Verwaltungsgericht München Beschluss, 16. März 2017 - M 9 S 17.50027
Tenor
I.
Die aufschiebende Wirkung der Klage
II.
Die Antragsgegnerin hat die Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens zu tragen.
Gründe
I.
die aufschiebende Wirkung der Klage der Antragstellerin gegen Ziff. 3. des Bescheids der Antragsgegnerin anzuordnen.
II.
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Verwaltungsgericht München Beschluss, 16. März 2017 - M 9 S 17.50027 zitiert oder wird zitiert von 2 Urteil(en).
(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.
(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.
(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.
(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.
(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.
(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.
(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.
(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.
(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.
(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.
(11) (weggefallen)
(1) Gegen einen Ausländer, der ausgewiesen, zurückgeschoben oder abgeschoben worden ist, ist ein Einreise- und Aufenthaltsverbot zu erlassen. Infolge des Einreise- und Aufenthaltsverbots darf der Ausländer weder erneut in das Bundesgebiet einreisen noch sich darin aufhalten noch darf ihm, selbst im Falle eines Anspruchs nach diesem Gesetz, ein Aufenthaltstitel erteilt werden.
(2) Im Falle der Ausweisung ist das Einreise- und Aufenthaltsverbot gemeinsam mit der Ausweisungsverfügung zu erlassen. Ansonsten soll das Einreise- und Aufenthaltsverbot mit der Abschiebungsandrohung oder Abschiebungsanordnung nach § 58a unter der aufschiebenden Bedingung der Ab- oder Zurückschiebung und spätestens mit der Ab- oder Zurückschiebung erlassen werden. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist bei seinem Erlass von Amts wegen zu befristen. Die Frist beginnt mit der Ausreise. Die Befristung kann zur Abwehr einer Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung mit einer Bedingung versehen werden, insbesondere einer nachweislichen Straf- oder Drogenfreiheit. Tritt die Bedingung bis zum Ablauf der Frist nicht ein, gilt eine von Amts wegen zusammen mit der Befristung nach Satz 5 angeordnete längere Befristung.
(3) Über die Länge der Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots wird nach Ermessen entschieden. Sie darf außer in den Fällen der Absätze 5 bis 5b fünf Jahre nicht überschreiten.
(4) Das Einreise- und Aufenthaltsverbot kann zur Wahrung schutzwürdiger Belange des Ausländers oder, soweit es der Zweck des Einreise- und Aufenthaltsverbots nicht mehr erfordert, aufgehoben oder die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots verkürzt werden. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot soll aufgehoben werden, wenn die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels nach Kapitel 2 Abschnitt 5 vorliegen. Bei der Entscheidung über die Verkürzung der Frist oder die Aufhebung des Einreise- und Aufenthaltsverbots, das zusammen mit einer Ausweisung erlassen wurde, ist zu berücksichtigen, ob der Ausländer seiner Ausreisepflicht innerhalb der ihm gesetzten Ausreisefrist nachgekommen ist, es sei denn, der Ausländer war unverschuldet an der Ausreise gehindert oder die Überschreitung der Ausreisefrist war nicht erheblich. Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots kann aus Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung verlängert werden. Absatz 3 gilt entsprechend.
(5) Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots soll zehn Jahre nicht überschreiten, wenn der Ausländer auf Grund einer strafrechtlichen Verurteilung ausgewiesen worden ist oder wenn von ihm eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung ausgeht. Absatz 4 gilt in diesen Fällen entsprechend.
(5a) Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots soll 20 Jahre betragen, wenn der Ausländer wegen eines Verbrechens gegen den Frieden, eines Kriegsverbrechens oder eines Verbrechens gegen die Menschlichkeit oder zur Abwehr einer Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland oder einer terroristischen Gefahr ausgewiesen wurde. Absatz 4 Satz 4 und 5 gilt in diesen Fällen entsprechend. Eine Verkürzung der Frist oder Aufhebung des Einreise- und Aufenthaltsverbots ist grundsätzlich ausgeschlossen. Die oberste Landesbehörde kann im Einzelfall Ausnahmen hiervon zulassen.
(5b) Wird der Ausländer auf Grund einer Abschiebungsanordnung nach § 58a aus dem Bundesgebiet abgeschoben, soll ein unbefristetes Einreise- und Aufenthaltsverbot erlassen werden. In den Fällen des Absatzes 5a oder wenn der Ausländer wegen eines in § 54 Absatz 1 Nummer 1 genannten Ausweisungsinteresses ausgewiesen worden ist, kann im Einzelfall ein unbefristetes Einreise- und Aufenthaltsverbot erlassen werden. Absatz 5a Satz 3 und 4 gilt entsprechend.
