Verwaltungsgericht München Urteil, 28. Juli 2014 - 8 K 13.2963

published on 28/07/2014 00:00
Verwaltungsgericht München Urteil, 28. Juli 2014 - 8 K 13.2963
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Tenor

I.

Der Bescheid der Beklagten vom ... 2013, Az.: ..., wird aufgehoben.

Die Beklagte wird verpflichtet, über den Antrag der Klägerin auf Vorbescheid vom 16.01.2013 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

II.

Die Parteien tragen die Kosten des Verfahrens je zur Hälfte.

III.

Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.

Der jeweilige Schuldner darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110% des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der jeweilige Kostengläubiger vorher Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Tatbestand

Die Klägerin wendet sich gegen den Bescheid vom ... 2013, mit dem ihr Bauvorbescheidsantrag vom 16. Januar 2013 für das Grundstück „Villa ...-str. ...“, FlNrn. ... und ... der Gemarkung ... in ... mangels Sachbescheidungsinteresses abgelehnt wurde.

Auf dem streitgegenständlichen Grundstück befindet sich ein Bestandsgebäude aus dem Jahr 1923. Nach Angaben des Bayerischen Landesamts für Denkmalpflege (im Folgenden LfD) erfolgte nach Abstimmung mit der ... Ende der 1970er Jahre erstmals die Eintragung in die Bayerische Denkmalliste. Der Eintrag lautete zuletzt: „Villa, zweigeschossiger Walmdachbau mit Erkern, von ... 1923“.

Die Klägerin plant als Bauherrin nach Abriss dieses Bestandsgebäudes auf dem streitgegenständlichen Grundstück den Neubau eines Mehrfamilienhauses mit Tiefgarage.

Mit Antrag vom 21.12.2012 (PlanNr. ...) beantragte die Klägerin bei der Beklagten eine denkmalschutzrechtliche Erlaubnis zur Beseitigung des Wohnhauses ...str. ... als Baudenkmal (Art. 6 Abs. 1 DSchG) und reichte darüber hinaus im selben Antragsformular eine Anzeige zur Baubeseitigung dieses Wohngebäudes gem. Art. 57 Abs. 5 BayBO ein.

Mit Schreiben vom 10. Januar 2013 teilte das Bayerische Landesamt für Denkmalpflege (LfD) der Beklagten mit, dass es aufgrund einer Anfrage des Vertreters des Eigentümers die Denkmaleigenschaft des Objektes ...-str. ... bei einer Ortseinsicht am 7. November 2012 geprüft habe. Das Gebäude lasse keine besondere Bedeutung mehr erkennen und erfülle aufgrund der zwischenzeitlich vorgenommenen Veränderungen nicht mehr die Voraussetzungen des Art. 1 Abs. 1 und 2 DSchG. Es sei daher aus der Denkmalliste gestrichen worden.

Unter dem Datum des 16. Januar 2013 beantragte die Klägerin die Erteilung eines Vorbescheids für den Neubau eines Wohngebäudes auf den streitgegenständlichen Grundstücken. Dabei wurden zwei Varianten zur Genehmigung gestellt: L-Form in Variante 1 und U-Form in Variante 2. In dem beigefügten Fragenkatalog in der Fassung vom 25. März 2013 sind zu beiden Varianten jeweils folgende Fragen gestellt:

Frage 1: Ist die Errichtung eines Mehrfamilienhauses mit Tiefgarage hinsichtlich a) der Art der Nutzung, b) des Maßes der baulichen Nutzung, c) der Bauweise, d) der überbauten Grundstückfläche bauplanungsrechtlich zulässig?

Frage 2: Werden Abweichungen in Bezug auf die als Anlage beiliegenden Anträge zu den Abstandsflächen vor den nördlichen, östlichen und westlichen Gebäudeaußenwänden in Aussicht gestellt?

Frage 3: Ist das Bauvorhaben aus baumschutzrechtlichen Gründen zulässig?

Mit Schreiben vom 1. Februar 2013 bat die Beklagte das LfD, die Streichung des Objekts aus der Denkmalliste noch einmal zu überprüfen. Das LfD bestätigte jedoch seine Auffassung zum Verlust der Denkmaleigenschaft gegenüber der Beklagten mit Schreiben vom 14. Februar 2013. In einer Pressemitteilung vom 3. April 2013 erläuterte das LfD, der entscheidende Denkmalwert sei nicht das äußere Erscheinungsbild (Fassaden), sondern die sehr gut erhaltene Innenausstattung des Gebäudes gewesen. Die Überprüfung im Jahr 2012 habe ergeben, dass das Haus nach 1981 im Inneren gravierend verändert worden sei und entscheidende Denkmalwerte verloren habe, so dass die Denkmaleigenschaft des Gebäudes nicht mehr gegeben sei.

