Verwaltungsgericht München Urteil, 28. Juli 2014 - 8 K 13.2636
Gericht
Tenor
I.
Der Bescheid der Beklagten vom ...06.2013, Az. ... wird aufgehoben.
II.
Die Beklagte hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III.
Die Kostenentscheidung ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des vollstreckbaren Betrages vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
Die Klägerin wendet sich gegen eine mit Bescheid vom ... Juni 2013 verfügte vorbeugende Abrissuntersagung der „Villa ...str. 5“, FlNrn. ... und ... der Gemarkung ... in ...
Das streitgegenständliche Wohngebäude wurde nach Angaben des Bayerischen Landesamts für Denkmalpflege (im folgenden LfD) Ende der 1970er Jahre erstmals in die Bayerische Denkmalliste eingetragen, in der es nunmehr als „Villa, zweigeschossiger Walmdachbau mit Erkern, von ..., 1923“ geführt wird.
Die Klägerin plant als Bauherrin nach Abriss des Bestandsgebäudes auf den zwei streitgegenständlichen Grundstücken den Neubau eines Mehrfamilienhauses mit Tiefgarage.
Mit Antrag vom 21.12.2012 (PlanNr. ...) beantragte die Klägerin bei der Beklagten in einem Antragsformular zum einen eine denkmalschutzrechtliche Erlaubnis zur Beseitigung des Wohnhauses ...str. 5 als Baudenkmals (Art. 6 Abs. 1 DSchG) und reichte zum anderen darüber hinaus auch eine Anzeige der Beseitigung dieses Wohngebäudes gem. Art. 57 Abs. 5 BayBO ein.
Das LfD teilte der Beklagten mit Schreiben vom 10. Januar 2013 mit, dass es aufgrund einer Anfrage des Vertreters des Eigentümers die Denkmaleigenschaft des Objektes ...str. 5 bei einer Ortseinsicht am 7. November 2012 geprüft habe. Das Gebäude lasse keine besondere Bedeutung mehr erkennen und erfülle aufgrund der zwischenzeitlich vorgenommenen Veränderungen nicht mehr die Voraussetzungen des Art. 1 Abs. 1 und 2 DSchG. Es sei daher aus der Denkmalliste gestrichen worden.
Die Beklagte bat das LfD mit Schreiben vom 1. Februar 2013, die Streichung des Objekts aus der Denkmalliste zu überprüfen und unverzüglich mitzuteilen, dass für die Prüfung noch Zeit benötigt werde, damit das Abbruchverfahren gem. Art. 15 Abs. 5 DSchG zurückgestellt werden könne.
Das LfD bestätigte seine Auffassung zum Verlust der Denkmaleigenschaft gegenüber der Beklagten mit Schreiben vom 14. Februar 2013. In einer Pressemitteilung vom 3. April 2013 erläuterte das LfD, der entscheidende Denkmalwert sei nicht das äußere Erscheinungsbild (Fassaden), sondern die sehr gut erhaltene Innenausstattung des Gebäudes gewesen. Die Überprüfung im Jahr 2012 habe ergeben, dass das Haus nach 1981 im Inneren gravierend verändert worden sei und entscheidende Denkmalwerte verloren habe, so dass die Denkmaleigenschaft des Gebäudes nicht mehr gegeben sei.
Mit Schreiben vom 10. März 2013 richtete die Bürgerinitiative „...“ an die Beklagte die Bitte, sich nach Ihren Möglichkeiten dafür einsetzten, dass der Abbruch verhindert und die Denkmaleigenschaft wieder hergestellt werde. Eine entsprechende Petition zum Bayrischen Landtag sei eingereicht.
Am 14. Mai 2013 zeigte die Klägerin den Abbruch des Wohnhauses mit Garage ...str. 5 nach Art. 57 Abs. 5 BayBO bei der Beklagten an.
Die Beklagte teilte dem Bayerischen Staatsministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst mit E-Mail vom 15. Mai 2013 mit, dass sie dem Wunsch des Landesdenkmalrats, bis zu einer „abschließenden Entscheidung des Landesdenkmalrates“ den Erhalt des Anwesens sicherzustellen, gerne entsprechen würde, derzeit aber keine rechtlichen Möglichkeiten sehe, da der Abbruch mit der Streichung aus der Denkmalliste keiner denkmalschutzrechtlichen Erlaubnis mehr bedürfe, sondern lediglich einer Anzeige. Die Abbruchanzeige des Bauherrn vom 15. Mai 2013 bewirke, dass nach Einhaltung einer Monatsfrist mit dem Abbruch begonnen werde könne. Eine Aussetzung könne mit Hilfe des Denkmalschutzgesetzes (Art. 15 Abs. 5 DSchG) erreicht werden, wenn das LfD erkläre, dass es bezüglich der Denkmaleigenschaft neue Erkenntnisse gebe und bis zur Klärung aller Umstände das Gebäude weiterhin als Baudenkmal eingetragen bleibe. Die Stellungnahme des LfD vom 10. Januar 2013 müsse zumindest befristet zurückgenommen werden.