(5c) Die Behörde, die die Ausweisung, die Abschiebungsandrohung oder die Abschiebungsanordnung nach § 58a erlässt, ist auch für den Erlass und die erstmalige Befristung des damit zusammenhängenden Einreise- und Aufenthaltsverbots zuständig.
(6) Gegen einen Ausländer, der seiner Ausreisepflicht nicht innerhalb einer ihm gesetzten Ausreisefrist nachgekommen ist, kann ein Einreise- und Aufenthaltsverbot angeordnet werden, es sei denn, der Ausländer ist unverschuldet an der Ausreise gehindert oder die Überschreitung der Ausreisefrist ist nicht erheblich. Absatz 1 Satz 2, Absatz 2 Satz 3 bis 6, Absatz 3 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1, 2 und 4 gelten entsprechend. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist mit seiner Anordnung nach Satz 1 zu befristen. Bei der ersten Anordnung des Einreise- und Aufenthaltsverbots nach Satz 1 soll die Frist ein Jahr nicht überschreiten. Im Übrigen soll die Frist drei Jahre nicht überschreiten. Ein Einreise- und Aufenthaltsverbot wird nicht angeordnet, wenn Gründe für eine vorübergehende Aussetzung der Abschiebung nach § 60a vorliegen, die der Ausländer nicht verschuldet hat.
(7) Gegen einen Ausländer,
- 1.
dessen Asylantrag nach § 29a Absatz 1 des Asylgesetzes als offensichtlich unbegründet abgelehnt wurde, dem kein subsidiärer Schutz zuerkannt wurde, das Vorliegen der Voraussetzungen für ein Abschiebungsverbot nach § 60 Absatz 5 oder 7 nicht festgestellt wurde und der keinen Aufenthaltstitel besitzt oder - 2.
dessen Antrag nach § 71 oder § 71a des Asylgesetzes wiederholt nicht zur Durchführung eines weiteren Asylverfahrens geführt hat,
(8) Vor Ablauf des Einreise- und Aufenthaltsverbots kann dem Ausländer ausnahmsweise erlaubt werden, das Bundesgebiet kurzfristig zu betreten, wenn zwingende Gründe seine Anwesenheit erfordern oder die Versagung der Erlaubnis eine unbillige Härte bedeuten würde. Im Falle der Absätze 5a und 5b ist für die Entscheidung die oberste Landesbehörde zuständig.
(9) Reist ein Ausländer entgegen einem Einreise- und Aufenthaltsverbot in das Bundesgebiet ein, wird der Ablauf einer festgesetzten Frist für die Dauer des Aufenthalts im Bundesgebiet gehemmt. Die Frist kann in diesem Fall verlängert werden, längstens jedoch um die Dauer der ursprünglichen Befristung. Der Ausländer ist auf diese Möglichkeit bei der erstmaligen Befristung hinzuweisen. Für eine nach Satz 2 verlängerte Frist gelten die Absätze 3 und 4 Satz 1 entsprechend.
(1) In Streitigkeiten nach diesem Gesetz stellt das Gericht auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung ab; ergeht die Entscheidung ohne mündliche Verhandlung, ist der Zeitpunkt maßgebend, in dem die Entscheidung gefällt wird. § 74 Absatz 2 Satz 2 bleibt unberührt.
(2) Das Gericht kann außer in den Fällen des § 38 Absatz 1 und des § 73b Absatz 7 bei Klagen gegen Entscheidungen nach diesem Gesetz im schriftlichen Verfahren durch Urteil entscheiden, wenn der Ausländer anwaltlich vertreten ist. Auf Antrag eines Beteiligten muss mündlich verhandelt werden. Hierauf sind die Beteiligten von dem Gericht hinzuweisen.
(3) Das Gericht sieht von einer weiteren Darstellung des Tatbestandes und der Entscheidungsgründe ab, soweit es den Feststellungen und der Begründung des angefochtenen Verwaltungsaktes folgt und dies in seiner Entscheidung feststellt oder soweit die Beteiligten übereinstimmend darauf verzichten.