Am 14. Mai 2013 zeigte die Klägerin erneut den Abbruch des Wohnhauses mit Garage ...str. ... nach Art. 57 Abs. 5 BayBO bei der Beklagten an.

Die Beklagte teilte dem Bayerischen Staatsministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst mit E-Mail vom 15. Mai 2013 mit, dass sie dem Wunsch des Landesdenkmalrats, bis zu einer „abschließenden Entscheidung des Landesdenkmalrates“ den Erhalt des Anwesens sicherzustellen, gerne entsprechen würde, derzeit aber keine rechtlichen Möglichkeiten sehe, da der Abbruch mit der Streichung aus der Denkmalliste keiner denkmalschutzrechtlichen Erlaubnis mehr bedürfe, sondern lediglich einer Anzeige. Die Abbruchanzeige des Bauherrn vom 15. Mai 2013 bewirke, dass nach Einhaltung einer Monatsfrist mit dem Abbruch begonnen werde könne. Eine Aussetzung könne mit Hilfe des Denkmalschutzgesetzes (Art. 15 Abs. 5 DSchG) erreicht werden, wenn das LfD erkläre, dass es bezüglich der Denkmaleigenschaft neue Erkenntnisse gebe und bis zur Klärung aller Umstände das Gebäude weiterhin als Baudenkmal eingetragen bleibe. Die Stellungnahme des LfD vom 10. Januar 2013 müsse zumindest befristet zurückgenommen werden.

Das Bayerische Staatsministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst bat das LfD mit E-Mail vom 29. Mai 2013 den Vollzug der Streichung aus der Denkmalliste (Schreibens vom 10. Januar 2013) bis zur endgültigen Entscheidung durch den Bayerischen Landtag und den Landesdenkmalrat über eine Petition gegen die Streichung auszusetzen. Am 1. Juni 2013 setzte das LfD die Streichung vorläufig aus und teilte dies der Beklagten am 3. Juni 2013 mit.

Mit Bescheid vom ... Juni 2013 setzte die Beklagte den Antrag vom 21.12. 2012 auf denkmalschutzrechtliche Erlaubnis zum Abbruch des Gebäudes ...str. 5 bis zur Entscheidung des Bayerischen Landtags und des Landesdenkmalrates über die anhängige Petition der Frau ... vom 20.02.2013, längstens bis zum 16.01.2015 aus. Mit Schriftsatz vom 04. Juli 2013 erhoben die Prozessbevollmächtigten der Klägerin Klage gegen diesen Bescheid (M 8 K 13.2937) und beantragten, zum einen die Aufhebung des Bescheids und zum anderen, die Beklagte zu verpflichten, die beantragte Abrisserlaubnis zu erteilen. Dieser Verpflichtungsantrag wurde vom Verfahren M 8 K 13.2937 abgetrennt und unter dem Aktenzeichen M 8 K 14.3265 fortgeführt.

Mit Bescheid vom ... Juni 2013 verfügte die Beklagte, Arbeiten zur Beseitigung des Wohnhauses ...str. 5, FlNr. ... und ..., Gemarkung ... unverzüglich, spätestens ab Zustellung dieser Verfügung zu unterlassen. Für den Fall, dass Arbeiten entgegen der Anordnung der Ziffer 1 durchgeführt werden, wurde ein Zwangsgeld in Höhe von 30.000 € angedroht. Die sofortige Vollziehung der Ziffer 1 wurde angeordnet. Gegen diesen Bescheid erhoben die Prozessbevollmächtigten der Klägerin am 13. Juni 2013 Klage (M 8 K 13.2636).

