Verwaltungsgericht München Beschluss, 21. Nov. 2016 - M 25 E 16.5054

published on 21/11/2016 00:00
Verwaltungsgericht München Beschluss, 21. Nov. 2016 - M 25 E 16.5054
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Gericht

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Tenor

I.Der Antrag wird abgelehnt.

II.Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.

III.Der Streitwert wird auf 1.250,00 € festgesetzt.

Gründe

I.

Der Antragsteller begehrt im Wege der einstweiligen Anordnung die Verpflichtung der Antragsgegnerin, seine Grenzübertrittsbescheinigung bis zur Ausstellung eines Passes bzw. bis zur Ausstellung eines Laissez-Passer-Papiers zu verlängern.

Der Antragsteller ist togoischer Staatsangehöriger. Er ist 21 Jahre alt und im Bundesgebiet geboren. Er ist anlässlich einer strafrechtlichen Verurteilung wegen Vergewaltigung in Tateinheit mit vorsätzlicher Körperverletzung bestandskräftig aus der Bundesrepublik Deutschland ausgewiesen (Bescheid v. 7.8.2014, VG München, U.v. 11.3.2015 – M 25 K 14.3700, BayVGH, B.v. 5.8.2015 – 10 ZB 15.1056).

Nach Abschluss des Instanzenzugs im Ausweisungsverfahren beantragte der Antragsteller aus der Strafhaft heraus ohne Erfolg Asyl (Antrag v. 28.1.2016, Bescheid des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge v. 19.5.2016; VG München, U.v. 18.7.2016, M 25 K 16.31188).

Am 10. August 2016 wurde der Antragsteller aus der Strafhaft entlassen. Die Antragsgegnerin gewährte ihm eine Ausreisefrist bis zum 9. September 2016.

Eine für den 19. September 2016 geplante Abschiebung scheiterte, weil der Antragsteller in der Nacht vom 18. September 2016 nicht an seiner Wohnanschrift angetroffen werden konnte.

Mit Beschluss vom 27. September 2016 (Bl. 1218 ff. Behördenakte) ordnete das Amtsgericht … auf Antrag der Antragsgegnerin die einstweilige Freiheitsentziehung zur Sicherung der Abschiebung an. Der Antragsteller wurde zur Fahndung ausgeschrieben.

Eine für den 4. Oktober 2016 geplante Luftabschiebung konnte nicht durchgeführt werden, weil der Antragsteller trotz Fahndung nicht aufgegriffen werden konnte.

Am 5. Oktober 2016 endete die Gültigkeit des Passersatzpapiers, das die Antragsgegnerin bei der togoischen Botschaft im Juli 2016 erwirkt hatte.

Mit Schreiben vom 7. Oktober 2016 an die Prozessbevollmächtigte forderte die Antragsgegnerin den Antragsteller auf, umgehend mitzuteilen, wo er sich aufhalte und wies ihn auf seine Verpflichtung hin, jeden Wohnsitzwechsel und jedes Verlassen des Bezirks der Ausländerbehörde für mehr als drei Tage vorher der zuständigen Ausländerbehörde anzuzeigen. Bei einem Verstoß müsse er damit rechnen, in Abschiebungshaft genommen zu werden.

Am 10. Oktober 2016 sprachen der Vater des Antragstellers und die Prozessbevollmächtigte bei der Antragsgegnerin vor und erklärten, der Antragsteller wolle nun einen Pass beantragen und plane, hierfür am 21. Oktober 2016 zur togoischen Botschaft nach Berlin zu fahren. Die Bevollmächtigte erklärte, der Antragsteller sei wieder bei seinen Eltern wohnhaft.

Daraufhin stellte die Antragsgegnerin dem Antragsteller am 11. Oktober 2016 eine Grenzübertrittsbescheinigung mit Ausreisefrist bis zum 24. Oktober 2016 aus und teilte der Prozessbevollmächtigten mit Schreiben vom selben Tag mit, dass für die Ausreise auch ein sog. Laissez-Passer ausreiche, welches sehr zeitnah ausgestellt werden könne. Der Antragsteller solle sich bei der Botschaft um die Ausstellung eines solchen Papiers bemühen, um seiner Ausreisepflicht so zeitnah wie möglich nachzukommen.

Am 25. Oktober 2016 legte ein Angestellter der Prozessbevollmächtigten eine Bestätigung der togoischen Botschaft vor, dass der Antragsteller einen Antrag auf Ausstellung eines Reisepasses eingereicht habe.

Die Antragsgegnerin verlängerte die Grenzübertrittsbescheinigung daraufhin bis zum 8. November 2016 und teilte der Prozessbevollmächtigten mit Schreiben vom folgenden Tag mit, dass erneut Vollzugmaßnahmen eingeleitet würden, sofern der Antragsteller nicht bis zum 8. November 2016 ein Laissez-Passer vorlege.

