Verwaltungsgericht München Urteil, 06. Mai 2014 - 12 K 14.30603
Gericht
Tenor
I.
Die Klage wird abgewiesen.
II.
Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III.
Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Tatbestand
Der Kläger ist nach eigenen Angaben ein am ... 1991 geborener afghanischer Staatsangehöriger hazarischer Volkszugehörigkeit. Er reiste - wieder nach eigenen Angaben - am 3. April 2013 ins Bundesgebiet ein und stellte einen Asylantrag.
Zur Begründung trug er beim Bundesamt im Wesentlichen vor, er habe in Afghanistan Streitereien um das Land mit seinem Stiefonkel mütterlicherseits gehabt. Das Land habe seiner Mutter gehört. Ein Stiefonkel habe Anspruch auf das Land erhoben. Auf dem Land der Mutter seien neben ihrem Haus noch drei oder vier Häuser gestanden. Eines der Häuser habe der Stiefonkel ohne die Erlaubnis mit seiner Familie bezogen. Dann sei der Stiefonkel in den Iran zum Arbeiten gegangen. Während der Abwesenheit des Onkels habe sich die Ehefrau des Onkels dem Kläger „genähert“. Der Kläger habe mit der Frau über ein Jahr lang eine Beziehung gehabt. Die Nachbarn hätten die Beziehung bemerkt. Das ganze Dorf habe von der Beziehung erfahren. Von Freunden habe der Kläger erfahren, dass auch sein Stiefonkel über die Beziehung Bescheid wisse. Sein Stiefonkel sei aus dem Irak zurückgekehrt. Die Eltern des Klägers hätten dann entschieden, dass es für den Kläger zu gefährlich sei und dass er das Dorf verlassen müsse. Die Frau des Stiefonkels sei vom Kläger schwanger gewesen, das Kind sei bereits geboren. Der Kläger sei über Pakistan, Iran, Türkei, Griechenland und Italien auf dem Landweg nach Deutschland gereist.
Mit Bescheid vom 4. März 2014 erkannte das Bundesamt dem Kläger die Flüchtlingseigenschaft nicht zu (Nr.1) lehnte den Antrag auf Asylanerkennung ab (Nr.2), erkannte den subsidiären Schutzstatus nicht zu (Nr.3) und stellte fest, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG nicht vorliegen (Nr. 4). Die Abschiebung nach Afghanistan wurde angedroht (Nr. 5).
Am 1. April 2014 hat der Prozessbevollmächtigte des Klägers beim Bayerischen Verwaltungsgericht München Klage erhoben mit dem Antrag,
unter Aufhebung des Bescheides vom 4. März 2014, zugestellt am 18. März 2014, die Beklagte zu verpflichten, dem Kläger internationalen Schutz nach §§ 3,4 AsylVfG zuzuerkennen, hilfsweise Abschiebungshindernisse gem. § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG.
Mit Beschluss vom 16. April 2014 wurde der Rechtsstreit zur Entscheidung auf den Einzelrichter übertragen.
Die Beklagte stellte
keinen Antrag.
Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichts- und der vorgelegten Behördenakten verwiesen.
Gründe
Verfahrensgegenstand ist die Frage, ob der Bescheid des Bundesamtes vom 4. März 2014 in den Nr. 1, 3, 4 und 5 rechtswidrig ist und deshalb aufzuheben ist und ob der Kläger einen Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft, auf die Zuerkennung des subsidiären Schutzstatus sowie - hilfsweise - auf Feststellung eines Abschiebungsverbotes hat (der Antrag des Prozessbevollmächtigten vom 1.4. 2014 wurde gem. § 88 VwGO ausgelegt).
Der Kläger hat keinen Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft im Sinne des § 3 AsylVfG; auch liegen beim Kläger weder Gründe für die Zuerkennung subsidiären Schutzes nach § 4 AsylVfG noch für die Feststellung nationaler Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 oder 7 AufenthG vor.
