Verwaltungsgericht München Urteil, 05. Apr. 2016 - M 1 K 15.1167
Gericht
Tenor
I.
Die Klage wird abgewiesen.
II.
Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III.
Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Tatbestand
Die Klägerin begehrt die Erteilung einer denkmalschutzrechtlichen Erlaubnis zum Abbruch eines ehemaligen Wasserreservoirs.
Auf den Grundstücken FlNr. 944/3, 944/4 und 946/6 Gemarkung ... stellt sie ...fertigteile her, die vor Ort gelagert werden. Die Grundstücke liegen an der K. Straße und sind größtenteils von Wald umgeben. FlNr. 944/3 und 944/4 befinden sich im Geltungsbereich des am 19. Dezember 2000 als Satzung beschlossenen und am 20. Dezember 2000 ortsüblich bekanntgemachten Bebauungsplans Nr. 1 „Sondergebiet an der K. Str. 1 für ...warenherstellung“. Die erste Erweiterung des Bebauungsplans, die auch das Grundstück FlNr. 946/6 umfassen soll, wurde bereits als Satzung beschlossen, bisher aber nicht ortsüblich bekanntgemacht.
Auf dem Grundstück FlNr. 946/6 befindet sich ein ehemaliges, aus zwei Becken bestehendes Wasserreservoir mit den Ausmaßen 44 m x 22 m, das Teil des ehemaligen Rüstungswerks im ... Hart ist. Das gesamte Rüstungswerk ist sowohl in die Teilliste A: Baudenkmäler im Bereich des „... Hart“ (...) als auch in die Teilliste B: Bodendenkmäler im Bereich des „... Hart“ (...) der Denkmalliste eingetragen.
Mit Bescheid vom ... März 1995, gültig bis 1. April 1999, wurde der Bundesrepublik Deutschland u. a. die Beseitigung des Wasserreservoirs auf FlNr. 946 genehmigt. Unter dem ... September 1995 wurde der Klägerin die Beseitigung mehrerer zu dem Denkmal gehörender Bunker auf FlNr. 944/3 genehmigt. Mit Bescheid vom ... April 1996 wurde die Erlaubnis zum vollständigen Abbruch des Wasserreservoirs gegenüber einem privaten Antragsteller abgelehnt.
Etwa im Jahr 2010 hat die Klägerin das heutige Grundstück FlNr. 946/6 erworben. Sie beantragte unter dem ... Mai 2013 eine denkmalschutzrechtliche Erlaubnis zum Abbruch des Wasserreservoirs und hielt unter dem ... Januar 2015 weiterhin an ihrem Antrag fest.
Mit Bescheid vom ... März 2015 lehnte das Landratsamt ... (Landratsamt) den Antrag auf Erteilung einer denkmalschutzrechtlichen Erlaubnis ab. Es sprächen gewichtige Gründe des Denkmalschutzes für die unveränderte Beibehaltung des bisherigen Zustands. Die Belange des Denkmalschutzes würden die widerstreitenden privaten und öffentlichen Belange überwiegen, die Erhaltung des Wasserreservoirs sei für die Klägerin nicht unverhältnismäßig.
Am ... März 2015 hat die Klägerin Klage erhoben und beantragt,
den Beklagten zu verpflichten, der Klägerin unter Aufhebung des Bescheids vom ... März 2015 die Erlaubnis für den Abbruch eines betonierten Wasserreservoirs auf dem Grundstück FlNr. 946/6 zu erteilen,
hilfsweise, den Beklagten zu verpflichten, unter Aufhebung des Bescheids vom ... März 2015 rechtsfehlerfrei über den Antrag der Klägerin auf Abbruch eines betonierten Wasserreservoirs auf dem Grundstück FlNr. 946/6 erneut unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung des Gerichts zu entscheiden.
Das Ermessen aus Art. 6 des Gesetzes zum Schutz und zur Pflege der Denkmäler (Denkmalschutzgesetz - DSchG) sei auf Null reduziert, jedenfalls sei die Entscheidung des Landratsamts ermessensfehlerhaft. Sie benötige dringend neue Flächen zur Lagerung der ...fertigteile. Schon die Denkmaleigenschaft des Reservoirs sei zweifelhaft, da es sich um einen reinen Funktionsbau handele. Es sei mittlerweile kaum mehr erkennbar und habe keine geschichtliche oder wissenschaftliche Relevanz. Ein Betrachter gelange nicht zu dem Reservoir, da es mitten auf ihrem Grundstück liege. Es bestehe kein funktioneller Zusammenhang zu den benachbarten Baudenkmälern, außerdem seien in den 90er Jahren mehrere Bunker im näheren Umkreis mit Genehmigung des Landratsamts entfernt worden. Sie werde erheblich in der Nutzbarkeit ihres Eigentums beschränkt, ihr gehe eine Grundstücksfläche von mindestens 4.000 m² verloren. Die Kapazitäten auf dem Betriebsgrundstück seien nahezu erschöpft. Die vom Landratsamt vorgeschlagenen Hoch- und Vertikallager würden unverhältnismäßig hohe Kosten verursachen.
Der Beklagte beantragt
Klageabweisung.
Das Gericht hat am 5. April 2015 Beweis durch Einnahme eines Augenscheins auf dem streitgegenständlichen Grundstück sowie in dessen Umgebung erhoben. Hinsichtlich des Ergebnisses wird auf das Protokoll verwiesen.
