Verwaltungsgericht München Urteil, 31. Jan. 2014 - 10 K 13.30713
Gericht
Tenor
I.
Die Klage wird abgewiesen.
II.
Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III.
Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.
Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Tatbestand
Der 1988 in Kandahar geborene Kläger ist afghanischer Staatsangehöriger. Er reiste am ... Juni 2012 von Griechenland kommend auf dem Luftweg in die Bundesrepublik Deutschland ein und beantragte hier am 29. Juni 2012 seine Anerkennung als Asylberechtigter.
Bei seiner Anhörung gab der Kläger an, er habe als Computer-Designer bis etwa 2011 bei Zeitungen gearbeitet. Hierzu legte er einen Dienstausweis der Zeitung ... vor. Weiterhin legte er verschiedene Zeitungen aus den Jahren 2007 und 2009 vor, aus deren Impressum sich teilweise seine Mitarbeit belegen ließe. Er habe auch Märchen und etwa 35 Lieder unterschiedlicher Art geschrieben, die auch veröffentlicht worden seien. Aufgrund seiner Arbeit für die Regierungszeitung ... sei er von den Taliban und sonstigen Gegner der afghanischen Regierung mehrmals bedroht worden. Etwa vier bis fünf Monate vor seiner Ausreise hätten ihn Leute auf dem Weg angehalten und bedroht. Sie hätten ihn angesprochen und ihm vorgeworfen, dass er für die Regierung für die Ungläubigen arbeite und er solle damit aufhören. Wenn er das nicht tue, würden sie ihn umbringen. Er sei zwei bis drei Mal von unterschiedlichen Leuten bedroht worden. Wegen dieser Bedrohungen durch die Taliban habe er aber keine Anzeige bei der Polizei erstattet. Er habe Angst gehabt, wenn er zur Polizei gehe, würden die Probleme noch größer.
Mit Bescheid vom ... Juli 2013 wurde der Antrag auf Anerkennung als Asylberechtigter abgelehnt (Nr. 1 des Bescheids), sowie die Voraussetzungen der Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft (Nr. 2) und Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 2 bis 7 AufenthG verneint (Nr. 3). Der Kläger wurde unter Abschiebungsandrohung aufgefordert, die Bundesrepublik Deutschland innerhalb von 30 Tagen nach unanfechtbarem Abschluss des Asylverfahrens zu verlassen (Nr. 4). Zur Begründung wird ausgeführt, der Kläger habe nicht glaubhaft machen können, dass er zum Zeitpunkt seiner Ausreise asyl- bzw. flüchtlingsrelevanten Verfolgungsmaßnahmen ausgesetzt gewesen sei bzw. diese unmittelbar zu befürchten gehabt habe. Der Antragsteller habe nicht geltend gemacht, dass er Verfolgungsmaßnahmen wegen seiner Volkszugehörigkeit ausgesetzt gewesen sei und ihm deshalb Verfolgung gedroht habe. Hinsichtlich seines sonstigen Vorbringens bestünden erhebliche Zweifel bzgl. der Glaubhaftigkeit. Der Kläger habe als Beweisstücke für seine Tätigkeit und die hieraus von ihm abgeleitete Gefährdungssituation lediglich vier und sechs Jahre alte Zeitungen und einen Dienstausweis ohne Ausstellungsdatum oder Gültigkeitsdatum vorgelegt. Der Frage, warum er nur so alte Zeitungen als Beweis für seine Tätigkeit vorlegen könne, sei er ausgewichen. Eine Qualifikation oder Ausbildung, die ihn zu den genannten Tätigkeiten befähige, seien nicht absolviert worden. Von einem schlüssigen Sachvortrag könne in keiner Weise ausgegangen werden, Fakten, Hintergründe und Details fehlten weitestgehend. Selbst wenn man unterstelle, es habe sich beim Kläger tatsächlich um den Designer gehandelt, der zum damaligen Zeitpunkt bei den Zeitungen bzw. für sie gearbeitet habe, so sei in den Zeitungen lediglich der Name des Designers vermerkt. Es sei nicht nachvollziehbar, weshalb den Kläger deshalb fremde, ihm völlig unbekannte Personen auf der Straße ansprechen und wegen seiner Tätigkeit bedrohen sollten. Auf entsprechenden Vorhalt habe er sein Vorbringen dahin gesteigert, er habe sein Bild und seine Telefonnummer ins Internet gestellt. Der Kläger habe nicht überzeugen können, dass es sich beim Vorbringen um einen Tatsachenvortrag handele, er vor der Ausreiseverfolgung asylerheblicher Intensität ausgesetzt gewesen sei, sein Leben tatsächlich in Gefahr war und er sich in einer ausweglosen Lage befunden habe. Mangelnder Schutzwille und Schutzfähigkeit könne dem afghanischen Staat auch nicht unterstellt werden, wenn nicht einmal versucht werde, den Schutz des Staates in Anspruch zu nehmen. Aus diesen Gründen bestehe auch kein Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft. Der Antragsteller habe insoweit nicht glaubhaft machen können, dass ihm vor der Ausreise entsprechende Verfolgungsmaßnahmen durch nicht staatliche Akteure gedroht hätten.
Ebenso lägen keine Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 2 bis 7 AufenthG vor. Insbesondere läge weder ein innerstaatlicher bewaffneter Konflikt in der Region des Herkunftslands des Klägers vor. Der Kläger stamme aus Kabul, seine Familie wohne dort. Für den Kläger bestehe auch keine extreme Gefahrenlage für Leib oder Leben bei einer Rückkehr nach Kabul. Die von ihm geltend gemachten Gründe ließen eine konkrete individuelle Gefahr nicht ableiten. Es sei davon auszugehen, dass der Kläger als junger, gesunder und gebildeter Mann auch ohne große Hilfe von Verwandten in der Lage sein werde, sich nach der Rückkehr eine Existenzgrundlage zu schaffen und sich wieder in die afghanische Gesellschaft zu integrieren. Der Kläger habe dabei günstigere Ausgangsbedingungen als viele andere Rückkehrer.
Der Bescheid wurde am 17. Juli 2013 zugestellt.
Der Kläger hat am 25. Juli 2013 Klage beim Verwaltungsgericht München erhoben und beantragt zuletzt,
1. den Bescheid der Beklagten vom ... Juli 2013 in Ziffern 2 bis 4 aufzuheben,
2. die Beklagte zu verpflichten, dem Kläger internationalen Schutz als Flüchtling zuzuerkennen, hilfsweise, nationale Abschiebungshindernisse gemäß § 60 Abs. 5 oder 7 AufenthG festzustellen.
Zur Begründung wird ausgeführt, es sei unerheblich, dass der Kläger keine besondere Ausbildung für seine berufliche Tätigkeit habe. Es sei allerdings auch in Deutschland durchaus üblich, dass in diesem Bereich eine berufliche Tätigkeit ohne entsprechende akademische Qualifikation erfolge. Soweit der Bescheid vortrage, es sei nicht nachvollziehbar, weshalb dem Kläger deshalb fremde, ihm völlig unbekannte Personen auf der Straße ansprächen und ihn wegen seiner Tätigkeit bedrohen sollten, sei dies nicht schlüssig. Es sei Terrorakten immanent, dass eine Bedrohung durch Unbekannte erfolge. Ob die unbekannten Personen die Tätigkeit des Klägers aufgrund von Veröffentlichungen kannten oder es sich in der Nachbarschaft herumgesprochen habe, dass er für seine Zeitung arbeite, entziehe sich der Kenntnis des Klägers. Ergänzend wurde eine Bestätigung des Direktors der Computerabteilung der Zeitung ... in Ablichtung mit beglaubigter Übersetzung vorgelegt.
