Verwaltungsgericht München Urteil, 22. Jan. 2015 - M 1 K 14.50098

published on 22/01/2015 00:00
Verwaltungsgericht München Urteil, 22. Jan. 2015 - M 1 K 14.50098
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Tenor

I.

Der Bescheid des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge vom ... 2014 wird aufgehoben. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

II.

Die Kosten des Verfahrens, für das Gerichtskosten nicht erhoben werden, werden gegeneinander aufgehoben.

III.

Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.

Der jeweilige Kostengläubiger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht der jeweilige Kostenschuldner vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

Nach ihren eigenen Angaben sind die Kläger zu 1) (geb. ...) und 2) (geb. ...) kosovarische Staatsangehöriger. Zusammen mit ihren Kindern, den Klägern zu 3) (geb. ...), zu 4) (geb. ...) und zu 5) (geb. ...) reisten sie nach ihren Angaben am ... Oktober 2013 in die Bundesrepublik Deutschland ein und beantragten hier am ... Oktober 2013 ihre Anerkennung als Asylberechtigte.

Eine Befragung der Kläger sowie eine EURODAC-Abfrage ergaben, dass die Kläger bereits in Ungarn Asylanträge gestellt hatten. Am ... Dezember 2013 richtete das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) deshalb ein Übernahmeersuchen gemäß Art. 16 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung (EG) Nr. 343/2003 des Rates vom 18. Februar 2003 (Dublin-II-Verordnung) an Ungarn. Die zuständige ungarische Behörde erklärte am ... Januar 2014 ihre Zuständigkeit.

Mit Bescheid vom ... März 2014, zugestellt am 15. März 2014, stellte das Bundesamt fest, dass der Asylantrag unzulässig ist (Nr. 1) und ordnete die Abschiebung der Klägers nach Ungarn an (Nr. 2).

Am ... März 2014 erhoben die Kläger Klage beim Bayerischen Verwaltungsgericht München mit dem Antrag,

den Bescheid vom ... März 2014 aufzuheben und die ... verpflichten, sie als Asylberechtigte anzuerkennen.

Zur Begründung des Antrags wird im Wesentlichen ausgeführt, es existierten erhebliche humanitäre Gründe, die einer Vollziehung des Bescheids entgegenstünden. Der Kläger zu 3) sei erheblich körperbehindert und derzeit in ärztlicher Behandlung. Diese Behandlung würde durch eine Aufenthaltsbeendung unterbrochen. In seinem Heimatland könne er ärztlich nicht versorgt werden. Zur Abschätzung der therapeutischen Optionen sei eine Aufenthaltsverlängerung der Familie nötig. Der Antragsschrift beigefügt war ein Untersuchungsbericht des Sozialpädiatrischen Zentrums im Klinikum der Universität ... vom ... März 2014, wonach der Kläger zu 3) im Rollstuhl sitze und nur mit Gewichtsunterstützung von hinten wenige Schritte gehen könne. Freies Laufen sei noch nie möglich gewesen. Eine eingeleitete Krankengymnastik solle fortgeführt werden, um Wiedervorstellung im Juni 2014 zur ärztlichen Verlaufskontrolle werde gebeten. Der Klageschrift beigefügt war ein Überweisungsschreiben eines Facharztes für Kinder- und Jugendmedizin vom ... März 2014, das als Befund beim Kläger zu 3) eine spastische Cerebralparese nennt. Auf beide Schreiben wird Bezug genommen. Ergänzend legte der Kläger am ... Mai 2014 ein Attest des Klinikums der Universität ... vom ... April 2014 vor und führte aus, aus daraus ergäben sich Belege für die vorgetragenen humanitären Gründe, die einer Abschiebung der Kläger entgegenstünden.

Das Bundesamt legte mit Schreiben vom ... März 2014 die Asylakten vor. Mit Beschluss vom ... April 2014 wurde der Rechtsstreit zur Entscheidung auf den Einzelrichter übertragen. Am ... Dezember 2014 verzichtete der bevollmächtigte der Kläger, deren Aufenthaltsort im Bundesgebiet seit ... Juli 2014 unbekannt ist, auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung. Die Beklagte erklärte dies am ... Dezember 2014 ebenso. Hinweise auf eine erfolgte Abschiebung der Kläger nach U. trug sie bis dahin nicht vor.