Das Bayerische Staatsministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst bat das LfD mit E-Mail vom 29. Mai 2013, den Vollzug der Streichung aus der Denkmalliste (Schreibens vom 10. Januar 2013) bis zur endgültigen Entscheidung durch den Bayerischen Landtag und den Landesdenkmalrat über eine Petition gegen die Streichung auszusetzen. Am 1. Juni 2013 setzte das LfD die Streichung vorläufig aus und teilte dies der Beklagten am 3. Juni 2013 mit.
Mit Bescheid vom ... Juni 2013 setzte die Beklagte den Antrag vom 21. 12. 2012 auf denkmalschutzrechtliche Erlaubnis zum Abbruch des Gebäudes ...str. 5 bis zur Entscheidung des Bayerischen Landtags und des Landesdenkmalrates über die anhängige Petition der Frau ... vom 20.02.2013, längstens bis zum 16.01.2015 aus. Mit Schriftsatz vom 04. Juli 2013 erhoben die Prozessbevollmächtigten der Klägerin Klage gegen diesen Bescheid (M 8 K 13.2937) und beantragten, zum einen die Aufhebung des Bescheids und zum anderen, die Beklagte zu verpflichten, die beantragte Abrisserlaubnis zu erteilen. Dieser Verpflichtungsantrag in Form der Untätigkeitsklage wurde vom Verfahren M 8 K 13.2937 abgetrennt und wird unter dem Aktenzeichen M 8 K 14.3265 fortgeführt.
Mit dem im vorliegenden Verfahren streitgegenständlichen Bescheid vom ... Juni 2013 verfügte die Beklagte, Arbeiten zur Beseitigung des Wohnhauses ...str. 5, FlNr. ... und ..., Gemarkung ... unverzüglich, spätestens ab Zustellung dieser Verfügung zu unterlassen. Für den Fall, dass Arbeiten entgegen der Anordnung der Ziffer 1 durchgeführt werden, wurde ein Zwangsgeld in Höhe von 30.000 € angedroht und die sofortige Vollziehung der Ziffer 1 angeordnet.
Zur Begründung wurde darauf verwiesen, dass das LfD die Streichung des Objekts aus der Denkmalliste so lange zurückgestellt habe, bis die Beratungen des Bayerischen Landtags, der Landesdenkmalrates und die abschließende Auswertung durch das LfD abgeschlossen seien. Die Villa ...str. 5 habe demzufolge wieder den Status eines Baudenkmals erhalten, dessen Beseitigung erlaubnispflichtig nach Art. 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ESchG sei. Ein Abbruch des Anwesens ...str. 5 wäre formell rechtswidrig, da die dafür erforderliche denkmalschutzrechtliche Erlaubnis nach Art. 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 DSchG nicht vorläge. Laut Mitteilung der Unteren Denkmalschutzbehörde würde deshalb die Aussetzung der Entscheidung über den vorliegenden Erlaubnisantrag nach Art. 15 Abs. 5 DSchG angeordnet werden, insoweit werde auch auf die Begründung des Bescheids der Unteren Denkmalschutzbehörde verwiesen.
Mit Schriftsatz vom 13. Juni 2013, am selben Tag beim Verwaltungsgericht München eingegangen, erhoben die Prozessbevollmächtigten der Klägerin Klage gegen die vorbeugende Abrissuntersagung der Beklagten und beantragen,
der Bescheid der Beklagten vom ... Juni 2013, Az. ..., wird aufgehoben.
Zur Begründung wurde im Wesentlichen vorgetragen, dass das ehemals denkmalgeschützte Gebäude ...str. 5 ausweislich der beigefügten Mitteilung des LfD vom 10. Januar 2013 aus der Denkmalliste gestrichen worden sei. Das Gebäude habe dadurch seine Denkmaleigenschaft verloren. Aufgrund von Protesten in der Nachbarschaft sowie einer Petition der Nachbarn zum Bayerischen Landtag habe das LfD am 1. Juni 2013 und damit knapp 5 Monate nach der Streichung des Gebäudes aus der Denkmalliste der Beklagten per E-Mail mitgeteilt, das LfD werde bis zum Abschluss der Beratungen des Landtages über die Petition der Nachbarn die Streichung des Gebäudes aus der Denkmalliste zurückstellen. Daraufhin habe die Beklagte am ... Juni 2013 den streitgegenständlichen Bescheid erlassen. Gemäß Art. 75 BayBO könne die Bauaufsichtsbehörde die Einstellung von Arbeiten anordnen, wenn Anlagen im Widerspruch zu öffentlich-rechtlichen Vorschriften errichtet, geändert oder beseitigt werden sollen. Vorliegend stehe die geplante Beseitigung jedoch nicht in Widerspruch zu öffentlich-rechtlichen Vorschriften. Der Beseitigung des Gebäudes stehe insbesondere nicht Art. 6 DSchG entgegen. Entgegen der Behauptungen der Beklagten handele es sich bei dem Gebäude ...str. 5 nicht um ein Baudenkmal. Dies habe das LfD sowohl in seiner Mitteilung vom 10. Januar 2013 als auch in einer Pressemitteilung von 3. April 2013 deutlich klargestellt. Das Gebäude habe auch nicht durch die Mitteilung der Zurückstellung der Streichung aus der Denkmalliste durch E-Mail des LfD am 3. Juni 2013 „wieder den Status eines Baudenkmals erhalten“. Die Voraussetzungen für den Erlass einer Verfügung nach Art. 75 BayBO würden daher hier nicht vorliegen.