Der Rechtsstreit wurde mit Beschluss vom 19. November 2013 auf den Einzelrichter übertragen.
In der mündlichen Verhandlung vom 23. Januar 2014 wurde der Kläger informatorisch gehört. Er trug vor, er sei zwei bis drei Mal von Regierungsgegnern bzw. Mitgliedern der Taliban bedroht worden, wobei er die Personen nicht gekannt und auch nicht zuordnen habe können. Er habe aber angenommen, dass es sich um Mitglieder der Taliban handele, da diese die größte Gruppe von Regierungsgegnern seien. Es sei auch ein Mann geschickt worden, der ihn aufgehalten und ihm vorgeworfen habe, er arbeite für Ungläubige. Er würde damit sein Leben riskieren. Der Kläger gab weiter an, er habe als Grafikdesigner hauptsächlich die Zeitung gestaltet. Nebenbei habe er aber auch kleinere Artikel zu Literatur und Poesie geschrieben. Die angeführte Bedrohung habe etwa vier bis fünf Monate vor seiner Ausreise stattgefunden. Auf Vorhalt der vom Kläger vorgelegten Bestätigung des Direktors der Computerabteilung der Zeitung ..., dass er vom Jahr 2003 bis 23. Oktober 2010 als Computer-Angestellter beschäftigt gewesen sei, führte der Kläger aus: Es sei richtig, dass er bis zum 23. Oktober 2010 fest bei der Zeitung ... gearbeitet habe. Danach habe er aber freiberuflich weiter für diese sowie für andere Zeitschriften gearbeitet. In Afghanistan sei es an der Tagesordnung, dass Leute entführt würden. Es seien öfters schon Journalisten entführt und getötet worden. Er habe nicht nur Artikel im literarischen Bereich geschrieben, sondern auch Artikel über tagespolitische Themen sowie Explosionen oder habe über sonstige Ereignisse berichtet. Er sei freiberuflich noch für die Zeitung ... sowie für eine Zeitung namens ... tätig gewesen. Bei der Zeitung ... handele es sich um ein Wochenblatt, die aber zudem Tagesblätter herausgebe. Bei diesen Tagesblättern habe er im Bereich Sport und Feuilleton mitgearbeitet. Im politischen Bereich habe er ebenfalls selbst Berichte geschrieben. In einem vorgelegten Exemplar der Zeitung ... vom 23. Mai 2007 ist im Impressum der Name „...“ als Compose-Designer genannt, ebenso in einer Ausgabe vom 27. Juni 2007. Die Ausgabe vom 23. Mai 2007 ist mit „...“ überschrieben; es sind dort neben Texten auch bunte Bilder von Schauspielern abgedruckt. Bei der Ausgabe vom 27. Juni 2007 handelt es sich um eine Sportausgabe.
Der in der mündlichen Verhandlung als Zeuge vernommene Bruder des Klägers gab an, sein Bruder habe bei der Zeitung ... gearbeitet und auch bei anderen Zeitungen. Sein Bruder sei bedroht worden; ihm sei vorgeworfen worden, er veröffentliche Sachen, mit denen sie nicht einverstanden waren. Wenn er weiter mache, würden sie ihn umbringen. Auf Frage zu Konkreterem führte der Zeuge aus, er könne nur sagen, was er mitbekommen habe. Er habe bis zu seiner Ausreise vier Jahre in ... gearbeitet. Wenn er von seiner Arbeitsstelle zurückgekommen sei, hätte er im selben Haus gelebt, sonst hätten sie telefonisch in Kontakt gestanden. An ein konkretes Ereignis, von dem ihm sein Bruder erzählt habe, könne er sich nicht erinnern. Sein Bruder sei aber auch als Familienmitglied des für ausländische Kräfte tätigen Bruders (des Zeugen) gefährdet.
Der Klägerbevollmächtigte hat innerhalb nachgelassener Schriftsatzfrist mit Schreiben vom 31. Januar 2014 weiteres ausgeführt. Nach den Ausführungen des Klägers sowie des Zeugen stehe fest, dass der Kläger in Afghanistan von fundamentalistischen Kräften bedroht worden sei. Er habe glaubhaft dargelegt, dass er für diverse unislamische, liberale Zeitungen bzw. Zeitschriften gearbeitet habe. Die geschilderte Bedrohung habe durch den Zeugen zumindest vom Hörensagen bestätigt werden können. Der Zeuge habe die Gefährdungssituationen im Heimatland für den Kläger geschildert. Auch wenn sich der Zeuge an kein konkretes Ereignis erinnern könne, habe er doch die Mitteilung seines Bruders bestätigen können, dass dieser von fundamentalistischen Kräften bedroht worden sei. Der Zeuge habe zudem glaubhaft geschildert, dass sein Bruder nicht nur wegen dessen Tätigkeit als Mitarbeiter einer Zeitung oder Zeitschrift gefährdet gewesen sei, sondern auch aufgrund der Tatsache, dass der Zeuge als Bruder selbst bei den ausländischen Truppen als Dolmetscher tätig gewesen sei. Damit lägen die Voraussetzungen des §§ 3 AsylVfG vor. Der afghanische Staat sei nicht in der Lage, Schutz vor nicht staatlichen Akteuren zu gewährleisten. Jedenfalls lägen die Voraussetzungen des § 4 Abs. 1 Nr. 2 und 3 AsylVfG vor. Zwar könne nicht davon ausgegangen werden, dass jede Zivilperson, die aus Kabul stamme und dorthin zurückgehe, einer ernsthaften individuellen Bedrohung ausgesetzt sei. Vorliegend sei allerdings zu beachten, dass beim Kläger gefahrerhöhende Umstände vorlägen. Aufgrund seiner Tätigkeit für liberale Zeitungen und Zeitschriften sowie der Tatsache, dass sein Bruder für die internationalen Streitkräfte gearbeitet und gedolmetscht habe, sowie der Tatsache, dass der Kläger bereits bedroht worden sei, lägen persönliche Umstände vor, die dem Kläger von allgemeiner, ungezielter Gewalt stärker betroffen erscheinen ließen.
Jedenfalls lägen die Voraussetzungen des § 60 Abs. 5, Abs. 7 Satz 1 AufenthG vor.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichts- und die beigezogene Verfahrensakte Bezug genommen.
Gründe
1. Über den Rechtstreit konnte nach § 102 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 23. Januar 2014 entschieden werden, obwohl die Beklagte nicht erschienen ist. Die Beklagte wurde form- und fristgerecht sowie unter dem Hinweis geladen, dass eine Entscheidung auch bei Nichterscheinen eines Beteiligten ergehen kann.