Mit dem im vorliegenden Verfahren streitgegenständlichen Bescheid vom ... Juni 2013 lehnte die Beklagte beide Varianten des Vorbescheidsantrags der Klägerin vom 16. Januar 2013 ab, da für eine positive Verbescheidung das nötige Sachbescheidungsinteresse fehle. Nach den Ausführungen des BGH im Urteil vom 17. Mai 1984 - III ZR 86/83 - müsse davon ausgegangen werden, dass bei positiver Verbescheidung planungsrechtlicher Fragen auch über die Zulässigkeit des Abbruchs mitentschieden werde. Der auf dem Baugrundstück bzw. den Flurgrundstücken Nr. ... und ... vorhanden Altbestand sei aktuell als Einzeldenkmal einzustufen. Das Verfahren zur Streichung des Denkmals aus der Denkmalliste sei durch das Landesamt für Denkmalpflege zurückgestellt worden, so dass weiterhin ein Baudenkmal gem. Art. 1 DSchG gegeben sei. Der Erlaubnisantrag auf Abbruch des Gebäudes bzw. Denkmals sei gem. Art. 15 Abs. 5 DSchG mit Bescheid vom...06.2013 bis längstens 16.01.2015 ausgesetzt worden. Aufgrund der Konzentrationswirkung im Hinblick auf die denkmalschutzrechtliche Erlaubnis zum Abbruch nach Art. 6 Abs. 3 DSchG und in Anbetracht der Tatsache, dass die Entscheidung über den Erlaubnisantrag zum Abbruch ausgesetzt wurde sowie unter Berücksichtigung der zitierten Entscheidung des Bundesgerichtshofs bestehe kein Sachbescheidungsinteresse im Rahmen des hiesigen Vorbescheidsverfahrens. Denn in die Prüfung der planungsrechtlichen Zulässigkeit seien auch andere öffentlich-rechtliche Vorschriften einzubeziehen, die materiell zu den planungsrechtlichen Maßstäben gehören und formell im baurechtlichen Verfahren behandelt werden, wie z. B. das Denkmalschutzrecht. Der Erhalt der historisierenden Walmdachvilla mit geschichtlicher und städtebaulicher Bedeutung liege im Interesse der Allgemeinheit. Eine beantragte Baugenehmigung sei wegen Beeinträchtigung der Belange des Denkmalschutzes abzulehnen, wenn gewichtige Gründe des Denkmalschutzes entgegenstehen. Vor der Erteilung eines Vorbescheids, der die Zulässigkeit eines Neubaus anstelle eines zu beseitigenden Altbaus feststellt, müsse geprüfte werden, ob das Bestandsgebäude nach den öffentlich-rechtlichen Vorschriften (Art. 6 DSchG) beseitigt werden dürfe. Nach alledem sei der Vorbescheidsantrag aufgrund der ausstehenden denkmalschutzrechtlichen Entscheidung negativ zu verbescheiden, da einer positiven Verbescheidung gewichtige Gründe des Denkmalschutzes entgegenstünden.

Mit Schriftsatz vom 05. Juli 2013, am selben Tag beim Verwaltungsgericht München eingegangen, haben die Prozessbevollmächtigten der Klägerin Klage gegen den ablehnenden Vorbescheid erhoben und beantragt,

1. Der Bescheid der Beklagten vom ... Juni 2013, Az. ... wird aufgehoben.

2. Die Beklagte wird verpflichtet, den mit Antrag vom 16.01.2013 beantragten Vorbescheid zu erteilen.

Zur Begründung wurde ausgeführt, der Klägerin stehe ein Anspruch auf Erteilung eines positiven Vorbescheids entsprechend ihres Antrags vom 16.01.2013 zu. Entgegen der Ansicht der Beklagten fehle es nicht an dem nötigen Sachbescheidungsinteresse. Wenn die Beklagte mit Hinweis auf das vermeintliche Entgegenstehen gewichtiger Gründe des Denkmalschutzes das Sachbescheidungsinteresse in Abrede stelle, so verkenne sie, dass es sich bei dem Bestandsgebäude ...str. 5 nicht mehr um ein Baudenkmal handele und dieses somit keinen besonderen denkmalrechtlichen Schutz genieße. Der Bescheid der Beklagten vom ...06.2013 lasse darüber hinaus eine inhaltliche Auseinandersetzung mit den zur Entscheidung gestellten Fragen gänzlich vermissen. Das Vorhaben sei in beiden Varianten sowohl nach der Art und dem Maß der baulichen Nutzung als auch nach der Bauweise und der überbaubaren Grundstücksfläche baurechtlich zulässig. Überdies würden die Voraussetzungen für die Erteilung von Abweichungen von den Abstandsflächen vor den nördlichen, östlichen und westlichen Gebäudeaußenwänden vorliegen.