Bezüglich der mündlichen Verhandlung wird auf die Protokolle vom 8. Dezember 2015 und vom 5. April 2015, bezüglich der weiteren Einzelheiten auf die Gerichts- und Behördenakten Bezug genommen.
Gründe
Die zulässige Klage ist in ihrem Haupt- und Hilfsantrag unbegründet. Der Bescheid vom ... März 2015 verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Sie hat weder einen Anspruch auf Erteilung einer denkmalschutzrechtlichen Erlaubnis zum Abbruch des Wasserreservoirs noch auf Neuverbescheidung, § 113 Abs. 5 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).
I.
Der beantragte Abbruch des Wasserreservoirs bedarf einer denkmalschutzrechtlichen Erlaubnis nach Art. 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 DSchG.
1. Die am ... März 1995 erteilte Genehmigung zum Abbruch des Wasserreservoirs galt nur bis zum 1. April 1999, so dass derzeit keine Genehmigung zum Abbruch vorhanden ist. Aus der Versagung einer denkmalschutzrechtlichen Erlaubnis zum Abbruch des Reservoirs mit Bescheid vom ... April 1996 gegenüber dem damaligen Eigentümer ergibt sich keine entgegenstehende Bestandskraft betreffend den nunmehr beantragten Abbruch.
2. Bei dem Wasserreservoir handelt es sich um ein Baudenkmal i. S. d. Art. 1 Abs. 2 Satz 1 DSchG. Dies ergibt sich nicht schon aus der Eintragung des Denkmals in die Denkmalliste, die nur nachrichtlich erfolgt. Das Reservoir erfüllt aber die Tatbestandsmerkmale des Art. 1 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 DSchG. Es handelt sich um eine bauliche Anlage aus vergangener Zeit, die von Menschen geschaffen wurde und deren Erhaltung wegen ihrer geschichtlichen und wissenschaftlichen Bedeutung im Interesse der Allgemeinheit liegt.
a) Insbesondere liegt die Erhaltung des Wasserreservoirs entgegen dem klägerischen Vortrag wegen seiner geschichtlichen und wissenschaftlichen Bedeutung im Interesse der Allgemeinheit. Es ist Teil eines integralen Denkmals, das die obertägigen und untertägigen Reste des ehemaligen Rüstungswerks im Bereich ... Hart und damit Bau- und Bodendenkmäler umfasst (vgl. BayVerfGH, E.v. 22.7.2008 - Vf. 11-VII-07 - juris Rn. 45 ff.). Das Reservoir gehört zu den baulichen Anlagen des Rüstungswerks im ... Hart und veranschaulicht das Terrorregime des Nationalsozialismus, die „Topographie des Terrors“ und die „Vernichtung durch Arbeit“ in einzigartiger Weise. Dabei dokumentiert es den Versuch der Nationalsozialisten, innerhalb kürzester Zeit durch Zwangsarbeiter rücksichtslos einen Rüstungsgroßbetrieb zu errichten. Das Wasserreservoir steht in unmittelbarem Zusammenhang mit dem ehemaligen Rüstungswerk im ... Hart, von dem insbesondere die Ruine einer halbunterirdischen Flugzeugmontagehalle noch erhalten ist, die im Rahmen des Augenscheins am 5. April 2016 besichtigt wurde. Die Entfernung des Reservoirs zu dieser Ruine spricht nicht gegen die Denkmaleigenschaft des Wasserbeckens, sondern verdeutlicht die immensen Ausmaße des Rüstungswerks. Es spricht viel dafür, dass das Reservoir zur Herstellung der Flugzeugmontagehalle diente, die mit einer segmentbogig gewölbten, in Teilen erhaltenen Betonschale überspannt war. Denn aus einem digitalen Luftbild, das vom Vertreter des Landesamts für Denkmalpflege (LfD) näher erläutert wurde, ergibt sich, dass links und rechts des noch vorhandenen Weges westlich des Firmengeländes der Klägerin, der zur ehemaligen Flugzeugmontagehalle führt, zwei Lorentrassen vorhanden waren, wobei die südliche direkt am Wasserreservoir vorbeiführte. Damit liegt es nahe, dass das Wasser aus dem Reservoir zur Errichtung der Bunkeranlage verwendet wurde. Aber auch wenn es sich nicht um einen Bau zur Herstellung der Bunkeranlage, sondern um einen - wie von der Klägerin vorgetragen - „reinen Zweckbau“ im Sinne eines Löschwasserbeckens handelte, steht dieser auch als „Zweckbau“ in unmittelbarem Zusammenhang mit der Bunkeranlage und verdeutlicht deren Ausmaße. Letzteres gilt gerade auch für die Dimension des Wasserreservoirs selbst, dessen Größe für sich genommen schon anschaulich die riesigen Ausmaße des ehemaligen Rüstungswerks vor Augen führt. Dass westlich der als Ruine vorhandenen Flugzeugträgerhalle in größerer Entfernung zum Wasserreservoir weitere Ruinen vorhanden sind, beseitigt entgegen dem klägerischen Vortrag nicht die Denkmaleigenschaft des Reservoirs, sondern bestätigt umso mehr die Bedeutung zur Veranschaulichung der Dimension des ehemaligen Rüstungswerks. Das Vorhandensein größerer und ggf. auch besser erhaltener Teile des integralen Denkmals ändert nichts an der Eigenschaft des Reservoirs als Baudenkmal, sondern unterstreicht nur dessen Bedeutung.
