreibenden erwartet werden, dass er den Betrieb aufgebe und die Gewerbetä tigkeit einstelle. Der Kläger selbst habe keinerlei Angaben zum Verfahren gemacht. Die eingereichten Unterlagen seien nicht ausreichend für eine zukünftige wirtschaftliche Leistungsfähigkeit und eine positive Prognose könne daraus nicht entnommen werden. Die Erlaubnis sei daher zu widerrufen gewesen.

Am … August 2016 haben die Bevollmächtigten des Klägers Klage erhoben. Zur Begründung wurde im Wesentlichen vorgetragen, die bestehenden Zahlungsverpflichtungen könnten geordnet ausgeglichen werden. Wie vom Steuerberater mit Schreiben vom 19. Juli 2016 mitgeteilt worden sei, seien die aufgetretenen Zahlungsverpflichtungen über rückständige Steuern, Umsatzsteuer, Gewerbesteuer und Einkommensteuer aufgrund einer durchgeführten Betriebsprüfung entstanden, wie dies periodisch in Gaststätten der Fall sei. Dass es auch typischerweise gerade in Gaststätten zu Schätzungen komme, sei nicht verwunderlich. Zur Vermeidung eines langwierigen und kostenintensiven Rechtsstreits sei es ebenfalls typisch, dass Gastwirte sich dann mit den Finanzämtern einigten, um die festgestellten Verbindlichkeiten wegzufertigen, dies in Raten. Deshalb sei mit dem Finanzamt auch für die entstandenen Nachzahlungen eine Tilgungsvereinbarung getroffen worden. Der Kläger habe die eingeräumten Ratenzahlungen beglichen. Richtig sei zwar, dass der Kläger strafrechtlich wegen einer Steuerhinterziehung verurteilt worden sei, basierend auf der Steuerprüfung. Auch insoweit habe der Kläger, um das Verfahren nicht in finanzielle Unwägbarkeiten zu stürzen, das Urteil akzeptiert und sich mit der Staatskasse ebenfalls auf eine Ratenzahlung geeinigt. Per 19. Juli 2016 sei, wie vom Steuerberater bestätigt, ein Zahlungsrückstand nicht gegeben. Soweit dem Kläger vorgeworfen werde, dass er einen PKW finanziere, sei dies völlig unverständlich. Soweit die Unzuverlässigkeit mit Familiendarlehen und Schenkungen begründet werden solle, sei dies ein Novum. Jungunternehmer arbeiteten in der Regel mit Darlehen, in privilegierten Fällen mit Familiendarlehen und Schenkungen. Kostengünstigere Familiendarlehen seien kein Grund, eine Unzuverlässigkeit eines Unternehmers anzunehmen. Von den weiteren angefragten Institutionen (AOK, Polizeiinspektion …, Knappschaft Bahn See) seien jeweils - bis auf die Feststellung der AOK (Rückstände in Höhe von 8.627,77 Euro) - keine nachteiligen Erkenntnisse gemeldet worden. Mit Schreiben vom 4. Mai 2016 habe das Finanzamt der Beklagten mitgeteilt, dass der Kläger eine Ratenzahlungsvereinbarung getroffen habe, diese eingehalten worden sei und deshalb aus Sicht des Finanzamts nichts gegen die gewerberechtliche Zuverlässigkeit des Steuerpflichtigen sprechen würde. Auch die IHK habe bestätigt, dass Beitragsschulden nicht bestünden. Eine Unzuverlässigkeit, die sich an dem möglichen Schaden für die Allgemeinheit und den Staat orientiere, sei dann nicht erkennbar, wenn mit den Gläubigern entsprechende Moratorien vereinbart worden seien, Ratenzahlungsvereinbarungen getroffen worden seien, die auch eingehalten würden, oder aber Privatschulden gemacht worden seien, um Fremdschulden zu tilgen. Vielmehr sei das Bemühen zu erkennen, dass die relativ geringen finanziellen Verbindlichkeiten nach Kräften weggefertigt würden. Die betriebswirtschaftliche Auswertung nebst Summen- und Saldenliste für den Monat September 2016 habe erneut ein besseres Ergebnis gezeigt. Gegenüber dem Vorjahr sei eine Steigerung der Umsätze eingetreten und die Verbindlichkeiten seien gesunken.

