Verwaltungsgericht München Beschluss, 31. Jan. 2017 - M 9 V 16.2999
Gericht
Tenor
I.
Der Vollstreckungsantrag wird abgelehnt.
II.
Die Kosten des Verfahrens tragen die Antragsteller.
Gründe
I.
Die Antragsteller waren Kläger im Verfahren M 9 K 14.3343. Mit Urteil des Verwaltungsgerichts … vom 25. März 2015 wurde die Antragsgegnerin und damalige Beklagte verpflichtet, den Antrag der Antragsteller und damaligen Kläger auf bauaufsichtliches Einschreiten vom … April 2014 gegen die beigeladenen Bauherren unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu bescheiden. Das Urteil ist seit dem … Oktober 2015 rechtskräftig. Dem Urteil zugrunde lag die Notwendigkeit eines Rückbaus des Bauvorhabens der Beigeladenen.
Mit Schreiben vom … Februar 2016 teilte die Antragsgegnerin dem Bevollmächtigten der Antragsteller mit, dass der Abschluss des Verfahrens wegen des noch notwendigen Baugenehmigungsverfahrens noch geraume Zeit in Anspruch nehmen werde.
Mit Schriftsatz vom … Juli 2016 beantragte der Bevollmächtigte der Antragsteller Vollstreckung gemäß § 172 VwGO:
Der Schuldnerin (hier: Antragsgegnerin) zur Entscheidung über den Antrag der Gläubiger (hier: Antragsteller) auf bauaufsichtliches Einschreiten vom ... April 2014 gegen das Einfamilienhaus mit Doppelgarage auf dem Grundstück Fl. Nr. … gemäß dem Urteil des Verwaltungsgerichts … vom ... März 2015 - M 9 K 14.3343 - eine Frist von zwei Wochen zu setzen und für den Fall, dass die Bescheidung nicht innerhalb der Frist erfolgt sein wird, die Festsetzung eines Zwangsgeldes in Höhe von 2.000,00 Euro anzudrohen.
Trotz Mahnung und Fristsetzung sei über den Antrag auf bauaufsichtliches Einschreiten seit achteinhalb Monaten nicht entschieden worden. Es sei falsch, dass zunächst ein Baugenehmigungsverfahren bzw. eine genehmigungsfähige Planung abzuwarten sei, da das Urteil unmittelbar zu einer Entscheidung über bauaufsichtliches Einschreiten verpflichte.
Die Antragsgegnerin beantragte mit Schreiben vom 8. August 2016:
Ablehnung des Vollstreckungsantrags.
Dem Urteil vom … März 2015 läge die Rechtsauffassung des Gerichts zugrunde, das nur eine teilweise Beseitigung des Wohnhauses ermessensgerecht sein könne, in dem zur Einhaltung von H ½ ein Rücksprung und damit verbunden eine Art Dachterrasse geschaffen werde. Die Anhörung der beigeladenen Bauherren sei mit Schreiben vom … September 2015 zur Teilbeseitigung erfolgt. Ein Lösungsvorschlag sei beigefügt worden. Aufgrund von Verhandlungen zwischen den Beigeladenen und den Antragstellern sei eine Fristverlängerung bis … Februar 2016 gewährt worden. Am … Juni 2016 sei ein Bauantrag zum Teilrückbau des bestehenden Einfamilienwohnhauses eingereicht worden. Um Frist zur Prüfung des Bauantrags bis Ende September werde gebeten.
Die Antragsteller haben den Bauantrag der Beigeladenen nicht unterschrieben.
Mit Schreiben vom ... August 2016 wurde der Antragsgegnerin als Schuldnerin eine Frist bis ... Oktober 2016 zur Verbescheidung gesetzt.
Mit Schreiben des Gerichts vom ... August 2016 erklärten die Bevollmächtigten der Antragsteller, dass keine verfahrensbeendende Erklärung abgegeben werde und es unzumutbar sei, noch zwei Monate auf die Verbescheidung zu warten. Personalmängel und Krankheitsfälle seien ebenso wie Urlaub und Überlastung kein zureichender Grund.
Mit Schreiben vom ... Oktober 2016 teilte die Antragsgegnerin mit, dass den Beigeladenen mit Datum vom ... Oktober 2016 die bauaufsichtliche Genehmigung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zum Rückbau erteilt worden sei. Die Antragsteller wurden erneut um Stellungnahme zur Erledigung des Vollstreckungsantrags gebeten.
Mit Schreiben vom … November 2016 teilte die Bevollmächtigte der beigeladenen Bauherren mit, dass sich die Parteien noch in Vergleichsverhandlungen befänden. Mit weiterem Schreiben vom ... November 2016 ergänzte die Bevollmächtigte, dass aus Sicht der Beigeladenen der Vollstreckungsantrag erledigt sei und einer Erledigungserklärung zugestimmt werde.
Die Bevollmächtigten der Antragsteller teilten mit Schreiben vom ... November 2016 mit, dass eine Erledigung nicht eingetreten sei und der Vollstreckungsantrag aufrechterhalten bleibe, da bauaufsichtliches Einschreiten geschuldet werde und zwingend ein Teilrückbau erforderlich sei. Da eine Teilbeseitigungsanordnung nicht erlassen worden sei, könne keine Legalisierung durch eine Baugenehmigung zum Teilrückbau erfolgen. Vergleichsverhandlungen habe es nie gegeben. Vielmehr habe es nur eine Korrespondenz über eine eventuelle gütliche Einigung ohne Erfolg gegeben.
