I.
Der Antragsteller begehrt im Wege der einstweiligen Anordnung die vorläufige Unterlassung des Vollzugs eines Stadtratsbeschlusses, bei welchem er von der Abstimmung gemäß Art. 49 Abs. 1 Gemeindeordnung – GO – ausgeschlossen war.
Der Antragsteller ist Mitglied im Stadtrat der Antragsgegnerin und zudem erster Vertreter des Bürgerbegehrens „Kein Tunnel für S.“.
Das am 8. Juni 2017 bei der Antragsgegnerin mit der (laut beiden Verfahrensbeteiligten) erforderlichen Unterschriftenanzahl eingereichte Bürgerbegehren will gemäß seiner zugrundeliegenden Fragestellung erreichen, dass die Antragsgegnerin „alles unternimmt, damit der planfestgestellte B2-Tunnel in unserer Stadt [der Antragsgegnerin] nicht gebaut wird“.
Am 3. Juli 2017 befasste sich der Stadtrat der Antragsgegnerin in seiner 27. öffentlichen Sitzung 2017 unter dem Tagesordnungspunkt 4 (im Folgenden: TOP 4)
„Bürgerbegehren ‚Kein Tunnel in S.‘;
Zulässigkeit und Teminfestlegung
Vorlage: 2017/284“
mit dem Bürgerbegehren. Gemäß Beschlussauszug der Antragsgegnerin zum TOP 4 der Sitzung wurden die Stadtratsmitglieder zu Beginn der Behandlung von TOP 4 von der Ersten Bürgermeisterin gefragt, ob sie bei diesem TOP persönlich beteiligt sind. Der Antragsteller erklärte daraufhin, „dass er zwar Initiator des Bürgerbegehrens ist, eine persönliche Beteiligung aber nicht sieht“. Der Stadtrat beriet anschließend – ohne Anwesenheit des Antragstellers, der im Publikum Platz nahm – über die Frage der persönlichen Beteiligung des Antragstellers und beschloss mehrheitlich (19:11), den Antragsteller „bei der Beratung des Tagesordnungspunktes zur Zulässigkeit und Terminfestlegung des Bürgerbegehrens ‚Kein Tunnel für S.‘ von Beratung und Abstimmung wegen persönlicher Beteiligung nach Art. 49 Bayerische Gemeindeordnung auszuschließen“. Der Beschlussauszug stellt dazu weiter fest: „Damit ist [der Antragsteller] von Beratung und Abstimmung ausgeschlossen und bleibt dem Ratstisch fern“.
Nach weiterer Beratung in der Sache wurde vom Stadtrat zunächst über die von der Stadtverwaltung zur Sitzungsvorbereitung erstellte Beschlussvorlage Nr. 2017/284 und anschließend über einen zuvor im Rahmen der Beratung von Stadtratsmitglied F. eingebrachten und aus Nrn. I bis VII bestehenden Antrag (s.u.) abgestimmt.
Der Stadtrat lehnte mehrheitlich (19:11) die Beschlussvorlage Nr. 2017/284, nach welcher die Zulässigkeit der Bürgerbegehrens „Kein Tunnel für S.“ festgestellt und ein Termin zur Durchführung eines Bürgerentscheids durchgeführt werden sollte, ab. Den folgenden, einzeln zur Abstimmung gestellten Nrn. I bis VII des Antrags von Stadtratsmitglied F. stimmte der Stadtrat jeweils mehrheitlich (19:11) zu:
I.
Der Beschlussvorschlag der Verwaltung in den Ziffern 1 bis 3 wird abgelehnt. Der Stadtrat lässt das Bürgerbegehren ‚Kein Tunnel in S.‘ nicht zu.
II.
Der Stadtrat behält sich nach § 1 Abs. 2 Satz 2 seiner Geschäftsordnung die Beratung und Entscheidung über die das Bürgerbegehren betreffenden Verfahrensschritte vor.
III.
Der Stadtrat stellt fest, dass es sich bei der Behandlung des Bürgerbegehrens seitens der Stadt um eine Angelegenheit von grundsätzlicher Bedeutung handelt.
IV.