b) Dass das Reservoir sehr eingewachsen ist und die Spuren der Zeit trägt, ändert ebenfalls nichts daran, dass es sich um ein Denkmal handelt. Denn der Erhaltungszustand des Bauwerks hat grundsätzlich keinen Einfluss auf seine Denkmaleigenschaft (vgl. BayVGH, U.v. 18.10.2010 - 1 B 06.63 - juris Rn. 32 zur Beseitigung eines ehemaligen Gasthofs). Hinzu kommt, dass es sich um ein Denkmal handelt, das als Mahnmal an die vergangene NS-Zeit erinnert und dessen Wiederaufbau - anders als etwa bei einem erhaltenswerten, alten Wohnhaus - gerade keinen Sinn machen würde. Allein durch sein Vorhandensein im jetzigen Zustand ist das Wasserreservoir denkmalwürdig und dient als Mahnung an die Gewaltherrschaft des Nationalsozialismus. Daher ist es gerade auch in seinem derzeitigen, durch die Jahrzehnte gezeichneten und verwitterten Zustand als Denkmal erhaltenswert.
c) Dass das Reservoir nicht öffentlich zugänglich ist, ändert nichts an seiner Denkmaleigenschaft. Es ist nichts Ungewöhnliches, dass sich Denkmäler auf Privatgrund befinden. Das Reservoir liegt - anders als von der Klägerin vorgetragen - am Rande des Grundstücks FlNr. 946/6 in unmittelbarer Nähe zu einem öffentlich genutzten Weg, so dass es von östlicher und südlicher Seite betrachtet werden kann. Der interessierte Besucher kann sich von dem öffentlich genutzten Weg aus einen guten Überblick über das Reservoir und dessen Zusammenhang zum gesamten Rüstungswerk verschaffen.
d) Die Denkmaleigenschaft ist auch nicht aufgrund des Abrisses mehrerer zur Gesamtanlage gehörender Bunker und des Zwangsarbeiterlagers in den 90er Jahren entfallen. Den Genehmigungen von damals kommt keine Wirkung dahingehend zu, dass, wenn schon der Abbruch der Bunkeranlagen denkmalrechtlich genehmigt wurde, erst Recht der Abbruch des Wasserreservoirs genehmigt werden müsste.
e) Dass das Wasserreservoir nicht zusammen mit der Flugzeugmontagehalle in den geplanten „Gedenkort ...“ einbezogen werden soll, ändert ebenfalls nichts an seiner Denkmaleigenschaft. Denn es ist zwischen einem Gedenkort einerseits und der Denkmaleigenschaft eines Bauwerks andererseits zu unterscheiden. Es obliegt der Entscheidung des Beklagten, welchen Bereich er tatsächlich als Gedenkort ausgestalten will. Diese Entscheidung ist von einer Vielzahl an Faktoren, insbesondere auch von der Zugänglichkeit, der tatsächlichen Verfügbarkeit und der Geeignetheit eines Denkmals als Gedenkort, abhängig. Dabei ist es keine Voraussetzung zur Bejahung der Denkmaleigenschaft, dass das Bauwerk als Gedenkort ausgewiesen ist.
II.
Es sprechen gewichtige Gründe des Denkmalschutzes i. S. d. Art. 6 Abs. 2 Satz 1 DSchG gegen den Abriss des Wasserreservoirs und für die unveränderte Beibehaltung des bisherigen Zustands.
Die „gewichtigen Gründe des Denkmalschutzes“ stellen einen uneingeschränkt gerichtlicher Überprüfung unterliegenden unbestimmten Rechtsbegriff dar (BayVGH, B.v. 31 10.2012 - 2 ZB 11.1575 - juris Rn. 4 m. w. N.). Fehlen gewichtige Gründe, so ist ein Versagungsermessen nicht eröffnet, d. h. es bestünde ein Anspruch der Klägerin auf die Erteilung der Erlaubnis. Dabei sind die gewichtigen Gründe nicht dahingehend zu verstehen, dass dem Baudenkmal im Vergleich mit der allgemein für die Begründung der Denkmaleigenschaft maßgebenden Bewertung eine gesteigerte Bedeutung zukommen müsste. Vielmehr ergibt sie sich bereits aus der Bedeutung, auf der die Denkmaleigenschaft beruht (BayVGH, U.v. 27.9.2007 - 1 B 00.2474 - juris Rn. 70). Für den Regelfall ist daher bei Baudenkmälern davon auszugehen, dass stets ein Erhaltungsinteresse anzuerkennen ist und damit gewichtige Gründe für die Beibehaltung des bisherigen Zustandes indiziert sind. Gewichtige Gründe liegen allenfalls bei völlig unbedeutenden Baudenkmälern nicht vor (BayVGH, B.v. 31.10.2012 - 2 ZB 11.1575 - juris Rn. 4; BayVGH, U.v. 18.10.2010 - 1 B 06.63 - juris Rn. 35).
Nach diesem Maßstab sprechen gewichtige Gründe des Denkmalschutzes gegen die Beseitigung des Wasserreservoirs. Sie ergeben sich unabhängig davon, wie die Bedeutung des Baudenkmals bei der Abwägung zwischen den für und gegen einen Abbruch sprechenden Gründen zu gewichten ist, aus den oben unter I.2. dargelegten Gründen, die die Denkmaleigenschaft des Reservoirs begründen.
III.
Die Entscheidung des Beklagten, der Klägerin die Abbrucherlaubnis betreffend das Wasserreservoir zu versagen, begegnet keinen rechtlichen Bedenken. Die Klägerin hat dementsprechend weder einen Anspruch auf Erteilung der Abbruchgenehmigung noch auf Neuverbescheidung.