2. Die zulässige Klage bleibt in der Sache ohne Erfolg. Der in Nrn. 2 bis 4 angefochtene Bescheid des Bundesamts vom ... Juli 2013 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Der Kläger hat weder Anspruch auf Flüchtlingsschutz nach § 60 Abs. 1 AufenthG, § 3 AsylVfG, noch genießt er subsidiären europäischen Schutz nach § 4 Abs. 1 AsylVfG oder nationalen Abschiebungsschutz nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG.
2.1 Der Kläger ist nicht Flüchtling im Sinne des § 3 Abs. 1 AsylVfG in der seit 1. Dezember 2013 geltenden Fassung des Richtlinien-Umsetzungsgesetzes vom 28. August 2013 (BGBl 2013 I S. 3474).
Im Zuge der Umsetzung der RL 2011/95/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Dezember 2011 (ABl Nr. L 337 S. 9; nachfolgend EU-Flüchtlingsschutz-RL), die die vorausgehende sog. Qualifikationsrichtlinie RL 2004/83/EG (ABl EG Nr. L 304 S. 12; ber. ABl EG 2005 Nr. L 204 S. 24) ablöst, wurde die bisherige Normierung in § 60 Abs. 1, Abs. 2, Abs. 3, Abs. 7 Satz 2 AufenthG, die die Flüchtlingsanerkennung auf der Grundlage der Genfer Flüchtlingskonvention und den europarechtlichen Abschiebeschutz (nunmehr insgesamt als internationaler Schutz bezeichnet) betraf, in das Asylverfahrensgesetz transferiert. Die EU-Flüchtlingsschutz-RL präzisiert eine Reihe von Regelungen und führt zu Statusverbesserungen für international subsidiär Schutzberechtigte (§ 1 Abs. 1 Nr. 2 Alt. 2, § 4 AsylVfG) ohne inhaltliche Änderung in Betreff der Zuerkennungsvoraussetzungen internationalen Schutzes (vgl. Gesetzentwurf BTDrs 17/13063). Über die Umsetzung in den §§ 3 ff. AsylVfG im Einzelnen hinaus ist die RL 2011/95/EU zum Inhalt des zu gewährenden Schutzes ergänzend anzuwenden.
Nach § 3 Abs. 1 AsylVfG ist ein Ausländer Flüchtling im Sinne des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge vom 28. Juli 1951 (Genfer Flüchtlingskonvention - GK-, BGBl 1953 II S. 559), wenn er sich aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe außerhalb des Landes (Herkunftsland) befindet, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt und dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will oder in dem er als Staatenloser seinen vorherigen gewöhnlichen Aufenthalt hatte und in das er nicht zurückkehren kann oder wegen dieser Furcht nicht zurückkehren will. Der Flüchtlingsbegriff des § 3 AsylVfG wurde damit im Wortlaut der in Art. 1 Abschnitt A GK und der in der EU-Flüchtlingsschutz-RL enthaltenen Flüchtlingsdefinition angepasst.
Als Verfolgung im Sinne des § 3 Abs. 1 Nr. 1 AsylVfG, des Art. 1 Abschnitt A GK und des Art. 9 der Richtlinie 2011/95/EU gelten Handlungen, die aufgrund ihrer Art oder Wiederholung so gravierend sind, dass sie eine schwerwiegende Verletzung der grundlegenden Menschenrechte darstellen, insbesondere der Rechte, von denen gemäß Art. 15 Abs. 2 der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl 1952 II S. 685, 953 - EMRK) keine Abweichung zulässig ist (§ 3a Abs. 1 Nr. 1 AsylVfG; Art. 9 Abs. 1 Buchst. a EU-Flüchtlingsschutz-RL) oder in einer Kumulierung unterschiedlicher Maßnahmen, einschließlich einer Verletzung der Menschenrechte, bestehen, die so gravierend ist, dass eine Person davon in ähnlicher wie der in Nummer 1 beschriebenen Weise betroffen ist (§ 3a Abs. 1 Nr. 2 AsylVfG; Art. 9 Abs. 1 Buchst. b EU-Flüchtlingsschutz-RL). Als Verfolgung können unter anderem die Anwendung psychischer oder physischer Gewalt, einschließlich sexueller Gewalt, sowie Handlungen gelten, die an die Geschlechtszugehörigkeit anknüpfen (§ 3a Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 6 AsylVfG).
Für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft muss zwischen den Verfolgungsgründen (§ 3 Abs. 1 Nr. 1 AsylVfG i. V. m. § 3b AsylVfG) und den als Verfolgung eingestuften Handlungen oder dem Fehlen von Schutz vor solchen Handlungen eine Verknüpfung bestehen (§ 3a Abs. 3 AsylVfG; Art. 9 Abs. 3 EU-Flüchtlingsschutz-RL).
Nach § 3c AsylVfG (entsprechend Art. 6 EU-Flüchtlingsschutz-RL) kann Verfolgung ausgehen von (1) dem Staat, (2) Parteien oder Organisationen, die den Staat oder wesentliche Teile des Staatsgebiets beherrschen, oder (3) nichtstaatlichen Akteuren, sofern die unter den Nummern 1 und 2 genannten Akteure einschließlich internationaler Organisationen erwiesenermaßen nicht in der Lage oder nicht willens sind, im Sinne des § 3d AsylVfG Schutz vor der Verfolgung zu bieten, und dies unabhängig davon, ob in dem Land eine staatliche Herrschaftsmacht vorhanden ist oder nicht. In allen drei Fällen ist aber eine Verfolgung in diesem Sinn ausgeschlossen, wenn eine innerstaatliche Fluchtalternative besteht, § 3e AsylVfG.
Ausgehend von diesen rechtlichen Vorgaben ist es stets Sache des Schutzsuchenden, seine Gründe für eine Verfolgung in schlüssiger Form vorzutragen. Er hat unter Angabe genauer Einzelheiten einen in sich stimmigen Sachverhalt zu schildern, aus dem sich bei Wahrunterstellung ergibt, dass bei verständiger Würdigung seine Furcht vor Verfolgung begründet ist, so dass ihm nicht zuzumuten ist, im Herkunftsland zu verbleiben oder dorthin zurückzukehren. Wegen des sachtypischen Beweisnotstands, in dem sich Flüchtlinge insbesondere im Hinblick auf asylbegründende Vorgänge im Verfolgerland vielfach befinden, genügt für diese Vorgänge in der Regel eine Glaubhaftmachung. Voraussetzung für ein glaubhaftes Vorbringen ist allerdings ein detaillierter und in sich schlüssiger Vortrag ohne wesentliche Widersprüche und Steigerungen.
Dabei privilegiert Art. 4 Abs. 4 EU-Flüchtlingsschutz-RL vorverfolgt Ausgereiste im Rahmen einer Beweiserleichterung. Für denjenigen, der bereits Verfolgung bzw. einen ernsthaften Schaden im Herkunftsland erlitten hat, streitet die tatsächliche Vermutung, dass sich frühere Handlungen und Bedrohungen bei einer Rückkehr dorthin wiederholen werden. Die Vorschrift misst den in der Vergangenheit liegenden Umständen Beweiskraft für ihre Wiederholung in der Zukunft bei (vgl. EuGH, U. v. 2.3.2010 - Salahadin Abdulla - C-175/08
Unter Zugrundelegung dieser Maßgaben ist der Kläger zur Überzeugung des Gerichts nicht als Flüchtling anzusehen. Er unterliegt weder einer besonderen Gefährdung durch nichtstaatliche Gruppierungen aufgrund seiner vorgetragenen früheren Tätigkeit für Zeitungen, noch aufgrund einer Tätigkeit seines Bruders als Dolmetscher für ausländische Streitkräfte.