Der Stadtrat ermächtigt die Stadtverwaltung, den die Zulässigkeit des Bürgerbegehrens ablehnenden Verwaltungsakt auszuarbeiten. Der Verwaltungsakt stützt sich auf die Begründung des Stadtrates unter Ziffer I. Dem Bescheid wird in Anlage die Stellungnahme der Rechtsaufsicht vom 30.06.2017 beigefügt. Der Verwaltungsakt wird vor Erlass der Rechtsaufsicht zur Abstimmung und anschließend dem Stadtrat am 24.07.2017 zur Beschlussfassung vorgelegt.
V.
Der Stadtrat beauftragt die Stadtverwaltung, evtl. Verwaltungsstreitigkeiten nur im Sinne der Beschlussfassung des Stadtrates unter Ziffer I zu führen. Wegen grundsätzlicher Bedeutung der Angelegenheit behält sich der Stadtrat im Falle von Verwaltungsstreitigkeiten entsprechend seines Beschlusses in Ziffer III in Verbindung mit § 13 Abs. 2 Nr. 4a der Geschäftsordnung die Entscheidung über die Erteilung eines Mandats an einen Prozessbevollmächtigten vor, ebenfalls die Entscheidung über all in § 13 Abs. 2 Ziffer 4a der Geschäftsordnung genannten Verfahrenshandlungen. Bis zur Erteilung des Mandats an einen Prozessbevollmächtigten durch den Stadtrat beauftragt der Stadtrat unentgeltlich als Prozessbevollmächtigte die Stadträte F., G. und J.
VI.
Im Falle eines Verwaltungsrechtsstreites beauftragt der Stadtrat die Stadtverwaltung, die Kanzlei [Bevollmächtigter der Antragsgegnerin] – deren Einverständnis vorausgesetzt – mit der rechtlichen Beratung und Prozessführung zu betrauen.
VII.
Der Stadtrat beauftragt die Stadtverwaltung, umgehend das Protokoll der Obersten Baubehörde im Bayerischen Staatsministerium des Innern, für Bau und Verkehr vom 25.01.2017 aus dem Gespräch der Stadt mit den Vertretern des Innenministeriums vom 19.01.2017 zum B2-Entlastungstunnel und möglicher Alternativen per Postwurfsendung zur Information an alle Haushalte im Gemeindegebiet der [Antragsgegnerin] zu verteilen. Das Schreiben enthält ausschließlich folgenden Text: „Sehr geehrte Bürgerinnen und Bürger der [Antragsgegnerin], zu dem für die künftige Stadtentwicklung und Zukunftsfähigkeit [der Antragsgegnerin] zentralen Thema B2-Tunnel und Nord-Ostumfahrung hat der […] Stadtrat am 20.02.2017 den Beschluss gefasst, „Tunnel bauen und ortsferne Umfahrung planen“. Er gab damit dem Bund ein politisches Signal für die Freigabe der Bundesmittel zum Tunnelbau und den Auftrag an die Stadt für eine städtische Vorplanung zu einer ergänzenden ortsfernen Umfahrung. Grundlage dafür war ein Gespräch von Stadtrat und Stadtverwaltung im Bayerischen Innen- und Verkehrsministerium vom 19.01.2017. Das Gesprächsprotokoll vom 25.01.2017 liegt zu Ihrer Information bei. Der Bund hat am 23.03.2017 die Bundesmittel für den Bau des B2-Tunnels freigegeben und die Arbeiten zur Realisierung des Projekts übernommen. Die Stadt hat in ihren Haushalt mittlerweile die Mittel für die Fachplanung einer ortsfernen Umfahrung aufgenommen.“
Am 19. Juli 2017 beantragte der Antragsteller, vertreten durch seine Bevollmächtigten, beim Bayerischen Verwaltungsgericht München,
die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, den Vollzug des in der Stadtratssitzung am 03.07.2017 gefassten Beschlusses, nach welchem „der Stadtrat die Stadtverwaltung beauftragt, umgehend das Protokoll der Obersten Baubehörde im Bayerischen Staatsministerium des Innern, für Bau und Verkehr vom 25.01.2017 aus dem Gespräch der Stadt mit den Vertretern des Innenministeriums vom 19.01.2017 zum B2-Entlastungstunnel und möglicher Alternativen per Postwurfsendung zur Information an alle Haushalte im Gemeindegebiet der Stadt S. zu verteilen“, wobei das Schreiben ausschließlich folgenden Text enthält: [Text des Schreiben gemäß Nr. VII, s.o.], vorläufig zu unterlassen.
