Verwaltungsgericht München Urteil, 11. Juni 2015 - M 10 K 14.1744

published on 11/06/2015 00:00
Verwaltungsgericht München Urteil, 11. Juni 2015 - M 10 K 14.1744
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Gericht

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Tenor

I.

Die Klage wird abgewiesen.

II.

Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

III.

Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.

Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

Der Kläger wendet sich gegen die Feststellung des Verlusts seines Rechts auf Einreise und Aufenthalt.

Der im Jahr 1955 geborene Kläger ist italienischer Staatsangehöriger, sein Vater war ebenfalls Italiener. Der Kläger hält sich seit seiner Geburt im Bundesgebiet auf. Er hat keine Kinder. Seine beiden Geschwister leben ebenfalls im Bundesgebiet.

Nach Abschluss der Hauptschule mit dem qualifizierenden Hauptschulabschluss absolvierte der Kläger zwei abgeschlossene Lehren als Maschinenschlosser und Gärtner. In den vergangenen Jahren ging der Kläger jedoch keiner geregelten Beschäftigung mehr nach. Seinen Lebensunterhalt finanzierte er durch den Verkauf von Flohmarktwaren und kleinen Tätigkeiten, welche ihm durch die Jobbörse vermittelt wurden.

Bis zu seiner Inhaftierung am ... Juli 2012 lebte der Kläger in der Mietwohnung seines Vaters, der aufgrund seines hohen Alters von 90 Jahren körperlich eingeschränkt war. Der Vater des Klägers nahm bereits seit Jahren Morphinsulfat-Tabletten ein, die ihm von seinen Hausärzten verschrieben worden waren. Die Tabletten wurden regelmäßig in der Größe N3, einer 100-Stück-Packung verordnet.

Der Kläger ist strafrechtlich bisher vielfach in Erscheinung getreten und aus diesem Grund mit Bescheid vom 6. Februar 1984 aus der Bundesrepublik Deutschland ausgewiesen worden. Der Bescheid ist seit 19. April 1985 rechtskräftig. Nachdem der Kläger seiner Ausreiseverpflichtung nicht nachkam, wurde er nach Italien abgeschoben. Der Kläger ignorierte die damit verbundene Wiedereinreisesperre, so dass bis Ende des Jahres 2010 zwölf Abschiebungen des Klägers vollzogen wurden. Auch während der Aufenthalte im Bundesgebiet trat der Kläger immer wieder strafrechtlich in Erscheinung.

Das Bundeszentralregister vom ... Oktober 2010 wies 37 Eintragen auf. Da es sich bei den letzten Verurteilungen jedoch nur um Geldstrafen handelte, wurde von Seiten der Ausländerbehörde ... die Ausweisungsverfügung und die Abschiebungswirkungen des Bescheides vom 6. Februar 1984 nachträglich auf den 10. Januar 2011 befristet. Zwischenzeitlich summieren sich die Eintragungen im Bundeszentralregister jedoch auf 43.

So wurde der Kläger u. a. vom Amtsgericht München am 26. April 2011 wegen vorsätzlicher Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von 6 Monaten verurteilt. Die Strafvollstreckung wurde zur Bewährung ausgesetzt. Die Strafe wurde in den folgenden Monaten in die nächste Verurteilung miteinbezogen. Am 17. August 2011 wurde der Kläger beim Amtsgericht München wegen der vorsätzlichen und unerlaubten Abgabe von Betäubungsmitteln zu einer Freiheitsstrafe von 10 Monaten verurteilt, weil der Kläger die Morphintabletten seines Vaters mit sich genommen und an andere Personen weitergegeben hatte.

Am 12. Juli 2012 wurde der Kläger wegen Diebstahls zu einer Freiheitsstrafe von 4 Monaten verurteilt, die er aufgrund seiner negativen Sozialprognose auch verbüßen musste.

Bei seiner letzten Verurteilung durch das Landgericht München I vom 12. März 2013 wurde der Kläger zu einer Freiheitsstrafe von 1 Jahr und 8 Monaten unter Einbezug der vorangegangenen Verurteilung von 4 Monaten wegen Verstoß gegen das Betäubungsmittelgesetz verurteilt. Der Verurteilung lag folgender Sachverhalt zugrunde: Der Vater des Klägers musste bereits seit einigen Jahren zwischen 6 und 8 Morphin-Tabletten täglich einnehmen. Die Rezepte der Ärzte wurden dem Kläger teils ohne die Anwesenheit seines Vaters ausgehändigt. So wurden im Zeitraum Juni/Juli 2012 mehrfach Rezepte von Packungen von 50 oder 100 Stück Morphin-Tabletten dem Kläger ausgehändigt. Zwischen dem 14. Mai 2012 und dem 23. August 2012 erhielt der Kläger mit Hilfe der Rezepte insgesamt 900 Tabletten. Die Rezepte wurden teils eingelöst, obwohl die vorangegangene Packung noch nicht aufgebraucht war. Die Tabletten wurden regelmäßig von dem Kläger aus der St. Rupertus-Apotheke abgeholt. Am 4. Juli 2012 löste der Kläger erneut ein Rezept über 100 Tabletten ein, welche er zu seinem Vater in die Wohnung verbrachte. Dabei nahm er eine andere Verpackung mit 50 Tabletten anschließend aus der Wohnung wieder mit. Vom Gericht konnte nicht abschließend geklärt werden, ob die Tabletten zur eigenen Zwecken dienen sollten oder ein teilweiser oder vollständiger Verkauf der Morphin-Tabletten an Dritte beabsichtigt war. Am 5. Juli 2012 wurde der Kläger am Hauptbahnhof ... einer Personenkontrolle unterzogen und dabei wurden von den Beamten 81 Tabletten sichergestellt. Eine für den Umgang mit Betäubungsmitteln erforderliche Erlaubnis besaß der Kläger zu keinem Zeitpunkt. Diese wäre auf jeden Fall notwendig gewesen, da die Tabletten nicht mehr für die Behandlung des Vaters vorgesehen waren.

Das Gericht konnte dem Kläger auch aufgrund einschlägiger Vorverurteilungen keine günstige Sozialprognose mehr stellen. Bis zu dieser Verurteilung hat der Kläger bereits 13 Jahre Freiheitsstrafe verbüßt.

Der Kläger hat seine Haftstrafen bis zum 19. Dezember 2014 in der Justizvollzugsanstalt ... verbüßt.

Mit Schreiben vom 12. August 2013 gab die Beklagte dem Kläger Gelegenheit, sich zu einer beabsichtigten Feststellung des Verlustes des Rechts auf Einreise und Aufenthalt zu äußern. Der Kläger gab an, dass er sich einer Rückkehr nach Italien widersetzen würde und sich im Falle einer Ausreise wieder unerlaubt in das Bundesgebiet begeben würde.

Mit Bescheid vom 4. April 2014 stellte die Beklagte fest, dass der Kläger sein Recht auf Einreise und Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland verloren hat (Ziffer 1 des Bescheides). Die Wiedereinreise wurde für 5 Jahre untersagt (Ziffer 2 des Bescheides). Nach Ziffer 3 des Bescheides hat der Kläger das Bundesgebiet innerhalb eines Monats nach Zustellung dieses Bescheides zu verlassen. Sollte der Kläger nicht fristgerecht ausreisen oder aufgrund seiner Inhaftierung nicht ausreisen können, wird der Kläger nach Italien abgeschoben.

Zur Begründung des Bescheides wird ausgeführt, dass nach § 2 Abs. 1 des Gesetzes über die allgemeine Freizügigkeit von Unionsbürgern (FreizügG/EU) freizügigkeitsberechtigte Unionsbürger und deren Familienangehörige das Recht auf Einreise und Aufenthalt hätten. Der Verlust dieses Rechts könne aber nach § 5 Abs. 4 und § 6 Abs. 1 dieses Gesetzes aus Gründen der öffentlichen Sicherheit, Ordnung und Gesundheit festgestellt werden (Art. 39 Abs. 3, Art. 46 Abs. 1 des Vertrages über die europäische Gemeinschaft). Beim Kläger werde vorsorglich vom Vorliegen der Freizügigkeit ausgegangen.

Die Voraussetzungen des § 6 Abs. 2 FreizügG/EU lägen hier vor. Der Kläger sei im Bundesgebiet massiv strafrechtlich in Erscheinung getreten. Aufgrund seiner Straftaten sei der Kläger bereits mit Bescheid vom 6. Februar 1984 ausgewiesen worden. Da der Kläger seiner Ausreiseverpflichtung nicht nachgekommen sei bzw. wiederholt unerlaubt in das Bundesgebiet wieder eingereist sei, sei er in der Folge mehrfach abgeschoben worden. Um den Kläger nochmals die Möglichkeit zu geben, im Bundesgebiet zu leben, seien der Bescheid und die Abschiebungswirkungen nachträglich mit Bescheid vom 10. Januar 2011 befristet worden. Der Kläger habe diese Chance jedoch nicht genutzt und sei weiterhin massiv straffällig geworden.