Der Kläger beantragt,

Der Bescheid der Beklagten vom 25. Juli 2016 wird aufgehoben.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Hierzu wurde im Wesentlichen vorgetragen, die vom Steuerberater eingereichten Unterlagen seien nicht ausreichend. Ein Bauantrag sei bis dato nicht gestellt worden. Es seien in diesem Zusammenhang auch keine Angaben zur zukünftigen Umsatzentwicklung eingereicht worden. Das vorläufige Betriebsergebnis aus dem Monat September 2016 sei zwar besser, reiche aber bei weitem nicht aus, um die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit wiederherzustellen. Das vorläufige Betriebsergebnis mit 4.773,94 Euro liege weit unter der vom Steuerberater angegebenen monatlichen Belastung des Klägers bis Oktober 2016 in Höhe von 9.623 Euro. Auch wenn die sonstigen Kosten von 3.884,91 Euro (Betriebsergebnis) herausgerechnet würden, könne dies nicht ausreichend sein, um die monatlichen Belastungen zu erfüllen. Zusätzlich sei davon auszugehen, dass in den kommenden Wintermonaten der Gewinn reduziert werde, da die Freischankfläche nicht mehr betrieben werden könne. Die zwischenzeitliche Erstellung der Steuererklärungen beseitige den Zuverlässigkeitsmangel nicht, da ein überzeugendes Konzept zur Wiederherstellung einer dauerhaften wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit fehle. Die Beklagte sei bei Erlass des Bescheids zulässigerweise davon ausgegangen, dass der Kläger die erforderliche gaststättenrechtliche Zuverlässigkeit nicht besitze. Es hätten Zahlungsrückstände gegenüber Steuerbehörden, Sozialversicherungsträgern, Strafvollstreckungsbehörden und auch gegenüber der Beklagten in Höhe von ca. 65.000,- Euro bestanden. Die Beklagte sei daher zulässigerweise davon ausgegangen, dass der Kläger nicht wirtschaftlich leistungsfähig sei. Zahlungsverpflichtungen habe der Kläger nach seinem eigenen Vortrag nur durch Aufnahme neuer Darlehen nachkommen können. Die Gegenüberstellung von Einnahmen und Ausgaben lasse nicht erwarten, dass die Zahlungsrückstände in absehbarer Zeit beglichen werden könnten. Eine Umsatzmehrung sei nicht ersichtlich.

Mit Beschluss der Kammer vom 16. Februar 2017 wurde der Rechtsstreit zur Entscheidung auf den Einzelrichter übertragen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakte, die vorgelegte Behördenakte, die beigezogene Akte aus dem Strafverfahren (Az.: …) sowie auf die Sitzungsniederschrift verwiesen.

Gründe

Die zulässige Klage ist begründet.

Der Bescheid der Beklagten vom 25. Juli 2016 ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

Der Widerruf der dem Kläger erteilten gaststättenrechtlichen Erlaubnis war nicht gerechtfertigt, da die Annahme, dass der Kläger die für den Gaststättenbetrieb erforderliche Zuverlässigkeit nicht besitzt, nicht von hinreichenden Tatsachen getragen war.

Gemäß § 15 Abs. 2 GastG ist die Gaststättenerlaubnis zu widerrufen, wenn nachträglich Tatsachen eintreten, die die Versagung der Erlaubnis nach § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 GastG rechtfertigen würden. Nach § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 GastG ist die beantragte Gaststättenerlaubnis zu versagen, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass der Antragsteller die für den Betrieb erforderliche Zuverlässigkeit nicht besitzt. Der Begriff der Unzuverlässigkeit im Sinne des § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 GastG stimmt mit dem des § 35 Abs. 1 Satz 1 GewO überein (vgl. BVerwG, B.v. 23.9.1991 - 1 B 96/91 - juris Rn. 4).

Nach ständiger Rechtsprechung ist ein Gewerbetreibender dann im Sinne von § 35 Abs. 1 Satz 1 GewO gewerberechtlich unzuverlässig, wenn er nach dem Gesamteindruck seines Verhaltens nicht die Gewähr dafür bietet, dass er sein Gewerbe künftig ordnungsgemäß ausüben wird. Die Unzuverlässigkeit kann sich insbesondere aus mangelnder wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit, dem Vorliegen von Steuerschulden, der Verletzung von steuerlichen Erklärungspflichten, dem Vorhandensein von Beitragsrückständen bei Sozialversicherungsträgern oder aus Straftaten und Ordnungswidrigkeiten ergeben (vgl. BVerwG, U.v. 2.2.1982 - 1 C 146/80 - juris; BVerwG, B.v. 19.1.1994 - 1 B 5/94 - juris; BVerwG, B.v. 11.11.1996 - 1 B 226/96 - juris; BVerwG, B.v. 5.3.1997 - 1 B 56/97 - juris; BVerwG, B.v. 16.2.1998 - 1 B 26/98 - juris). Aus dem ausschließlich sicherheitsrechtlichen, zukunftsbezogenen Regelungszweck von § 35 GewO folgt, dass es auf ein Verschulden des Gewerbetreibenden hinsichtlich der die Annahme der Unzuverlässigkeit rechtfertigenden Umstände nicht ankommt. Dies gilt auch dann, wenn es um Steuerrückstände geht (vgl. BVerwG, B.v. 11.11.1996 - 1 B 226/96 - juris Rn. 4).

Für die erforderliche Prognose zur Feststellung der Unzuverlässigkeit ist aus den bereits vorhandenen tatsächlichen Umständen auf ein wahrscheinliches zukünftiges Verhalten des Gewerbetreibenden zu schließen. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage ist der Zeitpunkt des Erlasses des Widerrufsbescheids als eines rechtsgestaltenden Verwaltungsakts (vgl. z.B. BayVGH, B.v. 15.12.2010 - 22 ZB 10.2293 - juris Rn. 3). Nachträgliche Veränderungen der Sachlage, insbesondere eine Minderung von Verbindlichkeiten, bleiben außer Betracht (vgl. BayVGH, B.v. 1.10.2012 - 22 ZB 12.787 - juris Rn. 16).

Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts sind Steuerrückstände dann geeignet, einen Gewerbetreibenden als unzuverlässig erscheinen zu lassen, wenn sie sowohl ihrer absoluten Höhe nach als auch im Verhältnis zur Gesamtbelastung des Gewerbetreibenden von Gewicht sind; auch die Zeitdauer, während derer der Gewerbetreibende seinen steuerlichen Verpflichtungen nicht nachgekommen ist, ist von Bedeutung. Die Steuerrückstände, die zur Annahme der gewerberechtlichen Unzuverlässigkeit führen können, sind solche nicht gezahlten Steuern, die der Steuerschuldner von Rechts wegen bereits hätte zahlen müssen (vgl. BVerwG, B.v. 5.3.1997 - 1 B 56/97- juris Rn. 5).

Bei anhaltender wirtschaftlicher Leistungsunfähigkeit muss von einem Gewerbetreibenden im Interesse eines ordnungsgemäßen und redlichen Wirtschaftsverkehrs erwartet werden, dass er ohne Rücksicht auf die Ursachen seiner wirtschaftlichen Schwierigkeiten seinen Gewerbebetrieb aufgibt. Diese - durch die Anforderungen an eine ordnungsgemäße Gewerbeausübung begründete - Erwartung ist der eigentliche Grund, den wirtschaftlich leistungsunfähigen Gewerbetreibenden als unzuverlässig zu bewerten. Dieser Grund entfällt nur dann, wenn der Gewerbetreibende zahlungswillig ist und trotz seiner Schulden nach einem sinnvollen und erfolgversprechenden Sanierungskonzept arbeitet (vgl. BVerwG, U.v. 2.2.1982 - 1 C 146.80 - juris Rn. 15). Da es entscheidend darauf ankommt, ob erkennbar ist, dass und wie die wirtschaftliche Leistungsunfähigkeit künftig in einem hinnehmbaren Zeitraum beendet und damit Gefahren für andere Gewerbetreibende, Kunden, die öffentliche Hand, andere Stellen und die Rechtsordnung insgesamt abgewendet werden können, sind für diese Prognose die Gründe, die zur wirtschaftlichen Leistungsunfähigkeit geführt haben, nicht entscheidend; maßgeblich sind alleine die Aussichten für deren Beendigung (vgl. BayVGH, B.v. 20.5.2016 - 22 ZB 16.253 - juris Rn. 9).

Unter Berücksichtigung dessen ist bei einer Gesamtbetrachtung und Würdigung aller maßgeblichen Umstände im Zeitpunkt des Bescheidserlasses die negative Prognose hinsichtlich der ordnungsgemäßen Ausübung des Gaststättengewerbes durch den Kläger für die Zukunft nicht gerechtfertigt.

Ausgangspunkt für die Einleitung des Gewerbeuntersagungsverfahrens war die mit rechtskräftigem Strafbefehl des Amtsgerichts … vom … Februar 2016 (Az.: …) erfolgte Verurteilung des Klägers wegen Steuerhinterziehung in drei tatmehrheitlichen Fällen, davon in drei Fällen tateinheitlich mit je zwei weiteren Vergehen der Steuerhinterziehung. Dem lag zugrunde, dass im Rahmen von Ermittlungen der Steuerfahndung bei einem Großhandel für Gastronomie festgestellt worden war, dass verschiedenen Kunden, darunter dem Kläger, neben den Einkäufen unter der offiziellen Kundennummer auch umfangreiche Einkäufe für sog. „Eigenbedarf“ ermöglicht worden waren. Im Wege einer Kontrollmitteilung waren dem Finanzamt Erkenntnisse zu diesbezüglichen Warenlieferungen an das Restaurant des Klägers mitgeteilt worden. Dies war dort zum Anlass genommen worden, die sachliche Richtigkeit der Betriebsergebnisse u.a. mittels Nachkalkulation zu überprüfen. Aufgrund erheblicher nicht sachlich klärbarer Differenzen zu den erklärten Betriebsergebnissen war zu folgern gewesen, dass Einnahmen und Umsätze nicht vollständig erklärt und versteuert worden waren. Es wurden Steuerverkürzungen durch den Kläger von insgesamt 29.058,- Euro angenommen (jeweils Einkommensteuer, Umsatzsteuer und Gewerbesteuer für die Jahre 2010 bis 2012). Aus den Einzelstrafen für die einzelnen Veranlagungszeiträume in Höhe von 45, 40 und 120 Tagessätzen wurde eine Gesamtstrafe in Höhe von 150 Tagessätzen gebildet. Zwar handelt es sich bei den über einen längeren Zeitraum hinweg begangenen Straftaten um gewerbebezogene und im Hinblick auf den beträchtlichen verkürzten Steuerbetrag auch nicht geringfügige Vergehen, wie auch das Strafmaß zum Ausdruck bringt. Allerdings handelt es sich um eine erstmalige strafrechtliche Verurteilung und es sind keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass sich der Kläger die Strafe nicht zur Warnung diesen lassen würde. Wie sich aus dem in der Strafakte befindlichen Schlussvermerk des Finanzamts … vom … Februar 2016 zum Strafbefehlsentwurf ergibt, wurde bei der Strafzumessung zu Gunsten des Klägers berücksichtigt, dass er an der vollständigen Aufklärung des Sachverhalts tatkräftig mitgewirkt und sich über seine steuerliche Vertreterin einsichtig gezeigt hatte. Teilweise war eine Schadenswiedergutmachung erfolgt, die verkürzte Steuer war zum Teil beglichen worden und der Kläger bediente das Finanzamt regelmäßig per Ratenzahlung. Ein ernstlicher Wille zur vollständigen Schadenswiedergutmachung war erkennbar, es bestanden keine einschlägigen Vorstrafen. Auch in Bezug auf die verhängte Geldstrafe hatte sich der Kläger zeitnah um eine Ratenzahlungsvereinbarung bemüht, die er auch fortlaufend eingehalten hat. Eine negative Zuverlässigkeitsprognose ließ sich daher allein auf die strafrechtliche Verurteilung des Klägers nicht stützen.