Die Bevollmächtigten des Antragstellers erachten den unter TOP 4 Nr. VII gefassten Stadtratsbeschluss vom 3. Juli 2017 als rechtswidrig, weil der Antragsteller zu Unrecht von der Beratung und Abstimmung ausgeschlossen worden sei. Da mit einer zeitnahen Vollziehung des Beschlusses zu rechnen sei, bestehe ein Anordnungsgrund und -anspruch auf vorläufige Unterlassung des Vollzugs.
Der Beschluss in Nr. VII könne dem Antragsteller keinen unmittelbaren Vor- oder Nachteil gemäß Art. 49 Abs. 1 Satz 1 GO bringen. Die dafür erforderliche adäquate Kausalität und ein individuelles Interesse im Sinne eines Sondervor- oder -nachteils seien jedenfalls hinsichtlich Beratung und Abstimmung von Nr. VII nicht gegeben. Denn anders als bei Abstimmung über die Zulassung eines Bürgerbegehrens selbst, bei welcher die wohl herrschende Literatur- und Kommentarmeinung eine persönliche Beteiligung jedenfalls der Vertreter des Bürgerbegehrens befürworte, könne ein bloßes Schreiben wie unter Nr. VII beschlossen keine solche unmittelbaren Vor- oder Nachteile zur Folge haben. Das geplante Schreiben gebe den aktuellen Stand über den Bau des B2-Tunnels neutral wieder. Auch das dem Schreiben als Anlage beizufügende Gesprächsprotokoll, das zwar letztendlich den Bau des B2-Tunnel präferiere, ändere daran nichts. Denn zum einen gehe aus dem Protokoll hervor, dass Alternativen zum Tunnel aktuell noch gar nicht abschließend beurteilt werden könnten. Zum anderen könnten sich Schreiben und Gesprächsprotokoll nicht negativ auf die Zulässigkeit des Bürgerbegehrens auswirken, da das erforderliche Unterschriftsquorum bereits erreicht sei. Allein die Möglichkeit, dass sich Bürger infolge des Schreibens im Rahmen eines Bürgerentscheids gegen den Tunnel entscheiden würden, stelle noch keine Unmittelbarkeit im Sinne einer dafür notwendigen adäquaten Kausalität dar. Denn neben der Vollziehung des Beschlusses sei noch eine eigenständige Willensentscheidung notwendig; auch könne letztendlich nicht beurteilt werden, ob sich ein Bürger allein aufgrund des Schreibens oder dessen Anlage gegen den Tunnelbau entschieden habe.
Am 18. August 2017 beantragte der Bevollmächtigte der Antragsgegnerin, den Antrag abzulehnen, und wies mit Schriftsatz vom 31. August 2017 auf die seines Erachtens gegebene Unzulässigkeit und Unbegründetheit des Antrags hin.
So fehle es gemäß § 42 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO – analog bereits an einer Antragsbefugnis des Antragstellers, da nicht erkennbar sei, in welchen Rechten er möglicherweise verletzt sein solle. Denn ausweislich des Beschlussauszuges sei der Antragsteller ausschließlich und ausdrücklich bezüglich Beratung und Beschlussfassung zur Vorlage Nr. 2017/284 ausgeschlossen worden. Zu den weiteren, aufgrund des Antrags von Stadtrat F ergangenen Beschlüssen sei kein Antrag auf Ausschluss gestellt worden. Die Feststellung des Ausschlusses nach Art. 49 GO könne aber immer nur für einen bestimmten Gegenstand der Tagesordnung getroffen werden. Auch seinem Inhalt nach beziehe sich der zur Nr. VII gefasste Beschluss nicht auf Zulassung und Terminfestlegung des Bürgerbegehrens. Das Fernbleiben des Antragstellers von Beratung und Beschlussfassung der Nr. VII liege daher ausschließlich in dessen Risikobereich; dieses Fernbleiben könne den Beschluss aber nicht rechtswidrig und unwirksam machen. Eine mögliche Rechtsverletzung erscheine ausgeschlossen.