Mit Urteil vom 26. April 2011 sei der Kläger vom Amtsgericht München wegen vorsätzlicher Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von 6 Monaten verurteilt worden. Die Vollstreckung der Strafe sei für 4 Jahre zur Bewährung ausgesetzt worden. Diese Verurteilung sei in das Urteil des Amtsgerichts München vom 7. August 2011 wegen vorsätzlicher unerlaubter Abgabe von Betäubungsmitteln miteinbezogen und zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 10 Monaten zusammengefasst worden. Mit Urteil vom 12. Juli 2012 habe das Amtsgericht München den Kläger wegen Diebstahls zu einer Freiheitsstrafe von 4 Monaten verurteilt. Dieses Urteil sei in die Gesamtstrafenbildung im Urteil des Amtsgerichts München vom 22. November 2012 wegen unerlaubten Besitz von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge miteinbezogen worden, so dass der Kläger zu einer Freiheitsstrafe von 1 Jahr und 8 Monaten verurteilt worden sei.

Das Amtsgericht habe in seinem letzten Urteil ausdrücklich klargestellt, dass auch keinen günstige Sozialprognose im Sinne von § 56 Abs. 1 StGB gestellt werden könne. Der Kläger sei Wiederholungstäter und Bewährungsversager. Zudem spreche das ungeklärte berufliche Fundament gegen die Annahme einer positiven Sozialprognose. Auch habe bei der Strafzumessung berücksichtigt werden müssen, dass der Kläger in der Vergangenheit bereits über 13 Jahre Freiheitsstrafe verbüßt habe.

Angesichts der Tatsache, dass es sich nicht um eine Einzeltat handle, sei von einer konkreten Wiederholungsgefahr auszugehen. Diese Gefahr könne der Allgemeinheit nicht zugemutet werden. Die Feststellung des Verlustes des Rechts auf Einreise und Aufenthalt sei zum Schutz der öffentlichen Sicherheit und Ordnung unumgänglich. Es liege somit eine tatsächliche und hinreichende Gefährdung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung vor, die die Aufenthaltsbeendigung des Klägers rechtfertige.

Strafrechtlichen Entscheidungen lägen mittlerweile auch spezialpräventive Überlegungen zugrunde. In die Strafzumessung fließe deshalb auch heute eine Prognose über die Gefährlichkeit des Klägers ein. Eine strafgerichtliche Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe ohne Bewährung sei deshalb auch hinreichender Gradmesser des im Rahmen des Verwaltungsrechts bestehenden Bedürfnisses vorbeugender Schutzmaßnahmen.

Die Sozialschädlichkeit des Drogenkonsums stehe außer Zweifel. Schon der Besitz von Betäubungsmitteln sei strafbar. Ferner sei die meist mit regelmäßigem Betäubungsmittelkonsum einhergehende Anhangkriminalität zu beachten. Auch führe der Drogenkonsum nicht selten zum Verlust des Arbeitsplatzes und zum sozialen Abstieg, was wiederum den Betroffenen dazu verleite, seine Sucht aus Straftaten wie Eigentumsdelikten oder Drogenhandel zu finanzieren. Im Fall des Klägers seien diese Merkmale bereits eingetroffen, denn wie schon an anderer Stelle des Bescheides erwähnt, sei der Kläger in den vergangenen Jahren keiner geordneten Erwerbstätigkeit nachgegangen. Der Kläger habe offenbar versucht, einen Teil seines Lebensunterhaltes über die Begehung von Diebstählen zu sichern und letztlich habe der Kläger offenbar mit dem Handel von Morphin-Tabletten seines Vaters eine lukrative Einnahmequelle gefunden. Es könne jedoch nicht ausgeschlossen werden, dass der Kläger einige der Tabletten auch für den Eigenbedarf für sich zurückgehalten habe. Da der Kläger offensichtlich des Öfteren Betäubungsmittel konsumiert habe, sei davon auszugehen, dass er bei einem weiteren Aufenthalt in der Bundesrepublik weiter gegen die Rechtsvorschriften verstoße, sei es wegen Besitzes, Erwerbes oder gar Handels mit Betäubungsmitteln.

Ein solches Verhalten sei grundsätzlich strafbar und stelle einen nicht geringfügigen Verstoß gegen die Rechtsordnung dar.

Zusätzlich würde durch Rauschgiftdelikte die öffentliche Sicherheit und Ordnung im besonderen Maße bedroht. Durch das In-Verkehr-Bringen von Betäubungsmitteln werde eine Gruppe von Abhängigen und späteren Straftätern geschaffen und ständig vergrößert. An dieser Stelle sei insbesondere darauf zu verweisen, dass es sich bei den vom Kläger in den Verkehr gebrachten Tabletten noch um Medikamente handele. Diese Tabletten könnten bei einer falschen Anwendung sogar tödliche Folgen haben. Insbesondere Delikten, die zur Verbreitung von Betäubungsmitteln beitragen, sei deshalb nicht nur mit Mitteln des Strafrechts, sondern auch mit allen rechtlich zulässigen Mitteln des Ausländerrechts zu begegnen.

Das Verhalten des Klägers belege seine negative Einstellung zur Rechtsordnung und zeuge von krimineller Energie. Durch das wiederholte straffällige Verhalten habe der Kläger die öffentliche Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland in besonderem Maße gefährdet und gegen die öffentliche Ordnung verstoßen. Dies mache die fehlende Fähigkeit bzw. den mangelnden Willen des Klägers, die bestehende Rechtsordnung zu beachten deutlich und zeige, dass auch weiterhin beim Kläger mit vorsätzlichen Straftaten zu rechnen sei. Der Kläger habe sich in der Vergangenheit weder durch behördliche Maßnahmen beeindrucken lassen und auch die eingeräumte Chance, welche ihm durch die nachträgliche Befristung der Ausweisungs- und Abschiebungswirkung eingeräumt worden sei, komplett außer Betracht gelassen. Erschwerend komme hinzu, dass der Kläger seit der Befristung noch massiver in Erscheinung getreten sei, sowohl im Umfang der begangenen Straftaten als auch in Hinsicht auf die hohe Rückfallgeschwindigkeit.

Der Kläger habe die öffentliche Sicherheit und Ordnung im besonderen Maße gestört und sich bedenkenlos über die geltenden Rechtsvorschriften der Bundesrepublik Deutschland hinweggesetzt, wenn es um die Erlangung persönlicher Vorteile gegangen sei. Es liege somit eine tatsächliche und hinreichend schwere Gefährdung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung vor, die die Feststellung des Verlustes des Rechts auf Einreise und Aufenthalt rechtfertigen würde.

Es sei nach pflichtgemäßem Ermessen und unter Beachtung der Grundsätze der Verhältnismäßigkeit und des Vertrauensschutzes zu prüfen, ob die Feststellung des Rechtsverlustes geboten sei. Hierzu sei eine Güter- und Interessenabwägung vorzunehmen gewesen, für die folgende Gesichtspunkte in Betracht gekommen seien:

Die Ausländerbehörde gehe bei der Güter- und Interessenabwägung von dem vom Strafgericht und polizeilichen Ermittlungen festgestellten Tathergang aus. Eigene Ermittlungen seien in dieser Hinsicht nicht erforderlich.

Die abgeurteilten Straftaten stellten eine erhebliche Störung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung dar. Es bestünden Anhaltspunkte dafür, dass die öffentliche Sicherheit und Ordnung bei der weiteren Anwesenheit des Klägers im Bundesgebiet auch künftig hinreichend schwer gefährdet würde. Um Wiederholungen zu vermeiden, werde bzgl. der Schwere der vom Kläger begangenen Straftaten und der Wiederholungsgefahr auf die oben gemachten Ausführungen verwiesen.

Soweit die Interessen der Allgemeinheit in Betracht kämen, vor allem die Abwehr von Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung, sei der Aufenthalt des Klägers durch die Feststellung des Verlustes des Rechts auf Einreise und Aufenthalt zu beenden. Dies sei das geeignete, aber auch erforderliche Mittel der Gefahrenabwehr.

Neben dem öffentlichen Interesse seien auch die persönlichen Interessen des Klägers zu beachten gewesen, insbesondere Interessen, die durch Grundrechte geschützt seien. Die Ausländerbehörde ermittle soweit möglich und erforderlich ihre Interessenlage selbst (Art. 24 BayVwVfG).