Das Bayerische Staatsministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst nahm mit Schreiben vom 04. Juli 2013 gegenüber dem Bayerischen Landtag Stellung zu der Petition der Bürgerinitiative und führte aus, dass „die geplanten Veränderungen im Inneren der Villa in der ...str. 5 ohne Einwände des LfD behandelt worden seien und daher nicht zum Erlöschen der Denkmaleigenschaft geführt“ hätten. Das Gebäude in der ...str. 5 sei daher „weiterhin als Baudenkmal im Sinne des Art. 1 Abs. 1 DSchG zu behandeln.“
Mit Schriftsatz vom 12. August 2013 ergänzten die Prozessbevollmächtigten der Klägerin die Klagebegründung. Die geplante Beseitigung des Gebäudes ...str. 5 stehe nicht in Widerspruch zu öffentlich-rechtlichen Vorschriften, entgegen der Ansicht der Beklagten bedürfe es zur Beseitigung des Gebäudes keiner denkmalrechtlichen Erlaubnis. Bei dem Bestandsgebäude handele es sich um kein Baudenkmal. Nach Art. 1 Abs. 2 i. V. m. Abs. 1 BayDSchG sei ein Denkmal eine bauliche Anlage aus vergangener Zeit, deren Erhaltung wegen ihrer geschichtlichen, künstlerischen, städtebaulichen, wissenschaftlichen oder volkskundlichen Bedeutung im Interesse der Allgemeinheit liege. Eine solche Bedeutung komme dem Bestandsgebäude ...str. 5 nicht (mehr) zu. Unabhängig davon, ob dem Gebäude in der Vergangenheit eine Bedeutung im Sinne des Art. 1 Abs. 1 DSchG beizumessen gewesen war oder nicht, sei eine solche Bedeutung jedenfalls nach Durchführung der baulichen Veränderungen heute bei dem Gebäude nicht mehr feststellbar. Hierzu werde auf die Feststellungen des LfD bei der Ortsbegehung vom 7. November 2012 im Schreiben vom 10. Januar 2013 und auf die Feststellungen in der Pressemitteilung des LfD vom 3. April 2013 verwiesen. Selbst wenn die baulichen Veränderungen Mitte der 80er-Jahre tatsächlich mit der unteren Denkmalschutzbehörde abgestimmt gewesen sein sollten, so sei dies dennoch unerheblich für die denkmalfachliche Beurteilung des Gebäudes im Jahr 2013. Die einzig richtige Auffassung, dass ein Verlust der Denkmaleigenschaft auch dann möglich sei, wenn dieser durch abgestimmte Maßnahmen herbeigeführt worden sei, werde auch von der Rechtsprechung und Kommentarliteratur vertreten (vgl. Martin in Eberl/Martin/Greipel, BayDSchG, 6. Aufl., Art. 15 BayDSchG, Rdnr. 34).
Mit Schriftsatz vom 25. Oktober 2013 übergaben die Bevollmächtigten der Klägerin drei von ihr in Auftrag gegebene Gutachten (von Prof. Dr. ... vom 15. Oktober 2013; von Prof. Dr. ... vom 18. Oktober 2013 und von Frau Dipl.-Ing. W. ... vom 04. Oktober 2013), die übereinstimmend zu dem Ergebnis kommen, dass das Gebäude ...str. 5 kein Baudenkmal (mehr) sei. Des Weiteren wurde eine Stellungnahme von Prof. Dr. ... übergeben, die die denkmalrechtliche Abstimmung zwischen der Lokalbaukommission als untere Denkmalschutzbehörde und dem LfD Mitte der 1980er Jahre behandelt.
Mit Schreiben vom 25. November 2013 beantragte die Beklagte,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung wurde zunächst auf den streitgegenständlichen Bescheid vom ... Juni 2013 Bezug genommen. Entscheidend sei der Denkmalwert des Wohngebäudes ... Straße 5, den die Beklagte bejahe. Mit Schreiben vom 11. Dezember 2013 legte die Beklagte ein Gutachten von Prof. Dr. ... (Teil 1 und Teil 2) vom 9. Dezember 2013 vor und führte dazu aus, dass dem Objekt eine hohe künstlerische, städtebauliche, geschichtliche und auch wissenschaftliche Bedeutung zukomme. Prof. ... weise außerdem auf Fehler und Widersprüche in den von der Klägerin vorgelegten Gutachten hin. Prof. ... begründe, warum dem Objekt Denkmaleigenschaft unabhängig von den in den 1980er-Jahren vorgenommenen Veränderungen zukomme. Die von der Klägerseite vorgelegten Gutachten von Prof. Dr. ... und Dipl.-Ing. ... versuchten, aufgrund von Veränderungen in den 1980er-Jahren zu begründen, dass dem Objekt die Denkmalwürdigkeit abhandengekommen sei, was jedoch unzutreffend sei. Das Objekt sei nur in geringem Umfang verändert worden. Zusammenfassend sei festzuhalten, dass dem Objekt nach wie vor selbst unter Zugrundelegung des Sachvortrages der Klägerin Denkmalwürdigkeit im Sinne des DSchG zukomme.