Aus diesem Grund sei der Eilantrag auch unbegründet. Höchstvorsorglich werde zudem vorgetragen, dass der Beschluss auch nach Art. 49 Abs. 1 GO nicht zu beanstanden sei. Wie der Antragsteller selbst einräume, entspreche es der herrschenden Meinung, den Vertreter eines Bürgerbegehrens bzw. den ersten Vorsitzenden eines ein Bürgerbegehren beantragenden Vereins von der Beschlussfassung über die Zulässigkeit und Terminsfestlegung wegen persönlicher Beteiligung auszuschließen. Wolle man – entgegen der Ansicht des Antragsgegners – davon ausgehen, dass der Beschluss zum Ausschluss des Antragstellers auch die Nr. VII des Antrags von Stadtratsmitglied F. mitumfasse, so wäre Voraussetzung dafür ein enger innerer tatsächlicher und rechtlicher Zusammenhang zwischen der Entscheidung über Zulässigkeit des Bürgerbegehrens und Terminfestlegung einerseits und Verteilung der Postwurfsendung andererseits. Dies sei aber nicht gegeben. Würde dieser aber unterstellt, so müsse man auch im Hinblick auf Art. 49 Abs. 1 GO folgern, dass der Ausschluss bzgl. Nr. VII (aufgrund dieses Zusammenhangs) ebenso rechtmäßig sei, weil dieselben rechtlichen Maßstäbe gelten würden.
Am 28. Juli 2017 erging in der vorliegenden Verwaltungsstreitsache ein sog. Schiebe- bzw. Hängebeschluss, in welchem das Gericht der Antragsgegnerin den Vollzug des verfahrensgegenständlichen Stadtratsbeschluss bis zur Entscheidung über den Eilantrag untersagte.
Mit Eingang am 14. September 2017 erhoben die Bevollmächtigten des Antragstellers zudem Klage in der Hauptsache (M 7 K 17.4417) und beantragten die Feststellung der Rechtswidrigkeit des Beschlusses vom 3. Juli 2017 zur Nr. VII TOP 4.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten Bezug genommen.
II.
Der zulässige Antrag hat auch in der Sache Erfolg.
1. Der Antrag ist zulässig, insbesondere ist der Antragsteller antragsbefugt nach § 42 Abs. 2 VwGO analog, weil er durch den ihn von der Beratung und Abstimmung ausschließenden Beschluss bezüglich Nr. VII zu TOP 4 und dem drohenden Vollzug des sodann ohne seine Mitwirkung ergangenen Beschlusses im ihm als Stadtratsmitglied (organschaftlich) zustehenden eigenen Rechten verletzt ist. Durch die zwischenzeitlich erhobene Hauptsacheklage steht auch das Rechtschutzbedürfnis des Antragstellers außer Frage; eine Prüfung von § 123 VwGO i.V.m. § 926 Zivilprozessordnung – ZPO – erübrigt sich.
2. Der Antrag ist auch begründet. Der Antragsteller hat einen Anordnungsanspruch (vgl. dazu 2.1) und einen Anordnungsgrund (vgl. dazu 2.2) glaubhaft gemacht,§ 123 Abs. 3 VwGO i.V.m. § 920 Abs. 2 und 4 ZPO.
Das Gericht kann nach § 123 Abs. 1 VwGO auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte, oder auch zur Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, nötig erscheint, um wesentliche Nachteile für den Antragsteller abzuwenden. Nach § 123 Abs. 3 VwGO i.V.m.§ 920 Abs. 2 ZPO sind dabei sowohl ein Anordnungsanspruch, d. h. der materielle Anspruch, für den der Antragsteller vorläufigen Rechtsschutz sucht, als auch ein Anordnungsgrund, der insbesondere durch die Eilbedürftigkeit einer vorläufigen Regelung begründet wird, nach § 920 Abs. 2 i.V.m. § 294 Abs. 1 ZPO glaubhaft zu machen.
2.1 Der Antragsteller hat einen (Sicherungs-)Anordnungsanspruch auf Verpflichtung der Antragsgegnerin, den Vollzug des zur Nr. VII unter TOP 4 am 3. Juli 2017 gefassten Stadtratsbeschlusses zu unterlassen, glaubhaft gemacht. Der Vollzug dieses Beschlusses würde die Wahrnehmung der Mitwirkungs- und Beteiligungsrechte des Antragstellers in seiner Funktion als Stadtratsmitglied (endgültig) vereiteln. Der Antragsteller wurde zu Unrecht gemäß Art. 49 Abs. 1 GO von der Beratung und Abstimmung zur Nr. VII unter TOP 4 ausgeschlossen (dazu 2.1.1), weil der Beschluss ihm keinen unmittelbaren Vor- oder Nachteil bringen kann (dazu 2.1.2).
