Verwaltungsgericht München Beschluss, 13. Nov. 2014 - M 6b S 14.50493
Gericht
Tenor
I.
Die aufschiebende Wirkung der Klage des Antragstellers vom ... August 2014 (...) gegen Nr. 2 des Bescheids des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge vom ... Juli 2014 wird angeordnet.
II.
Die Antragsgegnerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Gerichtskosten werden nicht erhoben.
Gründe
I.
Der nach Aktenlage am ... Dezember 2013 in die Bundesrepublik Deutschland eingereiste Antragsteller stellte am ... Januar 2014 einen Asylantrag.
Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) lehnte mit Bescheid vom ... Juli 2014, dem Antragsteller gegen Postzustellungsurkunde zugestellt am ... August 2014, den Antrag als unzulässig ab (Nr. 1 des Bescheids) und ordnete die Abschiebung nach Bulgarien an (Nr. 2).
Der Asylantrag sei gem. § 27a AsylVfG unzulässig, da Bulgarien für die Behandlung des Asylantrags zuständig sei. Die Anordnung der Abschiebung nach Bulgarien beruhe auf § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylVfG.
Mit Schriftsatz vom ... August 2014, beim Bayerischen Verwaltungsgericht München per Telefax eingegangen am ... August 2014, erhoben die Bevollmächtigten des Antragstellers für diesen Klage gegen den Bescheid und auf Verpflichtung der Antragsgegnerin, ein Asylverfahren in Deutschland durchzuführen, hilfsweise den Antragsteller als Flüchtling gemäß § 3 AsylVfG anzuerkennen, weiter hilfsweise dem Antragsteller den internationalen subsidiären Schutz gemäß § 4 AsylVfG zuzuerkennen, weiter hilfsweise festzustellen, dass beim Antragsteller Abschiebungsverbote gemäß § 60 Abs. 5, Abs. 7 Satz 1 AufenthG hinsichtlich Afghanistan vorliegen (...). Mit diesem Schriftsatz stellten die Bevollmächtigten des Antragstellers außerdem den Antrag,
die aufschiebende Wirkung der Klage gegen Nr. 2 des Bescheids des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom ... Juli 2014 anzuordnen.
Zur Begründung führten die Bevollmächtigten des Antragstellers im Wesentlichen aus, dass das Rückübernahmeersuchen an Bulgarien zu spät gestellt worden sei. Damit sei die Zuständigkeit für das Asylverfahren des Antragstellers auf Deutschland übergegangen. Die - ebenfalls verspätete - Rückübernahmezusage von Bulgarien entfalte keine Wirkung mehr. Die Dublin-III-VO habe die Rechtsschutzmöglichkeiten erweitert, eine Anhörung vorgeschrieben und die subjektive Stellung des Asylsuchenden insgesamt verbessert. Damit stehe die Rechtsauffassung, dass die Fristen nur den Staat schützten, aber nicht die Betroffenen, nicht in Einklang. Sie würden so zu Objekten staatlichen Handelns gemacht. Weiter bestünden in Bulgarien systemische Mängel, was unter Verweis auf Stellungnahmen des UNHCR vom 2. Januar 2014 und vom 15. April 2014 sowie u. a. Amnesty International („Rücküberstellungen von Asylsuchenden nach Bulgarien sind weiterhin auszusetzen.“) weiter begründet wurde. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Schriftsatz verwiesen.
Mit Schriftsatz vom ... August 2014, bei Gericht eingegangen am ... August 2014, übersandte das Bundesamt seine Behördenakte.
Die Bevollmächtigten des Antragstellers begründeten den Antrag mit Schriftsatz vom ... August 2014, bei Gericht eingegangen am ... August 2014, weiter mit Einzelheiten über dessen Aufenthalt in Bulgarien. Unter anderem wurde ausgeführt, der Antragsteller sei zunächst in einer gefängnisähnlichen Einrichtung ohne Heizung und Matratzen untergebracht worden. Essen sei nur gegen Bezahlung erhältlich gewesen. Aus der nächsten abgeriegelten lagerähnlichen Einrichtung habe er sich freikaufen können. Von da an habe er auf der Straße gelebt und eingehüllt in Kartons unter Brücken geschlafen. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Schriftsatz verwiesen.
Mit weiterem Schriftsatz ebenfalls vom „... August 2014“, eingegangen bei Gericht am ... September 2014, übersandten die Bevollmächtigten des Antragstellers eine Kopie eines Auskunftsersuchens des Verwaltungsgerichts A... an den UNHCR vom ... August 2014.
Das Bundesamt wandte sich mit Schriftsatz vom ... Oktober 2014, bei Gericht eingegangen am ... Oktober 2014, gegen die Klage. Gründe zur Annahme von systemischen Mängeln im bulgarischen Asylverfahren lägen nicht vor. Dies werde auch von vielen deutschen Verwaltungsgerichten bestätigt. Bulgarien unternehme gegenwärtig mit Hilfe des Europäischen Unterstützungsbüros für Asylfragen (EASO) und in Kooperation mit dem UNHCR und diversen Nichtregierungsorganisationen große Anstrengungen, um trotz des gestiegenen Flüchtlingszustroms die Anforderungen des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems zu gewährleisten. Diese Maßnahmen hätten bereits deutliche Verbesserungen im Asylwesen und in den Aufnahmebedingungen bewirkt. Aus diesem Grund gehe der UNHCR in seinem aktuellsten Bericht vom 15. April 2014 davon aus, dass Überstellungen nach Bulgarien nicht mehr grundsätzlich ausgesetzt werden müssten. Es folgten weitere Ausführungen mit allgemeinen Informationen zum bulgarischen Asylsystem, zur Integration von Schutzberechtigten, zur Unterbringungssituation und zu Barauszahlungen, zum Zugang zum Asylverfahren und zur Registrierung, zu Dublin-Rückkehrern, zur Abschiebehaft, zur medizinischen Versorgung und dazu, dass keine verfahrenswidrigen Abschiebungen in Herkunftsländer vorgenommen würden. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Schriftsatz verwiesen.