Mit Beschluss vom ... April 2014, dem Bevollmächtigten der Kläger zugegangen am 8. Mai 2014, lehnte das Gericht deren Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihrer Klage ab.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der vorgelegten Behördenakten Bezug genommen.

Gründe

Das Gericht kann durch den Einzelrichter entscheiden, nachdem ihm das Verfahren zur Entscheidung übertragen worden ist (§ 76 Abs. 1 AsylVfG). Die Entscheidung kann mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung ergehen (§ 101 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO).

Die nur zum Teil zulässige Klage ist insoweit auch begründet.

1. Die Klage ist nur zum Teil zulässig. Unzulässig ist sie hinsichtlich des Verpflichtungsbegehrens der Kläger. Solange nämlich der von ihnen angefochtene Bescheid der Beklagten wirksam ist, ist die Beklagte nicht verpflichtet, einen materiellen Anspruch der Kläger auf Anerkennung als Asylberechtigte zu prüfen. Im angefochtenen Bescheid findet auch keine Ablehnung einer solchen Anerkennung Ausdruck. Aus diesem Grund ist die Verpflichtungsklage (mangels Versagungsbescheids) weder als Versagungsgegenklage noch (mangels unbegründeteter Untätigkeit der Behörde im Sinne von § 75 Satz 1 VwGO) als Untätigkeitsklage zulässig.

Demgegenüber ist die Klage gegen den Bescheid des Bundesamtes als (isolierte) Anfechtungsklage zulässig und statthaft. Rechtsgrundlage für die angefochtene Entscheidung über die Unzulässigkeit des Asylantrags ist § 27a AsylVfG, wonach ein in Deutschland gestellter Asylantrag als unzulässig abzulehnen ist, wenn die Zuständigkeit eines anderen Staates aufgrund von Rechtsvorschriften der Europäischen Union oder eines völkerrechtlichen Vertrages für die Durchführung des Asylverfahrens vorliegt. Die mit diesem Ausspruch regelmäßig verbundene Abschiebungsanordnung findet ihre Grundlage in § 34a Abs. 1 AsylVfG. Die Entscheidungen nach §§ 27a, 34a Abs. 1 AsylVfG stellen belastende Verwaltungsakte im Sinne von § 35 Verwaltungsverfahrensgesetz (VwVfG) dar, deren isolierte Aufhebung - anders als in sonstigen Fällen eines Verpflichtungsbegehrens - ausnahmsweise zulässig ist, weil schon ihre Beseitigung grundsätzlich zur formellen und materiellen Prüfung des gestellten Asylantrags führt. Denn das Bundesamt ist nach Aufhebung des Bescheids bereits gesetzlich verpflichtet, das Asylverfahren durchzuführen (§§ 31, 24 AsylVfG). Das Bundesamt hat sich wegen des Vorliegens der Voraussetzungen des § 27a AsylVfG bisher lediglich mit der - einer materiellen Prüfung des Asylbegehrens vorrangigen - Frage befasst, welcher Staat nach den Rechtsvorschriften der Europäischen Union für die Prüfung des Asylbegehrens der Kläger zuständig ist; eine Prüfung des Asylbegehrens ist in der Sache nicht erfolgt. Mit der Aufhebung des Bescheids wird ein Verfahrenshindernis für die inhaltliche Prüfung des Asylbegehrens beseitigt, und das Asylverfahren ist in dem Stadium, in dem es beendet worden ist, durch das Bundesamt weiterzuführen.

Die Klage auf isolierte Aufhebung des Bescheids ist auch von einem Rechtsschutzbedürfnis getragen. Selbst wenn das Bundesamt den Asylantrag der Kläger als Zweitantrag behandeln wollte, hätten sie jedenfalls Anspruch auf sachliche Prüfung, ob Wiederaufgreifensgründe nach § 51 Abs. 1 bis 3 VwVfG vorliegen. Diesem Anspruch müsste durch Einstieg in ein Zweitverfahren Genüge getan werden.