Die hierbei analog zu § 55 Abs. 3 AufenthG zu berücksichtigenden Umstände seien bei der Entscheidung über die Feststellung des Rechtsverlustes bedacht worden und stünden dem Erlass des Bescheides nicht entgegen. Zwar habe der Kläger angegeben, vor seiner Inhaftierung seinen Vater gepflegt zu haben, doch sei dies dem Kläger aufgrund seiner langzeitigen Inhaftierung nicht mehr möglich gewesen, so dass davon auszugehen sei, dass der Vater auch ohne die Pflege des Klägers leben könne. Erschwerend sei an dieser Stelle anzuführen, dass die Tatsache der Pflegebedürftigkeit des Vaters des Klägers und die teils notwendige Unterstützungshilfe für den Vater den Kläger nicht von der Begehung von Straftaten abgehalten hätten. Die familiären Bindungen in Deutschland des Klägers stünden insoweit einer Beendigung des Aufenthalts in der Bundesrepublik Deutschland nicht entgegen, als dass es dem Kläger trotzdem nicht gelungen sei, sich in Deutschland wirtschaftlich und sozial zu integrieren. Auch als der Aufenthalt des Klägers in der Bundesrepublik im Jahr 2011 nach einer vorhergehenden Ausweisungsverfügung wieder geduldet worden sei, sei es dem Kläger nicht gelungen, ein straffreies Leben in Deutschland zu führen.

Ebenso seien Art. 6 GG (Schutz von Ehe und Familie) und Art. 8 EMRK berücksichtigt worden, führten jedoch zu keiner anderen Entscheidung. Hierzu sei Folgendes auszuführen: Ein Ausländer könne sich grundsätzlich auf die Regelung des Art. 8 Abs. 2 EMRK berufen, wenn er aufgrund seiner gesamten Entwicklung faktisch zu einem Inländer geworden sei und ihm wegen der Besonderheit des Falles ein Leben im Staat seiner Staatsangehörigkeit, zu dem er keinen Bezug mehr habe, nicht zugemutet werden könne. Zwar sei der Kläger faktischer Inländer geworden, da er in Deutschland geboren sei, hier die Schule besucht habe und zwei Berufsausbildungen abgeschlossen habe. Doch selbst unter Würdigung seines langjährigen Aufenthalts sowie der lediglich hier bestehenden familiären und sozialen Bindungen gegenüber einer ungesicherten Situation in Italien träfen den Kläger die Folgen des Verlustes der Freizügigkeit nicht unverhältnismäßig. Dem Kläger sei zuzumuten, sich in Italien zu Recht zu finden. Die Chancen für das Gelingen einer dortigen Integration seien der noch begrenzten Kenntnisse der Sprache des Klägers nicht schlechter zu beurteilen, als die Chance einer Einfügung in die Gesellschaft der Bundesrepublik, die dem Kläger trotz wiederholten Möglichkeiten bisher in gleicher Weise nicht gelungen sei.

Im Hinblick auf die Geringachtung des Klägers gegenüber Rechtsgütern der öffentlichen Sicherheit und Ordnung und der mangelnden Integrationswilligkeit des Klägers habe sich eine vom Kläger ausgehende besondere Gefährdung der Allgemeinheit manifestiert. Es liege daher im dringenden öffentlichen Interesse künftigen Gefährdungen öffentlicher Belange baldmöglichst durch Entfernung aus dem Bundesgebiet entgegenzutreten.

Anderes könnte hier allenfalls gelten, wenn im Falle des Klägers Umstände erkennbar seien, die eine besondere Fürsorgebedürftigkeit begründen würden. Derartige Umstände, insbesondere außergewöhnliche Härten, die durch die Aufenthaltsbeendigung entstehen könnten, seien im Fall des Klägers nicht ersichtlich. Aufgrund der drohenden Wiederholungsgefahr müssten im Fall des Klägers die privaten Belange zurückstehen. Die persönlichen Interessen des Klägers seien berücksichtigt worden. Den gewichtigen öffentlichen Interessen stünden keine gleichgewichtigen persönlichen Interessen gegenüber.

Durch ein anderes milderes Mittel sei der Zweck, der mit der Feststellung des Verlustes des Rechts auf Einreise und Aufenthalt verfolgt werde, nicht zu erreichen.

Der Kläger habe bei einer Gelegenheit zur Stellungnahme lediglich angegeben, dass er sich einer Rückkehr nach Italien wiedersetzen würde bzw. habe er angekündigt, dass er sich nach einer evtl. Ausreise wieder unerlaubt in das Bundesgebiet begeben würde. Im Fall des Klägers sei somit mit der Begehung weiterer Straftaten in Form der unerlaubten Einreise und des illegalen Aufenthalts zu rechnen.

Zudem sei festzustellen, dass der § 6 Abs. 4 FreizügG/EU nicht zur Anwendung komme, denn aufgrund der erst mit Bescheid vom 10. Januar 2011 nachträglichen Befristung der Ausweisung und Abschiebungswirkung habe sich der Kläger in der Folge rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten. Gemäß § 4a Abs. 1 Satz 1 FreizügG/EU erlange ein Unionsbürger nur dann ein Daueraufenthaltsrecht, wenn er sich seit fünf Jahren ständig und rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten habe. Der rechtmäßige Aufenthalt sei aufgrund der unbefristeten Ausweisungsverfügung und aufgrund der mehrfachen Abschiebungen nicht erfüllt gewesen. Die Zeiten für den rechtmäßigen Aufenthalt im Sinne des § 4a Abs. 1 Satz 1 FreizügG/EU hätten somit erst ab dem 11. Januar 2011 zu laufen begonnen. Zum Zeitpunkt des Erlasses des Bescheides habe der Kläger somit zweifelsfrei die Voraussetzungen für den Daueraufenthalt nicht erfüllt. Hinzu komme, dass die Kontinuität des Aufenthalts von fünf Jahren durch Zeiträume unterbrochen werde, in denen im Aufnahmemitgliedsstaat eine Freiheitsstrafe verbüßt werde. Die vorangehenden und die folgenden Zeiträume könnten folglich nicht zusammengerechnet werden, um die Mindestdauer von fünf Jahren zu erreichen, die für die Erlangung eines ständigen Aufenthalts erforderlich sei. Somit könne auf die Zeit des Aufenthalts des Klägers seit dem 5. Juli 2012 ebenfalls für die Frist nicht berücksichtigt werden.

Die Abwägung der öffentlichen und privaten Interessen führe daher zu dem Ergebnis, dass das öffentliche Interesse an der Beendigung des Aufenthalts überwiege.

Nach § 7 Abs. 1 FreizügG/EU sei der Kläger zur Ausreise verpflichtet, da die Ausländerbehörde festgestellt habe, dass der Kläger das Recht auf Einreise und Aufenthalt verloren habe.

Außer der gesetzlichen Ausreisepflicht habe der Verlust des Freizügigkeitsrechts nach § 6 Abs. 3 FreizügG/EU ein Wiedereinreise- und Aufenthaltsverbot zur Folge. Diese Folgen würden auf Antrag gemäß § 7 Abs. 2 Satz 2 FreizügG/EU befristet. Die Sperrwirkung der Verlustfeststellung sei auf fünf Jahre befristet worden. Die mit der Maßnahme angestrebte Abschreckungswirkung mache eine fünfjährige Wirkungsdauer notwendig. Die Frist beginne mit der Ausreise aus dem Bundesgebiet. Im Fall des Klägers sei insbesondere zu berücksichtigen, dass er im Bundesgebiet bereits massiv strafrechtlich in Erscheinung getreten sei. Er habe sich weder die Geldstrafen, noch die Bewährungsstrafen als Warnung dienen lassen und sei weiterhin straffällig geworden. Auch die von Seiten der Ausländerbehörde mit Erlass der nachträglichen Befristung der Altausweisung gebotene Chance, in der Bundesrepublik Deutschland ein geordnetes Leben führen zu können, habe der Kläger in keiner Weise genutzt, er sei vielmehr noch straffälliger geworden.

Der Kläger sei wegen Diebstahls zu einer Freiheitsstrafe verurteilt worden, die nicht zur Bewährung ausgesetzt worden sei. Aufgrund des Verstoßes gegen das Betäubungsmittelgesetz sei er zusätzlich noch zu einer Freiheitsstrafe von 1 Jahr und 6 Monaten verurteilt worden. Aus den Einzelstrafen sei letztlich eine Gesamtfreiheitsstrafe von 1 Jahr und 8 Monaten gebildet worden.

Der Kläger habe durch diese Straftaten zu erkennen gegeben, dass er sich bedenkenlos über gesetzliche Bestimmungen hinwegsetze, wenn es um die Erlangung persönlicher Vorteile gehe. Aufgrund seines bisherigen Verhaltens müsse für den Fall eines weiteren Aufenthalts im Bundesgebiet damit gerechnet werden, dass der Kläger erneut gegen die Rechtsordnung verstieße.

Ein Betretungsverbot erscheine als geeignetes, erforderliches und angemessenes Mittel, weitere Beeinträchtigungen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung abzuwenden. Besondere Härten, die sich durch die Sperrwirkung der Ausweisung ergäben, könnten durch Ausnahmegenehmigungen nach § 11 Abs. 2 AufenthG gemildert werden.

Der Kläger könnte gemäß Art. 32 Abs. 1 der Richtlinie 2004/38 EG spätestens drei Jahre nach der Ausreise einen Antrag auf Aufhebung des Einreise- und Aufenthaltsverbots einreichen, wenn sich eine materielle Änderung der Umstände, die das Aufenthaltsverbot gerechtfertigt hätten, ergeben habe.