Mit Schriftsatz vom 7. Dezember 2013 nahmen die Prozessbevollmächtigten der Klägerin ergänzend Stellung und verwahrten sich aufs Schärfste gegen die von Prof. Dr. ... vorgebrachten Vorwürfe der Unparteilichkeit. Er versuche gezielt die Reputation der von der Klägerin beauftragten Gutachter zu diskreditieren. Die von der Klägerin beauftragten Gutachter hätten zum Zeitpunkt der Begutachtung jeweils nicht gewusst, dass zusätzlich noch weitere Gutachter ebenfalls mit der Begutachtung beauftragt waren. Alle drei Gutachten seien daher gänzlich unbeeinflusst voneinander entstanden. Dies werde auch daraus deutlich, dass alle drei Gutachten mit jeweils anderen Ansätzen zu dem gleichen Ergebnis gelangten. Mit Schriftsatz vom 16. Juni 2014 übergaben die Prozessbevollmächtigten der Klägerin ergänzende Stellungnahmen der von der Klägerin beauftragten Gutachter. Grundlagen der neuen Stellungnahmen der klägerischen Gutachter sei nicht nur das Gegengutachten der Beklagten, sondern auch Unterlagen, die vorher nicht zur Verfügung gestellt worden seien. Sämtliche von der Klägerin beauftragte Gutachter würden unabhängig voneinander zu dem Ergebnis kommen, dass der Gutachter der Beklagten denkmalpflegerische Grundsätze sowie die Grundsätze wissenschaftlichen Arbeitens außer Acht lasse, da er seine Thesen maßgeblich auf Spekulationen stütze. Es sei erkennbar, dass der Haltung der Beklagten und ihres Gutachters fachfremde und vom Denkmalrecht nicht geschützte Belange zugrunde liegen würden.
Mit Schreiben vom 16. Juli 2014 verwahrte sich die Beklagte gegen den Vorwurf der Klägerin, Unterlagen bewusst zurückgehalten zu haben und legte eine ergänzende Stellungnahme ihres Gutachters vom 13. Juli 2013 vor.
Mit Schriftsatz vom 21. Juli 2014 wiesen die Prozessbevollmächtigten der Klägerin darauf hin, dass sich der Gutachter der Beklagten in seinem Gutachten zur Denkmaleigenschaft der Villa ...str. 5 zu seiner früheren Auffassung in Widerspruch setze und er über keine besonders herausragende Expertise auf dem Gebiet der Reformarchitektur verfüge.
Über die baulichen und örtlichen Verhältnisse auf dem streitgegenständlichen Grundstück sowie in dessen Umgebung und den Zustand des Gebäudes hat das Gericht am 28. Juli 2014 Beweis durch Einnahme eines Augenscheins erhoben. Hinsichtlich der Feststellungen dieses Augenscheins sowie der anschließenden mündlichen Verhandlung wird auf das Protokoll verwiesen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Gerichts- und die vorgelegten Behördenakten, insbesondere auf die vom Klägerbevollmächtigten und der Beklagten eingereichten Sachverständigengutachten sowie die Gerichts- und Behördenakten in den Verfahren M 8 K 13.2963, M 8 K 13.2937 und M 8 K 14.3265 verwiesen.
Gründe
Die zulässige Klage hat Erfolg, da der angefochtene Bescheid der Beklagten vom ...06.2013 rechtswidrig ist und die Klägerin dadurch in ihren Rechten verletzt, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
Mit Bescheid vom ...06.2013 verfügte die Beklagte, dass Arbeiten zur Beseitigung des Wohngebäudes ...str. 5 unverzüglich, spätestens ab Zustellung dieser Verfügung zu unterlassen sind.
Die erforderliche Rechtsgrundlage für den Erlass einer präventiven Abrissuntersagung ergibt sich vorliegend aus Art. 15 Abs. 1 Satz 2 DSchG, der für die Fälle des Art. 6 DSchG auf Art. 75 BayBO verweist. Art. 4 Abs. 4 DSchG bietet zwar ebenfalls die Möglichkeit, gegen Maßnahmen einzuschreiten, die ein Denkmal gefährden. Allerdings setzt die Bestimmung voraus, dass die Baudenkmaleigenschaft feststeht. Von daher ist bei Fällen, in denen gerade die Denkmaleigenschaft umstritten ist, zur Vermeidung der Schaffung vollendeter Tatsachen auf die Möglichkeit der präventiven Abrissuntersagung nach Art. 15 Abs. 1 Satz 2 DSchG i. V. m. Art. 75 Abs. 1 BayBO zurückzugreifen.