Der Kläger hat keinen Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft gem. § 3 AsylVfG (vormals: § 60 Abs. 1 AufenthG).
Nach § 3 Abs. 4 AsylVfG wird einem Ausländer, der Flüchtling nach § 3 Abs. 1 AsylVfG ist, die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt. Ein Ausländer ist nach § 3 Abs. 1 AsylVfG Flüchtling im Sinne des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl, 1953 II S. 559, 560-Genfer Flüchtlingskonvention), wenn er sich aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischer Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe außerhalb seines Herkunftslandes befindet. Eine Verfolgung kann dabei gem. § 3c AsylVfG ausgehen von einem Staat, Parteien oder Organisationen, die den Staat oder wesentliche Teile des Staatsgebietes beherrschen oder von nichtstaatlichen Akteuren, sofern die zuvor genannten Akteure einschließlich internationaler Organisationen erwiesenermaßen nicht in der Lage oder willens sind, im Sinne des § 3d AsylVfG Schutz vor der Verfolgung zu bieten, und dies unabhängig davon, ob in dem Land eine staatliche Herrschaftsmacht vorhanden ist oder nicht. Weiter darf für den Ausländer keine innerstaatliche Fluchtalternative bestehen, § 3e AsylVfG.
Maßgeblich ist, ob der Asylsuchende bei Rückkehr in sein Heimatland der Gefahr politischer Verfolgung ausgesetzt wäre, wobei auf den Sachstand im Zeitpunkt der letzten gerichtlichen Tatsachenentscheidung abzustellen ist, § 77 Abs. 1 AsylVfG. Hat der Ausländer sein Heimatland bzw. den Staat des gewöhnlichen Aufenthalts auf der Flucht vor eingetretener oder unmittelbar drohender politischer Verfolgung verlassen, besteht Anspruch auf Verfolgungsschutz bereits dann, wenn er bei Rückkehr vor erneuter Verfolgung nicht hinreichend sicher sein kann (herabgestufter Prognosemaßstab). Ist der Ausländer hingegen unverfolgt ausgereist, hat er einen Anspruch auf Schutz nur, wenn ihm aufgrund asylrechtlich beachtlicher Nachfluchttatbestände mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit politische Verfolgung droht (gewöhnlicher Prognosemaßstab).
Das Gericht muss - für einen Erfolg des Antrags - die volle Überzeugung von der Wahrheit des vom Asylsuchenden behaupteten individuellen Schicksals und hinsichtlich der zu treffenden Prognose, dass dieses die Gefahr politischer Verfolgung begründet, erlangen. Angesichts des sachtypischen Beweisnotstandes, in dem sich Asylsuchende insbesondere hinsichtlich asylbegründender Vorgänge im Verfolgerland befinden, kommt dabei dem persönlichen Vorbringen des Asylsuchenden und dessen Würdigung für die Überzeugungsbildung eine gesteigerte Bedeutung zu (BVerwG, Urt. vom 16.04.1985, Buchholz 402.25 § 1 AsylVfG Nr. 32). Demgemäß setzt ein Asylanspruch bzw. die Feststellung der Flüchtlingseigenschaft gem. § 3 AsylVfG voraus, dass der Asylsuchende den Sachverhalt, der seine Verfolgungsfurcht begründen soll, schlüssig darlegt. Dabei obliegt es ihm, unter genauer Angabe von Einzelheiten und gegebenenfalls unter Ausräumung von Widersprüchen und Unstimmigkeiten einen in sich stimmigen Sachverhalt zu schildern, der geeignet ist, das Asylbegehren lückenlos zu tragen (BVerwG, Urt. vom 08.05.1984, Buchholz § 108 VwGO Nr. 147).