Der Kläger habe das Bundesgebiet gemäß § 7 Abs. 1 FreizügG/EU bis zum Ablauf der ihm gesetzten Frist zu verlassen. Die vom Kläger gesetzte Ausreisefrist sei der bisherigen Aufenthaltsdauer des Klägers im Bundesgebiet angemessen. Sie betrage mindestens einen Monat, § 7 Abs. 1 Satz 4 FreizügG/EU. Sollte der Kläger seiner Ausreiseverpflichtung nicht oder nicht fristgemäß nachkommen oder aufgrund seiner Inhaftierung nicht nachkommen können oder vor Ablauf des befristeten Wiedereinreiseverbots erneut im Bundesgebiet angetroffen werden, werde die Feststellung des Rechtsverlustes durch Abschiebung vollzogen.

Mit Schreiben vom 24. April 2014 hat der Bevollmächtigte des Klägers Klage zum Bayerischen Verwaltungsgericht München erhoben und beantragte

den Bescheid der Beklagten vom 4. April 2014 aufzuheben.

Eine Begründung der Klage ist nicht erfolgt.

Die Beklagte beantragt dagegen,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung verweist sie auf die umfangreiche Ausländerakte sowie den Bescheid vom 4. April 2014.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichts- bzw. die vorgelegten Behördenakten verwiesen.

Gründe

Die zulässige Klage bleibt ohne Erfolg.

Der Bescheid vom 4. April 2014, der den Verlust des Rechts auf Einreise und Aufenthalt des Klägers feststellt, ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.

Die Beklagte hat zurecht festgestellt, dass der Kläger sein Recht auf Einreise und Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland verloren hat, seine Wiedereinreise für fünf Jahre untersagt und ihn unter Androhung der Abschiebung verpflichtet, das Bundesgebiet innerhalb eines Monats nach Zustellung des Bescheides zu verlassen.

Das Gericht folgt insoweit der Begründung des Bescheides der Beklagten vom 4. April 2014 und sieht von einer vollständigen Darstellung der Entscheidungsgründe ab.

Ergänzend wird Folgendes ausgeführt:

Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage ist derjenige der Entscheidung des Gerichts (BVerwG, U. v. 15.11.2007 - 1 C 45/06 - juris Rn. 12). Im Laufe des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens wurden keine neuen Umstände vorgetragen oder festgestellt, die zu einer für den Kläger günstigeren Beurteilung als im angefochtenen Bescheid führen würden.

1. Die Beklagte prüft zugunsten des Klägers die Voraussetzungen des § 6 FreizügG/EU, obwohl bereits zweifelhaft erscheint, ob der Kläger überhaupt unionsrechtlich freizügigkeitsberechtigt im Sinne des § 2 Abs. 2 FreizügG/EU ist. Die Beklagte hat zutreffend bejaht, dass die Voraussetzungen für eine Verlustfeststellung nach § 6 Abs. 1 und 2 FreizügG/EU vorliegen.

Nach § 6 Abs. 1 Satz 1 FreizügG/EU kann der Verlust des Rechtes eines Unionsbürgers auf Einreise und Aufenthalt (§ 2 Abs. 1 FreizügG/EU) nur aus Gründen der öffentlichen Ordnung, Sicherheit und Gesundheit festgestellt werden. Die Tatsache einer strafrechtlichen Verurteilung genügt für sich alleine nicht, um die in § 6 Abs. 1 FreizügG/EU genannten Entscheidungen oder Maßnahmen zu begründen. Es dürfen nur im Bundeszentralregister noch nicht getilgte, strafrechtliche Verurteilungen berücksichtigt werden und diese nur insoweit, als die ihnen zugrunde liegenden Umstände ein persönliches Verhalten erkennen lassen, das eine gegenwärtige Gefährdung der öffentlichen Ordnung darstellt. Es muss eine tatsächliche und hinreichend schwere Gefährdung vorliegen, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt (§ 6 Abs. 2 FreizügG/EU). Auch sind bei der Entscheidung nach § 6 Abs. 1 FreizügG/EU insbesondere die Dauer des Aufenthalts des Betroffenen in Deutschland, sein Alter, sein Gesundheitszustand, seine familiäre und wirtschaftliche Lage, seine soziale und kulturelle Integration sowie das Ausmaß seiner Bindungen zu seinem Herkunftsstaat zu berücksichtigen (§ 6 Abs. 3 FreizügG/EU).

§ 6 Abs. 4 FreizügG/EU, nach dem eine Feststellung nach § 6 Abs. 1 FreizügG/EU nach dem Erwerb des Daueraufenthaltsrechts nur aus schwerwiegenden Gründen getroffen werden darf, ist im vorliegenden Fall nicht anwendbar. Denn das Daueraufenthaltsrecht nach § 4a FreizügG/EU erfordert einen seit fünf Jahren ständig rechtmäßigen Aufenthalt im Bundesgebiet. Jedoch wurde der Kläger bereits mit Bescheid vom 6. Februar 1984, rechtskräftig seit dem 19. April 1985, aus der Bundesrepublik Deutschland ausgewiesen und ihm die Wiedereinreise für dauernd untersagt. Die zunächst unbefristet geltende Ausweisung wurde erst nachträglich auf den 10. Januar 2011 befristet. Erst ab diesem Zeitpunkt - seit dem bis zum Erlass des Bescheides vom 4. April 2014 - erst etwas mehr als drei Jahre vergangen sind, hält sich der Kläger wieder rechtmäßig im Bundesgebiet auf.

Ebenfalls ist § 6 Abs. 5 FreizügG/EU im Falle des Klägers nicht heranzuziehen. Hiernach darf eine Feststellung nach § 6 Abs. 1 FreizügG/EU bei Unionsbürgern, die ihren Aufenthalt in den letzten zehn Jahren im Bundesgebiet hatten, nur aus zwingenden Gründen der öffentlichen Sicherheit getroffen werden. Hierbei ist zwar strittig, ob § 6 Abs. 5 FreizügG/EU einen ständig rechtmäßigen Aufenthalt im Bundesgebiet erfordert, wie beim Erwerb des Daueraufenthaltsrechtes (vgl. Hailbronner, Ausländerrecht, Stand März 2015, § 6 FreizügG/EU, Rn. 70 ff.). Jedenfalls ist Art. 28 Abs. 3 Buchst. a der Richtlinie 2004/38/EG und damit auch § 6 Abs. 5 FreizügG/EU nach dem Europäischen Gerichtshof (vgl. EuGH, U. v. 16.01.2014 - C-400/12 - juris) aber dahingehend auszulegen, dass der Aufenthaltszeitraum von zehn Jahren im Sinne dieser Bestimmung grundsätzlich ununterbrochen gewesen sein muss und vom Zeitpunkt der Verfügung der Ausweisung des Betroffenen an zurückzurechnen ist (1. Orientierungssatz). Weiter ist Art. 28 Abs. 3 Buchst. a der Richtlinie 2004/38/EG dahingehend auszulegen, dass ein Zeitraum der Verbüßung einer Freiheitsstrafe durch den Betroffenen grundsätzlich geeignet ist, die Kontinuität des Aufenthaltes im Sinne dieser Bestimmung zu unterbrechen und sich damit auf die Gewährung des dort vorgesehenen, verstärkten Schutzes auch in dem Fall auszuwirken, dass sich diese Person vor dem Freiheitsentzug zehn Jahre lang im Aufnahmemitgliedsstaat aufgehalten hat. Dieser Umstand kann bei der umfassenden Beurteilung berücksichtigt werden, die für die Feststellung, ob die zuvor mit dem Aufnahmemitgliedsstaat geknüpften Integrationsverbindungen abgerissen sind, vorzunehmen ist (2. Orientierungssatz).

So kann zumindest jede der insgesamt zwölf erfolgten Abschiebungen des Klägers und damit auch die letzte Abschiebung im Jahr 2010 als relevante Unterbrechung des Aufenthaltes des Klägers in der Bundesrepublik Deutschland angesehen werden, so dass schon deshalb nicht von einem ununterbrochenen Aufenthalt im Bundesgebiet auszugehen ist, unabhängig von der Rechtmäßigkeit des Aufenthalts des Klägers. Darüber hinaus hat der Kläger zuletzt bis zum 19. Dezember 2014 eine über einjährige Haftstrafe verbüßen müssen.