(4) Wird während des Verfahrens der streitgegenständliche Verwaltungsakt, mit dem ein Asylantrag als unzulässig abgelehnt wurde, durch eine Ablehnung als unbegründet oder offensichtlich unbegründet ersetzt, so wird der neue Verwaltungsakt Gegenstand des Verfahrens. Das Bundesamt übersendet dem Gericht, bei dem das Verfahren anhängig ist, eine Abschrift des neuen Verwaltungsakts. Nimmt der Kläger die Klage daraufhin unverzüglich zurück, trägt das Bundesamt die Kosten des Verfahrens. Unterliegt der Kläger ganz oder teilweise, entscheidet das Gericht nach billigem Ermessen.
(1) Soll der Ausländer in einen sicheren Drittstaat (§ 26a) oder in einen für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat (§ 29 Absatz 1 Nummer 1) abgeschoben werden, ordnet das Bundesamt die Abschiebung in diesen Staat an, sobald feststeht, dass sie durchgeführt werden kann. Dies gilt auch, wenn der Ausländer den Asylantrag in einem anderen auf Grund von Rechtsvorschriften der Europäischen Union oder eines völkerrechtlichen Vertrages für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat gestellt oder vor der Entscheidung des Bundesamtes zurückgenommen hat. Einer vorherigen Androhung und Fristsetzung bedarf es nicht. Kann eine Abschiebungsanordnung nach Satz 1 oder 2 nicht ergehen, droht das Bundesamt die Abschiebung in den jeweiligen Staat an.
(2) Anträge nach § 80 Absatz 5 der Verwaltungsgerichtsordnung gegen die Abschiebungsanordnung sind innerhalb einer Woche nach Bekanntgabe zu stellen. Die Abschiebung ist bei rechtzeitiger Antragstellung vor der gerichtlichen Entscheidung nicht zulässig. Anträge auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes gegen die Befristung des Einreise- und Aufenthaltsverbots durch das Bundesamt nach § 11 Absatz 2 des Aufenthaltsgesetzes sind innerhalb einer Woche nach Bekanntgabe zu stellen. Die Vollziehbarkeit der Abschiebungsanordnung bleibt hiervon unberührt.
(1) Ein Asylantrag ist unzulässig, wenn
- 1.
ein anderer Staat - a)
nach Maßgabe der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 oder - b)
auf Grund von anderen Rechtsvorschriften der Europäischen Union oder eines völkerrechtlichen Vertrages
- 2.
ein anderer Mitgliedstaat der Europäischen Union dem Ausländer bereits internationalen Schutz im Sinne des § 1 Absatz 1 Nummer 2 gewährt hat, - 3.
ein Staat, der bereit ist, den Ausländer wieder aufzunehmen, als für den Ausländer sicherer Drittstaat gemäß § 26a betrachtet wird, - 4.
ein Staat, der kein Mitgliedstaat der Europäischen Union und bereit ist, den Ausländer wieder aufzunehmen, als sonstiger Drittstaat gemäß § 27 betrachtet wird oder - 5.
im Falle eines Folgeantrags nach § 71 oder eines Zweitantrags nach § 71a ein weiteres Asylverfahren nicht durchzuführen ist.
(2) Das Bundesamt hört den Ausländer zu den Gründen nach Absatz 1 Nummer 1 Buchstabe b bis Nummer 4 persönlich an, bevor es über die Zulässigkeit eines Asylantrags entscheidet. Zu den Gründen nach Absatz 1 Nummer 5 gibt es dem Ausländer Gelegenheit zur Stellungnahme nach § 71 Absatz 3.
(3) Erscheint der Ausländer nicht zur Anhörung über die Zulässigkeit, entscheidet das Bundesamt nach Aktenlage. Dies gilt nicht, wenn der Ausländer unverzüglich nachweist, dass das in Satz 1 genannte Versäumnis auf Umstände zurückzuführen war, auf die er keinen Einfluss hatte. Führt der Ausländer diesen Nachweis, ist das Verfahren fortzuführen.
(4) Die Anhörung zur Zulässigkeit des Asylantrags kann gemäß § 24 Absatz 1a dafür geschulten Bediensteten anderer Behörden übertragen werden.
Tenor
1. Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe wird abgelehnt.
2. Die aufschiebende Wirkung der Klage 20 K 5833/16.A gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 27.06.2016 wird angeordnet.
Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens, für das Gerichtskosten nicht erhoben werden.
1
Gründe
2Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe war abzulehnen, weil der Antragsteller bis zum Zeitpunkt der vorliegenden Entscheidung keine Erklärung über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse vorgelegt hat (§§ 166 VwGO, 114 ff ZPO). Insbesondere fehlt ein aktueller Leistungsbescheid.