2.1.1 Entgegen der Ansicht der Antragsgegnerin umfasste der eingangs zu TOP 4 gefasste Beschluss, den Antragsteller von der Beratung und Abstimmung auszuschließen, auch den unter Nr. VII zu TOP 4 gefassten Stadtratsbeschluss über die Verteilung der Postwurfsendung.
Der Wortlaut des Beschlusses kann nach dem objektiven Empfängerhorizont (Rechtsgedanke der §§ 133, 157 Bürgerliches Gesetzbuch – BGB) nur dahingehend verstanden und ausgelegt werden, dass der Antragsteller zum gesamten TOP 4 und nicht nur zur Beschlussvorlage Nr. 2017/284 wegen persönlicher Beteiligung ausgeschlossen wurde. Ausweislich des Beschlussauszuges wurde insoweit vom Stadtrat beschlossen, den Antragsteller „bei der Beratung des Tagesordnungspunkts zur Zulässigkeit und zur Terminfestlegung des Bürgerbegehrens […] von Beratung und Abstimmung […] auszuschließen“. Unter diesem TOP (4) befasste sich der Stadtrat anschließend sowohl mit der Beschlussvorlage Nr. 2017/284 als auch mit dem Antrag von Stadtratsmitglied F. In der Sitzungsniederschrift (Beschlussauszug) findet sich an keiner Stelle eine Indiz dahingehend, dass der Stadtrat hier – nach außen und objektiv erkennbar – den TOP 4 in zwei oder mehr formal getrennte „Beratungs- oder Themenblöcke“, etwa durch Bildung von Untergliederungspunkten zum TOP 4, trennen wollte. Im Gegenteil wurden die Beschlussvorlage Nr. 2017/284, der Antrag von Stadtratsmitglied F. und auch sonstige Anträge anderer Stadtratsmitglieder zunächst zusammenhängend unter diesem TOP 4 beraten. Insbesondere hat laut Beschlussauszug Stadtratsmitglied F. seinen Antrag (Nrn. I bis VII) erörtert und zur Abstimmung gestellt, bevor es zur Abstimmung über die Beschlussvorlage Nr. 2017/284 kam. Anschließend an diese gemeinsame Beratung wurden unmittelbar nacheinander die Beschlussvorlage Nr. 2017/284 und die Nrn. I bis VII des Antrags von Stadtratsmitglied F. zur Abstimmung gestellt. Der Stadtrat ging also offensichtlich selbst davon aus, dass es sich um einen in sich geschlossenen, einheitlichen TOP handelt. Dann kann aber umgekehrt auch der Beschluss zum Ausschluss des Antragstellers für den gesamten TOP 4 nur in diesem Sinne verstanden werden – und wurde offensichtlich auch so verstanden, sowohl vom Stadtrat, als auch vom Antragsteller.
Der Beschluss zum Ausschluss des Antragstellers enthält auch seinem Wortlaut nach keine inhaltliche Beschränkung wie etwa dass der Antragsteller ausgeschlossen wird, soweit es um die Zulassung und Terminbestimmung des Bürgerbegehrens geht. Stattdessen spricht der Beschuss vom „Tagesordnungspunkt zur Zulässigkeit und Terminfestlegung“ und zitiert damit letztendlich nur die vollständige Benennung des TOPs aus der Ladung. Insbesondere geht – so aber vom Bevollmächtigten der Antragsgegnerin vorgetragen – weder aus seinem Wortlaut, noch aus dem Kontext hervor, dass der TOP sich ausschließlich auf die Behandlung der Beschlussvorlage Nr. 2017/284 beschränken soll. Im Übrigen stände eine solche Beschränkung auch im Widerspruch zur Handhabung des Antrags von Stadtratsmitglied F. durch den Stadtrat. Der Antrag von Stadtratsmitglied F hat in seiner Nr. I – quasi spiegelbildlich zur Beschlussvorlage Nr. 2017/284 – nochmals unmittelbar die Zulassung des Bürgerbegehrens zum Gegenstand. Wäre also der Stadtrat davon ausgegangen, dass er den Antragsteller zunächst nur bezüglich der Beschlussvorlage Nr. 2017/284 ausgeschlossen hat, so hätte er den Antragsteller per separatem Beschluss jedenfalls auch bezüglich Nr. I des Antrags von Stadtratsmitglied F. ausschließen müssen. Auch dies spricht dafür, dass der Stadtrat seinen Beschluss zu Beginn von TOP 4 so verstanden (und dementsprechend auch so beschlossen) hat, dass der Ausschluss des Antragstellers für den gesamten TOP 4 gilt.
