Verwaltungsgericht München Urteil, 11. Okt. 2018 - M 10 K 17.5157

bei uns veröffentlicht am11.10.2018

Gericht

Verwaltungsgericht München

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.

II. Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.

Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

Die Klägerin begehrt im Kern die Befreiung von der Zweitwohnungsteuerpflicht für die Veranlagungsjahre 2014 und 2015.

Die Klägerin hat ihren Hauptwohnsitz in … … in … … Bis zu seinem Tod im Jahr 2014 wohnte dort auch ihr Ehemann. Ferner ist sie Mieterin einer 40 m² großen Wohnung in einem Mehrfamilienhaus in der …str. … im Stadtgebiet der Beklagten.

Die Beklagte erhebt für das Innehaben einer Zweitwohnung in ihrem Stadtgebiet Zweitwohnungsteuer nach Maßgabe ihrer Zweitwohnungsteuersatzung - ZwStS - vom 22. Dezember 2006. Nach § 2 Abs. 3 Nr. 3 ZwStS gelten Wohnungen, die verheiratete und nicht getrennt lebende Personen aus beruflichen Gründen innehaben, nicht als Zweitwohnungen, wenn sich die Hauptwohnung der Eheleute außerhalb des Stadtgebiets der Beklagten befindet.

Mit Schreiben vom 20. April 2007 teilte die Klägerin der Beklagten auf Anfrage mit, sie sei Übersetzerin und Dolmetscherin und habe als solche mehrere Kunden in …, für die sie immer wieder dolmetschen und deshalb in … übernachten müsse. Die Zweitwohnung diene allein diesen Zwecken.

Mit Bescheid vom 14. August 2007 erkannte die Beklagte daraufhin das Vorliegen des Ausnahmetatbestands gemäß § 2 Abs. 3 Nr. 3 ZwStS bei der Klägerin an und stellte fest, dass sie nicht der Zweitwohnungsteuerpflicht unterliegt.

Am 26. Januar 2014 verstarb der Ehemann der Klägerin. Infolgedessen bat die Beklagte die Klägerin mit Schreiben vom 10. April 2014 und 30. Juli 2014 um die Abgabe einer Zweitwohnungsteuererklärung zur Prüfung, ob die Klägerin nunmehr der Zweitwohnungsteuerpflicht unterliege.

Da keine Rückmeldung erfolgte, setzte die Beklagte mit Bescheid vom 17. Februar 2015 die Zweitwohnungsteuer gegenüber der Klägerin für das Jahr 2014 (Februar bis Dezember) auf 120 € und für das Jahr 2015 (Januar bis Dezember) auf 131 € fest. Der Veranlagung wurde eine monatliche Nettokaltmiete in Höhe von 121,50 € und ein Steuersatz von 9% zugrundegelegt.

Die für diese Zeiträume festgesetzte Steuer wurde von der Klägerin beglichen.

Mit Schreiben vom 10. Mai 2016 teilte die Klägerin der Beklagten mit, dass in der Wohnung in der …str. … seit dem 1. April 2016 ein Herr P. T. wohne, so dass die Zweitwohnungsteuer entfallen dürfte.

Laut eines Aktenvermerks wandte sich eine Mitarbeiterin der Beklagten am 17. Mai 2016 telefonisch an die Klägerin und bat um Mitteilung, ob Herr T. der neue Mieter der Wohnung oder gegebenenfalls Untermieter der Klägerin sei.

Mit Schreiben vom 17. Mai 2016 teilte die Klägerin daraufhin mit, dass sie zwischenzeitlich dank Internet erfahren habe, dass es seit 2009 eine Einkommensgrenze gebe und ihr Einkommen ausweislich des Einkommensteuerbescheids unter dieser Mindestgrenze liege. Dass die Beklagte sie über diese Befreiungsmöglichkeit nicht informiert habe, betrachte sie als unseriös. Daher beantrage sie die Rückerstattung der bezahlten Zweitwohnungsteuer für die Jahre 2014 und 2015.

Mit Bescheid vom 22. Juni 2016 lehnte die Beklagte den Antrag der Klägerin auf Erstattung der Zweitwohnungsteuer für 2014 und 2015 ab.

In der Begründung dieser Entscheidung sowie in einem Begleitschreiben führte die Beklagte aus, die Voraussetzungen des Ausnahmetatbestands nach § 2 Abs. 3 Nr. 3 ZwStS seien bei der Klägerin nach dem Tod ihres Ehemanns nicht mehr gegeben.

Die Möglichkeit der Befreiung von der Zweitwohnungsteuer aufgrund geringen Einkommens sei mit Wirkung ab 1. September 2009 in Art. 3 Abs. 3 Bayerisches Kommunalabgabengesetz -KAG - und nicht in der Zweitwohnungsteuersatzung der Beklagten geregelt. Es bestehe keine Verpflichtung der Beklagten, über diese Gesetzesänderung zu informieren. Dies habe im Verantwortungsbereich der Klägerin gelegen. Art. 3 Abs. 3 Satz 7 KAG sehe vor, dass Befreiungsanträge bis spätestens 31. Januar des auf das Steuerjahr folgenden Jahres gestellt werden müssten; da es sich hierbei um eine gesetzliche Frist handle, könnten verspätet gestellte Anträge seitens der Beklagten nicht berücksichtigt werden.

Das Schreiben der Klägerin vom 17. Mai 2015 werde als Befreiungsantrag für 2016 gewertet; diesbezüglich werde um Vorlage einer Kopie des maßgeblichen vollständigen Einkommensteuerbescheids 2014 gebeten.

Ferner werde zur Klärung des Innehabens der Wohnung in der …str. … gebeten, entsprechende mietvertragliche Unterlagen vorzulegen.

Gegen den Bescheid vom 22. Juni 2016 legte die Klägerin unter dem 18. Juli 2016 Widerspruch bei der Beklagten ein (Eingang: 19.7.2016). Sie sei seitens der Beklagten zu keinem Zeitpunkt auf die Möglichkeit einer Befreiung nach Art. 3 KAG hingewiesen worden. Auch habe man sie nicht darauf aufmerksam gemacht, dass diese Informationen auf der Internetseite der Beklagten stünden. Vielmehr beziehe sich der Bescheid vom 17. Februar 2015 einzig und allein auf die Zweitwohnungsteuersatzung. Wie solle der Empfänger eines solchen Bescheids ahnen, dass nicht nur die erwähnte Satzung, sondern auch noch ein Gesetz die Zweitwohnungsteuerpflicht regle. Über die Fristbindung des Befreiungsantrags sei die Klägerin auch erst informiert worden, als die Fristen bereits abgelaufen gewesen seien. Ein solches Verhalten bewerte sie als Betrug. Somit beruhe der Bescheid vom 17. Februar 2015 sowohl auf Täuschung als auch auf falschen Angaben seitens der Beklagten und sei daher nichtig.

Mit Bescheid vom 5. August 2016 setzte die Beklagte gegenüber der Klägerin die Zweitwohnungsteuer für das Jahr 2016 und die Folgejahre gemäß Art. 3 Abs. 3 KAG unter dem Vorbehalt der Vorlage des Einkommensteuerbescheids 2014 auf 0 € fest.

Gleichzeitig wies sie die Klägerin nochmals darauf hin, dass zwischen dem Kommunalabgabengesetz und der Zweitwohnungsteuersatzung zu unterscheiden sei. Die Zweitwohnungsteuererklärung beziehe sich lediglich auf die Satzung und nicht auf Art. 3 Abs. 3 KAG. Es bestehe daher keine Veranlassung, in der Zweitwohnungsteuererklärung satzungsfremde Inhalte zu erfragen.

Unter dem 6. Dezember 2016 beantragte die Klägerin bei der Beklagten hinsichtlich ihres Antrags vom 17. Mai 2016 auf Befreiung von der Zweitwohnungsteuer für die Jahre 2014 und 2015 Wiedereinsetzung in den vorigen Stand und legte zeitgleich Kopien ihrer Einkommensteuerbescheide für 2012 und 2013 vor.

Sie führte dazu aus, sie habe sich im Jahr 2006 im Rahmen der Aufforderung zur Abgabe einer Zweitwohnungsteuererklärung gründlich informiert. Damals habe es keine Befreiungsmöglichkeit wegen geringen Einkommens gegeben. Nach dem Tod ihres Mannes habe sie sich erneut über die Voraussetzungen der Zweitwohnungsteuerpflicht in der Satzung der Beklagten informiert. Somit sei sie ihrer Pflicht nachgekommen. Es könne von den Bürgerinnen und Bürgern nicht erwartet werden, dass sie sich ohne Ansatzpunkt immer wieder nach möglichen neuen Gesetzen in allen erdenklichen Bereichen erkundigen müssten. Auch widerspreche sich die Beklagte selbst, wenn sie einerseits behaupte, mit der Befreiungsmöglichkeit nach Art. 3 KAG nichts zu tun zu haben, andererseits aber in ihrem offiziellen Stadtportal ausdrücklich darauf hinweise. Zudem sei diskriminierend, dass diese Information nur Internet-Nutzern mitgeteilt werde, nicht aber den Empfängern der Aufforderung zur Abgabe einer Zweitwohnungsteuererklärung in Papierform.

Mit Bescheid vom 27. September 2017 lehnte die Beklagte den Antrag der Klägerin auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ab. Die Frist aus Art. 3 Abs. 3 Satz 7 KAG sei eine materiell-rechtliche Ausschlussfrist, die eine Wiedereinsetzung grundsätzlich nicht zulasse. Eine von der Rechtsprechung zugelassene Ausnahme sei im Fall der Klägerin nicht gegeben.

Mit Telefax vom 30. Oktober 2017 hat die Klägerin Klage zum Verwaltungsgericht München erhoben und beantragt zuletzt,

  • 1.Die Bescheide der Beklagten vom 22. Juni 2016 und 27. September 2017 werden aufgehoben.

  • 2.Die Beklagte wird verpflichtet,

der Klägerin Wiedereinsetzung in die Antragsfrist nach Art. 3 Abs. 3 Satz 7 KAG zu gewähren und die Klägerin gemäß Art. 3 Abs. 3 Satz 2 KAG für die Veranlagungsjahre 2014 und 2015 von der Zweitwohnungsteuerpflicht zu befreien sowie die bereits geleisteten Beträge in Höhe von insgesamt 251 € zurückzuerstatten.

  • 3.Hilfsweise:

Es wird festgestellt, dass der Zweitwohnungsteuerbescheid vom 17. Februar 2015 betreffend die Veranlagungsjahre 2014 und 2015 nichtig ist.

Zur Begründung führt die Klägerin aus, nach dem Tod ihres Ehemanns und dem damit verbundenen Wegfall ihrer Befreiung von der Zweitwohnungsteuer nach § 2 Abs. 3 Nr. 3 ZwStS habe sie geprüft, ob die Zweitwohnungsteuersatzung der Beklagten, auf welche diese sich allein berufen habe, andere Ausnahmen vorsehe. Sie sei nicht auf die Idee gekommen, dass die Beklagte ihr sonstige relevante Änderungen verschweigen könnte. Seit April 2016 werde die Wohnung ganzflächig und ausschließlich von Herrn P. T. bewohnt. Er sei dort gemeldet und es handle sich um seinen einzigen Wohnsitz. Dies sei auch dem Vermieter und der Hausverwaltung gemeldet. Nachdem die Beklagte gemeint habe, die Wohnung sei trotz des Einzugs des Herrn T. zweitwohnungsteuerpflichtig, habe die Klägerin im Internet recherchiert und sei auf die 2009 eingeführte Regelung bezüglich der Einkommensgrenze gestoßen. Eine daraufhin bei der Beklagten beantragte Rückzahlung der für 2014 und 2015 bezahlten Beträge habe diese ebenso zurückgewiesen wie den Antrag, die Wohnung ab April 2016 als nicht mehr zweitwohnungsteuerpflichtig einzustufen. Zur Begründung habe die Beklagte zum einen auf die abgelaufenen Fristen verwiesen, obgleich der Zweitwohnungsteuerbescheid 2014/2015 erst nach Ablauf der Frist für 2014 erlassen worden sei; zum anderen habe sie auf die alleinige Pflicht des Bürgers verwiesen, sich über gesetzliche Regelungen wie die Befreiungsmöglichkeit selbst zu informieren. Die Nicht-Information sei Absicht und verstoße gegen die Regeln einer sachgerechten Information von Bürgerinnen und Bürgern; daher sei der Klägerin die bereits bezahlte Zweitwohnungsteuer 2014 und 2015 zurückzuzahlen.

Mit Schreiben vom 1. Dezember 2017 hat die Beklagte auf die Klage erwidert. Sie beantragt,

die Klage abzuweisen, und führt aus, die Festsetzung der Zweitwohnungsteuer für die Veranlagungsjahre 2014 und 2015 mit Bescheid vom 17. Februar 2015 sei rechtmäßig, da die Besteuerungsvoraussetzungen erfüllt seien; hierzu werde auf den zwischen den Parteien geführten Schriftverkehr verwiesen.

Darüber hinaus wies sie darauf hin, dass ihrer Ansicht nach auch weiterhin von einer Steuerpflicht der Klägerin gemäß § 2 Abs. 2, § 3 Abs. 1 ZwStS auszugehen sei, da nicht nachgewiesen worden sei, dass seit dem Einzug des Herrn T. seit April 2016 kein Innehaben seitens der Klägerin mehr gegeben sei.

Der Bescheid vom 20. Juni 2016, mit dem der Befreiungsantrag der Klägerin vom 17. Mai 2016 für die Jahre 2014 und 2015 abgelehnt worden sei, sei bestandskräftig geworden. Zudem hätte die Klägerin die Anträge auf Befreiung bis zum 31. Januar 2015 bzw. bis zum 31. Januar 2016 bei der Beklagten stellen müssen, was nicht erfolgt sei. Eine Diskriminierung aufgrund fehlender Hinweise der Beklagten zur Einkommensgrenze sei nicht gegeben; eine Informationspflicht über Rechtsänderungen bestehe für sie nicht. Mit den Aufforderungen zur Abgabe der Zweitwohnungsteuererklärung am 10. April 2014 und 30. Juli 2014 sei die Klägerin über den Wegfall des Ausnahmetatbestands informiert worden und hätte danach die Möglichkeit gehabt, sich telefonisch oder über das Internet über weitere Befreiungsmöglichkeiten zu informieren und entsprechend den Antrag auf Befreiung wegen geringen Einkommens zu stellen. Auch hätte sie sich zum Beispiel durch einen Steuerberater informieren lassen können, um den Antrag für 2014 noch fristgerecht zu stellen. Darüber hinaus hätte für die Klägerin auch die Pflicht bestanden, den Tod des Ehemanns als steuerrelevante Änderung der Beklagten mitzuteilen.

Spätestens mit Erhalt des Festsetzungsbescheids vom 7. Februar 2015 sei die Klägerin über die eigene Zweitwohnungsteuerpflicht informiert gewesen und hätte Widerspruch einlegen und eine Überprüfung ihrer persönlichen Situation beantragen können. Der am 19. Juli 2016 eingegangene Befreiungsantrag sei lange nach Bestandskraft des Bescheids gestellt worden. Die Klägerin habe durch die späte Reaktion nicht nur die Antragsfrist für 2014, sondern auch für 2015 verstreichen lassen. Der Rückzahlungsanspruch entbehre daher jeglicher Grundlage.

Hinsichtlich der Nutzung der Wohnung durch Herrn T. sei trotz wiederholter Nachfrage der Beklagten kein Untermietvertrag oder Ähnliches vorgelegt worden und das Innehaben der Wohnung seitens der Klägerin daher bislang nicht widerlegt. Aufgrund der Befreiung ab 2016 komme es im Ergebnis auf die Vermietung jedoch nicht an.

Schließlich sei kein Grund ersichtlich, der zur Nichtigkeit der von der Klägerin aufgezählten Bescheide nach Art. 13 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. b KAG in Verbindung mit § 125 AO führe. Insbesondere die Rechtmäßigkeit des Bescheids über die Ablehnung des Wiedereinsetzungsantrags ergebe sich schon daraus, dass nach der insoweit klaren gesetzlichen Regelung von der Beklagten nach Ablauf der Antragsfrist keine Entscheidung mehr über die Nichterhebung der Steuer nach Art. 3 Abs. 3 Sätze 2 bis 6 KAG getroffen werden könne. Diese Vorschrift sei insoweit nicht auslegungsbedürftig, es bleibe nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs (BayVGH, U.v. 26.1.2017 - 4 B 16.1541) bei fehlendem oder verspäteten Antrag schlicht bei der Zweitwohnungsteuerpflicht.

Mit Schreiben vom 8. Januar 2018 stellte die Klägerin nochmals klar, dass es ihr um die Frage gehe, ob in einem Rechtsstaat die Angaben einer Behörde so formuliert sein dürften, dass diese den Empfänger unweigerlich zu falschen Schlüssen verleiteten, hier nämlich, dass sich die Zweitwohnungsteuerpflicht allein aus der Zweitwohnungsteuersatzung der Beklagten ergebe. Zudem ignoriere die Beklagte weiterhin, dass Herr T. seit 1. April 2016 in der streitgegenständlichen Wohnung wohne.

Unter dem 30. Januar 2018 teilte die Beklagte ergänzend mit, dass nach Vorlage der Einkommensteuerbescheide 2014 und 2015 seitens der Klägerin zwischenzeitlich die endgültige Befreiung nach Art. 3 Abs. 3 KAG für 2016 und 2017 erteilt worden sei.

In der mündlichen Verhandlung der Streitsache am 11. Oktober 2018 stellt die Klägerin klar, dass es ihr nur noch um die Streitjahre 2014 und 2015 gehe.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands, insbesondere wegen des Vorbringens der Beteiligten, wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der von der Beklagten vorgelegten Behördenakte Bezug genommen.

Gründe

Die Klage ist zulässig, aber unbegründet.

1. Mit ihrem Hauptantrag begehrt die Klägerin die Befreiung von der Zweitwohnungsteuerpflicht für die Jahre 2014 und 2015 nach Art. 3 Abs. 3 Satz 2 KAG unter Wiedereinsetzung in die Antragsfrist nach Art. 3 Abs. 3 Satz 7 KAG. Dieses Rechtsschutzziel ist durch einen Verpflichtungsantrag (Versagungsgegenklage nach § 42 Abs. 1 Fall 2 VwGO) zu verfolgen. Der Antrag ist vorliegend als Untätigkeitsklage zulässig. Die Klägerin hat mit ihrem Schreiben vom 18. Juli 2016 insbesondere rechtzeitig Widerspruch gegen den Ablehnungsbescheid vom 22. Juni 2016 eingelegt (§§ 68 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2, 70 Abs. 1 VwGO i.V.m. Art. 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AGVwGO), über den bislang nicht entschieden wurde (§ 75 Satz 1 VwGO).

2. In der Sache bleibt dieser Hauptantrag aber ohne Erfolg. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Befreiung von der Zweitwohnungsteuer für die Jahre 2014 und 2015. Der eine Befreiung für diese Jahre ausschließende Bescheid der Beklagten vom 22. Juni 2016 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).

a) Ungeachtet der Frage, ob die Klägerin betreffend die Jahre 2014 und 2015 die materiell-rechtlichen Voraussetzungen für eine Befreiung von der Zweitwohnungsteuerpflicht aufgrund der in Art. 3 Abs. 3 Satz 2 KAG normierten Einkommensgrenzen erfüllt hat, besteht kein Anspruch auf Befreiung. Denn die Klägerin hat keinen fristgerechten Antrag im Sinne des Art. 3 Abs. 3 Satz 7 KAG bei der Beklagten gestellt.

Nach dieser Vorschrift setzt die Entscheidung über die Nichterhebung der Steuer nach Art. 3 Abs. 3 Satz 2 bis 6 KAG einen Antrag voraus, der bis zum Ende des Kalendermonats, der auf das Steuerjahr folgt, gestellt sein muss.

In seinem Urteil vom 26. Januar 2017 - 4 B 16.1541 - (juris) hat der Bayerische Verwaltungsgerichtshof nunmehr ausdrücklich festgestellt, dass diese mit Gesetz vom 22. Juli 2008 (GVBl S. 460) eingeführte und zum 1. Januar 2009 in Kraft getretene Vorschrift eine sogenannte materiell-rechtliche Ausschlussfrist normiert (vgl. auch Engelbrecht in Schieder/Happ, BayKAG, Stand Juni 2016, Art. 3 Rn. 27 f, h).

Unter einer solchen Ausschlussfrist versteht man eine vom materiellen Recht gesetzte Frist, deren Nichteinhaltung den Verlust einer materiellen Rechtsposition zur Folge hat. Sie ist für die Behörden und die Beteiligten verbindlich und steht nicht zur Disposition der Verwaltung oder der Gerichte. Mit Ablauf der Frist kann der Rechtsanspruch dann grundsätzlich nicht mehr geltend gemacht werden (Michler in: Bader/Ronellenfitsch, BeckOK VwVfG, Stand: 1.7.2018, § 31 Rn. 19 ff.).

Die hier maßgebliche gesetzliche Ausschlussfrist in Art. 3 Abs. 3 Satz 2 bis 6 KAG ist auch verfassungsrechtlich unbedenklich (BayVGH, U.v. 26.1.2017 - 4 B 16.1541 - juris). Sie ist durch sachliche Gründe gerechtfertigt und verhältnismäßig (vgl. zu diesen Kriterien BVerwG, U.v. 10.12.2013 - 8 C 25/12 - juris Rn. 24 ff.). Der Gesetzgeber erreicht mit einer solchen Regelung im Interesse der steuererhebenden Kommunen, dass schon kurze Zeit nach Beendigung eines Steuerjahres Rechtssicherheit herrscht und die Kommune nicht noch weiterhin mit Befreiungsanträgen und darauf gegebenenfalls folgenden Rückabwicklungen von Steuererhebungen für längst vergangene Steuerjahre rechnen muss. Zudem wird ein Anreiz bei den Steuerpflichtigen geschaffen, zur Vermeidung von Rechtsnachteilen (Fristablauf) der Anzeige- und Meldepflicht von Zweitwohnungen zeitnah nachzukommen und diese Wohnungen einer Veranlagung zuzuführen. Der Gesetzgeber hat dabei einen gewissen Gestaltungsspielraum insbesondere bei der Gewährung von Ansprüchen oder Vergünstigungen (wie hier der Gewährung von Steuerbefreiung) und kann bei seiner Regelung auf den „Normalfall“ eines sich rechtstreu meldenden und anzeigenden Steuerpflichtigen abstellen. Es ist nicht ersichtlich, dass für diese Fälle die vom Gesetzgeber gewählte Fristenregelung unzumutbar wäre (BayVGH, U.v. 26.1.2017 a.a.O.).