3Der Antrag,
4die aufschiebende Wirkung der Klage 20 K 5833/16.A gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 27.06.2016 anzuordnen,
5hat Erfolg.
6Der Antrag ist zunächst gemäß § 34a Abs. 2 AsylVfG statthaft. Danach sind Anträge nach § 80 Abs. 5 VwGO gegen die Abschiebungsanordnung innerhalb einer Woche nach Bekanntgabe zu stellen. Der Bescheid wurde dem Antragsteller hier am 30.06.2016 zugestellt, so dass die Antragsfrist durch den am 05.07.2016 bei Gericht eingegangenen Antrag gewahrt ist.
7Bei der Entscheidung nach § 80 Abs. 5 VwGO hat das Gericht das öffentliche Vollziehungs- und das private Aussetzungsinteresse gegeneinander abzuwägen und dabei die Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs zu berücksichtigen. Während bei offensichtlicher Aussichtslosigkeit des Rechtsbehelfes ein schutzwürdiges Aussetzungsinteresse grundsätzlich nicht in Betracht kommt, besteht umgekehrt grundsätzlich kein öffentliches Interesse am Vollzug einer offensichtlich rechtswidrigen Verfügung. Lassen sich die Erfolgsaussichten abschätzen, ohne eindeutig zu sein, bildet der Grad der Erfolgschance ein wichtiges Element der vom Gericht vorzunehmenden Interessensabwägung.
8Gemessen an diesen Kriterien ist vorliegend die aufschiebende Wirkung anzuordnen, weil bei summarischer Prüfung nach dem derzeitigen Erkenntnisstand Überwiegendes für die Rechtswidrigkeit des Bescheides spricht.
9Ungarn dürfte zwar ursprünglich für die Durchführung des Asylverfahrens des Antragstellers gemäß Art. 13 Abs. 1 Dublin III-VO zuständig gewesen sein. Es spricht hier aber alles dafür, dass die Zuständigkeit gemäß Art. 23 Abs. 3 Dublin III-VO bereits vor Stellung des Wiederaufnahmeersuchens auf die Bundesrepublik übergegangen ist.
10Nach Art. 23 Abs. 3 Dublin III-VO ist der Mitgliedstaat, in dem der neue Antrag auf internationalen Schutz gestellt wurde, für die Prüfung des Antrags zuständig, wenn das Gesuch um Wiederaufnahme eines Antragstellers nicht innerhalb der in Absatz 2 niedergelegten Fristen unterbreitet wird. Absatz 2 der Vorschrift sieht eine Stellung des Wiederaufnahmegesuchs so bald wie möglich, auf jeden Fall aber innerhalb von drei Monaten nach Stellung des Asylantrags vor, der Unterabsatz 1 sieht eine Frist von zwei Monaten nach Erhalt einer Eurodac-Treffermeldung vor. Dabei ergibt sich aus dem Wortlaut der Vorschrift und dem Regelungszusammenhang sowie unter Berücksichtigung des der Verordnung zugrunde liegenden Ziels einer raschen Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats, um den effektiven Zugang zu den Verfahren zu gewährleisten (Erwägungsgrund 5), dass es sich wegen der eindeutigen Beweislage im Falle einer Eurodac-Treffermeldung bei der Zweimonatsfrist des Unterabsatz 1 um eine Verkürzung der Dreimonatsfrist des Unterabsatz 2 handelt. Die Verordnung geht dabei offenbar von der Vorstellung aus, dass zeitgleich mit Stellung eines Asylantrages eine entsprechende Eurodac-Recherche erfolgt bzw. erfolgen soll. Die Dreimonatsfrist des Unterabsatz 2 stellt sich demgegenüber als Ausschlussfrist dar, nach deren Ablauf auf jeden Fall ein Zuständigkeitsübergang eintritt.
