Verwaltungsgericht München Urteil, 01. März 2016 - M 12 K 14.50285

published on 01/03/2016 00:00
Verwaltungsgericht München Urteil, 01. März 2016 - M 12 K 14.50285
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Gericht

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Tenor

I.

Soweit die Klage zurückgenommen wurde, wird das Verfahren eingestellt.

II.

Der Bescheid des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge vom 16. Mai 2014 wird aufgehoben.

III.

Die Kosten des Verfahrens tragen der Kläger und die Beklagte je zur Hälfte.

IV.

Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.

Der jeweilige Kostenschuldner darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der jeweilige Kostengläubiger vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

Der Kläger wendet sich gegen die Ablehnung seines Asylantrags als unzulässig und die Anordnung seiner Überstellung nach Ungarn im Rahmen des so genannten „Dublin-Verfahrens“.

Der am ... 1997 geborene Kläger ist nach eigenen Angaben afghanischer Staatsangehöriger. Er wurde am 1. April 2014 von der Bundespolizei am Hauptbahnhof ... zusammen mit seinem Bruder und dessen Familie, den Klägern im Verfahren M 12 K 14.50283, aufgegriffen. Am 15. April 2014 stellte er hier einen Asylantrag.

Bei dem persönlichen Gespräch zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaates zur Durchführung des Asylverfahrens am 15. April 2014 gab der Kläger unter anderem an, er sei im Januar 2014 aus Afghanistan ausgereist. Durch welche Länder und Städte sie gereist seien, könne er nicht angeben. Ihm seien bereits in einem ihm unbekannten Land Fingerabdrücke abgenommen worden.

Ein Abgleich seiner Fingerabdrücke ergab einen EURODAC-Treffer (HU1...) für Ungarn. Auf das Übernahmeersuchen vom 2. Mai 2014 hin erklärten sich die ungarischen Behörden mit Schreiben vom 7. Mai 2014 mit der Wiederaufnahme des Klägers gemäß Art. 18 Abs. 1 b) Dublin III-VO einverstanden.

Mit Bescheid vom 16. Mai 2014, ausweislich der vorgelegten Postzustellungsurkunde zugestellt am 20. Mai 2014, lehnte das Bundesamt den Asylantrag als unzulässig ab (Nr. 1 des Bescheides) und ordnete die Abschiebung nach Ungarn an (Nr. 2 des Bescheides).

Zur Begründung wurde ausgeführt, der Asylantrag sei gemäß § 27a AsylVfG unzulässig, da Ungarn aufgrund des dort bereits gestellten Asylantrags gemäß Art. 18 Abs. 1 b) Dublin III-VO für die Bearbeitung des Asylantrags zuständig sei. Außergewöhnliche humanitäre Gründe, die die Bundesrepublik Deutschland veranlassen könnten, ihr Selbsteintrittsrecht gemäß Art. 3 Abs. 2 Dublin III-VO auszuüben, seien nicht ersichtlich. Daher werde der Asylantrag in der Bundesrepublik nicht materiell geprüft. Die Abschiebungsanordnung beruhe auf § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylVfG.

Hiergegen hat der Kläger mit Schriftsatz seines Bevollmächtigten vom ... Mai 2014, bei Gericht am selben Tag per Fax eingegangen, Klage zum Bayerischen Verwaltungsgericht München erhoben und beantragt,

I.

den Bescheid der Beklagten vom 16. Mai 2014 aufzuheben und

II.

die Beklagte zu verpflichten, den Kläger als Asylberechtigten anzuerkennen und festzustellen, dass die Voraussetzungen des § 60 Abs. 1 AufenthG vorliegen.

Hilfsweise wurde beantragt:

III.

die Beklagte zu verpflichten, festzustellen, dass die Voraussetzungen der § 60 Abs. 2 - 5 und 7 AufenthG bezüglich des Klägers vorliegen.

Des Weiteren wurde beantragt, die aufschiebende Wirkung der Klage anzuordnen.

Die Anträge wurden im Wesentlichen damit begründet, dass angesichts der dokumentierten systemischen Mängel des ungarischen Asylsystems Rückschiebungen von Flüchtlingen, die über Ungarn nach Deutschland gekommen seien, nicht mit europäischer Rechtsprechung zu vereinbaren seien. Flüchtlinge würden in Ungarn systematisch inhaftiert. Nach der von Misshandlungen geprägten Haft würden die meisten auf die Straße gesetzt. Inhaftierte Flüchtlinge berichteten über Zwangsmedikation und körperliche Misshandlungen. Aus der Haft entlassen drohten Obdachlosigkeit und damit erneute Inhaftierung. Es bestünden daher erhebliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Entscheidung.