Die Klägerin hat vorliegend erstmals mit Schreiben vom 17. Mai 2016 sinngemäß einen Befreiungsantrag gestellt. Dieser war in Bezug auf die Steuerjahre 2014 und 2015 verspätet, denn er hätte bezüglich 2014 bis Ende Januar 2015 und bezüglich 2015 bis Ende Januar 2016 eingereicht werden müssen.

Nach der insoweit klaren gesetzlichen Regelung kann daher von der Beklagten aufgrund des Antrags vom Mai 2016 keine Entscheidung mehr über die Nichterhebung der Steuer nach Art. 3 Abs. 3 Sätze 2 bis 6 KAG getroffen werden. Selbst wenn - wie hier wohl der Fall - die materiellen Voraussetzungen der Nichterhebung der Steuer vorliegen, bleibt es bei fehlendem oder verspätetem Antrag schlicht bei der Zweitwohnungsteuerpflicht nach der Zweitwohnungsteuersatzung (BayVGH, U.v. 26.1.2017 - 4 B 16.1541 - juris; vgl. auch die Einzelbegründung im Gesetzgebungsverfahren B VI. zu § 1, LT-Drs. 15/10637 vom 9.5.2008).

Diese bleibende Steuerpflicht hat die Beklagte grundsätzlich auch durchzusetzen, wenn sie sich kein generelles Erhebungsdefizit vorwerfen lassen will.

b) Auch hat die Klägerin keinen Anspruch auf Wiedereinsetzung in die versäumte Frist. Der die Wiedereinsetzung ablehnende Bescheid vom 27. September 2017 ist nicht zu beanstanden.

Da Art. 13 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. a KAG verfahrensrechtlich nicht auf § 110 Abgabenordnung - AO - verweist, kommt eine Wiedereinsetzung allenfalls nach Art. 32 Bayerisches Verwaltungsverfahrensgesetz - BayVwVfG - in Betracht. Jedoch schließt Art. 32 Abs. 5 BayVwVfG die Möglichkeit einer Wiedereinsetzung in materiell-rechtliche Ausschlussfristen gerade aus. Zwar ist dem Wortlaut des Art. 3 Abs. 3 Satz 2 bis 8 KAG ein Ausschluss der Wiedereinsetzung nicht ausdrücklich zu entnehmen; dies ist nach ständiger Rechtsprechung aber auch nicht erforderlich. Es genügt, wenn - wie hier durch das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 26. Januar 2017 (a.a.O.) festgestellt - nach dem Sinn und Zweck der gesetzlichen Regelung ein verspäteter Antragsteller materiell-rechtlich endgültig seine Anspruchsberechtigung verlieren soll.

Wie ausgeführt ist Art. 3 Abs. 3 Satz 7 KAG kein für die Beklagte dispositives Recht. Fehlt es - aus welchen Gründen auch immer - an einem fristgerechten Antrag, können Entscheidungen nach Art. 3 Abs. 3 Sätze 2 bis 6 KAG nicht mehr ergehen.

c) Schließlich ist der Klägerin auch nicht ausnahmsweise im Wege einer sogenannten „Nachsichtgewährung“ Wiedereinsetzung in die versäumte Frist zu gewähren.

Eine solche Nachsicht kommt nur unter sehr engen Voraussetzungen in Betracht, um besonderen Härtefällen Rechnung zu tragen. Das ist nach der obergerichtlichen Rechtsprechung anzunehmen, wenn die Säumnis auf höherer Gewalt beruht (vgl. BVerwG, U.v. 23.4.1985 - 9 C 7/85 - NJW 1986, 207) oder wenn sie auf ein rechts- oder treuwidriges Verhalten der Behörde zurückgeht (vgl. BVerwG, U.v. 28.3.1996 - 7 C 28/95 - BVerwGE 101, 39), etwa wenn die Behörde durch eine falsche oder irreführende Rechts(behelfs) belehrung die verspätete Antragstellung mitveranlasst hat (BVerwG, U.v, 18.4.1997 - 8 C 38/95 - NJW 1997, 2966).

Allein mangelnde Rechtskenntnis geht demgegenüber zu Lasten des Säumigen (vgl. BVerwG, U.v. 22.3.1984 - 6 C 33.83 - Buchholz 238.90 Nr. 105).

Ein solcher Sachverhalt, der ausnahmsweise eine Nachsichtgewährung rechtfertigen könnte, ist vorliegend nicht gegeben. Insbesondere ist kein qualifiziertes Fehlverhalten der Beklagten darin ersichtlich, dass sie die Klägerin nicht rechtzeitig über die Möglichkeit einer Befreiung und die Fristbindung des Befreiungsantrags nach Art. 3 Abs. 3 Satz 2 und 7 KAG informiert hat.

Die streitgegenständlichen Regelungen des Art. 3 Abs. 3 Satz 2 bis 8 KAG, eingeführt durch das Änderungsgesetz vom 22. Juli 2008, traten nach ihrer Bekanntmachung im Gesetzes- und Verordnungsblatt Nr. 15 vom 28. Juli 2008 (Seite 460) am 1. September 2009 in Kraft und erlangten damit allgemeine Geltung.

Entgegen der Auffassung der Klägerin war die Beklagte nicht verpflichtet, über diese gesetzliche Befreiungsmöglichkeit ausdrücklich aufzuklären.

Den den gesetzlichen Regelungen Unterworfenen obliegt es grundsätzlich selbst, sich über ihre Rechte und Pflichten zu informieren; dies gilt auch und insbesondere im Steuerrecht. Vor allem bei komplizierten Sachverhalten erfasst diese Obliegenheit im Einzelfall auch, qualifizierte Hilfe etwa durch einen Rechtsanwalt oder Steuerberater in Anspruch zu nehmen.

Dass die Beklagte auf ihrer Homepage im Internet nicht nur die Vorschriften ihrer Zweitwohnungsteuersatzung erläutert, sondern darüber hinaus auch auf die Möglichkeit einer Befreiung nach dem Kommunalabgabengesetz hinweist, stellt sich insoweit als Service dar, auf den seitens der Normadressaten kein Anspruch besteht. Insofern liegt auch keine „Diskriminierung“ darin, dass sie diese Informationen den Zweitwohnungsteuerpflichtigen nicht (auch) in Papierform zukommen lässt.

Vor diesem Hintergrund oblag es daher primär der Klägerin selbst, sich über die rechtlichen Voraussetzungen ihrer Zweitwohnungsteuerpflicht zu informieren und sich hierzu gegebenenfalls auch der Hilfe eines Rechtsanwalts oder steuerlichen Beraters zu bedienen.

Insbesondere hätte sie sich nach dem Wegfall der Voraussetzungen für die Steuerfreiheit nach § 3 Abs. 3 Nr. 3 ZwStS und anlässlich der Schreiben der Beklagten vom 10. April 2014 und 30. Juli 2014 darüber kundig machen können und, um eventuelle Nachteile zu vermeiden, auch müssen, ob und ggf. nach welchen gesetzlichen Maßgaben - auch außerhalb der Regelungen der Zweitwohnungsteuesatzung - eine (weitere) Steuerbefreiung möglich war. Das Gericht verkennt nicht, dass sich die Klägerin zu diesem Zeitpunkt nach dem Tod ihres Ehemannes in einer Ausnahmesituation befunden haben mag; jedenfalls wäre ihr aber die Hinzuziehung eines sachkundigen Beraters möglich gewesen.

Unzutreffend ist auch die Auffassung der Klägerin, die Beklagte habe insoweit treuwidrig gehandelt, als ein fristgerechter Befreiungsantrag für 2014 und 2015 schon deshalb nicht möglich gewesen sei, weil die Steuerfestsetzung für diese Jahre überhaupt erst mit Bescheid vom 17. Februar 2015 durch die Beklagte erfolgte und vorher - innerhalb der Fristen - schon begrifflich keine Befreiung habe beantragt werden können.

Die Klägerin verkennt dabei, dass das Befreiungsverfahren nach Art. 3 Abs. 2 Satz 2 ff. KAG und das Steuerfestsetzungsverfahren zwei gesonderte, wenn auch möglicherweise gleichzeitige Verfahren darstellen, die ihren Abschluss in zwei Verwaltungsakten finden, selbst wenn die Befreiung häufig mit der Steuerfestsetzung in einem Bescheid verbunden wird. Dies ergibt sich schon eindeutig aus der Gesetzesbegründung (vgl. die Einzelbegründung B VI. zu § 1, LT-Drs. 15/10637 vom 9.5.2008), wonach der Nachweis, dass die maßgeblichen (Einkommens-)Grenzwerte nicht überschritten werden, vom Zweitwohnungsinhaber in einem - insoweit gesonderten - Antragsverfahren zu führen ist. Die Gesetzesbegründung stellt weiter klar, dass, wenn die Nachweise erbracht werden, schon kein Zweitwohnungsteuebescheid ergeht; ist die Festsetzung bereits erfolgt, wird die Steuerschuld „nicht erhoben“.

Der Befreiungsantrag war somit unabhängig von und zeitlich vor der Steuerfestsetzung möglich und zur Fristwahrung nach Art. 3 Abs. 2 Satz 7 KAG erforderlich. Im Übrigen hatte die Beklagte in ihrem Erinnerungsschreiben vom 30. Juli 2014 auch darauf hingewiesen, dass die Klägerin nach Aktenlage veranlagt werden würde, wenn sie keine neue Zweitwohnungsteuererklärung einreichte; für die Klägerin musste daher ab diesem Zeitpunkt klar sein, dass eine Veranlagung im Raum stand.

Schließlich hat die Beklagte auch zu Recht darauf hingewiesen, dass jedenfalls für das Jahr 2015 der Befreiungsantrag auch noch nach Erlass des Zweitwohnungsteuerbescheids vom 17. Februar 2015, nämlich bis zum 31. Januar 2016, hätte gestellt werden können.

d) Der Vollständigkeit halber sei noch darauf hingewiesen, dass der Klägerin auch keinen Anspruch auf Erlass der der Zweitwohnungsteuer für 2014 und 2015 nach Art. 13 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 Buchst. b KAG i.V.m. § 227 Abs. 1 AO zusteht. Die Voraussetzungen für eine hier allein in Frage kommende Billigkeitsentscheidung aus sachlichen Gründen liegen nicht vor.

Sachlich unbillig ist die Einziehung einer Steuer, wenn sie zwar äußerlich dem Gesetz entspricht, aber den Wertungen des Gesetzgebers im konkreten Fall derart zuwiderläuft, dass die Erhebung der Steuer unbillig erscheint; eine für den Steuerpflichtigen ungünstige Rechtsfolge, die der Gesetzgeber bewusst angeordnet oder in Kauf genommen hat, rechtfertigt dagegen keine Billigkeitsmaßnahme (vgl. ausführlich Oosterkamp in: Pfirrmann/Rosenke/Wagner, BeckOK AO, Stand: 1.7.2018, § 227 AO Rn. 37 m.w.N.).

Die Fristenregelung in Art. 3 Abs. 3 Satz 7 KAG dient, wie bereits ausgeführt, der Rechtssicherheit. Diesem Zweck würde es widersprechen, nach Fristablauf Befreiungen im Billigkeitswege zu ermöglichen. Es liegt somit gerade keine untypische bzw. vom Gesetzgeber nicht in Kauf genommene Unbilligkeit vor (BayVGH, U.v. 26.1.2017 - 4 B 16.1541 - juris Rn. 55).

3. Schließlich bleibt auch die in zulässiger Weise als Hilfsantrag gestellte Nichtigkeitsfeststellungsklage (§ 43 Abs. 1 Alt. 2 VwGO) in der Sache ohne Erfolg.

Es sind keine Gründe vorgetragen oder sonst ersichtlich, die die Nichtigkeit der Zweitwohnungsteuerbescheide der Beklagten vom 17. Februar 2015 begründen könnten. In den veranlagten Zeiträumen 2014 und 2015 war die Klägerin Inhaberin einer Zweitwohnung und damit Steuerschuldnerin (§§ 1 bis 3 ZwStS). Dies hat sie auch letztlich nicht bestritten.

Wie ausgeführt, ist das Steuerfestsetzungsverfahren unabhängig von dem Befreiungsverfahren nach Art. 3 Abs. 2 Satz 2 ff. KAG. Die Steuerbescheide leiden somit nicht an einem besonders schwerwiegenden und offenkundigen Fehler im Sinne von Art. 13 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 Buchst. b KAG, § 125 Abs. 1 AO.

4. Es bleibt daher im Ergebnis bei der ursprünglichen Steuerfestsetzung ohne Rückerstattung, so dass die Klage insgesamt mit der Kostenfolge nach § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen ist.

5. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

Urteilsbesprechung zu Verwaltungsgericht München Urteil, 11. Okt. 2018 - M 10 K 17.5157

Urteilsbesprechungen zu Verwaltungsgericht München Urteil, 11. Okt. 2018 - M 10 K 17.5157

Referenzen - Gesetze

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 113


(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au

Zivilprozessordnung - ZPO | § 708 Vorläufige Vollstreckbarkeit ohne Sicherheitsleistung


Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:1.Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;2.Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;3.Urteile, dur

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 167


(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs. (2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungskl
Verwaltungsgericht München Urteil, 11. Okt. 2018 - M 10 K 17.5157 zitiert 13 §§.

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

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(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au

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Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:1.Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;2.Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;3.Urteile, dur

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Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 42


(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts (Anfechtungsklage) sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts (Verpflichtungsklage) begehrt werden. (2) Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 75


Ist über einen Widerspruch oder über einen Antrag auf Vornahme eines Verwaltungsakts ohne zureichenden Grund in angemessener Frist sachlich nicht entschieden worden, so ist die Klage abweichend von § 68 zulässig. Die Klage kann nicht vor Ablauf von d

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 68


(1) Vor Erhebung der Anfechtungsklage sind Rechtmäßigkeit und Zweckmäßigkeit des Verwaltungsakts in einem Vorverfahren nachzuprüfen. Einer solchen Nachprüfung bedarf es nicht, wenn ein Gesetz dies bestimmt oder wenn 1. der Verwaltungsakt von einer ob

Abgabenordnung - AO 1977 | § 227 Erlass


Die Finanzbehörden können Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis ganz oder zum Teil erlassen, wenn deren Einziehung nach Lage des einzelnen Falls unbillig wäre; unter den gleichen Voraussetzungen können bereits entrichtete Beträge erstattet oder an

Abgabenordnung - AO 1977 | § 125 Nichtigkeit des Verwaltungsakts


(1) Ein Verwaltungsakt ist nichtig, soweit er an einem besonders schwerwiegenden Fehler leidet und dies bei verständiger Würdigung aller in Betracht kommenden Umstände offenkundig ist. (2) Ohne Rücksicht auf das Vorliegen der Voraussetzungen des

Abgabenordnung - AO 1977 | § 110 Wiedereinsetzung in den vorigen Stand


(1) War jemand ohne Verschulden verhindert, eine gesetzliche Frist einzuhalten, so ist ihm auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Das Verschulden eines Vertreters ist dem Vertretenen zuzurechnen. (2) Der Antrag ist innerhal

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Bundesverwaltungsgericht Urteil, 10. Dez. 2013 - 8 C 25/12

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(1) Ein Verwaltungsakt ist nichtig, soweit er an einem besonders schwerwiegenden Fehler leidet und dies bei verständiger Würdigung aller in Betracht kommenden Umstände offenkundig ist.

(2) Ohne Rücksicht auf das Vorliegen der Voraussetzungen des Absatzes 1 ist ein Verwaltungsakt nichtig,

1.
der schriftlich oder elektronisch erlassen worden ist, die erlassende Finanzbehörde aber nicht erkennen lässt,
2.
den aus tatsächlichen Gründen niemand befolgen kann,
3.
der die Begehung einer rechtswidrigen Tat verlangt, die einen Straf- oder Bußgeldtatbestand verwirklicht,
4.
der gegen die guten Sitten verstößt.

(3) Ein Verwaltungsakt ist nicht schon deshalb nichtig, weil

1.
Vorschriften über die örtliche Zuständigkeit nicht eingehalten worden sind,
2.
eine nach § 82 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 bis 6 und Satz 2 ausgeschlossene Person mitgewirkt hat,
3.
ein durch Rechtsvorschrift zur Mitwirkung berufener Ausschuss den für den Erlass des Verwaltungsakts vorgeschriebenen Beschluss nicht gefasst hat oder nicht beschlussfähig war,
4.
die nach einer Rechtsvorschrift erforderliche Mitwirkung einer anderen Behörde unterblieben ist.

(4) Betrifft die Nichtigkeit nur einen Teil des Verwaltungsakts, so ist er im Ganzen nichtig, wenn der nichtige Teil so wesentlich ist, dass die Finanzbehörde den Verwaltungsakt ohne den nichtigen Teil nicht erlassen hätte.

(5) Die Finanzbehörde kann die Nichtigkeit jederzeit von Amts wegen feststellen; auf Antrag ist sie festzustellen, wenn der Antragsteller hieran ein berechtigtes Interesse hat.

(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts (Anfechtungsklage) sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts (Verpflichtungsklage) begehrt werden.

(2) Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage nur zulässig, wenn der Kläger geltend macht, durch den Verwaltungsakt oder seine Ablehnung oder Unterlassung in seinen Rechten verletzt zu sein.

(1) Vor Erhebung der Anfechtungsklage sind Rechtmäßigkeit und Zweckmäßigkeit des Verwaltungsakts in einem Vorverfahren nachzuprüfen. Einer solchen Nachprüfung bedarf es nicht, wenn ein Gesetz dies bestimmt oder wenn

1.
der Verwaltungsakt von einer obersten Bundesbehörde oder von einer obersten Landesbehörde erlassen worden ist, außer wenn ein Gesetz die Nachprüfung vorschreibt, oder
2.
der Abhilfebescheid oder der Widerspruchsbescheid erstmalig eine Beschwer enthält.

(2) Für die Verpflichtungsklage gilt Absatz 1 entsprechend, wenn der Antrag auf Vornahme des Verwaltungsakts abgelehnt worden ist.

Ist über einen Widerspruch oder über einen Antrag auf Vornahme eines Verwaltungsakts ohne zureichenden Grund in angemessener Frist sachlich nicht entschieden worden, so ist die Klage abweichend von § 68 zulässig. Die Klage kann nicht vor Ablauf von drei Monaten seit der Einlegung des Widerspruchs oder seit dem Antrag auf Vornahme des Verwaltungsakts erhoben werden, außer wenn wegen besonderer Umstände des Falles eine kürzere Frist geboten ist. Liegt ein zureichender Grund dafür vor, daß über den Widerspruch noch nicht entschieden oder der beantragte Verwaltungsakt noch nicht erlassen ist, so setzt das Gericht das Verfahren bis zum Ablauf einer von ihm bestimmten Frist, die verlängert werden kann, aus. Wird dem Widerspruch innerhalb der vom Gericht gesetzten Frist stattgegeben oder der Verwaltungsakt innerhalb dieser Frist erlassen, so ist die Hauptsache für erledigt zu erklären.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

Tenor

I. Die Berufung wird zurückgewiesen.

II. Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

III. Das Urteil ist hinsichtlich der Kostenentscheidung vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Mit der vorliegenden Klage begehrt die Klägerin die Befreiung von der Zweitwohnungsteuer für die Jahre 2009 bis 2011.

Die Klägerin wohnt mit ihrem Ehemann mit gemeldetem Hauptwohnsitz in Konstanz. Bis 4. Dezember 2013 war sie seit längerem Eigentümerin einer Wohnung im Stadtgebiet der Beklagten. Zum 1. Januar 2012 meldete sich die Klägerin unter dieser Adresse mit Zweitwohnsitz an. Nach Aufforderung durch die Beklagte gab die Klägerin mit Schreiben vom 16. März 2012 eine Zweitwohnungsteuererklärung ab. Sie gab dabei an, dass sie die Zweitwohnung seit dem Jahr 2000 innehabe und dort alleine wohne. Gleichzeitig stellte die Klägerin einen Antrag auf Befreiung von der Zweitwohnungsteuer ab dem Kalenderjahr 2009. Dabei weigerte sich die Klägerin, Angaben zu den Einkommensverhältnissen ihres Ehemanns zu machen.

Mit Bescheid vom 16. Juli 2012 lehnte die Beklagte eine Befreiung der Klägerin von der Zweitwohnungsteuer ab dem Kalenderjahr 2009 wegen fehlender Angaben zum Einkommen des Ehemanns ab und setzte mit weiterem Bescheid vom gleichen Tag eine Zweitwohnungsteuer für die Jahre 2006 bis einschließlich 2012 fest.

Am 16. August 2012 erhob die Klägerin Klage zum Verwaltungsgericht München (M 10 K 12.3768) mit dem Antrag, den Zweitwohnungsteuerbescheid der Beklagten aufzuheben, soweit er für das Jahr 2012 sowie die folgenden Jahre eine Steuer festsetzt, hilfsweise die Beklagte unter Aufhebung des Ablehnungsbescheids zu verpflichten, der Klägerin Befreiung von der Zweitwohnungsteuer für das Jahr 2012 und die folgenden Jahre zu gewähren. In einem Schriftsatz zu diesem Verfahren (Bl. 85 d. Behördenakte) verwies die Klägerin auf die bestehende Verwaltungspraxis der Beklagten, bei erstmaliger Veranlagung zur Zweitwohnungsteuer auch dann für rückwirkende Jahre eine Befreiung zu gewähren, wenn der Befreiungsantrag zusammen mit der Ersterklärung erfolge. Der Klageantrag bezogen auf die Steuerjahre ab 2012 werde so gestellt, weil jedenfalls für diese Jahre der Antrag schon nach der gesetzlichen Regelung der Klägerin einen gebundenen Anspruch auf die Befreiung verschaffe. Für die Jahre davor müsse die Beklagte noch nach ihrem durch die Verwaltungspraxis geprägten Ermessen entscheiden, was bisher nicht geschehen sei. Die Befreiung sei nur wegen der fehlenden Angaben zum Einkommen des Ehemannes verweigert worden.

Das Verwaltungsgericht München wies diese Klage mit Urteil vom 21. März 2013 ab. Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof änderte dieses Urteil mit eigenem Urteil vom 12. November 2014 (4 BV 13.1239) teilweise ab. Der Zweitwohnungsteuerbescheid wurde mit der ersten Instanz übereinstimmend für rechtmäßig befunden, der die Befreiung ablehnende Bescheid vom 16. Juli 2012 hingegen als rechtswidrig aufgehoben und die Beklagte antragsgemäß verpflichtet, die Klägerin für die Jahre 2012 und 2013 von der Zweitwohnungsteuer zu befreien. Entsprechend diesem Berufungsurteil gewährte die Beklagte mit Bescheid vom 3. Dezember 2014 die Befreiung von der Zweitwohnungsteuer für die Jahre 2012 und 2013.