1. Gemäß Art. 75 Abs. 1 Satz 1 BayBO kann die Bauaufsichtsbehörde die Einstellung von Arbeiten anordnen, wenn Anlagen im Widerspruch zu öffentlich-rechtlichen Vorschriften errichtet, geändert oder beseitigt werden.
Die Einstellung von Arbeiten setzt einen Widerspruch zu öffentlich-rechtlichen Vorschriften voraus. Dabei kann es sich sowohl um einen Verstoß gegen verfahrensrechtliche als auch um einen solchen gegen materiell-rechtliche Regelungen handeln, und zwar grundsätzlich (soweit nicht die Subsidiaritätsklausel in Art. 54 Abs. 2 Satz 2 Halbsatz 1 BayBO eingreift) unabhängig davon, ob sie dem spezifischen öffentlichen Baurecht oder anderen öffentlich-rechtlichen Rechtsbereichen angehören (vgl. Jäde, Bayerisches Bauordnungsrecht, 1. Auflage 2013, Rn. 433). Eine Baueinstellung kommt sowohl bei genehmigungs- wie nicht genehmigungspflichtigen Bauvorhaben in Betracht. Bei genehmigungspflichtigen Vorhaben reicht für die Anordnung die formelle Baurechtswidrigkeit aus, also der Umstand, dass für das Vorhaben keine Genehmigung vorliegt. Die Baueinstellung beinhaltet folglich auch keine Aussage über die Genehmigungsfähigkeit des Vorhabens, sondern soll nur sicherstellen, dass eine Prüfung und Entscheidung über die Zulässigkeit des Vorhabens in dem dafür vorgesehenen Verfahren ordnungsgemäß erfolgt und bis dahin keine vollendeten Tatsachen geschaffen werden (st. Rspr.. vgl. BayVGH, B.v. 14.11.2001 - 20 ZB 01.2648 - juris).
Eine Abrissuntersagung beinhaltet nicht nur das Gebot, die beabsichtigte Beseitigung (einmalig) zu unterlassen, sondern auch ein sich täglich erneuerndes Verbot dies weiterhin zu unterlassen. Es handelt sich somit um einen Dauerverwaltungsakt. Aus der Eigenschaft der Abrissuntersagung als Dauerverwaltungsakt folgt, dass die Rechtmäßigkeit der Verfügung aus Gründen der Verhältnismäßigkeit ständig zu kontrollieren ist. Im Falle der Klage gegen die Abrissuntersagung ist daher nicht der Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung, sondern der der letzten mündlichen Verhandlung für die Prüfung der Rechtmäßigkeit maßgebend.
1.1 Die Tatbestandsvoraussetzungen des Art. 75 Abs. 1 Satz 1 BayBO lagen hier zwar zum Zeitpunkt des Bescheidserlasses vor und sind auch weiterhin gegeben, aber die vorliegende Abrissuntersagung ist hinsichtlich des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes zu beanstanden.
1.1.1 Die Einstellung von Arbeiten bzw. eine Abrissuntersagung setzt einen Widerspruch zu öffentlich-rechtlichen Vorschriften voraus, Art. 75 Abs. 1 Satz 1 BayBO. Die Beseitigung des Anwesens ...str. 5 verstößt gegen öffentlich-rechtliche Vorschriften, wenn es sich entweder um ein Baudenkmal im Sinn von Art. 1 DSchG handelt, so dass die Beseitigung gem. Art. 6 Abs. 1 DSchG der Erlaubnis bedarf oder wenn es sich um ein Gebäude im Sinn von Art. 57 Abs. 5 Satz 2 BayBO handelt, dessen Beseitigung mindestens einen Monat zuvor der Bauaufsichtsbehörde angezeigt werden muss und diese Anzeige noch nicht erfolgt ist bzw. die Monatsfrist noch nicht verstrichen ist.
Im vorliegenden Fall hatte die Klägerin die Beseitigung des streitgegenständlichen Gebäudes am 21.12.2012 und am 14.05.2014 bei der Beklagten angezeigt, so dass im Zeitpunkt des Bescheiderlasses zumindest seit dem 21.12.2012 die Monatsfrist des Art. 57 Abs. 5 Satz 2 BayBO bereits verstrichen gewesen ist.
Der Abriss der Villa ...str. 5 steht deshalb nur dann im Widerspruch zu öffentlich-rechtlichen Vorschriften, wenn es sich um ein Baudenkmal handelt, dessen Beseitigung der Erlaubnis gem. Art. 6 DSchG bedarf.
Die Denkmaleigenschaft der Villa ...str. 5 war zum Zeitpunkt des Bescheiderlasses und auch noch im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung umstritten.
