Verwaltungsgericht München Beschluss, 11. Aug. 2014 - M 8 SN 14.3161

bei uns veröffentlicht am11.08.2014

Gericht

Verwaltungsgericht München

Tenor

I.

Der Antrag wird abgelehnt.

II.

Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Die Beigeladene trägt ihre außergerichtlichen Kosten selbst.

III.

Der Streitwert wird auf Euro 3.750,- festgesetzt.

Gründe

I.

Die Antragstellerin ist Wohnungseigentümergemeinschaft des Grundstückes Am ...-anger 72 und 72 a, Fl.Nr. ..., Gemarkung ... in ... Das Grundstück ist mit zwei Wohnhäusern bebaut, von denen jedes mit dem zugehörigen Garten Sondereigentum darstellt. Die Verwaltung der Wohnungseigentümergemeinschaft erfolgt durch alle Mitglieder gemeinschaftlich.

Die Antragstellerin wendet sich in der Hauptsache gegen eine von der Antragsgegnerin dem Beigeladenen erteilte Baugenehmigung vom ... April 2014. Mit dieser wurde im vereinfachten Genehmigungsverfahren die Errichtung eines Neubaus mit sechs Doppelhaushälften mit sechs Garagen auf dem Grundstück Am ...-weg Haus 33 - 38, Fl.Nr. ..., Gemarkung ... genehmigt.

Nach den von den Bevollmächtigten der Antragstellerin vorgelegten Unterlagen wurde eine Nachbarausfertigung der Baugenehmigung an ein Mitglied der Wohnungseigentümergemeinschaft am 27. Juni 2014 zugestellt.

Bild

Lageplan 1:1000 - Der Lageplan ist aufgrund des Einscannens möglicherweise nicht mehr maßstabsgetreu.

Mit Schriftsatz vom 21. Juli 2014, am selben Tag per Fax bei Gericht eingegangen, haben die Bevollmächtigten der Antragstellerin Klage erhoben und zugleich beantragt,

1.1 Die der Firma ... Wohnbau erteilte Baugenehmigung vom ... April 2014 (…) aufzuheben.

1.2 Bis zur rechtskräftigen Entscheidung in dieser Sache die Vollziehung der Baugenehmigung vom ... April 2014 auszusetzen, die Bauarbeiten einzustellen und die Baustelle stillzulegen.

Hilfsweise wurde beantragt,

2.1 Die Beklagte wird verpflichtet, durch geeignete bauaufsichtliche Anordnungen (…) drohende Überschwemmungen des klägerischen Grundstücks durch Oberflächenwasser, das durch das Bauvorhaben verursacht auf das Grundstück der Klägerin abgeleitet wird und Grundwasser, das durch das Bauvorhaben verursacht aufgestaut wird, zu verhindern.

2.2 Bis zur rechtskräftigen Entscheidung in dieser Sache die Vollziehung (…) der Baugenehmigung vom ... April 2014 auszusetzen, und die Beklagte zu verpflichten, die Bauarbeiten (…) einzustellen und die Baustelle stillzulegen.

Zur Begründung wurde zunächst auf die Klage Bezug genommen. Die Klage wurde damit begründet, dass infolge einer beabsichtigten Geländeaufschüttung auf dem streitgegenständlichen Grundstück die Gefahr einer Überschwemmung des Grundstücks der Antragstellerin drohe, und zwar bereits während der Bauarbeiten. Dadurch werde Art. 63 Abs. 1 Nr. 1 weg (gemeint wohl die frühere Bestimmung des Art. 63 BayWG, nunmehr § 37 Abs. 1 WHG) verletzt. Dabei handele es sich um eine Vorschrift des privaten Nachbarrechts, die drittschützend im nachbarrechtlichen Sinne sei. Weiter werde durch den Baubetrieb sowie durch die geplante Errichtung einer Spundwand mit Geländeverdichtung ein Aufstau des Grundwassers bewirkt. Nach einem im Auftrag der Antragstellerin erstellten „Gutachten zur Grundwasser- und Geländesituation“ der Firma ... GmbH Ingenieurplanung und Baumanagement, auf das Bezug genommen wurde, sei davon auszugehen, dass der (zusätzliche) Aufstau bis 33 cm erreichen werde, wodurch das Grundstück der Antragstellerin „dann praktisch durchgehend bis zur Geländeoberkante im Grundwasser stehen“ werde. Dadurch werde auch die Standsicherheit der Gebäude gefährdet. Die Antragsgegnerin (Beklagte) sei im Rahmen des Baugenehmigungsverfahrens verpflichtet, diese Nachteile durch geeignete Auflagen zu verhindern. Das sei nach dem Gutachten der Firma ... auch möglich. Die Abteilung Wasserrecht der Antragsgegnerin sei mit Schreiben vom 21. Juli 2014 von der Problematik unterrichtet und aufgefordert worden, die Belange der Antragstellerin (Klägerin) im Rahmen des noch nicht abgeschlossenen wasserrechtlichen Verfahrens zu berücksichtigen. Eine Antwort sei darauf bislang nicht erfolgt. Zum Eilantrag wurde ausgeführt, dass die Bauarbeiten bereits begonnen hätten, die Aufstellung der Spundwände stände unmittelbar bevor und es sei jederzeit mit Regenfällen zu rechnen. Daher bestünde eine konkrete Gefahr für das Eigentum der Antragstellerin. Würde man die Endentscheidung abwarten, so gäbe dies der Beigeladenen die Möglichkeit, Fakten zu schaffen, die später nicht mehr zu beseitigen seien.

Mit Beschluss vom 23. Juli 2014 wurde gem. § 65 VwGO die Firma... Wohnbau GmbH zu dem Verfahren beigeladen. Der Antragsgegnerin (und Beklagten) wurde mit Schreiben vom 28. Juli 2014 die Klage vorgelegt. Weder die Beigeladene noch die Antragsgegnerin haben bislang Stellung genommen.

Mit Schreiben vom 7. August 2014 teilten die Bevollmächtigten der Antragstellerin mit, dass der Beginn der Einbringung der Spundwände auf dem streitgegenständlichen Grundstück unmittelbar bevorstünde. Es werde daher darum gebeten, über den Antrag auf Aufhebung des Vollzugs der Baugenehmigung und Einstellung der Baustelle so bald wie möglich zu entscheiden.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakten, das schriftsätzliche Vorbringen der Bevollmächtigten der Antragstellerin und das von ihr vorgelegte Gutachten verwiesen.

II.

Der Antrag ist zulässig, soweit die Bevollmächtigten der Antragstellerin Klage und Antrag im Namen der weg erhoben haben. Die Bevollmächtigten der Antragstellerin haben darüber hinaus klargestellt, dass lediglich im Namen der weg Klage und Antrag erhoben werden soll. Im Übrigen wäre die Antragstellerin als Vertreterin der Sondereigentümer jedenfalls nicht klage- und antragsbefugt, § 42 Abs. 2 VwGO. Bei der Abwehr von Beeinträchtigungen des Sondereigentums handelt es sich um keine Maßnahmen der Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums (§ 21 WEG), sondern um die Wahrnehmung der Rechte jedes einzelnen Sondereigentümers. Die Wahrnehmung der Rechte aus Sondereigentum kann im verwaltungsgerichtlichen Anfechtungsrechtsstreit nicht rechtsgeschäftlich dergestalt auf Dritte übertragen werden, dass diese fremde Rechte - hier der insoweit rechtsfähigen Sondereigentümer - in eigenem Namen geltend machen können. § 42 Abs. 2 VwGO verlangt für die Zulässigkeit einer Anfechtungsklage, dass der Kläger die Verletzung eigener Rechte geltend macht (vgl. BayVGH B. v. 24.07.2014 - 15 CS 14.949 n. v.; Happ in Eyermann, VwGO, 13. Aufl. 2010, § 42 Rn. 71). Eine gewillkürte Prozessstandschaft ist im Anfechtungsrechtsstreit ausgeschlossen (BVerwG, U. v. 26.10.1995 - 3 C 27/94 - NVwZ-RR 1996, 537 = juris Rn. 19; BayVGH B. v. 24.07.2014 - 15 CS 14.949 n. v.; BayVGH, B. v. 16.8.2000 - 19 B 99.2247 - BayVBl 2001, 725 = juris Rn. 25; Happ, a. a. O., Rn. 76; Kopp/Schenke, VwGO, 19. Aufl. 2013, vor § 40 Rn. 25; Schmidt-Kötters in Posser/Wolff, VwGO, 2. Aufl. 2014, § 42 Rn. 114-115.1; Redeker/von Oertzen, VwGO, 15. Aufl. 2010, § 63 Rn. 7 a; Czybulka in Sodan/Ziekow, VwGO, 4. Aufl. 2014, § 62 Rn. 21; Wahl/Schütz in Schoch u. a., VwGO, Stand April 2013, § 42 Abs. 2 Rn. 37; Wysk, VwGO, 2011, vor § 40 Rn. 37; vgl. auch von Albedyll in Bader u. a., VwGO, 5. Aufl. 2011, § 42 Rn. 62, 65, 67).

Der zulässige Antrag ist jedoch unbegründet, da die in der Hauptsache von der Antragstellerin erhobene Anfechtungsklage voraussichtlich ohne Erfolg sein wird.

Nach Angaben der Bevollmächtigten der Antragstellerin verwaltet sich die weg gemeinschaftlich. Zwar liegen dem Gericht die Behördenakten noch nicht vor und damit auch kein Nachweis für eine Zustellung an die weg bzw. die einzelnen Mitglieder der sich gemeinschaftlich verwaltenden weg. Nach den von den Prozessbevollmächtigten vorgelegte Unterlagen erfolgte jedenfalls die Zustellung an ein Mitglied der weg erst am 27.06.2014, so dass die Klage nach der im einstweiligen Rechtschutz ausreichenden summarischen Prüfung voraussichtlich zulässig sein wird. Die abschließende Prüfung kann im Rahmen des Hauptsacheverfahrens nach Vorlage der Behördenakten erfolgen, da die Bevollmächtigten der Antragstellerin wiederholt auf eine rasche Entscheidung im einstweiligen Rechtsschutzverfahren drängen. Die Anfechtungsklage gegen die streitgegenständliche Baugenehmigung ist jedenfalls unbegründet, da sie bei summarischer Prüfung keine nachbarschützenden Vorschriften verletzt, die im vereinfachten Baugenehmigungsverfahren zu prüfen sind, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO, Art. 59 BayBO.

1. Nach § 212a Abs. 1 BauGB hat die Anfechtungsklage eines Dritten gegen die bauaufsichtliche Zulassung eines Vorhabens keine aufschiebende Wirkung. Legt ein Dritter gegen die einem anderen erteilte und diesen begünstigende Baugenehmigung eine Anfechtungsklage ein, so kann das Gericht auf Antrag gemäß § 80 a Abs. 3 Satz 2 VwGO in entsprechender Anwendung von § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO die bundesgesetzlich gemäß § 212a Abs. 1 BauGB ausgeschlossene aufschiebende Wirkung der Anfechtungsklage ganz oder teilweise anordnen.

Der Antrag der Prozessbevollmächtigten auf Aussetzung der Vollziehung der Baugenehmigung ist daher gem. § 88 i. V. m. § 86 Abs. 3 VwGO als Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der mit gleichem Schriftsatz vom 21.07.2014 erhobenen Anfechtungsklage auszulegen.

Beim Antrag gem. § 80 a Abs. 3 Satz 2 i. V. m. § 80 Abs. 5 VwGO trifft das Gericht eine eigene Ermessensentscheidung darüber, welche Interessen höher zu bewerten sind - die für einen sofortigen Vollzug des angefochtenen Verwaltungsakts oder die für die Anordnung der aufschiebenden Wirkung (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 18. Auflage 2012, § 80 Rn. 146; Schmidt in: Eyermann, VwGO, 14. Auflage 2013, § 80 Rn. 71). Im Rahmen dieser Interessenabwägung sind auch die Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs in der Hauptsache als wesentliches, aber nicht alleiniges Indiz zu berücksichtigen (Schmidt a. a. O., § 80 Rn. 73 f.). Wird der in der Hauptsache erhobene Rechtsbehelf voraussichtlich erfolgreich sein, so wird im Regelfall die Anordnung der aufschiebenden Wirkung in Betracht kommen. Erweist sich der angefochtene Bescheid dagegen bei summarischer Prüfung als rechtmäßig, besteht ein öffentliches Interesse an dessen sofortiger Vollziehung.

2. Nach der im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes nur möglichen, aber auch ausreichenden summarischen Überprüfung sprechen die überwiegenden Gründe dafür, dass das mit der streitgegenständlichen Baugenehmigung zugelassene Bauvorhaben weder in bauplanungsrechtlicher noch in bauordnungsrechtlicher Hinsicht gegen drittschützende Rechte der Antragstellerin verstößt, die im Baugenehmigungsverfahren zu prüfen sind, Art. 59 Abs. 1 BayBO, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.

2.1 Dritte können sich gegen eine Baugenehmigung nur dann mit Aussicht auf Erfolg zur Wehr setzen, wenn die angefochtene Baugenehmigung rechtswidrig ist und diese Rechtswidrigkeit zumindest auch auf der Verletzung von Normen beruht, die gerade auch dem Schutz des betreffenden Nachbarn zu dienen bestimmt sind (BayVGH, B. v. 24.3.2009 - 14 CS 08.3017 - juris Rn. 20). Es genügt daher nicht, wenn die Baugenehmigung gegen Rechtsvorschriften des öffentlichen Rechts verstößt, die nicht - auch nicht teilweise - dem Schutz der Eigentümer benachbarter Grundstücke zu dienen bestimmt sind und im Baugenehmigungsverfahren zu prüfen waren (BayVGH, B. v. 24.3.2009 - 14 CS 08.3017 - juris Rn. 20).

Im vorliegenden Fall war ein vereinfachtes Baugenehmigungsverfahren nach Art. 59 BayBO durchzuführen, da es sich bei dem Vorhaben nicht um einen Sonderbau im Sinne von Art. 2 Abs. 4 BayBO handelt.

Eine Verletzung drittschützender Normen durch eine Entscheidung der Bauaufsichtsbehörde kommt nur insoweit in Betracht, als die Feststellungswirkung dieser Entscheidung reicht. Soweit das Prüfprogramm der Behörde aufgrund entsprechender gesetzlicher Normen - wie hier durch Art. 59 BayBO - eingeschränkt ist, scheidet infolgedessen eine Verletzung außerhalb dieses Prüfprogramms liegender drittschützender Normen zulasten eines Nachbarn aufgrund der entsprechenden Beschränkung der Feststellungswirkung der baubehördlichen Entscheidung aus. Im Hinblick auf die danach hier zum Prüfprogramm gehörenden nachbarschützenden Vorschriften ist die erteilte Baugenehmigung voraussichtlich nicht zu beanstanden.

Das private Interesse der Antragstellerin an der Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihrer Klage gegen die erteilte Baugenehmigung ist deshalb gegenüber dem kraft Gesetzes zugrunde gelegten Interesse der Beigeladenen an deren sofortigen Vollziehung nachrangig.

2.2. Die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit des Vorhabens richtet sich vorliegend nach § 33 Abs. 1 BauGB i. V. m. den Festsetzungen des im Zeitpunkt der Erteilung der Baugenehmigung noch nicht in Kraft getretenen Bebauungsplan Nr. ..., der mit Bekanntgabe im Amtsblatt der Antragsgegnerin am ...05.2014 in Kraft getreten ist. Für das streitgegenständliche Vorhabengrundstück, FlNr. ... (WR 5) ist eine vordere und eine hintere Baugrenze festgesetzt.

2.2.1 Nach § 33 Abs. 1 BauGB ist ein Vorhaben zulässig, wenn die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung nach § 3 Abs. 2, § 4 Abs. 2 und § 4a Abs. 2 bis 5 durchgeführt worden ist, anzunehmen ist, dass das Vorhaben den künftigen Festsetzungen des Bebauungsplans nicht entgegensteht, der Antragsteller diese Festsetzungen schriftlich anerkennt und die Erschließung gesichert ist. Eine Verletzung der Voraussetzungen des § 33 Abs. 1 BauGB i. V. m. den Festsetzungen des seit ...05.2014 in Kraft getretenen Bebauungsplans Nr. ... ist weder dargelegt noch nach der im einstweiligen Rechtsschutz gebotenen summarischen Prüfung ersichtlich.

2.2.2 Die von der Antragsgegnerin erteilte Befreiung von der Baugrenze ist gem. § 33 i.V.m § 31 Abs. 2 BauGB ebenfalls nicht zu beanstanden. Bei der Anwendung des § 33 Abs. 1 BauGB scheiden Befreiungen nach § 31 Abs. 2 nicht von vornherein aus (vgl. Krautzberger in Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, 12. Auflage 2014, § 33 Rn. 5). Jedenfalls werden durch die hier erteilten Befreiungen keine Nachbarrechte der Antragstellerin verletzt. Bei der Befreiung von einer Baugrenze nach § 31 Abs. 2 BauGB ist zu berücksichtigen, dass Festsetzungen zur überbaubaren Grundstücksfläche grundsätzlich nur städtebaulichen Charakter haben und es sich deshalb im Grundsatz um eine Befreiung von einer nicht nachbarschützenden Norm handelt (vgl. BVerwG, B. v. 8.7.1998 - 4 B 64/98, BayVBl. 1999, 26 - juris Rn. 6; BayVGH, B. v. 21.11.2008 - 15 CS 08.2683 - juris Rn. 8; BayVGH, B. v. 20.8.2008 - 1 CS 08.2201 - juris Rn. 14).

3. Soweit die Antragstellerin sinngemäß vorbringt, die Baugenehmigung sei rechtswidrig, weil das Einbringen von Spund- und MIP-Wänden einen Aufstau des Grundwassers verursache, der in Kombination mit Regenfällen zu Überschwemmungen des Grundstücks der Antragstellerin führe, ist dieses Vorbringen nicht geeignet, die Rechtswidrigkeit der angefochtenen Baugenehmigung zu begründen.

3.1 Nach Art. 68 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1 BayBO darf die Baugenehmigung nur versagt werden, wenn das Vorhaben öffentlichrechtlichen Vorschriften widerspricht, die im bauaufsichtlichen Genehmigungsverfahren zu prüfen sind. Nach Art. 59 BayBO prüft die Bauaufsichtsbehörde bei einem Vorhaben der hier vorliegenden Art nur die Übereinstimmung mit den Vorschriften über die Zulässigkeit der baulichen Anlage nach den §§ 29 bis 38 BauGB und den Regelungen örtlicher Bauvorschriften im Sinn des Art. 81 Abs. 1 BayBO, beantragte Abweichungen im Sinn des Art. 63 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 2 BayBO sowie andere öffentlichrechtliche Anforderungen, soweit wegen der Baugenehmigung eine Entscheidung nach anderen öffentlichrechtlichen Vorschriften entfällt, ersetzt oder eingeschlossen wird.