2.1.2 Der Ausschluss des Antragstellers von der Beratung und Abstimmung zur Nr. VII des Antrags von Stadtratsmitglied F. kann nicht auf Art. 49 Abs. 1 GO (und auch keine anderen Rechtsgrundlagen) gestützt werden, ist daher rechtswidrig und verletzt die Mitwirkungs- und Beteiligungsrechte des Antragstellers als Stadtratsmitglied. Der Antragsteller war betreffend den Beschlussgegenstand nicht nach Art. 49 Abs. 1 GO persönlich beteiligt, weil es insoweit an der Unmittelbarkeit eines möglichen Vor- oder Nachteils für ihn fehlt.
Zum einen ist die Verteilung der Postwurfsendung mit deren beschlossenem Inhalt kein von einem bloßen Gruppeninteresse abgrenzbarer „Sondervor- oder -nachteil“ für den Antragsteller (vgl. zum Ganzen Widtmann/Grasser/Glaser, Bayerische Gemeindeordnung, Kommentar, 28. EL Stand Dezember 2015, Art. 49 Rn. 11 ff. m.w.N.). Denn anders als bei der Beschlussfassung zur Zulässigkeit und Terminfestlegung des Bürgerbegehrens ist der Antragsteller insoweit gerade nicht beziehungsweise nicht direkt als Vertretungsberechtigter des Bürgerbegehrens betroffen. Die Nr. VII des Antrags von Stadtratsmitglied F. befasst sich nicht mit dem Bürgerbegehren, sondern geht im Gegenteil sogar davon aus, dass dieses (gemäß Beschluss zu Nr. I) unzulässig ist und daher kein Bürgerentscheid stattfindet. Die Postwurfsendung soll also, wie letztendlich auch Antragsteller und Antragsgegnerin übereinstimmend vortragen, einer allgemeinen politischen Information der Bürger zum Sachstand der Tunnelplanungen und möglicher Alternativen dienen. Freilich betrifft dies den Antragsteller mittelbar – aber eben nicht unmittelbar –, weil er mit dem initiierten Bürgerbegehren den Tunnelbau verhindern will, während das Bayerische Staatsministerium des Innern, für Bau und Verkehr in der Niederschrift von 25. Januar 2017 letztendlich eine „Tunnellösung“ favorisiert. Dies berührt aber zunächst nur die allgemeine politische Willensbildung und Einstellung des Antragstellers; er unterscheidet sich insoweit nicht von anderen Gemeinderatsmitgliedern oder Bürgern, die sich ebenfalls gegen einen Tunnelbau positioniert haben. Denn anders als bei der Entscheidung über die Zulassung der Bürgerbegehrens, die unmittelbar einen an den Antragsteller als Vertretungsberechtigten adressierten (Nicht-)Zulassungsbescheid zur Folge hat, weswegen er nach wohl herrschender Meinung persönlich beteiligt ist (vgl. dazu umfassend Thum, Bürgerbegehren und Bürgerentscheid in Bayern, Kommentar, 64. EL Stand Juli 2017, Nr. 13.08 S. 14d ff.), zeitigt allein die Verteilung der Postwurfsendung keine weiteren, individualisierbaren Konsequenzen für ihn. Im Hinblick auf Nr. VII des Antrags von Stadtratsmitglied F. ist der Antragsteller letztendlich vergleichbar zu Gemeinderatsmitgliedern, welche ein Bürgerbegehren bloß mitunterzeichnet haben. Für letztere verneint aber die wohl herrschende Meinung einen unmittelbaren Vor- oder Nachteil selbst bei der Abstimmung über die Zulassung eines Bürgerbegehrens (vgl. dazu Thum, Bürgerbegehren und Bürgerentscheid in Bayern Nr. 13.08 S. 14f m.w.N.).