Mit Schreiben vom 8. Dezember 2014 beantragte die Klägerin unter Bezugnahme auf den erstmaligen Befreiungsantrag im Schreiben vom 16. März 2012 Befreiung von der Zweitwohnungsteuer auch für die Jahre 2009 bis 2011. Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof habe festgestellt, dass die gesetzlichen Voraussetzungen für eine Befreiung von der Zweitwohnungsteuer auch für die Jahre 2009 bis 2011 vorgelegen hätten. Dass die Antragsfrist des Art. 3 Abs. 3 Satz 7 KAG für diese Jahre nicht habe eingehalten werden können, sei unschädlich. Die Beklagte habe nämlich eine Kulanzregelung als ständige Verwaltungspraxis, wonach die jetzige Antragstellung auch rückwirkend für die Jahre 2009 bis 2011 fristgerecht sei.

Diesen Antrag lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 26. Januar 2015 ab. Der Ablehnungsbescheid vom 16. Juli 2012 sei bestandskräftig geworden, die Klagen und die Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs hätten sich nur auf die Jahre 2012 und 2013 bezogen. Ein hiergegen eingelegter Widerspruch der Klägerin blieb mit Widerspruchsbescheid vom 15. Oktober 2015 ohne Erfolg.

Mit Schreiben vom 22. Oktober 2015 ließ die Klägerin hiergegen Klage erheben mit dem Ziel, die Beklagte zu verpflichten, die Klägerin für die Jahre 2009 bis 2011 von der Zweitwohnungsteuer zu befreien. Zur Begründung trug die Klägerin vor, der Ablehnungsbescheid vom 16. Juli 2012 sei vom Bayerischen Verwaltungsgerichtshof vollständig aufgehoben worden. Über den Befreiungsantrag der Klägerin vom 16. März 2012 sei deshalb bezüglich der Jahre 2009 bis 2011 noch zu entscheiden. Für die Jahre 2009 bis 2011 sei die Klägerin davon ausgegangen, dass die Beklagte auch ohne gerichtliche Entscheidung darüber von sich aus einen rechtmäßigen Zustand herstellen und die Steuerbefreiung entsprechend ihrer bestehenden Verwaltungspraxis zur Antragsfrist erteilen werde. Dies sei aber nicht erfolgt.

Mit Gerichtsbescheid vom 17. März 2016 wies das Verwaltungsgericht die Klage ab. Die Anfechtungsklage im Hauptantrag zur Aufhebung des Steuerbescheids sei unzulässig, es stehe die materielle Rechtskraft des rechtskräftigen Urteils des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 12. November 2014 entgegen. Der Steuerbescheid vom 16. Juli 2012 sei vom Verwaltungsgerichtshof als rechtmäßig angesehen worden. Die Versagungsgegenklage hingegen sei zulässig, aber unbegründet. Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof habe sich im Verfahren 4 BV 13.1239 mit dem Anspruch auf Befreiung von der Zweitwohnungsteuer nur für die Jahre 2012 und 2013 auseinandergesetzt. Der Tenor der Entscheidung erfasse nur die Befreiung für die Jahre 2012 und 2013, ein Antrag bezüglich der Jahre 2009 bis 2011 sei von der Klägerin dort nicht gestellt worden, so dass die Zurückweisung der Berufung im Übrigen diese Jahre auch nicht erfasse. Der Anspruch auf Befreiung von der Zweitwohnungsteuer für die Jahre 2009 bis 2011 sei daher nicht von der materiellen Rechtskraft des Urteil vom 12. November 2014 erfasst.

Die Klage sei aber unbegründet, die Klägerin habe keinen Anspruch auf Befreiung für die Jahre 2009 bis 2011. Es bedürfe gemäß Art. 3 Abs. 3 Satz 7 KAG grundsätzlich einer fristgerechten Antragstellung auf Befreiung von der Zweitwohnungsteuer. Ein gebundener Anspruch bestehe daher nur dann, wenn bis zum Ende des Kalendermonats, der auf das Steuerjahr folge, der Antrag auf Befreiung von der Zweitwohnungsteuer gestellt werde. Die Beklagte habe daher für die Steuerjahre 2009 bis 2011 lediglich eine fehlerfreie Ermessensentscheidung zu treffen gehabt. Dieses Ermessen sei durch die ständige Verwaltungspraxis der Beklagten gebunden. Die Kulanzregelung der Beklagten sehe vor, bei erstmaliger rückwirkender Steuerfestsetzung auch die Befreiungsanträge für zurückliegende Steuerjahre stellen zu können, das heiße 2012 einmalig für 2006 und folgende Jahre. Die erste Antragstellung auf Befreiung vom 16. März 2012 sei jedoch durch den damaligen Ablehnungsbescheid verbeschieden und durch die Verpflichtungsklage der Klägerin nicht ausdrücklich erneut - zu diesem Zeitpunkt noch fristgerecht -gestellt worden. Die zweite Antragstellung im Dezember 2014 unterfalle bereits nicht mehr der ständigen Verwaltungspraxis der Beklagten. Die dennoch erforderliche Ermessensentscheidung sei fehlerfrei: Die Jahre 2009 bis 2011 habe die Klägerin aus unerfindlichen Gründen in ihrem früheren Klageantrag nicht erfasst, so dass über diese Jahre vom Verwaltungsgerichtshof nicht entschieden worden sei. Das Ermessen, das der Beklagten nun zugestanden habe, sei weiter zu fassen gewesen als das Ermessen, das sie bei erstmaliger Antragstellung im Sinne der Kulanzregelung auszuüben gehabt hätte. Die Beklagte habe eine Abwägung zwischen materieller Gerechtigkeit und Rechtssicherheit vornehmen müssen, die im Ergebnis nicht zu beanstanden sei. Auch treffe die Klägerin grundsätzlich eine Meldepflicht nach den melderechtlichen Vorschriften. Dass sie sich erst nachträglich mit Zweitwohnsitz bei der Meldebehörde angemeldet habe, sei ihr zuzurechnen und nicht der Beklagten. Nur deshalb sei es überhaupt zu einem rückwirkenden Steuerbescheid gekommen, der die Kulanzregelung der Beklagten erst anwendbar gemacht habe. Hätte sich die Klägerin pflichtgemäß schon früher angemeldet, wäre es zu der rückwirkenden Veranlagung einer ganzen Reihe von Steuerjahren nicht gekommen.

Die Hilfsanträge hätten keinen Erfolg, weil der Ablehnungsbescheid, wie ausgeführt, rechtmäßig sei. Der Hilfsantrag auf Verpflichtung der Beklagten zur Befreiung für die Jahre 2009 bis 2011 sei unbegründet, da die Frist für die Antragstellung bereits verstrichen sei und dieses Risiko zulasten der Klägerin gehe. Der Hilfsantrag auf Aufhebung des Steuerbescheids sei mangels Rechtsschutzbedürfnisses wegen der entgegenstehenden Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs unzulässig, da bereits entschieden. Der weiter hilfsweise gestellte Hilfsantrag auf Verpflichtung der Beklagten zur Neuentscheidung über die Rücknahme des Ablehnungsbescheids vom 16. Juli 2012 sei unzulässig, da dieser bereits vom Verwaltungsgerichtshof aufgehoben worden sei.

Mit der hiergegen vom Verwaltungsgerichtshof mit Beschluss vom 4. August 2016 wegen ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit des Gerichtsbescheids zugelassenen Berufung verfolgt die Klägerin ihre Klage weiter. Sie beantragt mit Schriftsatz vom 30. August 2016,

1. Der Gerichtsbescheid des Verwaltungsgerichts München vom 17. März 2016 wird abgeändert.

2. Der eine Befreiung von der Zweitwohnungsteuer ablehnende Bescheid der Beklagten vom 26. Januar 2015 und der Widerspruchsbescheid vom 15. Oktober 2015 werden aufgehoben.

3. Die Beklagte wird verpflichtet, der Klägerin Befreiung von der Zweitwohnungsteuer für die Jahre 2009 bis 2011 zu gewähren.

4. Die Beklagte wird verpflichtet, den Zweitwohnungsteuerbescheid vom 16. Juli 2012 für die Jahre 2009 bis 2011 zu ändern und die Steuer auf jeweils 0 Euro festzusetzen.

5. Die Beklagte wird verpflichtet, den zu erstattenden Betrag vom Tag der Rechtshängigkeit des Anspruchs auf Befreiung von der Zweitwohnungsteuer bis zum Tag der Auszahlung mit 2%-Punkten über dem Basiszinssatz nach § 247 BGB jährlich zu verzinsen.

6. Hilfsweise:

a) Die Beklagte wird unter Aufhebung des ablehnenden Bescheids vom 26. Januar 2015 sowie des Widerspruchsbescheids vom 15. Oktober 2015 verpflichtet, den eine Steuerbefreiung ablehnenden Bescheid vom 16. Juli 2012, soweit dieser nicht durch das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 12. November 2014 aufgehoben worden ist, zurückzunehmen.

b) Die Beklagte wird verpflichtet, der Klägerin Befreiung von der Zweitwohnungsteuer für die Jahre 2009 bis 2011 zu gewähren.

c) Die Beklagte wird verpflichtet, den Zweitwohnungsteuerbescheid vom 16. Juli 2012 für die Jahre 2009 bis 2011 zu ändern und die Steuer auf jeweils 0 Euro festzusetzen.

7. Höchst vorsorglich:

Die Beklagte wird unter Aufhebung des ablehnenden Bescheids vom 26. Januar 2015 sowie des Widerspruchsbescheids vom 15. Oktober 2015 verpflichtet, über die Rücknahme des Bescheids vom 16. Juli 2012, soweit dieser nicht durch das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 12. November 2014 aufgehoben wurde, unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu entscheiden.

Aufgrund des rechtskräftigen Urteils des Verwaltungsgerichtshofs vom 12. November 2014 stehe zwischen den Beteiligten fest, dass die Klägerin die gesetzlichen Voraussetzungen gemäß Art. 3 Abs. 3 Satz 2 KAG für eine Befreiung von der Zweitwohnungsteuer für die Jahre 2009 bis 2013 erfülle. Das Verwaltungsgericht habe richtig darauf hingewiesen, dass der Ablehnungsbescheid vom 16. Juli 2012 durch das Urteil des Verwaltungsgerichtshofs insgesamt aufgehoben worden sei. Das Verwaltungsgericht folgere jedoch aus der gerichtlichen Aufhebung des Ablehnungsbescheides rechtsirrig, dass auch die zugrunde liegenden Anträge auf Befreiung weggefallen seien, weil sie verbeschieden gewesen seien. Damit werde sachwidrig aus der Aufhebung der Ablehnung als rechtswidrig die Erledigung des abgelehnten Antrags gefolgert, zu dessen Realisierung die Klage ja gerade erhoben worden sei. In der Folge des behördlichen Vollzugs einer Verurteilung zur Gewährung der Steuerbefreiung verliere der Steuerbescheid vom 16. Juli 2012 auch insoweit seine Grundlage und bedürfe es der Neufestsetzung der Steuer für die betreffenden Jahre auf 0 Euro. Aus diesem Grund sei der Verpflichtungsantrag gemäß Nr. 4 veranlasst. Der Anspruch auf Prozesszinsen stütze sich auf Art. 13 Abs. 1 Nr. 5 Buchst. b KAG i.V.m. § 236 Abs. 1 AO.

Ein Anspruch auf Steuerbefreiung, zumindest auf ermessensfehlerfreie Entscheidung hierüber, bestehe auch dann, wenn man mit dem Verwaltungsgericht annehmen wolle, dass der maßgebliche Befreiungsantrag vom 16. März 2012 infolge seiner behördlichen Ablehnung (Verbescheidung) entfallen sei. In dieser Konstellation möge die klägerische Aufforderung vom Dezember 2014 an die Beklagte als neuer Antrag gedeutet werden.

Lege man die Auffassung des Verwaltungsgerichts zugrunde, dass durch das Berufungsurteil des Verwaltungsgerichtshofs der ablehnende Bescheid vom 16. Juli 2012 aufgehoben worden sei, so sei für dessen Rücknahme, wie sie mit dem Klageantrag Nr. 4a hilfsweise begehrt worden sei, kein Raum. Auch die Berufungsanträge Nr. 6 und 7 erlangten deshalb nur Bedeutung, wenn man der Rechtskonstruktion der Beklagten folge, dass die Ablehnung vom 16. Juli 2012 bestandskräftig geworden sei. Sie würden für diesen Fall hilfsweise gestellt.

Die Beklagte beantragte mit Schriftsatz vom 25. Oktober 2016,

die Berufung zurückzuweisen.

Der Bevollmächtigte der Klägerin habe im Widerspruch vom 18. Februar 2015 gegen den Ablehnungsbescheid vom 26. Januar 2015 selbst angeführt, dass der Klägerin die Kulanzregelung der Beklagten in Bezug auf die Antragsfrist für eine Befreiung von der Zweitwohnungsteuer nach Art. 3 Abs. 3 KAG für bereits abgelaufene Kalenderjahre zum Zeitpunkt der ursprünglichen Klageerhebung im Jahre 2012 nicht bekannt gewesen sei. Da die gesetzliche Frist bereits abgelaufen gewesen sei, seien bewusst nur die Jahre 2012 und 2013 angegriffen worden. Die Beklagte merke hierzu an, dass die Klägerin im Anschreiben zur Abgabe der Zweitwohnungsteuererklärung vom 20. Februar 2012 auf die Kulanzregelung hingewiesen worden sei. Folglich sei der ursprüngliche Klageantrag der Klägerin dahingehend auszulegen, dass die Klägerin eine hilfsweise Aufhebung des ablehnenden Bescheides vom 16. Juli 2012 nur für die Jahre 2012 und 2013 begehrt habe. Dieser Klageantrag sei im Berufungsverfahren dann auch nicht abgeändert worden. Im Schreiben der Klägerin vom 7. Februar 2014 werde lediglich der Hauptantrag dahingehend konkretisiert, dass eine Aufhebung der Steuerfestsetzung für die Jahre 2012 und 2013 begehrt werde. Deshalb gehe die Beklagte davon aus, dass eine Aufhebung des ablehnenden Bescheides vom 16. Juli 2012 auch im Berufungsverfahren nur für die Jahre 2012 und 2013 von der Klägerin begehrt und vom Verwaltungsgerichtshof München gewährt worden sei. Der Ablehnungsbescheid vom 16. Juli 2012 sei somit in Bezug auf die Jahre 2009 bis 2011 aus Sicht der Beklagten bestandskräftig geworden. Eine Änderung der Steuerfestsetzung nach § 130 AO i.V.m. Art. 13 Abs. 1 KAG sei nach pflichtgemäßer Ermessensausübung abgelehnt worden.

Nachdem die Frist des Art. 3 Abs. 3 Satz 7 KAG zum Zeitpunkt des Steuererklärungsversands oftmals bereits abgelaufen sei, praktiziere die Landeshauptstadt München zur Wahrung von Treu und Glauben und im Hinblick auf eine bürgerfreundliche Verwaltung allerdings folgende Regelung:

„Bei erstmaligem Versand der Zweitwohnungsteuererklärung an den Steuerpflichtigen werde ein Antrag nach Art. 3 Abs. 3 Satz 7 KAG auch dann noch als fristgerecht akzeptiert, wenn er innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe des Anschreibens zur Abgabe der Zweitwohnungsteuererklärung eingehe. Diese Praxis stelle zugunsten der Steuerpflichtigen sicher, dass ein fristgerechter Befreiungsantrag auch noch innerhalb der Abgabefrist für die Zweitwohnungsteuererklärung (§ 9 Abs. 2 ZwStS) möglich sei. Vom Bürger könne keine detailreiche Auseinandersetzung mit der Thematik des Kommunalabgabenrechts erwartet werden, ohne dass bereits direkter Kontakt mit dem Themenfeld der Zweitwohnungsteuer bestehe. Die Beklagte bitte daher um Klärung, wie eng die gesetzliche Ausschlussfrist zu verstehen sei und inwieweit ihre Kulanzregelung zulässig sei. Sollte die Verwaltungspraxis der Beklagten nicht rechtmäßig sein, sei es selbstverständlich ein Anliegen für die Zukunft, einen rechtmäßigen Zustand herzustellen und die Praxis entsprechend zu ändern.“

Die Klägerin vertiefte ihr Vorbringen mit Schriftsatz vom 19. November 2016. Mit ihrem Antrag vom 16. März 2012 auf Befreiung von der Zweitwohnungssteuer ab dem Kalenderjahr 2009 habe die Klägerin die materiell-rechtlich vorgesehene Steuerbefreiung begehrt. Der Antrag sei innerhalb eines Monats nach Aufforderung zur Abgabe der Steuererklärung, durch die die Klägerin erstmals mit der Problematik der Zweitwohnungsteuer konfrontiert gewesen sei, gestellt worden. Der die Befreiung ablehnende Bescheid vom 16. Juli 2012 sei infolge der Verkennung der materiell-rechtlichen Befreiungsvoraussetzung (Einkommensgrenze) insgesamt rechtswidrig gewesen sei und demgemäß ganz aufgehoben worden. Nach dem strikten Wortlaut des Gesetzes habe ein Anspruch auf Befreiung jedoch nur für die Jahre 2012 und 2013 bestanden, weshalb auch nur für diesen Zeitraum Verurteilung beantragt worden sei. Auf der Grundlage des aufhebenden Urteils vom 12. November 2014 habe die Befreiung für die früheren Jahre 2009 bis 2011, die vom gesetzlichen Wortlaut nicht eindeutig erfasst gewesen und gegebenenfalls eine Ermessensentscheidung der Stadt erfordert hätten, zunächst dieser überlassen werden sollen. Eben diese Entscheidung, die nach gerichtlicher Klärung der Tatbestandsvoraussetzungen einer Befreiung von der Beklagten zu treffen gewesen sei, sei durch das klägerische Schreiben vom 8. Dezember 2014 eingefordert worden. Von diesem Ausgangspunkt aus sei die Berufung auch aus Sicht der Beklagten begründet. Es stehe fest, dass in der Person der Klägerin die materiell-rechtlichen Voraussetzungen für eine Befreiung von der Zweitwohnungsteuer auch für die Jahre 2009 bis 2011 erfüllt seien. Die Beklagte sei nicht gehindert, aus den von ihr vorgetragenen Erwägungen zumindest im Wege pflichtgemäßer Ermessensausübung die beantragte Befreiung von der Zweitwohnungsteuer zu gewähren. Ausweislich der Gesetzesmaterialien (amtliche Begründung zu § 1 KAG-ÄndG v. 9.5.2008, LT-Drs. 15/10637; Bericht d. Abgeordneten Meißner, Plenarprotokoll 15/123, S. 9006) habe die Steuerbefreiung bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen nicht kraft Gesetzes eintreten, sondern nur auf Antrag gewährt werden sollen. Dieser stehe in unmittelbarem Zusammenhang mit der Steuererhebung und werde deshalb vom Gesetzgeber auch in einem unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang mit dieser gestellt. Dabei werde eine tatsächliche Übereinstimmung von Veranlagung und Steuerjahr vorausgesetzt, die es erlaube, die Steuerbefreiung in zeitlichem Zusammenhang mit diesem (nämlich einen Monat nach Ende des Steuerjahres) zu beantragen. Der Gesetzgeber gehe also davon aus, dass die Pflicht zur Entrichtung der Steuer, die gemäß § 7 Zweitwohnungsteuersatzung der Landeshauptstadt München erst durch Erlass des Steuerbescheides begründet werde, während des Steuerjahres, für das Befreiung begehrt werde, bereits bestanden habe. Dieser Zusammenhang sei aber aufgehoben, wenn die Festsetzung der Steuer und damit die tatsächliche Zahlungspflicht rückwirkend für bereits abgelaufene Steuerjahre erfolge. In diesem Fall werde die zeitliche Beschränkung des Antrags auf einen Monat nach Ende des Steuerjahres funktionslos und gehe ins Leere. Vielmehr entspreche es dem erkennbaren Sinn des Gesetzes, bei nachträglicher Heranziehung zur Zweitwohnungsteuer auch das Antragsverfahren auf die zurückliegenden Steuerjahre zu beziehen und in das aktuelle Veranlagungsverfahren zu integrieren. Demgemäß akzeptiere die Beklagte in ihrer Verwaltungspraxis einen Befreiungsantrag als fristgemäß, der innerhalb eines Monats nach Aufforderung zur Abgabe der Zweitwohnungsteuererklärung eingehe. Diese Verfahrensweise überschreite den engen Wortlaut des Gesetzes, sei aber von dessen Sinn und Zweck gedeckt, sie ergebe sich damit als Ergebnis teleologischer Auslegung unmittelbar aus dem Gesetz.

Wolle man dieser Auslegung nicht folgen, so erweise sich die behördliche Zulassung von Befreiungsanträgen, die sich auf frühere, erst nachträglich veranlagte Steuerjahre bezögen, gleichwohl als rechtmäßig. Im Interesse von Rechtsklarheit und Planungssicherheit verlange Art. 3 Abs. 3 Satz 7 KAG zum Schutz der Gemeinden eine Antragstellung binnen eines Monats nach dem Steuerjahr. Diese Fristsetzung beschränke den materiell-rechtlichen Befreiungsanspruch des Einzelnen und stelle sich für diesen als Belastung dar, die einer gesetzlichen Regelung bedürfe. Sie erzeuge jedoch nicht umgekehrt auch eine Bindung für die Gemeinde. Denn sie diene allein deren Schutz und lasse deshalb Raum für eine bürgerfreundliche Gestaltung, die nicht auf die isolierte Fristsetzung nach dem reinen Gesetzeswortlaut abstelle, sondern dem vom Gesetz intendierten Zusammenhang der Antragstellung mit der Steuererhebung Rechnung trage. Es erwachse der Klägerin aus Art. 3 Abs. 1 GG ein Anspruch auf Gleichbehandlung, das heiße auf Anerkennung der Rechtzeitigkeit ihres Antrags und demzufolge auf Befreiung auch für die Jahre 2009 bis 2011.