11Ob diese Dreimonatsfrist, wie die Beklagte offenbar meint, erst mit der Stellung des förmlichen Asylantrags beim Bundesamt zu laufen beginnt (hier der 09.04.2016), muss in hohem Maße bezweifelt werden. Es spricht gerade unter dem Aspekt der Beschleunigung vielmehr alles dafür, dass die Frist bereits mit der Stellung des materiellen Asylgesuchs zu laufen beginnt (hier der 21.09.2015, Datum der BüMA). Dies gilt vor allem auch deshalb, weil sowohl der Dublin III-Verordnung als auch der Verfahrensrichtlinie die im deutschen Recht bestehende Unterscheidung zwischen materiellem und formellem Asylgesuch fremd ist und ein Anknüpfen an den Zeitpunkt einer möglicherweise Monate nach der Erstmeldung als Asylsuchender liegenden förmlichen Asylantragstellung – wie hier - die Fristenregelungen des Art. 23 Abs. 2 Dublin III-Verordnung praktisch völlig leer laufen ließe. Dabei ist zusätzlich zu berücksichtigen, dass es ausschließlich in der Hand der Antragsgegnerin liegt, die Voraussetzungen für die förmliche Asylantragstellung zu schaffen und den Asylsuchenden zur persönlichen Vorsprache zu laden. Es hinge daher völlig unabhängig von der tatsächlichen Dauer des Aufenthalts des Asylsuchenden und dem seit dem materiellen Asylgesuch verstrichenen Zeitraum alleine von der Antragsgegnerin ab, die Frist nach Art. 23. Abs. 3 Dublin III-Verordnung in Gang zu setzen. Eine derartige Auslegung bzw. Handhabung stünde in offenem Widerspruch zu dem Ziel einer raschen Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats und der Gewährleistung eines effektiven Zugangs zu den Verfahren.
12Selbst wenn man aber mit dem Bundesamt davon ausgehen wollte, dass der Fristbeginn erst durch die förmliche Asylantragstellung in Gang gesetzt wird, so ist es zur Überzeugung des Gerichts zwingend erforderlich, dass der maßgebliche Sachverhalt in dem Wiederaufnahmeersuchen umfassend und zutreffend dargelegt wird, damit der ersuchte Mitgliedstaat in die Lage versetzt wird, die Einhaltung der Frist des Art. 23 Abs. 2 Dublin III-Verordnung in eigener Zuständigkeit zu überprüfen. Hier ist das Wiederaufnahmeersuchen der Antragsgegnerin nicht in diesem Sinne umfassend gewesen, sondern im Gegenteil irreführend, wenn es dort heißt, der Ausländer habe angegeben, am 02.08.2015 in die Bundesrepublik gekommen zu sein und habe am 19.04.2016 Asyl beantragt („He stated that he entered Germany on 02.08.2015; The alien applied for asylum on 19.04.2016“). Diese Angaben lassen in keiner Weise erkennen, dass hier bereits spätestens am 21.09.2015 ein materielles Asylgesuch vorlag. Die Angaben in dem Wiederaufnahmeersuchen verschleiern daher das bestehende Problem hinsichtlich der Bestimmung des Fristbeginns und ermöglichen dem ersuchten Mitgliedstaat auch keine Überprüfung dahingehend, welcher Zeitpunkt der seiner Auffassung nach zutreffende für den Beginn der Frist des Art. 23 Abs. 2 Dublin III-Verordnung ist. Eine auf einer solchen unvollständigen Tatsachengrundlage fussende etwaige Zustimmung des ersuchten Mitgliedstaates könnte daher auch nicht als Ausübung des Selbsteintrittsrechts trotz Fristablauf ausgelegt werden. Diese Sichtweise wird u.a. durch einen Vermerk der Beklagten in einem anderen Verfahren (6167988-475) bestätigt, wenn es dort heißt: „Aufgrund der großen Zeitspanne zwischen Einreise in Deutschland und förmlicher Asylantragstellung ist die Einleitung eines Dublin-Verfahrens nicht mehr aussichtsreich, da von den Mitgliedstaaten zunehmend auf den bereits erfolgten Ablauf der Zweimonatsfrist verwiesen wird.“
13Hier hat Ungarn aber auf das Wiederaufnahmeersuchen nicht reagiert. Eine Zustimmung könnte daher allenfalls gemäß Art. 25 Abs. 2 Dublin III-Verordnung fingiert werden. Ob allerdings auf der Grundlage eines fehlerhaften, jedenfalls aber unvollständigen Wiederaufnahmeersuchens davon ausgegangen werden kann im Sinne des Art. 25 Abs. 2 Dublin III-Verordnung, dass dem Wiederaufnahmegesuch stattgegeben wird, ist mehr als fraglich.