1. Der klägerische Antrag darf nicht alleine aus den festgestellten gewichtigen Gründen des Denkmalschutzes abgelehnt werden. Vielmehr verlangt Art. 6 Abs. 2 Satz 1 DSchG eine Ermessensentscheidung. Nach Art. 40 Bayerisches Verwaltungsverfahrensgesetz (BayVwVfG) ist das Ermessen dem Zweck der Ermächtigung entsprechend auszuüben. Zweck des Erlaubnisvorbehaltes in Art. 6 Abs. 2 Satz 1 DSchG ist vor allem, durch eine präventive Kontrolle den Hauptzielen des Gesetzes, einer möglichst unveränderten Erhaltung (Art. 4 DSchG) und einer möglichst zweckentsprechenden Nutzung (Art. 5 DSchG) der Denkmäler gegen Maßnahmen, die diesen Zielen typischerweise zuwiderlaufen, im Rahmen des dem Denkmaleigentümer Zumutbaren Rechnung zu tragen. Die Behörde trifft mithin eine rechtsgestaltende Entscheidung, welche die Belange des Denkmalschutzes auf der einen sowie die widerstreitenden öffentlichen Belange und die betroffenen privaten Belange auf der anderen Seite ausgleichen muss. Hierfür müssen alle vom Vorhaben betroffenen Belange berücksichtigt und miteinander und gegeneinander abgewogen werden (BayVGH, U.v. 27.9.2007 - 1 B 00.2474 - juris Rn. 87 m. w. N.; VG München, U.v. 20.4.2015 - M 8 K 14.635 - juris Rn. 42). Die Erlaubnis darf nur versagt werden, wenn die Gründe, die für die Beibehaltung des bisherigen Zustandes sprechen, so viel Gewicht haben, dass sie die für das Vorhaben streitenden öffentlichen und privaten Belange überwiegen (BayVGH, U.v. 11.1.2011 - 15 B 10.212 - juris Rn. 26). Bei der Ermessensausübung ist maßgeblich die Bedeutung des Baudenkmals zu berücksichtigen sowie Art und Intensität des beabsichtigten Eingriffs zu den gewichtigen Gründen des Denkmalschutzes ins Verhältnis zu setzen. Je gravierender der Eingriff aus denkmalfachlicher Sicht ist, desto größere Bedeutung kommt danach bei der Abwägung den für einen unveränderten Erhalt sprechenden gewichtigen Gründen des Denkmalschutzes zu, was im Einzelfall auch zur Folge haben kann, dass sich das Versagungsermessen zu einer Versagungspflicht verdichtet (VG München, U.v. 20.4.2015 - M 8 K 14.635 - juris Rn. 43).
Ferner ist Art. 6 Abs. 2 Satz 1 DSchG so auszulegen und anzuwenden, dass den aus Art. 14 Grundgesetz (GG) folgenden Anforderungen an ein Inhalt und Schranken des Grundeigentums bestimmendes Gesetz entsprochen wird. Hierfür muss die Prüfung, ob dem Denkmaleigentümer die (unveränderte) Beibehaltung des bisherigen Zustands mit den Erhaltungs- und Nutzungspflichten gemäß Art. 4 und Art. 5 DSchG zuzumuten ist, zumindest dem Grunde nach im Erlaubnisverfahren erfolgen. Im Fall der Unzumutbarkeit muss die Erlaubnis erteilt werden. Bei der Zumutbarkeitsprüfung ist nicht auf die besondere Situation des jeweiligen Eigentümers, sondern auf den „für Denkmalbelange aufgeschlossenen Eigentümer“ abzustellen (BayVGH, U.v. 18.10.2010 - 1 B 06.63 - juris Rn. 38; BVerfG, B.v. 2.3.1999 - 1 BvL 7/91 - juris, BVerfGE 100, 226).
2. Der Beklagte hat sein Ermessen, das nach § 114 VwGO nur eingeschränkter gerichtlicher Überprüfung unterliegt, rechtmäßig ausgeübt und unter Berücksichtigung aller vorgebrachten Interessen der Klägerin und der Allgemeinheit von der Erteilung einer Abbrucherlaubnis in ermessensgerechter und damit rechtmäßiger Weise abgesehen. Die Versagung der denkmalschutzrechtlichen Erlaubnis ist auch verhältnismäßig.
a) Hierbei ist zu berücksichtigen, dass keine größeren Erhaltungsmaßnahmen von der Klägerin gefordert werden und ihr damit kein größerer finanzieller Aufwand zur Erhaltung des Denkmals abverlangt wird. Die Vertreterin des LfD führte hierzu in der mündlichen Verhandlung vom 5. April 2016 aus, dass keine Sanierung des Reservoirs gefordert werde, dass aber Pflegemaßnahmen wie etwa das Zurückschneiden der wuchernden Vegetation in Betracht kämen. Das Baudenkmal solle in einem Zustand erhalten werden, dass es für den Betrachter erlebbar bleibe. Diese Ausführungen sind nachvollziehbar, da Sanierungsmaßnahmen unter Würdigung des geschichtlichen Hintergrunds nicht sinnvoll erscheinen. Das Wasserreservoir dient zusammen mit der gesamten Anlage als Zeuge des nationalsozialistischen Terrors und damit als Mahnmal für die Allgemeinheit.