Letzteres ist bei einer wasserrechtlichen Erlaubnis nicht der Fall. Wenn die Ausführung des genehmigten Bauvorhabens mit einer Gewässerbenutzung im Sinn des § 3 WHG verbunden ist, so liegt es nach Art. 49 BayBO im Verantwortungsbereich der Beigeladenen, die hierfür erforderliche wasserrechtliche Erlaubnis nach § 8 Abs. 1 WHG einzuholen. Zum Prüfprogramm im Rahmen des Baugenehmigungsverfahrens zählen gerade nicht die von der Antragstellerin aufgeworfenen Fragestellungen wegen der von ihr befürchteten Überflutung ihres Grundstücks durch den Aufstau des Grundwassers infolge des Einbringens der Spundwände. Die Antragstellerin ist insoweit auf das wasserrechtliche Verfahren zu verweisen. Der Prüfungsumfang für die Genehmigungen nach Baurecht und Wasserrecht ist jeweils abgegrenzt. Die Verfahren können daher ohne gegenseitige Vorgreiflichkeit parallel betrieben werden. Dies gilt auch für die gerichtliche Überprüfung ergangener Bescheide. Auch wenn ein Klageverfahren gegen die wasserrechtliche Erlaubnis Erfolg haben sollte, so betrifft das nicht den Bestand der baurechtlichen Genehmigung (vgl. BayVGH B. v. 17.11.2008 - 15 ZB 08.2235 - juris Rn. 8 m. w. N.).

Wie von den Bevollmächtigten der Antragstellerin vorgebracht, hat die Beigeladene bereits einen Antrag auf Erlaubnis nach § 8 Abs. 1 WHG und einen Antrag gemäß § 17 WHG auf Zulassung vorzeitigen Beginns (Erstellen der MIP-Wände) gestellt. Wenn die Antragsgegnerin als Gewässeraufsichtsbehörde durch ihr Referat für Gesundheit und Umwelt (RGU) die beantragte wasserrechtliche Erlaubnis erteilt bzw. den vorzeitigen Baubeginn nach § 17 Abs. 1 WHG zulässt, kann die Antragstellerin hiergegen vorgehen und ist daher auf das wasserrechtliche Klageverfahren zu verweisen.

3.2 Eine Verletzung der Rechte der Antragstellerin kommt auch nicht über das planungsrechtliche Gebot der Rücksichtnahme in Betracht. Zwar sind die Einhaltung der planungsrechtlichen Vorschriften gemäß Art. 59 BayBO Teil der Prüfung im vereinfachten Genehmigungsverfahren. Die insoweit von der Antragstellerin vorgetragene Überflutungsgefahr ihres Grundstücks durch den befürchteten Grundwasseraufstau bezieht sich allerdings ebenfalls auf Fragestellungen, die ausschließlich dem wasserrechtlichen Erlaubnisverfahren unterliegen. Eine mögliche Verletzung des drittschützenden Rücksichtnahmegebots im Rahmen des Baugenehmigungsverfahrens erfordert hingegen eine unzumutbare Belästigung oder Störung, die einen Bezug zur Bodenordnung im Sinne der städtebaulichen Entwicklung und Ordnung hat. Dies ist bei spezifischen wasserrechtlichen Fragestellungen nicht der Fall (vgl. BayVGH B. v. 17.11.2008 - 15 ZB 08.2235 - juris Rn. 9). Das bauplanungsrechtliche Rücksichtnahmegebot ist gerade keine allgemeine Härteklausel, die über den speziellen Vorschriften des Städtebaurechts oder gar des gesamten öffentlichen Baurechts steht, sondern Bestandteil einzelner gesetzlicher Vorschriften des Baurechts (vgl. BVerwG B. v. 11.01.1999 - 4 B 128/98 - juris Rn. 6). Außerdem bleibt die Anwendung der zum bauplanungsrechtlichen Rücksichtnahmegebot entwickelten Grundsätze auf den Regelungsumfang der jeweils erteilten Baugenehmigung beschränkt (vgl. BayVGH B. v. 24.7.2014 - 15 CS 14.949 - n. v.). Da die der Beigeladenen erteilte Baugenehmigung keine Regelungen über die Oberflächenentwässerung oder die Berücksichtigung der Grundwassersituation enthält, geht eine Anfechtung der Baugenehmigung mit der Begründung, durch den möglichen Abfluss von Oberflächenwasser oder durch die mögliche Aufstauung von Grundwasser gingen Gefahren für das Grundstück der Antragstellerin aus, von vornherein ins Leere (vgl. BayVGH B. v. 24.7.2014 - 15 CS 14.949 - n. v.; BVerwG B. v. 16.1.1997 - 4 B 244/96 - juris Rn. 3).

4. Infolgedessen ist das Vorbringen der Antragstellerin, die geplanten Geländeauffüllungen und der dadurch veränderte Geländeverlauf würden insbesondere bei Starkregenereignissen zu Überflutungen des Grundstücks der Antragstellerin führen, ebenfalls nicht geeignet, die Rechtswidrigkeit der angefochtenen Baugenehmigung zu begründen.

4.1. Die insoweit gerügte Verletzung des Art. 63 Abs. 1 BayWG scheidet bereits deshalb aus, weil Art. 63 BayWG durch das neu geschaffene bundesrechtliche Wasserhaushaltsgesetz (WHG) zum 1. März 2010 abgelöst wurde. § 37 WHG ersetzt die bisherigen landesrechtlichen Vorschriften zum Oberwasserabfluss (vgl. Sieder/Zeitler, Kommentar zum WHG, Stand August 2010, § 37 WHG Rn. 5; Riedel in Giesbert/Reinhardt, Umweltrecht, Kommentar Stand 1.1.2014, § 37 Rn. 3).

Nach § 37 Abs. 1 Satz 2 WHG darf der natürliche Ablauf wild abfließenden Wassers nicht zum Nachteil eines tiefer liegenden Grundstücks verstärkt oder auf andere Weise verändert werden. Auf die Verletzung des § 37 WHG über wild abfließendes Wasser kann sich die Antragstellerin jedoch ebenfalls nicht im Verfahren gegen die streitgegenständliche Baugenehmigung berufen, weil diese Norm keine öffentlichrechtliche Abwehrposition verleiht, sondern lediglich privates Nachbarrecht regelt (BayVGH B. v. 28.9.1999 - 2 ZB 99.233 - juris Rn. 6; Riedel in Giesbert/Reinhardt, Umweltrecht, Kommentar Stand 1.1.2014 § 37 Rn. 15). Die Vorschrift ist insbesondere als Schutzgesetz im Sinne des § 823 Abs. 2 BGB anzusehen und kann einen Abwehranspruch nach § 1004 BGB begründen. § 37 Abs. 1 WHG stellt dagegen keine öffentlichrechtlich geschützte Abwehrposition dar (vgl. VG Augsburg U. v. 28.09.2001 - Au 4 K 10.1174 - juris Rn. 28; VG Augsburg U. v. 28.05.2014 - Au 4 K 13.1858 - juris Rn. 56; VG Würzburg U. v. 06.12.2012 - W 5 K 11.514 - juris Rn. 49; Riedel in Giesbert/Reinhardt, Umweltrecht, Kommentar Stand 1.1.2014 § 37 Rn. 15). Die Antragstellerin ist deshalb insoweit für die Wahrnehmung ihrer aus § 37 WHG zustehenden privaten Rechte auf den Zivilrechtsweg zu verweisen.

4.2 Eine Verletzung der Rechte der Antragstellerin kommt auch nicht über Art. 11 BayBO in Betracht. Nach Art. 11 BayBO sind bauliche Anlagen so anzuordnen, zu errichten, zu ändern und instand zu halten, dass durch Wasser, Feuchtigkeit, pflanzliche und tierische Schädlinge sowie andere chemische, physikalische oder biologische Einflüsse Gefahren oder unzumutbare Belästigungen nicht entstehen. Soweit dieser Vorschrift nachbarschützende Wirkung beigemessen wird, wird ein nachbarliches Abwehrrecht nicht allgemein, sondern nur zur Abwendung von Gefahren und wesentlichen Nachteilen in Betracht gezogen (BayVGH B. v. 28.9.1999 - 2 ZB 99.233 - juris Rn. 6). Davon ist hier nicht auszugehen. Für die konkrete Möglichkeit des Schadeneintritts nur durch die Gestattungswirkung der Baugenehmigung gibt es keinen Anlass. Selbst das von der Antragstellerin vorgelegte Gutachten eines Sachverständigen stellt vorrangig auf die Problematik der Aufstauung von Grundwasser ab, enthält dagegen zur Frage möglicher Einwirkungen durch Oberflächenwasser keine substantiierten Darlegungen. Es wird nur ausgeführt, dass es infolge des bereits natürlich vorhandenen Gefälles möglicherweise bei Starkregen zu einer Wassereinwirkung auf die tiefer gelegenen Grundstücke kommen könne und dies vermieden werden müsse. Auch in seinen abschließenden Empfehlungen schlägt der Gutachter in Bezug auf das Problem des Oberflächenwassers nur Maßnahmen vor, die im Rahmen der wasserrechtlichen Genehmigung geeignet erscheinen, die Gefahr einer Überflutung der Nachbargrundstücke abzuwenden. Hauptproblem ist auch nach der Darstellung des Gutachters der hohe natürliche Grundwasserstand, der durch geeignete Auflagen (vgl. hierzu die Empfehlungen des Gutachters) in der wasserrechtlichen Erlaubnis berücksichtigt werden muss.

5. Die Verletzung sonstiger öffentlichrechtlicher Vorschriften im Prüfumfang der Baugenehmigung, die auch dem Schutz der Nachbarn dienen, ist nicht ersichtlich.

Abweichungen nach Art. 63 BayBO wurden nicht erteilt, so dass sonstige bauordnungsrechtliche Vorschriften nicht im Prüfumfang der Baugenehmigung sind, Art. 59 Abs. 1 Nr. 2 BayBO.

6. Da die streitgegenständliche Baugenehmigung keine im vereinfachten Genehmigungsverfahren nach Art. 59 BayBO zu prüfenden drittschützenden Vorschriften verletzt, hat die Klage nach der im einstweiligen Rechtschutz gebotene summarischen Prüfung voraussichtlich keine Aussicht auf Erfolg.

Der Antrag auf Aussetzung der Vollziehung der Baugenehmigung, den das Gericht nach § 88 VwGO als Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung auslegt, ist daher abzulehnen und folglich auch der Antrag auf Einstellung der Bauarbeiten und Stilllegung der Baustelle.

7. Auch der hilfsweise gestellte Antrag auf Verpflichtung der Antragsgegnerin zum Erlass geeigneter bauaufsichtlicher Maßnahmen ist abzulehnen. Nach Art. 49 BayBO liegt es im Verantwortungsbereich der Beigeladenen, die erforderliche wasserrechtliche Erlaubnis einzuholen. Die Beigeladene hat ausdrücklich erklärt, dass sie Eingriffe in die Grundwassersituation erst dann vornehmen wird, wenn die dafür erforderliche wasserrechtliche Erlaubnis bzw. die Zulassung des vorzeitigen Beginns vorliegt. Insoweit fehlt bereits das Rechtschutzbedürfnis der Antragstellerin für eine einstweilige Anordnung.

8. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.

Es entspricht billigem Ermessen i. S. von § 162 Abs. 3 VwGO, dass die Beigeladene ihre außergerichtlichen Kosten selbst trägt, da diese keinen Sachantrag gestellt und sich damit entsprechend § 154 Abs. 3 VwGO auch keinem Kostenrisiko ausgesetzt hat.

9. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 53 Abs. 3 Nr. 2 i. V. m. § 52 Abs. 1 GKG.

Urteilsbesprechung zu Verwaltungsgericht München Beschluss, 11. Aug. 2014 - M 8 SN 14.3161

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(1) Die Kosten einer baulichen Veränderung, die einem Wohnungseigentümer gestattet oder die auf sein Verlangen nach § 20 Absatz 2 durch die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer durchgeführt wurde, hat dieser Wohnungseigentümer zu tragen. Nur ihm gebüh

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 65


(1) Das Gericht kann, solange das Verfahren noch nicht rechtskräftig abgeschlossen oder in höherer Instanz anhängig ist, von Amts wegen oder auf Antrag andere, deren rechtliche Interessen durch die Entscheidung berührt werden, beiladen. (2) Sind

Baugesetzbuch - BBauG | § 212a Entfall der aufschiebenden Wirkung


(1) Widerspruch und Anfechtungsklage eines Dritten gegen die bauaufsichtliche Zulassung eines Vorhabens haben keine aufschiebende Wirkung. (2) Widerspruch und Anfechtungsklage gegen die Geltendmachung des Kostenerstattungsbetrags nach § 135a Absa

Baugesetzbuch - BBauG | § 33 Zulässigkeit von Vorhaben während der Planaufstellung


(1) In Gebieten, für die ein Beschluss über die Aufstellung eines Bebauungsplans gefasst ist, ist ein Vorhaben zulässig, wenn1.die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung nach § 3 Absatz 2, § 4 Absatz 2 und § 4a Absatz 2 bis 4 durchgeführt worden is

Wasserhaushaltsgesetz - WHG 2009 | § 3 Begriffsbestimmungen


Für dieses Gesetz gelten folgende Begriffsbestimmungen: 1. Oberirdische Gewässer das ständig oder zeitweilig in Betten fließende oder stehende oder aus Quellen wild abfließende Wasser;2. Küstengewässer das Meer zwischen der Küstenlinie bei mittlerem

Wasserhaushaltsgesetz - WHG 2009 | § 8 Erlaubnis, Bewilligung


(1) Die Benutzung eines Gewässers bedarf der Erlaubnis oder der Bewilligung, soweit nicht durch dieses Gesetz oder auf Grund dieses Gesetzes erlassener Vorschriften etwas anderes bestimmt ist. (2) Keiner Erlaubnis oder Bewilligung bedürfen Gewäss

Wasserhaushaltsgesetz - WHG 2009 | § 37 Wasserabfluss


(1) Der natürliche Ablauf wild abfließenden Wassers auf ein tiefer liegendes Grundstück darf nicht zum Nachteil eines höher liegenden Grundstücks behindert werden. Der natürliche Ablauf wild abfließenden Wassers darf nicht zum Nachteil eines tiefer l

Wasserhaushaltsgesetz - WHG 2009 | § 17 Zulassung vorzeitigen Beginns


(1) In einem Erlaubnis- oder Bewilligungsverfahren kann die zuständige Behörde auf Antrag zulassen, dass bereits vor Erteilung der Erlaubnis oder der Bewilligung mit der Gewässerbenutzung begonnen wird, wenn 1. mit einer Entscheidung zugunsten des Be

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Verwaltungsgericht München Beschluss, 11. Aug. 2014 - M 8 SN 14.3161 zitiert oder wird zitiert von 2 Urteil(en).

Verwaltungsgericht München Beschluss, 11. Aug. 2014 - M 8 SN 14.3161 zitiert 2 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 24. Juli 2014 - 15 CS 14.949

bei uns veröffentlicht am 24.07.2014

Tenor I. Die Beschwerde wird zurückgewiesen. II. Die Antragstellerinnen tragen die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen je zur Hälfte. III. Der Streitwert für

Verwaltungsgericht Augsburg Urteil, 28. Mai 2014 - Au 4 K 13.1858

bei uns veröffentlicht am 28.05.2014

Tenor I. Die Klagen werden abgewiesen. II. Die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen tragen die Kläger im Verfahren Au 4 K 13.1858 als Gesamtschuldner und die Klägerin im Verfahren Au 4 K 1

Referenzen

(1) Der natürliche Ablauf wild abfließenden Wassers auf ein tiefer liegendes Grundstück darf nicht zum Nachteil eines höher liegenden Grundstücks behindert werden. Der natürliche Ablauf wild abfließenden Wassers darf nicht zum Nachteil eines tiefer liegenden Grundstücks verstärkt oder auf andere Weise verändert werden.

(2) Eigentümer oder Nutzungsberechtigte von Grundstücken, auf denen der natürliche Ablauf wild abfließenden Wassers zum Nachteil eines höher liegenden Grundstücks behindert oder zum Nachteil eines tiefer liegenden Grundstücks verstärkt oder auf andere Weise verändert wird, haben die Beseitigung des Hindernisses oder der eingetretenen Veränderung durch die Eigentümer oder Nutzungsberechtigten der benachteiligten Grundstücke zu dulden. Satz 1 gilt nur, soweit die zur Duldung Verpflichteten die Behinderung, Verstärkung oder sonstige Veränderung des Wasserabflusses nicht zu vertreten haben und die Beseitigung vorher angekündigt wurde. Der Eigentümer des Grundstücks, auf dem das Hindernis oder die Veränderung entstanden ist, kann das Hindernis oder die eingetretene Veränderung auf seine Kosten auch selbst beseitigen.

(3) Aus Gründen des Wohls der Allgemeinheit, insbesondere der Wasserwirtschaft, der Landeskultur und des öffentlichen Verkehrs, kann die zuständige Behörde Abweichungen von den Absätzen 1 und 2 zulassen. Soweit dadurch das Eigentum unzumutbar beschränkt wird, ist eine Entschädigung zu leisten.

(4) Die Absätze 1 bis 3 gelten auch für wild abfließendes Wasser, das nicht aus Quellen stammt.

(1) Das Gericht kann, solange das Verfahren noch nicht rechtskräftig abgeschlossen oder in höherer Instanz anhängig ist, von Amts wegen oder auf Antrag andere, deren rechtliche Interessen durch die Entscheidung berührt werden, beiladen.

(2) Sind an dem streitigen Rechtsverhältnis Dritte derart beteiligt, daß die Entscheidung auch ihnen gegenüber nur einheitlich ergehen kann, so sind sie beizuladen (notwendige Beiladung).

(3) Kommt nach Absatz 2 die Beiladung von mehr als fünfzig Personen in Betracht, kann das Gericht durch Beschluß anordnen, daß nur solche Personen beigeladen werden, die dies innerhalb einer bestimmten Frist beantragen. Der Beschluß ist unanfechtbar. Er ist im Bundesanzeiger bekanntzumachen. Er muß außerdem in Tageszeitungen veröffentlicht werden, die in dem Bereich verbreitet sind, in dem sich die Entscheidung voraussichtlich auswirken wird. Die Bekanntmachung kann zusätzlich in einem von dem Gericht für Bekanntmachungen bestimmten Informations- und Kommunikationssystem erfolgen. Die Frist muß mindestens drei Monate seit Veröffentlichung im Bundesanzeiger betragen. In der Veröffentlichung in Tageszeitungen ist mitzuteilen, an welchem Tage die Frist abläuft. Für die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand bei Versäumung der Frist gilt § 60 entsprechend. Das Gericht soll Personen, die von der Entscheidung erkennbar in besonderem Maße betroffen werden, auch ohne Antrag beiladen.