2. Die Klage ist, soweit sie zulässig ist, auch begründet. Der streitgegenständliche Bescheid des Bundesamtes ist rechtswidrig und verletzt die Kläger in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

Im nach § 77 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 2 AsylVfG maßgeblichen Zeitpunkt dieser Entscheidung war die Überstellungsfrist bereits abgelaufen Der Bescheid ist mit dem Ablauf der Überstellungsfrist rechtswidrig geworden. Da der Beschluss des Gerichts vom ... April 2014, in dem der Antrag der Kläger auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes abgelehnt wurde, dem Bevollmächtigten der Kläger am 8. Mai 2014 bekannt gegeben wurde, endete die Überstellungsfrist von sechs Monaten am 8. November 2014. Nach Ablauf der Frist geht die Zuständigkeit für die Prüfung des Asylbegehrens auf den ersuchenden Mitgliedstaat, also die Beklagte, über (vgl. Art. 20 Abs. 2 Satz 1 Dublin II-Verordnung). Der Asylantrag ist damit nicht mehr nach § 27a AsylVfG unzulässig. Eine Anordnung der Abschiebung in den ursprünglich zuständigen Mitgliedstaat nach § 34a AsylVfG kommt nicht mehr in Betracht. Dass Ungarn nach Fristablauf weiterhin zur Übernahme der Kläger bereit wäre, hat die Beklagte nicht vorgetragen und ist auch nicht ersichtlich.

Der Bescheid kann auch nicht durch Umdeutung nach § 47 VwVfG als Entscheidung über einen Zweitantrag nach § 71a AsylVfG aufrechterhalten werden, weil die Voraussetzungen hierfür nicht vorliegen (ebenso VG Augsburg, U. v. 12.11.1014 - Au 7 K 14.50047 - juris Rn. 35 ff.; VG Regensburg, U. v. 23.10.2014 - RN 3 K 14.30180 - juris Rn. 22 ff.; U. v. 21.10.2014 - RO 9 K 14.30217 - juris Rn. 22 ff.; VG Ansbach, U. v. 8.10.2014 - AN 10 K 14.30043 - juris Rn. 20; VG Düsseldorf, U. v. 23.9.2014 - 8 K 4481/14.A - juris Rn. 38). Nach § 47 Abs. 1 VwVfG kann ein fehlerhafter Verwaltungsakt in einen anderen Verwaltungsakt umgedeutet werden, wenn er auf das gleiche Ziel gerichtet ist, von der erlassenden Behörde in der geschehenen Verfahrensweise und Form rechtmäßig hätte erlassen werden können und wenn die Voraussetzungen für dessen Erlass erfüllt sind. Diese Vorschrift gilt nach § 47 Abs. 2 Satz 1 VwVfG allerdings dann nicht, wenn der Verwaltungsakt, in den der fehlerhafte Verwaltungsakt umzudeuten wäre, der erkennbaren Absicht der erlassenden Behörde widerspräche oder seine Rechtsfolgen für den Betroffenen ungünstiger wären als die des fehlerhaften Verwaltungsakts.

Ein Bescheid gemäß § 71a AsylVfG hätte nicht in der geschehenen Verfahrensweise erlassen werden dürfen. Das nach § 71a Abs. 1 AsylVfG zuständige Bundesamt hat die Kläger nicht zu den im Rahmen des § 71a Abs. 1 AsylVfG maßgeblichen Umständen (Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 bis 3 VwVfG) angehört. Gelegenheit zur Klärung der Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 bis 3 VwVfG bestand nie. Damit ist offensichtlich ausgeschlossen, dass sich die Beklagte auf Basis der Aktenlage mit der Frage hätte auseinandersetzen können, ob ein Fall des § 71a Abs. 1 AsylVfG i. V. m. § 51 Abs. 1 bis 3 VwVfG vorliegt oder nicht. Von der Anhörung konnte auch nicht nach § 71a Abs. 2 Satz 2 AsylVfG abgesehen werden, da bei dieser Sachlage insbesondere mit Blick auf die Tatbestandsvoraussetzungen des § 51 Abs. 1 bis 3 VwVfG eine sichere Feststellung, dass kein weiteres Asylverfahren durchzuführen sei, nicht möglich ist.