An der Glaubhaftmachung von Verfolgungsgründen fehlt es in der Regel, wenn der Asylsuchende im Laufe des Verfahrens unterschiedliche Angaben macht und sein Vorbringen nicht auflösbare Widersprüche enthält, wenn seine Darstellung nach der Lebenserfahrung oder aufgrund der Kenntnis entsprechender vergleichbarer Geschehensabläufe unglaubhaft erscheint, sowie auch dann, wenn er sein Asylvorbringen im Laufe des Asylverfahrens steigert, insbesondere wenn er Tatsachen, die er für sein Asylbegehren als maßgeblich bezeichnet, ohne vernünftige Erklärung erst sehr spät in das Verfahren einführt (vgl. BVerfG, Beschluss vom 29.11.1990, InfAuslR 1991, 94, 95; BVerwG, Urteil vom 30.10.1990, Buchholz 402.25 § 1 AsylVfG Nr. 135; Beschluss vom 21.07.1989, Buchholz a. a. O., Nr. 113).
In Anwendung dieser Grundsätze ist beim Kläger keine Flüchtlingseigenschaft gem. § 3 AsylVfG festzustellen. Es lässt sich nicht feststellen, dass der Kläger vor seiner Ausreise aus Afghanistan oder im Falle einer Rückkehr nach Afghanistan landesweit von politischer Verfolgung betroffen war bzw. bedroht sein würde.
Sein Vortrag, er habe eine Beziehung zu einer Ehefrau gehabt und der Ehemann würde ihn deshalb verfolgen, ist schon keine asylrelevante Verfolgung im Sinne des § 3 AsylVfG. Es handelt sich dabei um eine private Auseinandersetzung, die die Voraussetzungen des § 3 AsylVfG nicht erfüllt.
Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf Zuerkennung subsidiären Schutzes nach § 4 AsylVfG.
Der europarechtliche herrührende subsidiäre Schutz nach § 4 AsylVfG bildet einen eigenständigen, vorrangig vor sonstigen herkunftslandbezogenen ausländerrechtlichen (nationalen) Abschiebungsverboten nach § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG zu prüfenden Streitgegenstand (vgl. ausführlich BVerwG, U. v. 24.6.2008 - 10 C 43/07 - BVerwGE 131, 198 = NVwZ 2008, 1241 = InfAuslR 2008, 474).
Ein unionsrechtliches Abschiebungsverbot zugunsten des Klägers ist nicht ersichtlich. Insbesondere ist - auch nach den Angaben des Klägers - nicht ersichtlich, dass ihm bei seiner Rückkehr nach Afghanistan Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung (§ 4 Abs. 1 Satz 2 AsylVfG; § 60 Abs. 2 AufenthG a. F.) drohen könnte.
Der Vortrag des Klägers zu der behaupteten Beziehung zu einer verheirateten Frau ist widersprüchlich und unglaubwürdig, so dass das Gericht nicht davon ausgeht, dass sich der Sachverhalt ereignet hat und ihm eine Steinigung droht. Der Kläger hat keine Einzelheiten oder Zusammenhänge erzählt, sondern nur den bloßen Hinweis, dass er eine Beziehung hatte und dass aus dieser Beziehung ein Kind entstanden sein soll.
Unglaubhaft sind auch die Ausführungen bezüglich der Steinigung. Angeblich wusste zuerst das ganze Dorf von der Beziehung, dann „hätten die Dorfbewohner gesagt, er solle gesteinigt werden“. Abgesehen davon, dass sich nicht erschließt, warum die Menschen aus dem Dorf plötzlich eine Steinigung wollten, nachdem sie ein Jahr lang der Beziehung zugeschaut haben, erklärte der Kläger in der mündlichen Verhandlung, die Dorfbewohner hätten in einer Versammlung mit dem Mullah beschlossen, dass der Kläger gesteinigt werden sollte. Dabei handelt es sich um eine Steigerung des Vorbringens, die den gesamten Sachverhalt unglaubhaft macht.