b) Der Beklagte hat in der mündlichen Verhandlung vom 8. Dezember 2015 sein Ermessen dahingehend ergänzt, dass sich auch in Anbetracht der fehlenden Nutzbarkeit einer Fläche für die Klägerin von rund 3.500 m² am Abwägungsergebnis nichts ändere. Diese Abwägung ist angesichts der immensen geschichtlichen Bedeutung des Wasserreservoirs nicht zu beanstanden. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass selbst bei einer Erteilung der denkmalschutzrechtlichen Abbrucherlaubnis die Klägerin den Platz, auf dem sich das Wasserreservoir befindet, nicht als Lagerfläche für ihre ...fertigteile nutzen könnte. Denn das Grundstück FlNr. 946/6 befindet sich im Außenbereich, wo ein Lagerplatz nicht zulässig ist. Der aktuell gültige Bebauungsplan Nr. 1 „Sondergebiet an der K. Str. 1 für ...warenherstellung“ umfasst gerade nicht das streitgegenständliche Grundstück FlNr. 946/6. Die erste Änderung des Bebauungsplans, mit der auch das Grundstück FlNr. 946/6 überplant werden soll, ist (noch) nicht in Kraft getreten. Damit ist die Fläche, auf der sich das Wasserreservoir befindet, für die Klägerin zum Entscheidungszeitpunkt nicht als Lagerplatz für die ...fertigteile nutzbar, so dass ihr auch kein Lagerplatz „verloren“ geht; ein Inkrafttreten der Bebauungsplanänderung ist nicht absehbar. Daher ist die Klägerin aufgrund der Ablehnung der denkmalschutzrechtlichen Erlaubnis nicht unzumutbar in ihrem Eigentum beeinträchtigt, ohne dass es darauf ankommt, ob sie auf die vom Beklagten vorgeschlagenen Hoch- und Vertikallager verwiesen werden kann.
c) Aber auch unabhängig von der baurechtlichen Zulässigkeit des Lagerplatzes ist die Versagung der Erlaubnis unter dem Gesichtspunkt des Art. 14 GG nicht unverhältnismäßig. Die Gesamtfläche des Grundstücks FlNr. 946/6 beträgt knapp 11.000 m², die gesamte Fläche des Betriebs der Klägerin inklusive des Grundstücks FlNr. 946/6 beträgt etwa 53.000 m². Selbst wenn der Lagerung von ...fertigteilen auf dem Grundstück FlNr. 946/6 baurechtlich nichts entgegenstünde, ist die der Klägerin aufgrund des Denkmals nicht als Lagerfläche zur Verfügung stehende Fläche mit etwa 2.900 m² im Verhältnis dazu relativ gering, so dass es nicht unverhältnismäßig erscheint, den Bereich des Denkmals als Lagerfläche auszunehmen. Bei den etwa 2.900 m² ist nicht nur das Wasserreservoir selbst mit seinen etwa 1.700 m², sondern die gesamte Fläche ab dem Reservoir bis hin zur Grundstücksgrenze berücksichtigt. Im Übrigen würde auch dann die Verhältnismäßigkeit gewahrt sein, wenn die nicht als Lager zur Verfügung stehende Fläche - wie von der Klägerin vorgetragen - mindestens 4.000 m² betragen würde. Denn von Art. 14 GG ist nicht stets die wirtschaftlichste Verwendung des Privateigentums geschützt. Auch wenn das Reservoir auf dem Grundstück der Klägerin bestehen bleibt, kann sie - sofern die baurechtlichen Voraussetzungen hierfür vorliegen - ihr Grundstück FlNr. 946/6 als Lagerfläche benutzten. Allein der Bereich, auf dem das Denkmal steht, ist hiervon ausgenommen.
d) Berücksichtigt man gegenüber den Interessen der Klägerin die erhebliche geschichtliche Bedeutung des Denkmals, folgt hieraus keine Unverhältnismäßigkeit der Erhaltung des Wasserreservoirs. Es ist Zeitzeuge des Terrorregimes zu NS-Zeiten und dient als mahnende Erinnerung an diese Zeit (vgl. auch oben unter I.2.). Es verdeutlicht das Ausmaß des ehemaligen Rüstungswerks und damit auch der „Topographie des Terrors“. Würde es abgerissen, würde ein wichtiger Teil der erhaltenswerten, da einzigartigen - aus heutiger Sicht erschreckenden - Bunkeranlage fehlen. Fotos zur Dokumentation des Reservoirs können die Substanz der baulichen Anlage nicht ersetzten und sind im Hinblick auf die Erlebbarkeit des Denkmals nicht mit dessen Vorhandensein vergleichbar. Dies gilt insbesondere auch im Hinblick auf die Ausmaße des Reservoirs selbst, von dem sich das Gericht im Rahmen des Augenscheins am 5. April 2016 überzeugen konnte. Schon das Reservoir für sich genommen ist von eindrucksvollem Ausmaß. Hinzu kommt, dass es Teil eines integralen Denkmals ist (vgl. BayVerfGH, E.v. 22.7.2008 - Vf. 11-VII-07 - juris Rn. 45 ff.). Dass das Reservoir von einer bewachsenen Böschung umgeben und für den Betrachter nur schlecht einsehbar ist, ändert hieran nichts. Viele Denkmäler befinden sich auf Privatgrund. Das Reservoir befindet sich entgegen dem klägerischen Vortrag nicht mitten auf ihrem Grundstück, sondern am Rande des Grundstücks FlNr. 946/6 zu einem öffentlich genutzten Weg, so dass es von östlicher und südlicher Seite jedenfalls betrachtet werden kann. Hinzu kommt, dass der interessierte Besucher gerade durch einen Fußmarsch von der Ruine der Flugzeughalle zum Wasserreservoir die Größenausmaße der ehemaligen Bunkeranlage nachvollziehen kann.