Das Bundesamt legte mit Schreiben vom 27. Mai 2014 die Behördenakte vor. Ein Antrag wurde nicht gestellt.

Das Gericht ordnete mit Beschluss vom 8. Juli 2014 die aufschiebenden Wirkung der Klage gegen des Bescheid des Bundesamts vom 16. Mai 2014 an (Az.: M 12 S 14.50286).

Mit Schriftsatz seines Bevollmächtigten vom ... Juni 2015 hat der Kläger die unter den Ziffern II. und III. im Klageschriftsatz vom ... Mai 2014 gestellten Anträge zurückgenommen.

Der Rechtsstreit wurde mit Beschluss vom 17. Juni 2015 zur Entscheidung auf den Einzelrichter übertragen.

Die Klagepartei hat mit Schreiben vom ... Juni 2015 auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet, die Beklagte mit genereller Prozesserklärung vom 25. Februar 2016.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird auf die Gerichtsakte im vorliegenden Verfahren als auch in den Verfahren M 12 S 14.50286, M 12 S 14.50284 und M 12 K 14.50283 sowie auf die vorgelegte Behördenakte des Bundesamts Bezug genommen.

Gründe

Über die Klage konnte ohne mündliche Verhandlung entschieden werden, weil die Beteiligten - der Kläger durch Erklärung seines Bevollmächtigten vom ... Juni 2015 und die Beklagte durch allgemeine Prozesserklärung - hierzu ihr Einverständnis erteilt haben (§ 101 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO -). Der Vertreter des öffentlichen Interesses hat seine Beteiligung in den Schreiben vom 11. und 18. Mai 2015 ausdrücklich auf die Übersendung der jeweiligen End- bzw. Letztentscheidung beschränkt.

1. Soweit die Klage mit der am ... Juni 2015 bei Gericht eingegangenen Rücknahmeerklärung hinsichtlich der Verpflichtungsanträge (Klageanträge II. und III.) zurückgenommen wurde, war das Verfahren gemäß § 92 Abs. 3 Satz 1 VwGO einzustellen.

2. Im Übrigen ist die Klage zulässig und begründet. Der streitgegenständliche Bescheid vom 16. Mai 2014 erweist sich im maßgeblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung nach § 77 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 des Asylgesetzes (AsylG; vormals: AsylVfG) als rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.

2.1. Die Beklagte hat den Asylantrag des Klägers vom 15. April 2014 zu Unrecht in Nummer 1 des streitgegenständlichen Bescheides vom 16. Mai 2014 als unzulässig abgelehnt.

Gemäß § 27a AsylG ist ein Asylantrag in der Bundesrepublik Deutschland unzulässig, wenn ein anderer Staat aufgrund von Rechtsvorschriften der Europäischen Gemeinschaft oder eines völkerrechtlichen Vertrags für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist. Das Bundesamt kann in einem solchen Fall die Abschiebung in den für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat gemäß § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylG anordnen, sobald feststeht, dass sie durchgeführt werden kann.

Im Fall des Klägers ist die Beklagte aufgrund von Rechtsvorschriften der Europäischen Union für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig.

Maßgebliche Rechtsvorschrift zur Bestimmung des zuständigen Staates ist vorliegend die am 19. Juli 2013 in Kraft getretene Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaates, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen in einem Mitgliedstaat gestellten Antrags auf internationalen Schutz zuständig ist (Dublin III-VO). Diese findet gemäß Art. 49 Abs. 1 und 2 Dublin III-VO auf alle in der Bundesrepublik ab dem 1. Januar 2014 gestellten Anträge auf internationalen Schutz Anwendung, also auch auf das am 15. April 2014 gestellte Schutzgesuch des Klägers.