Von dem Kläger geht eine tatsächliche und hinreichend schwere Gefährdung aus, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt. Der Kläger hat eine Vielzahl von teilweise auch mittelschweren Straftaten begangen. Gerade die zuletzt begangenen Betäubungsmitteldelikte stellen eine Bedrohung der Gesundheit, Sicherheit und Lebensqualität der Unionsbürger dar. Doch vor allem die zahlreichen Eigentums- und Vermögensdelikte berühren aufgrund ihrer Häufigkeit ein Grundinteresse der Gesellschaft. Für die Feststellung einer Gefährdung durch den Kläger sind die Art der begangenen Delikte, der Häufigkeitsgrad sowie der verursachte Schaden heranzuziehen. Die Existenz mehrfacher Verurteilungen reicht dabei noch nicht aus (Hailbronner, AuslR, Stand März 2015, § 6 FreizügG/EU, Rn. 32). Der Kläger hat sich im vorliegenden Fall durch die zahlreichen - mitunter auch schweren - Diebstähle massiv sozialschädlich verhalten. Durch die besondere Häufigkeit der Straftaten ist eine tatsächliche und schwere Gefährdung der Gesellschaft gegeben. Das Bundeszentralregister weist inzwischen mehr als 40 Eintragungen für den Kläger auf. Die begangenen Straftaten reichen von teils schweren Eigentums- und Vermögensdelikten, Körperverletzung und Sachbeschädigung bis zu Betäubungsmitteldelikten.

Das Gericht teilt ferner die Auffassung der Beklagten, dass von dem Kläger auch in Zukunft die Gefahr weiterer vielfacher Straftaten ausgeht. Bei einer Ausweisung zu spezialpräventiven Zwecken müssen Anhaltspunkte dafür bestehen, dass in Zukunft eine schwere Gefährdung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung durch neue Straftaten des Ausländers ernsthaft droht und damit eine von ihm bedeutsame Gefahr für ein wichtiges Schutzgut ausgeht (ständige Rspr., etwa BVerwG, U. v. 26.02.2002 - 1 C 21/00 - juris Rn. 22). Dabei ist nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (U. v. 10.07.2012 - 1 C 19/11 - juris Rn. 16) der Wahrscheinlichkeitsmaßstab bezüglich der Wiederholungsgefahr vom Rang des gefährdeten Rechtsgutes abhängig. Die Wiederholungsgefahr ist im vorliegenden Fall bei einer derart häufigen Straffälligkeit geradezu eklatant. Der Kläger wurde bereits mit 17 Jahren straffällig und hat seither in regelmäßigen Abständen weitere Straftaten begangen. Weder die zahlreichen Haftstrafen noch der Ausweisungsbescheid vom 6. Februar 1984, dem insgesamt zwölf Abschiebungen folgten, haben den Kläger von der Begehung weiterer Straftaten abgehalten. Vielmehr wurde der Kläger nach der nachträglichen Befristung der Wiedereinreisesperre zum 10. Januar 2011 weiter straffällig und beging in der Folge mehrere Straftaten, wie die zuvor genannten Betäubungsmitteldelikte.

Die Ausweisungen und die Abschiebungen, die häufig nach einer erfolgten Festnahme des Klägers aufgrund einer begangenen Straftat erfolgten, ließen den Kläger völlig unbeeindruckt.

Die Verlustfeststellung erscheint auch unter Berücksichtigung von Art. 8 Abs. 2 EMRK sowie Art. 6 GG angemessen und zumutbar. Die Beklagte hat hierzu zutreffende Ermessenserwägungen angestellt.

Der Kläger ist zwar faktischer Inländer; er ist im Bundesgebiet geboren und hat hier bis zu seiner ersten Abschiebung gelebt. Allerdings ist er nicht sozial integriert. Er geht seit seinem wieder rechtmäßigen Aufenthalt im Jahr 2011 keiner geregelten Arbeit nach und lebt zurzeit bei seiner Schwester. Der Kläger hat keine Kinder und ist auch nicht verheiratet. Sein Vater ist inzwischen verstorben. Es bestehen daher keine familiären und sozialen Bindungen, die die Ausweisung für den Kläger und ein Leben in Italien unzumutbar erscheinen lassen.

Die Verlustfeststellung ist daher unter Würdigung aller Umstände des Einzelfalles aufgrund der Schwere des Anlasses für die Verlustfeststellung, der vom Kläger ausgehenden Gefahr sowie der Zumutbarkeit der Verweisung auf ein Leben in Italien verhältnismäßig.

2. Die von der Beklagten festgesetzte Wiedereinreisesperre von fünf Jahren findet ihre Grundlage in § 7 Abs. 2 Satz 5 und 6 FreizügG/EU. Wegen der festgestellten Wiederholungsgefahr ist dieser Zeitraum auch unter Berücksichtigung der nur sehr schwachen familiären und persönlichen Bindungen des Klägers im Bundesgebiet als angemessen zu erachten.

3. Schließlich ist auch die Ziffer 3 des Bescheides der Beklagten vom 4. April 2014 rechtmäßig. Die verfügte Ausreisefrist sowie die Abschiebungsandrohung entsprechen den Vorgaben in § 7 Abs. 1 FreizügG/EU.

4. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 1 VwGO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i. V. m. §§ 708, 711 ZPO.

Rechtsmittelbelehrung:

Nach §§ 124, 124 a Abs. 4 VwGO können die Beteiligten die Zulassung der Berufung gegen dieses Urteil innerhalb eines Monats nach Zustellung beim Bayerischen Verwaltungsgericht München,

Hausanschrift: Bayerstraße 30, 80335 München, oder

Postanschrift: Postfach 20 05 43, 80005 München

schriftlich beantragen. In dem Antrag ist das angefochtene Urteil zu bezeichnen. Dem Antrag sollen vier Abschriften beigefügt werden.

Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist bei dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof,

Hausanschrift in München: Ludwigstraße 23, 80539 München, oder

Postanschrift in München: Postfach 34 01 48, 80098 München

Hausanschrift in Ansbach: Montgelasplatz 1, 91522 Ansbach

einzureichen, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist.

Über die Zulassung der Berufung entscheidet der Bayerische Verwaltungsgerichtshof.

Vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof müssen sich die Beteiligten, außer im Prozesskostenhilfeverfahren, durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof eingeleitet wird. Als Prozessbevollmächtigte zugelassen sind neben Rechtsanwälten und den in § 67 Abs. 2 Satz 1 VwGO genannten Rechtslehrern mit Befähigung zum Richteramt die in § 67 Abs. 4 Sätze 4 und 7 VwGO sowie in §§ 3, 5 RDGEG bezeichneten Personen und Organisationen.

Beschluss:

Der Streitwert wird auf Euro 5.000,- festgesetzt (§ 52 Abs. 2 Gerichtskostengesetz - GKG -).

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Beschluss steht den Beteiligten die Beschwerde an den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zu, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes Euro 200,- übersteigt oder die Beschwerde zugelassen wurde. Die Beschwerde ist innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, beim Bayerischen Verwaltungsgericht München,

Hausanschrift: Bayerstraße 30, 80335 München, oder

Postanschrift: Postfach 20 05 43, 80005 München

schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen.

Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, kann die Beschwerde auch noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.

Der Beschwerdeschrift eines Beteiligten sollen Abschriften für die übrigen Beteiligten beigefügt werden.

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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Lastenausgleichsgesetz - LAG

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au
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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Lastenausgleichsgesetz - LAG

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au
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published on 10/07/2012 00:00

Tatbestand 1 Der im Jahr 1964 geborene Kläger, ein türkischer Staatsangehöriger, wendet sich gegen seine unbefristete Ausweisung.
{{Doctitle}} zitiert {{count_recursive}} Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Annotations

(1) Freizügigkeitsberechtigte Unionsbürger und ihre Familienangehörigen haben das Recht auf Einreise und Aufenthalt nach Maßgabe dieses Gesetzes.

(2) Unionsrechtlich freizügigkeitsberechtigt sind:

1.
Unionsbürger, die sich als Arbeitnehmer oder zur Berufsausbildung aufhalten wollen,
1a.
Unionsbürger, die sich zur Arbeitsuche aufhalten, für bis zu sechs Monate und darüber hinaus nur, solange sie nachweisen können, dass sie weiterhin Arbeit suchen und begründete Aussicht haben, eingestellt zu werden,
2.
Unionsbürger, wenn sie zur Ausübung einer selbständigen Erwerbstätigkeit berechtigt sind (niedergelassene selbständige Erwerbstätige),
3.
Unionsbürger, die, ohne sich niederzulassen, als selbständige Erwerbstätige Dienstleistungen im Sinne des Artikels 57 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union erbringen wollen (Erbringer von Dienstleistungen), wenn sie zur Erbringung der Dienstleistung berechtigt sind,
4.
Unionsbürger als Empfänger von Dienstleistungen,
5.
nicht erwerbstätige Unionsbürger unter den Voraussetzungen des § 4,
6.
Familienangehörige unter den Voraussetzungen der §§ 3 und 4,
7.
Unionsbürger und ihre Familienangehörigen, die ein Daueraufenthaltsrecht erworben haben.