(4) Der Beiladungsbeschluß ist allen Beteiligten zuzustellen. Dabei sollen der Stand der Sache und der Grund der Beiladung angegeben werden. Die Beiladung ist unanfechtbar.

(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts (Anfechtungsklage) sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts (Verpflichtungsklage) begehrt werden.

(2) Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage nur zulässig, wenn der Kläger geltend macht, durch den Verwaltungsakt oder seine Ablehnung oder Unterlassung in seinen Rechten verletzt zu sein.

(1) Die Kosten einer baulichen Veränderung, die einem Wohnungseigentümer gestattet oder die auf sein Verlangen nach § 20 Absatz 2 durch die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer durchgeführt wurde, hat dieser Wohnungseigentümer zu tragen. Nur ihm gebühren die Nutzungen.

(2) Vorbehaltlich des Absatzes 1 haben alle Wohnungseigentümer die Kosten einer baulichen Veränderung nach dem Verhältnis ihrer Anteile (§ 16 Absatz 1 Satz 2) zu tragen,

1.
die mit mehr als zwei Dritteln der abgegebenen Stimmen und der Hälfte aller Miteigentumsanteile beschlossen wurde, es sei denn, die bauliche Veränderung ist mit unverhältnismäßigen Kosten verbunden, oder
2.
deren Kosten sich innerhalb eines angemessenen Zeitraums amortisieren.
Für die Nutzungen gilt § 16 Absatz 1.

(3) Die Kosten anderer als der in den Absätzen 1 und 2 bezeichneten baulichen Veränderungen haben die Wohnungseigentümer, die sie beschlossen haben, nach dem Verhältnis ihrer Anteile (§ 16 Absatz 1 Satz 2) zu tragen. Ihnen gebühren die Nutzungen entsprechend § 16 Absatz 1.

(4) Ein Wohnungseigentümer, der nicht berechtigt ist, Nutzungen zu ziehen, kann verlangen, dass ihm dies nach billigem Ermessen gegen angemessenen Ausgleich gestattet wird. Für seine Beteiligung an den Nutzungen und Kosten gilt Absatz 3 entsprechend.

(5) Die Wohnungseigentümer können eine abweichende Verteilung der Kosten und Nutzungen beschließen. Durch einen solchen Beschluss dürfen einem Wohnungseigentümer, der nach den vorstehenden Absätzen Kosten nicht zu tragen hat, keine Kosten auferlegt werden.

(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts (Anfechtungsklage) sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts (Verpflichtungsklage) begehrt werden.

(2) Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage nur zulässig, wenn der Kläger geltend macht, durch den Verwaltungsakt oder seine Ablehnung oder Unterlassung in seinen Rechten verletzt zu sein.

Tenor

I.

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

II.

Die Antragstellerinnen tragen die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen je zur Hälfte.

III.

Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 3.750 € festgesetzt.

Gründe

I.

Die Antragstellerinnen wenden sich gegen die Genehmigung für den Neubau eines Mehrfamilienhauses mit fünf Wohneinheiten und Tiefgarage auf dem aus den FlNr. ... und ... (Gemarkung H.) bestehenden und straßenseitig über die Mittlere E. erschlossenen Baugrundstück. Sie haben als Miteigentümerinnen nach dem Wohnungseigentumsgesetz des südlich benachbarten Grundstücks FlNr. ... (Gemarkung H.) am 24. März 2014 gegen die ihnen nicht zugestellte Baugenehmigung vom 10. Oktober 2013 in eigenem Namen Klage beim Verwaltungsgericht Augsburg erhoben (Au 4 K 14.485) und zugleich vorläufigen Rechtsschutz beantragt (Au 4 S 14.486).

Mit je am 17. April 2014 zugestelltem Beschluss vom 15. April 2014 lehnte das Verwaltungsgericht den Eilantrag ab. Das Vorhaben verletze keine im vereinfachten Verfahren nach Art. 59 Satz 1 Nr. 1 BayBO zu prüfenden Vorschriften des Bauplanungsrechts. Da bereits ein Schmutzwasserkanal durch das Grundstück der Antragstellerinnen zu dem in der U. verlegten öffentlichen Kanal führe, werde ihnen durch die Baugenehmigung für das Nachbargrundstück kein Notleitungsrecht in entsprechender Anwendung von § 917 Abs. 1 BGB aufgezwungen. Fragen nach dem Umfang der aus der im Grundbuch eingetragenen Dienstbarkeit resultierenden Duldungspflichten seien bürgerlich-rechtlicher Natur und vor den Zivilgerichten zu klären. Die Ableitung von Regenwasser in die dafür vorhandene zweite Rohrleitung habe ein Gutachter in einer Stellungnahme vom 16. März 2014 zwar als “grenzwertig“ angesehen. Das bedeute aber, dass diese Ableitungsanlage noch als ausreichend angesehen werden könne und die Erschließung damit gesichert sei.

Gegen diese Entscheidung richtet sich die Beschwerde der Antragstellerinnen. Sie beantragen sinngemäß,

den Beschluss des Verwaltungsgerichts Augsburg vom 15. April 2014 aufzuheben und die aufschiebende Wirkung der Klage gegen die Baugenehmigung vom 10. Oktober 2013 anzuordnen sowie die Einstellung der Bauarbeiten zu verfügen.

Hier sei zu berücksichtigen, dass eine ordnungsgemäße Erschließung allein über das Grundstück der Antragstellerinnen erfolgen solle. Die Leitung für das Oberflächenwasser (Regenwasser) habe keine ausreichenden Sicherheitsreserven, weshalb die Gefahr von Überflutungen des tiefer gelegenen Grundstücks bestehe und Schäden auch am Eigentum der Antragstellerinnen entstehen könnten. Eine verfassungskonforme Auslegung von Art. 59 BayBO gebiete, Art. 14 Abs. 1 GG als Prüfungsmaßstab heranzuziehen. Die Baugenehmigung könne so, wie sie erteilt wurde, nicht bestehen bleiben. Im Übrigen dürfe die Bauaufsichtsbehörde einen Bauantrag gemäß Art. 68 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 2 BayBO auch ablehnen, wenn das Vorhaben gegen nicht im Genehmigungsverfahren zu prüfende Vorschriften verstoße. Mit Beschluss vom 3. Juli 2014 hätten sämtliche Wohnungseigentümer die bisherige Prozessführung der Antragstellerinnen genehmigt und diese ermächtigt, die Rechte der Gemeinschaft im eigenen Namen geltend zu machen.

Der Antragsgegner beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Nachdem der Rohbau fertiggestellt sei, sei das Rechtsschutzbedürfnis für den Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz entfallen. Unabhängig davon seien die Anforderungen des Art. 11 BayBO (Schutz gegen Einwirkungen durch bauliche Anlagen) nicht Gegenstand der Prüfung im vereinfachten Verfahren nach Art. 59 BayBO. Die Baugenehmigung enthalte dazu auch keine Feststellungen, weshalb eine Rechtsverletzung der Antragstellerinnen ausscheide. Die von Art. 68 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 2 BayBO der Baubehörde eingeräumte Ablehnungsbefugnis diene nicht der Wahrung nachbarlicher Interessen. Den Nachbarn werde kein Recht auf fehlerfreie Ausübung des Ermessens dahingehend eingeräumt, dass die Baugenehmigung in den vom sachlichen Anwendungsbereich der Vorschrift erfassten Fällen abzulehnen sei. Im Übrigen sei die Entwässerung der Tiefgaragenzufahrt auf dem Baugrundstück auch ohne Inanspruchnahme des Grundstücks FlNr. ***/* möglich.

Die Beigeladene beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Wegen des sonstigen Vorbringens der Beteiligten und der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten und die beigezogene Bauakte verwiesen.

II.

Die Prüfung der statthaften (§ 146 Abs. 1 VwGO) sowie form- und fristgerecht eingelegten (§ 147 Abs. 1 Alt. 1 VwGO) Beschwerde in erster Linie anhand der fristgerecht dargelegten Gründe (§ 146 Abs. 4 Satz 1, 3 und 6 VwGO) ergibt, dass die Klage gegen die Baugenehmigung des Antragsgegners voraussichtlich erfolglos bleiben wird. Der Senat teilt im Ergebnis die Einschätzung des Verwaltungsgerichts, dass die Genehmigung keine eigenen öffentlich-rechtlichen Nachbarrechte der Antragstellerinnen verletzt. Im Hinblick auf die befürchteten Schäden am Sondereigentum durch Überflutung des Grundstücks FlNr. ***/* bei Starkregen fehlt es bereits an einer entsprechenden Regelung in der Baugenehmigung; daneben wird die mögliche Beeinträchtigung eigener Rechte nicht schlüssig dargelegt (1.). § 10 Abs. 6 Satz 3 WEG weist die Befugnis zur Wahrnehmung gemeinschaftsbezogener Abwehrrechte der insoweit rechtsfähigen Gemeinschaft der Wohnungseigentümer zu; eine gewillkürte Prozessstandschaft - die rechtsgeschäftliche Übertragung der Befugnis, fremde Rechte in eigenem Namen gerichtlich zu verfolgen - ist im Anfechtungsrechtsstreit vor den Verwaltungsgerichten durch § 42 Abs. 2 VwGO ausgeschlossen (2.).

1. Der Prüfungsumfang und damit zugleich die Feststellungswirkung (Art. 68 Abs. 1 Satz 1 BayBO) der im vereinfachten Baugenehmigungsverfahren erteilten Baugenehmigung hat sich gemäß § 59 Satz 1 BayBO im vorliegenden Fall unter anderem darauf beschränkt, ob die Erschließung des Vorhabens nach § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB gesichert ist. Die in diesem Zusammenhang zu prüfenden Mindestanforderungen an die Sicherung ausreichender Erschließung bestimmen sich nach dem jeweils zu errichtenden Vorhaben (BVerwG, U. v. 20.8.1985 - 4 C 48/81 - ZfBR 1985, 288 = juris Rn. 15 f.). Der vom Gesetz nicht definierte bundesrechtliche (BVerwG, U. v. 3.5.1988 - 4 C 54/85 - BauR 1988, 576 = juris Rn. 23) Begriff der öffentlichen, bauplanungsrechtlichen Erschließung umfasst nach allgemeiner Auffassung die Erreichbarkeit des Baugrundstücks mit Kraftfahrzeugen über öffentliche Verkehrsanlagen, die Versorgung mit Wasser, Elektrizität und Energie (str.) sowie die Beseitigung der Abwässer und der festen Abfälle (Driehaus in Berliner Kommentar zum Baugesetzbuch, Stand Mai 2014, § 123 Rn. 3; Vogel in Brügelmann, Baugesetzbuch, Stand Februar 2014, § 123 Rn. 2; Ernst/Griwotz in Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, Baugesetzbuch, Stand 1. Januar 2014, § 123 Rn. 4 b; Gloria, NVwZ 1991, 720, 721 f.). Zu der so beschriebenen bodenrechtlich-grundstücksbezogenen Erschließung zählt nicht ein allgemeiner „bauordnungsrechtlicher Umgebungsschutz“ (König in Schwarzer/König, Bayerische Bauordnung, 4. Auflage 2012, Art. 11 Rn. 6 a.E.), den beispielsweise Art. 11 BayBO in Gestalt allgemeiner sicherheitsrechtlicher Anforderungen an bauliche Anlagen zum Schutz vor Einwirkungen - auch in der Nachbarschaft des Vorhabens - zum Gegenstand hat.

Nachdem der Bauantrag der Beigeladenen am 4. Juli 2013 bei ihr eingegangen war, hat die Gemeinde im bauaufsichtlichen Genehmigungsverfahren mit Beschluss des Gemeinderats vom 30. Juli 2013 dem Vorhaben zugestimmt und ergänzend festgestellt, dass die Zufahrt, die Wasserversorgung und die Abwasserbeseitigung (Kanalisation im Trennsystem) gesichert seien (Bl. 138/140 d. Bauakte). Auf dieser Grundlage erteilte das Landratsamt mit Datum vom 10. Oktober 2013 die Baugenehmigung im vereinfachten Verfahren gemäß Art. 59 BayBO. Der Bescheid weist im Text (unter 3. auf S. 3) lediglich auf die oben zitierte Stellungnahme der Gemeinde hin. Die mit Genehmigungsvermerk versehenen Bauvorlagen (Bl. 53, 62-69 d. Bauakte) enthalten keine zeichnerische Darstellung der Oberflächenwasserentsorgung des Vorhabens auf dem Baugrundstück oder über das benachbarte Grundstück FlNr. 269/1.

Daraus folgt, dass die Oberflächenentwässerung des Baugrundstücks nicht in der angegriffenen Baugenehmigung geregelt worden ist. Infolgedessen geht die Anfechtung der Genehmigung mit der Begründung, von einer mangelnden Sicherung der Oberflächenentwässerung des Baugrundstücks gingen Nachteile oder Gefahren für das Grundstück FlNr. ... aus, von vorneherein ins Leere (vgl. BVerwG, B. v. 16.1.1997 - 4 B 244/96 - NVwZ 1998, 58 = juris Rn. 3). Zwar finden sich in der obergerichtlichen Rechtsprechung vereinzelt Erwägungen dazu, dass eine Baugenehmigung deshalb gegen das einfachgesetzliche Rücksichtnahmegebot verstoßen könnte, weil die Entsorgung von Niederschlagswasser auf dem Baugrundstück nicht wie im Bebauungsplan vorgesehen gewährleistet sei oder durch einen genehmigten Erdwall zulasten der Nachbarschaft verändert werde (vgl. BayVGH, B.v. 24.1.2006 - 20 CS 05.3147 - juris Rn. 10-13; B.v. 11.9.2012 - 15 CS 12.634 - juris Rn. 13-15). Enthält aber - wie im vorliegenden Fall - die Baugenehmigung als öffentlich-rechtliche Unbedenklichkeitsbescheinigung keine Aussage dazu, dass auch die Abführung von Oberflächenwasser den Vorschriften des öffentlichen Rechts entspricht, bleibt der Nachbar in diesem Punkt auf die Geltendmachung zivilrechtlicher Ansprüche (vgl. § 1004 Abs. 1 BGB) beschränkt. Die Anwendung der zum bauplanungsrechtlichen Rücksichtnahmegebot entwickelten Grundsätze wird durch den Regelungsumfang der jeweils erteilten Baugenehmigung begrenzt.

Abgesehen davon haben die Antragstellerinnen auch unter Berücksichtigung ihrer - im Schriftsatz vom 10. Juli 2014 erstmalig enthaltenen - näheren Äußerungen zu möglichen Beeinträchtigungen ihres Sondereigentums nicht substanziiert aufgezeigt, dass die genehmigte Bebauung insoweit zu unzumutbaren Verhältnissen führen könnte. Wenn es wegen der vom Gutachter (vgl. baufachliche Stellungnahme vom 16.3.2014, Bl. 192-235 d. Bauakte = Bl. 16-60 der VG-Akte) als „grenzwertig“ bezeichneten Dimensionierung des Regenwasserkanals tatsächlich zu einem Rückstau des „Abwassers“ (?) in das Anwesen auf dem Grundstück FlNr. ... kommen sollte, läge die Ursache dafür vor allem in dem Zusammentreffen zweier in einem Teilabschnitt (ab „RW 2“) über denselben Regenwasserkanal abgeführten Oberflächenwasserströme, nämlich aus dem Baugrundstück und dem Unterliegergrundstück, an dem die Antragstellerinnen mitbeteiligt sind. Wie in einem solchen Fall der Nachweis der alleinigen oder überwiegenden Verursachung eines Rückstaus bis in das Haus auf dem Unterliegergrundstück durch Wasser, das vom Oberliegergrundstück herrührt, zu führen wäre, erscheint schon für sich betrachtet nicht plausibel. Die zitierte Begutachtung nimmt für ein statistisch am Standort Lindau einmal in zwei Jahren überschrittenes Regenereignis mit einer kurzzeitigen (fünfminütigen) Menge von 241 l/s einen Regenwasser-Volumenstrom von insgesamt 12,30 l/s für das Baugrundstück und einen solchen von 10,80 l/s für das Unterliegergrundstück an. Ab dem Einleitpunkt „RW 2“ werden lt. dem Gutachten insgesamt 21,2 l/s ausgewiesen. Wegen des nur geringen Gefälles zwischen dem Schacht am Einleitpunkt „RW 2“ bis zum rund 3,50 m entfernten Schacht „RW 3“ (von Schachtsohle RW 2 - 411,02 - zur Schachtsohle RW 3 - 410.95 - insgesamt 7 cm) empfiehlt die zitierte Begutachtung eine nochmalige Überprüfung, ob der ab „RW 2“ in „DN 200“ ausgeführte Kanal ausreichend dimensioniert ist. Eine Schadensprognose wird aber auch für den Bestand nicht aufgestellt, zumal für eine Leitung mit „DN 200“ bei Vollfüllung eine tatsächliche Abflussleistung von rd. 33 l/s angegeben wird. Es kommt hinzu, dass die Antragstellerinnen sich zu der am Ende des Gutachtens angesprochenen Frage, ob für das Gebäude auf dem Grundstück FlNr. ... eine Rückstausicherung vorhanden ist, nicht geäußert haben. Bei diesem Sach- und Erkenntnisstand ist die zuletzt vorgetragene „naturgemäße Beeinträchtigung des Sondereigentums im Erdgeschoss (Antragstellerin 2) und im Kellergeschoss (beide Antragstellerinnen)“ durch einen Rückstau allenfalls spekulativ.

Gleiches gilt für die angenommenen Überflutungsschäden am Sondereigentum der Antragstellerinnen im Erdgeschoss und Kellergeschoss. Mit den in dem mehrfach erwähnten Gutachten enthaltenen Annahmen und Folgerungen für ein dreißigjähriges Regenereignis, das kurzzeitig nicht in einen Vorfluter (Kanal oder Gewässer) entwässert werden kann, lässt sich auch diese Befürchtung nicht schlüssig belegen. Der Gutachter schätzt die Überflutungshöhe des Baugrundstücks auf befestigten und für die Berechnung als eben unterstellten Flächen außerhalb des Gebäudes alternativ mit einem (zurückzuhaltende Regenwassermenge 6,3 Kubikmeter) oder zwei Zentimetern (zurückzuhaltende Regenwassermenge 13,6 Kubikmeter) ab. Da das Grundstück FlNr. ... im Süden lediglich mit einer - wegen eines rechtwinkligen Grenzversprungs im Westen - projizierten Länge von rd. 24 m an das insgesamt 45 m breite Baugrundstück angrenzt (vgl. Bl. 53 der Bauakte) wäre es von den angesprochenen Gesamtwassermengen selbst im Falle ihres ungehinderten Abflusses in Richtung Untere E. auch nur etwa zur Hälfte betroffen. Im Schriftsatz vom 10. Juli 2014 wird nicht ansatzweise dargestellt, wie es angesichts dessen zu einem Wassereinbruch in den Keller des Gebäudes auf FlNr. ... - und damit in das Teil- oder Sondereigentum (vgl. § 1 Abs. 2 und 3 WEG) der Antragstellerinnen - kommen sollte.