Art. 3 Abs. 1 Dublin III-VO sieht vor, dass der Asylantrag von dem Mitgliedstaat geprüft wird, der nach den Kriterien des Kapitels III der Dublin III-VO als zuständiger Staat bestimmt wird. Zwar ergibt sich vorliegend grundsätzlich eine Zuständigkeit Ungarns nach Art. 13 Abs. 1 Satz 1 Dublin III-VO, da der Kläger über Ungarn in die Bundesrepublik Deutschland eingereist ist. Im Fall des Klägers kommt jedoch die gegenüber Art. 13 Abs. 1 Dublin III-VO vorrangige Zuständigkeitsbestimmung des Art. 11 a) Dublin III-VO zum Tragen. Nach dieser Vorschrift ist derjenige Mitgliedstaat für die Prüfung der Anträge sämtlicher Familienangehöriger und/oder unverheirateter minderjähriger Geschwister zuständig, der nach den Kriterien für die Aufnahme für den größten Teil von ihnen zuständig ist, wenn mehrere Familienangehörige und/oder unverheiratete Geschwister in demselben Mitgliedstaat gleichzeitig oder in so großer zeitlicher Nähe einen Antrag auf internationalen Schutz stellen, dass die Verfahren zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats gemeinsam durchgeführt werden können und die Anwendung der in dieser Verordnung genannten Kriterien ihre Trennung zur Folge haben könnte. Aufgrund von Art. 7 Abs. 2 Dublin III-VO ist für den „verfahrensrechtlichen Familienverbund“ nach Art. 11 Dublin III-VO die Situation maßgeblich, die zu dem Zeitpunkt gegeben ist, zu dem der Kläger seinen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat (vgl. VG Stade, B. v. 16.6.2014 - 1 B 871/14 - juris Rn. 13). Danach liegen im vorliegenden Fall die Voraussetzungen für ein Familienverfahren im Sinne von Art. 11 a) Dublin III-VO vor. Der zum Zeitpunkt der Antragstellung minderjährige und unverheiratete Kläger ist zusammen mit seinem Bruder und dessen Familie am 1. April 2014 in die Bundesrepublik Deutschland eingereist. Nur einen Tag nachdem sein Bruder und dessen Familie beim Bundesamt um Asyl nachgesucht haben, hat auch der Kläger einen Asylantrag gestellt. Der Antrag auf internationalen Schutz vom 15. April 2014 wurde vom Kläger damit in so großer zeitlicher Nähe gestellt, dass sein Verfahren zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats sowie die Verfahren seines Bruders und dessen Familie gemeinsam durchgeführt werden können. Die Beklagte ist vorliegend gemäß Art. 3 Abs. 2 Unterabs. 2 Dublin III-VO für die Prüfung der Asylanträge des Bruders des Klägers und dessen Familie - und damit für den Großteil der Familie - zuständig, da die Unterbringungsbedingungen in Ungarn für Familien mit minderjährigen Kindern systemische Schwachstellen aufweisen. Auf das Urteil des Gerichts vom 29. Februar 2016 im Verfahren M 12 K 14.50283, mit dem der Bescheid des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge vom 16. Mai 2014 aufgehoben wurde, wird insofern Bezug genommen. Die Beklagte ist daher auch für die Prüfung des Asylantrags des Klägers zuständig.

2.2. Ist die Feststellung nach § 27a AsylG rechtwidrig, ist auch kein Raum mehr für die Abschiebungsanordnung gemäß § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylG nach Ungarn. Die Abschiebungsanordnung in Nummer 2 des angegriffenen Bescheides vom 16. Mai 2014 war somit ebenfalls aufzuheben.

Das Bundesamt ist in der Folge kraft Gesetzes (vgl. § 31 Abs. 2 AsylG) verpflichtet, das Asylverfahren des Klägers fortzuführen und eine Sachentscheidung zu treffen (vgl. BayVGH, U. v. 28.2.2014 - 13a B 13.30295 - juris Rn. 22).

3. Die Kostenfolge beruht hinsichtlich des zurückgenommenen Teils der Klage auf § 155 Abs. 2 VwGO, im Übrigen auf § 154 Abs. 1 VwGO. Gerichtskosten werden nicht erhoben, § 83b AsylG.

4. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 Abs. 2, Abs. 1 VwGO i. V. m. §§ 708 ff. Zivilprozessordnung (ZPO).