14Hinzukommt, dass die ungarische Regierung bereits seit August 2015 nur noch 12 Asylsuchende pro Monat im Rahmen des Dublin-Systems wiederaufnehmen wollte und die in den vergangenen Monaten verlautbarten Erklärungen der ungarischen Regierung den Schluss auf eine vollständige Weigerung der Aufnahme weiterer Asylsuchender zulassen. Es passt in dieses Bild, dass Ungarn ausweislich der in den vergangenen Wochen bei der Kammer eingegangenen Dublin-Verfahren – anders als bis September 2015 - generell nicht mehr geantwortet hat. Es spricht manches dafür, dass bei dieser Sachlage eine Anwendung der Zustimmungsfiktion des Art. 25 Abs. 2 Dublin III-Verordnung ausgeschlossen ist. Dabei ist zu berücksichtigen, dass Art. 25 Abs. 2 Dublin III-VO – ebenso wie Art 22 Abs. 7 - lediglich die Stattgabe eines Aufnahmegesuchs mit der Folge der Aufnahmeverpflichtung des ersuchten Staates fingiert. Die Vorschrift trifft aber – im Unterschied zu zahlreichen anderen Regelungen der Verordnung wie etwa Art. 21 Abs. UAbs. 3, Art. 23 Abs. 3 oder auch Art. 12 Abs. 4 UAbs. 2 - ausdrücklich keine Regelung über einen Zuständigkeitsübergang bei verspäteter Antworterteilung. Der Eintritt der Stattgabefiktion setzt daher zur Überzeugung des Gerichts die Zuständigkeit des ersuchten Mitgliedstaates voraus, begründet diese aber nicht.
15Vgl. VG Düsseldorf, Beschluss vom 22.04.2015 – 22 L 246/15.A – Juris.
16Jedenfalls steht aufgrund der Haltung der ungarischen Regierung nicht fest im Sinne des § 34a AsylVfG, dass die Abschiebung nach Ungarn alsbald durchgeführt werden kann, so dass die Abschiebungsanordnung auch aus diesem Grunde rechtswidrig ist. Es scheint im Gegenteil festzustehen, dass Ungarn keine Dublin-Überstellungen mehr akzeptieren wird. In einer dem erkennenden Gericht in einem Parallelverfahren zugeleiteten Nachricht der ungarischen Dublin-Einheit vom 14.06.2016 lehnt diese nicht nur eine Dublin-Überstellung in dem betreffenden Verfahren ab, sondern bittet das Bundesamt darüber hinaus, für die Zukunft keine Dublin-Überstellungen mehr zu planen („We kindly inform you that – with regard to our previous communication – we can not accept any incoming Dublin transfers. Therefore we kindly ask you to cancel this transfer and we also ask you not to plan any Dublin transfer to Hungary in the future.“)
17Die Bundesrepublik ist zudem nach derzeitiger Sachlage auch aufgrund der Auffangzuständigkeit des Art. 3 Abs. 2 Dublin III-VO für die Entscheidung über das Asylbegehren des Antragstellers zuständig, da einer Überstellung nach Ungarn systemische Mängel des dortigen Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen entgegenstehen und eine weitere Prüfung nach einem zuständigen Mitgliedstaat nach Ablauf der Fristen für die Stellung von Aufnahme- oder Wiederaufnahmeersuchen nicht mehr möglich ist.
18Vgl. EuGH, Urteil vom 14.11.2013 – C-4/11 – Puid – ; Thym, Anmerkung zu Puid, NvwZ 2014, 130 ff.
19Denn es liegen unverändert konkrete Anhaltspunkte dafür vor, dass die flüchtlingsrechtlichen Gewährleistungen und die Verfahrenspraxis in Ungarn nicht an die zu fordernden und bei Einfügung des § 27 a AsylVfG vorausgesetzten unions- bzw. völkerrechtlichen Standards heranreichen und systemische Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen in Ungarn bestehen. Insbesondere werden Asylbewerber, gerade auch sog. Dublin-Rückkehrer, praktisch ausnahmslos inhaftiert, wobei sowohl hinsichtlich des Verfahrens der Haftanordnung als auch hinsichtlich der Rechtsschutzmöglichkeiten gegen die Haftanordnung Anhaltspunkte für eine grundrechtsverletzende, willkürliche und nicht dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit entsprechende Inhaftierungspraxis bestehen.
20Vgl. u.a. VG Köln, Urteile vom 15.07.2015 – 3 K 2005/15.A -, vom 08.09.2015 – 18 K 3798/15.A – und vom 22.12.2015 – 2 K 6214/14.A -.
21Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 1 VwGO, 83 b AsylVfG.
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
Entscheidungen in Rechtsstreitigkeiten nach diesem Gesetz können vorbehaltlich des § 133 Abs. 1 der Verwaltungsgerichtsordnung nicht mit der Beschwerde angefochten werden.