Für den Fall, dass die von der Beklagten praktizierte Handhabung der Fristenregelung des Art. 3 Abs. 3 Satz 7 KAG verworfen werden sollte, werde höchst vorsorglich geltend gemacht, dass die Erhebung der Zweitwohnungsteuer für die Jahre 2009 bis 2011 unbillig wäre, Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. b Doppelbuchst. aa KAG i.V.m. § 163 Abs. 1 Satz 1 AO. Nachdem gerichtlich geklärt gewesen sei, dass die Klägerin die materiell-rechtliche Voraussetzung für eine Steuerbefreiung erfüllt habe, habe sich die Beklagte an der Gewährung der Befreiung nur durch die vermeintlich bestandskräftige Ablehnung des Antrags gehindert gesehen. Im Übrigen habe doch Übereinstimmung bestanden, dass die Klägerin nach dem Verständnis des Art. 3 Abs. 3 Satz 7 KAG durch die Beklagte auch für die zurückliegenden Jahre 2009 bis 2011 Befreiung habe beanspruchen können. Würde nun diese bürgerfreundliche Auslegung wegen Widerspruchs zum Gesetzeswortlaut als rechtswidrig und daher für den geltend gemachten Befreiungsanspruch als nicht tragfähig erklärt, so würde sie erstmals im Fall der Klägerin nicht mehr angewendet. Die langjährige Praxis der Beklagten sei für beide Parteien selbstverständlich vorausgesetzte, weil in ihrer Rechtmäßigkeit nicht bezweifelte Grundlage der mehrjährigen rechtlichen Auseinandersetzung. Entsprechend würden Billigkeitsmaßnahmen für erforderlich gehalten, wenn die Rechtsprechung einer langjährigen, nicht ohne weiteres als rechtswidrig erkennbaren Verwaltungspraxis nicht folge.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichts- und Behördenakten verwiesen.

Gründe

Die zulässige Berufung ist unbegründet. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Befreiung von der Zweitwohnungsteuer für die Jahre 2009 bis 2011. Der eine Befreiung für diese Jahre ausschließende Bescheid der Beklagten vom 26. Januar 2015 ist im Ergebnis rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten.

Zwar ist der eine Befreiung von der Zweitwohnungsteuer ablehnende Bescheid der Beklagten vom 16. Juli 2012 nicht bestandskräftig geworden, weil er durch Urteil des Verwaltungsgerichtshofs vom 12. November 2014 in vollem Umfang aufgehoben worden ist (1.). Jedoch war für die Jahre 2009 bis 2011 die gesetzliche Antragsfrist des Art. 3 Abs. 3 Satz 7 KAG bereits verstrichen, als die Klägerin erstmals Antrag auf Befreiung am 16. März 2012 stellte. Diese gesetzliche Antragsfrist ist eine Ausschlussfrist (2.). Aufgrund des klaren gesetzlichen Wortlauts kommt eine Auslegung dahingehend, dass statt der gesetzlich vorgesehenen Datumsfrist die Einhaltung einer Monatsfrist nach erstmaligem Erhalt von Steuererklärungsunterlagen ausreichen soll, nicht in Betracht (3.). Auch aus einem Anspruch auf Gleichbehandlung gemäß dem Verwaltungsvollzug der Beklagten (Kulanzregelung) kann die Klägerin kein Recht auf Befreiung herleiten, denn diese Kulanzregelung ist ihrerseits wegen Verstoßes gegen den klaren Wortlaut des Gesetzes und aus Gründen der Gleichbehandlung mit sich rechtstreu verhaltenden Steuerpflichtigen rechtswidrig (4.). Schließlich besteht auch kein Anspruch der Klägerin auf Erlass der Steuer aus Billigkeitsgründen (5.). Mangels eines Anspruches der Klägerin auf Erlass der Zweitwohnungsteuer für die Jahre 2009 bis 2011 haben daher sämtliche Haupt- und Hilfsanträge der Klägerin im Berufungsverfahren keinen Erfolg. Die Berufung war daher zurückzuweisen.

1. Entgegen der von der Beklagten vertretenen Auffassung ist der eine Befreiung ablehnende Bescheid vom 16. Juli 2012 in vollem Umfang durch das Urteil des Verwaltungsgerichtshofs vom 12. November 2014 aufgehoben worden. Der Tenor dieser Entscheidung ist eindeutig, er enthält keine Einschränkung für einzelne Steuerjahre. Damit ist aber der ursprüngliche Antrag der Klägerin auf Befreiung von der Steuer vom 16. März 2012 noch offen und konnte noch verbeschieden werden. Der spätere Antrag vom 8. Dezember 2014 hat demgegenüber keine eigene Bedeutung, er bezieht sich richtigerweise auch auf den maßgeblichen Antrag vom März 2012. Die von der Klägerin im Berufungsverfahren gestellten Hilfsanträge Nr. 6 und 7 sind daher hinfällig, weil sie nur für den Fall gestellt wurden, dass der Senat den Ablehnungsbescheid vom 16. Juli 2012 für teilweise bestandskräftig hält.

2. Die Anträge Nr. 1 bis 5 der Klägerin im Berufungsverfahren haben keinen Erfolg, weil es an einem Anspruch auf Steuerbefreiung für die Jahre 2009 bis 2011 fehlt. Es bleibt daher bei der ursprünglichen Steuerfestsetzung ohne Rückerstattung mit entsprechender Verzinsung:

Nach der gesetzlichen Regelung des Art. 3 Abs. 3 Satz 7 KAG setzen Entscheidungen nach den Sätzen 2 bis 6 dieser Vorschrift (Entscheidungen über die Nichterhebung der Steuer) „einen Antrag voraus, der bis zum Ende des Kalendermonats, der auf das Steuerjahr folgt, gestellt sein muss.“ Diese zum 1. Januar 2009 in Kraft getretene Vorschrift normiert eine Ausschlussfrist (Engelbrecht in Schieder/Happ, BayKAG, Stand Juni 2016, Art. 3 Rn. 27 fh). Für das Steuerjahr 2011 (und damit erst recht für die früheren Jahre) ist der Antrag vom März 2012 zu spät gestellt worden, er hätte bis Ende Januar 2012 gestellt sein müssen. Nach der insoweit klaren gesetzlichen Regelung kann daher von der Beklagten aufgrund des Antrags vom März 2012 keine Entscheidung mehr über die Nichterhebung der Steuer nach Art. 3 Abs. 3 Sätze 2 bis 6 KAG getroffen werden. Art. 3 Abs. 3 Satz 7 KAG ist insoweit nicht auslegungsbedürftig, es bleibt bei fehlendem oder verspätetem Antrag schlicht bei der Zweitwohnungsteuerpflicht nach der Zweitwohnungsteuersatzung (ZwStS) der Beklagten.

Eine derartige gesetzliche Ausschlussfrist ist verfassungsrechtlich zulässig. Sie ist durch sachliche Gründe gerechtfertigt und verhältnismäßig (vgl. zu diesen Kriterien BVerwG, U.v. 10.12.2013 - 8 C 25/12 - juris Rn. 24-26). Der Gesetzgeber erreicht mit einer solchen Regelung im Interesse der steuererhebenden Kommunen, dass schon kurze Zeit nach Beendigung eines Steuerjahres Rechtssicherheit herrscht und die Kommune nicht noch weiterhin mit Befreiungsanträgen und darauf gegebenenfalls folgenden Rückabwicklungen von Steuererhebungen für längst vergangene Steuerjahre rechnen muss. Zudem wird ein Anreiz geschaffen, zur Vermeidung von Rechtsnachteilen (Fristablauf) der Anzeige- und Meldepflicht von Zweitwohnungen zeitnah nachzukommen und diese Wohnungen einer Veranlagung zuzuführen. Der Gesetzgeber hat dabei einen gewissen Gestaltungsspielraum insbesondere bei der Gewährung von Ansprüchen oder Vergünstigungen (wie hier der Gewährung von Steuerbefreiung) und kann bei seiner Regelung auf den „Normalfall“ eines sich rechtstreu meldenden und anzeigenden Steuerpflichtigen abstellen. Es ist nicht ersichtlich, dass für diese Fälle die vom Gesetzgeber gewählte Fristenregelung unzumutbar wäre.

3. Die Klägerin meint, die Fristenregelung des Art. 3 Abs. 3 Satz 7 KAG sei konform mit der Verwaltungspraxis der Beklagten dahingehend auszulegen, dass die Frist auch noch gewahrt sei, wenn der Befreiungsantrag innerhalb eines Monats nach Erhalt der Steuererklärungsunterlagen gestellt werde. Dies entspreche der erkennbaren Intention des Gesetzes, bei nachträglicher Heranziehung zur Steuer für frühere Steuerjahre auch das Antragsverfahren für die Befreiung auf die zurückliegenden Jahre zu beziehen und in das aktuelle Veranlagungsverfahren zu integrieren.

Diese Auffassung teilt der Senat nicht. Der Wortlaut des Art. 3 Abs. 3 Satz 7 KAG ist klar und eindeutig. Eine Intention des Gesetzgebers in dem von der Klägerin beschriebenen Sinne ist weder dem Wortlaut des Gesetzes noch der Gesetzesbegründung zu entnehmen. Die Gesetzesbegründung (LT-Drs. 15/10637 vom 9.5.2008) enthält zur Antragsfrist nur den schlichten Hinweis, dass der Antrag bis zum Ende des auf das Steuerjahr folgenden Kalendermonats zulässig sei. Ein strikter Zusammenhang mit dem Veranlagungsverfahren kann der Regelung nicht ansatzweise entnommen werden. Die Klägerin meint offenbar, dass die Steuer stets nach Ablauf des Steuerjahrs festgesetzt werde. Das ist indes nicht der Fall. Denn die Steuerpflicht setzt nach § 6 Abs. 2 ZwStS nicht erst nach Ablauf des Steuerjahres, sondern bereits zu dessen Beginn ein. Für den Normalfall eines Zweitwohnungsinhabers, der seine Zweitwohnung ordnungsgemäß umgehend nach § 8 ZwStS oder durch Anmeldung gemäß Melderecht anmeldet oder anzeigt, und von dem der Gesetzgeber bei seiner Regelung als Normalfall ausgehen kann, wird es für gewöhnlich zu Beginn des Steuerjahres zu einer Festsetzung der Steuer nach § 7 Abs. 1 und 2 ZwStS kommen, nach § 7 Abs. 1 Satz 2 ZwStS sogar für mehrere Jahre im Voraus. Es gibt daher weder im Gesetzestext noch nach der Gesetzesbegründung einen Zusammenhang zwischen der Frist für den Antrag auf Befreiung und der Steuerfestsetzung durch Steuerbescheid (Veranlagung) selbst. Abgesehen davon läge bei dem von der Klägerin favorisierten Übergang von einer fixen Datumsfrist zu einer flexibel einsetzenden Monatsfrist ein völlig anderes Regelungsmodell vor, das zudem an erheblichen Rechtsunsicherheiten litte, weil die Nachweisbarkeit des Zugangszeitpunktes der Steuererklärungsunterlagen eine förmliche Zustellung voraussetzte, an der es im Verwaltungsvollzug im Massenverfahren regelmäßig fehlt. Eine derartige Regelungsintention des Gesetzgebers kann daher nicht angenommen werden, zumal die rückwirkende Festsetzung der Steuer für frühere Steuerjahre in der Regel - wie auch im vorliegenden Fall - allein dem Umstand geschuldet ist, dass der Steuerpflichtige die von ihm schon länger innegehabte Zweitwohnung entgegen der Anordnung in der Zweitwohnungsteuersatzung (§ 8 ZwStS) pflichtwidrig nicht angezeigt hat. Die Vorschrift des Art. 3 Abs. 3 Satz 7 KAG kann daher nicht, wie von der Klägerin für sich in Anspruch genommen, ausgelegt werden.

4. Die Klägerin hat auch keinen Anspruch darauf, dass die Beklagte gemäß ihrer „Kulanzregelung“ aus Gleichbehandlungsgründen eine Nichterhebung der für die Klägerin fällig gewordenen Steuer durchführt, denn diese „Kulanzregelung“ ist wegen Verstoßes gegen die gesetzliche Regelung des Art. 3 Abs. 3 KAG und wegen Verstoßes gegen die Zweitwohnungsteuersatzung der Beklagten rechtswidrig und führt zudem bei Anwendung in einem Fall wie dem der Klägerin zu Verzerrungen, die rechtstreue Steuerpflichtige unbillig benachteiligt.

Nach übereinstimmenden Vortrag der Beteiligten praktiziert die Beklagte etwa seit dem Februar 2010 eine Art „pauschale Wiedereinsetzung“ bei Versäumung der Antragsfrist des Art. 3 Abs. 3 Satz 7 KAG. Sie lässt es dabei ausreichen, wenn im Falle der erstmaligen Veranlagung zur Zweitwohnungsteuer der Befreiungsantrag innerhalb eines Monats nach Zusendung der Steuererklärungsformulare eingeht. Die gesetzliche Frist wird dadurch also von der Beklagten in diesen Fällen faktisch nicht mehr beachtet. Der Grund hierfür sei nach den Angaben der Beklagten in der mündlichen Verhandlung anfangs gewesen, dass es dem Personal der Beklagten seinerzeit nicht möglich gewesen sei, die Menge der Zweitwohnungsteuerfälle jeweils noch innerhalb des laufenden Steuerjahres abzuarbeiten. Offenbar wurde diese Handhabung dann auch auf Fälle ausgeweitet, bei denen die Veranlagung für vergangene Steuerjahre nicht auf Verzögerungen im Bereich der Verwaltung der Beklagten, sondern etwa auf verspäteter Anzeige oder Meldung einer Zweitwohnung durch den Steuerpflichtigen beruht.

a) Entgegen der Auffassung der Klägerin ist Art. 3 Abs. 3 Satz 7 KAG kein für die Beklagte dispositives Recht, denn sie weicht bei Ignorierung des gesetzlichen Normbefehls von ihrer eigenen Zweitwohnungsteuersatzung ab, die derartige Befreiungsmöglichkeiten nicht normiert (und auch nicht normieren muss, vgl. Engelbrecht in Schieder/Happ, KAG, Stand Juni 2016, Art. 3 Rn. 27 ff). Denn für die Eröffnung der Möglichkeit der Befreiung setzt der klare Gesetzeswortlaut zwingend einen binnen vom Gesetzgeber ebenfalls klar vorgegebener Frist gestellten Antrag voraus. Fehlt es aus welchen Gründen auch immer an einem solchen Antrag, können Entscheidungen nach Art. 3 Abs. 3 Sätze 2 bis 6 KAG nicht ergehen. Auch wenn die materiellen Voraussetzungen der Nichterhebung der Steuer danach vorliegen sollten, bleibt es ohne Antragsverfahren bei der in der Zweitwohnungsteuersatzung der Beklagten festgelegten Steuerpflicht (vgl. auch Einzelbegründung B) VI. zu § 1, LT-Drs. 15/10637 vom 9.5.2008), der Steueranspruch erlischt gerade nicht unmittelbar aufgrund der gesetzlichen Regelung. Diese bleibende Steuerpflicht hat die Beklagte vorbehaltlich der Möglichkeiten des Art. 13 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 Buchst. b KAG i.V.m. § 163 Abs. 1 Satz 1 AO durchzusetzen, will sie sich kein generelles Erhebungsdefizit vorwerfen lassen.

b) Die Anwendung der Kulanzregelung gerade auf den Fall der Klägerin wäre zudem eine vor dem Hintergrund des Art. 3 Abs. 1 GG unerträgliche Ungleichbehandlung mit Steuerpflichtigen, die (rechtstreu) ihren Anzeige- und Meldepflichten bezüglich ihrer Zweitwohnung im Bereich der Beklagten nachkommen, von der Beklagten veranlagt werden (nach § 7 Abs. 1 ZwStS gleich für mehrere Jahre) und dann später im weiteren zeitlichen Ablauf die materiellen Voraussetzungen der Art. 3 Abs. 3 Sätze 2 bis 6 KAG erfüllen, jedoch eine Antragstellung innerhalb der Frist des Art. 3 Abs. 3 Satz 7 KAG verpassen und deswegen keine Befreiung bekommen. Derartige Fallkonstellationen haben den Senat gerade auch aus dem Bereich der Beklagten bereits erreicht.

Auch solche Steuerpflichtige berufen sich - wie die Klägerin - darauf, dass sie die Befreiungsmöglichkeit nicht gekannt oder (nach Erhalt eines Hinweises schon vor Jahren) vergessen haben. Warum diese sich rechtstreu verhaltenden Steuerpflichtigen schlechter gestellt sein sollen als die Klägerin, die ihren Melde- und Anzeigepflichten gar nicht erst nachgekommen ist, leuchtet nicht ein. Das Argument, der bereits veranlagte Steuerbürger wisse um die Zweitwohnungsteuer und könne sich daher besser informieren, überzeugt nicht. Informieren kann sich heute - noch dazu mit Blick auf die von der Beklagten betriebene Internetpräsenz - jedermann. Dass man wenigstens seiner Meldepflicht zu genügen hat, ist auch allgemein bekannt. Will man sich nicht selbst informieren, besteht auch die Möglichkeit, sich etwa von Steuerberatern über die steuerlichen Verpflichtungen aus dem Innehaben einer Zweitwohnung informieren zu lassen (zum unbegrenzten Vertretungsrecht dieses Berufsstands im Bereich der Kommunalabgaben vgl. BVerwG, U.v. 20.1.2016 - 10 C 17/14 - juris).

Beide Gruppen von Steuerpflichtigen kennen, aus welchem Grund auch immer, die Antragsfrist des Art. 3 Abs. 3 Satz 7 KAG im entscheidenden Zeitpunkt nicht. Eine Bevorzugung gerade der Nichtanmelder von Zweitwohnungen stellte geradewegs eine Einladung dazu dar, seinen Anzeigepflichten nicht nachzukommen und sich damit alle Rechtsvorteile dauerhaft zu sichern.

5. Die Klägerin hat auch keinen Anspruch auf abweichende Festsetzung der Zweitwohnungsteuer aus Billigkeitsgründen, Art. 13 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 Buchst. b KAG i.V.m. § 163 Abs. 1 Satz 1 AO. Danach können Steuern niedriger festgesetzt werden, wenn die Erhebung der Steuer nach Lage des einzelnen Falls unbillig wäre.

Die Klägerin meint hierzu, dass bei Verwerfung der Verwaltungspraxis der Beklagten als rechtswidrig der anderen Steuerpflichtigen bislang danach gewährte Befreiungsanspruch erstmals im Falle der Klägerin nicht mehr angewendet würde. Es würden in der Rechtsprechung Billigkeitsmaßnahmen für erforderlich gehalten, wenn etwa die Rechtsprechung einer langjährigen und nicht ohne weiteres als rechtswidrig erkannten Verwaltungspraxis nicht folge.

Mit dieser Argumentation kann eine abweichende Festsetzung aus Billigkeitsgründen jedoch nicht begründet werden. Es gibt keinen Anspruch auf Gleichbehandlung im Unrecht oder auf eine Fortsetzung eines durch neue Erkenntnisse als unrechtmäßig erkannten Verwaltungshandelns. Die erstmalige Nichtanwendung einer als rechtswidrig erkannten Verwaltungspraxis ist indes Konsequenz jeder Korrektur.

Auch Billigkeitserwägungen rechtfertigen vorliegend keine andere Beurteilung. Die Billigkeitsprüfung verlangt eine Gesamtbetrachtung aller Normen, die für die Entstehung des Steueranspruchs im konkreten Fall maßgeblich sind. Erst durch sie kann festgestellt werden, ob das Ergebnis des allgemeinen Gesetzesvollzugs mit der Einzelfallgerechtigkeit noch vereinbar ist. Der Billigkeitserlass ist dabei kein Vehikel, gesetzlich klar festgelegte Ausschlussfristen zu umgehen (vgl. Loose in Tipke/Kruse, AO 146. Lieferung 10.2016, § 163 AO Rn. 9 mit Hinweis auf BFH vom 26.5.1994 - IV R 51/93 - BeckRS 1994, 22011106).

Das vom Kläger angeführte Vertrauen in ein bestimmtes bisheriges Verwaltungshandeln einer Behörde setzte zudem für seine Berücksichtigung im Rahmen einer Billigkeitsmaßnahme voraus, dass der Betreffende, der auf den Fortbestand einer für ihn günstigen Verwaltungspraxis oder Rechtsprechung vertraut hat, auch entsprechende Dispositionen getroffen hat, die schutzwürdig sind. Die entsprechende Rechtslage darf darüber hinaus nicht als zweifelhaft erschienen sein (vgl. Rüsken in Klein, AO, 13. Aufl. 2016, § 163 Rn. 83/84/86). Im vorliegenden Fall fehlt es diesbezüglich schon an einer von der Klägerin nicht als zweifelhaft angesehenen Verwaltungspraxis. Denn die Klägerin hat schon in ihrem Widerspruchsschreiben vom 18. Februar 2015 selbst ausgeführt, dass ihr die Kulanzregelung der Beklagten bei Klageerhebung 2012 gar nicht bekannt gewesen sei. In einem weiteren Schreiben vom 20. April 2015 lässt die Klägerin ausführen, dass ihr ein von der Beklagten gegebener Hinweis auf die Kulanzregelung unklar geblieben sei und nicht zu der ihr vorgeworfenen Kenntnis von jener Kulanzregelung geführt habe, denn dem unbefangenen Leser, der nur das Gesetz, nicht aber die interne Regelung der Beklagten kenne, müsse die Mitteilung vielmehr als unverständlich erscheinen, nachdem Art. 3 Abs. 3 Satz 7 KAG eine eindeutige und dem entgegenstehende Regelung treffe. Die Klägerin hat damit unmissverständlich zum Ausdruck gebracht, dass sie die Verwaltungspraxis der Beklagten zum damaligen Zeitpunkt nicht kannte und sie selbst bei Kenntnis jedenfalls wegen des klaren Gesetzeswortlauts als höchst zweifelhaft angesehen hätte. Zudem fehlt es im vorliegenden Fall ersichtlich an irgendwelchen schutzwürdigen Dispositionen, die die Klägerin im Vertrauen auf diese Regelung getätigt hätte. Es fehlt daher an allen Voraussetzungen für einen Erlass im Billigkeitswege.

Die Versäumung der Antragsfrist ist vorliegend nicht auf behördliches Fehlverhalten der Beklagten zurückzuführen (vgl. zur Berücksichtigung derartigen Fehlverhaltens bei der „Nachsichtgewährung“ BVerwG, U.v. 10.12.2013 - 8 C 25/12 - juris Rn. 29). Es kann auch nicht angenommen werden, dass nach dem mutmaßlichen Willen des Gesetzgebers dieser die im Billigkeitswege zu entscheidende Frage - hätte er sie geregelt - im Sinne der von der Klägerin verlangten Billigkeitsmaßnahme entschieden hätte (zu diesem Maßstab BFH, U.v. 26.5.1994 - IV R 51/93 - BeckRS 1994, 22011106), denn es kann nicht erwartet werden, dass der Gesetzgeber langjährige Nichtanmelder von Zweitwohnungen hätte bevorzugen wollen.

6. Die Kostenentscheidung für das Berufungsverfahren ergibt sich aus § 154 Abs. 2 VwGO.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 Abs. 2 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11 und 711 ZPO.