Mit Schriftsatz vom 12. August 2013 ergänzten die Prozessbevollmächtigten der Klägerin die Klagebegründung. Die geplante Beseitigung des Gebäudes ...str. 5 stehe nicht in Widerspruch zu öffentlich-rechtlichen Vorschriften, entgegen der Ansicht der Beklagten bedürfe es zur Beseitigung des Gebäudes keiner denkmalrechtlichen Erlaubnis. Bei dem Bestandsgebäude handele es sich um kein Baudenkmal; der Beseitigung könne somit Art. 6 BayDSchG nicht entgegengehalten werden. Nach Art. 1 Abs. 2 i. V. m. Abs. 1 BayDSchG sei ein Denkmal eine bauliche Anlage aus vergangener Zeit, deren Erhaltung wegen ihrer geschichtlichen, künstlerischen, städtebaulichen, wissenschaftlichen oder volkskundlichen Bedeutung im Interesse der Allgemeinheit liege. Eine solche Bedeutung komme dem Bestandsgebäude ...str. 5 nicht (mehr) zu. Unabhängig davon, ob dem Gebäude in der Vergangenheit eine Bedeutung im Sinne des Art. 1 Abs. 1 DSchG beizumessen gewesen war oder nicht, so sei eine solche Bedeutung jedenfalls nach Durchführung der baulichen Veränderungen heute bei dem Gebäude nicht mehr feststellbar. Hierzu werde auf die Feststellungen des LfD bei der Ortsbegehung vom 7. November 2012 im Schreiben vom 10. Januar 2013 und auf die Feststellungen in der Pressemitteilung des LfD vom 3. April 2013 verwiesen. Selbst wenn die baulichen Veränderungen Mitte der 80er-Jahre tatsächlich mit der unteren Denkmalschutzbehörde abgestimmt gewesen sein sollten, so sei dies dennoch unerheblich für die denkmalfachliche Beurteilung des Gebäudes im Jahr 2013. Die einzig richtige Auffassung, dass ein Verlust der Denkmaleigenschaft auch dann möglich sei, wenn dieser durch abgestimmte Maßnahmen herbeigeführt worden sei, werde auch von der Rechtsprechung und Kommentarliteratur vertreten (vgl. Martin in Eberl/Martin/Greipel, BayDSchG, 6. Aufl., Art. 15 BayDSchG, Rdnr. 34).

Mit Schriftsatz vom 25. Oktober 2013 übergaben die Bevollmächtigten der Klägerin drei von ihr in Auftrag gegebene Gutachten (von Prof. Dr. ... vom 15. Oktober 2013; von Prof. Dr. ... vom 18. Oktober 2013 und von Frau Dipl.-Ing. W. ... vom 04. Oktober 2013), die übereinstimmend zu dem Ergebnis kommen, dass das Gebäude ...str. 5 kein Baudenkmal (mehr) sei. Des Weiteren wurde eine Stellungnahme von Prof. Dr. ... übergeben, die die denkmalrechtliche Abstimmung zwischen der Lokalbaukommission als untere Denkmalschutzbehörde und dem LfD Mitte der 1980er Jahre behandelt.

Mit Schreiben vom 25. November 2013 beantragte die Beklagte,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung wurde zunächst auf den streitgegenständlichen Bescheid vom ... Juni 2013 Bezug genommen. Entscheidend sei der Denkmalwert des Wohngebäudes ... Straße 5, den die Beklagte bejahe. Mit Schreiben vom 11. Dezember 2013 legte die Beklagte ein Gutachten von Prof. Dr. ... (Teil 1 und Teil 2) vom 9. Dezember 2013 vor und führte dazu aus, dass dem Objekt eine hohe künstlerische, städtebauliche, geschichtliche und auch wissenschaftliche Bedeutung zukomme. Prof. ... weise außerdem auf Fehler und Widersprüche in den von der Klägerin vorgelegten Gutachten hin. Prof. ... begründe, warum dem Objekt Denkmaleigenschaft unabhängig von den in den 1980er-Jahren vorgenommenen Veränderungen zukomme. Die von der Klägerseite vorgelegten Gutachten von Prof. Dr. ... und Dipl.-Ing. ... versuchten, aufgrund von Veränderungen in den 1980er-Jahren zu begründen, dass dem Objekt die Denkmalwürdigkeit abhandengekommen sei, was jedoch unzutreffend sei. Das Objekt sei nur in geringem Umfang verändert worden. Zusammenfassend sei festzuhalten, dass dem Objekt nach wie vor selbst unter Zugrundelegung des Sachvortrages der Klägerin Denkmalwürdigkeit im Sinne des DSchG zukomme. Der beantragte Neubau setze implizit den Abbruch des vorhandenen Baubestands voraus. Im Zeitpunkt der Entscheidung über den Vorbescheidsantrag sei von der Beseitigung eines Baudenkmals auszugehen gewesen, die nach Art. 6 DSchG erlaubnispflichtig sei. Der diesbezügliche Antrag auf Erlaubnis sei wegen der Klärung der Denkmaleigenschaft ausgesetzt worden. Aufgrund der Konzentrationswirkung der Baugenehmigung und mithin des Vorbescheids, in dem die Entscheidung über den Abbruch aufgehe, habe über eine Neubebauung keine Entscheidung getroffen werden können, weshalb das Verbescheidungsinteresse der Klägerin zu verneinen gewesen sei.