2. Hinsichtlich der in der Baugenehmigung als gesichert festgestellten abwassermäßigen Erschließung haben die Antragstellerinnen keine Bedenken vorgetragen. Die vorhandene Leitung im Grundstück FlNr. ... ist zur ordnungsgemäßen Ableitung der vom Bauvorhaben herrührenden Abwässer nach den in den Akten enthaltenen Aussagen geeignet, die Baugenehmigung bewirkt damit keine Rechtsverschlechterung in Richtung auf die Duldung eines „Notleitungsrechts“ entsprechend § 917 Abs. 1 BGB (BVerwG, U. v. 26.3.1976 - 4 C 7/74 - BVerwGE 50, 282; B. v. 11.5.1998 - 4 B 45/98 - BRS 60 Nr. 182 = juris Rn. 8; BayVGH, U. v. 17.11.1999 - 26 B 96.1268 - BayVBl 2000, 472; B. v. 30.4.2007 - 1 CS 06.3335 - NVwZ-RR 2008, 80 = juris Rn. 29-31).

Abgesehen davon wären die Antragstellerinnen selbst bei einer rechtswidrigen Inanspruchnahme des Grundstücks FlNr. 269/1 in diesem Zusammenhang nicht klage- und antragsbefugt, § 42 Abs. 2 VwGO. Bei der Abwehr von Beeinträchtigungen des im gemeinschaftlichen Eigentum stehenden Grundstücks (§ 1 Abs. 5 WEG) handelt es sich um Maßnahmen der Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums (§ 21 WEG). Zur Wahrnehmung entsprechender Rechte gegenüber Dritten ist gemäß § 10 Abs. 6 Satz 1 bis 3 WEG die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer befugt. Diese Befugnis kann im verwaltungsgerichtlichen Anfechtungsrechtsstreit nicht rechtsgeschäftlich dergestalt auf Dritte übertragen werden, dass diese fremde Rechte - hier der insoweit rechtsfähigen Gemeinschaft der Wohnungseigentümer - in eigenem Namen geltend machen können. § 42 Abs. 2 VwGO verlangt für die Zulässigkeit einer Anfechtungsklage, dass der Kläger die Verletzung eigener Rechte geltend macht (Happ in Eyermann, VwGO, 13. Aufl. 2010, § 42 Rn. 71). Eine gewillkürte Prozessstandschaft ist im Anfechtungsrechtsstreit ausgeschlossen (BVerwG, U. v. 26.10.1995 - 3 C 27/94 - NVwZ-RR 1996, 537 = juris Rn. 19; BayVGH, B. v. 16.8.2000 - 19 B 99.2247 - BayVBl 2001, 725 = juris Rn. 25; Happ, a. a. O., Rn. 76; Kopp/Schenke, VwGO, 19. Aufl. 2013, vor § 40 Rn. 25; Schmidt-Kötters in Posser/Wolff, VwGO, 2. Aufl. 2014, § 42 Rn. 114-115.1; Redeker/von Oertzen, VwGO, 15. Aufl. 2010, § 63 Rn. 7 a; Czybulka in Sodan/Ziekow, VwGO, 4. Aufl. 2014, § 62 Rn. 21; Wahl/Schütz in Schoch u. a., VwGO, Stand April 2013, § 42 Abs. 2 Rn. 37; Wysk, VwGO, 2011, vor § 40 Rn. 37; vgl. auch von Albedyll in Bader u. a., VwGO, 5. Aufl. 2011, § 42 Rn. 62, 65, 67).

Nach alledem konnte die Beschwerde der Antragstellerinnen gegen die Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichts Augsburg vom 15. April 2014 keinen Erfolg haben.

3. Kosten: § 154 Abs. 2, Abs. 3 Halbs. 1, § 159 Satz 1, § 162 Abs. 3 VwGO, § 100 Abs. 1 ZPO. Streitwert: § 63 Abs. 2 Satz 1, § 47 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1, § 53 Abs. 2 Nr. 2 und § 52 Abs. 1 GKG; die Festsetzung orientiert sich an Nr. 1.5 und 9.7.1 Streitwertkatalog 2013 für die Verwaltungsgerichtsbarkeit (NVwZ-Beilage 2013, 57).

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage eines Dritten gegen die bauaufsichtliche Zulassung eines Vorhabens haben keine aufschiebende Wirkung.

(2) Widerspruch und Anfechtungsklage gegen die Geltendmachung des Kostenerstattungsbetrags nach § 135a Absatz 3 sowie des Ausgleichsbetrags nach § 154 durch die Gemeinde haben keine aufschiebende Wirkung.

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage eines Dritten gegen die bauaufsichtliche Zulassung eines Vorhabens haben keine aufschiebende Wirkung.

(2) Widerspruch und Anfechtungsklage gegen die Geltendmachung des Kostenerstattungsbetrags nach § 135a Absatz 3 sowie des Ausgleichsbetrags nach § 154 durch die Gemeinde haben keine aufschiebende Wirkung.

(1) Das Gericht erforscht den Sachverhalt von Amts wegen; die Beteiligten sind dabei heranzuziehen. Es ist an das Vorbringen und an die Beweisanträge der Beteiligten nicht gebunden.

(2) Ein in der mündlichen Verhandlung gestellter Beweisantrag kann nur durch einen Gerichtsbeschluß, der zu begründen ist, abgelehnt werden.

(3) Der Vorsitzende hat darauf hinzuwirken, daß Formfehler beseitigt, unklare Anträge erläutert, sachdienliche Anträge gestellt, ungenügende tatsächliche Angaben ergänzt, ferner alle für die Feststellung und Beurteilung des Sachverhalts wesentlichen Erklärungen abgegeben werden.

(4) Die Beteiligten sollen zur Vorbereitung der mündlichen Verhandlung Schriftsätze einreichen. Hierzu kann sie der Vorsitzende unter Fristsetzung auffordern. Die Schriftsätze sind den Beteiligten von Amts wegen zu übermitteln.

(5) Den Schriftsätzen sind die Urkunden oder elektronischen Dokumente, auf die Bezug genommen wird, in Abschrift ganz oder im Auszug beizufügen. Sind die Urkunden dem Gegner bereits bekannt oder sehr umfangreich, so genügt die genaue Bezeichnung mit dem Anerbieten, Einsicht bei Gericht zu gewähren.

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) In Gebieten, für die ein Beschluss über die Aufstellung eines Bebauungsplans gefasst ist, ist ein Vorhaben zulässig, wenn

1.
die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung nach § 3 Absatz 2, § 4 Absatz 2 und § 4a Absatz 2 bis 4 durchgeführt worden ist,
2.
anzunehmen ist, dass das Vorhaben den künftigen Festsetzungen des Bebauungsplans nicht entgegensteht,
3.
der Antragsteller diese Festsetzungen für sich und seine Rechtsnachfolger schriftlich anerkennt und
4.
die Erschließung gesichert ist.

(2) In Fällen des § 4a Absatz 3 Satz 1 kann vor der erneuten Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung ein Vorhaben zugelassen werden, wenn sich die vorgenommene Änderung oder Ergänzung des Bebauungsplanentwurfs nicht auf das Vorhaben auswirkt und die in Absatz 1 Nummer 2 bis 4 bezeichneten Voraussetzungen erfüllt sind.

(3) Wird ein Verfahren nach § 13 oder § 13a durchgeführt, kann ein Vorhaben vor Durchführung der Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung zugelassen werden, wenn die in Absatz 1 Nummer 2 bis 4 bezeichneten Voraussetzungen erfüllt sind. Der betroffenen Öffentlichkeit und den berührten Behörden und sonstigen Trägern öffentlicher Belange ist vor Erteilung der Genehmigung Gelegenheit zur Stellungnahme innerhalb angemessener Frist zu geben, soweit sie dazu nicht bereits zuvor Gelegenheit hatten.

(1) Von den Festsetzungen des Bebauungsplans können solche Ausnahmen zugelassen werden, die in dem Bebauungsplan nach Art und Umfang ausdrücklich vorgesehen sind.

(2) Von den Festsetzungen des Bebauungsplans kann befreit werden, wenn die Grundzüge der Planung nicht berührt werden und

1.
Gründe des Wohls der Allgemeinheit, einschließlich der Wohnbedürfnisse der Bevölkerung, des Bedarfs zur Unterbringung von Flüchtlingen oder Asylbegehrenden, des Bedarfs an Anlagen für soziale Zwecke und des Bedarfs an einem zügigen Ausbau der erneuerbaren Energien, die Befreiung erfordern oder
2.
die Abweichung städtebaulich vertretbar ist oder
3.
die Durchführung des Bebauungsplans zu einer offenbar nicht beabsichtigten Härte führen würde
und wenn die Abweichung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.

(3) In einem Gebiet mit einem angespannten Wohnungsmarkt, das nach § 201a bestimmt ist, kann mit Zustimmung der Gemeinde im Einzelfall von den Festsetzungen des Bebauungsplans zugunsten des Wohnungsbaus befreit werden, wenn die Befreiung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist. Von Satz 1 kann nur bis zum Ende der Geltungsdauer der Rechtsverordnung nach § 201a Gebrauch gemacht werden. Die Befristung in Satz 2 bezieht sich nicht auf die Geltungsdauer einer Genehmigung, sondern auf den Zeitraum, bis zu dessen Ende im bauaufsichtlichen Verfahren von der Vorschrift Gebrauch gemacht werden kann. Für die Zustimmung der Gemeinde nach Satz 1 gilt § 36 Absatz 2 Satz 2 entsprechend.

(1) In Gebieten, für die ein Beschluss über die Aufstellung eines Bebauungsplans gefasst ist, ist ein Vorhaben zulässig, wenn

1.
die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung nach § 3 Absatz 2, § 4 Absatz 2 und § 4a Absatz 2 bis 4 durchgeführt worden ist,
2.
anzunehmen ist, dass das Vorhaben den künftigen Festsetzungen des Bebauungsplans nicht entgegensteht,
3.
der Antragsteller diese Festsetzungen für sich und seine Rechtsnachfolger schriftlich anerkennt und
4.
die Erschließung gesichert ist.

(2) In Fällen des § 4a Absatz 3 Satz 1 kann vor der erneuten Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung ein Vorhaben zugelassen werden, wenn sich die vorgenommene Änderung oder Ergänzung des Bebauungsplanentwurfs nicht auf das Vorhaben auswirkt und die in Absatz 1 Nummer 2 bis 4 bezeichneten Voraussetzungen erfüllt sind.

(3) Wird ein Verfahren nach § 13 oder § 13a durchgeführt, kann ein Vorhaben vor Durchführung der Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung zugelassen werden, wenn die in Absatz 1 Nummer 2 bis 4 bezeichneten Voraussetzungen erfüllt sind. Der betroffenen Öffentlichkeit und den berührten Behörden und sonstigen Trägern öffentlicher Belange ist vor Erteilung der Genehmigung Gelegenheit zur Stellungnahme innerhalb angemessener Frist zu geben, soweit sie dazu nicht bereits zuvor Gelegenheit hatten.

(1) Von den Festsetzungen des Bebauungsplans können solche Ausnahmen zugelassen werden, die in dem Bebauungsplan nach Art und Umfang ausdrücklich vorgesehen sind.

(2) Von den Festsetzungen des Bebauungsplans kann befreit werden, wenn die Grundzüge der Planung nicht berührt werden und

1.
Gründe des Wohls der Allgemeinheit, einschließlich der Wohnbedürfnisse der Bevölkerung, des Bedarfs zur Unterbringung von Flüchtlingen oder Asylbegehrenden, des Bedarfs an Anlagen für soziale Zwecke und des Bedarfs an einem zügigen Ausbau der erneuerbaren Energien, die Befreiung erfordern oder
2.
die Abweichung städtebaulich vertretbar ist oder
3.
die Durchführung des Bebauungsplans zu einer offenbar nicht beabsichtigten Härte führen würde
und wenn die Abweichung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.

(3) In einem Gebiet mit einem angespannten Wohnungsmarkt, das nach § 201a bestimmt ist, kann mit Zustimmung der Gemeinde im Einzelfall von den Festsetzungen des Bebauungsplans zugunsten des Wohnungsbaus befreit werden, wenn die Befreiung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist. Von Satz 1 kann nur bis zum Ende der Geltungsdauer der Rechtsverordnung nach § 201a Gebrauch gemacht werden. Die Befristung in Satz 2 bezieht sich nicht auf die Geltungsdauer einer Genehmigung, sondern auf den Zeitraum, bis zu dessen Ende im bauaufsichtlichen Verfahren von der Vorschrift Gebrauch gemacht werden kann. Für die Zustimmung der Gemeinde nach Satz 1 gilt § 36 Absatz 2 Satz 2 entsprechend.

Für dieses Gesetz gelten folgende Begriffsbestimmungen:

1.
Oberirdische Gewässer
das ständig oder zeitweilig in Betten fließende oder stehende oder aus Quellen wild abfließende Wasser;
2.
Küstengewässer
das Meer zwischen der Küstenlinie bei mittlerem Hochwasser oder zwischen der seewärtigen Begrenzung der oberirdischen Gewässer und der seewärtigen Begrenzung des Küstenmeeres; die seewärtige Begrenzung von oberirdischen Gewässern, die nicht Binnenwasserstraßen des Bundes sind, richtet sich nach den landesrechtlichen Vorschriften;
2a.
Meeresgewässer
die Küstengewässer sowie die Gewässer im Bereich der deutschen ausschließlichen Wirtschaftszone und des Festlandsockels, jeweils einschließlich des Meeresgrundes und des Meeresuntergrundes;
3.
Grundwasser
das unterirdische Wasser in der Sättigungszone, das in unmittelbarer Berührung mit dem Boden oder dem Untergrund steht;
4.
Künstliche Gewässer
von Menschen geschaffene oberirdische Gewässer oder Küstengewässer;
5.
Erheblich veränderte Gewässer
durch den Menschen in ihrem Wesen physikalisch erheblich veränderte oberirdische Gewässer oder Küstengewässer;
6.
Wasserkörper
einheitliche und bedeutende Abschnitte eines oberirdischen Gewässers oder Küstengewässers (Oberflächenwasserkörper) sowie abgegrenzte Grundwasservolumen innerhalb eines oder mehrerer Grundwasserleiter (Grundwasserkörper);
7.
Gewässereigenschaften
die auf die Wasserbeschaffenheit, die Wassermenge, die Gewässerökologie und die Hydromorphologie bezogenen Eigenschaften von Gewässern und Gewässerteilen;
8.
Gewässerzustand
die auf Wasserkörper bezogenen Gewässereigenschaften als ökologischer, chemischer oder mengenmäßiger Zustand eines Gewässers; bei als künstlich oder erheblich verändert eingestuften Gewässern tritt an die Stelle des ökologischen Zustands das ökologische Potenzial;
9.
Wasserbeschaffenheit
die physikalische, chemische oder biologische Beschaffenheit des Wassers eines oberirdischen Gewässers oder Küstengewässers sowie des Grundwassers;
10.
Schädliche Gewässerveränderungen
Veränderungen von Gewässereigenschaften, die das Wohl der Allgemeinheit, insbesondere die öffentliche Wasserversorgung, beeinträchtigen oder die nicht den Anforderungen entsprechen, die sich aus diesem Gesetz, aus auf Grund dieses Gesetzes erlassenen oder aus sonstigen wasserrechtlichen Vorschriften ergeben;
11.
Stand der Technik
der Entwicklungsstand fortschrittlicher Verfahren, Einrichtungen oder Betriebsweisen, der die praktische Eignung einer Maßnahme zur Begrenzung von Emissionen in Luft, Wasser und Boden, zur Gewährleistung der Anlagensicherheit, zur Gewährleistung einer umweltverträglichen Abfallentsorgung oder sonst zur Vermeidung oder Verminderung von Auswirkungen auf die Umwelt zur Erreichung eines allgemein hohen Schutzniveaus für die Umwelt insgesamt gesichert erscheinen lässt; bei der Bestimmung des Standes der Technik sind insbesondere die in der Anlage 1 aufgeführten Kriterien zu berücksichtigen;
12.
EMAS-Standort
diejenige Einheit einer Organisation, die nach § 32 Absatz 1 Satz 1 des Umweltauditgesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 4. September 2002 (BGBl. I S. 3490), das zuletzt durch Artikel 1 des Gesetzes vom 6. Dezember 2011 (BGBl. I S. 2509) geändert worden ist, in der jeweils geltenden Fassung in das EMAS-Register eingetragen ist;
13.
Einzugsgebiet
ein Gebiet, aus dem über oberirdische Gewässer der gesamte Oberflächenabfluss an einer einzigen Flussmündung, einem Ästuar oder einem Delta ins Meer gelangt;
14.
Teileinzugsgebiet
ein Gebiet, aus dem über oberirdische Gewässer der gesamte Oberflächenabfluss an einem bestimmten Punkt in ein oberirdisches Gewässer gelangt;
15.
Flussgebietseinheit
ein als Haupteinheit für die Bewirtschaftung von Einzugsgebieten festgelegtes Land- oder Meeresgebiet, das aus einem oder mehreren benachbarten Einzugsgebieten, dem ihnen zugeordneten Grundwasser und den ihnen zugeordneten Küstengewässern im Sinne des § 7 Absatz 5 Satz 2 besteht;
16.
Wasserdienstleistungen sind folgende Dienstleistungen für Haushalte, öffentliche Einrichtungen oder wirtschaftliche Tätigkeiten jeder Art:
a)
Entnahme, Aufstauung, Speicherung, Behandlung und Verteilung von Wasser aus einem Gewässer;
b)
Sammlung und Behandlung von Abwasser in Abwasseranlagen, die anschließend in oberirdische Gewässer einleiten;
17.
Wassernutzungen sind alle Wasserdienstleistungen sowie andere Handlungen mit Auswirkungen auf den Zustand eines Gewässers, die im Hinblick auf die Bewirtschaftungsziele nach den §§ 27 bis 31, 44 und 47 signifikant sind.

(1) Die Benutzung eines Gewässers bedarf der Erlaubnis oder der Bewilligung, soweit nicht durch dieses Gesetz oder auf Grund dieses Gesetzes erlassener Vorschriften etwas anderes bestimmt ist.

(2) Keiner Erlaubnis oder Bewilligung bedürfen Gewässerbenutzungen, die der Abwehr einer gegenwärtigen Gefahr für die öffentliche Sicherheit dienen, sofern der drohende Schaden schwerer wiegt als die mit der Benutzung verbundenen nachteiligen Veränderungen von Gewässereigenschaften. Die zuständige Behörde ist unverzüglich über die Benutzung zu unterrichten.