7. Die Revision ist nicht zuzulassen, weil kein Zulassungsgrund nach § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.

Tatbestand

1

Die Klägerin betreibt eine Eisengießerei. Sie begehrt eine Begrenzung der nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) an sie weiterzuleitenden Strommenge für den Begrenzungszeitraum 2009.

2

Bei dem Betrieb der Klägerin handelt es sich um ein so genanntes stromintensives Unternehmen, das im Jahre 2007 durch die Beigeladene mit Strom versorgt wurde. Nach dem EEG ist die Klägerin zur Abnahme und Vergütung des aus erneuerbaren Energien erzeugten Stroms verpflichtet. Die damit verbundene Erhöhung der Stromendverbrauchspreise wird über einen bundesweiten Ausgleich der EEG-Strommengen unter den Übertragungsnetzbetreibern proportional zum Stromverbrauch im jeweiligen Bereich auf die Energieversorgungsunternehmen umgelegt und kann von diesen an die Letztverbraucher weitergegeben werden. Zur Entlastung so genannter stromintensiver Unternehmen des produzierenden Gewerbes sieht eine besondere Ausgleichsregelung im EEG einen Anspruch solcher Unternehmen auf Begrenzung des von ihnen abzunehmenden und zu vergütenden Strommengenanteils aus erneuerbaren Energien vor. Das Gesetz begründet einen Begrenzungsanspruch für das jeweils folgende Kalenderjahr, wenn das betreffende Unternehmen bis zum 30. Juni des laufenden Jahres einen Stromverbrauch von über 10 Gigawattstunden (GWh) jährlich und ein Verhältnis der Stromkosten zur Bruttowertschöpfung von über 15 % anhand bestimmter Wirtschaftsdaten und Unterlagen für das letzte abgelaufene Geschäftsjahr nachweist.

3

Am 19. Mai 2008 beantragte die Klägerin beim Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (im Folgenden: Bundesamt) die Begrenzung der nach § 14 Abs. 3 Satz 1 EEG vom 21. Juli 2004 (BGBl I S.1918) i.d.F. des Gesetzes vom 7. November 2006 (BGBl I S. 2550) - im Folgenden: EEG 2004 - weitergeleiteten Strommenge für den Begrenzungszeitraum 2009. Der Antrag ging beim Bundesamt am 26. Mai 2008 ein.

4

Mit Schreiben vom 2. Juni 2008 wurde die Klägerin durch das Bundesamt darauf hingewiesen, dass die Antragsunterlagen noch nicht vollständig seien. Unter anderem fehle noch die von dem Elektrizitätsversorgungsunternehmen zu erbringende Bescheinigung eines Wirtschaftsprüfers bzw. vereidigten Buchprüfers mit den entsprechenden Angaben über die Höhe der nach § 14 Abs. 3 Satz 1 EEG 2004 anteilig weitergeleiteten Strommenge sowie der Differenzkosten des Elektrizitätsversorgungsunternehmens im Sinne von § 15 Abs. 1 EEG 2004. Ferner wurde die Klägerin darauf hingewiesen, dass es in ihrer Verantwortung liege, die erforderliche Bescheinigung vollständig bis zum 30. Juni des laufenden Jahres (Ausschlussfrist) beim Bundesamt einzureichen. Eine Fristverlängerung sei nicht möglich.

5

Mit Schreiben vom 27. Juni 2008 reichte die Beigeladene beim Bundesamt das gemäß § 16 Abs. 2 Satz 2 erforderliche Testat für das Antragsjahr 2009 ein. Das Testat trägt das Datum vom 19. Juni 2008 und ging zusammen mit dem Schreiben der Beigeladenen beim Bundesamt am 1. Juli 2008 ein. Mit Schreiben vom 18. Juli 2008 machte das Bundesamt die Klägerin darauf aufmerksam, dass die erforderlichen Unterlagen für ihren Antrag erst nach Ablauf der Antragsfrist eingegangen seien, und gab ihr Gelegenheit zur Stellungnahme.

6

Mit Bescheid vom 17. Dezember 2008 lehnte das Bundesamt den Antrag der Klägerin auf Begrenzung des Anteils der weitergereichten Strommenge nach § 14 Abs. 3 Satz 1 EEG 2004 für ihre Abnahmestelle ab. Die Klägerin habe die erforderliche Antragsfrist versäumt. Hierbei handele es sich um eine gesetzliche Ausschlussfrist. Eine Wiedereinsetzung scheide aus. Bei dem Antragsverfahren nach § 16 EEG 2004 handele es sich um ein jährlich einmaliges, zwischenzeitlich ausreichend bekanntes Verfahren von erheblicher finanzieller Bedeutung für die Unternehmen. Bezüglich des Verfahrens habe das Bundesamt auf seiner Homepage ausführliche Merkblätter mit entsprechenden Informationen veröffentlicht. Da es sich um eine jährlich einmalige Antragstellung von herausgehobener Bedeutung handele, die erhebliche und schwierige Vorbereitungen erfordere, könne sich die Antragstellerin bzw. ihr Elektrizitätsversorgungsunternehmen nicht darauf berufen, dass in ihrem Falle die Bescheinigung am 27. Juni 2008 in die Post gegeben worden sei. Die wegen der Bedeutung der Antragstellung gebotene besondere Sorgfalt sei nicht schon dadurch gewahrt, dass das Elektrizitätsversorgungsunternehmen als Bevollmächtigte die Bescheinigung am 27. Juni 2008 gegen 12:30 Uhr in den Postausgang gegeben habe und davon ausgegangen sei, dass die Bescheinigung am 30. Juni 2008 beim Bundesamt eingehen würde.

7

Nach erfolglosem Widerspruch hat die Klägerin Klage zum Verwaltungsgericht erhoben und begehrt, den Bescheid des Bundesamtes vom 17. Dezember 2008 und den Widerspruchsbescheid vom 22. Dezember 2009 aufzuheben und das Bundesamt zu verpflichten, über ihren Antrag auf Strommengenbegrenzung für das Jahr 2009 unter Wiedereinsetzung in den vorigen Stand in Form der Nachsichtgewährung zu entscheiden. Das Verwaltungsgericht hat die Klage abgewiesen. Die Klägerin habe für den geltend gemachten Zeitraum keinen Anspruch auf Begrenzung der Strommenge, weil ihr Antrag verspätet gestellt worden sei. Eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand sei nicht zu gewähren, weil es sich bei der Frist des § 16 Abs. 6 EEG 2004 um eine materielle Ausschlussfrist handele. Eine ausnahmsweise Nachsichtgewährung komme nur bei einem unabwendbaren Zufall in Betracht, der vorliegend nicht gegeben sei. Es wäre der Klägerin ohne Weiteres möglich gewesen, die verspätete Zusendung abzuwenden.

8

Auf die Berufung der Klägerin hat der Verwaltungsgerichtshof das Urteil des Verwaltungsgerichts geändert, die streitgegenständlichen Bescheide aufgehoben und die Beklagte verpflichtet, unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut über den Antrag der Klägerin zu entscheiden. Die allein auf die Nichteinhaltung der Frist gemäß § 16 Abs. 6 Satz 1 EEG 2004 gestützte Ablehnung des Ausgleichsantrags der Klägerin halte einer rechtlichen Überprüfung nicht stand. § 16 Abs. 6 Satz 1 EEG 2004 regele allerdings eine materiellrechtliche Ausschlussfrist, so dass mit ihrem Verstreichen der Verlust der mit dem Antrag verfolgten materiellen Rechtsposition eintrete. Verfassungsrechtliche Bedenken hiergegen bestünden nicht. Die Frist sei im Gesetz ausdrücklich als Ausschlussfrist bestimmt und es lägen hinreichend gewichtige Gründe vor, die es rechtfertigten, das antragstellende Unternehmen bei Versäumung dieser Frist vom Begrenzungsanspruch auszuschließen. Die Ausschlussfrist diene dem Zweck, dem Bundesamt zu ermöglichen, die Begrenzungsbescheide vor Jahresende abzuarbeiten, damit sie dann in den weiteren Ausgleich einbezogen und bei den Prognosen und Lieferentscheidungen der Elektrizitätswirtschaft berücksichtigt werden könnten. Zu diesem Zeitpunkt sollten alle Anträge auf derselben Datenbasis entschieden werden, um gleiche Wettbewerbsbedingungen für alle antragstellenden Unternehmen in Bezug auf die Entlastungen durch die besondere Ausgleichsregelung sicherzustellen. Den Übertragungsnetzbetreibern und Elektrizitätsversorgungsunternehmen solle Sicherheit über die vom besonderen Ausgleichsmechanismus umfassten Strommengen gegeben und Rechtssicherheit hergestellt werden. Unternehmen, die die besondere Ausgleichsregel in Anspruch nähmen, würden gegenüber den sonstigen nichtprivilegierten Stromkunden bevorzugt. Dies rechtfertige es, diese Unternehmen in besonderem Maße mit dem Risiko eines Rechtsverlusts bei jeglicher Art der Fristversäumung zu belasten. Im vorliegenden Falle beruhe die Fristversäumung jedoch auf einer außergewöhnlichen Verzögerung der postalischen Beförderung der erforderlichen Bescheinigung und damit auf höherer Gewalt. In derartigen Fällen müsse das Bundesamt den Antrag so behandeln, als wäre er innerhalb der Frist gestellt worden. Dass die Postsendung erst am Dienstag, dem 1. Juli 2008, beim Bundesamt eingehen würde, sei für die Klägerin und die Beigeladene selbst bei Anlegung eines strengen Sorgfaltsmaßstabs nicht vorhersehbar und vermeidbar gewesen. Der Absender könne darauf vertrauen, dass ein von ihm ordnungsgemäß adressierter und frankierter, bei der Deutschen Post AG oder einem anderen Postuniversaldienstleistungsunternehmen als einfache Sendung aufgegebener Brief zumindest an dem zweiten auf den Einlieferungstag folgenden Werktag zugehe. Von dem Absender könne nicht verlangt werden, dass er den normalen Weg der Briefbeförderung verlasse und die Möglichkeiten einer Eil- oder Expresszustellung wähle oder die Sendung selbst zum Empfänger bringe.

9

Mit ihrer Revision rügt die Beklagte, dass § 16 Abs. 6 Satz 1 EEG 2004 keine Ausnahme für den Fall höherer Gewalt vorsehe. Die Ausschlussfrist zum 30. Juni eines Antragsjahres sei sachgerecht, weil die Beklagte alle Anträge bis zum 31. Dezember des Antragsjahres bewilligen müsse. Eine Nachsichtgewährung scheide nach Sinn und Zweck der Ausschlussfrist aus. Das diene der Rechtssicherheit und Rechtsklarheit. Diese Prinzipien verböten es grundsätzlich, im Falle der Versäumung der Ausschlussfrist Ausnahmen zuzulassen. Auch die Voraussetzungen der höheren Gewalt seien nicht gegeben. Die Klägerin hätte noch am 30. Juni 2008 dafür sorgen können, dass der Beklagten eine Ausfertigung der Bescheinigung per Boten übermittelt werde.

10

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs vom 30. Mai 2012 zu ändern und die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Frankfurt am Main vom 9. September 2010 zurückzuweisen.

11

Die Klägerin beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

12

Sie verteidigt das angegriffene Urteil.

13

Der Vertreter des Bundesinteresses unterstützt das Revisionsvorbringen, ohne einen eigenen Antrag zu stellen.

Entscheidungsgründe

14

Die Revision des Beklagten hat Erfolg. Die Annahme des Berufungsgerichts, die Klägerin müsse so behandelt werden, als habe sie ihren Antrag auf Strommengenbegrenzung für das Kalenderjahr 2009 fristgerecht gestellt, beruht auf der Verletzung von Bundesrecht (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO). § 16 Abs. 6 Satz 1 EEG 2004 regelt eine materielle Ausschlussfrist (1.). Verfassungsrechtliche Bedenken stehen dem nicht entgegen (2.). Eine Nachsichtgewährung wegen des Eingreifens höherer Gewalt kommt vorliegend nicht in Betracht (3.).

15

Maßgeblich für die rechtliche Beurteilung des Verpflichtungsbegehrens der Klägerin ist die Rechtslage, die zum Zeitpunkt des Ablaufs der Ausschlussfrist am 30. Juni 2008 bestand, und nicht die während des Begrenzungszeitraums 2009 bestehende Rechtslage. Abzustellen ist damit auf § 16 Abs. 6 des Erneuerbare-Energien-Gesetzes vom 21. Juli 2004 (BGBl I S. 1918) i.d.F. des Ersten Änderungsgesetzes vom 7. November 2006 (BGBl I S. 2550) - EEG 2004 - und nicht auf § 43 EEG i.d.F. des Neuregelungsgesetzes vom 25. Oktober 2008 (BGBl I S. 2074) - EEG 2009 -. Das folgt aus dem materiellen Recht; denn die Entscheidung bezüglich einer Strommengenbegrenzung hat spätestens zum Jahresende des Jahres der Antragstellung zu erfolgen und ist für alle Antragsteller auf der Grundlage der zum Stichtag vorzulegenden Nachweise zu treffen; sie wird zum 1. Januar des Folgejahres mit einer Geltungsdauer von einem Jahr wirksam (vgl. § 16 Abs. 6 Satz 3 EEG 2004). Entscheidend ist damit der Zeitpunkt der Antragstellung und nicht derjenige des Ablaufs der Begrenzungsperiode.

16

1. Zutreffend ist der Verwaltungsgerichtshof davon ausgegangen, dass es sich bei der in Rede stehenden Frist um eine materiellrechtliche Ausschlussfrist handelt, die nach dem Gesetzeswortlaut für den Antrag und sämtliche Antragsunterlagen nach § 16 Abs. 2 EEG 2004 gilt, die bei dem Bundesamt einzureichen sind, also auch für die Angaben des Energieversorgungsunternehmens und des regelverantwortlichen Übertragungsnetzbetreibers gemäß § 16 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 und 4 EEG 2004. Eine Eingrenzung der Fristbestimmung auf diejenigen Unterlagen, die nur von Antragstellerseite vorzulegen sind, hat der Verwaltungsgerichtshof zu Recht nicht vorgenommen.

17

Gemäß § 16 Abs. 6 Satz 1 EEG 2004 ist der Antrag auf Begrenzung der Strommenge aus erneuerbaren Energien (§ 16 Abs. 1 EEG 2004) einschließlich der vollständigen Unterlagen nach Absatz 2 jeweils zum 30. Juni des laufenden Jahres zu stellen. Die Begrenzung darf bei einem Unternehmen des produzierenden Gewerbes nur erfolgen, soweit es nachweist, dass und inwieweit im letzten abgeschlossenen Geschäftsjahr die Strommenge nach § 14 Abs. 3 Satz 1 anteilig an das Unternehmen weitergereicht und von diesem selbst verbraucht worden ist und das Unternehmen hierfür Differenzkosten im Sinne von § 15 Abs. 1 entrichtet hat (vgl. § 16 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 und 4 EEG 2004). Die Elektrizitätsversorgungsunternehmen sind auf Antrag des Unternehmens verpflichtet, dem Bundesamt unverzüglich die anteilig weitergereichte Strommenge und die Differenzkosten einschließlich der für die Berechnung der Differenzkosten zugrunde gelegten Daten durch Vorlage einer Bescheinigung eines Wirtschaftsprüfers oder vereidigten Buchprüfers für das letzte abgeschlossene Geschäftsjahr nachzuweisen. Der Nachweis der Voraussetzungen von Satz 1 Nr. 3 sowie der Differenzkosten erfolgt durch Vorlage der Bescheinigung (vgl. § 16 Abs. 2 Satz 2 und 3 EEG 2004).

18

a) Bei der in § 16 Abs. 6 Satz 1 EEG 2004 geregelten Frist handelt es sich um eine materielle Ausschlussfrist. Daraus folgt, dass der Antrag auf Strommengenbegrenzung nach ihrem Ablauf nicht mehr wirksam gestellt oder vervollständigt werden kann, weil ein eventueller Anspruch erloschen ist. Dies ergibt sich aus dem ausdrücklichen Wortlaut des Gesetzes, den Gesetzesmaterialien sowie Sinn und Zweck der Regelung. Der Klammerzusatz "Ausschlussfrist" in § 16 Abs. 6 Satz 1 EEG 2004 verdeutlicht diese materielle Präklusion. Von der Einhaltung der Frist gibt es keine Ausnahmen. Die Behörde soll weder die Frist verlängern noch eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewähren können (vgl. BTDrucks 15/2864 S. 52 und 16/8148 S. 67). Die Ausschlussfrist soll es dem Bundesamt ermöglichen, die Begrenzungsbescheide vor Jahresende abzuarbeiten und vor ihrem Inkrafttreten zu Jahresbeginn zu versenden, damit sie dann in den weiteren Ausgleich gemäß § 16 Abs. 8 i.V.m. § 14 Abs. 2 EEG 2004 einbezogen und bei den Prognosen und Lieferentscheidungen der Elektrizitätswirtschaft berücksichtigt werden können. Damit soll den Übertragungsnetzbetreibern und Elektrizitätsversorgungsunternehmen Sicherheit über die vom besonderen Ausgleichsmechanismus umfassten Strommengen gegeben und Rechtssicherheit hergestellt werden (vgl. BTDrucks 16/8148 S. 67 zur inhaltsgleichen Nachfolgeregelung des § 43 Abs. 1 EEG 2009). Alle Anträge sollen zum selben Zeitpunkt auf derselben Datenbasis beschieden werden, um gleiche Wettbewerbsbedingungen für alle antragstellenden Unternehmen in Bezug auf die Entlastungen durch die besondere Ausgleichsregel sicherzustellen.

19

Sinn und Zweck der Vorschrift sind auch nicht mit der Aufhebung der so genannten Deckelungsregelung in § 16 Abs. 5 EEG 2004 durch das Erste Gesetz zur Änderung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes vom 7. November 2006 zum 1. Dezember 2006 entfallen. Auch wenn die EEG-Kosten im nichtprivilegierten Bereich seither um mehr als 10 % steigen durften (vgl. BTDrucks 16/7119 S. 99), muss gemäß § 16 Abs. 1 EEG 2004 weiter sichergestellt sein, dass die Begrenzung die Ziele des EEG nicht gefährdet und mit den Interessen der Gesamtheit der Stromverbraucher vereinbar ist (vgl. § 40 Abs. 1 EEG 2009). Erforderlich ist damit nach wie vor eine Gesamtbetrachtung der Auswirkungen der Gesamtheit aller Begrenzungsentscheidungen auf der Grundlage einer einheitlichen Datenbasis. Das ist nur mit einer materiellrechtlichen Ausschlussfrist erreichbar, in die keine Wiedereinsetzung wegen Fristversäumung möglich ist.

20

b) Entgegen der Auffassung der Klägerin erfasst die Ausschlussfrist auch die von dem Energieversorgungsunternehmen nach § 16 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 und 4 EEG 2004 vorzulegenden Nachweise für die nach § 14 Abs. 3 Satz 1 EEG 2004 anteilig an das Unternehmen weitergereichte und von diesem selbstverbrauchte Strommenge und die hierfür entrichteten Differenzkosten im Sinne von § 15 Abs. 1 EEG 2004, die durch die Vorlage einer Bescheinigung eines Wirtschaftsprüfers oder vereidigten Buchprüfers zu erbringen sind. Zur Erfüllung der Nachweispflicht des antragstellenden Unternehmens gemäß § 16 Abs. 2 Satz 1 EEG 2004 ist das Energieversorgungsunternehmen verpflichtet, unverzüglich dem Bundesamt die Bescheinigung eines Wirtschaftsprüfers oder vereidigten Buchprüfers gemäß § 16 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 und 4 EEG 2004 vorzulegen. Der Gesetzgeber differenziert damit zwischen der fristgebundenen Nachweispflicht des antragstellenden Unternehmens einerseits und der Verpflichtung des Energieversorgungsunternehmens zur unverzüglichen Vorlage andererseits. Diese Letztere besteht nur dem antragstellenden Unternehmen, nicht jedoch dem Bundesamt gegenüber (vgl. BTDrucks 15/2864 S. 51). Gehen die Nachweise aber verspätet ein, ist dies dem Antragsteller zuzurechnen.

21

Dass die Ausschlussfrist sämtliche Antragsunterlagen erfasst, wird durch die Entstehungsgeschichte der Vorschriften über die Nachweisführung bestätigt. Die Vorgängerregelung in § 11a Abs. 2 Satz 2 Erstes Gesetz zur Änderung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes vom 16. Juli 2003 (BGBl I S. 1459) verpflichtete die Energieversorgungsunternehmen, den erforderlichen Nachweis gegenüber dem antragstellenden Unternehmen zu erbringen. Diese Verpflichtung wurde mit der Neuregelung in § 16 Abs. 2 Satz 2 EEG 2004 durch die Verpflichtung des Energieversorgungsunternehmens ersetzt, die erforderliche Bescheinigung eines Wirtschaftsprüfers oder vereidigten Buchprüfers unmittelbar an das Bundesamt weiterzuleiten. Damit sollte die Nachweispflicht nicht auf die Elektrizitätsunternehmen verlagert, sondern nur verhindert werden, dass das antragstellende Unternehmen anhand der Bescheinigung Einblick in die Kalkulationsunterlagen des Energieversorgungsunternehmens erhält und dieses Geschäftsgeheimnisse preisgeben muss (vgl. Altrock/Oschmann/Theobald, EEG, Aufl. 2006, § 16 Rn. 123; Posser/Altenschmidt, in: Frenz/Müggenberg (Hrsg.), EEG, Aufl. 2010, § 43 Rn. 5).

22

2. Die Ausgestaltung des § 16 Abs. 6 Satz 1 EEG 2004 als materielle Ausschlussfrist ist verfassungsrechtlich unbedenklich. Davon ist der Verwaltungsgerichtshof zu Recht ausgegangen. Die Norm verstößt nicht gegen die Berufs- und die Wettbewerbsfreiheit (Art. 12 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1 GG), auf die sich die Klägerin als juristische Person des Privatrechts im Rahmen ihrer Geschäftstätigkeit nach Art. 19 Abs. 3 GG berufen kann. Der allgemeine Gleichheitssatz aus Art. 3 Abs. 1 GG ist ebenfalls nicht verletzt.