Darüber hinaus sind auch die Angaben bezüglich der Anzeige durch den Onkel und den darauffolgenden Prozess unglaubhaft. Beim Bundesamt trug der Kläger vor, zum Zeitpunkt des Prozesses habe er das Dorf verlassen gehabt, er sei in „einem anderen Dorf gewesen“. An anderer Stelle trug er vor, „im elften Monat des Jahres 1390 habe er sein Heimatdorf verlassen Richtung ... Dort habe er sich bis zum zweiten Monat des Jahres 1391 aufgehalten“. In der mündlichen Verhandlung trug der Kläger vor, er sei zum Prozess mit einem Brief geladen worden, zugestellt durch die Polizei. Es stellt sich die Frage, an welcher Adresse in dem „anderen Dorf“ oder in „...“ die Polizei den Kläger gesucht hat, um ihm den Brief mit der Ladung zu übergeben. Einerseits soll der Kläger aus dem Dorf geflohen sein, um dem Onkel zu entgehen, andererseits war er offenbar für Briefe des Gerichts (und somit auch für den Onkel) erreichbar. Unglaubhaft ist auch, dass der Kläger angeblich zu einer Verhandlung schriftlich geladen wurde, sich aber andererseits überhaupt nicht an das Datum erinnern kann (vgl. Niederschrift über die mündliche Verhandlung). Unglaubhaft ist auch, dass der Kläger zwar am Prozess teilgenommen haben will, aber nicht weiß, ob es aufgrund des Prozesses ein Urteil gegen ihn gegeben hat.
Insgesamt ist der vorgetragene Sachverhalt verworren, widersprüchlich und unglaubwürdig, so dass das Gericht nicht davon ausgeht, dass er sich ereignet hat.
Der Kläger hat weiter keinen Anspruch auf die Feststellung eines Abschiebungsverbots auf der Grundlage von § 4 Abs. 1 Nr. 3 AsylVfG, nach dem von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat abzusehen ist, wenn er dort als Angehöriger der Zivilbevölkerung einer erheblichen individuellen Gefahr für Leib oder Leben im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts ausgesetzt ist. Die Vorschrift setzt die sich aus Art. 18 i. V. m. Art. 15 Buchst. c QualRL ergebenden Verpflichtungen auf Gewährung eines „subsidiären Schutzstatus“ bzw. „subsidiären Schutzes“ in nationales Recht um.
Dabei ist zu überprüfen, ob sich die von einem bewaffneten Konflikt für eine Vielzahl von Zivilpersonen ausgehende - und damit allgemeine - Gefahr in der Person des Klägers so verdichtet hat, dass sie eine erhebliche individuelle Gefahr i. S. v. § 4 Abs. 1 Nr. 3 AsylVfG darstellt. Eine allgemeine Gefahr kann sich insbesondere durch individuelle gefahrerhöhende Umstände zuspitzen. Solche Umstände können sich auch aus einer Gruppenzugehörigkeit ergeben. Der den bestehenden bewaffneten Konflikt kennzeichnende Grad willkürlicher Gewalt muss ein so hohes Niveau erreichen, dass stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, eine Zivilperson würde bei Rückkehr in das betreffende Land oder die betreffende Region allein durch ihre Anwesenheit in diesem Gebiet Gefahr laufen, einer solchen Bedrohung ausgesetzt zu sein (vgl. EuGH, U. v. 17.2.2009 - Elgafaji, C-465/07
Die Frage, ob die in Afghanistan oder Teilen von Afghanistan stattfindenden gewalttätigen Auseinandersetzungen nach Intensität und Größenordnung als vereinzelt auftretende Gewalttaten i. S. v. Art. 1 Nr. 2 des Zusatzprotokolls vom 8. Juni 1977 zu den Genfer Abkommen vom 12. August 1949 über den Schutz der Opfer nicht internationaler bewaffneter Konflikte (BGBl. 1990 II S. 1637)- ZP II - oder aber als anhaltende Kampfhandlungen bewaffneter Gruppen im Sinne von Art. 1 Nr. 1 ZP II zu qualifizieren sind, kann dahinstehen, weil nach der Überzeugung des Gerichts der Kläger keiner erheblichen individuellen Gefahr für Leib oder Leben ausgesetzt wäre. Bezüglich der Gefahrendichte ist zunächst auf die jeweilige Herkunftsregion abzustellen, in die ein Kläger typischerweise zurückkehren wird (BVerwG, U. v. 14.7.2009 - 10 C 9/08 - BVerwGE 134, 188). Zur Feststellung der Gefahrendichte ist eine jedenfalls annäherungsweise quantitative Ermittlung der Gesamtzahl der in dem betreffenden Gebiet lebenden Zivilpersonen einerseits und der Akte willkürlicher Gewalt andererseits, die von den Konfliktparteien gegen Leib oder Leben von Zivilpersonen in diesem Gebiet verübt werden, sowie eine wertende Gesamtbetrachtung mit Blick auf die Anzahl der Opfer und die Schwere der Schädigungen (Todesfälle und Verletzungen) bei der Zivilbevölkerung erforderlich (BVerwG, U. v. 27.4.2010 - 10 C 5/09 - BVerwGE 136, 377).