Die Beklagte stützt ihren Bescheid im wesentliche darauf, dass das LfD die Streichung des Gebäudes aus der Denkmalliste ausgesetzt habe und die Villa daher wieder den Status eines Baudenkmals erlangt habe. Die Eintragung in die Denkmalliste bzw. „Aussetzung der Streichung aus der Denkmalliste“ ist nach der Fassung des DSchG jedoch nicht Voraussetzung für die Eigenschaft als Baudenkmal. Vielmehr ist in Art. 1 DSchG abschließend definiert, wann ein Baudenkmal vorliegt. Auf die Eintragung in die Denkmalliste wird dort nicht Bezug genommen. Gemäß Art. 2 Abs. 1 Satz 1 DSchG sollen Baudenkmäler lediglich nachrichtlich in ein Verzeichnis (Denkmalliste) aufgenommen werden. Die Erstellung der Denkmalliste und die „nachrichtliche“ Vornahme der Eintragung haben somit keine rechtsbegründende Wirkung. In Bayern gilt für Baudenkmäler vielmehr das deklaratorische System. Die Denkmalliste ist eine reine Orientierungs- und Subsumptionshilfe (vgl. Eberl/Martin/Greipl, Bayerisches Denkmalschutzgesetz, Kommentar, 6. Auflage 2007 Art. 2 Rn. 2), hat aber keinerlei konstituierende Bedeutung für die Denkmaleigenschaft.
Daher kann die einfache Bezugnahme auf die „Aussetzung der Streichung“ der ...str. 5 aus der Denkmalliste nicht als Begründung für die Denkmaleigenschaft des Objektes im Sinne von Art. 1 Abs. 1 DSchG herangezogen werden. Vielmehr hat die Behörde eine eigene Entscheidung darüber zu treffen, ob ein Denkmal vorliegt oder nicht. Dies hat sie im vorliegenden Fall nicht getan, sondern durch die Bezugnahme auf den von der Unteren Denkmalschutzbehörde noch zu erlassenden Bescheid, mit dem der Antrag der Klägerin auf Erteilung einer Abrisserlaubnis nach Art. 15 Abs. 5 DSchG ausgesetzt werden soll, gerade zum Ausdruck gebracht, dass die Untere Denkmalschutzbehörde noch keine abschließende Entscheidung über die Denkmaleigenschaft getroffen hat.
Soweit die Beklagte im hier streitgegenständlichen Bescheid auf den Aussetzungsbescheid vom ... Juni 2013 verweist, ist diese Begründung nicht geeignet den vorliegenden Bescheid zu untermauern. Vielmehr ist bereits der Aussetzungsbescheid der Beklagten vom ... Juni 2013 rechtswidrig gewesen (vgl. M 8 K 13.2937). Mit dem Bescheid vom ... Juni 2013 setzte die Beklagte die Entscheidung über den Antrag der Klägerin auf Abrisserlaubnis vom 21.12.2012 gem. § 15 Abs. 5 DSchG aus. Die Beklagte hatte diesen Aussetzungsbescheid im Wesentlichen damit begründet, dass das Bayerische Landesamt für Denkmalpflege verschiedenen Aspekte und Tatsachen bei der Überprüfung der Denkmaleigenschaft der ...str. 5 unberücksichtigt gelassen habe, die noch einer weiteren Untersuchung bedürften. Diese Prüfung fände derzeit in den Gremien des Bayerischen Landtages und des Landesdenkmalrates statt. Die seinerzeit ausstehenden Entscheidungen des Bayerischen Landtages und des Landesdenkmalrates sind zur Klärung der Belange des Denkmalschutzes jedoch weder erforderlich, notwendig noch geeignet gewesen, Art. 15 Abs. 5 DSchG. Diese beiden Gremien sind nicht zuständig für die denkmalfachrechtliche Beurteilung eines Gebäudes. Der Bayerische Landtag ist kein Fachgremium für die Beurteilung der Frage, ob ein Baudenkmal im Sinn von Art. 1 Abs. 1 DSchG vorliegt. Allenfalls der Landesdenkmalrat könnte die für die Beantwortung dieser Fachfrage erforderliche besondere Sachkenntnis haben. Nach Art. 14 Abs. 1 Satz 1 DSchG hat er jedoch lediglich die Aufgabe, die Staatsregierung in wichtigen Fragen der Denkmalpflege zu beraten, ein Mitbestimmungsrecht hat er jedoch nicht (vgl. Eberl/Martin/Greipl, Bayerisches Denkmalschutzgesetz, Kommentar, 6. Auflage 2007 Art. 14 Rn. 1 und 2). Die hier streitgegenständliche vorbeugende Abrissuntersagung kann deshalb nicht mit diesem rechtswidrigen Bescheid begründet werden.