(3) Keiner Erlaubnis oder Bewilligung bedürfen ferner bei Übungen und Erprobungen für Zwecke der Verteidigung oder der Abwehr von Gefahren für die öffentliche Sicherheit

1.
das vorübergehende Entnehmen von Wasser aus einem Gewässer,
2.
das Wiedereinleiten des Wassers in ein Gewässer mittels beweglicher Anlagen und
3.
das vorübergehende Einbringen von Stoffen in ein Gewässer,
wenn durch diese Benutzungen andere nicht oder nur geringfügig beeinträchtigt werden und keine nachteilige Veränderung der Gewässereigenschaften zu erwarten ist. Die Gewässerbenutzung ist der zuständigen Behörde rechtzeitig vor Beginn der Übung oder der Erprobung anzuzeigen.

(4) Ist bei der Erteilung der Erlaubnis oder der Bewilligung nichts anderes bestimmt worden, geht die Erlaubnis oder die Bewilligung mit der Wasserbenutzungsanlage oder, wenn sie für ein Grundstück erteilt worden ist, mit diesem auf den Rechtsnachfolger über.

(1) In einem Erlaubnis- oder Bewilligungsverfahren kann die zuständige Behörde auf Antrag zulassen, dass bereits vor Erteilung der Erlaubnis oder der Bewilligung mit der Gewässerbenutzung begonnen wird, wenn

1.
mit einer Entscheidung zugunsten des Benutzers gerechnet werden kann,
2.
an dem vorzeitigen Beginn ein öffentliches Interesse oder ein berechtigtes Interesse des Benutzers besteht und
3.
der Benutzer sich verpflichtet, alle bis zur Entscheidung durch die Benutzung verursachten Schäden zu ersetzen und, falls die Benutzung nicht erlaubt oder bewilligt wird, den früheren Zustand wiederherzustellen.

(2) Die Zulassung des vorzeitigen Beginns kann jederzeit widerrufen werden. § 13 gilt entsprechend.

Tenor

I.

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

II.

Die Antragstellerinnen tragen die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen je zur Hälfte.

III.

Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 3.750 € festgesetzt.

Gründe

I.

Die Antragstellerinnen wenden sich gegen die Genehmigung für den Neubau eines Mehrfamilienhauses mit fünf Wohneinheiten und Tiefgarage auf dem aus den FlNr. ... und ... (Gemarkung H.) bestehenden und straßenseitig über die Mittlere E. erschlossenen Baugrundstück. Sie haben als Miteigentümerinnen nach dem Wohnungseigentumsgesetz des südlich benachbarten Grundstücks FlNr. ... (Gemarkung H.) am 24. März 2014 gegen die ihnen nicht zugestellte Baugenehmigung vom 10. Oktober 2013 in eigenem Namen Klage beim Verwaltungsgericht Augsburg erhoben (Au 4 K 14.485) und zugleich vorläufigen Rechtsschutz beantragt (Au 4 S 14.486).

Mit je am 17. April 2014 zugestelltem Beschluss vom 15. April 2014 lehnte das Verwaltungsgericht den Eilantrag ab. Das Vorhaben verletze keine im vereinfachten Verfahren nach Art. 59 Satz 1 Nr. 1 BayBO zu prüfenden Vorschriften des Bauplanungsrechts. Da bereits ein Schmutzwasserkanal durch das Grundstück der Antragstellerinnen zu dem in der U. verlegten öffentlichen Kanal führe, werde ihnen durch die Baugenehmigung für das Nachbargrundstück kein Notleitungsrecht in entsprechender Anwendung von § 917 Abs. 1 BGB aufgezwungen. Fragen nach dem Umfang der aus der im Grundbuch eingetragenen Dienstbarkeit resultierenden Duldungspflichten seien bürgerlich-rechtlicher Natur und vor den Zivilgerichten zu klären. Die Ableitung von Regenwasser in die dafür vorhandene zweite Rohrleitung habe ein Gutachter in einer Stellungnahme vom 16. März 2014 zwar als “grenzwertig“ angesehen. Das bedeute aber, dass diese Ableitungsanlage noch als ausreichend angesehen werden könne und die Erschließung damit gesichert sei.

Gegen diese Entscheidung richtet sich die Beschwerde der Antragstellerinnen. Sie beantragen sinngemäß,

den Beschluss des Verwaltungsgerichts Augsburg vom 15. April 2014 aufzuheben und die aufschiebende Wirkung der Klage gegen die Baugenehmigung vom 10. Oktober 2013 anzuordnen sowie die Einstellung der Bauarbeiten zu verfügen.

Hier sei zu berücksichtigen, dass eine ordnungsgemäße Erschließung allein über das Grundstück der Antragstellerinnen erfolgen solle. Die Leitung für das Oberflächenwasser (Regenwasser) habe keine ausreichenden Sicherheitsreserven, weshalb die Gefahr von Überflutungen des tiefer gelegenen Grundstücks bestehe und Schäden auch am Eigentum der Antragstellerinnen entstehen könnten. Eine verfassungskonforme Auslegung von Art. 59 BayBO gebiete, Art. 14 Abs. 1 GG als Prüfungsmaßstab heranzuziehen. Die Baugenehmigung könne so, wie sie erteilt wurde, nicht bestehen bleiben. Im Übrigen dürfe die Bauaufsichtsbehörde einen Bauantrag gemäß Art. 68 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 2 BayBO auch ablehnen, wenn das Vorhaben gegen nicht im Genehmigungsverfahren zu prüfende Vorschriften verstoße. Mit Beschluss vom 3. Juli 2014 hätten sämtliche Wohnungseigentümer die bisherige Prozessführung der Antragstellerinnen genehmigt und diese ermächtigt, die Rechte der Gemeinschaft im eigenen Namen geltend zu machen.

Der Antragsgegner beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Nachdem der Rohbau fertiggestellt sei, sei das Rechtsschutzbedürfnis für den Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz entfallen. Unabhängig davon seien die Anforderungen des Art. 11 BayBO (Schutz gegen Einwirkungen durch bauliche Anlagen) nicht Gegenstand der Prüfung im vereinfachten Verfahren nach Art. 59 BayBO. Die Baugenehmigung enthalte dazu auch keine Feststellungen, weshalb eine Rechtsverletzung der Antragstellerinnen ausscheide. Die von Art. 68 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 2 BayBO der Baubehörde eingeräumte Ablehnungsbefugnis diene nicht der Wahrung nachbarlicher Interessen. Den Nachbarn werde kein Recht auf fehlerfreie Ausübung des Ermessens dahingehend eingeräumt, dass die Baugenehmigung in den vom sachlichen Anwendungsbereich der Vorschrift erfassten Fällen abzulehnen sei. Im Übrigen sei die Entwässerung der Tiefgaragenzufahrt auf dem Baugrundstück auch ohne Inanspruchnahme des Grundstücks FlNr. ***/* möglich.

Die Beigeladene beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Wegen des sonstigen Vorbringens der Beteiligten und der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten und die beigezogene Bauakte verwiesen.

II.

Die Prüfung der statthaften (§ 146 Abs. 1 VwGO) sowie form- und fristgerecht eingelegten (§ 147 Abs. 1 Alt. 1 VwGO) Beschwerde in erster Linie anhand der fristgerecht dargelegten Gründe (§ 146 Abs. 4 Satz 1, 3 und 6 VwGO) ergibt, dass die Klage gegen die Baugenehmigung des Antragsgegners voraussichtlich erfolglos bleiben wird. Der Senat teilt im Ergebnis die Einschätzung des Verwaltungsgerichts, dass die Genehmigung keine eigenen öffentlich-rechtlichen Nachbarrechte der Antragstellerinnen verletzt. Im Hinblick auf die befürchteten Schäden am Sondereigentum durch Überflutung des Grundstücks FlNr. ***/* bei Starkregen fehlt es bereits an einer entsprechenden Regelung in der Baugenehmigung; daneben wird die mögliche Beeinträchtigung eigener Rechte nicht schlüssig dargelegt (1.). § 10 Abs. 6 Satz 3 WEG weist die Befugnis zur Wahrnehmung gemeinschaftsbezogener Abwehrrechte der insoweit rechtsfähigen Gemeinschaft der Wohnungseigentümer zu; eine gewillkürte Prozessstandschaft - die rechtsgeschäftliche Übertragung der Befugnis, fremde Rechte in eigenem Namen gerichtlich zu verfolgen - ist im Anfechtungsrechtsstreit vor den Verwaltungsgerichten durch § 42 Abs. 2 VwGO ausgeschlossen (2.).

1. Der Prüfungsumfang und damit zugleich die Feststellungswirkung (Art. 68 Abs. 1 Satz 1 BayBO) der im vereinfachten Baugenehmigungsverfahren erteilten Baugenehmigung hat sich gemäß § 59 Satz 1 BayBO im vorliegenden Fall unter anderem darauf beschränkt, ob die Erschließung des Vorhabens nach § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB gesichert ist. Die in diesem Zusammenhang zu prüfenden Mindestanforderungen an die Sicherung ausreichender Erschließung bestimmen sich nach dem jeweils zu errichtenden Vorhaben (BVerwG, U. v. 20.8.1985 - 4 C 48/81 - ZfBR 1985, 288 = juris Rn. 15 f.). Der vom Gesetz nicht definierte bundesrechtliche (BVerwG, U. v. 3.5.1988 - 4 C 54/85 - BauR 1988, 576 = juris Rn. 23) Begriff der öffentlichen, bauplanungsrechtlichen Erschließung umfasst nach allgemeiner Auffassung die Erreichbarkeit des Baugrundstücks mit Kraftfahrzeugen über öffentliche Verkehrsanlagen, die Versorgung mit Wasser, Elektrizität und Energie (str.) sowie die Beseitigung der Abwässer und der festen Abfälle (Driehaus in Berliner Kommentar zum Baugesetzbuch, Stand Mai 2014, § 123 Rn. 3; Vogel in Brügelmann, Baugesetzbuch, Stand Februar 2014, § 123 Rn. 2; Ernst/Griwotz in Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, Baugesetzbuch, Stand 1. Januar 2014, § 123 Rn. 4 b; Gloria, NVwZ 1991, 720, 721 f.). Zu der so beschriebenen bodenrechtlich-grundstücksbezogenen Erschließung zählt nicht ein allgemeiner „bauordnungsrechtlicher Umgebungsschutz“ (König in Schwarzer/König, Bayerische Bauordnung, 4. Auflage 2012, Art. 11 Rn. 6 a.E.), den beispielsweise Art. 11 BayBO in Gestalt allgemeiner sicherheitsrechtlicher Anforderungen an bauliche Anlagen zum Schutz vor Einwirkungen - auch in der Nachbarschaft des Vorhabens - zum Gegenstand hat.

Nachdem der Bauantrag der Beigeladenen am 4. Juli 2013 bei ihr eingegangen war, hat die Gemeinde im bauaufsichtlichen Genehmigungsverfahren mit Beschluss des Gemeinderats vom 30. Juli 2013 dem Vorhaben zugestimmt und ergänzend festgestellt, dass die Zufahrt, die Wasserversorgung und die Abwasserbeseitigung (Kanalisation im Trennsystem) gesichert seien (Bl. 138/140 d. Bauakte). Auf dieser Grundlage erteilte das Landratsamt mit Datum vom 10. Oktober 2013 die Baugenehmigung im vereinfachten Verfahren gemäß Art. 59 BayBO. Der Bescheid weist im Text (unter 3. auf S. 3) lediglich auf die oben zitierte Stellungnahme der Gemeinde hin. Die mit Genehmigungsvermerk versehenen Bauvorlagen (Bl. 53, 62-69 d. Bauakte) enthalten keine zeichnerische Darstellung der Oberflächenwasserentsorgung des Vorhabens auf dem Baugrundstück oder über das benachbarte Grundstück FlNr. 269/1.

Daraus folgt, dass die Oberflächenentwässerung des Baugrundstücks nicht in der angegriffenen Baugenehmigung geregelt worden ist. Infolgedessen geht die Anfechtung der Genehmigung mit der Begründung, von einer mangelnden Sicherung der Oberflächenentwässerung des Baugrundstücks gingen Nachteile oder Gefahren für das Grundstück FlNr. ... aus, von vorneherein ins Leere (vgl. BVerwG, B. v. 16.1.1997 - 4 B 244/96 - NVwZ 1998, 58 = juris Rn. 3). Zwar finden sich in der obergerichtlichen Rechtsprechung vereinzelt Erwägungen dazu, dass eine Baugenehmigung deshalb gegen das einfachgesetzliche Rücksichtnahmegebot verstoßen könnte, weil die Entsorgung von Niederschlagswasser auf dem Baugrundstück nicht wie im Bebauungsplan vorgesehen gewährleistet sei oder durch einen genehmigten Erdwall zulasten der Nachbarschaft verändert werde (vgl. BayVGH, B.v. 24.1.2006 - 20 CS 05.3147 - juris Rn. 10-13; B.v. 11.9.2012 - 15 CS 12.634 - juris Rn. 13-15). Enthält aber - wie im vorliegenden Fall - die Baugenehmigung als öffentlich-rechtliche Unbedenklichkeitsbescheinigung keine Aussage dazu, dass auch die Abführung von Oberflächenwasser den Vorschriften des öffentlichen Rechts entspricht, bleibt der Nachbar in diesem Punkt auf die Geltendmachung zivilrechtlicher Ansprüche (vgl. § 1004 Abs. 1 BGB) beschränkt. Die Anwendung der zum bauplanungsrechtlichen Rücksichtnahmegebot entwickelten Grundsätze wird durch den Regelungsumfang der jeweils erteilten Baugenehmigung begrenzt.

Abgesehen davon haben die Antragstellerinnen auch unter Berücksichtigung ihrer - im Schriftsatz vom 10. Juli 2014 erstmalig enthaltenen - näheren Äußerungen zu möglichen Beeinträchtigungen ihres Sondereigentums nicht substanziiert aufgezeigt, dass die genehmigte Bebauung insoweit zu unzumutbaren Verhältnissen führen könnte. Wenn es wegen der vom Gutachter (vgl. baufachliche Stellungnahme vom 16.3.2014, Bl. 192-235 d. Bauakte = Bl. 16-60 der VG-Akte) als „grenzwertig“ bezeichneten Dimensionierung des Regenwasserkanals tatsächlich zu einem Rückstau des „Abwassers“ (?) in das Anwesen auf dem Grundstück FlNr. ... kommen sollte, läge die Ursache dafür vor allem in dem Zusammentreffen zweier in einem Teilabschnitt (ab „RW 2“) über denselben Regenwasserkanal abgeführten Oberflächenwasserströme, nämlich aus dem Baugrundstück und dem Unterliegergrundstück, an dem die Antragstellerinnen mitbeteiligt sind. Wie in einem solchen Fall der Nachweis der alleinigen oder überwiegenden Verursachung eines Rückstaus bis in das Haus auf dem Unterliegergrundstück durch Wasser, das vom Oberliegergrundstück herrührt, zu führen wäre, erscheint schon für sich betrachtet nicht plausibel. Die zitierte Begutachtung nimmt für ein statistisch am Standort Lindau einmal in zwei Jahren überschrittenes Regenereignis mit einer kurzzeitigen (fünfminütigen) Menge von 241 l/s einen Regenwasser-Volumenstrom von insgesamt 12,30 l/s für das Baugrundstück und einen solchen von 10,80 l/s für das Unterliegergrundstück an. Ab dem Einleitpunkt „RW 2“ werden lt. dem Gutachten insgesamt 21,2 l/s ausgewiesen. Wegen des nur geringen Gefälles zwischen dem Schacht am Einleitpunkt „RW 2“ bis zum rund 3,50 m entfernten Schacht „RW 3“ (von Schachtsohle RW 2 - 411,02 - zur Schachtsohle RW 3 - 410.95 - insgesamt 7 cm) empfiehlt die zitierte Begutachtung eine nochmalige Überprüfung, ob der ab „RW 2“ in „DN 200“ ausgeführte Kanal ausreichend dimensioniert ist. Eine Schadensprognose wird aber auch für den Bestand nicht aufgestellt, zumal für eine Leitung mit „DN 200“ bei Vollfüllung eine tatsächliche Abflussleistung von rd. 33 l/s angegeben wird. Es kommt hinzu, dass die Antragstellerinnen sich zu der am Ende des Gutachtens angesprochenen Frage, ob für das Gebäude auf dem Grundstück FlNr. ... eine Rückstausicherung vorhanden ist, nicht geäußert haben. Bei diesem Sach- und Erkenntnisstand ist die zuletzt vorgetragene „naturgemäße Beeinträchtigung des Sondereigentums im Erdgeschoss (Antragstellerin 2) und im Kellergeschoss (beide Antragstellerinnen)“ durch einen Rückstau allenfalls spekulativ.

Gleiches gilt für die angenommenen Überflutungsschäden am Sondereigentum der Antragstellerinnen im Erdgeschoss und Kellergeschoss. Mit den in dem mehrfach erwähnten Gutachten enthaltenen Annahmen und Folgerungen für ein dreißigjähriges Regenereignis, das kurzzeitig nicht in einen Vorfluter (Kanal oder Gewässer) entwässert werden kann, lässt sich auch diese Befürchtung nicht schlüssig belegen. Der Gutachter schätzt die Überflutungshöhe des Baugrundstücks auf befestigten und für die Berechnung als eben unterstellten Flächen außerhalb des Gebäudes alternativ mit einem (zurückzuhaltende Regenwassermenge 6,3 Kubikmeter) oder zwei Zentimetern (zurückzuhaltende Regenwassermenge 13,6 Kubikmeter) ab. Da das Grundstück FlNr. ... im Süden lediglich mit einer - wegen eines rechtwinkligen Grenzversprungs im Westen - projizierten Länge von rd. 24 m an das insgesamt 45 m breite Baugrundstück angrenzt (vgl. Bl. 53 der Bauakte) wäre es von den angesprochenen Gesamtwassermengen selbst im Falle ihres ungehinderten Abflusses in Richtung Untere E. auch nur etwa zur Hälfte betroffen. Im Schriftsatz vom 10. Juli 2014 wird nicht ansatzweise dargestellt, wie es angesichts dessen zu einem Wassereinbruch in den Keller des Gebäudes auf FlNr. ... - und damit in das Teil- oder Sondereigentum (vgl. § 1 Abs. 2 und 3 WEG) der Antragstellerinnen - kommen sollte.

2. Hinsichtlich der in der Baugenehmigung als gesichert festgestellten abwassermäßigen Erschließung haben die Antragstellerinnen keine Bedenken vorgetragen. Die vorhandene Leitung im Grundstück FlNr. ... ist zur ordnungsgemäßen Ableitung der vom Bauvorhaben herrührenden Abwässer nach den in den Akten enthaltenen Aussagen geeignet, die Baugenehmigung bewirkt damit keine Rechtsverschlechterung in Richtung auf die Duldung eines „Notleitungsrechts“ entsprechend § 917 Abs. 1 BGB (BVerwG, U. v. 26.3.1976 - 4 C 7/74 - BVerwGE 50, 282; B. v. 11.5.1998 - 4 B 45/98 - BRS 60 Nr. 182 = juris Rn. 8; BayVGH, U. v. 17.11.1999 - 26 B 96.1268 - BayVBl 2000, 472; B. v. 30.4.2007 - 1 CS 06.3335 - NVwZ-RR 2008, 80 = juris Rn. 29-31).