Der Kläger stammt aus der Provinz D., so dass hinsichtlich der Gefahrenlage primär darauf abzustellen ist.
Die Provinz D. wird von der Unterstützungsmission der Vereinten Nationen in Afghanistan (UNAMA, Internet: www...unmissions.org) der Zentralen Bergregion Afghanistans (Provinzen: B., D.) zugeordnet. UNAMA hat für diese Region im Jahr 2010 drei zivile Tote bei einer Gesamteinwohnerzahl von 820.000 gezählt (UNAMA, Afghanistan Annual Report 2010 Protection of Civilians in Armed Conflict).
Für das Jahr 2009 wurden für Gesamtafghanistan 2.412 getötete und 3.566 verletzte Zivilisten ermittelt. Für das Jahr 2010 wird von 2.777 Toten und 4.343 Verletzten (gesamt: 7.120) ausgegangen. Das Verhältnis Tote/Verletzte beträgt für das Jahr 2009 1:1,5. Gleiches gilt für das Jahr 2010. Unter Berücksichtigung dieses Verhältnisses ist für das Jahr 2010 in der Zentralen Bergregion von fünf Verletzten, insgesamt also von acht toten und verletzten Zivilisten auszugehen. Für das Jahr 2010 ergibt sich bei einer Einwohnerzahl von 820.000 in der Zentralen Bergregion und 8 Toten/Verletzten eine Wahrscheinlichkeit von weniger als 0,001 Prozent, Opfer eines Anschlages zu werden.
Der Jahresbericht der UNAMA vom Februar 2012 (UNAMA, Afghanistan Annual Report 2011 Protection of Civilians in Armed Conflict) geht für das Jahr 2011 für ganz Afghanistan von 3.021 toten Zivilisten (gegenüber den 2.777 toten Zivilisten des Vorjahres eine Steigerung von 8 Prozent) und 4.507 Verletzten (im Vorjahr 4.368 Verletzte), somit von insgesamt 7.528 zivilen Opfern aus. Gegenüber der Gesamtzahl der Toten und Verletzten im Jahr 2010 (7.120) liegt somit für Afghanistan eine Steigerung von 6 Prozent vor. Der Jahresbericht der UNAMA vom Februar 2013 (UNAMA, Afghanistan Annual Report 2012 Protection of Civilians in Armed Conflict) geht für das Jahr 2012 von 7.559 zivilen Opfern aus (2.754 Tote und 4.805 Verletzte), was in etwa den Zahlen des Jahres 2011 (7.528) entspricht. Während die auf regierungsnahe Streitkräfte („Pro-Government Forces“) zurückzuführende Zahl ziviler Opfer (316 Tote, 271 Verletzte) gegenüber 2011 um 46 Prozent zurückging, stieg die auf Gegner der Regierung („Anti-Government Elements) zurückzuführende Zahl ziviler Opfer (2.129 Tote, 3952 Verletzte) um 9 Prozent gegenüber 2011.