23

a) Art. 12 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1 GG gewährleisten die Teilhabe am Wettbewerb nach Maßgabe seiner Funktionsbedingungen. Sie schützen weder gegen rechtliche Regeln, die diese Bedingungen herstellen, ausgestalten und sichern, noch gegen Beeinflussung wettbewerbsrelevanter Faktoren. Zwar kann ein Eingriff mit objektiv berufsregelnder Tendenz vorliegen, wenn eine Regelung die Rahmenbedingungen des Wettbewerbs zu Lasten bestimmter am Wettbewerb teilnehmender Adressaten verändert und dadurch deren berufliche Betätigung erheblich beeinträchtigt (BVerfG, Beschluss vom 26. Juni 2002 - 1 BvR 558/91, 1 BvR 1428/91 - BVerfGE 105, 252 <265>; Urteile vom 17. Dezember 2001 - 1 BvL 28, 29, 30/95 - BVerfGE 106, 275 <298 f., 303 f.> und vom 20. April 2004 - 1 BvR 1748/99, 905/00 - BVerfGE 110, 274 <288>; BVerwG, Urteil vom 18. April 1985 - BVerwG 3 C 34.84 - BVerwGE 71, 183 <193> = Buchholz 418.32 AMG Nr. 11). Das trifft auf § 16 Abs. 6 Satz 1 EEG 2004 aber nicht zu. Die materielle Ausschlussfrist definiert Rahmenbedingungen des Wettbewerbs, indem sie die Privilegierung stromintensiv produzierender Unternehmen gegenüber den sonstigen Endverbrauchern an verfahrensrechtliche Voraussetzungen knüpft. Innerhalb der Gruppe der Privilegierten gewährleistet sie die Wettbewerbsneutralität der Begrenzungsentscheidungen.

24

b) Die Regelung der Ausschlussfrist ist auch mit Art. 3 Abs. 1 GG vereinbar. Die Benachteiligung von Antragstellern, die die Frist versäumt haben, gegenüber Antragstellern, deren Anträge und Nachweise fristgerecht vollständig vorgelegt wurden, ist durch sachliche Gründe gerechtfertigt und verhältnismäßig.

25

Die mit der materiellrechtlichen Ausschlussfrist einhergehende Benachteiligung von stromintensiven Unternehmen, die nicht innerhalb der Frist die erforderlichen Unterlagen einreichen, im Verhältnis zu denjenigen Antragstellern, denen außerhalb des Regelungsbereichs des Erneuerbare-Energien-Gesetzes bei Fristversäumnis eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt wird, ist wegen besonderer Gründe sachlich gerechtfertigt. Wie bereits (unter 1.a) dargelegt, soll die Ausschlussfrist gewährleisten, dass alle Anträge vor Jahresende auf einer einheitlichen Datenbasis bearbeitet werden. Damit werden gleiche Wettbewerbsbedingungen bezüglich der Entlastung durch die besondere Ausgleichsregelung geschaffen (vgl. BTDrucks 16/8148 S. 67) und für die Übertragungsnetzbetreiber und Energieversorgungsunternehmen Rechtssicherheit hergestellt. Zeitliche Verschiebungen, die infolge einer Prüfung von Wiedereinsetzungsanträgen aufträten, und spätere Begrenzungsentscheidungen hätten auch eine Beeinträchtigung des horizontalen Belastungsausgleichs der Übertragungsnetzbetreiber untereinander zur Folge (vgl. § 16 Abs. 8 i.V.m. § 14 Abs. 2 EEG 2004).

26

Die materiellrechtliche Ausschlussfrist ist geeignet und erforderlich, um die mit der Begrenzungsentscheidung verfolgten Ziele zu erreichen. Bei der Beurteilung der Geeignetheit und der Erforderlichkeit kommt dem Gesetzgeber eine Einschätzungsprärogative zu, die nur überschritten ist, wenn seine Erwägungen nicht schlüssig sind und deswegen offensichtlich keine Grundlage für eine angegriffene Maßnahme sein können (BVerfG, Beschluss vom 23. Juni 2004 - 1 BvL 3/98, 1 BvL 9/02, 1 BvL 2/03 - BVerfGE 111, 126 <255>; Kammerbeschluss vom 29. September 2010 - 1 BvR 1789/10 - juris Rn. 18, 21 m.w.N.). Ein weiter Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers besteht insbesondere bei der Gewährung von Ansprüchen (BVerfG, Beschluss vom 11. November 2008 - 1 BvL 3/05, 1 BvL 4/05, 1 BvL 5/05, 1 BvL 6/05, 1 BvL 7/05 - BVerfGE 122, 151 <182>). Ein ebenso wirksames, weniger eingreifendes Mittel, die verfolgten Ziele zu erreichen, stand dem Gesetzgeber nicht zur Verfügung. Insbesondere musste er nicht davon ausgehen, eine zeitgerechte Bescheidung aller Anträge auf einheitlicher Datengrundlage und eine rechtzeitige Beurteilung der Folgen der Begrenzungen sei auch mit einer wiedereinsetzungsfähigen Verwaltungsfrist zu gewährleisten. Ließe man in den Fällen einer Fristversäumung die Wiedereinsetzung zu, würde dies zu zeitlichen Verzögerungen führen, die infolge der Prüfung der Wiedereinsetzungsanträge unausweichlich wären, und eine einheitliche Entscheidung zum Jahresende auf einer insgesamt gewonnenen Datenbasis wäre nicht möglich.

27

Die Ausschlussfrist in § 16 Abs. 6 Satz 1 EEG 2004 ist den privilegierten Unternehmen schließlich auch zumutbar. Zwar geht die materielle Rechtsposition infolge der versäumten Frist verloren, selbst wenn den Antragsteller kein Verschulden trifft. Da den Antragstellern ausreichend Zeit zur Verfügung steht - auch zur Beauftragung der vorlagepflichtigen Energieversorgungsunternehmen - ist es nicht zu beanstanden, dass der Gesetzgeber dem Erfordernis abschließender Entscheidung im Interesse der Verteilungsgerechtigkeit und Rechtssicherheit größeres Gewicht beigemessen hat.

28

3. Der Klägerin ist keine Nachsicht in Form von Wiedereinsetzung in die versäumte Frist zu gewähren. Die Auffassung des Verwaltungsgerichtshofs, der verspätete Zugang der Bescheinigung der Beigeladenen vom 19./27. Juni 2008 beim Bundesamt am 1. Juli 2008 beruhe auf höherer Gewalt und könne der Klägerin nicht angelastet werden, teilt der Senat nicht.

29

a) In der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist anerkannt, dass sich Behörden unter bestimmten engen Voraussetzungen nicht auf den Ablauf einer die weitere Rechtsverfolgung abschneidenden oder die Anspruchsberechtigung vernichtenden Ausschlussfrist berufen dürfen. Diese Ausnahmen lassen sich nicht allgemeingültig, sondern nur in Einklang mit dem Regelungsbereich, in dem die Ausschlussfrist wirkt, und mit Blick auf ihre dortige Funktion bestimmen (BVerwG, Urteil vom 28. März 1996 - BVerwG 7 C 28.95 - BVerwGE 101, 39 <45> = Buchholz 428 § 30a VermG Nr. 2). Für den Bereich des Vermögensrechts bei Versäumung der materiellen Ausschlussfristen des § 30a Abs. 1 VermG hat das Bundesverwaltungsgericht eine solche Ausnahme angenommen, wenn erstens die Versäumung der Anmeldefrist auf staatliches Fehlverhalten bei der Anwendung von Rechtsvorschriften zurückzuführen ist, ohne deren korrekte Beachtung der Anmelder seine Rechte nicht wahren kann, und wenn zweitens durch die Berücksichtigung der verspäteten Anmeldung der Zweck des Gesetzes nicht verfehlt würde (Urteil vom 28. März 1996 a.a.O.). Ein behördliches Fehlverhalten der Beklagten ist im vorliegenden Fall nicht erkennbar. Die Beklagte hat in dem der Klägerin bekannten Merkblatt auf die Ausschlussfrist und die Folgen einer Fristversäumung hingewiesen. Dieser Hinweis bezog sich auf sämtliche Unterlagen, also auch auf solche, die dem Antrag noch nicht beigefügt oder noch von dritter Seite beizubringen waren. Die Behörde macht zudem in ihrem Internetauftritt und in den Antragsformularen auf die Ausschlussfrist aufmerksam. Hinzu kommt, dass der Klägerin die Besonderheiten des Antragsverfahrens und die beizubringenden Unterlagen aus früheren Verfahren bekannt sein mussten und sie zudem mit Schreiben vom 2. Juni 2008 auf die noch fehlenden Unterlagen und die Folgen einer Fristversäumung ausdrücklich hingewiesen worden war.

30

b) Die Klägerin kann einen Anspruch auf Nachsichtgewährung auch nicht aus der Rechtsprechung zur Fristversäumnis aufgrund "höherer Gewalt" herleiten (zu dieser vgl. Urteil vom 29. April 2004 - BVerwG 3 C 27.03 - BVerwGE 121, 10 <13> = Buchholz 451.90 Sonstiges Europäisches Recht Nr. 196; Beschluss vom 24. April 2013 - BVerwG 8 B 81.12 - juris Rn. 12; § 60 Abs. 3, § 58 Abs. 2 VwGO, § 32 Abs. 3 VwVfG). Der Begriff der "höheren Gewalt" ist enger zu verstehen als der in den Wiedereinsetzungsvorschriften gebrauchte Begriff "ohne Verschulden". Er entspricht inhaltlich "Naturereignissen oder anderen unabwendbaren Zufällen" im Sinne des § 233 Abs. 1 ZPO a.F. (vgl. Urteile vom 11. Juni 1961 - BVerwG 6 C 56.65 - Buchholz 310 § 60 VwGO Nr. 54, vom 24. Februar 1966 - BVerwG 2 C 45.64 - Buchholz 310 § 76 VwGO Nr. 1, vom 11. Mai 1979 - BVerwG 6 C 70.78 - BVerwGE 58, 100 = Buchholz 310 § 60 VwGO Nr. 106 und vom 13. Januar 1987 - BVerwG 9 C 259.86 - Buchholz 402.25 § 33 AsylVfG Nr. 6). Unter "höherer Gewalt" wird ein Ereignis verstanden, das unter den gegebenen Umständen auch durch die größte nach den Umständen des konkreten Falles vernünftigerweise von dem Betroffenen unter Anlegung subjektiver Maßstäbe - namentlich unter Berücksichtigung seiner Lage, Bildung und Erfahrung - zu erwartende und zumutbare Sorgfalt nicht abgewendet werden konnte (BVerfG, Beschluss vom 16. Oktober 2007 - 2 BvR 51/05 - NJW 2008, 429; BVerwG, Urteil vom 18. April 1997 - BVerwG 8 C 38.95 - Buchholz 454.71 § 27 WoGG Nr. 2). Diese Anforderungen sind hier nicht schon wegen der Verzögerung der üblichen Postlaufzeit um zwei Werktage erfüllt.

31

Die Versendung der Nachweise mit einfachem, am 27. Juni 2008 zur Post gegebenen Brief wahrte nicht diejenige Sorgfalt, die wegen der erheblichen wirtschaftlichen Bedeutung der Begrenzungsentscheidung für die Klägerin und des unmittelbar bevorstehenden Ablaufs der Ausschlussfrist als äußerste Sorgfalt vernünftigerweise zu erwarten war. Bei der Konkretisierung der größten vernünftigerweise zu erwartenden Sorgfalt ist die Bedeutung der Fristwahrung für den Antragsteller in Rechnung zu stellen. Außerdem ist zu berücksichtigen, dass die Sorgfaltsanforderungen umso höher sind, je weiter eine Frist ausgenutzt wird (BGH, Urteil vom 18. März 1953 - II ZR 182/52 - BGHZ 9, 118 <120 ff.> = juris Rn. 11). Hier hatte die rechtzeitige Zustellung der Unterlagen für die Klägerin erhebliche wirtschaftliche Bedeutung. Bei Versäumen der Ausschlussfrist verlor sie einen etwaigen Anspruch auf Strommengenbegrenzung in sechsstelliger Höhe und erlitt schwerwiegende Wettbewerbsnachteile. Schon deshalb war von ihr bei größter Sorgfalt zu erwarten, alle zumutbaren Anstrengungen zu unternehmen, um einen fristgerechten Zugang der Nachweise sicherzustellen. Gleiches gilt für das Elektrizitätsversorgungsunternehmen und die Wirtschaftsprüfergesellschaft, die jeweils zur Erfüllung der Nachweispflicht der Klägerin handelten und deren Verhalten ihr insoweit zuzurechnen war (vgl. Salje, EEG, 4. Aufl. 2007, § 16 Rn. 137). Wegen der Bedeutung der Fristwahrung und wegen des gesetzlichen Ausschlusses einer Wiedereinsetzung waren bei Anwendung größter Sorgfalt Vorkehrungen dagegen zu erwarten, dass Hindernisse, mit denen nach Lage der Dinge zu rechnen war, die Fristwahrung vereitelten. Als Hindernisse waren auch mögliche Postlaufverzögerungen unmittelbar vor Fristablauf in Betracht zu ziehen, da zum Fristende - wie die Feststellungen der Vorinstanz zur unübersehbaren Menge der Eingänge bestätigen - mit einem Vielfachen des üblichen Postaufkommens bei der Beklagten zu rechnen war. Verzögerungen gegenüber der sonst üblichen Postlaufzeit um ein bis zwei Werktage waren unter diesen Umständen auch bei ordnungsgemäß adressierten und frankierten Sendungen nicht auszuschließen. Der Absender der Nachweise durfte sich deshalb nicht darauf verlassen, dass diese der Beklagten bei Versendung als einfacher Brief am Freitag, dem 27. Juni 2008, innerhalb der üblichen Postlaufzeiten von ein bis zwei Werktagen bis spätestens Montag, den 30. Juni 2008 zugehen würden.

32

Gegenteiliges ergibt sich auch nicht aus § 2 Nr. 3 der Postuniversaldienstleistungsverordnung (PUDLV) vom 15. Dezember 1999 (BGBl I S. 2418) in der Fassung der Änderung durch Gesetz vom 7. Juli 2005 (BGBl I S. 1976), auf die sich die Klägerin beruft. § 2 Nr. 3 Satz 2 PUDLV verpflichtet die Universaldienstleister im Bereich der Briefbeförderung, von den an einem Werktag eingelieferten inländischen Briefsendungen - mit Ausnahme der Sendungen, die eine Mindesteinlieferungsmenge von 50 Stück je Einlieferungsvorgang voraussetzen - im Jahresdurchschnitt mindestens 80 % an dem ersten auf den Einlieferungstag folgenden Werktag und 95 % bis zum zweiten auf den Einlieferungstag folgenden Werktag auszuliefern. Ein Restbestand von 5 % ist ausgenommen für - vom Dienstleister - nicht vorhersehbare und vermeidbare Verzögerungen des Postlaufs. Bei diesen Zielvorgaben handelt es sich schon wegen der Restquote von 5 % weder um eine Garantie, noch wird gegenüber dem Kunden ein Vertrauenstatbestand geschaffen.

33

Die höchstrichterliche Rechtsprechung zur Gewährung von Wiedereinsetzung in den vorigen Stand bei Postlaufverzögerungen betrifft keine materielle Ausschlussfrist und ist deshalb nicht einschlägig. Ob bei dem Verlust der Nachweise auf dem Postweg ein Fall höherer Gewalt vorläge (vgl. Beschluss vom 25. November 2002 - BVerwG 8 B 112.02 - Buchholz 310 § 92 VwGO Nr. 17), ist hier nicht zu entscheiden, da die Unterlagen der Beklagten zugegangen sind.

34

Wären die nach den Umständen zu erwartenden Vorkehrungen gegen eine geringfügige Verzögerung der üblichen Postlaufzeit für einfache Schreiben getroffen worden, wäre die Fristversäumnis vermeidbar gewesen. So hätten die Nachweise ohne Weiteres per Expresssendung oder noch am 30. Juni 2008, als die Beklagte den rechtzeitigen Eingang nicht bestätigen konnte, vor Fristablauf per Boten übermittelt werden können. Bei keiner der beiden Alternativen standen die erforderlichen Aufwendungen außer Verhältnis zur Abwendung des drohenden Anspruchsverlusts und seiner wirtschaftlichen Folgen für die Klägerin.

(1) War jemand ohne Verschulden verhindert, eine gesetzliche Frist einzuhalten, so ist ihm auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Das Verschulden eines Vertreters ist dem Vertretenen zuzurechnen.

(2) Der Antrag ist innerhalb eines Monats nach Wegfall des Hindernisses zu stellen. Die Tatsachen zur Begründung des Antrags sind bei der Antragstellung oder im Verfahren über den Antrag glaubhaft zu machen. Innerhalb der Antragsfrist ist die versäumte Handlung nachzuholen. Ist dies geschehen, so kann Wiedereinsetzung auch ohne Antrag gewährt werden.

(3) Nach einem Jahr seit dem Ende der versäumten Frist kann die Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt oder die versäumte Handlung nicht mehr nachgeholt werden, außer wenn dies vor Ablauf der Jahresfrist infolge höherer Gewalt unmöglich war.

(4) Über den Antrag auf Wiedereinsetzung entscheidet die Finanzbehörde, die über die versäumte Handlung zu befinden hat.

Die Finanzbehörden können Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis ganz oder zum Teil erlassen, wenn deren Einziehung nach Lage des einzelnen Falls unbillig wäre; unter den gleichen Voraussetzungen können bereits entrichtete Beträge erstattet oder angerechnet werden.

Tenor

I. Die Berufung wird zurückgewiesen.

II. Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

III. Das Urteil ist hinsichtlich der Kostenentscheidung vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Mit der vorliegenden Klage begehrt die Klägerin die Befreiung von der Zweitwohnungsteuer für die Jahre 2009 bis 2011.

Die Klägerin wohnt mit ihrem Ehemann mit gemeldetem Hauptwohnsitz in Konstanz. Bis 4. Dezember 2013 war sie seit längerem Eigentümerin einer Wohnung im Stadtgebiet der Beklagten. Zum 1. Januar 2012 meldete sich die Klägerin unter dieser Adresse mit Zweitwohnsitz an. Nach Aufforderung durch die Beklagte gab die Klägerin mit Schreiben vom 16. März 2012 eine Zweitwohnungsteuererklärung ab. Sie gab dabei an, dass sie die Zweitwohnung seit dem Jahr 2000 innehabe und dort alleine wohne. Gleichzeitig stellte die Klägerin einen Antrag auf Befreiung von der Zweitwohnungsteuer ab dem Kalenderjahr 2009. Dabei weigerte sich die Klägerin, Angaben zu den Einkommensverhältnissen ihres Ehemanns zu machen.

Mit Bescheid vom 16. Juli 2012 lehnte die Beklagte eine Befreiung der Klägerin von der Zweitwohnungsteuer ab dem Kalenderjahr 2009 wegen fehlender Angaben zum Einkommen des Ehemanns ab und setzte mit weiterem Bescheid vom gleichen Tag eine Zweitwohnungsteuer für die Jahre 2006 bis einschließlich 2012 fest.

Am 16. August 2012 erhob die Klägerin Klage zum Verwaltungsgericht München (M 10 K 12.3768) mit dem Antrag, den Zweitwohnungsteuerbescheid der Beklagten aufzuheben, soweit er für das Jahr 2012 sowie die folgenden Jahre eine Steuer festsetzt, hilfsweise die Beklagte unter Aufhebung des Ablehnungsbescheids zu verpflichten, der Klägerin Befreiung von der Zweitwohnungsteuer für das Jahr 2012 und die folgenden Jahre zu gewähren. In einem Schriftsatz zu diesem Verfahren (Bl. 85 d. Behördenakte) verwies die Klägerin auf die bestehende Verwaltungspraxis der Beklagten, bei erstmaliger Veranlagung zur Zweitwohnungsteuer auch dann für rückwirkende Jahre eine Befreiung zu gewähren, wenn der Befreiungsantrag zusammen mit der Ersterklärung erfolge. Der Klageantrag bezogen auf die Steuerjahre ab 2012 werde so gestellt, weil jedenfalls für diese Jahre der Antrag schon nach der gesetzlichen Regelung der Klägerin einen gebundenen Anspruch auf die Befreiung verschaffe. Für die Jahre davor müsse die Beklagte noch nach ihrem durch die Verwaltungspraxis geprägten Ermessen entscheiden, was bisher nicht geschehen sei. Die Befreiung sei nur wegen der fehlenden Angaben zum Einkommen des Ehemannes verweigert worden.

Das Verwaltungsgericht München wies diese Klage mit Urteil vom 21. März 2013 ab. Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof änderte dieses Urteil mit eigenem Urteil vom 12. November 2014 (4 BV 13.1239) teilweise ab. Der Zweitwohnungsteuerbescheid wurde mit der ersten Instanz übereinstimmend für rechtmäßig befunden, der die Befreiung ablehnende Bescheid vom 16. Juli 2012 hingegen als rechtswidrig aufgehoben und die Beklagte antragsgemäß verpflichtet, die Klägerin für die Jahre 2012 und 2013 von der Zweitwohnungsteuer zu befreien. Entsprechend diesem Berufungsurteil gewährte die Beklagte mit Bescheid vom 3. Dezember 2014 die Befreiung von der Zweitwohnungsteuer für die Jahre 2012 und 2013.

Mit Schreiben vom 8. Dezember 2014 beantragte die Klägerin unter Bezugnahme auf den erstmaligen Befreiungsantrag im Schreiben vom 16. März 2012 Befreiung von der Zweitwohnungsteuer auch für die Jahre 2009 bis 2011. Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof habe festgestellt, dass die gesetzlichen Voraussetzungen für eine Befreiung von der Zweitwohnungsteuer auch für die Jahre 2009 bis 2011 vorgelegen hätten. Dass die Antragsfrist des Art. 3 Abs. 3 Satz 7 KAG für diese Jahre nicht habe eingehalten werden können, sei unschädlich. Die Beklagte habe nämlich eine Kulanzregelung als ständige Verwaltungspraxis, wonach die jetzige Antragstellung auch rückwirkend für die Jahre 2009 bis 2011 fristgerecht sei.

Diesen Antrag lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 26. Januar 2015 ab. Der Ablehnungsbescheid vom 16. Juli 2012 sei bestandskräftig geworden, die Klagen und die Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs hätten sich nur auf die Jahre 2012 und 2013 bezogen. Ein hiergegen eingelegter Widerspruch der Klägerin blieb mit Widerspruchsbescheid vom 15. Oktober 2015 ohne Erfolg.

Mit Schreiben vom 22. Oktober 2015 ließ die Klägerin hiergegen Klage erheben mit dem Ziel, die Beklagte zu verpflichten, die Klägerin für die Jahre 2009 bis 2011 von der Zweitwohnungsteuer zu befreien. Zur Begründung trug die Klägerin vor, der Ablehnungsbescheid vom 16. Juli 2012 sei vom Bayerischen Verwaltungsgerichtshof vollständig aufgehoben worden. Über den Befreiungsantrag der Klägerin vom 16. März 2012 sei deshalb bezüglich der Jahre 2009 bis 2011 noch zu entscheiden. Für die Jahre 2009 bis 2011 sei die Klägerin davon ausgegangen, dass die Beklagte auch ohne gerichtliche Entscheidung darüber von sich aus einen rechtmäßigen Zustand herstellen und die Steuerbefreiung entsprechend ihrer bestehenden Verwaltungspraxis zur Antragsfrist erteilen werde. Dies sei aber nicht erfolgt.