Abgesehen davon wären die Antragstellerinnen selbst bei einer rechtswidrigen Inanspruchnahme des Grundstücks FlNr. 269/1 in diesem Zusammenhang nicht klage- und antragsbefugt, § 42 Abs. 2 VwGO. Bei der Abwehr von Beeinträchtigungen des im gemeinschaftlichen Eigentum stehenden Grundstücks (§ 1 Abs. 5 WEG) handelt es sich um Maßnahmen der Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums (§ 21 WEG). Zur Wahrnehmung entsprechender Rechte gegenüber Dritten ist gemäß § 10 Abs. 6 Satz 1 bis 3 WEG die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer befugt. Diese Befugnis kann im verwaltungsgerichtlichen Anfechtungsrechtsstreit nicht rechtsgeschäftlich dergestalt auf Dritte übertragen werden, dass diese fremde Rechte - hier der insoweit rechtsfähigen Gemeinschaft der Wohnungseigentümer - in eigenem Namen geltend machen können. § 42 Abs. 2 VwGO verlangt für die Zulässigkeit einer Anfechtungsklage, dass der Kläger die Verletzung eigener Rechte geltend macht (Happ in Eyermann, VwGO, 13. Aufl. 2010, § 42 Rn. 71). Eine gewillkürte Prozessstandschaft ist im Anfechtungsrechtsstreit ausgeschlossen (BVerwG, U. v. 26.10.1995 - 3 C 27/94 - NVwZ-RR 1996, 537 = juris Rn. 19; BayVGH, B. v. 16.8.2000 - 19 B 99.2247 - BayVBl 2001, 725 = juris Rn. 25; Happ, a. a. O., Rn. 76; Kopp/Schenke, VwGO, 19. Aufl. 2013, vor § 40 Rn. 25; Schmidt-Kötters in Posser/Wolff, VwGO, 2. Aufl. 2014, § 42 Rn. 114-115.1; Redeker/von Oertzen, VwGO, 15. Aufl. 2010, § 63 Rn. 7 a; Czybulka in Sodan/Ziekow, VwGO, 4. Aufl. 2014, § 62 Rn. 21; Wahl/Schütz in Schoch u. a., VwGO, Stand April 2013, § 42 Abs. 2 Rn. 37; Wysk, VwGO, 2011, vor § 40 Rn. 37; vgl. auch von Albedyll in Bader u. a., VwGO, 5. Aufl. 2011, § 42 Rn. 62, 65, 67).

Nach alledem konnte die Beschwerde der Antragstellerinnen gegen die Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichts Augsburg vom 15. April 2014 keinen Erfolg haben.

3. Kosten: § 154 Abs. 2, Abs. 3 Halbs. 1, § 159 Satz 1, § 162 Abs. 3 VwGO, § 100 Abs. 1 ZPO. Streitwert: § 63 Abs. 2 Satz 1, § 47 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1, § 53 Abs. 2 Nr. 2 und § 52 Abs. 1 GKG; die Festsetzung orientiert sich an Nr. 1.5 und 9.7.1 Streitwertkatalog 2013 für die Verwaltungsgerichtsbarkeit (NVwZ-Beilage 2013, 57).

(1) Der natürliche Ablauf wild abfließenden Wassers auf ein tiefer liegendes Grundstück darf nicht zum Nachteil eines höher liegenden Grundstücks behindert werden. Der natürliche Ablauf wild abfließenden Wassers darf nicht zum Nachteil eines tiefer liegenden Grundstücks verstärkt oder auf andere Weise verändert werden.

(2) Eigentümer oder Nutzungsberechtigte von Grundstücken, auf denen der natürliche Ablauf wild abfließenden Wassers zum Nachteil eines höher liegenden Grundstücks behindert oder zum Nachteil eines tiefer liegenden Grundstücks verstärkt oder auf andere Weise verändert wird, haben die Beseitigung des Hindernisses oder der eingetretenen Veränderung durch die Eigentümer oder Nutzungsberechtigten der benachteiligten Grundstücke zu dulden. Satz 1 gilt nur, soweit die zur Duldung Verpflichteten die Behinderung, Verstärkung oder sonstige Veränderung des Wasserabflusses nicht zu vertreten haben und die Beseitigung vorher angekündigt wurde. Der Eigentümer des Grundstücks, auf dem das Hindernis oder die Veränderung entstanden ist, kann das Hindernis oder die eingetretene Veränderung auf seine Kosten auch selbst beseitigen.

(3) Aus Gründen des Wohls der Allgemeinheit, insbesondere der Wasserwirtschaft, der Landeskultur und des öffentlichen Verkehrs, kann die zuständige Behörde Abweichungen von den Absätzen 1 und 2 zulassen. Soweit dadurch das Eigentum unzumutbar beschränkt wird, ist eine Entschädigung zu leisten.

(4) Die Absätze 1 bis 3 gelten auch für wild abfließendes Wasser, das nicht aus Quellen stammt.

(1) Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.

(2) Die gleiche Verpflichtung trifft denjenigen, welcher gegen ein den Schutz eines anderen bezweckendes Gesetz verstößt. Ist nach dem Inhalt des Gesetzes ein Verstoß gegen dieses auch ohne Verschulden möglich, so tritt die Ersatzpflicht nur im Falle des Verschuldens ein.

(1) Wird das Eigentum in anderer Weise als durch Entziehung oder Vorenthaltung des Besitzes beeinträchtigt, so kann der Eigentümer von dem Störer die Beseitigung der Beeinträchtigung verlangen. Sind weitere Beeinträchtigungen zu besorgen, so kann der Eigentümer auf Unterlassung klagen.

(2) Der Anspruch ist ausgeschlossen, wenn der Eigentümer zur Duldung verpflichtet ist.

(1) Der natürliche Ablauf wild abfließenden Wassers auf ein tiefer liegendes Grundstück darf nicht zum Nachteil eines höher liegenden Grundstücks behindert werden. Der natürliche Ablauf wild abfließenden Wassers darf nicht zum Nachteil eines tiefer liegenden Grundstücks verstärkt oder auf andere Weise verändert werden.

(2) Eigentümer oder Nutzungsberechtigte von Grundstücken, auf denen der natürliche Ablauf wild abfließenden Wassers zum Nachteil eines höher liegenden Grundstücks behindert oder zum Nachteil eines tiefer liegenden Grundstücks verstärkt oder auf andere Weise verändert wird, haben die Beseitigung des Hindernisses oder der eingetretenen Veränderung durch die Eigentümer oder Nutzungsberechtigten der benachteiligten Grundstücke zu dulden. Satz 1 gilt nur, soweit die zur Duldung Verpflichteten die Behinderung, Verstärkung oder sonstige Veränderung des Wasserabflusses nicht zu vertreten haben und die Beseitigung vorher angekündigt wurde. Der Eigentümer des Grundstücks, auf dem das Hindernis oder die Veränderung entstanden ist, kann das Hindernis oder die eingetretene Veränderung auf seine Kosten auch selbst beseitigen.

(3) Aus Gründen des Wohls der Allgemeinheit, insbesondere der Wasserwirtschaft, der Landeskultur und des öffentlichen Verkehrs, kann die zuständige Behörde Abweichungen von den Absätzen 1 und 2 zulassen. Soweit dadurch das Eigentum unzumutbar beschränkt wird, ist eine Entschädigung zu leisten.

(4) Die Absätze 1 bis 3 gelten auch für wild abfließendes Wasser, das nicht aus Quellen stammt.

Tenor

I. Die Klagen werden abgewiesen.

II. Die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen tragen die Kläger im Verfahren Au 4 K 13.1858 als Gesamtschuldner und die Klägerin im Verfahren Au 4 K 13.1859 je zur Hälfte.

III. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Vollstreckungsschuldner darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

Die Kläger wenden sich gegen die Erteilung einer Baugenehmigung für ein Mehrfamilienhaus durch die Beklagte an die Beigeladene.

Die Kläger im Verfahren Au 4 K 13.1858 sind Eigentümer der Flur-Nr. ... der Gemarkung .... Ihr Grundstück grenzt an der Nordwestecke punktuell an das Baugrundstück Flur-Nr. ... der Gemarkung .... Nördlich des klägerischen Grundstücks befindet sich die Flur-Nr. ... der Gemarkung ... und im Westen grenzt das Grundstück der Klägerin im Verfahren Au 4 K 13.1859 an. Die Klägerin im Verfahren Au 4 K 13.1859 ist Eigentümerin des unmittelbar südlich des Baugrundstücks gelegenen Grundstücks Flur-Nr. ... der Gemarkung .... Beide Grundstücke der Kläger sind Hinterliegergrundstücke zur nordöstlich des Baugrundstücks verlaufenden ...straße und werden über Zuwege westlich des Baugrundstücks (Flur-Nr. ... der Gemarkung ... für das Grundstück der Klägerin im Verfahren Au 4 K 13.1859) und östlich des Grundstücks Flur-Nr. ... der Gemarkung ... (Flur-Nr. ... der Gemarkung ... für das Grundstück der Kläger im Verfahren Au 4 K 13.1858) erschlossen.

Sämtliche Grundstücke liegen im Geltungsbereich des qualifizierten Bebauungsplans M 32 „...straße, ...straße, Am ..., Am ...“ der Beklagten vom 24. April 1970. Dieser setzt für die Grundstücke der Kläger und die Grundstücke Flur-Nrn. ... und ... jeweils der Gemarkung ... ein reines Wohngebiet fest. Zudem ist die Zahl der Vollgeschosse mit „II“, die offene Bauweise, die Grundflächenzahl mit 0,4, die Geschossflächenzahl mit 0,8 sowie Baugrenzen festgesetzt.

Mit Unterlagen vom 17. Mai 2013 beantragte die Beigeladene die Erteilung einer Baugenehmigung zur Errichtung eines Mehrfamilienhauses mit acht Wohneinheiten und Tiefgarage auf dem Grundstück Flur-Nr. ... der Gemarkung .... Für das Bauvorhaben ist eine Befreiung von der Baugrenze wegen Überschreitung durch einen Balkon erforderlich. Zudem sollte ein ähnliches Vorhaben im Wege des Freistellungsverfahrens auf dem Grundstück Flur-Nr. ... der Gemarkung ... errichtet werden.

Mit Schreiben vom 19. Juli 2013 (Au 4 K 13.1858) und vom 22. Juli 2013 (Au 4 K 13.1859) erhoben die Kläger Einwendungen gegen das Bauvorhaben. Vorgetragen wurde u.a., dass das Maß der baulichen Nutzung überschritten werde und die vorgesehene Bebauung eine starke Verdichtung darstelle, die den vorliegenden Gebietscharakter eines „grünen Villenviertels“ mit relativ geringer Bebauung erheblich verändere. Das geplante Dach des Vorhabens sei mit seiner Höhe und Nutzung im Vergleich zur umliegenden Bebauung weit überdimensioniert, was mit den Vorgaben einer zweigeschossigen Bauweise nicht vereinbar erscheine. Durch die hohe Zahl an Wohneinheiten sei davon auszugehen, dass sich die Belastung der Anwohner durch regen Autoverkehr drastisch erhöhe. Das Wohngebiet sei nicht für ein derart hohes Verkehrsaufkommen ausgelegt.

Der Ausschuss für Stadtentwicklung, Hochbau und Umwelt der Beklagten beschloss in seiner Sitzung vom 24. September 2013 die Aufstellung des Bebauungsplans M 123 „Zwischen ... und B ...“ zur Ergänzung des Bebauungsplans M 32. Gleichzeitig wurde der Erlass einer Veränderungssperre erlassen. Beide Beschlüsse wurden im Amtsblatt der Beklagten vom 4. Oktober 2013 bekannt gemacht.

Mit Bescheid vom 22. Oktober 2013 erteilte die Beklagte die Genehmigung zur Errichtung eines Mehrfamilienhauses mit acht Wohneinheiten auf dem Grundstück Flur-Nr. ... der Gemarkung .... Hinsichtlich der Bebauung der Flur-Nr. ... der Gemarkung ... ist ein weiteres Klageverfahren anhängig (Au 4 K 14.645), das bislang nicht entschieden ist.

Gegen den Bescheid vom 22. Oktober 2013, den Klägern jeweils am 24. Oktober 2014 mit Postzustellungsurkunde zugestellt, haben die Kläger jeweils mit Schriftsatz ihrer Bevollmächtigten vom 25. November 2013 Klage erhoben und jeweils beantragt,

die der Beigeladenen erteilte Baugenehmigung zur Errichtung eines Mehrfamilienwohnhauses mit acht Wohneinheiten auf dem Grundstück ..., ...straße ..., Gemarkung ..., Flurstück ... vom 22. Oktober 2013 aufzuheben.

Das genehmigte Gebäude sowie das geplante Gebäude auf Flur-Nr. ... der Gemarkung ... sei in Größe, Höhenentwicklung und Dichte der Bebauung nicht mit anderen Gebäuden im Baugebiet vergleichbar. Der Bebauungsplan enthalte im Begründungsteil einen Hinweis darauf, dass das Wohngebiet nur für Ein- oder Zweifamilienhäuser vorgesehen sei.

Bauplanungsrechtlich verstoße das Vorhaben gegen die Festsetzungen des Bebauungsplans M 32. So werde die Grundflächenzahl deutlich überschritten, da diese nicht nach der geltenden Baunutzungsverordnung, sondern nach der zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des Bebauungsplans geltenden Baunutzungsverordnung 1968 zu berechnen sei. Die Intention des Satzungsgebers, nur Ein- oder Zweifamilienhäuser zulassen zu wollen, zeige, dass es sich bei der Verweisung auf die Baunutzungsverordnung nicht um eine dynamische, sondern um eine statische Verweisung handle. Auch die Geschossflächen seien dementsprechend fehlerhaft berechnet worden.

Darüber hinaus seien die Abstandsflächen nicht eingehalten. Das sog. Schmalseitenprivileg könne nicht angewandt werden, da die Gebäudelänge mit den zu berücksichtigenden Balkonen über 16 m sei. In der Gesamtwirkung ergebe sich mit den Terrassen und Balkonen trotz eines Rücksprungs ein einheitliches Gebäude.

Schließlich verletze das Bauvorhaben das Gebot der Rücksichtnahme, da die Bebauung einen Störfaktor, wie auch Begründung der Veränderungssperre zeige, darstelle. Insbesondere die Kläger im Verfahren Au 4 K 13.1858 (Flur-Nr. ... der Gemarkung ...) würden durch das überdimensional hohe Gebäude mit Fenstern und Balkonen, die auf das klägerische Grundstück ausgerichtet seien, eingemauert. Die Bebauung sei ca. 5 bis 7 m höher als die restliche vorhandene Bebauung. Unzumutbar sei auch die Veränderung der Verkehrssituation, da davon auszugehen sei, dass der zusätzliche Stellplatzbedarf nicht durch die Tiefgarage abgedeckt werden könne. Wegen der schmalen Ausführung der Straße sei mit Erschwernissen zu rechnen. Darüber hinaus lägen die Grundstücke im Überschwemmungsbereich der ..., was einen Anstieg des Grundwasserspiegels bei Hochwasser nach sich ziehe. Durch die Verdrängungswirkung der Tiefgarage werde der Wassereintritt in die Keller der Kläger verstärkt und der Grundwasserabfluss in weiter von der ... entfernt liegendere Gebiete behindert.

Mit Schriftsatz vom 28. Februar 2014 führte der Klägerbevollmächtigte ergänzend aus, dass es in der Umgebung maximal Gebäude mit drei Wohneinheiten vorhanden seien. Sämtliche Gebäude seien auch nicht außergewöhnlich groß.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung wurde ausgeführt, dass die Berechnung der Grund- und Geschossflächen zwar tatsächlich fehlerhaft nach der Baunutzungsverordnung 1990 statt 1968 erfolgt sei, die Kläger hieraus aber keinen Drittschutz ableiten könnten. Die Abstandsflächen seien beim Bauvorhaben auf Flur-Nr. ... der Gemarkung ... im Baugenehmigungsverfahren nicht geprüft worden, im Übrigen aber ausweislich des Abstandsflächenplans auch bei Zugrundelegung von 1 H voll eingehalten. Der Abstand zum klägerischen Grundstück Flur-Nr. ... der Gemarkung ... (Au 4 K 13.1859) sei groß genug; die Kläger im Verfahren Au 4 K 13.1858 (Flur-Nr. ... der Gemarkung ...) seien nur Punktnachbarn.

Das Vorhaben sei auch gebietsverträglich. In der näheren Umgebung befänden sich Gebäude mit mehreren Wohnungen und ähnlichen Größen. Auch ohne Berücksichtigung des Bebauungsplans würde sich das Vorhaben daher in die nähere Umgebung einfügen.

Der Bevollmächtigte der Beigeladenen hat mit Schriftsatz vom 14. März 2014 Stellung genommen und beantragt,

die Klage abzuweisen.

Hinsichtlich der Grundstückseigentümer Flur-Nr. ... der Gemarkung ... sei eine Rücksichtslosigkeit und Rechtsverletzung aufgrund der Grundstückssituation nicht ersichtlich. Die Kläger im Verfahren Au 4 K 13.1858 seien nur Punktnachbarn an der südöstlichen Grundstücksecke.

Im Übrigen – betreffend die Kläger im Verfahren Au 4 K 13.1859 – sei anzuführen, dass in der näheren Umgebung auch Mehrfamilienhäuser vorhanden seien und sich im vorliegenden Quartier der Wille des Gesetzgebers einer angemessenen Nachverdichtung (§ 1a Abs. 2 Satz 1 BauGB) widerspiegele. Eine Reduzierung auf Ein- oder Zweifamilienhäuser lasse sich nicht mehr realisieren. Die beschlossene Veränderungssperre sei daher weder erforderlich noch rechtmäßig, worauf es aber vorliegend gar nicht ankomme.

Die festgesetzte Grundflächenzahl sei eingehalten, die Geschoßflächenzahl nur geringfügig überschritten, so dass dadurch keine Nachbarrechte verletzt würden. Diese seien auch nicht drittschützend, sondern dienten städtebaulichen Interessen. Aufgrund unterschiedlicher Grundstücksgrößen könnten sich aus den Verhältniszahlen auch keine Rückschlüsse auf Nachbarbeeinträchtigungen ergeben.

Auch liege keine Unterschreitung der Abstandsflächen zum Grundstück Flur-Nr. ... der Gemarkung ... vor. Die Anwendung des Schmalseitenprivilegs sei nicht zu beanstanden.