Außerdem obliegt der Beklagten gemäß § 71a Abs. 2 Satz 1 i. V. m. § 24 Abs. 2 AsylVfG auch die Entscheidung, ob ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 5 oder 7 Aufenthaltsgesetz (AufenthG) vorliegt. Dieser Gesichtspunkt mag zwar mit Blick auf die Dublin-Regularien und die nach §§ 27a, 34a Abs. 1 AsylVfG angeordnete Abschiebung ursprünglich keine Rolle gespielt haben. Allerdings käme dem im Rahmen eines Zweitantrags Bedeutung zu, zumal hierbei nicht die Umstände in Ungarn, sondern im Herkunftsstaat zugrunde zu legen sind.

Nr. 1 des Bescheids kann auch deshalb nicht in einen Bescheid nach § 71a AsylVfG umgedeutet werden, weil die Rechtsfolgen ungünstiger wären. Rechtsfolge des Bescheids gemäß § 27a AsylVfG ist nach § 34a AsylVfG die Anordnung der Abschiebung in den Staat der Asylantragstellung. Asylantragstellern verbleibt die Möglichkeit, auch nach einer Abschiebung aus Deutschland nach Maßgabe der nationalen Regelungen um Schutz vor Abschiebung in den Herkunftsstaat nachzusuchen, etwa durch das Stellen eines Folgeantrags. Dagegen geht mit dem Erlass eines ablehnenden Bescheids gemäß § 71a AsylVfG in aller Regel eine den Herkunftsstaat als Zielstaat benennende Androhung der Abschiebung einher (vgl. § 71a Abs. 4 i. V. m. § 34 AsylVfG, § 59 AufenthG).

Außerdem scheidet eine Umdeutung der Anordnung der Abschiebung nach Ungarn in Nr. 2 des streitgegenständlichen Bescheids in eine Androhung der Abschiebung in das Herkunftsland aus, da diese nicht mehr im Sinne von § 47 Abs. 1 VwVfG auf das gleiche Ziel gerichtet wäre.

Die Kläger sind auch hinsichtlich des angefochtenen Bescheids in ihren Rechten verletzt. Zwar begründen die Bestimmungen der Dublin II-Verordnung grundsätzlich keine subjektiven Rechte des Schutzsuchenden. Sie dienen alleine der internen Verteilung der Lasten und Verantwortung unter den Mitgliedstaaten der Europäischen Union. Wenn allerdings die Überstellungsfrist abgelaufen und der ursprünglich zuständige Mitgliedstaat nicht mehr zur Übernahme bereit ist, besteht allein die Zuständigkeit der Beklagten. Der Anspruch auf Durchführung des Asylverfahrens kann dann als notwendiger Bestandteil des materiellen Asylanspruchs gegenüber dem dann zuständigen Staat geltend gemacht werden (vgl. VG Augsburg, U. v. 12.11.2014 a. a. O. Rn. 45).

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO, § 83b AsylVfG. Die Regelung der vorläufigen Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 ff. Zivilprozessordnung (ZPO).

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(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs. (2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungskl
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(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs. (2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungskl
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published on 12/11/2014 00:00

Tenor I. Der Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 26. März 2014 wird aufgehoben. II. Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens. Gerichtskosten werden nicht erhoben. III. Der Gerichtsbescheid
published on 23/09/2014 00:00

Tenor Der Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 2. Juli 2014 wird aufgehoben. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen. Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens, für das Gerichtskosten nicht erhoben werden. Das Urteil ist hinsic
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(1) Das Gericht entscheidet, soweit nichts anderes bestimmt ist, auf Grund mündlicher Verhandlung. Die mündliche Verhandlung soll so früh wie möglich stattfinden.

(2) Mit Einverständnis der Beteiligten kann das Gericht ohne mündliche Verhandlung entscheiden.

(3) Entscheidungen des Gerichts, die nicht Urteile sind, können ohne mündliche Verhandlung ergehen, soweit nichts anderes bestimmt ist.