Grundlegend ist mit dem Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der islamischen Republik Afghanistan vom 4. Juni 2013 des Auswärtigen Amts davon auszugehen, dass Journalisten zahlreichen Einschüchterungen und gewalttätigen Übergriffen bis hin zu gezielten Ermordungen ausgesetzt sind (Nr. 1.2.3. des Berichts). Im vorliegenden Fall hat der Kläger - selbst unterstellt, er sei Journalist - nichts vorgetragen, was eine gegenüber der Allgemein höhere Gefährdung seiner Person dartun würde.
Zunächst lässt sich nach dem eigenen Vortrag des Klägers schon nicht zweifelsfrei nachvollziehen, dass er überhaupt selbst journalistisch, also mit Verfassen von Artikel und Beiträgen für Zeitschriften oder andere Medien, gearbeitet hat. So hat der Kläger bei der Anhörung vor dem Bundesamt am 3. Juni 2013 angegeben, als Computer-Designer bei den Zeitungen bis etwa 8. oder 9. Monat 2011 gearbeitet zu haben. Außerdem habe er etwas geschrieben, habe Märchen geschrieben und etwa 35 Lieder unterschiedlicher Art, die auch veröffentlicht worden seien.
In der mündlichen Verhandlung hat der Kläger auf Nachfrage bestätigt, dass er als Grafikdesigner hauptsächlich die Zeitung gestaltet habe. Hierzu legte er zwei Ausgaben der Zeitung ... vom 23. Mai und 27. Juni 2007 vor. In diesen Ausgaben ist der Name „...“ als Compose-Designer genannt. Auf eine journalistische Tätigkeit lässt dies gerade nicht schließen.
Der Kläger hat in der mündlichen Verhandlung gegenüber dem Gericht erst auf Nachfrage angegeben, nebenbei auch kleinere Artikel zur Literatur und Poesie geschrieben zu haben. Im weiteren Verlauf der mündlichen Verhandlung vertiefte der Kläger dann, er habe nicht nur Artikel im literarischen Bereich geschrieben, sondern auch Artikel über tagespolitische Themen sowie Explosionen oder habe über sonstige Ereignisse berichtet.
Soweit der Kläger eine Tätigkeit als Grafikdesigner angibt und hierzu auch eine Bestätigung des Direktors der Zeitung ... vorlegt, nach welcher der Kläger von 2003 bis 23. Oktober 2010 als Computerangestellter bei der Zeitung gearbeitet habe (Bl. 22 der Gerichtsakte), ist dies nachvollziehbar. Dem Kläger kann aber nicht darin gefolgt werden, er habe auch journalistisch gearbeitet. Insoweit liegt ein nach und nach gesteigertes Vorbringen des Klägers vor. Während er bei der ersten Anhörung vor dem Bundesamt zunächst noch erklärt hatte, er habe Märchen und Lieder geschrieben, hat er in der mündlichen Verhandlung dies zunächst dahin ergänzt, er habe auch kleinere Artikel zu Literatur und Poesie geschrieben, und erst im weiteren Verlauf der mündlichen Verhandlung zusätzlich angegeben, auch Artikel über tagespolitische Themen oder sonstige Ereignisse verfasst zu haben, bleibt dies unglaubwürdig. Erst aufgrund der richterlichen Vorhaltung, eine Bedrohungssituation sei nicht glaubhaft, soweit er nur als Grafikdesigner oder mit dem Verfassen von Poesie tätig war, ergänzte der Kläger seinen Vortrag dahin, auch politische Artikel verfasst zu haben.
Im Übrigen, selbst wenn man eine eigentliche journalistische Tätigkeit des Klägers in der Vergangenheit nicht ausschließen wollte, fehlt jedoch deren zeitliche Konnexität zu aktuellen Verfolgungen. Nachvollziehbar ist eine Tätigkeit des Klägers allenfalls bis zum 23. Oktober 2010. Die von ihm selbst vorgelegte Bestätigung nennt diesen Zeitpunkt als Beendigung der Tätigkeit des Klägers als Computerangestellter bei der Zeitung ... Die beiden vom Kläger vorgelegten Ausgaben der Zeitung ... datieren noch früher vom 23. Mai und 27. Juni 2007. Dass der Kläger auch später noch für Zeitungen gearbeitet haben sollte, ist nicht glaubhaft. Nachdem der Kläger immerhin frühere Ausgaben aus dem Jahr 2007 vorlegen konnte, ist dem Gericht nicht nachvollziehbar, warum er dann nicht spätere und wesentlich zeitnähere von ihm verfasste Artikel hätte vorlegen können. Nachdem es dem Kläger möglich war, eine Bestätigung der Zeitung ... vom 27. Juli 2013 zu seiner dort bis 23. Oktober 2010 dauernde Tätigkeit vorzulegen, hätte es ihm genauso möglich sein müssen, entsprechende Bestätigungen für eine aktuellere Tätigkeit vorzulegen.
Zusammenfassend geht das Gericht deshalb davon aus, dass der Kläger zum Einen wohl schon nicht journalistisch tätig war, zum Anderen aber eine journalistische Tätigkeit bereits länger zurückliegen müsste, so dass hieraus keine aktuelle Bedrohungssituation festzustellen ist. Zudem sind auch die Angaben des Klägers, er sei von den Taliban wegen journalistischer Tätigkeiten bedroht worden, nicht weiter nachvollziehbar. Er hat hierzu bei der Anhörung vor dem Bundesamt nicht weiter substantiiert angegeben, er sei von Taliban und sonstigen Gegnern der afghanischen Regierung mehrmals bedroht worden. Er sei vier bis fünf Monate vor seiner Ausreise von Leuten auf dem Weg angehalten und bedroht worden. Woher ihn diese Personen, die er selbst nicht kannte, als Journalist hätten erkennen können, konnte der Kläger nicht nachvollziehbar angeben. Auch in der mündlichen Verhandlung hat der Kläger lediglich angegeben, er sei zwei bis drei Mal von Regierungsgegnern bzw. Mitgliedern der Taliban bedroht worden. Er habe diese Personen nicht persönlich gekannt und auch nicht zuordnen können. Er habe aber angenommen, dass es sich um Mitglieder der Taliban handele, da diese die größte Gruppe von Regierungsgegnern seien. Es sei ein Mann geschickt worden, der ihn aufgehalten und ihm vorgeworfen habe, er arbeite für Ungläubige; er würde damit sein Leben riskieren. All dies wirkt wenig substanziell und nachvollziehbar. Auch der als Zeuge vernommene Bruder des Klägers gab lediglich an, sie seien alle Bedrohungen ausgesetzt gewesen, da ihre Berufe der Taliban nicht gefielen. Die Regierungsgegner seien nicht damit einverstanden gewesen, dass Sachen veröffentlich würden, die ihrem Glauben entgegenstünden. Sein Bruder sei bedroht worden, ihm sei vorgeworfen worden, er veröffentliche Sachen, mit denen sie nicht einverstanden gewesen seien und würden ihn deshalb bei Weitermachen umbringen. Auf weitere Frage des Gerichts zu konkreteren Ereignissen führte der Zeuge lediglich aus, er könne nur sagen, was er mitbekommen habe. Er habe bis zu seiner Ausreise vier Jahre lang in ... gearbeitet. Was er im Gespräch mit seinem Bruder mitbekommen habe, habe er erzählt. An ein konkretes Ereignis, von dem ihm sein Bruder erzählt habe, könne er sich nicht mehr erinnern. Insoweit konnte auch der Bruder des Klägers als Zeuge vom Hörensagen nichts Näheres angeben, was der Bedrohungsschilderung des Klägers zur Glaubwürdigkeit verhelfen würde. Nachdem die Brüder nach Aussage des Zeugen trotz seiner überwiegenden Abwesenheit insbesondere telefonisch Kontakt hatten, läge es auf der Hand, dass der Kläger seinen Bruder derartig konkrete Bedrohungen zeitnah und lebendig geschildert hätte. An derartiges konnte sich der Zeuge jedoch nicht erinnern.