IV.
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 1 VwGO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 Abs. 2, Abs. 1 VwGO i. V. m. §§ 708 ff. Zivilprozessordnung (ZPO).
Rechtsmittelbelehrung:
Nach §§ 124, 124 a Abs. 4 VwGO können die Beteiligten die Zulassung der Berufung gegen dieses Urteil innerhalb eines Monats nach Zustellung beim Bayerischen Verwaltungsgericht München,
Hausanschrift: Bayerstraße 30, 80335 München, oder
Postanschrift: Postfach 20 05 43, 80005 München
schriftlich beantragen. In dem Antrag ist das angefochtene Urteil zu bezeichnen. Dem Antrag sollen vier Abschriften beigefügt werden.
Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist bei dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof,
Hausanschrift in München: Ludwigstraße 23, 80539 München, oder
Postanschrift in München: Postfach 34 01 48, 80098 München
Hausanschrift in Ansbach: Montgelasplatz 1, 91522 Ansbach
einzureichen, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist.
Über die Zulassung der Berufung entscheidet der Bayerische Verwaltungsgerichtshof.
Vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof müssen sich die Beteiligten, außer im Prozesskostenhilfeverfahren, durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof eingeleitet wird. Als Prozessbevollmächtigte zugelassen sind neben Rechtsanwälten und den in § 67 Abs. 2 Satz 1 VwGO genannten Rechtslehrern mit Befähigung zum Richteramt die in § 67 Abs. 4 Sätze 4 und 7 VwGO sowie in §§ 3, 5 RDGEG bezeichneten Personen und Organisationen.
Beschluss:
Der Streitwert wird auf EUR 10.000,- festgesetzt (§ 52 Abs. 1 Gerichtskostengesetz -GKG- i. V. m. dem Streitwertkatalog).
Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diesen Beschluss steht den Beteiligten die Beschwerde an den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zu, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes EUR 200,-- übersteigt oder die Beschwerde zugelassen wurde. Die Beschwerde ist innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, beim Bayerischen Verwaltungsgericht München,
Hausanschrift: Bayerstraße 30, 80335 München, oder
Postanschrift: Postfach 20 05 43, 80005 München
schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen.
Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, kann die Beschwerde auch noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.
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Annotations
(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.
(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.
(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.
(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.
(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.
Soweit die Verwaltungsbehörde ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, prüft das Gericht auch, ob der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig ist, weil die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist. Die Verwaltungsbehörde kann ihre Ermessenserwägungen hinsichtlich des Verwaltungsaktes auch noch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren ergänzen.
(1) Das Eigentum und das Erbrecht werden gewährleistet. Inhalt und Schranken werden durch die Gesetze bestimmt.
(2) Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen.
(3) Eine Enteignung ist nur zum Wohle der Allgemeinheit zulässig. Sie darf nur durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes erfolgen, das Art und Ausmaß der Entschädigung regelt. Die Entschädigung ist unter gerechter Abwägung der Interessen der Allgemeinheit und der Beteiligten zu bestimmen. Wegen der Höhe der Entschädigung steht im Streitfalle der Rechtsweg vor den ordentlichen Gerichten offen.
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.
(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.
(1) Die Beteiligten können vor dem Verwaltungsgericht den Rechtsstreit selbst führen.
(2) Die Beteiligten können sich durch einen Rechtsanwalt oder einen Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz, der die Befähigung zum Richteramt besitzt, als Bevollmächtigten vertreten lassen. Darüber hinaus sind als Bevollmächtigte vor dem Verwaltungsgericht vertretungsbefugt nur
- 1.
Beschäftigte des Beteiligten oder eines mit ihm verbundenen Unternehmens (§ 15 des Aktiengesetzes); Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich auch durch Beschäftigte anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse vertreten lassen, - 2.
volljährige Familienangehörige (§ 15 der Abgabenordnung, § 11 des Lebenspartnerschaftsgesetzes), Personen mit Befähigung zum Richteramt und Streitgenossen, wenn die Vertretung nicht im Zusammenhang mit einer entgeltlichen Tätigkeit steht, - 3.
Steuerberater, Steuerbevollmächtigte, Wirtschaftsprüfer und vereidigte Buchprüfer, Personen und Vereinigungen im Sinne der §§ 3a und 3c des Steuerberatungsgesetzes im Rahmen ihrer Befugnisse nach § 3a des Steuerberatungsgesetzes, zu beschränkter geschäftsmäßiger Hilfeleistung in Steuersachen nach den §§ 3d und 3e des Steuerberatungsgesetzes berechtigte Personen im Rahmen dieser Befugnisse sowie Gesellschaften im Sinne des § 3 Satz 1 Nummer 2 und 3 des Steuerberatungsgesetzes, die durch Personen im Sinne des § 3 Satz 2 des Steuerberatungsgesetzes handeln, in Abgabenangelegenheiten, - 3a.