Ist über einen Widerspruch oder über einen Antrag auf Vornahme eines Verwaltungsakts ohne zureichenden Grund in angemessener Frist sachlich nicht entschieden worden, so ist die Klage abweichend von § 68 zulässig. Die Klage kann nicht vor Ablauf von drei Monaten seit der Einlegung des Widerspruchs oder seit dem Antrag auf Vornahme des Verwaltungsakts erhoben werden, außer wenn wegen besonderer Umstände des Falles eine kürzere Frist geboten ist. Liegt ein zureichender Grund dafür vor, daß über den Widerspruch noch nicht entschieden oder der beantragte Verwaltungsakt noch nicht erlassen ist, so setzt das Gericht das Verfahren bis zum Ablauf einer von ihm bestimmten Frist, die verlängert werden kann, aus. Wird dem Widerspruch innerhalb der vom Gericht gesetzten Frist stattgegeben oder der Verwaltungsakt innerhalb dieser Frist erlassen, so ist die Hauptsache für erledigt zu erklären.

(1) Die Behörde hat auf Antrag des Betroffenen über die Aufhebung oder Änderung eines unanfechtbaren Verwaltungsaktes zu entscheiden, wenn

1.
sich die dem Verwaltungsakt zugrunde liegende Sach- oder Rechtslage nachträglich zugunsten des Betroffenen geändert hat;
2.
neue Beweismittel vorliegen, die eine dem Betroffenen günstigere Entscheidung herbeigeführt haben würden;
3.
Wiederaufnahmegründe entsprechend § 580 der Zivilprozessordnung gegeben sind.

(2) Der Antrag ist nur zulässig, wenn der Betroffene ohne grobes Verschulden außerstande war, den Grund für das Wiederaufgreifen in dem früheren Verfahren, insbesondere durch Rechtsbehelf, geltend zu machen.

(3) Der Antrag muss binnen drei Monaten gestellt werden. Die Frist beginnt mit dem Tage, an dem der Betroffene von dem Grund für das Wiederaufgreifen Kenntnis erhalten hat.

(4) Über den Antrag entscheidet die nach § 3 zuständige Behörde; dies gilt auch dann, wenn der Verwaltungsakt, dessen Aufhebung oder Änderung begehrt wird, von einer anderen Behörde erlassen worden ist.

(5) Die Vorschriften des § 48 Abs. 1 Satz 1 und des § 49 Abs. 1 bleiben unberührt.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Ein fehlerhafter Verwaltungsakt kann in einen anderen Verwaltungsakt umgedeutet werden, wenn er auf das gleiche Ziel gerichtet ist, von der erlassenden Behörde in der geschehenen Verfahrensweise und Form rechtmäßig hätte erlassen werden können und wenn die Voraussetzungen für dessen Erlass erfüllt sind.

(2) Absatz 1 gilt nicht, wenn der Verwaltungsakt, in den der fehlerhafte Verwaltungsakt umzudeuten wäre, der erkennbaren Absicht der erlassenden Behörde widerspräche oder seine Rechtsfolgen für den Betroffenen ungünstiger wären als die des fehlerhaften Verwaltungsaktes. Eine Umdeutung ist ferner unzulässig, wenn der fehlerhafte Verwaltungsakt nicht zurückgenommen werden dürfte.

(3) Eine Entscheidung, die nur als gesetzlich gebundene Entscheidung ergehen kann, kann nicht in eine Ermessensentscheidung umgedeutet werden.

(4) § 28 ist entsprechend anzuwenden.

(1) Die Behörde hat auf Antrag des Betroffenen über die Aufhebung oder Änderung eines unanfechtbaren Verwaltungsaktes zu entscheiden, wenn

1.
sich die dem Verwaltungsakt zugrunde liegende Sach- oder Rechtslage nachträglich zugunsten des Betroffenen geändert hat;
2.
neue Beweismittel vorliegen, die eine dem Betroffenen günstigere Entscheidung herbeigeführt haben würden;
3.
Wiederaufnahmegründe entsprechend § 580 der Zivilprozessordnung gegeben sind.

(2) Der Antrag ist nur zulässig, wenn der Betroffene ohne grobes Verschulden außerstande war, den Grund für das Wiederaufgreifen in dem früheren Verfahren, insbesondere durch Rechtsbehelf, geltend zu machen.

(3) Der Antrag muss binnen drei Monaten gestellt werden. Die Frist beginnt mit dem Tage, an dem der Betroffene von dem Grund für das Wiederaufgreifen Kenntnis erhalten hat.