Mit Schriftsatz vom 7. Dezember 2013 nahmen die Prozessbevollmächtigten der Klägerin ergänzend Stellung und verwahrten sich aufs Schärfste gegen die von Prof. Dr. ... vorgebrachten Vorwürfe der Unparteilichkeit. Er versuche gezielt die Reputation der von der Klägerin beauftragten Gutachter zu diskreditieren. Die von der Klägerin beauftragten Gutachter hätten zum Zeitpunkt der Begutachtung jeweils nicht gewusst, dass zusätzlich noch weitere Gutachter ebenfalls mit der Begutachtung beauftragt waren. Alle drei Gutachten seien daher gänzlich unbeeinflusst voneinander entstanden. Dies werde auch daraus deutlich, dass alle drei Gutachten mit jeweils anderen Ansätzen zu dem gleichen Ergebnis gelangten. Mit Schriftsatz vom 16. Juni 2014 übergaben die Prozessbevollmächtigten der Klägerin ergänzende Stellungnahmen der von der Klägerin beauftragten Gutachter. Grundlagen der neuen Stellungnahmen der klägerischen Gutachter sei nicht nur das Gegengutachten der Beklagten, sondern auch Unterlagen, die vorher nicht zur Verfügung gestellt worden seien. Sämtliche von der Klägerin beauftragte Gutachter würden unabhängig voneinander zu dem Ergebnis kommen, dass der Gutachter der Beklagten denkmalpflegerische Grundsätze sowie die Grundsätze wissenschaftlichen Arbeitens außer Acht lasse, da er seine Thesen maßgeblich auf Spekulationen stütze. Es sei erkennbar, dass der Haltung der Beklagten und ihres Gutachters fachfremde und vom Denkmalrecht nicht geschützte Belange zugrunde liegen würden.

Mit Schreiben vom 16. Juli 2014 verwahrte sich die Beklagte gegen den Vorwurf der Klägerin, Unterlagen bewusst zurückgehalten zu haben und legte eine ergänzende Stellungnahme ihres Gutachters vom 13. Juli 2013 vor.

Mit Schriftsatz vom 21. Juli 2014 wiesen die Prozessbevollmächtigten der Klägerin darauf hin, dass sich der Gutachter der Beklagten in seinem Gutachten zur Denkmaleigenschaft der Villa ...str. 5 zu seiner früheren Auffassung in Widerspruch setze und er über keine besonders herausragende Expertise auf dem Gebiet der Reformarchitektur verfüge.

Über die baulichen und örtlichen Verhältnisse auf dem streitgegenständlichen Grundstück sowie in dessen Umgebung und den Zustand des Gebäudes hat das Gericht am 28. Juli 2014 Beweis durch Einnahme eines Augenscheins erhoben. Hinsichtlich der Feststellungen dieses Augenscheins sowie der anschließenden mündlichen Verhandlung wird auf das Protokoll verwiesen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Gerichts- und die vorgelegten Behördenakten, insbesondere auf die vom Klägerbevollmächtigten und der Beklagten eingereichten Sachverständigengutachten sowie die Gerichts- und Behördenakten in den Verfahren M 8 K 13.2937, M 8 K 13.2636 und M 8 K 14.3265 verwiesen.

Gründe

Die zulässige Anfechtungsklage hat Erfolg, da der angefochtene negative Vorbescheid rechtswidrig ist und die Klägerin dadurch in ihren Rechten verletzt, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.

1. Entgegen der Rechtsauffassung der Beklagten fehlt es nicht an dem nötigen Sachbescheidungsinteresse, über die im Vorbescheidsantrag vom 16.01.2013 (PlNr. ...) gestellten Fragen in der Fassung vom 25.03.2013 (Nr. ...) sachlich zu entscheiden.

Die Klägerin hat in ihrem Fragenkatalog die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit der Errichtung eines Mehrfamilienhauses mit Tiefgarage in zwei Varianten (Frage 1) abgefragt, ferner, ob Abweichungen in Bezug auf Abstandsflächen in Aussicht gestellt werden (Frage 2) und schließlich, ob das Bauvorhaben aus baumschutzrechtlichen Gründen zulässig sei (Frage 3).

1.1 Das Sachbescheidungsinteresse fehlt nicht ohne weiteres bereits dann, wenn außerhalb der durch die einzelnen Fragen eröffneten Prüfungskompetenz der Bauaufsichtsbehörde andere Vorschriften dem geplanten Vorhaben entgegenstehen, die aber nicht abgefragt werden. Erforderlich ist insofern vielmehr, dass ein „offensichtliches und schlechthin nicht ausräumbares Hindernis gegen die Verwertung des Vorbescheids besteht“, wobei an das Vorliegen der Offensichtlichkeit strenge Anforderungen zu stellen sind (vgl. Decker in Simon/Busse, Kommentar zur BayBO: Stand Oktober 2009, Art. 71 Rn. 62; BayVGH B. v. 12.12.2013 - 2 ZB 12.1513 - juris Rn. 3 m. w. N.; BayVGH B. v. 28.9.210 - 2 CS 10.1760 - juris Rn. 20, 23; BayVGH U. v. 19.1.2009 - 2 BV 08.2567 jeweils zum vereinfachten Genehmigungsverfahren).