Die Denkmaleigenschaft des Anwesens ...str. 5 ist im Zeitpunkt des Bescheiderlasses und im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht jedenfalls nicht eindeutig. Dies kommt sowohl von Seiten der Klägerin zum Ausdruck, indem sie neben der bloßen Abrissanzeige gem. Art. 57 Abs. 5 Satz 2 BayBO auch einen Antrag auf Erteilung einer Abrisserlaubnis nach Art. 6 DSchG stellte und auf Seiten der Behörde, die eine Entscheidung über den Antrag auf Abrisserlaubnis nach Art. 15 Abs. 5 ausgesetzt hat. Auch die im verwaltungsgerichtlichen Verfahren vorgelegten Gutachten von renommierten Sachverständigen über die Denkmaleigenschaft des streitgegenständlichen Gebäudes kommen zu unterschiedlichen Ergebnissen.
1.1.2 Im Hinblick auf die Zielrichtung des Art. 75 BayBO, kann ein vorbeugendes Abrissverbot jedoch auch bis zur endgültigen Klärung der Denkmaleigenschaft des streitgegenständlichen Gebäudes erlassen werden.
Wenn sich wie hier die Klägerin auf den Standpunkt stellt, dass es sich um kein Baudenkmal handelt und die Beklagte hingegen die Auffassung vertritt, dass ein Baudenkmal vorliegt, dient die Baueinstellung bzw. das Abrissverbot als bauaufsichtliche Sofortmaßnahme der Verhinderung der Schaffung vollendeter Tatsachen. Sie ist deshalb nicht erst dann gerechtfertigt, wenn feststeht, dass die Bauarbeiten einem rechtswidrigen Vorhaben dienen. Vielmehr reicht für den Erlass der durch Tatsachen belegte „Anfangsverdacht“ eines formellen oder materiellen Rechtverstoßes aus. Bauarbeiten bzw. Beseitigungsmaßnahmen dürfen demgemäß schon dann unterbunden werden, wenn objektiv konkrete Anhaltspunkte vorliegen, die es wahrscheinlich machen, dass ein dem öffentlichen Recht formell oder materiell widersprechender Zustand geschaffen wird (vgl. BayVGH, U.v. 4.7.1973 - Nr. 60 II 71 - BayVBl 1974, 436; B.v. 26.6.1996 - 1 CS 95.4162 - n.v. und B.v. 14.10.2013 - 9 CS 13.1407 - juris Rn. 15; OVG Sachsen-Anhalt, B.v. 31.01.2012 - 2 M 194/11 - juris Rn. 6; VGH B.-W., B.v. 10.12.1993 - 3 S 507/93 - juris Rn. 7). Ob ein im Widerspruch zu öffentlich-rechtlichen Vorschriften stehender Zustand tatsächlich hergestellt wird, ist für die Rechtmäßigkeit einer Baueinstellung unerheblich. Diese Frage ist erst Gegenstand der behördlichen Prüfung, ob eine Baueinstellung aufrechtzuerhalten oder gegebenenfalls aufzuheben ist, denn gerade in einem solchen Fall ist ein erhebliches Interesse dafür gegeben, dass vor der Ausführung des Vorhabens und der dadurch bewirkten Schaffung von Verhältnissen, die nicht oder nur mehr schwer rückgängig zu machen sind, geklärt wird, ob das Vorhaben im Widerspruch zu öffentlich-rechtlichen Vorschriften steht oder nicht.
Demgemäß muss dem Bauherrn, wenn die Bauaufsichtsbehörde unter Darlegung von nicht schlechthin von der Hand zu weisenden Gründen geltend macht, ein Vorhaben sei genehmigungspflichtig, jedoch nicht genehmigt, zugemutet werden, mit der Ausführung seines Vorhabens zu warten, bis der Streit im Hauptsacheverfahren abschließend geklärt ist (vgl. Decker in Simon/Busse, Kommentar zur BayBO: Stand Oktober 2009, Art. 75 Rn. 48). Die Bauaufsichtsbehörde ist bei einer solchen Fallgestaltung allerdings gehalten, in der Folgezeit nachzuprüfen, ob die Voraussetzungen für eine Einstellung von Arbeiten bzw. ein vorbeugendes Abrissverbot tatsächlich (noch) vorliegen oder die Untersagung aufzuheben ist (vgl. BayVGH, B.v. 19.07.2007 - 2 CS 06.3083 - juris Rn. 3; OVG Sachsen Anhalt, B.v. 31.1.2012 - 2 M 194/11- juris Rn. 6).
1.1.2 Voraussetzung für eine Baueinstellung ist darüber hinaus grundsätzlich, dass (Bau-) Arbeiten tatsächlich begonnen wurden. Begrifflich können noch nicht begonnene Maßnahmen nicht eingestellt werden. Für präventive Verbote enthält die BayBO keine unmittelbare Rechtsgrundlage. Wegen des präventiv-polizeilichen Zwecks einer vorbeugenden Abrissuntersagung (Gefahrenabwehr, Verhinderung vollendeter Tatsachen), kann jedoch in entsprechender Anwendung des Art. 75 Abs. 1 BayBO vorbeugend, die Errichtung von Anlagen und die Ausführung von Bauarbeiten, z. B. der Abriss bereits dann verboten werden, wenn objektiv konkrete Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass alsbald mit rechtswidrigen Bauarbeiten begonnen wird (vgl. Decker in Simon/Busse, Kommentar zur BayBO: Stand Oktober 2009, Art. 75 Rn. 42; BayVGH B.v. 03.09.2001 - 2 ZS 01.1506 - juris Rn. 2).