Ein Verstoß gegen das Gebot der Rücksichtnahme sei nicht ersichtlich. Die geplante Bebauung sei keineswegs 5 bis 7 m höher als die restliche Bebauung. Auch eine Einmauerung liege nicht vor. Erschwernisse der Verkehrssituation seien mit dem Bauvorhaben nicht verbunden und auch nicht substantiiert vorgetragen. Gleiches gelte für Auswirkungen auf die Grundwassersituation.

Der Berichterstatter hat das klägerische Grundstück und die nähere Umgebung am 20. März 2014 in Augenschein genommen. Auf die Niederschrift und die gefertigten Lichtbilder wird verwiesen.

Mit Schriftsatz vom 31. März 2014 legte die Beklagte eine Stellungnahme des Wasserwirtschaftsamtes ... vom 28. März 2014 vor, wonach eine Beeinflussung des Hochwasserabflusses durch das Bauvorhaben nicht gegeben sei. Eine Beeinträchtigung des Grundwasserabflusses sei auszuschließen, sofern die Unterkante der Untergeschossbodenplatte den maximalen Grundwasserstand um 2 m überschreite. Die Beklagte führte hierzu aus, dass nach dem nächstgelegenen Grundwasserpegel in ca. 480 m Entfernung ein durchschnittlicher Grundwasserstand von 467 m üNN vorliege und die Unterkante des Bauvorhabens bei 469,48 m üNN liege. Damit sei eine Beeinträchtigung ausgeschlossen.

Hierzu führte der Klägerbevollmächtigte mit Schriftsatz vom 14. April 2014 aus, dass die Berücksichtigung von Oberflächenwasser nicht ausreichend sei. Vielmehr sei das gesamte Bauviertel in Hochwasserfällen stark beeinträchtigt, da durch das Hochwasser erzeugter Grundwasserdruck sich vom Flusslauf der ... ausgehend in das Wohngebiet verteile, so dass das Grundwasser dramatisch angehoben werde und in die Kellerräume gepresst werde. Da der Tiefgaragenkörper eine enorme Verdrängung habe, steige bei den Nachbargrundstücken zwangsläufig das Grundwasser höher. Zudem verhindere die Tiefgarage aufgrund ihrer Riegelwirkung, dass sich der Wasserdruck in entferntere Gebiete abbaue. Der Grundwasserhöchststand übersteige die Tiefgaragenbodenplatte, was zu erheblichen Beeinträchtigungen der Nachbarschaft führe.

Mit Schriftsatz vom 23. April 2014 bestritt der Bevollmächtigte der Beigeladenen, dass im Falle des Erreichens der Unterkante der Untergeschoßbodenplatte eine Beeinträchtigung des Grundwassers möglich und wahrscheinlich sei. Irgendeine theoretisch denkbare Beeinflussung des Grundwassers durch das Bauvorhaben sei nicht ausreichend für eine Rechtsverletzung der Kläger. Der Baukörper der Tiefgarage habe auch keine enorme Verdrängungswirkung. Im Übrigen sei der Vortrag der Kläger insoweit unsubstantiiert.

Am 7. Mai 2014 fand mündliche Verhandlung statt. Dem Klägerbevollmächtigten wurde im Hinblick auf die Aussagen des Vertreters des Wasserwirtschaftsamtes ... Schriftsatzfrist eingeräumt. Sämtliche Beteiligte verzichteten auf weitere mündliche Verhandlung. Auf die Niederschrift wird verwiesen.

Mit Schriftsatz vom 21. Mai 2014 nahm der Bevollmächtigte der Kläger ergänzend Stellung. Die vom Wasserwirtschaftsamt vorgelegten Daten zeigten, dass ein Anstieg des Grundwassers über die Sohle der Tiefgarage erfolgen könne. Zu klären sei noch, ob während der Bauphase eine Überwachung des Grundwasserspiegels erfolge und ob in Zukunft Grundwassermessstellen eingerichtet würden. Zudem seien Beweissicherungen in der Nachbarumgebung im Rahmen der beabsichtigten Grundwasser-Absenkung erforderlich.

Zu den weiteren Einzelheiten wird auf die vorgelegten Verwaltungsakten und die Gerichtsakte Bezug genommen.

Gründe

Die Klagen, über die nach Einverständnis aller Beteiligten gem. § 101 Abs. 2 VwGO ohne mündliche Verhandlung entschieden werden konnte, sind zulässig aber unbegründet.

Das streitgegenständliche Gebäude ist gemäß Art. 55 Abs. 1, Art. 2 Abs. 2 BayBO genehmigungspflichtig. Aufgrund von Abweichungen vom Bebauungsplan M 32 der Beklagten kam eine Genehmigung im Freistellungsverfahren nicht in Betracht (Art. 58 Abs. 2 Nr. 2 BayBO).

Die Baugenehmigung vom 22. Oktober 2013 verletzt die Kläger nicht in ihren öffentlich-rechtlich geschützten Nachbarrechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Insoweit genügt eine mögliche objektive Rechtswidrigkeit nicht, vielmehr müssen die Kläger durch die Baugenehmigung auch gerade in ihren subjektiven Rechten verletzt sein (BayVGH, U.v. 23.11.2011 – 14 BV 10.1811 – juris Rn. 34). Eine Verletzung drittschützender Normen durch eine Entscheidung der Bauaufsichtsbehörde kommt darüber hinaus auch nur insoweit in Betracht, als die Feststellungswirkung der hier erteilten Baugenehmigung reicht (BayVGH, B.v. 24.3.2009 – 14 CS 08.3017 – juris Rn. 22). Im vorliegenden Fall ist der Prüfungsumfang gem. Art. 59 BayBO beschränkt, da es sich bei dem Wohngebäude der Beigeladenen um keinen Sonderbau i.S.d. Art. 2 Abs. 4 BayBO handelt. Dementsprechend sind bauordnungsrechtliche Fragestellungen, insbesondere die Einhaltung der Abstandsflächenvorschriften (Wolf in Simon/Busse, BayBO – Kommentar, Stand 12/2013, Art. 59 Rn. 10), nicht Prüfungsgegenstand, so dass insoweit auch keine Rechtsverletzung durch die Baugenehmigung vom 22. Oktober 2013 in Betracht kommt (BVerwG, B.v. 16.1.1997 – 4 B 244/96 – NVwZ 1998, 58 – juris Rn. 3).

I. Das Vorhaben ist bauplanungsrechtlich zulässig.

Nach Art. 59 Satz 1 Nr. 1 BayBO i.V.m. § 29 Abs. 1, § 30 Abs. 1 BauGB ist die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit des Bauvorhabens nach dem Bebauungsplan M 32 i.V.m. den Regelungen der BauNVO’68 (Nr. 1.2 des Bebauungsplans) zu beurteilen. Insoweit ist das geplante Mehrfamilienhaus als Wohngebäude nach § 3 Abs. 2 BauNVO’68 im festgesetzten reinen Wohngebiet ohne Weiteres zulässig (§ 9 Abs. 1 Nr. 1 BauGB i.V.m. § 1 Abs. 2 Nr. 2, Abs. 3 Satz 1 und 2, § 3 BauNVO’68, Nr. 1.2 des Bebauungsplans). Der Bebauungsplan M 32 enthält hierbei auch keine Beschränkung der Zahl der Wohnungen nach § 9 Abs. 1 Nr. 6 BauGB. Zwar wurde das Baugebiet nach dem vorhergehenden Bebauungsplan als Wohnquartier für „Einfamilien- und Zweifamilienhäuser“ ausgewiesen, eine entsprechende Festsetzung oder Beschränkung enthält der zugrunde zu legende Bebauungsplan M 32 jedoch gerade nicht. Ausweislich der Begründung Nr. 3 des Bebauungsplans sollte vielmehr durch den neuen Bebauungsplan eine günstigere Bebauung ermöglicht werden.

Das Bauvorhaben hält auch die Festsetzungen zur Zahl der Vollgeschoße (§ 9 Abs. 1 Nr. 1 BauGB, § 16 Abs. 2 Nr. 3, § 18 BauNVO’68 i.V.m. Art. 2 Abs. 5 BayBO a.F.) sowie die offene Bauweise (§ 9 Abs. 1 Nr. 2 BauGB, § 22 Abs. 1 und 2 BauNVO’68) ein. Hinsichtlich der Überschreitung der Baugrenze (§ 9 Abs. 1 Nr. 2 BauGB i.V.m. § 23 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 Satz 1 BauNVO’68) durch den Balkon wurde eine Befreiung erteilt.

Das Bauvorhaben überschreitet allerdings auch die Festsetzungen zum Maß der baulichen Nutzung hinsichtlich der Grundflächenzahl (§ 9 Abs. 1 Nr. 1 BauGB i.V.m. § 16 Abs. 2 Nr. 2, § 19 Abs. 1 BauNVO’68) und der Geschoßflächenzahl (§ 9 Abs. 1 Nr. 1 BauGB i.V.m. § 16 Abs. 2 Nr. 1, § 20 Abs. 2 BauNVO’68). Hierfür wurden jedoch von der Beklagten keine Befreiungen erteilt.

Dass die Beklagte die Genehmigung trotz Bekanntmachung der Veränderungssperre am 4. Oktober 2013 in Verkennung der notwendigen Befreiungen für die Geschoß- und Grundflächenzahl erteilt hat, ist für die vorliegende Nachbarklage nicht relevant. Denn es kommt insoweit nur auf die Verletzung drittschützender Rechte an, nicht aber auf die Einhaltung objektiven Rechts. Die Veränderungssperre dient dabei ausschließlich dem Interesse des Planungsträgers.

II. Die Baugenehmigung verletzt die Kläger auch im Hinblick auf die erteilten und notwendigen Befreiungen nicht in ihren Rechten.

Soweit von der Beklagten Befreiungen nach Art. 59 Satz 1 Nr. 1 BayBO i.V.m. § 31 Abs. 2 BauGB erteilt wurden ist hinsichtlich des Nachbarschutzes im Rahmen des § 31 Abs. 2 BauGB danach zu unterscheiden, ob von drittschützenden Festsetzungen eines Bebauungsplanes befreit wird oder von nicht drittschützenden Festsetzungen (BayVGH, B.v. 24.3.2009 – 14 CS 08.3017 – juris Rn. 33; Simon/Busse, a.a.O., Art. 66 Rn. 385; vgl. BVerwG, B.v. 8.7.1998 – 4 B 64/98 – BayVBl 1999, 26 – juris Rn. 5). Weicht ein Bauvorhaben von drittschützenden Festsetzungen eines Bebauungsplanes ab, so kann es nur zugelassen werden, wenn die Abweichung durch eine Befreiung nach § 31 Abs. 2 BauGB gerechtfertigt wird, wobei der Dritte hierbei einen Rechtsanspruch auf Einhaltung der jeweiligen tatbestandlichen Voraussetzungen des § 31 Abs. 2 BauGB hat und ist auf den Rechtsbehelf des Nachbarn hin in vollem Umfang nachzuprüfen, ob die objektiven Voraussetzungen für eine Befreiung vorliegen. Wird dagegen eine Befreiung von einer nicht nachbarschützenden Festsetzung eines Bebauungsplanes erteilt, dann hat der Nachbar (nur) ein subjektiv-öffentliches Recht auf Würdigung seiner nachbarlichen Interessen; unter welchen Voraussetzungen eine Befreiung die Rechte des Nachbarn verletzt, ist dabei nach den Maßstäben zum drittschützenden Gebot der Rücksichtnahme i.V.m. § 15 Abs. 1 BauNVO zu beurteilen (BayVGH, B.v. 24.3.2009 – 14 CS 08.3017 – juris Rn. 33).

Gleiches gilt, soweit von den Festsetzungen der Grundflächenzahl und der Geschoßflächenzahl überhaupt keine Befreiungen erteilt wurden. Eine Nachbarrechtsverletzung kann nicht bereits durch die nicht erteilte Befreiung eintreten, sondern nur durch die Baugenehmigung selbst (Dirnberger in Simon/Busse, a.a.O., Art. 66 Rn. 386; BVerwG, U.v. 6.10.1989 – 4 C 14/87 – juris Rn. 10). Maßgeblich ist vielmehr, ob das Bauvorhaben auch im Falle der Erteilung einer Befreiung nachbarrechtswidrig wäre (Reidt in Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB – Kommentar, 12. Auflage 2014, Vorb. §§ 29 – 38 Rn. 64).

Im vorliegenden Fall betreffen die erteilten bzw. fehlenden Befreiungen ausschließlich nicht nachbarschützende Vorschriften, so dass die Kläger im vorliegenden Verfahren keinen Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung, sondern nur auf Würdigung ihrer nachbarlichen Interessen haben (BayVGH, B.v. 29.6.2010 – 14 CS 09.2256 – juris Rn. 17; BVerwG, B.v. 8.7.1998 – 4 B 64/98 – BayVBl 1999, 26 – juris Rn. 7). Die Würdigung der nachbarlichen Interessen erfolgt dabei im Rahmen des Gebots der Rücksichtnahme (BVerwG, U.v. 19.9.1986 – 4 C 8/84 – BayVBl 1987, 476 – juris Rn. 17).

Festsetzungen im Bebauungsplan sind – abgesehen von der Art der baulichen Nutzung – nicht kraft Gesetzes drittschützend (BayVGH, B.v. 24.3.2009 – 14 CS 08.3017 – juris Rn. 34 und B.v. 4.4.2012 – 2 CS 12.394 – juris Rn. 5; BVerwG, B.v. 19.10.1995 – 4 B 215/95 – NVwZ 1996, 888 – juris Rn. 3). Dies gilt sowohl für die Festsetzungen zur Baugrenze (vgl. Dirnberger in Simon/Busse, a.a.O., Art. 66 Rn. 368, VG Ansbach, B.v. 6.6.2011 – AN 9 S 11.01003 – juris Rn. 21), die zudem vorliegend die Verkehrsfläche im Westen und nicht die Kläger betrifft, als auch für die Festsetzungen der Grundflächenzahl und der Geschoßflächenzahl (Dirnberger in Simon/Busse, a.a.O., Art. 66 Rn. 366). Der Ausnahmefall einer grundstücksbezogenen Festsetzung zur Vermeidung übergroßer hoher Baukörper gegenüber kleiner Wohnbebauung (vgl. BVerwG, U.v. 13.3.1981 – 4 C 1/78 – BauR 1981, 354 – juris) ist weder aus dem Bebauungsplan ableitbar noch im Hinblick auf die Größe des geplanten Baukörpers im Verhältnis zur vorhandenen Bebauung der Kläger, wie sie beim Augenscheinstermin festgestellt werden konnte, ersichtlich.

Festsetzungen über das Maß der baulichen Nutzung können Drittschutz nur vermitteln, wenn sie nach dem Willen der Gemeinde als Planungsträgerin diese Funktion haben sollen (BayVGH, B.v. 24.3.2009 – 14 CS 08.3017 – juris Rn. 34, B.v. 4.4.2012 – 2 CS 12.394 – juris Rn. 5 und B.v. 29.8.2006 – 15 CS 06.1943 – juris Rn. 12; BVerwG, U.v. 16.9.1993 – 4 C 28/91 – BVerwGE 94, 151 – juris Rn. 11ff). Ob dies der Fall ist, ist durch Auslegung zu ermitteln, wobei der Wille des Planungsträgers mit ausreichender Bestimmtheit aus der Begründung oder sonstigen Willensäußerungen der Gemeindevertretung her ableitbar sein muss (Söfker in Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB – Kommentar, Stand 1.9.2013, § 16 BauNVO Rn. 51 und Blechschmidt in Ernst/Zinkahn/Bielenberg/ Krautzberger, a.a.O., § 23 BauNVO Rn. 55 ff). Erforderlich sind zureichende Anhaltspunkte und eine Deutlichkeit der Erklärungen (Reidt in Battis/Krautzberger/Löhr, a.a.O., Vorb. §§ 29 – 38 Rn. 42). Danach bestehen im vorliegenden Fall keine Anhaltspunkte dafür, dass die Festsetzungen des Bebauungsplans M 32 zum Maß der baulichen Nutzung drittschützenden Charakter haben (sollen).

Dementsprechend haben die Kläger im vorliegenden Fall keinen Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung, sondern können nur die Würdigung ihrer nachbarlichen Interessen verlangen (BayVGH, B.v. 29.6.2010 – 14 CS 09.2256 – juris Rn. 17; BVerwG, B.v. 8.7.1998 – 4 B 64/98 – BayVBl 1999, 26 – juris Rn. 7). Eine Rechtsverletzung ist dabei nach den Grundsätzen des Gebots der Rücksichtnahme zu beurteilen, d.h. die Kläger müssen infolge der zu Unrecht erteilten Befreiungen unzumutbar beeinträchtigt sein (BayVGH, B.v. 29.9.2008 – 1 CS 08.2201 – juris Rn. 13; BVerwG, U.v. 19.9.1986 – 4 C 8/84 – DVBl 1987, 476 - juris Rn. 19). Gleiches gilt – wie oben ausgeführt – für die fehlenden Befreiungen zur Geschoßflächenzahl und Grundflächenzahl. Die Grundzüge der Planung oder eine städtebauliche Vertretbarkeit der Abweichungen ist insoweit für die Beurteilung einer Rechtsverletzung der Kläger nicht relevant (BVerwG, B.v. 8.7.1998 – 4 B 64/98 – BayVBl 1999, 26 – juris Rn. 5; VG Ansbach, B.v. 6.6.2011 – AN 9 S 11.01003 – juris Rn. 21).

III. Das Bauvorhaben ist im Hinblick auf die Kläger nicht rücksichtslos.

Das Gebot der Rücksichtnahme findet in qualifiziert beplanten Bereichen nach § 30 Abs. 1 BauGB über § 15 Abs. 1 BauNVO bzw. bei der Gewährung von Befreiungen bezüglich nicht nachbarschützender Vorschriften gemäß § 31 Abs. 2 BauGB über das Tatbestandsmerkmal der "Würdigung nachbarlicher Interessen" Eingang in die bauplanungsrechtliche Prüfung. Es soll dabei einen angemessenen Interessenausgleich gewährleisten und vermittelt insofern Drittschutz, als die Baugenehmigungsbehörde hierdurch gezwungen wird, in qualifizierter und zugleich individualisierter Weise auf schutzwürdige Belange eines erkennbar abgrenzbaren Kreises Dritter zu achten. Die insofern vorzunehmende Interessenabwägung hat sich daran zu orientieren, was dem Rücksichtnahmebegünstigten und dem Rücksichtnahmeverpflichteten jeweils nach Lage der Dinge zuzumuten ist, was sich nach der jeweiligen Situation der benachbarten Grundstücke beurteilt. Je empfindlicher und schutzwürdiger die Stellung des Rücksichtnahmeberechtigten ist, desto mehr kann er an Rücksichtnahme verlangen. Je verständlicher und unabweisbarer die Interessen des Bauherrn sind, die er mit dem Vorhaben verfolgt, desto weniger muss er Rücksicht nehmen (BayVGH, B. 24.3.2009 – 14 CS 08.3017 – juris Rn. 40; Dirnberger in Simon/Busse, a.a.O., Art. 66 Rn. 365, 468; Söfker in Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, a.a.O., § 31 Rn. 69). Nach diesen Grundsätzen ist das mit Bescheid vom 22. Oktober 2013 genehmigte Bauvorhaben der Beigeladenen nicht rücksichtslos.