Auch aus der vorgetragenen Tätigkeit des Bruders des Klägers als Dolmetscher für ausländische Streitkräfte lässt sich keine besondere Bedrohungssituation für den Kläger selbst ableiten. Eine derartige Tätigkeit des Bruders des Klägers unterstellt, wäre zwar der Bruder möglicherweise latent gefährdet. Hieraus lässt sich aber keine entsprechende Gefährdung des Klägers selbst alleine aufgrund seiner familiären Verbindungen ableiten. Hierzu wurde auch weder vom Kläger noch von dessen Bruder als Zeuge substanzielles vorgetragen, was eine weitere Aufklärung durch das Gericht erforderlich machen würde.
2.2 Dem Kläger steht auch kein subsidiärer Schutz nach § 60 Abs. 2 und 3 AufenthG, § 4 AsylVfG zu.
Nach § 4 Abs. 1 AsylVfG ist ein Ausländer subsidiär Schutzberechtigter, wenn er stichhaltige Gründe für die Annahme vorgebracht hat, dass ihm in seinem Herkunftsland ein ernsthafter Schaden droht. Als ernsthafter Schaden gelten dabei die Verhängung oder Vollstreckung der Todesstrafe, Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung oder eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit einer Zivilperson in Folge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts.
Diese Voraussetzungen, wonach ein ernsthafter Schaden drohen würde, liegen nicht vor. Insbesondere geht das Gericht in Übereinstimmung mit der neueren Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs davon aus, dass afghanische Staatsangehörige bei einer Rückkehr nach Kabul oder in die Zentralregion nach derzeitiger Sicherheitslage im Allgemeinen keiner erheblichen individuellen Gefahr für Leib oder Leben infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts nach § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG a. F. bzw. § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AsylVfG ausgesetzt sind (vgl. BayVGH, B. v. 25.11.2013 - 13a ZB 13.30323 - juris Rn. 5; U. v. 20.1.2012 - 13a B 11.30425 - juris Rn. 13, 16).
2.3 Auch nationale Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und Abs. 7 AufenthG sind nicht festzustellen.
Nach § 60 Abs. 5 AufenthG darf ein Ausländer nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK - BGBl 1952 II 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist. Über diese Norm werden die Schutzregeln der EMRK in innerstaatliches Recht eingeführt. Sowohl aus Systematik als auch Entstehungsgeschichte folgt jedoch, dass es insoweit nur um zielstaatsbezogenen Abschiebungsschutz geht (vgl. BVerwG, U. v. 11.11.1997 - 9 C 13/96 - BVerwGE 105, 322). Es ist nicht ersichtlich, in Bezug auf welches Menschenrecht der EMRK sich hier ein Abschiebungsverbot gemäß § 60 Abs. 5 AufenthG ergeben sollte.
Nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG soll von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist im Einzelfall Ausländern, die zwar einer gefährdeten Gruppe im Sinne des § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG angehören, für welche aber ein Abschiebestopp nach § 60a Abs. 1 AufenthG oder eine andere Regelung, die vergleichbaren Schutz gewährleistet, nicht besteht, ausnahmsweise Schutz vor der Durchführung der Abschiebung in verfassungskonformer Handhabung des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG zuzusprechen, wenn die Abschiebung wegen einer extremen Gefahrenlage im Zielstaat Verfassungsrecht verletzen würde. Dies ist der Fall, wenn der Ausländer gleichsam sehenden Auges dem sicheren Tod oder schwersten Verletzungen ausgeliefert würde (st. Rspr. des Bundesverwaltungsgerichts, vgl. insbesondere U. v. 17.10.1995 - 9 C 9/95 - BVerwGE 99, 324; U. v. 19.11.1996 - 1 C 6/95 - BVerwGE 102, 249; U. v. 8.12.1998 - 9 C 4/98 - BVerwGE 108, 77; U. v. 12.7.2001 - 1 C 2/01 - BVerwGE 114, 379; B. v. 8.4.2002 - 1 B 71/02 - Buchholz 402.240 § 53 AuslG Nr. 59). Nur dann gebieten die Grundrechte aus Art. 1 Abs. 1 und Art. 2 Abs. 2 GG - als Ausdruck eines menschenrechtlichen Mindeststandards -, jedem betroffenen Ausländer trotz Fehlens einer Ermessensentscheidung nach § 60 Abs. 7 Satz 2, § 60a Abs. 1 AufenthG Abschiebungsschutz nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG zu gewähren. Diese Grundsätze über die Sperrwirkung bei allgemeinen Gefahren und die Voraussetzungen für eine ausnahmsweise verfassungskonforme Anwendung in den Fällen, in denen dem Betroffenen im Abschiebezielstaat eine extrem zugespitzte Gefahr droht, sind auch für die Rechtslage nach dem Inkrafttreten des Aufenthaltsgesetzes maßgeblich (BVerwG, B. v. 23.8.2006 - 1 BN 60/06 - Buchholz 402.242 § 60 Abs. 2 ff. AufenthG Nr. 19).
Wann allgemeine Gefahren von Verfassung wegen zu einem Abschiebungsverbot führen, hängt wesentlich von den Umständen des Einzelfalls ab und entzieht sich einer rein quantitativen oder statistischen Betrachtung. Die drohenden Gefahren müssen jedoch nach Art, Ausmaß und Intensität von einem solchen Gewicht sein, dass sich daraus bei objektiver Betrachtung für den Ausländer die begründete Furcht ableiten lässt, selbst in erheblicher Weise ein Opfer der extremen allgemeinen Gefahrenlage zu werden. Bezüglich der Wahrscheinlichkeit des Eintritts der drohenden Gefahren ist von einem im Vergleich zum Prognosemaßstab der beachtlichen Wahrscheinlichkeit erhöhten Maßstab auszugehen. Diese Gefahren müssen dem Ausländer daher mit hoher Wahrscheinlichkeit drohen. Dieser Wahrscheinlichkeitsgrad markiert die Grenze, ab der seine Abschiebung in den Heimatstaat verfassungsrechtlich unzumutbar erscheint. Auch müssen sich die Gefahren alsbald nach der Rückkehr realisieren. Das bedeutet nicht, dass im Falle der Abschiebung der Tod oder schwerste Verletzungen sofort gewissermaßen noch am Tag der Abschiebung eintreten müssen. Vielmehr besteht eine extreme Gefahrenlage beispielsweise auch dann, wenn der Ausländer mangels jeglicher Lebensgrundlage dem baldigen sicheren Hungertod ausgeliefert werden würde (vgl. BVerwG, U. v. 29.6.2010 - 10 C 10/09 - NVwZ 2011, 48).