Hier war zu befürchten, dass nicht mehr rückgängig zu machende Baumaßnahmen alsbald erfolgen würden, da die Klägerin sowohl am 21.12.2012 wie auch am 14.05.2014 eine Abrissanzeige gem. Art. 57 Abs. 5 Satz 2 BayBO bei der Beklagten eingereicht und dadurch zum Ausdruck gebracht hat, das Gebäude nach Ablauf der Monatsfrist des Art. 57 Abs. 5 Satz 2 BayBO beseitigen zu wollen.
1.2 Das streitgegenständliche Abrissverbot ist jedoch hinsichtlich der Ermessensausübung durch die Beklagte und insoweit hinsichtlich des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes zu beanstanden.
Ein solches vorbeugendes Bauverbot bzw. Abrissverbot ist nur dann zulässig, wenn unter Beachtung der Grundsätze der Verhältnismäßigkeit, der Geeignetheit des Mittels und des geringstmöglichen Eingriffs ein Einschreiten nicht zuletzt auch im Interesse des Bauherrn geboten ist, um größere Schäden oder nutzlose Aufwendungen zu vermeiden (vgl. Decker in Simon/Busse, Kommentar zur BayBO: Stand Oktober 2009, Art. 75 Rn. 42).
Eine Baueinstellung bzw. ein vorbeugendes Abrissverbot bezweckt, wie ausgeführt, primär sicherzustellen, dass vor einer abschließenden Prüfung der Zulässigkeit des Vorhabens keine vollendeten Tatsachen geschaffen werden.
Unter Beachtung dieser Grundsätze kann im einem Fall, in dem wie hier die Denkmaleigenschaft umstritten ist, ein vorbeugendes Abrissverbot nur dann verhältnismäßig sein, wenn es zeitlich bis zu einer abschließenden Entscheidung über die Denkmaleigenschaft befristet oder mit einer entsprechenden Bedingung versehen wird. Entsprechend dem Rechtsgedanken des Art. 15 Abs. 5 DSchG, der eine Aussetzung der Entscheidung über eine Abrisserlaubnis auf höchstens zwei Jahre ermöglicht, soweit dies zur Klärung der Belange des Denkmalschutzes erforderlich ist, ist eine vorbeugende Abrissuntersagung wegen umstrittener Denkmaleigenschaft eines Gebäudes bis zur abschließenden Klärung der Denkmaleigenschaft zeitlich zu befristen.
Andernfalls könnte der Fall eintreten, dass eine bestandskräftige unbefristete Abrissuntersagung mit der rechtskräftigen Feststellung kollidiert, dass das streitgegenständliche Gebäude kein Baudenkmal ist oder zwar ein Baudenkmal im Sinn des Art. 1 Abs. 1 DSchG darstellt, für dessen Beseitigung jedoch eine (bestandskräftige) Abrisserlaubnis gem. Art. 6 Abs. 1 und 2 DSchG erteilt wurde. Dieses Risiko stellt für den Bauherrn eine Belastung dar, die nur dann zumutbar ist, wenn kein anderes Mittel verfügbar ist, das in gleicher (oder sogar besserer) Weise geeignet ist, den Zweck zu erreichen, aber den Betroffenen weniger belastet.
Das angestrebte Ziel der Sicherung des Gebäudes bis zur endgültigen Entscheidung über die Denkmaleigenschaft kann auch erreicht werden, indem eine befristete oder bedingte vorbeugende Abrissuntersagung erlassen wird. Ein derart bedingtes oder befristetes Abrissverbot stellt ein milderes und zugleich gleichermaßen geeignetes Mittel zur Sicherung des Bestandsgebäudes dar.
Abschließend sei noch darauf hingewiesen, dass eine Baueinstellung bzw. eine vorbeugende Abrissuntersagung grundsätzlich nicht mehr verfügt werden kann, wenn der Bauherr erklärt, zuverlässig bis zur Klärung der Angelegenheit die (Bau-) Arbeiten nicht (weiter) zu führen (vgl. Decker in Simon/Busse, Kommentar zur BayBO: Stand Oktober 2009, Art. 75 Rn. 42 m. w. N.).
Unabhängig von der Frage, ob für eine vorbeugende Abrissuntersagung als Rechtsgrundlage Art. 75 Abs. 1 Satz 1 BayBO, Art. 54 Abs. 2 Satz 2 BayBO oder Art. 4 Abs. 4 DSchG in entsprechender Anwendung des Art. 15 Abs. 1 Satz 2 DSchG i. V. m. Art. 15 Abs. 5 DSchG herangezogen werden kann, ist die vorliegende Abrissuntersagung jedenfalls unverhältnismäßig. Der streitgegenständliche Bescheid ist daher rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten.
2. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
3. Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 ff. ZPO.
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(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.
(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.
(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.
(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.
(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.
(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.