Die Kläger haben zunächst keinen Anspruch auf Beibehaltung einer Planung oder Planbefolgung durch Dritte (BVerwG, U.v. 10.12.1982 – 4 C 49/79 – juris Rn. 16). Insoweit sind die auch die erteilten Befreiungen nur anhand der allgemeinen Grundsätze des Rücksichtnahmegebots zu überprüfen.

Soweit es durch die neue Bebauung, insbesondere die Balkone auf der Südseite, zu einer Einsichtnahme auf die Grundstücke der Kläger kommt, ist dies nicht unzumutbar, sondern im Rahmen der Sozialadäquanz hinzunehmen. Abgesehen davon, dass beide Gebäude der Kläger mit der Nordseite, auf der sich jeweils der Zugangsbereich befindet, betroffen sind, ihre besonders schützenswerte Ausrichtung nach Süden haben und nur das Gebäude der Kläger im Verfahren Au 4 K 13.1858 zu einem gewissen Teil auch mit der Westseite berührt ist, besteht kein Schutz vor jeglichen oder unerwünschten Einblicken (vgl. BayVGH, U.v. 7.10.2010 – 2 B 09.328 – juris Rn. 30; BayVGH, B.v. 9.10.2012 – 15 CS 12.1852 – juris Rn. 11; BayVGH, B.v. 16.10.2012 – 15 ZB 11.1016 – juris Rn. 7). Auch am Augenscheinstermin konnte nicht festgestellt werden, dass die – einer üblichen Bauweise entsprechenden – Fenster der Kläger oder die Nutzung der betroffenen Seiten einer unzumutbaren Beeinträchtigung ausgesetzt sein würden, zumal es sich – wie bereits bei der vorherigen Nutzung des Baugrundstücks – beim Neubauvorhaben um Wohnnutzung handelt. Es liegt somit auch kein Fall einer erstmaligen Einsicht in einen bisherigen Ruhebereich vor (vgl. BayVGH, B.v. 8.5.2008 – 14 B 06.2813 – BayVBl 2008, 730 – juris Rn. 14). Ein Verstoß gegen die Sozialadäquanz ist daher nicht ersichtlich. Es besteht daher insoweit auch keine Verpflichtung der Beigeladenen, sich mit einer Nutzung zu begnügen, die zu keiner Erweiterung von Einsichtsmöglichkeiten führt (BVerwG, U.v. 28.10.1993 – 4 C 5/93 – NVwZ 1994, 686 – juris Rn. 23).

Das geplante Wohngebäude hat insbesondere gegenüber den Klägern keine erdrückende oder einmauernde Wirkung. Gegenüber den Klägern im Verfahren Au 4 K 13.1858 ergibt sich dies bereits daraus, dass diese nur Punktnachbarn sind und von dem Gebäudekörper lediglich in nordwestlicher Richtung betroffen sind. Im Übrigen kommt eine solche Wirkung regelmäßig nur bei übergroßen Baukörpern in unmittelbarer Nähe zu Wohngebäuden in Betracht (vgl. BayVGH, B.v. 16.10.2012 – 15 ZB 11.1016 – juris Rn. 6; BayVGH, B.v. 25.10.2010 – 15 CS 10.1950 – juris Rn. 11; BVerwG, U.v. 13.3.1981 – 4 C 1/78 – DVBl 1981, 928 – juris Rn. 34). Zwar weist das geplante Bauvorhaben eine Gebäudelänge von 23,99 m bei einer Grundstücksgrenze zu der Klägerin im Verfahren Au 4 K 13.1859 von nur ca. 20 m auf. Die Grundstücksbreite des Baugrundstücks beträgt jedoch 33 m und ist – wegen einer Ausbuchtung der Verkehrsfläche zur Erschließung des Hinterliegergrundstücks der Klägerin im Verfahren Au 4 K 13.1859 – lediglich im Süden an der gemeinsamen Grundstücksgrenze nur ca. 20 m breit. Der geringste Abstand des Bauvorhabens zur Grundstücksgrenze im Süden beträgt ca. 5,5 m, allerdings zur dort ausbuchtenden Verkehrsfläche, während der Abstand zur Grundstücksgrenze der südlich gelegenen Klägerin im Verfahren Au 4 K 13.1859 zwischen ca. 9 m (Südostecke) und ca. 15 m (Südwestecke) beträgt; hinzu kommen weitere ca. 3 bis 4 m Abstand bis zum Gebäude der Klägerin. Trotz einer Firsthöhe von 12,335 m beträgt die Wandhöhe des Gebäudes im Süden nur 6,81 m. Darüber hinaus befindet sich das Gebäude im Norden bzw. Nordwesten der klägerischen Anwesen, deren Gebäude und Freiflächen sämtlich nach Süden ausgerichtet sind und in einer großzügigen Grundstückssituation eingebettet sind. Hinzu kommt, dass ausweislich des Abstandsflächenplans vom 28. Mai 2013 – auch bei Berücksichtigung von H anstelle des dort eingezeichneten ½ H aufgrund der Grundstücksgröße und der Grenzabstände – die Abstandsflächen offensichtlich eingehalten werden, so dass auch aus diesem Grund die Annahme einer erdrückenden oder einmauernden Wirkung regelmäßig ausscheidet (BayVGH, B.v. 29.6.2009 – 14 CS 08.3017 – juris Rn. 41). Anhaltspunkte für eine andere Beurteilung sind, wie auch der Augenscheinstermin gezeigt hat und die umliegende Bebauung sowie Grundstückssituation zeigen, nicht ersichtlich, zumal auch die Nichteinhaltung der Abstandsflächen nicht automatisch eine Verletzung des Rücksichtnahmegebots indizieren würde (BayVGH, B.v. 18.5.2011 – 15 CS 11.235 – juris Rn. 9).

Soweit sich die Kläger auf eine Wertminderung ihrer Grundstücke berufen, kann dies ebenfalls nicht zum Erfolg der Klagen führen. Denn Auswirkungen auf den Verkehrswert sind grundsätzlich unbeachtlich (BayVGH, U.v. 29.7.2011 – 15 N 08.2086 – juris Rn. 20; BVerwG, B.v. 9.2.1995 – 4 NB 17/94 – NVwZ 1995, 352 – juris Rn. 14; Dirnberger in Simon/Busse, a.a.O., Art. 66 Rn. 451). Es besteht für den Nachbarn kein Anspruch, von jeglicher Wertminderung verschont zu bleiben (BVerwG, B.v. 13.11.1997 – 4 B 195/97 – NVwZ-RR 1998, 540 – juris Rn. 6).

Auch die von den Stellplätzen der zulässig errichteten Wohnbebauung ausgehenden Emissionen sind grundsätzlich nicht unzumutbar (vgl. BayVGH, U.v. 29.2.2012 – 9 B 09.2502 – juris Rn. 30; BVerwG, B.v. 20.3.2003 – 4 B 59/02 – NVwZ 2003, 1516 – juris Rn. 7). Abgesehen davon, dass die Stellplätze, die zur Straße ausgerichtet sind und den südlichen Bereich, in dem sich die Grundstücke der Kläger befinden nicht betreffen, ist auch ein zusätzlicher Stellplatzbedarf nicht drittschützend (BayVGH, B.v. 26.4.2012 – 2 ZB 10.3147 – juris Rn. 15). Die Kläger haben darüber hinaus auch keinen Anspruch auf Beibehaltung bestimmter Verkehrsverhältnisse (Dirnberger in Simon/Busse, a.a.O., Art. 66 Rn. 438).

Schließlich verletzt das Bauvorhaben das Gebot der Rücksichtnahme auch nicht im Hinblick auf die geltend gemachte Beeinträchtigung durch Grundwasser.

Eine Grundstücksvernässung, der Wasserabfluss oder Oberflächenwasser ist bereits nicht drittschützend (VG Augsburg, U.v. 28.9.2011 – Au 4 K 10.1174 – juris Rn. 28; Dirnberger in Simon/Busse, a.a.O., Art. 66 Rn. 446, 416). Demgegenüber ist ein Drittschutz betreffend Hochwasser möglich, wenn den Klägern ein nicht unerheblicher Nachteil droht, ein grober Verstoß oder eine erhebliche Beeinträchtigung vorliegt, die zu einer unzumutbaren Erhöhung der Hochwassergefahren führt (vgl. Wolf in Simon/Busse, a.a.O., Art. 59 rn. 36, 58; VG Regensburg, U.v. 11.10.2013 – RO 8 K 13.1095 – juris Rn. 21; VG Augsburg, U.v. 11.7.2013 – Au 5 K 12.1023 – juris Rn. 52 und U.v. 4.6.2013 – Au 3 K 12.1026 – juris Rn. 37; BayVGH, B.v. 24.1.2001 – 1 ZS 003650 – juris Rn. 10, B.v. 29.11.2010 – 9 CS 10.2197 – juris Rn. 15 und B.v. 9.10.2009 – 1 CS 08.1999 – juris Rn. 28). Anknüpfungspunkt im Bereich eines qualifizierten Bebauungsplans ist dabei das Rücksichtnahmegebot gemäß § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO, so dass auch im vereinfachten Baugenehmigungsverfahren und im Bereich eines qualifizierten Bebauungsplans eine mögliche erhebliche Beeinträchtigung durch Hochwasser zu berücksichtigen ist (vgl. VG Regensburg, U.v. 21.3.2013 – RO 2 K 11.2065 – juris Rn. 37; VG München, U.v. 11.1.2011 – M 1 K 10.5168 – juris Rn. 15).

Im vorliegenden Fall ist allerdings eine Hochwassergefahr durch die bestehende Schutzmauer am ...kanal, die ein 100-jähriges Hochwasser abdeckt, ausgeschlossen. Eine Beeinträchtigung durch steigendes Grundwasser ist nach der Stellungnahme des Wasserwirtschaftsamtes ... vom 28. März 2014 ausgeschlossen, wenn der maximale Grundwasserstand die Unterkante der Untergeschossbodenplatte, die ca. 2 m unter Geländeoberkante liegt, nicht erreicht. Zwar ist im Bereich des Bauvorhabens und der klägerischen Grundstücke durchaus ein Anstieg des Grundwasserstandes über die Sohle der Tiefgarage möglich. Nach den nachvollziehbaren und unbestrittenen Ausführungen des Vertreters des Wasserwirtschaftsamtes, als fachlich zuständige Stelle, in der mündlichen Verhandlung vom 7. Mai 2014 fällt ein Aufstau am Baukörper jedoch in Anstromrichtung und nach außen hin ab. Da die Anstromrichtung des Grundwassers im vorliegenden Bereich aus Süden erfolgt, liegt der Baukörper der Tiefgarage zum Einen im Fließschatten der klägerischen Gebäude, die selbst ein Kellergeschoß aufweisen, andererseits ist der Abstand zwischen klägerischen Gebäuden und dem geplanten Baukörper so groß, dass bei einem theoretischen Aufstau von ca. 2 bis 6 cm in Bauwerksmitte nach den nachvollziehbaren fachlichen Äußerungen des Vertreters des Wasserwirtschaftsamtes bei den Klägern kein Aufstau – bedingt durch den geplanten Baukörper – ankommt. Dem sind die Kläger nicht substantiiert entgegengetreten. Abgesehen davon dürfte auch bei einer angenommenen „eins zu eins“ Übertragung des theoretischen Aufstaus von 2 bis 6 cm auf die klägerischen Grundstücke bei tatsächlichem Grundwasseraufstau über die Geländeoberfläche noch nicht von einer erheblichen und nach den o.g. Grundsätzen unzumutbaren Verschärfung der Hochwassersituation auszugehen sein. Nach den fachlichen und nachvollziehbaren Ausführungen des Vertreters des Wasserwirtschaftsamtes ... steht jedoch zur Überzeugung des Gerichts fest, dass keine derart unzumutbare Verschärfung der Hochwassersituation im Bereich der klägerischen Grundstücke, bedingt durch den geplanten Baukörper, vorliegt. Soweit der Bevollmächtigte der Kläger geltend macht, es sei eine Überwachung des Grundwasserspiegels, die Einrichtung von Grundwassermessstellen und eine Beweissicherung im Rahmen der Bauausführung erforderlich, hat dies keinen Einfluss auf die Rechtmäßigkeit der Baugenehmigung. Denn diese ergeht insoweit unbeschadet der Rechte Dritter (Art. 68 Abs. 4 BayBO) und regelt nicht die (zivilrechtlichen) Fragen der Bauausführung und Beweissicherung.

Nach alldem ergibt auch die Beurteilung der Zumutbarkeit nach der Gesamtsituation (vgl. BVerwG, B.v. 10.1.2013 – 4 B 48/12 – BauR 2013, 934 – juris Rn. 7; BayVGH, B.v. 18.5.2011 – 15 CS 11.235 – juris Rn. 10) keine Anhaltspunkte für eine Rücksichtslosigkeit des Bauvorhabens gegenüber den Klägern. Zwar werden die Grundflächenzahl und die Geschoßflächenzahl deutlich überschritten, bei den klägerischen Wohngebäuden handelt es sich aber weder um kleine Wohngebäude noch liegen Anhaltspunkte dafür vor, dass der Plangeber durch die Festsetzungen zur Grund- und Geschoßflächenzahl benachbarte Bebauung mit geringer Nutzung besonders schützen wollte. Darüber hinaus befindet sich das Bauvorhaben im Norden des Grundstücks der Klägerin im Verfahren Au 4 K 13.1859, die Kläger im Verfahren Au 4 K 13.1859 sind gar nur Punktnachbarn an der nordwestlichen Ecke ihres Grundstücks. Zum Grundstück der Klägerin im Verfahren Au 4 K 13.1859 sind die Abstandsflächen eingehalten; zu den Klägern im Verfahren Au 4 K 13.1858 sind aufgrund der Grundstückssituation und Gebäudelage gar keine Abstandsflächenvorschriften einschlägig. Zu berücksichtigen ist ferner, dass beide klägerischen Grundstücke Hinterliegergrundstücke zur Erschließungsanlage ...straße sind und von geltend gemachten Verkehrsbelastungen allenfalls beim Erreichen oder Verlassen ihrer Anwesen – wie jeder andere Verkehrsteilnehmer auch – auf öffentlichen Straßen betroffen sind.

Bauordnungsrecht ist vorliegend im Hinblick auf Art. 59 BayBO nicht Prüfungsgegenstand der Baugenehmigung vom 22. Oktober 2013. Dementsprechend kommt insoweit auch keine Rechtsverletzung für die Kläger in Betracht (BVerwG, B.v. 16.1.1997 – 4 B 244/96 – NVwZ 1998, 58 – juris Rn. 3). Gleiches gilt für eine eventuell erforderliche Genehmigung nach § 78 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, Abs. 6 WHG, da diese ebenfalls nicht durch Art. 59 Satz 1 Nr. 3 BayBO erfasst wird (BayVGH, B.v. 9.10.2009 – 1 CS 08.1999 – juris Rn. 33; VG München, U.v. 11.1.2011 – M 1 K 10.5168 – juris Rn. 16; VG Augsburg, U.v. 28.9.2011 – Au 4 K 10.1174 – juris Rn. 28).

Nach alledem waren die Klagen abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1, § 159 VwGO.

Da die Beigeladene einen eigenen Antrag gestellt hat, entspricht es der Billigkeit, dass sie ihre außergerichtlichen Kosten erstattet erhält (§ 154 Abs. 3, § 162 Abs. 3 VwGO).

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 Abs. 2 VwGO i.V.m. §§ 708 ff ZPO.

 

Beschluss

Der Streitwert wird für beide Verfahren bis zur gemeinsamen Entscheidung auf jeweils 7.500,-- EUR, danach auf 15.000,-- EUR festgesetzt.

Gründe

Die Festsetzung des Streitwertes beruht auf § 52 Abs. 1 GKG i.V.m. Nr. 9.7.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit.

(1) Der natürliche Ablauf wild abfließenden Wassers auf ein tiefer liegendes Grundstück darf nicht zum Nachteil eines höher liegenden Grundstücks behindert werden. Der natürliche Ablauf wild abfließenden Wassers darf nicht zum Nachteil eines tiefer liegenden Grundstücks verstärkt oder auf andere Weise verändert werden.

(2) Eigentümer oder Nutzungsberechtigte von Grundstücken, auf denen der natürliche Ablauf wild abfließenden Wassers zum Nachteil eines höher liegenden Grundstücks behindert oder zum Nachteil eines tiefer liegenden Grundstücks verstärkt oder auf andere Weise verändert wird, haben die Beseitigung des Hindernisses oder der eingetretenen Veränderung durch die Eigentümer oder Nutzungsberechtigten der benachteiligten Grundstücke zu dulden. Satz 1 gilt nur, soweit die zur Duldung Verpflichteten die Behinderung, Verstärkung oder sonstige Veränderung des Wasserabflusses nicht zu vertreten haben und die Beseitigung vorher angekündigt wurde. Der Eigentümer des Grundstücks, auf dem das Hindernis oder die Veränderung entstanden ist, kann das Hindernis oder die eingetretene Veränderung auf seine Kosten auch selbst beseitigen.

(3) Aus Gründen des Wohls der Allgemeinheit, insbesondere der Wasserwirtschaft, der Landeskultur und des öffentlichen Verkehrs, kann die zuständige Behörde Abweichungen von den Absätzen 1 und 2 zulassen. Soweit dadurch das Eigentum unzumutbar beschränkt wird, ist eine Entschädigung zu leisten.

(4) Die Absätze 1 bis 3 gelten auch für wild abfließendes Wasser, das nicht aus Quellen stammt.

Das Gericht darf über das Klagebegehren nicht hinausgehen, ist aber an die Fassung der Anträge nicht gebunden.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Kosten sind die Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) und die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten einschließlich der Kosten des Vorverfahrens.

(2) Die Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts oder eines Rechtsbeistands, in den in § 67 Absatz 2 Satz 2 Nummer 3 und 3a genannten Angelegenheiten auch einer der dort genannten Personen, sind stets erstattungsfähig. Soweit ein Vorverfahren geschwebt hat, sind Gebühren und Auslagen erstattungsfähig, wenn das Gericht die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig erklärt. Juristische Personen des öffentlichen Rechts und Behörden können an Stelle ihrer tatsächlichen notwendigen Aufwendungen für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen den in Nummer 7002 der Anlage 1 zum Rechtsanwaltsvergütungsgesetz bestimmten Höchstsatz der Pauschale fordern.

(3) Die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen sind nur erstattungsfähig, wenn sie das Gericht aus Billigkeit der unterliegenden Partei oder der Staatskasse auferlegt.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.