Nach sämtlichen Auskünften und Erkenntnismitteln ist die Versorgungslage in Afghanistan schlecht. So weist der aktuelle Lagebericht des Auswärtigen Amtes (Stand: März 2013) darauf hin, dass der Staat zu den ärmsten Ländern der Welt gehört. Die Grundversorgung sei für große Teile der Bevölkerung eine tägliche Herausforderung. Für Rückkehrer gelte dies naturgemäß verstärkt. Eine hohe Arbeitslosigkeit werde verstärkt durch vielfältige Naturkatastrophen. Das World Food Programme reagiere das ganze Jahr hindurch auf Krisen bzw. Notsituationen wie Dürre, Überschwemmungen oder extremen Kälteeinbruch. Auch der Norden - eigentlich die „Kornkammer“ - des Landes sei extremen Natureinflüssen ausgesetzt. Die aus Konflikt und chronischer Unterentwicklung resultierenden Folgeerscheinungen im Süden und Osten hätten zur Folge, dass ca. 1 Mio. oder 29,5% aller Kinder als akut unterernährt gelten.
Die medizinische Versorgung beschreibt der Lagebericht aufgrund ungenügender Verfügbarkeit von Medikamenten, Ärzten und qualifizierten Assistenzpersonals, vor allem Hebammen, sowie mangelhafter Ausstattung der Kliniken noch immer als unzureichend.
Auch Dr. Mostafa Danesch verweist in seinem Gutachten an den Hessischen Verwaltungsgerichtshof vom 7. Oktober 2010 u. a. darauf, dass 36% der Afghanen in absoluter Armut lebten. Das durchschnittliche Monatseinkommen in Afghanistan betrage 35 Dollar. Die Lebensverhältnisse in Afghanistan seien inzwischen so dramatisch, dass ein alleinstehender Rückkehrer keinerlei Aussicht hätte, sich aus eigener Kraft eine Existenz zu schaffen. Auch betrage die Arbeitslosenquote in Kabul schätzungsweise 60%. Das einzige „soziale Netz“ sei die Großfamilie und/oder der Freundeskreis. Bereits in früheren Auskünften (etwa vom 21.8.2008 und vom 3.12.2008) hatte Dr. Danesch die Versorgungslage in Afghanistan und insbesondere in Kabul als katastrophal bezeichnet. Amnesty International weist in seinen Stellungnahmen vom 20. Dezember 2010 an den Hessischen Verwaltungsgerichtshof und vom 29. September 2009 an den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof ebenfalls darauf hin, dass sich die schon in den letzten Jahren hoch problematische Versorgungslage in Afghanistan noch weiter verschlechtert habe. Eines der dringenden Probleme sei heute bedingt durch eine andauernde Dürre die Nahrungsmittelversorgung. Die Lebensmittelpreise hätten sich entsprechend vervielfacht. Nichtregierungsorganisationen und andere internationale Organisationen würden durch die zunehmenden Anschläge in ihrer humanitären Arbeit noch stärker eingeschränkt als bisher. Auch in Kabul verschlechtere sich die ohnehin verheerende humanitäre Situation weiter, die vor allem durch den rasanten Bevölkerungsanstieg und die kriegsbeschädigte Infrastruktur bedingt sei. Es herrsche akute Wohnungsnot. Der Großteil der Einwohner von Kabul lebe in slumähnlichen Wohnverhältnissen. Es fehlten sanitäre Einrichtungen und vor allem die Trinkwasserversorgung sei sehr schlecht.
Trotz der teilweise äußerst schlechten Sicherheits- und Versorgungslage kann allerdings nicht mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit davon ausgegangen werden, dass jeder Rückkehrer aus Europa den Tod oder schwerste Gesundheitsschäden bei einer Rückführung nach Kabul erleiden müsste (st. Rspr. des BayVGH, s. etwa U. v. 1.3.2013 - 13a B 10.30394 - juris Rn. 18; U. v. 15.3.2013 - 13a B 12.30292 - juris Rn. 35).
In der Rechtsprechung ist zwischenzeitlich geklärt, dass für aus dem europäischen Ausland zurückkehrende afghanische Staatsangehörige angesichts der aktuellen Auskunftslage im Allgemeinen derzeit nicht von einer extremen Gefahrenlage auszugehen ist, die zu einem Abschiebungsverbot in entsprechender Anwendung von § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG führen würde. Vielmehr ist davon auszugehen, dass ein arbeitsfähiger, gesunder junger Mann, der mangels familiärer Bindungen keine Unterhaltslasten zu tragen hat, regelmäßig auch ohne nennenswertes Vermögen im Fall einer zwangsweisen Rückführung in sein Heimatland Afghanistan in der Lage wäre, durch Gelegenheitsarbeiten in seiner Heimatregion oder in Kabul ein kleines Einkommen zu erzielen und damit wenigstens ein Leben am Rande des Existenzminimums zu bestreiten (BayVGH, B. v. 3.7.2013 - 13 A ZB 13.30164 - juris Rn. 4; vgl. auch OVG RhPf, U. v. 21.3.2012 - 8 A 11050/10 - juris Rn. 43 ff.).
Damit ist die Klage abzuweisen.
3. Kosten: § 154 Abs. 1 VwGO.
4. Vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung: § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 ff. ZPO.
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(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.
(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.
(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.
(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.
(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.
(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.
(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.
(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.
(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.
(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.
(11) (weggefallen)
(1) Sobald der Termin zur mündlichen Verhandlung bestimmt ist, sind die Beteiligten mit einer Ladungsfrist von mindestens zwei Wochen, bei dem Bundesverwaltungsgericht von mindestens vier Wochen, zu laden. In dringenden Fällen kann der Vorsitzende die Frist abkürzen.
(2) Bei der Ladung ist darauf hinzuweisen, daß beim Ausbleiben eines Beteiligten auch ohne ihn verhandelt und entschieden werden kann.
(3) Die Gerichte der Verwaltungsgerichtsbarkeit können Sitzungen auch außerhalb des Gerichtssitzes abhalten, wenn dies zur sachdienlichen Erledigung notwendig ist.
(4) § 227 Abs. 3 Satz 1 der Zivilprozeßordnung ist nicht anzuwenden.
(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.
(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.
(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.
(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.
(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.
(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.
(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.
(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.
(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.
(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.
(11) (weggefallen)
(1) Die oberste Landesbehörde kann aus völkerrechtlichen oder humanitären Gründen oder zur Wahrung politischer Interessen der Bundesrepublik Deutschland anordnen, dass die Abschiebung von Ausländern aus bestimmten Staaten oder von in sonstiger Weise bestimmten Ausländergruppen allgemein oder in bestimmte Staaten für längstens drei Monate ausgesetzt wird. Für einen Zeitraum von länger als sechs Monaten gilt § 23 Abs. 1.