(4) Über den Antrag entscheidet die nach § 3 zuständige Behörde; dies gilt auch dann, wenn der Verwaltungsakt, dessen Aufhebung oder Änderung begehrt wird, von einer anderen Behörde erlassen worden ist.

(5) Die Vorschriften des § 48 Abs. 1 Satz 1 und des § 49 Abs. 1 bleiben unberührt.

(1) Die Abschiebung ist unter Bestimmung einer angemessenen Frist zwischen sieben und 30 Tagen für die freiwillige Ausreise anzudrohen. Ausnahmsweise kann eine kürzere Frist gesetzt oder von einer Fristsetzung abgesehen werden, wenn dies im Einzelfall zur Wahrung überwiegender öffentlicher Belange zwingend erforderlich ist, insbesondere wenn

1.
der begründete Verdacht besteht, dass der Ausländer sich der Abschiebung entziehen will, oder
2.
von dem Ausländer eine erhebliche Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung ausgeht.
Unter den in Satz 2 genannten Voraussetzungen kann darüber hinaus auch von einer Abschiebungsandrohung abgesehen werden, wenn
1.
der Aufenthaltstitel nach § 51 Absatz 1 Nummer 3 bis 5 erloschen ist oder
2.
der Ausländer bereits unter Wahrung der Erfordernisse des § 77 auf das Bestehen seiner Ausreisepflicht hingewiesen worden ist.
Die Ausreisefrist kann unter Berücksichtigung der besonderen Umstände des Einzelfalls angemessen verlängert oder für einen längeren Zeitraum festgesetzt werden. § 60a Absatz 2 bleibt unberührt. Wenn die Vollziehbarkeit der Ausreisepflicht oder der Abschiebungsandrohung entfällt, wird die Ausreisefrist unterbrochen und beginnt nach Wiedereintritt der Vollziehbarkeit erneut zu laufen. Einer erneuten Fristsetzung bedarf es nicht. Nach Ablauf der Frist zur freiwilligen Ausreise darf der Termin der Abschiebung dem Ausländer nicht angekündigt werden.

(2) In der Androhung soll der Staat bezeichnet werden, in den der Ausländer abgeschoben werden soll, und der Ausländer darauf hingewiesen werden, dass er auch in einen anderen Staat abgeschoben werden kann, in den er einreisen darf oder der zu seiner Übernahme verpflichtet ist. Gebietskörperschaften im Sinne der Anhänge I und II der Verordnung (EU) 2018/1806 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. November 2018 zur Aufstellung der Liste der Drittländer, deren Staatsangehörige beim Überschreiten der Außengrenzen im Besitz eines Visums sein müssen, sowie der Liste der Drittländer, deren Staatsangehörige von dieser Visumpflicht befreit sind (ABl. L 303 vom 28.11.2018, S. 39), sind Staaten gleichgestellt.

(3) Dem Erlass der Androhung steht das Vorliegen von Abschiebungsverboten und Gründen für die vorübergehende Aussetzung der Abschiebung nicht entgegen. In der Androhung ist der Staat zu bezeichnen, in den der Ausländer nicht abgeschoben werden darf. Stellt das Verwaltungsgericht das Vorliegen eines Abschiebungsverbots fest, so bleibt die Rechtmäßigkeit der Androhung im Übrigen unberührt.

(4) Nach dem Eintritt der Unanfechtbarkeit der Abschiebungsandrohung bleiben für weitere Entscheidungen der Ausländerbehörde über die Abschiebung oder die Aussetzung der Abschiebung Umstände unberücksichtigt, die einer Abschiebung in den in der Abschiebungsandrohung bezeichneten Staat entgegenstehen und die vor dem Eintritt der Unanfechtbarkeit der Abschiebungsandrohung eingetreten sind; sonstige von dem Ausländer geltend gemachte Umstände, die der Abschiebung oder der Abschiebung in diesen Staat entgegenstehen, können unberücksichtigt bleiben. Die Vorschriften, nach denen der Ausländer die im Satz 1 bezeichneten Umstände gerichtlich im Wege der Klage oder im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes nach der Verwaltungsgerichtsordnung geltend machen kann, bleiben unberührt.