Die Ermittlungen der Beklagten hatten zudem ergeben, dass der Kläger bei der Stadtkasse Gewerbesteuerrückstände in Höhe von ca. 15.000,- Euro hatte, zudem bestand zunächst ein Beitragsrückstand bei der AOK in Höhe von 8.027,77 Euro (seit 1. Februar 2016 - Teilmonat), der im Folgenden - noch vor Erlass des Bescheids - beglichen wurde. Von Seiten des Finanzamts war mitgeteilt worden, dass im November 2015 eine Ratenzahlungsvereinbarung getroffen worden sei, die eingehalten werde (Rückstandshöhe zum Stand 9. Mai 2016: 33.071,- Euro). Wie das Finanzamt weiter auf Anfrage des Gerichts mit Schreiben vom 4. Juli 2017 mitgeteilt hat, bestanden zum Stand 25. Juli 2016 in Bezug auf Umsatzsteuern noch Rückstände in Höhe von 541,73 Euro betreffend das Jahr 2014. Die aufgrund einer Außenprüfung nachgeforderten Umsatzsteuern 2010 bis 2013 in Höhe von insgesamt 17.090,- Euro waren zum 25. Juli 2016 im Rahmen einer Ratenzahlungsvereinbarung bereits vollständig beglichen. Die Einkommensteuerrückstände waren im Rahmen einer Stundung mit Ratenzahlung vereinbarungsgemäß und fortlaufend reduziert worden. Bei der Stadtkasse bestanden nach Mitteilung vom 11. Juli 2017 zum Stand 25. Juli 2016 Gewerbesteuerrückstände (einschließlich Nebenforderungen) in Höhe von 6.887,40 Euro. Die Pfändungs- und Überweisungsverfügung vom 24. März 2016 war zu diesem Zeitpunkt jedoch ausgesetzt, da der Kläger monatliche Teilzahlungen leistete. Insgesamt waren somit zum Zeitpunkt des Bescheidserlasses die Rückstände entweder bereits ausgeglichen (AOK) oder wurden vom Kläger im Rahmen von Ratenzahlungsvereinbarungen fortlaufend und zuverlässig bedient. Der Kläger war auch unabhängig von dem Gewerbeuntersagungsverfahren bemüht, seine Rückstände zurückzuführen, da die Ratenzahlungsvereinbarungen getroffen worden waren, bevor der Kläger von dem Verfahren Kenntnis erlangte (Anhörungsschreiben vom 10. Mai 2016). Das Verhalten des Klägers im Zusammenhang mit seinen Rückständen war daher ebenfalls nicht geeignet, hinreichende Anhaltspunkte für eine Unzuverlässigkeit zu begründen. Auf der Grundlage seines Rückführungsverhaltens war nicht davon auszugehen, dass es zu weiteren Rückständen bei öffentlichen Kassen kommen würde. Zudem war eine zuverlässige Tilgung der Rückstände anzunehmen.

Soweit die Beklagte von einer dauernden wirtschaftlichen Leistungsunfähigkeit des Klägers ausgegangen ist, fehlt es hierfür an hinreichenden Anhaltspunkten. Einträge im Schuldnerverzeichnis bestanden nicht. Zwar waren zum Teil Pfändungsmaßnahmen erfolgt, der Kläger war jedoch erfolgreich bemüht, diese wieder abzuwenden. Die aufgelaufenen Rückstände standen auch in unmittelbarem Zusammenhang mit den nicht unerheblichen Rückforderungen aus den Steuerverkürzungen. Insoweit ist es auch nachvollziehbar, dass der Kläger für die Schuldentilgung auch auf Schenkungen und Privatdarlehen zurückgegriffen hat. Die Gefahr einer weiteren Schädigung der Allgemeinheit oder sonstiger Gläubiger lässt sich hieraus jedoch nicht ableiten. Auch die Aufstellung der monatlichen Ausgaben des Klägers, die nicht unerheblich durch die Rückführung der Rückstände mitbestimmt waren mit der Folge einer künftigen Reduzierung, standen nicht in einem derart deutlichen Missverhältnis zu den Einnahmen, dass sich schon hieraus die zuverlässige Prognose einer fortdauernden wirtschaftlichen Leistungsunfähigkeit hätte ableiten lassen können. Da somit keine hinreichenden Tatsachen für die Annahme einer anhaltenden mangelnden wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des Klägers vorlagen, konnte auch das Fehlen eines nach Auffassung der Beklagten ausreichenden Sanierungskonzepts nicht die Annahme einer gaststättenrechtlichen Unzuverlässigkeit des Klägers tragen.