1.1.1 Denkbar wäre, dass ausnahmsweise das Sachbescheidungsinteresse für den Erlas eines Vorbescheides fehlt, wenn der Neubau die völlige Beseitigung eines Gebäudes voraussetzt, das unstreitig und ohne jeden Zweifel ein Baudenkmal im Sinn des Art. 1 Abs. 1 DSchG ist und dessen Erhaltung wegen seiner geschichtlichen, künstlerischen, städtebaulichen, wissenschaftlichen oder volkskundlichen Bedeutung im Interesse der Allgemeinheit liegt, so dass gewichtige Gründe des Denkmalschutzes für die unveränderte Beibehaltung des bisherigen Zustands sprechen, Art. 6 Abs. 2 DSchG.

Im vorliegenden Fall ist die Denkmaleigenschaft jedoch - wie der bisherige Verfahrensablauf und die von den Parteien vorgelegten umfangreichen Sachverständigengutachten zur Denkmaleigenschaft der ...str. 5 zeigen - äußerst umstritten. Abgesehen davon, dass bereits fraglich ist, ob es sich bei dem Bestandsgebäude um ein Baudenkmal handelt, ist selbst für den Fall, dass dies so wäre, nicht offensichtlich auszuschließen, dass eine Erlaubnis zum Abriss des Anwesens nach Art. 6 Abs. 2 DSchG erteilt werden könnte. Damit ist die „Villa in der ...str. 5“ nicht ohne jeden Zweifel ein Baudenkmal, dessen Abriss von vornherein unstrittig nicht in Frage kommt.

Das Sachbescheidungsinteresse fehlt hier nicht, da lediglich zweifelhaft bzw. ungewiss ist, ob die Klägerin wegen - möglicher denkmalrechtlicher - Hindernisse von dem angestrebten Vorbescheid Gebrauch machen kann (vgl. Decker in Simon/Busse, Kommentar zur BayBO: Stand Oktober 2009, Art. 71 Rn. 62).

1.1.2 Entgegen der Auffassung der Beklagten begründet auch die Entscheidung des BGH (U. v. 17.05.1984 - III ZR 86/83 - juris) nicht das Fehlen des Sachbescheidungsinteresse im vorliegenden Fall. Anders als nach bloßer Lektüre des Orientierungssatzes Nr. 1 zu vermuten, hat die Bauaufsichtsbehörde in dem entschiedenen Fall ausdrücklich in ihrem Bescheid über den Abriss des vorhandenen Gebäudes entschieden. Dort wird ausgeführt, dass „nach Abbruch des alten Amtsgerichts … der Errichtung eines Ärzte- und Geschäftshauses … nach § 34 BBauG“ zugestimmt werde (vgl. BGH U. v. 17.05.1984 - III ZR 86/83 - juris Rn. 2). Von daher liegt zum vorliegenden Verfahren keine vergleichbare Fallkonstellation vor und kann das Urteil vom 17. Mai 1985 auf den vorliegenden Fall nicht übertragen werden.

2. Nach Art. 71 BayBO ist auf Antrag des Bauherrn vor Einreichung des Bauantrags zu einzelnen Fragen des Bauvorhabens ein Vorbescheid zu erteilen. Der Antragsteller hat damit einen Anspruch darauf, dass die Bauaufsichtsbehörde über seine Fragen entscheidet, soweit diese vom Prüfungsumfang umfasst sind.