Unabhängig davon fehlt es jedenfalls an der für einen unmittelbaren Vor- oder Nachteil notwendigen adäquaten Kausalität. Sollte – der derzeitigen Beschlusslage des Stadtrats folgend – kein Bürgerentscheid stattfinden, ist schon kein durch die Verteilung der Postwurfsendung verursachter (Sonder-)Nachteil für den Antragsteller erkennbar. Selbst wenn man aber unterstellt, dass es noch zu einem Bürgerentscheid kommt und die Postwurfsendung die Bürger dazu quasi im Vorgriff über die Position der Antragsgegnerin informiert, ist der Antragsteller allein dadurch noch nicht unmittelbar, ohne weitere Zwischenschritte, benachteiligt. Denn eine Zustimmung zum oder eine Ablehnung des Bürgerbegehrens ist, wie die Bevollmächtigten des Antragstellers zutreffend ausführen, die freie Willensentscheidung der Bürger. Dass sich die Bürger aufgrund der Postwurfsendung möglicherweise entscheiden, das Bürgerbegehren abzulehnen, ist für sich noch kein adäquat kausaler Nachteil für den Antragsteller. Das Formulieren und Kommunizieren von politischen Positionen ist Kernaufgabe eines Stadtrats. Eine politische Positionsentscheidung durch die Mehrheit eines Stadt- oder Gemeinderats ist zugleich spiegelbildlich ein mittelbarer politischer, gegebenenfalls aber auch ideeller Nachteil für die eine andere Ansicht vertretende, unterliegende Minderheit. Solche Konstellationen will Art. 49 GO nicht erfassen.
Nur ergänzend sei noch darauf hingewiesen, dass sich – wie der Bevollmächtigte der Antragsgegnerin ausführt – allein aus der Erörterung der Beschlussvorlage Nr. 2017/284 und des Antrags Nr. VII des Stadtrats F unter einem gemeinsamen TOP 4 keine Art „funktionaler“, enger inhaltlicher und rechtlicher Zusammenhang ergibt, der doch zu einer persönlichen Beteiligung des Antragstellers führt. Entscheidend für die Frage der persönlichen Beteiligung an einem Erörterungsgegenstand ist grundsätzlich nicht dessen formale Behandlung (getrennte Befassung oder gemeinsamer TOP), sondern der zugrundeliegende Lebenssachverhalt.
2.1.3 Der Stadtrat hätte im Laufe der Sitzung, jedenfalls sobald klar wurde, dass es im Rahmen von Nr. VII des Antrags von Stadtratsmitglied F. nicht mehr um die Zulassung des Bürgerbegehrens geht, den Antragsteller per Beschluss, der den ursprünglichen Beschluss abändert, an den Ratstisch zurückholen können und müssen. Dies ist aber laut Beschlussauszug nicht geschehen, so dass der Antragsteller durch den Stadtrat von der Beratung und Beschlussfassung des gesamten TOP 4 ausgeschlossen blieb. Eine Eigenverantwortlichkeit des Antragstellers oder ein von ihm zu tragendes „eigenes Risiko“ ist vor diesem Hintergrund nicht erkennbar. Wird ein Gemeinde- oder Stadtratsmitglied von Beratung und Abstimmung wegen persönlicher Beteiligung ausgeschlossen, obwohl die Voraussetzungen des Art. 49 Abs. 1 GO nicht vorlagen, ist der ohne Mitwirkung des ausgeschlossene Mitglieds gefasste Beschluss wegen Verstoßes gegen eine zwingende Verfahrensvorschrift nichtig (Widtmann/Grasser/Glaser, Art. 49 Rn. 19 m.w.N.).
2.2 Der Antragsteller hat zudem einen Antragsgrund glaubhaft gemacht. Die Erste Bürgermeisterin und in der Folge auch die im Stadtratsbeschluss beauftragte Stadtverwaltung sind gemäß Art. 36 Satz 1 GO grundsätzlich verpflichtet, Stadtratsbeschlüsse wie den verfahrensgegenständlichen zu vollziehen. Dem Wortlaut des Stadtratsbeschlusses folgend sollte der Vollzug zudem „umgehend“ erfolgen. Dadurch droht eine endgültige Vereitelung der subjektiven Rechte des Antragstellers.
3. Im Ergebnis war dem Antrag daher mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO stattzugeben. Die Streitwertfestsetzung folgt aus § 53 Abs. 2 Nr. 1, § 52 Abs. 1 und 2 Gerichtskostengesetz – GKG.