(2) Die Abschiebung eines Ausländers ist auszusetzen, solange die Abschiebung aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen unmöglich ist und keine Aufenthaltserlaubnis erteilt wird. Die Abschiebung eines Ausländers ist auch auszusetzen, wenn seine vorübergehende Anwesenheit im Bundesgebiet für ein Strafverfahren wegen eines Verbrechens von der Staatsanwaltschaft oder dem Strafgericht für sachgerecht erachtet wird, weil ohne seine Angaben die Erforschung des Sachverhalts erschwert wäre. Einem Ausländer kann eine Duldung erteilt werden, wenn dringende humanitäre oder persönliche Gründe oder erhebliche öffentliche Interessen seine vorübergehende weitere Anwesenheit im Bundesgebiet erfordern. Soweit die Beurkundung der Anerkennung einer Vaterschaft oder der Zustimmung der Mutter für die Durchführung eines Verfahrens nach § 85a ausgesetzt wird, wird die Abschiebung des ausländischen Anerkennenden, der ausländischen Mutter oder des ausländischen Kindes ausgesetzt, solange das Verfahren nach § 85a nicht durch vollziehbare Entscheidung abgeschlossen ist.
(2a) Die Abschiebung eines Ausländers wird für eine Woche ausgesetzt, wenn seine Zurückschiebung oder Abschiebung gescheitert ist, Abschiebungshaft nicht angeordnet wird und die Bundesrepublik Deutschland auf Grund einer Rechtsvorschrift, insbesondere des Artikels 6 Abs. 1 der Richtlinie 2003/110/EG des Rates vom 25. November 2003 über die Unterstützung bei der Durchbeförderung im Rahmen von Rückführungsmaßnahmen auf dem Luftweg (ABl. EU Nr. L 321 S. 26), zu seiner Rückübernahme verpflichtet ist. Die Aussetzung darf nicht nach Satz 1 verlängert werden. Die Einreise des Ausländers ist zuzulassen.
(2b) Solange ein Ausländer, der eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25a Absatz 1 besitzt, minderjährig ist, soll die Abschiebung seiner Eltern oder eines allein personensorgeberechtigten Elternteils sowie der minderjährigen Kinder, die mit den Eltern oder dem allein personensorgeberechtigten Elternteil in familiärer Lebensgemeinschaft leben, ausgesetzt werden.
(2c) Es wird vermutet, dass der Abschiebung gesundheitliche Gründe nicht entgegenstehen. Der Ausländer muss eine Erkrankung, die die Abschiebung beeinträchtigen kann, durch eine qualifizierte ärztliche Bescheinigung glaubhaft machen. Diese ärztliche Bescheinigung soll insbesondere die tatsächlichen Umstände, auf deren Grundlage eine fachliche Beurteilung erfolgt ist, die Methode der Tatsachenerhebung, die fachlich-medizinische Beurteilung des Krankheitsbildes (Diagnose), den Schweregrad der Erkrankung, den lateinischen Namen oder die Klassifizierung der Erkrankung nach ICD 10 sowie die Folgen, die sich nach ärztlicher Beurteilung aus der krankheitsbedingten Situation voraussichtlich ergeben, enthalten. Zur Behandlung der Erkrankung erforderliche Medikamente müssen mit der Angabe ihrer Wirkstoffe und diese mit ihrer international gebräuchlichen Bezeichnung aufgeführt sein.
(2d) Der Ausländer ist verpflichtet, der zuständigen Behörde die ärztliche Bescheinigung nach Absatz 2c unverzüglich vorzulegen. Verletzt der Ausländer die Pflicht zur unverzüglichen Vorlage einer solchen ärztlichen Bescheinigung, darf die zuständige Behörde das Vorbringen des Ausländers zu seiner Erkrankung nicht berücksichtigen, es sei denn, der Ausländer war unverschuldet an der Einholung einer solchen Bescheinigung gehindert oder es liegen anderweitig tatsächliche Anhaltspunkte für das Vorliegen einer lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankung, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würde, vor. Legt der Ausländer eine Bescheinigung vor und ordnet die Behörde daraufhin eine ärztliche Untersuchung an, ist die Behörde berechtigt, die vorgetragene Erkrankung nicht zu berücksichtigen, wenn der Ausländer der Anordnung ohne zureichenden Grund nicht Folge leistet. Der Ausländer ist auf die Verpflichtungen und auf die Rechtsfolgen einer Verletzung dieser Verpflichtungen nach diesem Absatz hinzuweisen.
(3) Die Ausreisepflicht eines Ausländers, dessen Abschiebung ausgesetzt ist, bleibt unberührt.
(4) Über die Aussetzung der Abschiebung ist dem Ausländer eine Bescheinigung auszustellen.
(5) Die Aussetzung der Abschiebung erlischt mit der Ausreise des Ausländers. Sie wird widerrufen, wenn die der Abschiebung entgegenstehenden Gründe entfallen. Der Ausländer wird unverzüglich nach dem Erlöschen ohne erneute Androhung und Fristsetzung abgeschoben, es sei denn, die Aussetzung wird erneuert. Ist die Abschiebung länger als ein Jahr ausgesetzt, ist die durch Widerruf vorgesehene Abschiebung mindestens einen Monat vorher anzukündigen; die Ankündigung ist zu wiederholen, wenn die Aussetzung für mehr als ein Jahr erneuert wurde. Satz 4 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer die der Abschiebung entgegenstehenden Gründe durch vorsätzlich falsche Angaben oder durch eigene Täuschung über seine Identität oder Staatsangehörigkeit selbst herbeiführt oder zumutbare Anforderungen an die Mitwirkung bei der Beseitigung von Ausreisehindernissen nicht erfüllt.
(6) Einem Ausländer, der eine Duldung besitzt, darf die Ausübung einer Erwerbstätigkeit nicht erlaubt werden, wenn
- 1.
er sich in das Inland begeben hat, um Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz zu erlangen, - 2.
aufenthaltsbeendende Maßnahmen bei ihm aus Gründen, die er selbst zu vertreten hat, nicht vollzogen werden können oder - 3.
er Staatsangehöriger eines sicheren Herkunftsstaates nach § 29a des Asylgesetzes ist und sein nach dem 31. August 2015 gestellter Asylantrag abgelehnt oder zurückgenommen wurde, es sei denn, die Rücknahme erfolgte auf Grund einer Beratung nach § 24 Absatz 1 des Asylgesetzes beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, oder ein Asylantrag nicht gestellt wurde.
(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.
(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.
(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.
(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.
(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.
(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.
(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.
(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.
(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.
(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.
(11) (weggefallen)
(1) Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.
(2) Das Deutsche Volk bekennt sich darum zu unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechten als Grundlage jeder menschlichen Gemeinschaft, des Friedens und der Gerechtigkeit in der Welt.
(3) Die nachfolgenden Grundrechte binden Gesetzgebung, vollziehende Gewalt und Rechtsprechung als unmittelbar geltendes Recht.
(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.
(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.
(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.