(3) Das Recht nach Absatz 1 bleibt für Arbeitnehmer und selbständig Erwerbstätige unberührt bei

1.
vorübergehender Erwerbsminderung infolge Krankheit oder Unfall,
2.
unfreiwilliger durch die zuständige Agentur für Arbeit bestätigter Arbeitslosigkeit oder Einstellung einer selbständigen Tätigkeit infolge von Umständen, auf die der Selbständige keinen Einfluss hatte, nach mehr als einem Jahr Tätigkeit,
3.
Aufnahme einer Berufsausbildung, wenn zwischen der Ausbildung und der früheren Erwerbstätigkeit ein Zusammenhang besteht; der Zusammenhang ist nicht erforderlich, wenn der Unionsbürger seinen Arbeitsplatz unfreiwillig verloren hat.
Bei unfreiwilliger durch die zuständige Agentur für Arbeit bestätigter Arbeitslosigkeit nach weniger als einem Jahr Beschäftigung bleibt das Recht aus Absatz 1 während der Dauer von sechs Monaten unberührt.

(4) Das Nichtbestehen des Rechts nach Absatz 1 kann festgestellt werden, wenn feststeht, dass die betreffende Person das Vorliegen einer Voraussetzung für dieses Recht durch die Verwendung von gefälschten oder verfälschten Dokumenten oder durch Vorspiegelung falscher Tatsachen vorgetäuscht hat. Das Nichtbestehen des Rechts nach Absatz 1 kann bei einem Familienangehörigen, der nicht Unionsbürger ist, außerdem festgestellt werden, wenn feststeht, dass er dem Unionsbürger nicht zur Herstellung oder Wahrung der familiären Lebensgemeinschaft nachzieht oder ihn nicht zu diesem Zweck begleitet. Einem Familienangehörigen, der nicht Unionsbürger ist, kann in diesen Fällen die Erteilung der Aufenthaltskarte oder des Visums versagt werden oder seine Aufenthaltskarte kann eingezogen werden. Entscheidungen nach den Sätzen 1 bis 3 bedürfen der Schriftform.

(1) Bei der Verurteilung zu Freiheitsstrafe von nicht mehr als einem Jahr setzt das Gericht die Vollstreckung der Strafe zur Bewährung aus, wenn zu erwarten ist, daß der Verurteilte sich schon die Verurteilung zur Warnung dienen lassen und künftig auch ohne die Einwirkung des Strafvollzugs keine Straftaten mehr begehen wird. Dabei sind namentlich die Persönlichkeit des Verurteilten, sein Vorleben, die Umstände seiner Tat, sein Verhalten nach der Tat, seine Lebensverhältnisse und die Wirkungen zu berücksichtigen, die von der Aussetzung für ihn zu erwarten sind.

(2) Das Gericht kann unter den Voraussetzungen des Absatzes 1 auch die Vollstreckung einer höheren Freiheitsstrafe, die zwei Jahre nicht übersteigt, zur Bewährung aussetzen, wenn nach der Gesamtwürdigung von Tat und Persönlichkeit des Verurteilten besondere Umstände vorliegen. Bei der Entscheidung ist namentlich auch das Bemühen des Verurteilten, den durch die Tat verursachten Schaden wiedergutzumachen, zu berücksichtigen.

(3) Bei der Verurteilung zu Freiheitsstrafe von mindestens sechs Monaten wird die Vollstreckung nicht ausgesetzt, wenn die Verteidigung der Rechtsordnung sie gebietet.

(4) Die Strafaussetzung kann nicht auf einen Teil der Strafe beschränkt werden. Sie wird durch eine Anrechnung von Untersuchungshaft oder einer anderen Freiheitsentziehung nicht ausgeschlossen.

(1) Das Bleibeinteresse im Sinne von § 53 Absatz 1 wiegt besonders schwer, wenn der Ausländer

1.
eine Niederlassungserlaubnis besitzt und sich seit mindestens fünf Jahren rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat,
2.
eine Aufenthaltserlaubnis besitzt und im Bundesgebiet geboren oder als Minderjähriger in das Bundesgebiet eingereist ist und sich seit mindestens fünf Jahren rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat,
3.
eine Aufenthaltserlaubnis besitzt, sich seit mindestens fünf Jahren rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat und mit einem der in den Nummern 1 und 2 bezeichneten Ausländer in ehelicher oder lebenspartnerschaftlicher Lebensgemeinschaft lebt,
4.
mit einem deutschen Familienangehörigen oder Lebenspartner in familiärer oder lebenspartnerschaftlicher Lebensgemeinschaft lebt, sein Personensorgerecht für einen minderjährigen ledigen Deutschen oder mit diesem sein Umgangsrecht ausübt oder
5.
eine Aufenthaltserlaubnis nach § 23 Absatz 4, den §§ 24, 25 Absatz 4a Satz 3 oder nach § 29 Absatz 2 oder 4 besitzt.

(2) Das Bleibeinteresse im Sinne von § 53 Absatz 1 wiegt insbesondere schwer, wenn

1.
der Ausländer minderjährig ist und eine Aufenthaltserlaubnis besitzt,
2.
der Ausländer eine Aufenthaltserlaubnis besitzt und sich seit mindestens fünf Jahren im Bundesgebiet aufhält,
3.
der Ausländer sein Personensorgerecht für einen im Bundesgebiet rechtmäßig sich aufhaltenden ledigen Minderjährigen oder mit diesem sein Umgangsrecht ausübt,
4.
der Ausländer minderjährig ist und sich die Eltern oder ein personensorgeberechtigter Elternteil rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalten beziehungsweise aufhält,
5.
die Belange oder das Wohl eines Kindes zu berücksichtigen sind beziehungsweise ist oder
6.
der Ausländer eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Absatz 4a Satz 1 besitzt.

(3) Aufenthalte auf der Grundlage von § 81 Absatz 3 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1 werden als rechtmäßiger Aufenthalt im Sinne der Absätze 1 und 2 nur berücksichtigt, wenn dem Antrag auf Erteilung oder Verlängerung des Aufenthaltstitels entsprochen wurde.

(1) Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutze der staatlichen Ordnung.

(2) Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht. Über ihre Betätigung wacht die staatliche Gemeinschaft.

(3) Gegen den Willen der Erziehungsberechtigten dürfen Kinder nur auf Grund eines Gesetzes von der Familie getrennt werden, wenn die Erziehungsberechtigten versagen oder wenn die Kinder aus anderen Gründen zu verwahrlosen drohen.

(4) Jede Mutter hat Anspruch auf den Schutz und die Fürsorge der Gemeinschaft.

(5) Den unehelichen Kindern sind durch die Gesetzgebung die gleichen Bedingungen für ihre leibliche und seelische Entwicklung und ihre Stellung in der Gesellschaft zu schaffen wie den ehelichen Kindern.

(1) Gegen einen Ausländer, der ausgewiesen, zurückgeschoben oder abgeschoben worden ist, ist ein Einreise- und Aufenthaltsverbot zu erlassen. Infolge des Einreise- und Aufenthaltsverbots darf der Ausländer weder erneut in das Bundesgebiet einreisen noch sich darin aufhalten noch darf ihm, selbst im Falle eines Anspruchs nach diesem Gesetz, ein Aufenthaltstitel erteilt werden.

(2) Im Falle der Ausweisung ist das Einreise- und Aufenthaltsverbot gemeinsam mit der Ausweisungsverfügung zu erlassen. Ansonsten soll das Einreise- und Aufenthaltsverbot mit der Abschiebungsandrohung oder Abschiebungsanordnung nach § 58a unter der aufschiebenden Bedingung der Ab- oder Zurückschiebung und spätestens mit der Ab- oder Zurückschiebung erlassen werden. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist bei seinem Erlass von Amts wegen zu befristen. Die Frist beginnt mit der Ausreise. Die Befristung kann zur Abwehr einer Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung mit einer Bedingung versehen werden, insbesondere einer nachweislichen Straf- oder Drogenfreiheit. Tritt die Bedingung bis zum Ablauf der Frist nicht ein, gilt eine von Amts wegen zusammen mit der Befristung nach Satz 5 angeordnete längere Befristung.

(3) Über die Länge der Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots wird nach Ermessen entschieden. Sie darf außer in den Fällen der Absätze 5 bis 5b fünf Jahre nicht überschreiten.

(4) Das Einreise- und Aufenthaltsverbot kann zur Wahrung schutzwürdiger Belange des Ausländers oder, soweit es der Zweck des Einreise- und Aufenthaltsverbots nicht mehr erfordert, aufgehoben oder die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots verkürzt werden. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot soll aufgehoben werden, wenn die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels nach Kapitel 2 Abschnitt 5 vorliegen. Bei der Entscheidung über die Verkürzung der Frist oder die Aufhebung des Einreise- und Aufenthaltsverbots, das zusammen mit einer Ausweisung erlassen wurde, ist zu berücksichtigen, ob der Ausländer seiner Ausreisepflicht innerhalb der ihm gesetzten Ausreisefrist nachgekommen ist, es sei denn, der Ausländer war unverschuldet an der Ausreise gehindert oder die Überschreitung der Ausreisefrist war nicht erheblich. Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots kann aus Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung verlängert werden. Absatz 3 gilt entsprechend.