Die regional unterschiedliche Veränderung der Opferzahlen lässt sich in Beziehung zu der Zahl der Zwischenfälle in den einzelnen Provinzen im Jahr 2012 setzen. Nach dem Bericht des Afghanistan NGO Safety Office (ANSO, Internet: www.ngosafety.org) gab es im Jahr 2012 in Afghanistan insgesamt 21.784 Angriffe (ANSO Quarterly Data Report Q.4 2012). Bei einer Gesamtopferzahl von 7.559 entfallen damit rechnerisch auf jeden Angriff 0,3469 Opfer. Überträgt man dies auf die Zentrale Bergregion, kann bei den dort gezählten 73 Angriffen im Jahr 2012 von etwa 26 toten/verletzten Zivilisten ausgegangen werden. Bei einer Einwohnerzahl von 820.000 in der Zentralen Bergregion und 26 Toten/Verletzten ergibt sich eine Wahrscheinlichkeit von 0,003 Prozent, Opfer eines Anschlages zu werden.
Auch wenn der Vergleich der Opferzahlen mit der Zahl der Angriffe nicht exakt auf die tatsächliche Opferzahl schließen lässt, gibt er doch eine realistische Basis für die erforderliche Risikoabschätzung. Selbst wenn man davon ausgeht, dass die Sicherheitslage in Gesamtafghanistan und auch in der Zentralen Bergregion weiterhin angespannt bleibt, kann nicht davon ausgegangen werden, dass der diesen Konflikt kennzeichnende Grad willkürlicher Gewalt ein so hohes Niveau erreicht, dass praktisch jede Zivilperson allein aufgrund ihrer Anwesenheit in dieser Region einer ernsthaften individuellen Bedrohung ausgesetzt ist. Dies gilt auch unter Berücksichtigung der unzureichenden medizinischen Versorgungslage in Afghanistan, die eine Notfallbehandlung Schwerverletzter nur eingeschränkt ermöglichen dürfte.
Bezogen auf die Herkunftsprovinz D. ergibt sich bei 36 Angriffen eine geschätzte Opferzahl von 13. Bei einer Einwohnerzahl von 410.000 liegt die Wahrscheinlichkeit, Opfer eines Anschlages zu werden bei 0,003 Prozent. Auch die Zahlen aus dem Bericht Q 1 ANSO 2013 ergeben für das 1. Quartal des Jahres 2013 für die Provinz D. 3 Anschläge, was eine erhebliche Verbesserung der Situation zum 1. Quartal 2011 (7 Anschläge) und eine Verschlechterung zum 1. Quartal 2012 (1 Anschlag) darstellt. Hochgerechnet auf das Jahr 2013 bedeutet dies 12 Anschläge, so dass die Wahrscheinlichkeit, Opfer eines Anschlags zu werden, weiterhin im Promillebereich liegt.
Auch wenn der Vergleich der Opferzahlen mit der Zahl der Angriffe nicht exakt auf die tatsächliche Opferzahl schließen lässt, gibt er doch eine realistische Basis für die erforderliche Risikoabschätzung. Selbst wenn man davon ausgeht, dass die Sicherheitslage in Gesamtafghanistan und auch in der Ostregion weiterhin angespannt bleibt, kann nicht davon ausgegangen werden, dass der diesen Konflikt kennzeichnende Grad willkürlicher Gewalt ein so hohes Niveau erreicht, dass praktisch jede Zivilperson allein aufgrund ihrer Anwesenheit in dieser Region einer ernsthaften individuellen Bedrohung ausgesetzt ist (BayVGH, U. vom 1.3.2013 - 13a B 12.30011 - juris). Dies gilt auch unter Berücksichtigung der unzureichenden medizinischen Versorgungslage in Afghanistan, die eine Notfallbehandlung Schwerverletzter nur eingeschränkt ermöglichen dürfte.