Steuerberater, Steuerbevollmächtigte, Wirtschaftsprüfer und vereidigte Buchprüfer, Personen und Vereinigungen im Sinne der §§ 3a und 3c des Steuerberatungsgesetzes im Rahmen ihrer Befugnisse nach § 3a des Steuerberatungsgesetzes, zu beschränkter geschäftsmäßiger Hilfeleistung in Steuersachen nach den §§ 3d und 3e des Steuerberatungsgesetzes berechtigte Personen im Rahmen dieser Befugnisse sowie Gesellschaften im Sinne des § 3 Satz 1 Nummer 2 und 3 des Steuerberatungsgesetzes, die durch Personen im Sinne des § 3 Satz 2 des Steuerberatungsgesetzes handeln, in Angelegenheiten finanzieller Hilfeleistungen im Rahmen staatlicher Hilfsprogramme zur Abmilderung der Folgen der COVID-19-Pandemie, wenn und soweit diese Hilfsprogramme eine Einbeziehung der Genannten als prüfende Dritte vorsehen, - 4.
berufsständische Vereinigungen der Landwirtschaft für ihre Mitglieder, - 5.
Gewerkschaften und Vereinigungen von Arbeitgebern sowie Zusammenschlüsse solcher Verbände für ihre Mitglieder oder für andere Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder, - 6.
Vereinigungen, deren satzungsgemäße Aufgaben die gemeinschaftliche Interessenvertretung, die Beratung und Vertretung der Leistungsempfänger nach dem sozialen Entschädigungsrecht oder der behinderten Menschen wesentlich umfassen und die unter Berücksichtigung von Art und Umfang ihrer Tätigkeit sowie ihres Mitgliederkreises die Gewähr für eine sachkundige Prozessvertretung bieten, für ihre Mitglieder in Angelegenheiten der Kriegsopferfürsorge und des Schwerbehindertenrechts sowie der damit im Zusammenhang stehenden Angelegenheiten, - 7.
juristische Personen, deren Anteile sämtlich im wirtschaftlichen Eigentum einer der in den Nummern 5 und 6 bezeichneten Organisationen stehen, wenn die juristische Person ausschließlich die Rechtsberatung und Prozessvertretung dieser Organisation und ihrer Mitglieder oder anderer Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder entsprechend deren Satzung durchführt, und wenn die Organisation für die Tätigkeit der Bevollmächtigten haftet.
(3) Das Gericht weist Bevollmächtigte, die nicht nach Maßgabe des Absatzes 2 vertretungsbefugt sind, durch unanfechtbaren Beschluss zurück. Prozesshandlungen eines nicht vertretungsbefugten Bevollmächtigten und Zustellungen oder Mitteilungen an diesen Bevollmächtigten sind bis zu seiner Zurückweisung wirksam. Das Gericht kann den in Absatz 2 Satz 2 Nr. 1 und 2 bezeichneten Bevollmächtigten durch unanfechtbaren Beschluss die weitere Vertretung untersagen, wenn sie nicht in der Lage sind, das Sach- und Streitverhältnis sachgerecht darzustellen.
(4) Vor dem Bundesverwaltungsgericht und dem Oberverwaltungsgericht müssen sich die Beteiligten, außer im Prozesskostenhilfeverfahren, durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht oder einem Oberverwaltungsgericht eingeleitet wird. Als Bevollmächtigte sind nur die in Absatz 2 Satz 1 bezeichneten Personen zugelassen. Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich durch eigene Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt oder durch Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse vertreten lassen. Vor dem Bundesverwaltungsgericht sind auch die in Absatz 2 Satz 2 Nr. 5 bezeichneten Organisationen einschließlich der von ihnen gebildeten juristischen Personen gemäß Absatz 2 Satz 2 Nr. 7 als Bevollmächtigte zugelassen, jedoch nur in Angelegenheiten, die Rechtsverhältnisse im Sinne des § 52 Nr. 4 betreffen, in Personalvertretungsangelegenheiten und in Angelegenheiten, die in einem Zusammenhang mit einem gegenwärtigen oder früheren Arbeitsverhältnis von Arbeitnehmern im Sinne des § 5 des Arbeitsgerichtsgesetzes stehen, einschließlich Prüfungsangelegenheiten. Die in Satz 5 genannten Bevollmächtigten müssen durch Personen mit der Befähigung zum Richteramt handeln. Vor dem Oberverwaltungsgericht sind auch die in Absatz 2 Satz 2 Nr. 3 bis 7 bezeichneten Personen und Organisationen als Bevollmächtigte zugelassen. Ein Beteiligter, der nach Maßgabe der Sätze 3, 5 und 7 zur Vertretung berechtigt ist, kann sich selbst vertreten.
(5) Richter dürfen nicht als Bevollmächtigte vor dem Gericht auftreten, dem sie angehören. Ehrenamtliche Richter dürfen, außer in den Fällen des Absatzes 2 Satz 2 Nr. 1, nicht vor einem Spruchkörper auftreten, dem sie angehören. Absatz 3 Satz 1 und 2 gilt entsprechend.
(6) Die Vollmacht ist schriftlich zu den Gerichtsakten einzureichen. Sie kann nachgereicht werden; hierfür kann das Gericht eine Frist bestimmen. Der Mangel der Vollmacht kann in jeder Lage des Verfahrens geltend gemacht werden. Das Gericht hat den Mangel der Vollmacht von Amts wegen zu berücksichtigen, wenn nicht als Bevollmächtigter ein Rechtsanwalt auftritt. Ist ein Bevollmächtigter bestellt, sind die Zustellungen oder Mitteilungen des Gerichts an ihn zu richten.