Da im vorliegenden Fall der Bauherr die Frage der Denkmaleigenschaft und die sich daran anschließende Frage der Zulässigkeit des Abrisses des Altbestandes nicht ausdrücklich im Rahmen des Vorbescheids abgefragt hat, beschränkt sich der Prüfungsumfang der Bauaufsichtsbehörde auf die zur Beantwortung gestellten Fragen. Diese kann die Bauaufsichtsbehörde nicht von sich aus erweitern (vgl. VG München U. v. 15.07.2007 - M 8 K 06.2360 n. v.; BayVGH B. v. 12.12.2013 - 2 ZB 12.1513 - juris Rn. 3 m. w. N.; BayVGH B. v. 28.9.210 - 2 CS 10.1760 - juris Rn. 20, 23; jeweils zum vereinfachten Genehmigungsverfahren; a. A. BayVGH U. v. 10.06.2008 - 2 BV 07.762 - juris Rn. 19). Eine Erweiterung des Prüfungsumfangs bei Erteilung des Vorbescheids ist nicht vorgesehen. Der Prüfungsumfang und die gestellten Fragen stehen insoweit nicht zur Disposition der Baugenehmigungsbehörde. Eine solche würde auch, je weiter man entsprechende Feststellungen in einem Vorbescheidsverfahren zuließe, schließlich zur Entwertung des Vorbescheidsverfahrens führen. Ließe man eine umfassende Prüfung entsprechend der Vorschriften im Baugenehmigungsverfahren nach Ermessen der Bauaufsichtsbehörden im Rahmen der Erteilung eines Vorbescheids zu, wäre der Sinn und Zweck des Vorbescheidverfahrens stark eingeschränkt und die Abschaffung des Vorbescheidverfahrens naheliegend. Art. 71 BayBO eröffnet dem Bauherrn gerade die Möglichkeit, einzelne Fragen des Bauvorhabens vorab klären zu können. Gem. Art. 71 BayBO ist dem Bauherr zu einzelnen Fragen des Bauvorhabens und nicht zu allen vom Prüfumfang der Baugenehmigung erfassten Fragestellungen ein Vorbescheid zu erteilen. Das Prüfprogramm der Beklagten bleibt damit auf die im Vorbescheidsantrag gestellten Fragen beschränkt.

Die Frage, ob das Bestandsgebäude zur Verwirklichung des Neubaus abgerissen werden darf, wurde hier gerade nicht gestellt. Die Klägerin hat vielmehr zum Ausdruck gebracht, dass sie ohne die abschließende Klärung der Frage, ob der Altbestand - an dessen Standort sein geplantes Neubauvorhaben treten soll - abgerissen werden darf - den beantragten Vorbescheid begehrt, um abhängig von dessen Verbescheidung weiter planen zu können. Dieses Verbescheidungsinteresse ist sachlich nachvollziehbar. Der bisherige Verfahrensablauf zeigt, dass schon die Frage der Denkmaleigenschaft nicht offensichtlich zu beantworten ist und eine umfangreiche Prüfung beansprucht, die erhebliche Zeit in Anspruch nimmt. Bereits die dafür zuständigen Fachbehörden haben hierzu keine eindeutige fachliche Meinung und auch renommierte Sachverständige streiten in sich widersprechenden Gutachten über die Denkmaleigenschaft der ...str. 5. Selbst wenn die Frage der Denkmaleigenschaft geklärt und das streitgegenständliche Gebäude tatsächlich (noch) ein Baudenkmal im Sinn von Art. 1 DSchG ist, schließt sich daran gegebenenfalls eine komplexe Prüfung über die Erteilung der dann notwendigen Abrisserlaubnis nach Art. 6 DSchG an (vgl. hierzu ausführlich BayVGH U. v. 27.09.2007 - 1 B 00.2474 - juris). Es ist daher nachvollziehbar, dass der Bauherr vorab geklärt wissen möchte, ob er sein Neubauvorhaben bauplanungsrechtlich und im Hinblick auf die Abstandsflächen sowie unter Berücksichtigung des alten Baumbestandes auf dem streitgegenständlichen Grundstück realisieren kann. Sollte der Vorbescheid zeigen, dass er sein Vorhaben bereits aus bauplanungsrechtlichen Gründen oder mangels Erteilung einer Abweichung von den Abstandsflächen oder mangels einer Fällungsgenehmigung nach § 5 BaumSchVO nicht realisieren kann, so ist nicht auszuschließen, dass er das nicht nur zeit- sondern wegen der beauftragten Sachverständigen auch kostenintensive Verfahren auf Erteilung einer Abrisserlaubnis nach Art. 6 DSchG fallen lässt. Der Klägerin ist bekannt, dass sie das mit dem Vorbescheid abgefragte Vorhaben nur dann in Einklang mit den öffentlich-rechtlichen Vorschriften realisieren kann, wenn das Bestandsgebäude beseitigt werden darf. Die Bauaufsichtsbehörde kann außerdem zur Klarstellung ausdrücklich einen Vorbehalt oder eine entsprechende Bedingung in den Vorbescheid aufnehmen, dass der Vorbescheid keine verbindliche Regelung über die Zulässigkeit des Abbruchs des Bestandsgebäudes trifft. Der Vorbescheid entfaltet insoweit keine Bindungswirkung und die Erteilung einer Baugenehmigung könnte abgelehnt werden, wenn sich im weiteren Verlauf der Prüfung herausstellen, dass der Altbau ein Baudenkmal i. S. v. Art. 1 DSchG ist und gewichtige Gründe des Denkmalschutzes für die unveränderte Beibehaltung des bisherigen Zustandes sprechen, so dass die beantragte Abrisserlaubnis zu versagen ist, Art. 6 DSchG.