Soweit nach einer Mitteilung des zuständigen Landratsamts lebensmittelrechtliche Defizite vorlagen, hat die Beklagte dem offensichtlich keine relevante Bedeutung beigemessen, da sie hierauf im Laufe des Verfahrens keinerlei Bezug genommen hat. Weiterhin ergeben sich aus der Behördenakte auch keine Anhaltspunkte dafür, dass Steuererklärungen des Klägers ausstehend und erst nachträglich abgegeben worden wären.

Auch nach einer Gesamtbetrachtung aller relevanten Umstände war nach Auffassung des Gerichts die damalige negative Zukunftsprognose zur Zuverlässigkeit nicht gerechtfertigt. Ohne dass es entscheidungserheblich darauf ankäme, ergeben sich auch aus dem weiteren Verhalten des Klägers nach Erlass des Bescheids keine negativen Erkenntnisse, insbesondere hat er seine Bemühungen zur Tilgung der Rückstände weiterhin unbeanstandet fortgesetzt.

Der Klage war daher mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO stattzugeben.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung folgt aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.

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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Lastenausgleichsgesetz - LAG

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au
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published on 20/05/2016 00:00

Tenor I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt. II. Der Kläger hat die Kosten des Antragsverfahrens zu tragen. III. Der Streitwert für das Antragsverfahren wird auf 20.000 € festgesetzt.
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Annotations

(1) Die Erlaubnis zum Betrieb eines Gaststättengewerbes ist zurückzunehmen, wenn bekannt wird, daß bei ihrer Erteilung Versagungsgründe nach § 4 Abs. 1 Nr. 1 vorlagen.

(2) Die Erlaubnis ist zu widerrufen, wenn nachträglich Tatsachen eintreten, die die Versagung der Erlaubnis nach § 4 Abs. 1 Nr. 1 rechtfertigen würden.

(3) Sie kann widerrufen werden, wenn

1.
der Gewerbetreibende oder sein Stellvertreter die Betriebsart, für welche die Erlaubnis erteilt worden ist, unbefugt ändert, andere als die zugelassenen Räume zum Betrieb verwendet oder nicht zugelassene Getränke oder Speisen verabreicht oder sonstige inhaltliche Beschränkungen der Erlaubnis nicht beachtet,
2.
der Gewerbetreibende oder sein Stellvertreter Auflagen nach § 5 Abs. 1 nicht innerhalb einer gesetzten Frist erfüllt,
3.
der Gewerbetreibende seinen Betrieb ohne Erlaubnis durch einen Stellvertreter betreiben läßt,
4.
der Gewerbetreibende oder sein Stellvertreter Personen entgegen einem nach § 21 ergangenen Verbot beschäftigt,
5.
der Gewerbetreibende im Fall des § 4 Abs. 2 nicht innerhalb von sechs Monaten nach der Berufung den Nachweis nach § 4 Abs. 1 Nr. 4 erbringt,
6.
der Gewerbetreibende im Fall des § 9 Satz 3 nicht innerhalb von sechs Monaten nach dem Ausscheiden des Stellvertreters den Nachweis nach § 4 Abs. 1 Nr. 4 erbringt,
7.
die in § 10 Satz 1 und 2 bezeichneten Personen nicht innerhalb von sechs Monaten nach der Weiterführung den Nachweis nach § 4 Abs. 1 Nr. 4 erbringen.

(4) Die Absätze 1, 2 und 3 Nr. 1, 2 und 4 gelten entsprechend für die Rücknahme und den Widerruf der Stellvertretungserlaubnis.