Mit Gerichtsbescheid vom 17. März 2016 wies das Verwaltungsgericht die Klage ab. Die Anfechtungsklage im Hauptantrag zur Aufhebung des Steuerbescheids sei unzulässig, es stehe die materielle Rechtskraft des rechtskräftigen Urteils des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 12. November 2014 entgegen. Der Steuerbescheid vom 16. Juli 2012 sei vom Verwaltungsgerichtshof als rechtmäßig angesehen worden. Die Versagungsgegenklage hingegen sei zulässig, aber unbegründet. Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof habe sich im Verfahren 4 BV 13.1239 mit dem Anspruch auf Befreiung von der Zweitwohnungsteuer nur für die Jahre 2012 und 2013 auseinandergesetzt. Der Tenor der Entscheidung erfasse nur die Befreiung für die Jahre 2012 und 2013, ein Antrag bezüglich der Jahre 2009 bis 2011 sei von der Klägerin dort nicht gestellt worden, so dass die Zurückweisung der Berufung im Übrigen diese Jahre auch nicht erfasse. Der Anspruch auf Befreiung von der Zweitwohnungsteuer für die Jahre 2009 bis 2011 sei daher nicht von der materiellen Rechtskraft des Urteil vom 12. November 2014 erfasst.

Die Klage sei aber unbegründet, die Klägerin habe keinen Anspruch auf Befreiung für die Jahre 2009 bis 2011. Es bedürfe gemäß Art. 3 Abs. 3 Satz 7 KAG grundsätzlich einer fristgerechten Antragstellung auf Befreiung von der Zweitwohnungsteuer. Ein gebundener Anspruch bestehe daher nur dann, wenn bis zum Ende des Kalendermonats, der auf das Steuerjahr folge, der Antrag auf Befreiung von der Zweitwohnungsteuer gestellt werde. Die Beklagte habe daher für die Steuerjahre 2009 bis 2011 lediglich eine fehlerfreie Ermessensentscheidung zu treffen gehabt. Dieses Ermessen sei durch die ständige Verwaltungspraxis der Beklagten gebunden. Die Kulanzregelung der Beklagten sehe vor, bei erstmaliger rückwirkender Steuerfestsetzung auch die Befreiungsanträge für zurückliegende Steuerjahre stellen zu können, das heiße 2012 einmalig für 2006 und folgende Jahre. Die erste Antragstellung auf Befreiung vom 16. März 2012 sei jedoch durch den damaligen Ablehnungsbescheid verbeschieden und durch die Verpflichtungsklage der Klägerin nicht ausdrücklich erneut - zu diesem Zeitpunkt noch fristgerecht -gestellt worden. Die zweite Antragstellung im Dezember 2014 unterfalle bereits nicht mehr der ständigen Verwaltungspraxis der Beklagten. Die dennoch erforderliche Ermessensentscheidung sei fehlerfrei: Die Jahre 2009 bis 2011 habe die Klägerin aus unerfindlichen Gründen in ihrem früheren Klageantrag nicht erfasst, so dass über diese Jahre vom Verwaltungsgerichtshof nicht entschieden worden sei. Das Ermessen, das der Beklagten nun zugestanden habe, sei weiter zu fassen gewesen als das Ermessen, das sie bei erstmaliger Antragstellung im Sinne der Kulanzregelung auszuüben gehabt hätte. Die Beklagte habe eine Abwägung zwischen materieller Gerechtigkeit und Rechtssicherheit vornehmen müssen, die im Ergebnis nicht zu beanstanden sei. Auch treffe die Klägerin grundsätzlich eine Meldepflicht nach den melderechtlichen Vorschriften. Dass sie sich erst nachträglich mit Zweitwohnsitz bei der Meldebehörde angemeldet habe, sei ihr zuzurechnen und nicht der Beklagten. Nur deshalb sei es überhaupt zu einem rückwirkenden Steuerbescheid gekommen, der die Kulanzregelung der Beklagten erst anwendbar gemacht habe. Hätte sich die Klägerin pflichtgemäß schon früher angemeldet, wäre es zu der rückwirkenden Veranlagung einer ganzen Reihe von Steuerjahren nicht gekommen.

Die Hilfsanträge hätten keinen Erfolg, weil der Ablehnungsbescheid, wie ausgeführt, rechtmäßig sei. Der Hilfsantrag auf Verpflichtung der Beklagten zur Befreiung für die Jahre 2009 bis 2011 sei unbegründet, da die Frist für die Antragstellung bereits verstrichen sei und dieses Risiko zulasten der Klägerin gehe. Der Hilfsantrag auf Aufhebung des Steuerbescheids sei mangels Rechtsschutzbedürfnisses wegen der entgegenstehenden Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs unzulässig, da bereits entschieden. Der weiter hilfsweise gestellte Hilfsantrag auf Verpflichtung der Beklagten zur Neuentscheidung über die Rücknahme des Ablehnungsbescheids vom 16. Juli 2012 sei unzulässig, da dieser bereits vom Verwaltungsgerichtshof aufgehoben worden sei.

Mit der hiergegen vom Verwaltungsgerichtshof mit Beschluss vom 4. August 2016 wegen ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit des Gerichtsbescheids zugelassenen Berufung verfolgt die Klägerin ihre Klage weiter. Sie beantragt mit Schriftsatz vom 30. August 2016,

1. Der Gerichtsbescheid des Verwaltungsgerichts München vom 17. März 2016 wird abgeändert.

2. Der eine Befreiung von der Zweitwohnungsteuer ablehnende Bescheid der Beklagten vom 26. Januar 2015 und der Widerspruchsbescheid vom 15. Oktober 2015 werden aufgehoben.

3. Die Beklagte wird verpflichtet, der Klägerin Befreiung von der Zweitwohnungsteuer für die Jahre 2009 bis 2011 zu gewähren.

4. Die Beklagte wird verpflichtet, den Zweitwohnungsteuerbescheid vom 16. Juli 2012 für die Jahre 2009 bis 2011 zu ändern und die Steuer auf jeweils 0 Euro festzusetzen.

5. Die Beklagte wird verpflichtet, den zu erstattenden Betrag vom Tag der Rechtshängigkeit des Anspruchs auf Befreiung von der Zweitwohnungsteuer bis zum Tag der Auszahlung mit 2%-Punkten über dem Basiszinssatz nach § 247 BGB jährlich zu verzinsen.

6. Hilfsweise:

a) Die Beklagte wird unter Aufhebung des ablehnenden Bescheids vom 26. Januar 2015 sowie des Widerspruchsbescheids vom 15. Oktober 2015 verpflichtet, den eine Steuerbefreiung ablehnenden Bescheid vom 16. Juli 2012, soweit dieser nicht durch das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 12. November 2014 aufgehoben worden ist, zurückzunehmen.

b) Die Beklagte wird verpflichtet, der Klägerin Befreiung von der Zweitwohnungsteuer für die Jahre 2009 bis 2011 zu gewähren.

c) Die Beklagte wird verpflichtet, den Zweitwohnungsteuerbescheid vom 16. Juli 2012 für die Jahre 2009 bis 2011 zu ändern und die Steuer auf jeweils 0 Euro festzusetzen.

7. Höchst vorsorglich:

Die Beklagte wird unter Aufhebung des ablehnenden Bescheids vom 26. Januar 2015 sowie des Widerspruchsbescheids vom 15. Oktober 2015 verpflichtet, über die Rücknahme des Bescheids vom 16. Juli 2012, soweit dieser nicht durch das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 12. November 2014 aufgehoben wurde, unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu entscheiden.

Aufgrund des rechtskräftigen Urteils des Verwaltungsgerichtshofs vom 12. November 2014 stehe zwischen den Beteiligten fest, dass die Klägerin die gesetzlichen Voraussetzungen gemäß Art. 3 Abs. 3 Satz 2 KAG für eine Befreiung von der Zweitwohnungsteuer für die Jahre 2009 bis 2013 erfülle. Das Verwaltungsgericht habe richtig darauf hingewiesen, dass der Ablehnungsbescheid vom 16. Juli 2012 durch das Urteil des Verwaltungsgerichtshofs insgesamt aufgehoben worden sei. Das Verwaltungsgericht folgere jedoch aus der gerichtlichen Aufhebung des Ablehnungsbescheides rechtsirrig, dass auch die zugrunde liegenden Anträge auf Befreiung weggefallen seien, weil sie verbeschieden gewesen seien. Damit werde sachwidrig aus der Aufhebung der Ablehnung als rechtswidrig die Erledigung des abgelehnten Antrags gefolgert, zu dessen Realisierung die Klage ja gerade erhoben worden sei. In der Folge des behördlichen Vollzugs einer Verurteilung zur Gewährung der Steuerbefreiung verliere der Steuerbescheid vom 16. Juli 2012 auch insoweit seine Grundlage und bedürfe es der Neufestsetzung der Steuer für die betreffenden Jahre auf 0 Euro. Aus diesem Grund sei der Verpflichtungsantrag gemäß Nr. 4 veranlasst. Der Anspruch auf Prozesszinsen stütze sich auf Art. 13 Abs. 1 Nr. 5 Buchst. b KAG i.V.m. § 236 Abs. 1 AO.

Ein Anspruch auf Steuerbefreiung, zumindest auf ermessensfehlerfreie Entscheidung hierüber, bestehe auch dann, wenn man mit dem Verwaltungsgericht annehmen wolle, dass der maßgebliche Befreiungsantrag vom 16. März 2012 infolge seiner behördlichen Ablehnung (Verbescheidung) entfallen sei. In dieser Konstellation möge die klägerische Aufforderung vom Dezember 2014 an die Beklagte als neuer Antrag gedeutet werden.

Lege man die Auffassung des Verwaltungsgerichts zugrunde, dass durch das Berufungsurteil des Verwaltungsgerichtshofs der ablehnende Bescheid vom 16. Juli 2012 aufgehoben worden sei, so sei für dessen Rücknahme, wie sie mit dem Klageantrag Nr. 4a hilfsweise begehrt worden sei, kein Raum. Auch die Berufungsanträge Nr. 6 und 7 erlangten deshalb nur Bedeutung, wenn man der Rechtskonstruktion der Beklagten folge, dass die Ablehnung vom 16. Juli 2012 bestandskräftig geworden sei. Sie würden für diesen Fall hilfsweise gestellt.

Die Beklagte beantragte mit Schriftsatz vom 25. Oktober 2016,

die Berufung zurückzuweisen.

Der Bevollmächtigte der Klägerin habe im Widerspruch vom 18. Februar 2015 gegen den Ablehnungsbescheid vom 26. Januar 2015 selbst angeführt, dass der Klägerin die Kulanzregelung der Beklagten in Bezug auf die Antragsfrist für eine Befreiung von der Zweitwohnungsteuer nach Art. 3 Abs. 3 KAG für bereits abgelaufene Kalenderjahre zum Zeitpunkt der ursprünglichen Klageerhebung im Jahre 2012 nicht bekannt gewesen sei. Da die gesetzliche Frist bereits abgelaufen gewesen sei, seien bewusst nur die Jahre 2012 und 2013 angegriffen worden. Die Beklagte merke hierzu an, dass die Klägerin im Anschreiben zur Abgabe der Zweitwohnungsteuererklärung vom 20. Februar 2012 auf die Kulanzregelung hingewiesen worden sei. Folglich sei der ursprüngliche Klageantrag der Klägerin dahingehend auszulegen, dass die Klägerin eine hilfsweise Aufhebung des ablehnenden Bescheides vom 16. Juli 2012 nur für die Jahre 2012 und 2013 begehrt habe. Dieser Klageantrag sei im Berufungsverfahren dann auch nicht abgeändert worden. Im Schreiben der Klägerin vom 7. Februar 2014 werde lediglich der Hauptantrag dahingehend konkretisiert, dass eine Aufhebung der Steuerfestsetzung für die Jahre 2012 und 2013 begehrt werde. Deshalb gehe die Beklagte davon aus, dass eine Aufhebung des ablehnenden Bescheides vom 16. Juli 2012 auch im Berufungsverfahren nur für die Jahre 2012 und 2013 von der Klägerin begehrt und vom Verwaltungsgerichtshof München gewährt worden sei. Der Ablehnungsbescheid vom 16. Juli 2012 sei somit in Bezug auf die Jahre 2009 bis 2011 aus Sicht der Beklagten bestandskräftig geworden. Eine Änderung der Steuerfestsetzung nach § 130 AO i.V.m. Art. 13 Abs. 1 KAG sei nach pflichtgemäßer Ermessensausübung abgelehnt worden.

Nachdem die Frist des Art. 3 Abs. 3 Satz 7 KAG zum Zeitpunkt des Steuererklärungsversands oftmals bereits abgelaufen sei, praktiziere die Landeshauptstadt München zur Wahrung von Treu und Glauben und im Hinblick auf eine bürgerfreundliche Verwaltung allerdings folgende Regelung:

„Bei erstmaligem Versand der Zweitwohnungsteuererklärung an den Steuerpflichtigen werde ein Antrag nach Art. 3 Abs. 3 Satz 7 KAG auch dann noch als fristgerecht akzeptiert, wenn er innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe des Anschreibens zur Abgabe der Zweitwohnungsteuererklärung eingehe. Diese Praxis stelle zugunsten der Steuerpflichtigen sicher, dass ein fristgerechter Befreiungsantrag auch noch innerhalb der Abgabefrist für die Zweitwohnungsteuererklärung (§ 9 Abs. 2 ZwStS) möglich sei. Vom Bürger könne keine detailreiche Auseinandersetzung mit der Thematik des Kommunalabgabenrechts erwartet werden, ohne dass bereits direkter Kontakt mit dem Themenfeld der Zweitwohnungsteuer bestehe. Die Beklagte bitte daher um Klärung, wie eng die gesetzliche Ausschlussfrist zu verstehen sei und inwieweit ihre Kulanzregelung zulässig sei. Sollte die Verwaltungspraxis der Beklagten nicht rechtmäßig sein, sei es selbstverständlich ein Anliegen für die Zukunft, einen rechtmäßigen Zustand herzustellen und die Praxis entsprechend zu ändern.“

Die Klägerin vertiefte ihr Vorbringen mit Schriftsatz vom 19. November 2016. Mit ihrem Antrag vom 16. März 2012 auf Befreiung von der Zweitwohnungssteuer ab dem Kalenderjahr 2009 habe die Klägerin die materiell-rechtlich vorgesehene Steuerbefreiung begehrt. Der Antrag sei innerhalb eines Monats nach Aufforderung zur Abgabe der Steuererklärung, durch die die Klägerin erstmals mit der Problematik der Zweitwohnungsteuer konfrontiert gewesen sei, gestellt worden. Der die Befreiung ablehnende Bescheid vom 16. Juli 2012 sei infolge der Verkennung der materiell-rechtlichen Befreiungsvoraussetzung (Einkommensgrenze) insgesamt rechtswidrig gewesen sei und demgemäß ganz aufgehoben worden. Nach dem strikten Wortlaut des Gesetzes habe ein Anspruch auf Befreiung jedoch nur für die Jahre 2012 und 2013 bestanden, weshalb auch nur für diesen Zeitraum Verurteilung beantragt worden sei. Auf der Grundlage des aufhebenden Urteils vom 12. November 2014 habe die Befreiung für die früheren Jahre 2009 bis 2011, die vom gesetzlichen Wortlaut nicht eindeutig erfasst gewesen und gegebenenfalls eine Ermessensentscheidung der Stadt erfordert hätten, zunächst dieser überlassen werden sollen. Eben diese Entscheidung, die nach gerichtlicher Klärung der Tatbestandsvoraussetzungen einer Befreiung von der Beklagten zu treffen gewesen sei, sei durch das klägerische Schreiben vom 8. Dezember 2014 eingefordert worden. Von diesem Ausgangspunkt aus sei die Berufung auch aus Sicht der Beklagten begründet. Es stehe fest, dass in der Person der Klägerin die materiell-rechtlichen Voraussetzungen für eine Befreiung von der Zweitwohnungsteuer auch für die Jahre 2009 bis 2011 erfüllt seien. Die Beklagte sei nicht gehindert, aus den von ihr vorgetragenen Erwägungen zumindest im Wege pflichtgemäßer Ermessensausübung die beantragte Befreiung von der Zweitwohnungsteuer zu gewähren. Ausweislich der Gesetzesmaterialien (amtliche Begründung zu § 1 KAG-ÄndG v. 9.5.2008, LT-Drs. 15/10637; Bericht d. Abgeordneten Meißner, Plenarprotokoll 15/123, S. 9006) habe die Steuerbefreiung bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen nicht kraft Gesetzes eintreten, sondern nur auf Antrag gewährt werden sollen. Dieser stehe in unmittelbarem Zusammenhang mit der Steuererhebung und werde deshalb vom Gesetzgeber auch in einem unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang mit dieser gestellt. Dabei werde eine tatsächliche Übereinstimmung von Veranlagung und Steuerjahr vorausgesetzt, die es erlaube, die Steuerbefreiung in zeitlichem Zusammenhang mit diesem (nämlich einen Monat nach Ende des Steuerjahres) zu beantragen. Der Gesetzgeber gehe also davon aus, dass die Pflicht zur Entrichtung der Steuer, die gemäß § 7 Zweitwohnungsteuersatzung der Landeshauptstadt München erst durch Erlass des Steuerbescheides begründet werde, während des Steuerjahres, für das Befreiung begehrt werde, bereits bestanden habe. Dieser Zusammenhang sei aber aufgehoben, wenn die Festsetzung der Steuer und damit die tatsächliche Zahlungspflicht rückwirkend für bereits abgelaufene Steuerjahre erfolge. In diesem Fall werde die zeitliche Beschränkung des Antrags auf einen Monat nach Ende des Steuerjahres funktionslos und gehe ins Leere. Vielmehr entspreche es dem erkennbaren Sinn des Gesetzes, bei nachträglicher Heranziehung zur Zweitwohnungsteuer auch das Antragsverfahren auf die zurückliegenden Steuerjahre zu beziehen und in das aktuelle Veranlagungsverfahren zu integrieren. Demgemäß akzeptiere die Beklagte in ihrer Verwaltungspraxis einen Befreiungsantrag als fristgemäß, der innerhalb eines Monats nach Aufforderung zur Abgabe der Zweitwohnungsteuererklärung eingehe. Diese Verfahrensweise überschreite den engen Wortlaut des Gesetzes, sei aber von dessen Sinn und Zweck gedeckt, sie ergebe sich damit als Ergebnis teleologischer Auslegung unmittelbar aus dem Gesetz.

Wolle man dieser Auslegung nicht folgen, so erweise sich die behördliche Zulassung von Befreiungsanträgen, die sich auf frühere, erst nachträglich veranlagte Steuerjahre bezögen, gleichwohl als rechtmäßig. Im Interesse von Rechtsklarheit und Planungssicherheit verlange Art. 3 Abs. 3 Satz 7 KAG zum Schutz der Gemeinden eine Antragstellung binnen eines Monats nach dem Steuerjahr. Diese Fristsetzung beschränke den materiell-rechtlichen Befreiungsanspruch des Einzelnen und stelle sich für diesen als Belastung dar, die einer gesetzlichen Regelung bedürfe. Sie erzeuge jedoch nicht umgekehrt auch eine Bindung für die Gemeinde. Denn sie diene allein deren Schutz und lasse deshalb Raum für eine bürgerfreundliche Gestaltung, die nicht auf die isolierte Fristsetzung nach dem reinen Gesetzeswortlaut abstelle, sondern dem vom Gesetz intendierten Zusammenhang der Antragstellung mit der Steuererhebung Rechnung trage. Es erwachse der Klägerin aus Art. 3 Abs. 1 GG ein Anspruch auf Gleichbehandlung, das heiße auf Anerkennung der Rechtzeitigkeit ihres Antrags und demzufolge auf Befreiung auch für die Jahre 2009 bis 2011.

Für den Fall, dass die von der Beklagten praktizierte Handhabung der Fristenregelung des Art. 3 Abs. 3 Satz 7 KAG verworfen werden sollte, werde höchst vorsorglich geltend gemacht, dass die Erhebung der Zweitwohnungsteuer für die Jahre 2009 bis 2011 unbillig wäre, Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. b Doppelbuchst. aa KAG i.V.m. § 163 Abs. 1 Satz 1 AO. Nachdem gerichtlich geklärt gewesen sei, dass die Klägerin die materiell-rechtliche Voraussetzung für eine Steuerbefreiung erfüllt habe, habe sich die Beklagte an der Gewährung der Befreiung nur durch die vermeintlich bestandskräftige Ablehnung des Antrags gehindert gesehen. Im Übrigen habe doch Übereinstimmung bestanden, dass die Klägerin nach dem Verständnis des Art. 3 Abs. 3 Satz 7 KAG durch die Beklagte auch für die zurückliegenden Jahre 2009 bis 2011 Befreiung habe beanspruchen können. Würde nun diese bürgerfreundliche Auslegung wegen Widerspruchs zum Gesetzeswortlaut als rechtswidrig und daher für den geltend gemachten Befreiungsanspruch als nicht tragfähig erklärt, so würde sie erstmals im Fall der Klägerin nicht mehr angewendet. Die langjährige Praxis der Beklagten sei für beide Parteien selbstverständlich vorausgesetzte, weil in ihrer Rechtmäßigkeit nicht bezweifelte Grundlage der mehrjährigen rechtlichen Auseinandersetzung. Entsprechend würden Billigkeitsmaßnahmen für erforderlich gehalten, wenn die Rechtsprechung einer langjährigen, nicht ohne weiteres als rechtswidrig erkennbaren Verwaltungspraxis nicht folge.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichts- und Behördenakten verwiesen.

Gründe

Die zulässige Berufung ist unbegründet. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Befreiung von der Zweitwohnungsteuer für die Jahre 2009 bis 2011. Der eine Befreiung für diese Jahre ausschließende Bescheid der Beklagten vom 26. Januar 2015 ist im Ergebnis rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten.