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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au
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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au
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published on 29/02/2016 00:00

Tenor I. Soweit die Klagen zurückgenommen wurden, wird das Verfahren eingestellt. II. Der Bescheid des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge vom 16. Mai 2014 wird aufgehoben. III. Die Kosten des Verfahrens trag
published on 28/02/2014 00:00

Tenor I. Die Berufung wird zurückgewiesen. II. Der Kläger hat die Kosten des Berufungserfahrens zu tragen. III. Das Urteil ist im Kostenpunkt vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Siche
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published on 29/02/2016 00:00

Tenor I. Soweit die Klagen zurückgenommen wurden, wird das Verfahren eingestellt. II. Der Bescheid des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge vom 16. Mai 2014 wird aufgehoben. III. Die Kosten des Verfahrens trag
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Annotations

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

(1) Das Gericht entscheidet, soweit nichts anderes bestimmt ist, auf Grund mündlicher Verhandlung. Die mündliche Verhandlung soll so früh wie möglich stattfinden.

(2) Mit Einverständnis der Beteiligten kann das Gericht ohne mündliche Verhandlung entscheiden.

(3) Entscheidungen des Gerichts, die nicht Urteile sind, können ohne mündliche Verhandlung ergehen, soweit nichts anderes bestimmt ist.

(1) Der Kläger kann bis zur Rechtskraft des Urteils seine Klage zurücknehmen. Die Zurücknahme nach Stellung der Anträge in der mündlichen Verhandlung setzt die Einwilligung des Beklagten und, wenn ein Vertreter des öffentlichen Interesses an der mündlichen Verhandlung teilgenommen hat, auch seine Einwilligung voraus. Die Einwilligung gilt als erteilt, wenn der Klagerücknahme nicht innerhalb von zwei Wochen seit Zustellung des die Rücknahme enthaltenden Schriftsatzes widersprochen wird; das Gericht hat auf diese Folge hinzuweisen.

(2) Die Klage gilt als zurückgenommen, wenn der Kläger das Verfahren trotz Aufforderung des Gerichts länger als zwei Monate nicht betreibt. Absatz 1 Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Der Kläger ist in der Aufforderung auf die sich aus Satz 1 und § 155 Abs. 2 ergebenden Rechtsfolgen hinzuweisen. Das Gericht stellt durch Beschluß fest, daß die Klage als zurückgenommen gilt.

(3) Ist die Klage zurückgenommen oder gilt sie als zurückgenommen, so stellt das Gericht das Verfahren durch Beschluß ein und spricht die sich nach diesem Gesetz ergebenden Rechtsfolgen der Zurücknahme aus. Der Beschluß ist unanfechtbar.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Soll der Ausländer in einen sicheren Drittstaat (§ 26a) oder in einen für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat (§ 29 Absatz 1 Nummer 1) abgeschoben werden, ordnet das Bundesamt die Abschiebung in diesen Staat an, sobald feststeht, dass sie durchgeführt werden kann. Dies gilt auch, wenn der Ausländer den Asylantrag in einem anderen auf Grund von Rechtsvorschriften der Europäischen Union oder eines völkerrechtlichen Vertrages für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat gestellt oder vor der Entscheidung des Bundesamtes zurückgenommen hat. Einer vorherigen Androhung und Fristsetzung bedarf es nicht. Kann eine Abschiebungsanordnung nach Satz 1 oder 2 nicht ergehen, droht das Bundesamt die Abschiebung in den jeweiligen Staat an.

(2) Anträge nach § 80 Absatz 5 der Verwaltungsgerichtsordnung gegen die Abschiebungsanordnung sind innerhalb einer Woche nach Bekanntgabe zu stellen. Die Abschiebung ist bei rechtzeitiger Antragstellung vor der gerichtlichen Entscheidung nicht zulässig. Anträge auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes gegen die Befristung des Einreise- und Aufenthaltsverbots durch das Bundesamt nach § 11 Absatz 2 des Aufenthaltsgesetzes sind innerhalb einer Woche nach Bekanntgabe zu stellen. Die Vollziehbarkeit der Abschiebungsanordnung bleibt hiervon unberührt.

(1) Soll der Ausländer in einen sicheren Drittstaat (§ 26a) oder in einen für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat (§ 29 Absatz 1 Nummer 1) abgeschoben werden, ordnet das Bundesamt die Abschiebung in diesen Staat an, sobald feststeht, dass sie durchgeführt werden kann. Dies gilt auch, wenn der Ausländer den Asylantrag in einem anderen auf Grund von Rechtsvorschriften der Europäischen Union oder eines völkerrechtlichen Vertrages für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat gestellt oder vor der Entscheidung des Bundesamtes zurückgenommen hat. Einer vorherigen Androhung und Fristsetzung bedarf es nicht. Kann eine Abschiebungsanordnung nach Satz 1 oder 2 nicht ergehen, droht das Bundesamt die Abschiebung in den jeweiligen Staat an.