Daraufhin benannten die Bevollmächtigten des Antragstellers mit Schriftsatz vom ... November 2014, bei Gericht eingegangen am ... November 2014, mehrere Gerichtsentscheidungen zur Frage systemischer Mängel in Bulgarien. Angesichts dieser Vielzahl von positiven Entscheidungen - denen natürlich auch andere Entscheidungen gegenüberstünden - könne nicht geleugnet werden, dass ernstliche Zweifel daran bestünden, dass Bulgarien seinen europarechtlichen Verpflichtungen gerecht werden und dass systemische Mängel bestünden. Wenn andere Verwaltungsgerichte dies sogar im Hauptsacheverfahren bejahten und eine Beweiserhebung für erforderlich hielten, sei zumindest von offenen Erfolgsaussichten im Verfahren auszugehen. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Schriftsatz verwiesen.
Wegen der weiteren Einzelheiten und des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird auf die Gerichtsakten in diesem Verfahren und im Klageverfahren ... sowie auf die Behördenakte des Bundesamts ergänzend Bezug genommen.
II.
Der zulässige Antrag ist begründet und hat daher Erfolg.
1. Nach § 80 Abs. 5 VwGO kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag die aufschiebende Wirkung der Klage im Fall des hier einschlägigen § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO ganz oder teilweise anordnen. Das Gericht trifft dabei eine eigene Ermessensentscheidung. Es hat bei der Entscheidung über die Anordnung der aufschiebenden Wirkung zwischen dem sich aus der Regelung des § 75 AsylVfG ergebenden öffentlichen Interesse an der sofortigen Vollziehung des ablehnenden Bescheids und dem Interesse der jeweiligen Antragspartei an der aufschiebenden Wirkung ihres Rechtsbehelfs abzuwägen. Bei dieser Abwägung sind die Erfolgsaussichten des Hauptsacheverfahrens zu berücksichtigen. Ergibt die im Rahmen des Verfahrens nach § 80 Abs. 5 VwGO allein erforderliche summarische Prüfung, dass der Rechtsbehelf voraussichtlich erfolglos sein wird, tritt das Interesse der Antragspartei regelmäßig zurück. Erweist sich der Bescheid bei dieser Prüfung dagegen als rechtswidrig, besteht kein Interesse an dessen sofortiger Vollziehung. Ist der Ausgang des Hauptsacheverfahrens nicht hinreichend absehbar, verbleibt es bei einer allgemeinen Interessenabwägung.
Unter Zugrundelegung dieser Maßstäbe geht die Interessenabwägung hier zugunsten der Antragspartei aus, da nach summarischer Prüfung der Sach- und Rechtslage die Erfolgsaussichten der Klage gegen den streitgegenständlichen Bescheid des Bundesamts zumindest als offen anzusehen sind.
1.1 Dass die Erfolgsaussichten der von der Antragspartei erhobenen Klage hinsichtlich des Ziellandes Bulgarien als offen anzusehen ist ergibt sich - unabhängig von der Frage eines Individualrechtsschutzes durch Verfahrensvorschriften, insbesondere hinsichtlich Fristen, nach der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 (Dublin-III-VO) - aus Folgendem:
Mehrere Einzelrichter des Bayerischen Verwaltungsgerichts München haben nach Veröffentlichung der „UNHCR - Anmerkungen zur aktuellen Asylsituation in Bulgarien“ im April 2014 und unter Bezugnahme auf diese Anträge auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung von Klagen gegen Bescheide des Bundesamts wie den auch hier streitgegenständlichen abgelehnt. Es sei nicht ersichtlich, dass das Asylverfahren sowie die Aufnahmebedingungen in Bulgarien grundlegende systemische Mängel aufwiesen (z. B.
Dem steht beispielsweise eine Entscheidung einer anderen Einzelrichterin desselben Gerichts vom
1.2 Wegen der zumindest offenen Erfolgsaussichten in der Hauptsache verbleibt es wie oben dargelegt bei einer allgemeinen Interessenabwägung.
Vorliegend sieht das Gericht das Interesse der Antragspartei an der aufschiebenden Wirkung ihrer Klage als gegenüber dem öffentlichen Interesse an der sofortigen Vollziehung des streitgegenständlichen Bescheids überwiegend an. Es kann der Antragspartei nicht zugemutet werden, dass bereits zu diesem Zeitpunkt eine Abschiebung tatsächlich durchgeführt wird. Voraussichtlich würde damit rein faktisch ein nicht revidierbarer Zustand eintreten. Das würde den Anforderungen an die Gewährung effektiven Rechtsschutzes nicht gerecht.
2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Gerichtskosten werden gemäß § 83b Abs. 1 AsylVfG nicht erhoben.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 80 AsylVfG).
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(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.
(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.
(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.
(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.
(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.
(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.
(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.
(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.
(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.
(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.
(11) (weggefallen)
(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).
(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur
- 1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten, - 2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten, - 3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen, - 3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen, - 4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.
(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.
(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.
(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn
- 1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder - 2.
eine Vollstreckung droht.
(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.
(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.