(5) In den Fällen des § 58 Abs. 3 Nr. 1 bedarf es keiner Fristsetzung; der Ausländer wird aus der Haft oder dem öffentlichen Gewahrsam abgeschoben. Die Abschiebung soll mindestens eine Woche vorher angekündigt werden.

(6) Über die Fristgewährung nach Absatz 1 wird dem Ausländer eine Bescheinigung ausgestellt.

(7) Liegen der Ausländerbehörde konkrete Anhaltspunkte dafür vor, dass der Ausländer Opfer einer in § 25 Absatz 4a Satz 1 oder in § 25 Absatz 4b Satz 1 genannten Straftat wurde, setzt sie abweichend von Absatz 1 Satz 1 eine Ausreisefrist, die so zu bemessen ist, dass er eine Entscheidung über seine Aussagebereitschaft nach § 25 Absatz 4a Satz 2 Nummer 3 oder nach § 25 Absatz 4b Satz 2 Nummer 2 treffen kann. Die Ausreisefrist beträgt mindestens drei Monate. Die Ausländerbehörde kann von der Festsetzung einer Ausreisefrist nach Satz 1 absehen, diese aufheben oder verkürzen, wenn

1.
der Aufenthalt des Ausländers die öffentliche Sicherheit und Ordnung oder sonstige erhebliche Interessen der Bundesrepublik Deutschland beeinträchtigt oder
2.
der Ausländer freiwillig nach der Unterrichtung nach Satz 4 wieder Verbindung zu den Personen nach § 25 Absatz 4a Satz 2 Nummer 2 aufgenommen hat.
Die Ausländerbehörde oder eine durch sie beauftragte Stelle unterrichtet den Ausländer über die geltenden Regelungen, Programme und Maßnahmen für Opfer von in § 25 Absatz 4a Satz 1 genannten Straftaten.

(8) Ausländer, die ohne die nach § 4a Absatz 5 erforderliche Berechtigung zur Erwerbstätigkeit beschäftigt waren, sind vor der Abschiebung über die Rechte nach Artikel 6 Absatz 2 und Artikel 13 der Richtlinie 2009/52/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 18. Juni 2009 über Mindeststandards für Sanktionen und Maßnahmen gegen Arbeitgeber, die Drittstaatsangehörige ohne rechtmäßigen Aufenthalt beschäftigen (ABl. L 168 vom 30.6.2009, S. 24), zu unterrichten.

(1) Ein fehlerhafter Verwaltungsakt kann in einen anderen Verwaltungsakt umgedeutet werden, wenn er auf das gleiche Ziel gerichtet ist, von der erlassenden Behörde in der geschehenen Verfahrensweise und Form rechtmäßig hätte erlassen werden können und wenn die Voraussetzungen für dessen Erlass erfüllt sind.

(2) Absatz 1 gilt nicht, wenn der Verwaltungsakt, in den der fehlerhafte Verwaltungsakt umzudeuten wäre, der erkennbaren Absicht der erlassenden Behörde widerspräche oder seine Rechtsfolgen für den Betroffenen ungünstiger wären als die des fehlerhaften Verwaltungsaktes. Eine Umdeutung ist ferner unzulässig, wenn der fehlerhafte Verwaltungsakt nicht zurückgenommen werden dürfte.

(3) Eine Entscheidung, die nur als gesetzlich gebundene Entscheidung ergehen kann, kann nicht in eine Ermessensentscheidung umgedeutet werden.

(4) § 28 ist entsprechend anzuwenden.

(1) Wenn ein Beteiligter teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jedem Teil zur Hälfte zur Last. Einem Beteiligten können die Kosten ganz auferlegt werden, wenn der andere nur zu einem geringen Teil unterlegen ist.

(2) Wer einen Antrag, eine Klage, ein Rechtsmittel oder einen anderen Rechtsbehelf zurücknimmt, hat die Kosten zu tragen.

(3) Kosten, die durch einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand entstehen, fallen dem Antragsteller zur Last.

(4) Kosten, die durch Verschulden eines Beteiligten entstanden sind, können diesem auferlegt werden.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.