(5) Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots soll zehn Jahre nicht überschreiten, wenn der Ausländer auf Grund einer strafrechtlichen Verurteilung ausgewiesen worden ist oder wenn von ihm eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung ausgeht. Absatz 4 gilt in diesen Fällen entsprechend.

(5a) Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots soll 20 Jahre betragen, wenn der Ausländer wegen eines Verbrechens gegen den Frieden, eines Kriegsverbrechens oder eines Verbrechens gegen die Menschlichkeit oder zur Abwehr einer Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland oder einer terroristischen Gefahr ausgewiesen wurde. Absatz 4 Satz 4 und 5 gilt in diesen Fällen entsprechend. Eine Verkürzung der Frist oder Aufhebung des Einreise- und Aufenthaltsverbots ist grundsätzlich ausgeschlossen. Die oberste Landesbehörde kann im Einzelfall Ausnahmen hiervon zulassen.

(5b) Wird der Ausländer auf Grund einer Abschiebungsanordnung nach § 58a aus dem Bundesgebiet abgeschoben, soll ein unbefristetes Einreise- und Aufenthaltsverbot erlassen werden. In den Fällen des Absatzes 5a oder wenn der Ausländer wegen eines in § 54 Absatz 1 Nummer 1 genannten Ausweisungsinteresses ausgewiesen worden ist, kann im Einzelfall ein unbefristetes Einreise- und Aufenthaltsverbot erlassen werden. Absatz 5a Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(5c) Die Behörde, die die Ausweisung, die Abschiebungsandrohung oder die Abschiebungsanordnung nach § 58a erlässt, ist auch für den Erlass und die erstmalige Befristung des damit zusammenhängenden Einreise- und Aufenthaltsverbots zuständig.

(6) Gegen einen Ausländer, der seiner Ausreisepflicht nicht innerhalb einer ihm gesetzten Ausreisefrist nachgekommen ist, kann ein Einreise- und Aufenthaltsverbot angeordnet werden, es sei denn, der Ausländer ist unverschuldet an der Ausreise gehindert oder die Überschreitung der Ausreisefrist ist nicht erheblich. Absatz 1 Satz 2, Absatz 2 Satz 3 bis 6, Absatz 3 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1, 2 und 4 gelten entsprechend. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist mit seiner Anordnung nach Satz 1 zu befristen. Bei der ersten Anordnung des Einreise- und Aufenthaltsverbots nach Satz 1 soll die Frist ein Jahr nicht überschreiten. Im Übrigen soll die Frist drei Jahre nicht überschreiten. Ein Einreise- und Aufenthaltsverbot wird nicht angeordnet, wenn Gründe für eine vorübergehende Aussetzung der Abschiebung nach § 60a vorliegen, die der Ausländer nicht verschuldet hat.

(7) Gegen einen Ausländer,

1.
dessen Asylantrag nach § 29a Absatz 1 des Asylgesetzes als offensichtlich unbegründet abgelehnt wurde, dem kein subsidiärer Schutz zuerkannt wurde, das Vorliegen der Voraussetzungen für ein Abschiebungsverbot nach § 60 Absatz 5 oder 7 nicht festgestellt wurde und der keinen Aufenthaltstitel besitzt oder
2.
dessen Antrag nach § 71 oder § 71a des Asylgesetzes wiederholt nicht zur Durchführung eines weiteren Asylverfahrens geführt hat,
kann das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge ein Einreise- und Aufenthaltsverbot anordnen. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot wird mit Bestandskraft der Entscheidung über den Asylantrag wirksam. Absatz 1 Satz 2, Absatz 2 Satz 3 bis 6, Absatz 3 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1, 2 und 4 gelten entsprechend. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist mit seiner Anordnung nach Satz 1 zu befristen. Bei der ersten Anordnung des Einreise- und Aufenthaltsverbots nach Satz 1 soll die Frist ein Jahr nicht überschreiten. Im Übrigen soll die Frist drei Jahre nicht überschreiten. Über die Aufhebung, Verlängerung oder Verkürzung entscheidet die zuständige Ausländerbehörde.

(8) Vor Ablauf des Einreise- und Aufenthaltsverbots kann dem Ausländer ausnahmsweise erlaubt werden, das Bundesgebiet kurzfristig zu betreten, wenn zwingende Gründe seine Anwesenheit erfordern oder die Versagung der Erlaubnis eine unbillige Härte bedeuten würde. Im Falle der Absätze 5a und 5b ist für die Entscheidung die oberste Landesbehörde zuständig.

(9) Reist ein Ausländer entgegen einem Einreise- und Aufenthaltsverbot in das Bundesgebiet ein, wird der Ablauf einer festgesetzten Frist für die Dauer des Aufenthalts im Bundesgebiet gehemmt. Die Frist kann in diesem Fall verlängert werden, längstens jedoch um die Dauer der ursprünglichen Befristung. Der Ausländer ist auf diese Möglichkeit bei der erstmaligen Befristung hinzuweisen. Für eine nach Satz 2 verlängerte Frist gelten die Absätze 3 und 4 Satz 1 entsprechend.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutze der staatlichen Ordnung.

(2) Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht. Über ihre Betätigung wacht die staatliche Gemeinschaft.

(3) Gegen den Willen der Erziehungsberechtigten dürfen Kinder nur auf Grund eines Gesetzes von der Familie getrennt werden, wenn die Erziehungsberechtigten versagen oder wenn die Kinder aus anderen Gründen zu verwahrlosen drohen.

(4) Jede Mutter hat Anspruch auf den Schutz und die Fürsorge der Gemeinschaft.

(5) Den unehelichen Kindern sind durch die Gesetzgebung die gleichen Bedingungen für ihre leibliche und seelische Entwicklung und ihre Stellung in der Gesellschaft zu schaffen wie den ehelichen Kindern.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.

In den Fällen des § 708 Nr. 4 bis 11 hat das Gericht auszusprechen, dass der Schuldner die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung abwenden darf, wenn nicht der Gläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit leistet. § 709 Satz 2 gilt entsprechend, für den Schuldner jedoch mit der Maßgabe, dass Sicherheit in einem bestimmten Verhältnis zur Höhe des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages zu leisten ist. Für den Gläubiger gilt § 710 entsprechend.

(1) Die Beteiligten können vor dem Verwaltungsgericht den Rechtsstreit selbst führen.

(2) Die Beteiligten können sich durch einen Rechtsanwalt oder einen Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz, der die Befähigung zum Richteramt besitzt, als Bevollmächtigten vertreten lassen. Darüber hinaus sind als Bevollmächtigte vor dem Verwaltungsgericht vertretungsbefugt nur

1.
Beschäftigte des Beteiligten oder eines mit ihm verbundenen Unternehmens (§ 15 des Aktiengesetzes); Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich auch durch Beschäftigte anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse vertreten lassen,
2.
volljährige Familienangehörige (§ 15 der Abgabenordnung, § 11 des Lebenspartnerschaftsgesetzes), Personen mit Befähigung zum Richteramt und Streitgenossen, wenn die Vertretung nicht im Zusammenhang mit einer entgeltlichen Tätigkeit steht,
3.
Steuerberater, Steuerbevollmächtigte, Wirtschaftsprüfer und vereidigte Buchprüfer, Personen und Vereinigungen im Sinne der §§ 3a und 3c des Steuerberatungsgesetzes im Rahmen ihrer Befugnisse nach § 3a des Steuerberatungsgesetzes, zu beschränkter geschäftsmäßiger Hilfeleistung in Steuersachen nach den §§ 3d und 3e des Steuerberatungsgesetzes berechtigte Personen im Rahmen dieser Befugnisse sowie Gesellschaften im Sinne des § 3 Satz 1 Nummer 2 und 3 des Steuerberatungsgesetzes, die durch Personen im Sinne des § 3 Satz 2 des Steuerberatungsgesetzes handeln, in Abgabenangelegenheiten,
3a.
Steuerberater, Steuerbevollmächtigte, Wirtschaftsprüfer und vereidigte Buchprüfer, Personen und Vereinigungen im Sinne der §§ 3a und 3c des Steuerberatungsgesetzes im Rahmen ihrer Befugnisse nach § 3a des Steuerberatungsgesetzes, zu beschränkter geschäftsmäßiger Hilfeleistung in Steuersachen nach den §§ 3d und 3e des Steuerberatungsgesetzes berechtigte Personen im Rahmen dieser Befugnisse sowie Gesellschaften im Sinne des § 3 Satz 1 Nummer 2 und 3 des Steuerberatungsgesetzes, die durch Personen im Sinne des § 3 Satz 2 des Steuerberatungsgesetzes handeln, in Angelegenheiten finanzieller Hilfeleistungen im Rahmen staatlicher Hilfsprogramme zur Abmilderung der Folgen der COVID-19-Pandemie, wenn und soweit diese Hilfsprogramme eine Einbeziehung der Genannten als prüfende Dritte vorsehen,
4.
berufsständische Vereinigungen der Landwirtschaft für ihre Mitglieder,
5.
Gewerkschaften und Vereinigungen von Arbeitgebern sowie Zusammenschlüsse solcher Verbände für ihre Mitglieder oder für andere Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder,
6.
Vereinigungen, deren satzungsgemäße Aufgaben die gemeinschaftliche Interessenvertretung, die Beratung und Vertretung der Leistungsempfänger nach dem sozialen Entschädigungsrecht oder der behinderten Menschen wesentlich umfassen und die unter Berücksichtigung von Art und Umfang ihrer Tätigkeit sowie ihres Mitgliederkreises die Gewähr für eine sachkundige Prozessvertretung bieten, für ihre Mitglieder in Angelegenheiten der Kriegsopferfürsorge und des Schwerbehindertenrechts sowie der damit im Zusammenhang stehenden Angelegenheiten,
7.
juristische Personen, deren Anteile sämtlich im wirtschaftlichen Eigentum einer der in den Nummern 5 und 6 bezeichneten Organisationen stehen, wenn die juristische Person ausschließlich die Rechtsberatung und Prozessvertretung dieser Organisation und ihrer Mitglieder oder anderer Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder entsprechend deren Satzung durchführt, und wenn die Organisation für die Tätigkeit der Bevollmächtigten haftet.
Bevollmächtigte, die keine natürlichen Personen sind, handeln durch ihre Organe und mit der Prozessvertretung beauftragten Vertreter.