(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.
(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.
(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.
(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.
(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.
(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.
(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.
(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.
(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.
(11) (weggefallen)
(1) Die oberste Landesbehörde kann aus völkerrechtlichen oder humanitären Gründen oder zur Wahrung politischer Interessen der Bundesrepublik Deutschland anordnen, dass die Abschiebung von Ausländern aus bestimmten Staaten oder von in sonstiger Weise bestimmten Ausländergruppen allgemein oder in bestimmte Staaten für längstens drei Monate ausgesetzt wird. Für einen Zeitraum von länger als sechs Monaten gilt § 23 Abs. 1.
(2) Die Abschiebung eines Ausländers ist auszusetzen, solange die Abschiebung aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen unmöglich ist und keine Aufenthaltserlaubnis erteilt wird. Die Abschiebung eines Ausländers ist auch auszusetzen, wenn seine vorübergehende Anwesenheit im Bundesgebiet für ein Strafverfahren wegen eines Verbrechens von der Staatsanwaltschaft oder dem Strafgericht für sachgerecht erachtet wird, weil ohne seine Angaben die Erforschung des Sachverhalts erschwert wäre. Einem Ausländer kann eine Duldung erteilt werden, wenn dringende humanitäre oder persönliche Gründe oder erhebliche öffentliche Interessen seine vorübergehende weitere Anwesenheit im Bundesgebiet erfordern. Soweit die Beurkundung der Anerkennung einer Vaterschaft oder der Zustimmung der Mutter für die Durchführung eines Verfahrens nach § 85a ausgesetzt wird, wird die Abschiebung des ausländischen Anerkennenden, der ausländischen Mutter oder des ausländischen Kindes ausgesetzt, solange das Verfahren nach § 85a nicht durch vollziehbare Entscheidung abgeschlossen ist.
(2a) Die Abschiebung eines Ausländers wird für eine Woche ausgesetzt, wenn seine Zurückschiebung oder Abschiebung gescheitert ist, Abschiebungshaft nicht angeordnet wird und die Bundesrepublik Deutschland auf Grund einer Rechtsvorschrift, insbesondere des Artikels 6 Abs. 1 der Richtlinie 2003/110/EG des Rates vom 25. November 2003 über die Unterstützung bei der Durchbeförderung im Rahmen von Rückführungsmaßnahmen auf dem Luftweg (ABl. EU Nr. L 321 S. 26), zu seiner Rückübernahme verpflichtet ist. Die Aussetzung darf nicht nach Satz 1 verlängert werden. Die Einreise des Ausländers ist zuzulassen.
(2b) Solange ein Ausländer, der eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25a Absatz 1 besitzt, minderjährig ist, soll die Abschiebung seiner Eltern oder eines allein personensorgeberechtigten Elternteils sowie der minderjährigen Kinder, die mit den Eltern oder dem allein personensorgeberechtigten Elternteil in familiärer Lebensgemeinschaft leben, ausgesetzt werden.
(2c) Es wird vermutet, dass der Abschiebung gesundheitliche Gründe nicht entgegenstehen. Der Ausländer muss eine Erkrankung, die die Abschiebung beeinträchtigen kann, durch eine qualifizierte ärztliche Bescheinigung glaubhaft machen. Diese ärztliche Bescheinigung soll insbesondere die tatsächlichen Umstände, auf deren Grundlage eine fachliche Beurteilung erfolgt ist, die Methode der Tatsachenerhebung, die fachlich-medizinische Beurteilung des Krankheitsbildes (Diagnose), den Schweregrad der Erkrankung, den lateinischen Namen oder die Klassifizierung der Erkrankung nach ICD 10 sowie die Folgen, die sich nach ärztlicher Beurteilung aus der krankheitsbedingten Situation voraussichtlich ergeben, enthalten. Zur Behandlung der Erkrankung erforderliche Medikamente müssen mit der Angabe ihrer Wirkstoffe und diese mit ihrer international gebräuchlichen Bezeichnung aufgeführt sein.
(2d) Der Ausländer ist verpflichtet, der zuständigen Behörde die ärztliche Bescheinigung nach Absatz 2c unverzüglich vorzulegen. Verletzt der Ausländer die Pflicht zur unverzüglichen Vorlage einer solchen ärztlichen Bescheinigung, darf die zuständige Behörde das Vorbringen des Ausländers zu seiner Erkrankung nicht berücksichtigen, es sei denn, der Ausländer war unverschuldet an der Einholung einer solchen Bescheinigung gehindert oder es liegen anderweitig tatsächliche Anhaltspunkte für das Vorliegen einer lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankung, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würde, vor. Legt der Ausländer eine Bescheinigung vor und ordnet die Behörde daraufhin eine ärztliche Untersuchung an, ist die Behörde berechtigt, die vorgetragene Erkrankung nicht zu berücksichtigen, wenn der Ausländer der Anordnung ohne zureichenden Grund nicht Folge leistet. Der Ausländer ist auf die Verpflichtungen und auf die Rechtsfolgen einer Verletzung dieser Verpflichtungen nach diesem Absatz hinzuweisen.
(3) Die Ausreisepflicht eines Ausländers, dessen Abschiebung ausgesetzt ist, bleibt unberührt.
(4) Über die Aussetzung der Abschiebung ist dem Ausländer eine Bescheinigung auszustellen.
(5) Die Aussetzung der Abschiebung erlischt mit der Ausreise des Ausländers. Sie wird widerrufen, wenn die der Abschiebung entgegenstehenden Gründe entfallen. Der Ausländer wird unverzüglich nach dem Erlöschen ohne erneute Androhung und Fristsetzung abgeschoben, es sei denn, die Aussetzung wird erneuert. Ist die Abschiebung länger als ein Jahr ausgesetzt, ist die durch Widerruf vorgesehene Abschiebung mindestens einen Monat vorher anzukündigen; die Ankündigung ist zu wiederholen, wenn die Aussetzung für mehr als ein Jahr erneuert wurde. Satz 4 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer die der Abschiebung entgegenstehenden Gründe durch vorsätzlich falsche Angaben oder durch eigene Täuschung über seine Identität oder Staatsangehörigkeit selbst herbeiführt oder zumutbare Anforderungen an die Mitwirkung bei der Beseitigung von Ausreisehindernissen nicht erfüllt.
(6) Einem Ausländer, der eine Duldung besitzt, darf die Ausübung einer Erwerbstätigkeit nicht erlaubt werden, wenn
- 1.
er sich in das Inland begeben hat, um Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz zu erlangen, - 2.
aufenthaltsbeendende Maßnahmen bei ihm aus Gründen, die er selbst zu vertreten hat, nicht vollzogen werden können oder - 3.
er Staatsangehöriger eines sicheren Herkunftsstaates nach § 29a des Asylgesetzes ist und sein nach dem 31. August 2015 gestellter Asylantrag abgelehnt oder zurückgenommen wurde, es sei denn, die Rücknahme erfolgte auf Grund einer Beratung nach § 24 Absatz 1 des Asylgesetzes beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, oder ein Asylantrag nicht gestellt wurde.
(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.
(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.
(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.
(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.
(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.
(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.
(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.
(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.
(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.
(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.
(11) (weggefallen)
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.
(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.