(2) Anträge nach § 80 Absatz 5 der Verwaltungsgerichtsordnung gegen die Abschiebungsanordnung sind innerhalb einer Woche nach Bekanntgabe zu stellen. Die Abschiebung ist bei rechtzeitiger Antragstellung vor der gerichtlichen Entscheidung nicht zulässig. Anträge auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes gegen die Befristung des Einreise- und Aufenthaltsverbots durch das Bundesamt nach § 11 Absatz 2 des Aufenthaltsgesetzes sind innerhalb einer Woche nach Bekanntgabe zu stellen. Die Vollziehbarkeit der Abschiebungsanordnung bleibt hiervon unberührt.

(1) Die Entscheidung des Bundesamtes ergeht schriftlich. Sie ist schriftlich zu begründen. Entscheidungen, die der Anfechtung unterliegen, sind den Beteiligten unverzüglich zuzustellen. Wurde kein Bevollmächtigter für das Verfahren bestellt, ist eine Übersetzung der Entscheidungsformel und der Rechtsbehelfsbelehrung in einer Sprache beizufügen, deren Kenntnis vernünftigerweise vorausgesetzt werden kann. Das Bundesamt informiert mit der Entscheidung über die Rechte und Pflichten, die sich aus ihr ergeben.

(2) In Entscheidungen über zulässige Asylanträge und nach § 30 Absatz 5 ist ausdrücklich festzustellen, ob dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft oder der subsidiäre Schutz zuerkannt wird und ob er als Asylberechtigter anerkannt wird. In den Fällen des § 13 Absatz 2 Satz 2 ist nur über den beschränkten Antrag zu entscheiden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 und in Entscheidungen über unzulässige Asylanträge ist festzustellen, ob die Voraussetzungen des § 60 Absatz 5 oder 7 des Aufenthaltsgesetzes vorliegen. Davon kann abgesehen werden, wenn der Ausländer als Asylberechtigter anerkannt wird oder ihm internationaler Schutz im Sinne des § 1 Absatz 1 Nummer 2 zuerkannt wird. Von der Feststellung nach Satz 1 kann auch abgesehen werden, wenn das Bundesamt in einem früheren Verfahren über das Vorliegen der Voraussetzungen des § 60 Absatz 5 und 7 des Aufenthaltsgesetzes entschieden hat und die Voraussetzungen des § 51 Absatz 1 bis 3 des Verwaltungsverfahrensgesetzes nicht vorliegen.

(4) Wird der Asylantrag nur nach § 26a als unzulässig abgelehnt, bleibt § 26 Absatz 5 in den Fällen des § 26 Absatz 1 bis 4 unberührt.

(5) Wird ein Ausländer nach § 26 Absatz 1 bis 3 als Asylberechtigter anerkannt oder wird ihm nach § 26 Absatz 5 internationaler Schutz im Sinne des § 1 Absatz 1 Nummer 2 zuerkannt, soll von der Feststellung der Voraussetzungen des § 60 Absatz 5 und 7 des Aufenthaltsgesetzes abgesehen werden.

(6) Wird der Asylantrag nach § 29 Absatz 1 Nummer 1 als unzulässig abgelehnt, wird dem Ausländer in der Entscheidung mitgeteilt, welcher andere Staat für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist.

(7) In der Entscheidung des Bundesamtes ist die AZR-Nummer nach § 3 Absatz 1 Nummer 2 des Gesetzes über das Ausländerzentralregister zu nennen.

(1) Wenn ein Beteiligter teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jedem Teil zur Hälfte zur Last. Einem Beteiligten können die Kosten ganz auferlegt werden, wenn der andere nur zu einem geringen Teil unterlegen ist.

(2) Wer einen Antrag, eine Klage, ein Rechtsmittel oder einen anderen Rechtsbehelf zurücknimmt, hat die Kosten zu tragen.

(3) Kosten, die durch einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand entstehen, fallen dem Antragsteller zur Last.

(4) Kosten, die durch Verschulden eines Beteiligten entstanden sind, können diesem auferlegt werden.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) werden in Streitigkeiten nach diesem Gesetz nicht erhoben.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.