(1) Die Erlaubnis ist zu versagen, wenn

1.
Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß der Antragsteller die für den Gewerbebetrieb erforderliche Zuverlässigkeit nicht besitzt, insbesondere dem Trunke ergeben ist oder befürchten läßt, daß er Unerfahrene, Leichtsinnige oder Willensschwache ausbeuten wird oder dem Alkoholmißbrauch, verbotenem Glücksspiel, der Hehlerei oder der Unsittlichkeit Vorschub leisten wird oder die Vorschriften des Gesundheits- oder Lebensmittelrechts, des Arbeits- oder Jugendschutzes nicht einhalten wird,
2.
die zum Betrieb des Gewerbes oder zum Aufenthalt der Beschäftigten bestimmten Räume wegen ihrer Lage, Beschaffenheit, Ausstattung oder Einteilung für den Betrieb nicht geeignet sind, insbesondere den notwendigen Anforderungen zum Schutze der Gäste und der Beschäftigten gegen Gefahren für Leben, Gesundheit oder Sittlichkeit oder den sonst zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung notwendigen Anforderungen nicht genügen oder
2a.
die zum Betrieb des Gewerbes für Gäste bestimmten Räume von behinderten Menschen nicht barrierefrei genutzt werden können, soweit diese Räume in einem Gebäude liegen, für das nach dem 1. November 2002 eine Baugenehmigung für die erstmalige Errichtung, für einen wesentlichen Umbau oder eine wesentliche Erweiterung erteilt wurde oder das, für den Fall, dass eine Baugenehmigung nicht erforderlich ist, nach dem 1. Mai 2002 fertig gestellt oder wesentlich umgebaut oder erweitert wurde,
3.
der Gewerbebetrieb im Hinblick auf seine örtliche Lage oder auf die Verwendung der Räume dem öffentlichen Interesse widerspricht, insbesondere schädliche Umwelteinwirkungen im Sinne des Bundes-Immissionsschutzgesetzes oder sonst erhebliche Nachteile, Gefahren oder Belästigungen für die Allgemeinheit befürchten läßt,
4.
der Antragsteller nicht durch eine Bescheinigung einer Industrie- und Handelskammer nachweist, daß er oder sein Stellvertreter (§ 9) über die Grundzüge der für den in Aussicht genommenen Betrieb notwendigen lebensmittelrechtlichen Kenntnisse unterrichtet worden ist und mit ihnen als vertraut gelten kann.
Die Erlaubnis kann entgegen Satz 1 Nr. 2a erteilt werden, wenn eine barrierefreie Gestaltung der Räume nicht möglich ist oder nur mit unzumutbaren Aufwendungen erreicht werden kann.

(2) Wird bei juristischen Personen oder nichtrechtsfähigen Vereinen nach Erteilung der Erlaubnis eine andere Person zur Vertretung nach Gesetz, Satzung oder Gesellschaftsvertrag berufen, so ist dies unverzüglich der Erlaubnisbehörde anzuzeigen.

(3) Die Landesregierungen können zur Durchführung des Absatzes 1 Nr. 2 durch Rechtsverordnung die Mindestanforderungen bestimmen, die an die Lage, Beschaffenheit, Ausstattung und Einteilung der Räume im Hinblick auf die jeweilige Betriebsart und Art der zugelassenen Getränke oder Speisen zu stellen sind. Die Landesregierungen können durch Rechtsverordnung

a)
zur Durchführung des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 2a Mindestanforderungen bestimmen, die mit dem Ziel der Herstellung von Barrierefreiheit an die Lage, Beschaffenheit, Ausstattung und Einteilung der Räume zu stellen sind, und
b)
zur Durchführung des Absatzes 1 Satz 2 die Voraussetzungen für das Vorliegen eines Falles der Unzumutbarkeit festlegen.
Die Landesregierungen können durch Rechtsverordnung die Ermächtigung auf oberste Landesbehörden übertragen.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Die Erlaubnis zum Betrieb eines Gaststättengewerbes ist zurückzunehmen, wenn bekannt wird, daß bei ihrer Erteilung Versagungsgründe nach § 4 Abs. 1 Nr. 1 vorlagen.

(2) Die Erlaubnis ist zu widerrufen, wenn nachträglich Tatsachen eintreten, die die Versagung der Erlaubnis nach § 4 Abs. 1 Nr. 1 rechtfertigen würden.

(3) Sie kann widerrufen werden, wenn

1.
der Gewerbetreibende oder sein Stellvertreter die Betriebsart, für welche die Erlaubnis erteilt worden ist, unbefugt ändert, andere als die zugelassenen Räume zum Betrieb verwendet oder nicht zugelassene Getränke oder Speisen verabreicht oder sonstige inhaltliche Beschränkungen der Erlaubnis nicht beachtet,
2.
der Gewerbetreibende oder sein Stellvertreter Auflagen nach § 5 Abs. 1 nicht innerhalb einer gesetzten Frist erfüllt,
3.
der Gewerbetreibende seinen Betrieb ohne Erlaubnis durch einen Stellvertreter betreiben läßt,
4.
der Gewerbetreibende oder sein Stellvertreter Personen entgegen einem nach § 21 ergangenen Verbot beschäftigt,
5.
der Gewerbetreibende im Fall des § 4 Abs. 2 nicht innerhalb von sechs Monaten nach der Berufung den Nachweis nach § 4 Abs. 1 Nr. 4 erbringt,
6.
der Gewerbetreibende im Fall des § 9 Satz 3 nicht innerhalb von sechs Monaten nach dem Ausscheiden des Stellvertreters den Nachweis nach § 4 Abs. 1 Nr. 4 erbringt,
7.
die in § 10 Satz 1 und 2 bezeichneten Personen nicht innerhalb von sechs Monaten nach der Weiterführung den Nachweis nach § 4 Abs. 1 Nr. 4 erbringen.