Auf Anfrage des Gerichts übersandte die Antragsgegnerin einen Bescheid vom ... Dezember 2016, wonach die beigeladenen Bauherren verpflichtet werden, die Baugenehmigung vom ... Oktober 2016 innerhalb von sechs Monaten nach Unanfechtbarkeit umzusetzen; ein Zwangsgeld von 5.000,00 Euro wurde angedroht. Der Bescheid werde auf Art. 76 Satz 1 BayBO gestützt.
Mit Schreiben vom … Januar 2017 erklärten die Bevollmächtigten der Antragsteller, dass eine verfahrensbeendende Erklärung derzeit nicht abgegeben werde, da die Teilbeseitigungsanordnung weder für sofort vollziehbar erklärt noch eine unverzügliche Zwangsgeldfestsetzung und/oder eine Ersatzvornahme angekündigt worden sei. Geschuldet sei nicht nur der Erlass des Verwaltungsakts, sondern auch dessen Vollzug. Erledigung sei erst eingetreten, wenn die Teilbeseitigungsanordnung vollstreckt worden sei oder die Beigeladenen tatsächlich den Rückbau vorgenommen haben.
Wegen der Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte und die beigezogenen Behördenakten sowie die Akten im Verfahren M 9 K 14.3343 Bezug genommen.
II.
Der Vollstreckungsantrag war abzulehnen.
Das Urteil des Verwaltungsgerichts … vom ... März 2015 verpflichtete unter Ziffer I. die damalige Beklagte und heutige Antragsgegnerin dazu, unter Aufhebung des Bescheids vom … Juli 2014, über den Antrag der Kläger und heutigen Antragsteller vom … April 2014 auf bauaufsichtliches Einschreiten gegen das Einfamilienhaus mit Doppelgarage auf dem Grundstück Fl. Nr. … unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden. Die Klage wurde im Übrigen abgewiesen. Zur Begründung ist in der Entscheidung ausgeführt, dass nach Art. 76 Satz 1 BayBO eine Teilbeseitigung zur Herstellung rechtmäßiger Zustände ausreiche. Ein Anspruch der Nachbarn auf Beseitigung des gesamten Wohnhauses sowie auf Nutzungsuntersagung bestehe nicht.
Der Vollstreckungsantrag nach § 172 VwGO war abzulehnen, da Erledigung eingetreten ist. Die Antragsgegnerin wurde mit Urteil des Verwaltungsgerichts … vom … März 2015 - M 9 K 14.3343 - zur Verbescheidung des Antrags auf bauaufsichtliches Einschreiten verpflichtet und ist dem nachgekommen. Ungeachtet dessen, ob im Hinblick auf den Zeitablauf eine grundlose Säumigkeit der Behörde vorlag (Eyermann, VwGO, 14. Auflage, § 172 Rn. 15 m. w. N.) hat ein Gericht die Vollstreckung nur durchzuführen, wenn die Verpflichtung nicht bereits erfüllt ist. Da das Urteil nach seinem Tenor keine Verpflichtung der Antragsgegnerin zur Vollstreckung der zu erlassenen Baubeseitigungsanordnung enthält, trifft die Auffassung der Bevollmächtigten der Antragsteller nicht zu, dass eine Erledigung ihres Vollstreckungsantrags erst nach Vollstreckung der Baubeseitigungsanordnung bzw. nach Rückbau entsprechend der erteilten Baugenehmigung eingetreten ist.
Da die Antragsgegnerin ihrer durch Urteil festgesetzten Verpflichtung nachgekommen ist und die Neubescheidung inhaltlich nach Aktenlage der Rechtsauffassung des Gerichts im Urteil vom … März 2015 entspricht, liegt keine Nichterfüllung vor.
Der Vollstreckungsantrag war daher mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1, § 162 Abs. 3 VwGO abzulehnen; die Beigeladenen haben keinen Antrag gestellt. Einer Streitwertfestsetzung bedarf es wegen der in Nr. 5301, Anlage 1 zu § 3 Abs. 2 GKG festgelegten gesetzlichen Festgebühr nicht.
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Kommt die Behörde in den Fällen des § 113 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 5 und des § 123 der ihr im Urteil oder in der einstweiligen Anordnung auferlegten Verpflichtung nicht nach, so kann das Gericht des ersten Rechtszugs auf Antrag unter Fristsetzung gegen sie ein Zwangsgeld bis zehntausend Euro durch Beschluß androhen, nach fruchtlosem Fristablauf festsetzen und von Amts wegen vollstrecken. Das Zwangsgeld kann wiederholt angedroht, festgesetzt und vollstreckt werden.
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
(1) Kosten sind die Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) und die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten einschließlich der Kosten des Vorverfahrens.
(2) Die Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts oder eines Rechtsbeistands, in den in § 67 Absatz 2 Satz 2 Nummer 3 und 3a genannten Angelegenheiten auch einer der dort genannten Personen, sind stets erstattungsfähig. Soweit ein Vorverfahren geschwebt hat, sind Gebühren und Auslagen erstattungsfähig, wenn das Gericht die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig erklärt. Juristische Personen des öffentlichen Rechts und Behörden können an Stelle ihrer tatsächlichen notwendigen Aufwendungen für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen den in Nummer 7002 der Anlage 1 zum Rechtsanwaltsvergütungsgesetz bestimmten Höchstsatz der Pauschale fordern.
(3) Die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen sind nur erstattungsfähig, wenn sie das Gericht aus Billigkeit der unterliegenden Partei oder der Staatskasse auferlegt.