Danach hat die Klägerin einen Anspruch auf Verbescheidung ihres Vorbescheidsantrages vom 16.01.2013.

3. Das Gericht konnte die Beklagte nicht zur Erteilung des beantragten Vorbescheids verpflichten, da zumindest Frage 2 (Inaussichtstellen von Abweichungen von den Abstandsflächen) und Frage 3 (Fällungsgenehmigung) im Ermessen der Behörde stehen und der Rechtsstreit damit nicht spruchreif ist, § 113 Abs. 5 S. 2 VwGO. Insoweit liegt ein einheitlicher Antrag auf Vorbescheid vor, über den in einem einheitlichen Bescheid von der Beklagten zu entscheiden ist.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichte ist bei Entscheidungen, für die der Behörde ein Ermessen oder ein Beurteilungsspielraum eingeräumt ist, an die Verwaltungsbehörde zurückzuverweisen, da andernfalls in unzulässiger Weise in die Entscheidungskompetenz der Behörde in unangemessener Weise eingegriffen würde (vgl. Schmidt in Eyermann, VwGO, 14. Auflage 2014 § 113 Rn. 41; Kopp/Schenke, VwGO, 14. Auflage 104, § 113 Rn. 195) Eine die Genehmigung versagende Entscheidung ist daher nur darauf zu überprüfen, ob die Behörde den maßgeblichen Sachverhalt zutreffend und vollständig ermittelt, die Grenzen ihres Ermessens überschritten oder von dem Ermessen in einem dem Zweck der Ermächtigung entsprechenden Weise Gebrauch gemacht hat (vgl. Schmidt in Eyermann, VwGO, 14. Auflage 2014 § 113 Rn. 41). Hier hat die Behörde im angefochtenen Bescheid noch keine Entscheidung in der Sache getroffen, da sie den Vorbescheidsantrag ohne inhaltliche Prüfung wegen fehlenden Sachbescheidungsinteresse ablehnte.

Da das Gericht nicht hinsichtlich des gesamten Vorbescheids die Spruchreife herstellen kann, ist es sachgerecht die Behörde zur Verbescheidung zu verpflichten. Wie vom Klägerbevollmächtigten zutreffend im Schriftsatz vom 05.07.2013 ausgeführt - hat sich die Beklagte mit den im Vorbescheidsantrag gestellten Fragen im streitgegenständlichen Vorbescheid inhaltlich noch gar nicht auseinander gesetzt. Es ist nicht Aufgabe des Gerichts, erstmals die zur Beantwortung der Vorbescheidsfragen erforderliche Sachverhaltsaufklärung zu betreiben (vgl. BayVGH U. v. 27.07.2000 - 2 B 95.1184 - juris Rn. 32). Die Klägerin wird durch ein Verbescheidungsurteil auch mit Rücksicht auf Art. 19 Abs. 4 GG nicht schlechter gestellt, da im Hinblick auf die im Ermessen der Beklagten stehenden Fragen 2 und 3 ein Durchentscheiden nach § 114 S. 2 VwGO im vorliegenden Fall ausscheidet.

Der Klage war daher mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO im Hinblick auf eine Neuverbescheidung stattzugeben und im Übrigen abzuweisen.

Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 ff. ZPO.

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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au
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published on 20/07/2015 00:00

Gründe Bayerisches Verwaltungsgericht München Aktenzeichen: M 8 K 14.3265 Im Namen des Volkes Urteil vom 20. Juli 2015 8. Kammer Sachgebiets-Nr. 940 Hauptpunkte: Denkmaleigenschaft eines Gebäudes;
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(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Soweit nach diesem Grundgesetz ein Grundrecht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes eingeschränkt werden kann, muß das Gesetz allgemein und nicht nur für den Einzelfall gelten. Außerdem muß das Gesetz das Grundrecht unter Angabe des Artikels nennen.

(2) In keinem Falle darf ein Grundrecht in seinem Wesensgehalt angetastet werden.

(3) Die Grundrechte gelten auch für inländische juristische Personen, soweit sie ihrem Wesen nach auf diese anwendbar sind.

(4) Wird jemand durch die öffentliche Gewalt in seinen Rechten verletzt, so steht ihm der Rechtsweg offen. Soweit eine andere Zuständigkeit nicht begründet ist, ist der ordentliche Rechtsweg gegeben. Artikel 10 Abs. 2 Satz 2 bleibt unberührt.

Soweit die Verwaltungsbehörde ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, prüft das Gericht auch, ob der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig ist, weil die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist. Die Verwaltungsbehörde kann ihre Ermessenserwägungen hinsichtlich des Verwaltungsaktes auch noch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren ergänzen.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.