(4) Die Absätze 1, 2 und 3 Nr. 1, 2 und 4 gelten entsprechend für die Rücknahme und den Widerruf der Stellvertretungserlaubnis.

(1) Die Erlaubnis ist zu versagen, wenn

1.
Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß der Antragsteller die für den Gewerbebetrieb erforderliche Zuverlässigkeit nicht besitzt, insbesondere dem Trunke ergeben ist oder befürchten läßt, daß er Unerfahrene, Leichtsinnige oder Willensschwache ausbeuten wird oder dem Alkoholmißbrauch, verbotenem Glücksspiel, der Hehlerei oder der Unsittlichkeit Vorschub leisten wird oder die Vorschriften des Gesundheits- oder Lebensmittelrechts, des Arbeits- oder Jugendschutzes nicht einhalten wird,
2.
die zum Betrieb des Gewerbes oder zum Aufenthalt der Beschäftigten bestimmten Räume wegen ihrer Lage, Beschaffenheit, Ausstattung oder Einteilung für den Betrieb nicht geeignet sind, insbesondere den notwendigen Anforderungen zum Schutze der Gäste und der Beschäftigten gegen Gefahren für Leben, Gesundheit oder Sittlichkeit oder den sonst zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung notwendigen Anforderungen nicht genügen oder
2a.
die zum Betrieb des Gewerbes für Gäste bestimmten Räume von behinderten Menschen nicht barrierefrei genutzt werden können, soweit diese Räume in einem Gebäude liegen, für das nach dem 1. November 2002 eine Baugenehmigung für die erstmalige Errichtung, für einen wesentlichen Umbau oder eine wesentliche Erweiterung erteilt wurde oder das, für den Fall, dass eine Baugenehmigung nicht erforderlich ist, nach dem 1. Mai 2002 fertig gestellt oder wesentlich umgebaut oder erweitert wurde,
3.
der Gewerbebetrieb im Hinblick auf seine örtliche Lage oder auf die Verwendung der Räume dem öffentlichen Interesse widerspricht, insbesondere schädliche Umwelteinwirkungen im Sinne des Bundes-Immissionsschutzgesetzes oder sonst erhebliche Nachteile, Gefahren oder Belästigungen für die Allgemeinheit befürchten läßt,
4.
der Antragsteller nicht durch eine Bescheinigung einer Industrie- und Handelskammer nachweist, daß er oder sein Stellvertreter (§ 9) über die Grundzüge der für den in Aussicht genommenen Betrieb notwendigen lebensmittelrechtlichen Kenntnisse unterrichtet worden ist und mit ihnen als vertraut gelten kann.
Die Erlaubnis kann entgegen Satz 1 Nr. 2a erteilt werden, wenn eine barrierefreie Gestaltung der Räume nicht möglich ist oder nur mit unzumutbaren Aufwendungen erreicht werden kann.

(2) Wird bei juristischen Personen oder nichtrechtsfähigen Vereinen nach Erteilung der Erlaubnis eine andere Person zur Vertretung nach Gesetz, Satzung oder Gesellschaftsvertrag berufen, so ist dies unverzüglich der Erlaubnisbehörde anzuzeigen.

(3) Die Landesregierungen können zur Durchführung des Absatzes 1 Nr. 2 durch Rechtsverordnung die Mindestanforderungen bestimmen, die an die Lage, Beschaffenheit, Ausstattung und Einteilung der Räume im Hinblick auf die jeweilige Betriebsart und Art der zugelassenen Getränke oder Speisen zu stellen sind. Die Landesregierungen können durch Rechtsverordnung

a)
zur Durchführung des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 2a Mindestanforderungen bestimmen, die mit dem Ziel der Herstellung von Barrierefreiheit an die Lage, Beschaffenheit, Ausstattung und Einteilung der Räume zu stellen sind, und
b)
zur Durchführung des Absatzes 1 Satz 2 die Voraussetzungen für das Vorliegen eines Falles der Unzumutbarkeit festlegen.
Die Landesregierungen können durch Rechtsverordnung die Ermächtigung auf oberste Landesbehörden übertragen.

(1) Die Ausübung eines Gewerbes ist von der zuständigen Behörde ganz oder teilweise zu untersagen, wenn Tatsachen vorliegen, welche die Unzuverlässigkeit des Gewerbetreibenden oder einer mit der Leitung des Gewerbebetriebes beauftragten Person in bezug auf dieses Gewerbe dartun, sofern die Untersagung zum Schutze der Allgemeinheit oder der im Betrieb Beschäftigten erforderlich ist. Die Untersagung kann auch auf die Tätigkeit als Vertretungsberechtigter eines Gewerbetreibenden oder als mit der Leitung eines Gewerbebetriebes beauftragte Person sowie auf einzelne andere oder auf alle Gewerbe erstreckt werden, soweit die festgestellten Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß der Gewerbetreibende auch für diese Tätigkeiten oder Gewerbe unzuverlässig ist. Das Untersagungsverfahren kann fortgesetzt werden, auch wenn der Betrieb des Gewerbes während des Verfahrens aufgegeben wird.