Im Übrigen besteht für den Kläger eine inländische Fluchtalternative, so dass auch deshalb kein subsidiärer Schutz zu gewähren ist. Nach Art. 8 Abs. 1 QualRL benötigt ein Drittländer keinen internationalen Schutz, sofern in einem Teil des Herkunftslandes keine begründete Furcht vor Verfolgung bzw. keine tatsächliche Gefahr, einen ernsthaften Schaden zu erleiden, besteht und vom Drittausländer vernünftigerweise erwartet werden kann, dass er sich in diesem Landesteil aufhält. Dabei sind nach Abs. 2 die dortigen allgemeinen Gegebenheiten und persönlichen Umstände des Drittausländers zu berücksichtigen. Der Drittausländer muss im Zufluchtsort eine ausreichende Lebensgrundlage vorfinden, d. h. es muss zumindest in faktischer Hinsicht das Existenzminimum gewährleistet sein, was er unter persönlich zumutbaren Bedingungen sichern können muss. Dies gilt auch dann, wenn im Herkunftsgebiet die Lebensverhältnisse gleichermaßen schlecht sind. Das Zufluchtgebiet muss für den Drittausländer auch erreichbar sein (BVerwG
Der Kläger könnte in K. verbleiben, wohin primär die Abschiebung erfolgt. Dort wäre ein Überleben des Klägers auch ohne Unterstützung durch seine Familie gewährleistet. Zwar ist die Versorgungslage in Afghanistan weiterhin schlecht (vgl. Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Islamischen Republik Afghanistan vom 31.3.2014, Stand: Februar 2014, im Folgenden: Lagebericht, Seite 19f.). Soziale Sicherungssysteme existieren praktisch nicht. Die soziale Absicherung liegt traditionell bei den Familien und Stammesverbänden. Aber auch ohne die Unterstützung durch diese Gemeinschaft droht dem gesunden und arbeitsfähigen Kläger bei einer Abschiebung nach K. keine extreme Gefahrenlage. Der Kläger kann unter Inanspruchnahme internationaler Hilfe und die Aufnahme von Gelegenheitsarbeiten zumindest ein kleines Einkommen erzielen, um sein Überleben zu sichern (BayVGH
Der Abschiebung des Klägers steht auch kein nationales Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 5, Abs. 7 Satz 1 AufenthG entgegen.
Anhaltspunkte für ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 5 AufenthG wurden weder vorgetragen noch sind solche ersichtlich.
Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf Feststellung eines Abschiebungsverbots gem. § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG.
Gemäß § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG soll von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. Die allgemeine Gefahr in Afghanistan hat sich für den Kläger auch nicht derart zu einer extremen Gefahr verdichtet, dass eine entsprechende Anwendung von § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG geboten ist (vgl. BayVGH
Die nach Maßgabe des §§ 34 Abs. 1, 36 Abs. 1 AsylVfG erlassene Abschiebungsandrohung ist nicht zu beanstanden. Der Kläger besitzt keine Aufenthaltsgenehmigung und ist auch nicht als Asylberechtigter anerkannt.
Die Klage war daher mit der Kostenfolge des§ 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 VwGO i. V. m. § 708 ff ZPO.
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Annotations
(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.
(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.
(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.
(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.
(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.
(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.
(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.
(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.
(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.
(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.
(11) (weggefallen)
Das Gericht darf über das Klagebegehren nicht hinausgehen, ist aber an die Fassung der Anträge nicht gebunden.
(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.
(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.
(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.
(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.
(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.
(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.
(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.
(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.
(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.
(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.
(11) (weggefallen)
(1) Das Gericht entscheidet nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung. In dem Urteil sind die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind.
(2) Das Urteil darf nur auf Tatsachen und Beweisergebnisse gestützt werden, zu denen die Beteiligten sich äußern konnten.
(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.
(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.
(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.
(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.
(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.
(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.
(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.
(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.
(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.
(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.
(11) (weggefallen)
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.
(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.