(3) Das Gericht weist Bevollmächtigte, die nicht nach Maßgabe des Absatzes 2 vertretungsbefugt sind, durch unanfechtbaren Beschluss zurück. Prozesshandlungen eines nicht vertretungsbefugten Bevollmächtigten und Zustellungen oder Mitteilungen an diesen Bevollmächtigten sind bis zu seiner Zurückweisung wirksam. Das Gericht kann den in Absatz 2 Satz 2 Nr. 1 und 2 bezeichneten Bevollmächtigten durch unanfechtbaren Beschluss die weitere Vertretung untersagen, wenn sie nicht in der Lage sind, das Sach- und Streitverhältnis sachgerecht darzustellen.

(4) Vor dem Bundesverwaltungsgericht und dem Oberverwaltungsgericht müssen sich die Beteiligten, außer im Prozesskostenhilfeverfahren, durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht oder einem Oberverwaltungsgericht eingeleitet wird. Als Bevollmächtigte sind nur die in Absatz 2 Satz 1 bezeichneten Personen zugelassen. Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich durch eigene Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt oder durch Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse vertreten lassen. Vor dem Bundesverwaltungsgericht sind auch die in Absatz 2 Satz 2 Nr. 5 bezeichneten Organisationen einschließlich der von ihnen gebildeten juristischen Personen gemäß Absatz 2 Satz 2 Nr. 7 als Bevollmächtigte zugelassen, jedoch nur in Angelegenheiten, die Rechtsverhältnisse im Sinne des § 52 Nr. 4 betreffen, in Personalvertretungsangelegenheiten und in Angelegenheiten, die in einem Zusammenhang mit einem gegenwärtigen oder früheren Arbeitsverhältnis von Arbeitnehmern im Sinne des § 5 des Arbeitsgerichtsgesetzes stehen, einschließlich Prüfungsangelegenheiten. Die in Satz 5 genannten Bevollmächtigten müssen durch Personen mit der Befähigung zum Richteramt handeln. Vor dem Oberverwaltungsgericht sind auch die in Absatz 2 Satz 2 Nr. 3 bis 7 bezeichneten Personen und Organisationen als Bevollmächtigte zugelassen. Ein Beteiligter, der nach Maßgabe der Sätze 3, 5 und 7 zur Vertretung berechtigt ist, kann sich selbst vertreten.

(5) Richter dürfen nicht als Bevollmächtigte vor dem Gericht auftreten, dem sie angehören. Ehrenamtliche Richter dürfen, außer in den Fällen des Absatzes 2 Satz 2 Nr. 1, nicht vor einem Spruchkörper auftreten, dem sie angehören. Absatz 3 Satz 1 und 2 gilt entsprechend.

(6) Die Vollmacht ist schriftlich zu den Gerichtsakten einzureichen. Sie kann nachgereicht werden; hierfür kann das Gericht eine Frist bestimmen. Der Mangel der Vollmacht kann in jeder Lage des Verfahrens geltend gemacht werden. Das Gericht hat den Mangel der Vollmacht von Amts wegen zu berücksichtigen, wenn nicht als Bevollmächtigter ein Rechtsanwalt auftritt. Ist ein Bevollmächtigter bestellt, sind die Zustellungen oder Mitteilungen des Gerichts an ihn zu richten.

(7) In der Verhandlung können die Beteiligten mit Beiständen erscheinen. Beistand kann sein, wer in Verfahren, in denen die Beteiligten den Rechtsstreit selbst führen können, als Bevollmächtigter zur Vertretung in der Verhandlung befugt ist. Das Gericht kann andere Personen als Beistand zulassen, wenn dies sachdienlich ist und hierfür nach den Umständen des Einzelfalls ein Bedürfnis besteht. Absatz 3 Satz 1 und 3 und Absatz 5 gelten entsprechend. Das von dem Beistand Vorgetragene gilt als von dem Beteiligten vorgebracht, soweit es nicht von diesem sofort widerrufen oder berichtigt wird.

(1) Kammerrechtsbeistände stehen in den nachfolgenden Vorschriften einem Rechtsanwalt gleich:

1.
§ 79 Absatz 1 Satz 2 und Absatz 2 Satz 1, § 88 Absatz 2, § 121 Absatz 2 bis 4, § 122 Absatz 1, den §§ 126, 130d und 133 Absatz 2, den §§ 135, 157 und 169 Absatz 2, den §§ 174, 195 und 317 Absatz 5 Satz 2, § 348 Absatz 1 Satz 2 Nummer 2 Buchstabe d, § 397 Absatz 2 und § 702 Absatz 2 Satz 2 der Zivilprozessordnung,
2.
§ 10 Absatz 2 Satz 1, § 11 Satz 4, § 13 Absatz 4, den §§ 14b und 78 Absatz 2 bis 4 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit,
3.
§ 11 Absatz 2 Satz 1 und § 46g des Arbeitsgerichtsgesetzes,
4.
den §§ 65d und 73 Absatz 2 Satz 1 und Absatz 6 Satz 5 des Sozialgerichtsgesetzes, wenn nicht die Erlaubnis das Sozial- und Sozialversicherungsrecht ausschließt,
5.
den §§ 55d und 67 Absatz 2 Satz 1 und Absatz 6 Satz 4 der Verwaltungsgerichtsordnung,
6.
den §§ 52d und 62 Absatz 2 Satz 1 und Absatz 6 Satz 4 der Finanzgerichtsordnung, wenn die Erlaubnis die geschäftsmäßige Hilfeleistung in Steuersachen umfasst.

(2) Registrierte Erlaubnisinhaber stehen im Sinn von § 79 Abs. 2 Satz 1 der Zivilprozessordnung, § 10 Abs. 2 Satz 1 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit, § 11 Abs. 2 Satz 1 des Arbeitsgerichtsgesetzes, § 73 Abs. 2 Satz 1 des Sozialgerichtsgesetzes, § 67 Abs. 2 Satz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung und § 62 Abs. 2 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung einem Rechtsanwalt gleich, soweit ihnen die gerichtliche Vertretung oder das Auftreten in der Verhandlung

1.
nach dem Umfang ihrer bisherigen Erlaubnis,
2.
als Prozessagent durch Anordnung der Justizverwaltung nach § 157 Abs. 3 der Zivilprozessordnung in der bis zum 30. Juni 2008 geltenden Fassung,
3.
durch eine für die Erteilung der Erlaubnis zum mündlichen Verhandeln vor den Sozialgerichten zuständige Stelle,
4.
nach § 67 der Verwaltungsgerichtsordnung in der bis zum 30. Juni 2008 geltenden Fassung oder
5.
nach § 13 des Gesetzes über die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit in der bis zum 30. Juni 2008 geltenden Fassung
gestattet war. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 1 bis 3 ist der Umfang der Befugnis zu registrieren und im Rechtsdienstleistungsregister bekanntzumachen.

(3) Das Gericht weist registrierte Erlaubnisinhaber, soweit sie nicht nach Maßgabe des Absatzes 2 zur gerichtlichen Vertretung oder zum Auftreten in der Verhandlung befugt sind, durch unanfechtbaren Beschluss zurück. Prozesshandlungen eines nicht vertretungsbefugten Bevollmächtigten und Zustellungen oder Mitteilungen an diesen Bevollmächtigten sind bis zu seiner Zurückweisung wirksam. Das Gericht kann registrierten Erlaubnisinhabern durch unanfechtbaren Beschluss die weitere Vertretung oder das weitere Auftreten in der Verhandlung untersagen, wenn sie nicht in der Lage sind, das Sach- und Streitverhältnis sachgerecht darzustellen.§ 335 Abs. 1 Nr. 5 der Zivilprozessordnung gilt entsprechend.