(2) Dem Gewerbetreibenden kann auf seinen Antrag von der zuständigen Behörde gestattet werden, den Gewerbebetrieb durch einen Stellvertreter (§ 45) fortzuführen, der die Gewähr für eine ordnungsgemäße Führung des Gewerbebetriebes bietet.

(3) Will die Verwaltungsbehörde in dem Untersagungsverfahren einen Sachverhalt berücksichtigen, der Gegenstand der Urteilsfindung in einem Strafverfahren gegen einen Gewerbetreibenden gewesen ist, so kann sie zu dessen Nachteil von dem Inhalt des Urteils insoweit nicht abweichen, als es sich bezieht auf

1.
die Feststellung des Sachverhalts,
2.
die Beurteilung der Schuldfrage oder
3.
die Beurteilung der Frage, ob er bei weiterer Ausübung des Gewerbes erhebliche rechtswidrige Taten im Sinne des § 70 des Strafgesetzbuches begehen wird und ob zur Abwehr dieser Gefahren die Untersagung des Gewerbes angebracht ist.
Absatz 1 Satz 2 bleibt unberührt. Die Entscheidung über ein vorläufiges Berufsverbot (§ 132a der Strafprozeßordnung), der Strafbefehl und die gerichtliche Entscheidung, durch welche die Eröffnung des Hauptverfahrens abgelehnt wird, stehen einem Urteil gleich; dies gilt auch für Bußgeldentscheidungen, soweit sie sich auf die Feststellung des Sachverhalts und die Beurteilung der Schuldfrage beziehen.

(3a) (weggefallen)

(4) Vor der Untersagung sollen, soweit besondere staatliche Aufsichtsbehörden bestehen, die Aufsichtsbehörden, ferner die zuständige Industrie- und Handelskammer oder Handwerkskammer und, soweit es sich um eine Genossenschaft handelt, auch der Prüfungsverband gehört werden, dem die Genossenschaft angehört. Ihnen sind die gegen den Gewerbetreibenden erhobenen Vorwürfe mitzuteilen und die zur Abgabe der Stellungnahme erforderlichen Unterlagen zu übersenden. Die Anhörung der vorgenannten Stellen kann unterbleiben, wenn Gefahr im Verzuge ist; in diesem Falle sind diese Stellen zu unterrichten.

(5) (weggefallen)

(6) Dem Gewerbetreibenden ist von der zuständigen Behörde auf Grund eines an die Behörde zu richtenden schriftlichen oder elektronischen Antrages die persönliche Ausübung des Gewerbes wieder zu gestatten, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß eine Unzuverlässigkeit im Sinne des Absatzes 1 nicht mehr vorliegt. Vor Ablauf eines Jahres nach Durchführung der Untersagungsverfügung kann die Wiederaufnahme nur gestattet werden, wenn hierfür besondere Gründe vorliegen.

(7) Zuständig ist die Behörde, in deren Bezirk der Gewerbetreibende eine gewerbliche Niederlassung unterhält oder in den Fällen des Absatzes 2 oder 6 unterhalten will. Bei Fehlen einer gewerblichen Niederlassung sind die Behörden zuständig, in deren Bezirk das Gewerbe ausgeübt wird oder ausgeübt werden soll. Für die Vollstreckung der Gewerbeuntersagung sind auch die Behörden zuständig, in deren Bezirk das Gewerbe ausgeübt wird oder ausgeübt werden soll.

(7a) Die Untersagung kann auch gegen Vertretungsberechtigte oder mit der Leitung des Gewerbebetriebes beauftragte Personen ausgesprochen werden. Das Untersagungsverfahren gegen diese Personen kann unabhängig von dem Verlauf des Untersagungsverfahrens gegen den Gewerbetreibenden fortgesetzt werden. Die Absätze 1 und 3 bis 7 sind entsprechend anzuwenden.

(8) Soweit für einzelne Gewerbe besondere Untersagungs- oder Betriebsschließungsvorschriften bestehen, die auf die Unzuverlässigkeit des Gewerbetreibenden abstellen, oder eine für das Gewerbe erteilte Zulassung wegen Unzuverlässigkeit des Gewerbetreibenden zurückgenommen oder widerrufen werden kann, sind die Absätze 1 bis 7a nicht anzuwenden. Dies gilt nicht für die Tätigkeit als vertretungsberechtigte Person eines Gewerbetreibenden oder als mit der Leitung des Betriebes oder einer Zweigniederlassung beauftragte Person sowie für Vorschriften, die Gewerbeuntersagungen oder Betriebsschließungen durch strafgerichtliches Urteil vorsehen.

(9) Die Absätze 1 bis 8 sind auf Genossenschaften entsprechend anzuwenden, auch wenn sich ihr Geschäftsbetrieb auf den Kreis der Mitglieder beschränkt; sie finden ferner Anwendung auf den Handel mit Arzneimitteln, mit Losen von Lotterien und Ausspielungen sowie mit Bezugs- und Anteilscheinen auf solche Lose und auf den Betrieb von Wettannahmestellen aller Art.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.