(7) In der Verhandlung können die Beteiligten mit Beiständen erscheinen. Beistand kann sein, wer in Verfahren, in denen die Beteiligten den Rechtsstreit selbst führen können, als Bevollmächtigter zur Vertretung in der Verhandlung befugt ist. Das Gericht kann andere Personen als Beistand zulassen, wenn dies sachdienlich ist und hierfür nach den Umständen des Einzelfalls ein Bedürfnis besteht. Absatz 3 Satz 1 und 3 und Absatz 5 gelten entsprechend. Das von dem Beistand Vorgetragene gilt als von dem Beteiligten vorgebracht, soweit es nicht von diesem sofort widerrufen oder berichtigt wird.
(1) Kammerrechtsbeistände stehen in den nachfolgenden Vorschriften einem Rechtsanwalt gleich:
- 1.
§ 79 Absatz 1 Satz 2 und Absatz 2 Satz 1, § 88 Absatz 2, § 121 Absatz 2 bis 4, § 122 Absatz 1, den §§ 126, 130d und 133 Absatz 2, den §§ 135, 157 und 169 Absatz 2, den §§ 174, 195 und 317 Absatz 5 Satz 2, § 348 Absatz 1 Satz 2 Nummer 2 Buchstabe d, § 397 Absatz 2 und § 702 Absatz 2 Satz 2 der Zivilprozessordnung, - 2.
§ 10 Absatz 2 Satz 1, § 11 Satz 4, § 13 Absatz 4, den §§ 14b und 78 Absatz 2 bis 4 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit, - 3.
§ 11 Absatz 2 Satz 1 und § 46g des Arbeitsgerichtsgesetzes, - 4.
den §§ 65d und 73 Absatz 2 Satz 1 und Absatz 6 Satz 5 des Sozialgerichtsgesetzes, wenn nicht die Erlaubnis das Sozial- und Sozialversicherungsrecht ausschließt, - 5.
den §§ 55d und 67 Absatz 2 Satz 1 und Absatz 6 Satz 4 der Verwaltungsgerichtsordnung, - 6.
den §§ 52d und 62 Absatz 2 Satz 1 und Absatz 6 Satz 4 der Finanzgerichtsordnung, wenn die Erlaubnis die geschäftsmäßige Hilfeleistung in Steuersachen umfasst.
(2) Registrierte Erlaubnisinhaber stehen im Sinn von § 79 Abs. 2 Satz 1 der Zivilprozessordnung, § 10 Abs. 2 Satz 1 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit, § 11 Abs. 2 Satz 1 des Arbeitsgerichtsgesetzes, § 73 Abs. 2 Satz 1 des Sozialgerichtsgesetzes, § 67 Abs. 2 Satz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung und § 62 Abs. 2 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung einem Rechtsanwalt gleich, soweit ihnen die gerichtliche Vertretung oder das Auftreten in der Verhandlung
- 1.
nach dem Umfang ihrer bisherigen Erlaubnis, - 2.
als Prozessagent durch Anordnung der Justizverwaltung nach § 157 Abs. 3 der Zivilprozessordnung in der bis zum 30. Juni 2008 geltenden Fassung, - 3.
durch eine für die Erteilung der Erlaubnis zum mündlichen Verhandeln vor den Sozialgerichten zuständige Stelle, - 4.
nach § 67 der Verwaltungsgerichtsordnung in der bis zum 30. Juni 2008 geltenden Fassung oder - 5.
nach § 13 des Gesetzes über die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit in der bis zum 30. Juni 2008 geltenden Fassung
(3) Das Gericht weist registrierte Erlaubnisinhaber, soweit sie nicht nach Maßgabe des Absatzes 2 zur gerichtlichen Vertretung oder zum Auftreten in der Verhandlung befugt sind, durch unanfechtbaren Beschluss zurück. Prozesshandlungen eines nicht vertretungsbefugten Bevollmächtigten und Zustellungen oder Mitteilungen an diesen Bevollmächtigten sind bis zu seiner Zurückweisung wirksam. Das Gericht kann registrierten Erlaubnisinhabern durch unanfechtbaren Beschluss die weitere Vertretung oder das weitere Auftreten in der Verhandlung untersagen, wenn sie nicht in der Lage sind, das Sach- und Streitverhältnis sachgerecht darzustellen.§ 335 Abs. 1 Nr. 5 der Zivilprozessordnung gilt entsprechend.
Personen, die bis zum 9. September 1996 die fachlichen Voraussetzungen für die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft nach § 4 des Rechtsanwaltsgesetzes vom 13. September 1990 (GBl. I Nr. 61 S. 1504) erfüllt haben, stehen in den nachfolgenden Vorschriften einer Person mit Befähigung zum Richteramt gleich:
- 1.
§ 6 Abs. 2 Satz 1 und § 7 Abs. 2 Satz 1 des Rechtsdienstleistungsgesetzes, - 2.
§ 78 Absatz 2 und § 79 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 der Zivilprozessordnung, - 3.
§ 10 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit, - 4.
§ 11 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2, Abs. 4 Satz 3 des Arbeitsgerichtsgesetzes, - 5.
§ 73 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2, Abs. 4 Satz 3 und 4 des Sozialgerichtsgesetzes, - 6.
§ 67 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2, Abs. 4 Satz 4 der Verwaltungsgerichtsordnung, - 7.
§ 62 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2, Abs. 4 Satz 4 der Finanzgerichtsordnung, - 8.
§ 97 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 des Patentgesetzes, - 9.
§ 81 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 des Markengesetzes.