Zwar ist der eine Befreiung von der Zweitwohnungsteuer ablehnende Bescheid der Beklagten vom 16. Juli 2012 nicht bestandskräftig geworden, weil er durch Urteil des Verwaltungsgerichtshofs vom 12. November 2014 in vollem Umfang aufgehoben worden ist (1.). Jedoch war für die Jahre 2009 bis 2011 die gesetzliche Antragsfrist des Art. 3 Abs. 3 Satz 7 KAG bereits verstrichen, als die Klägerin erstmals Antrag auf Befreiung am 16. März 2012 stellte. Diese gesetzliche Antragsfrist ist eine Ausschlussfrist (2.). Aufgrund des klaren gesetzlichen Wortlauts kommt eine Auslegung dahingehend, dass statt der gesetzlich vorgesehenen Datumsfrist die Einhaltung einer Monatsfrist nach erstmaligem Erhalt von Steuererklärungsunterlagen ausreichen soll, nicht in Betracht (3.). Auch aus einem Anspruch auf Gleichbehandlung gemäß dem Verwaltungsvollzug der Beklagten (Kulanzregelung) kann die Klägerin kein Recht auf Befreiung herleiten, denn diese Kulanzregelung ist ihrerseits wegen Verstoßes gegen den klaren Wortlaut des Gesetzes und aus Gründen der Gleichbehandlung mit sich rechtstreu verhaltenden Steuerpflichtigen rechtswidrig (4.). Schließlich besteht auch kein Anspruch der Klägerin auf Erlass der Steuer aus Billigkeitsgründen (5.). Mangels eines Anspruches der Klägerin auf Erlass der Zweitwohnungsteuer für die Jahre 2009 bis 2011 haben daher sämtliche Haupt- und Hilfsanträge der Klägerin im Berufungsverfahren keinen Erfolg. Die Berufung war daher zurückzuweisen.

1. Entgegen der von der Beklagten vertretenen Auffassung ist der eine Befreiung ablehnende Bescheid vom 16. Juli 2012 in vollem Umfang durch das Urteil des Verwaltungsgerichtshofs vom 12. November 2014 aufgehoben worden. Der Tenor dieser Entscheidung ist eindeutig, er enthält keine Einschränkung für einzelne Steuerjahre. Damit ist aber der ursprüngliche Antrag der Klägerin auf Befreiung von der Steuer vom 16. März 2012 noch offen und konnte noch verbeschieden werden. Der spätere Antrag vom 8. Dezember 2014 hat demgegenüber keine eigene Bedeutung, er bezieht sich richtigerweise auch auf den maßgeblichen Antrag vom März 2012. Die von der Klägerin im Berufungsverfahren gestellten Hilfsanträge Nr. 6 und 7 sind daher hinfällig, weil sie nur für den Fall gestellt wurden, dass der Senat den Ablehnungsbescheid vom 16. Juli 2012 für teilweise bestandskräftig hält.

2. Die Anträge Nr. 1 bis 5 der Klägerin im Berufungsverfahren haben keinen Erfolg, weil es an einem Anspruch auf Steuerbefreiung für die Jahre 2009 bis 2011 fehlt. Es bleibt daher bei der ursprünglichen Steuerfestsetzung ohne Rückerstattung mit entsprechender Verzinsung:

Nach der gesetzlichen Regelung des Art. 3 Abs. 3 Satz 7 KAG setzen Entscheidungen nach den Sätzen 2 bis 6 dieser Vorschrift (Entscheidungen über die Nichterhebung der Steuer) „einen Antrag voraus, der bis zum Ende des Kalendermonats, der auf das Steuerjahr folgt, gestellt sein muss.“ Diese zum 1. Januar 2009 in Kraft getretene Vorschrift normiert eine Ausschlussfrist (Engelbrecht in Schieder/Happ, BayKAG, Stand Juni 2016, Art. 3 Rn. 27 fh). Für das Steuerjahr 2011 (und damit erst recht für die früheren Jahre) ist der Antrag vom März 2012 zu spät gestellt worden, er hätte bis Ende Januar 2012 gestellt sein müssen. Nach der insoweit klaren gesetzlichen Regelung kann daher von der Beklagten aufgrund des Antrags vom März 2012 keine Entscheidung mehr über die Nichterhebung der Steuer nach Art. 3 Abs. 3 Sätze 2 bis 6 KAG getroffen werden. Art. 3 Abs. 3 Satz 7 KAG ist insoweit nicht auslegungsbedürftig, es bleibt bei fehlendem oder verspätetem Antrag schlicht bei der Zweitwohnungsteuerpflicht nach der Zweitwohnungsteuersatzung (ZwStS) der Beklagten.

Eine derartige gesetzliche Ausschlussfrist ist verfassungsrechtlich zulässig. Sie ist durch sachliche Gründe gerechtfertigt und verhältnismäßig (vgl. zu diesen Kriterien BVerwG, U.v. 10.12.2013 - 8 C 25/12 - juris Rn. 24-26). Der Gesetzgeber erreicht mit einer solchen Regelung im Interesse der steuererhebenden Kommunen, dass schon kurze Zeit nach Beendigung eines Steuerjahres Rechtssicherheit herrscht und die Kommune nicht noch weiterhin mit Befreiungsanträgen und darauf gegebenenfalls folgenden Rückabwicklungen von Steuererhebungen für längst vergangene Steuerjahre rechnen muss. Zudem wird ein Anreiz geschaffen, zur Vermeidung von Rechtsnachteilen (Fristablauf) der Anzeige- und Meldepflicht von Zweitwohnungen zeitnah nachzukommen und diese Wohnungen einer Veranlagung zuzuführen. Der Gesetzgeber hat dabei einen gewissen Gestaltungsspielraum insbesondere bei der Gewährung von Ansprüchen oder Vergünstigungen (wie hier der Gewährung von Steuerbefreiung) und kann bei seiner Regelung auf den „Normalfall“ eines sich rechtstreu meldenden und anzeigenden Steuerpflichtigen abstellen. Es ist nicht ersichtlich, dass für diese Fälle die vom Gesetzgeber gewählte Fristenregelung unzumutbar wäre.

3. Die Klägerin meint, die Fristenregelung des Art. 3 Abs. 3 Satz 7 KAG sei konform mit der Verwaltungspraxis der Beklagten dahingehend auszulegen, dass die Frist auch noch gewahrt sei, wenn der Befreiungsantrag innerhalb eines Monats nach Erhalt der Steuererklärungsunterlagen gestellt werde. Dies entspreche der erkennbaren Intention des Gesetzes, bei nachträglicher Heranziehung zur Steuer für frühere Steuerjahre auch das Antragsverfahren für die Befreiung auf die zurückliegenden Jahre zu beziehen und in das aktuelle Veranlagungsverfahren zu integrieren.

Diese Auffassung teilt der Senat nicht. Der Wortlaut des Art. 3 Abs. 3 Satz 7 KAG ist klar und eindeutig. Eine Intention des Gesetzgebers in dem von der Klägerin beschriebenen Sinne ist weder dem Wortlaut des Gesetzes noch der Gesetzesbegründung zu entnehmen. Die Gesetzesbegründung (LT-Drs. 15/10637 vom 9.5.2008) enthält zur Antragsfrist nur den schlichten Hinweis, dass der Antrag bis zum Ende des auf das Steuerjahr folgenden Kalendermonats zulässig sei. Ein strikter Zusammenhang mit dem Veranlagungsverfahren kann der Regelung nicht ansatzweise entnommen werden. Die Klägerin meint offenbar, dass die Steuer stets nach Ablauf des Steuerjahrs festgesetzt werde. Das ist indes nicht der Fall. Denn die Steuerpflicht setzt nach § 6 Abs. 2 ZwStS nicht erst nach Ablauf des Steuerjahres, sondern bereits zu dessen Beginn ein. Für den Normalfall eines Zweitwohnungsinhabers, der seine Zweitwohnung ordnungsgemäß umgehend nach § 8 ZwStS oder durch Anmeldung gemäß Melderecht anmeldet oder anzeigt, und von dem der Gesetzgeber bei seiner Regelung als Normalfall ausgehen kann, wird es für gewöhnlich zu Beginn des Steuerjahres zu einer Festsetzung der Steuer nach § 7 Abs. 1 und 2 ZwStS kommen, nach § 7 Abs. 1 Satz 2 ZwStS sogar für mehrere Jahre im Voraus. Es gibt daher weder im Gesetzestext noch nach der Gesetzesbegründung einen Zusammenhang zwischen der Frist für den Antrag auf Befreiung und der Steuerfestsetzung durch Steuerbescheid (Veranlagung) selbst. Abgesehen davon läge bei dem von der Klägerin favorisierten Übergang von einer fixen Datumsfrist zu einer flexibel einsetzenden Monatsfrist ein völlig anderes Regelungsmodell vor, das zudem an erheblichen Rechtsunsicherheiten litte, weil die Nachweisbarkeit des Zugangszeitpunktes der Steuererklärungsunterlagen eine förmliche Zustellung voraussetzte, an der es im Verwaltungsvollzug im Massenverfahren regelmäßig fehlt. Eine derartige Regelungsintention des Gesetzgebers kann daher nicht angenommen werden, zumal die rückwirkende Festsetzung der Steuer für frühere Steuerjahre in der Regel - wie auch im vorliegenden Fall - allein dem Umstand geschuldet ist, dass der Steuerpflichtige die von ihm schon länger innegehabte Zweitwohnung entgegen der Anordnung in der Zweitwohnungsteuersatzung (§ 8 ZwStS) pflichtwidrig nicht angezeigt hat. Die Vorschrift des Art. 3 Abs. 3 Satz 7 KAG kann daher nicht, wie von der Klägerin für sich in Anspruch genommen, ausgelegt werden.

4. Die Klägerin hat auch keinen Anspruch darauf, dass die Beklagte gemäß ihrer „Kulanzregelung“ aus Gleichbehandlungsgründen eine Nichterhebung der für die Klägerin fällig gewordenen Steuer durchführt, denn diese „Kulanzregelung“ ist wegen Verstoßes gegen die gesetzliche Regelung des Art. 3 Abs. 3 KAG und wegen Verstoßes gegen die Zweitwohnungsteuersatzung der Beklagten rechtswidrig und führt zudem bei Anwendung in einem Fall wie dem der Klägerin zu Verzerrungen, die rechtstreue Steuerpflichtige unbillig benachteiligt.

Nach übereinstimmenden Vortrag der Beteiligten praktiziert die Beklagte etwa seit dem Februar 2010 eine Art „pauschale Wiedereinsetzung“ bei Versäumung der Antragsfrist des Art. 3 Abs. 3 Satz 7 KAG. Sie lässt es dabei ausreichen, wenn im Falle der erstmaligen Veranlagung zur Zweitwohnungsteuer der Befreiungsantrag innerhalb eines Monats nach Zusendung der Steuererklärungsformulare eingeht. Die gesetzliche Frist wird dadurch also von der Beklagten in diesen Fällen faktisch nicht mehr beachtet. Der Grund hierfür sei nach den Angaben der Beklagten in der mündlichen Verhandlung anfangs gewesen, dass es dem Personal der Beklagten seinerzeit nicht möglich gewesen sei, die Menge der Zweitwohnungsteuerfälle jeweils noch innerhalb des laufenden Steuerjahres abzuarbeiten. Offenbar wurde diese Handhabung dann auch auf Fälle ausgeweitet, bei denen die Veranlagung für vergangene Steuerjahre nicht auf Verzögerungen im Bereich der Verwaltung der Beklagten, sondern etwa auf verspäteter Anzeige oder Meldung einer Zweitwohnung durch den Steuerpflichtigen beruht.

a) Entgegen der Auffassung der Klägerin ist Art. 3 Abs. 3 Satz 7 KAG kein für die Beklagte dispositives Recht, denn sie weicht bei Ignorierung des gesetzlichen Normbefehls von ihrer eigenen Zweitwohnungsteuersatzung ab, die derartige Befreiungsmöglichkeiten nicht normiert (und auch nicht normieren muss, vgl. Engelbrecht in Schieder/Happ, KAG, Stand Juni 2016, Art. 3 Rn. 27 ff). Denn für die Eröffnung der Möglichkeit der Befreiung setzt der klare Gesetzeswortlaut zwingend einen binnen vom Gesetzgeber ebenfalls klar vorgegebener Frist gestellten Antrag voraus. Fehlt es aus welchen Gründen auch immer an einem solchen Antrag, können Entscheidungen nach Art. 3 Abs. 3 Sätze 2 bis 6 KAG nicht ergehen. Auch wenn die materiellen Voraussetzungen der Nichterhebung der Steuer danach vorliegen sollten, bleibt es ohne Antragsverfahren bei der in der Zweitwohnungsteuersatzung der Beklagten festgelegten Steuerpflicht (vgl. auch Einzelbegründung B) VI. zu § 1, LT-Drs. 15/10637 vom 9.5.2008), der Steueranspruch erlischt gerade nicht unmittelbar aufgrund der gesetzlichen Regelung. Diese bleibende Steuerpflicht hat die Beklagte vorbehaltlich der Möglichkeiten des Art. 13 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 Buchst. b KAG i.V.m. § 163 Abs. 1 Satz 1 AO durchzusetzen, will sie sich kein generelles Erhebungsdefizit vorwerfen lassen.

b) Die Anwendung der Kulanzregelung gerade auf den Fall der Klägerin wäre zudem eine vor dem Hintergrund des Art. 3 Abs. 1 GG unerträgliche Ungleichbehandlung mit Steuerpflichtigen, die (rechtstreu) ihren Anzeige- und Meldepflichten bezüglich ihrer Zweitwohnung im Bereich der Beklagten nachkommen, von der Beklagten veranlagt werden (nach § 7 Abs. 1 ZwStS gleich für mehrere Jahre) und dann später im weiteren zeitlichen Ablauf die materiellen Voraussetzungen der Art. 3 Abs. 3 Sätze 2 bis 6 KAG erfüllen, jedoch eine Antragstellung innerhalb der Frist des Art. 3 Abs. 3 Satz 7 KAG verpassen und deswegen keine Befreiung bekommen. Derartige Fallkonstellationen haben den Senat gerade auch aus dem Bereich der Beklagten bereits erreicht.

Auch solche Steuerpflichtige berufen sich - wie die Klägerin - darauf, dass sie die Befreiungsmöglichkeit nicht gekannt oder (nach Erhalt eines Hinweises schon vor Jahren) vergessen haben. Warum diese sich rechtstreu verhaltenden Steuerpflichtigen schlechter gestellt sein sollen als die Klägerin, die ihren Melde- und Anzeigepflichten gar nicht erst nachgekommen ist, leuchtet nicht ein. Das Argument, der bereits veranlagte Steuerbürger wisse um die Zweitwohnungsteuer und könne sich daher besser informieren, überzeugt nicht. Informieren kann sich heute - noch dazu mit Blick auf die von der Beklagten betriebene Internetpräsenz - jedermann. Dass man wenigstens seiner Meldepflicht zu genügen hat, ist auch allgemein bekannt. Will man sich nicht selbst informieren, besteht auch die Möglichkeit, sich etwa von Steuerberatern über die steuerlichen Verpflichtungen aus dem Innehaben einer Zweitwohnung informieren zu lassen (zum unbegrenzten Vertretungsrecht dieses Berufsstands im Bereich der Kommunalabgaben vgl. BVerwG, U.v. 20.1.2016 - 10 C 17/14 - juris).

Beide Gruppen von Steuerpflichtigen kennen, aus welchem Grund auch immer, die Antragsfrist des Art. 3 Abs. 3 Satz 7 KAG im entscheidenden Zeitpunkt nicht. Eine Bevorzugung gerade der Nichtanmelder von Zweitwohnungen stellte geradewegs eine Einladung dazu dar, seinen Anzeigepflichten nicht nachzukommen und sich damit alle Rechtsvorteile dauerhaft zu sichern.

5. Die Klägerin hat auch keinen Anspruch auf abweichende Festsetzung der Zweitwohnungsteuer aus Billigkeitsgründen, Art. 13 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 Buchst. b KAG i.V.m. § 163 Abs. 1 Satz 1 AO. Danach können Steuern niedriger festgesetzt werden, wenn die Erhebung der Steuer nach Lage des einzelnen Falls unbillig wäre.

Die Klägerin meint hierzu, dass bei Verwerfung der Verwaltungspraxis der Beklagten als rechtswidrig der anderen Steuerpflichtigen bislang danach gewährte Befreiungsanspruch erstmals im Falle der Klägerin nicht mehr angewendet würde. Es würden in der Rechtsprechung Billigkeitsmaßnahmen für erforderlich gehalten, wenn etwa die Rechtsprechung einer langjährigen und nicht ohne weiteres als rechtswidrig erkannten Verwaltungspraxis nicht folge.

Mit dieser Argumentation kann eine abweichende Festsetzung aus Billigkeitsgründen jedoch nicht begründet werden. Es gibt keinen Anspruch auf Gleichbehandlung im Unrecht oder auf eine Fortsetzung eines durch neue Erkenntnisse als unrechtmäßig erkannten Verwaltungshandelns. Die erstmalige Nichtanwendung einer als rechtswidrig erkannten Verwaltungspraxis ist indes Konsequenz jeder Korrektur.

Auch Billigkeitserwägungen rechtfertigen vorliegend keine andere Beurteilung. Die Billigkeitsprüfung verlangt eine Gesamtbetrachtung aller Normen, die für die Entstehung des Steueranspruchs im konkreten Fall maßgeblich sind. Erst durch sie kann festgestellt werden, ob das Ergebnis des allgemeinen Gesetzesvollzugs mit der Einzelfallgerechtigkeit noch vereinbar ist. Der Billigkeitserlass ist dabei kein Vehikel, gesetzlich klar festgelegte Ausschlussfristen zu umgehen (vgl. Loose in Tipke/Kruse, AO 146. Lieferung 10.2016, § 163 AO Rn. 9 mit Hinweis auf BFH vom 26.5.1994 - IV R 51/93 - BeckRS 1994, 22011106).

Das vom Kläger angeführte Vertrauen in ein bestimmtes bisheriges Verwaltungshandeln einer Behörde setzte zudem für seine Berücksichtigung im Rahmen einer Billigkeitsmaßnahme voraus, dass der Betreffende, der auf den Fortbestand einer für ihn günstigen Verwaltungspraxis oder Rechtsprechung vertraut hat, auch entsprechende Dispositionen getroffen hat, die schutzwürdig sind. Die entsprechende Rechtslage darf darüber hinaus nicht als zweifelhaft erschienen sein (vgl. Rüsken in Klein, AO, 13. Aufl. 2016, § 163 Rn. 83/84/86). Im vorliegenden Fall fehlt es diesbezüglich schon an einer von der Klägerin nicht als zweifelhaft angesehenen Verwaltungspraxis. Denn die Klägerin hat schon in ihrem Widerspruchsschreiben vom 18. Februar 2015 selbst ausgeführt, dass ihr die Kulanzregelung der Beklagten bei Klageerhebung 2012 gar nicht bekannt gewesen sei. In einem weiteren Schreiben vom 20. April 2015 lässt die Klägerin ausführen, dass ihr ein von der Beklagten gegebener Hinweis auf die Kulanzregelung unklar geblieben sei und nicht zu der ihr vorgeworfenen Kenntnis von jener Kulanzregelung geführt habe, denn dem unbefangenen Leser, der nur das Gesetz, nicht aber die interne Regelung der Beklagten kenne, müsse die Mitteilung vielmehr als unverständlich erscheinen, nachdem Art. 3 Abs. 3 Satz 7 KAG eine eindeutige und dem entgegenstehende Regelung treffe. Die Klägerin hat damit unmissverständlich zum Ausdruck gebracht, dass sie die Verwaltungspraxis der Beklagten zum damaligen Zeitpunkt nicht kannte und sie selbst bei Kenntnis jedenfalls wegen des klaren Gesetzeswortlauts als höchst zweifelhaft angesehen hätte. Zudem fehlt es im vorliegenden Fall ersichtlich an irgendwelchen schutzwürdigen Dispositionen, die die Klägerin im Vertrauen auf diese Regelung getätigt hätte. Es fehlt daher an allen Voraussetzungen für einen Erlass im Billigkeitswege.

Die Versäumung der Antragsfrist ist vorliegend nicht auf behördliches Fehlverhalten der Beklagten zurückzuführen (vgl. zur Berücksichtigung derartigen Fehlverhaltens bei der „Nachsichtgewährung“ BVerwG, U.v. 10.12.2013 - 8 C 25/12 - juris Rn. 29). Es kann auch nicht angenommen werden, dass nach dem mutmaßlichen Willen des Gesetzgebers dieser die im Billigkeitswege zu entscheidende Frage - hätte er sie geregelt - im Sinne der von der Klägerin verlangten Billigkeitsmaßnahme entschieden hätte (zu diesem Maßstab BFH, U.v. 26.5.1994 - IV R 51/93 - BeckRS 1994, 22011106), denn es kann nicht erwartet werden, dass der Gesetzgeber langjährige Nichtanmelder von Zweitwohnungen hätte bevorzugen wollen.

6. Die Kostenentscheidung für das Berufungsverfahren ergibt sich aus § 154 Abs. 2 VwGO.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 Abs. 2 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11 und 711 ZPO.

7. Die Revision ist nicht zuzulassen, weil kein Zulassungsgrund nach § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.

(1) Ein Verwaltungsakt ist nichtig, soweit er an einem besonders schwerwiegenden Fehler leidet und dies bei verständiger Würdigung aller in Betracht kommenden Umstände offenkundig ist.

(2) Ohne Rücksicht auf das Vorliegen der Voraussetzungen des Absatzes 1 ist ein Verwaltungsakt nichtig,

1.
der schriftlich oder elektronisch erlassen worden ist, die erlassende Finanzbehörde aber nicht erkennen lässt,
2.
den aus tatsächlichen Gründen niemand befolgen kann,
3.
der die Begehung einer rechtswidrigen Tat verlangt, die einen Straf- oder Bußgeldtatbestand verwirklicht,
4.
der gegen die guten Sitten verstößt.

(3) Ein Verwaltungsakt ist nicht schon deshalb nichtig, weil

1.
Vorschriften über die örtliche Zuständigkeit nicht eingehalten worden sind,
2.
eine nach § 82 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 bis 6 und Satz 2 ausgeschlossene Person mitgewirkt hat,
3.
ein durch Rechtsvorschrift zur Mitwirkung berufener Ausschuss den für den Erlass des Verwaltungsakts vorgeschriebenen Beschluss nicht gefasst hat oder nicht beschlussfähig war,
4.
die nach einer Rechtsvorschrift erforderliche Mitwirkung einer anderen Behörde unterblieben ist.

(4) Betrifft die Nichtigkeit nur einen Teil des Verwaltungsakts, so ist er im Ganzen nichtig, wenn der nichtige Teil so wesentlich ist, dass die Finanzbehörde den Verwaltungsakt ohne den nichtigen Teil nicht erlassen hätte.

(5) Die Finanzbehörde kann die Nichtigkeit jederzeit von Amts wegen feststellen; auf Antrag ist sie festzustellen, wenn der Antragsteller hieran ein berechtigtes Interesse hat.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.