Am 26. Oktober 2016 und am 27. Oktober 2016 gelangte ein handschriftlicher Brief des Antragstellers vom 5. Oktober 2016 an eine Vorsitzende Richterin am Amtsgericht zur Akte der Antragsgegnerin. Im Wesentlichen bat der Antragsteller darum, es ihm nicht übel zu nehmen, dass er die ihm auferlegten Termine (bei HEADS und dem Bewährungshelfer) nicht habe wahrnehmen können, weil er sich einige Zeit verstecken müsse, bis seine ausländerrechtliche Situation soweit geklärt sei, dass er sich wieder frei bewegen könne. Momentan könne er jeden Moment festgenommen und abgeschoben werden.

Am 8. November 2016 beantragte der Antragsteller über einen Angestellten seiner Prozessbevollmächtigten die Verlängerung der Grenzübertrittsbescheinigung und ließ erklären, die togoische Botschaft stelle ihm kein Laissez-Passer aus. Dieses müsse von einer Behörde beantragt werden. Eine schriftliche Bestätigung dieser Aussage habe er von der Botschaft nicht bekommen können (Bl. 1284 der Behördenakte).

Mit Schriftsatz vom 8. November 2016, bei Gericht am selben Tag eingegangen, ließ der Antragsteller durch seine Prozessbevollmächtigte beantragen,

die Antragsgegnerin zu verpflichten, die am 11. Oktober 2016 ausgestellte Grenzübertrittsbescheinigung bis zur Ausstellung eines Passes oder eines Laissez-Passer zu verlängern.

Zur Begründung wurde im Wesentlichen vorgetragen, der Antragsteller habe ein Laissez-Passer beantragt, die Botschaft habe die Erteilung jedoch unter Hinweis auf das erst am 5. Juli 2016 erteilte Laissez-Passer-Papier abgelehnt. Weitere Anträge müssten über die Behörde, nicht über den Antragsteller persönlich erfolgen. Eine schriftliche Bestätigung hierüber habe die Botschaft nicht ausstellen wollen.

Am 17. November 2016 wurde der Antragsteller festgenommen. Am selben Tag ordnete das Amtsgericht … Abschiebungshaft bis zur möglichen Abschiebung, längstens jedoch für die Dauer von drei Monaten, an und ordnete die sofortige Wirksamkeit der Entscheidung an (Bl. 1316 ff., 1323 der Behördenakte).

Die Antragsgegnerin legte die Behördenakte in elektronischer Form am 18. November 2016 vor und beantragte mit Schriftsatz vom selben Tag, den Antrag abzulehnen.

Es gebe keinen gesetzlichen Anspruch auf Ausstellung einer Grenzübertrittsbescheinigung. Welche Relevanz die Inhaftierung des Antragstellers für die beantragte Bescheinigung habe, lasse man offen. Der Antragsteller habe auch keinen Anspruch auf Verlängerung der Ausreisefrist. Es sei davon auszugehen, dass der schwerwiegend straffällig gewordene Antragsteller nicht bereit sei, seine Ausreisepflicht zu erfüllen. Eine diesbezügliche Aussage, dieser nachzukommen, gebe es nicht.

Wegen der weiteren Einzelheiten nimmt das Gericht Bezug auf die Gerichtsakte sowie die vorgelegte Behördenakte.

II.

Der Antrag hat keinen Erfolg.

1. Der Antragsteller hat einen Anordnungsanspruch nicht glaubhaft gemacht, der Antrag ist somit unbegründet.

Der Erlass einer einstweiligen Anordnung setzt voraus, dass der Antragsteller die Notwendigkeit einer vorläufigen Regelung (sog. Anordnungsgrund) und das Bestehen des geltend gemachten subjektiven Rechts oder rechtlich geschützten Interesses im maßgeblichen Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts glaubhaft macht (§ 123 Abs. 1 und 3 VwGO i.V.m. § 920 Abs. 2 ZPO). Dies ist dem Antragsteller nicht gelungen.

1.1. Das Gericht legt den Antrag zu Gunsten des Antragstellers so aus, dass er der Sache nach die Verlängerung der Ausreisefrist begehrt (§§ 122 Abs. 1, 88 VwGO). Denn für einen Antrag auf Verlängerung der Grenzübertrittsbescheinigung ohne Verlängerung der Ausreisefrist besteht bereits keine Rechtsgrundlage (vgl. zum alten Recht BayVGH, B.v. 31.1.2002 – 24 ZE 02.8 – BeckRS 2002, 32096).

1.2. Jedoch bleibt auch dem so verstandenen Antrag der Erfolg versagt.

1.2.1. Der Antragsteller befindet sich auf richterliche Anordnung in Haft, so dass es gemäß § 59 Abs. 5 Satz 1 i.V.m. § 58 Abs. 3 Nr. 1 AufenthG bereits keiner Fristsetzung für die Ausreise bedarf. Die Antragsgegnerin ist somit nicht verpflichtet, dem Antragsteller eine Ausreisefrist zu setzen, zumindest so lange er sich noch in Haft befindet.

1.2.2. Unabhängig davon ergibt sich auch im Übrigen kein Anspruch des Antragstellers auf Verlängerung der Ausreisepflicht.

Die Bestimmung der Frist steht im pflichtgemäßen Ermessen der Behörde, die alle Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen hat (BeckOK, AuslR/Kluth, AufenthG, § 59 Rn. 19 unter Hinweis auf BVerwG, U.v. 22.12.1997 – 1 C 14/96, NVwZ-RR 1998, 454). Anhaltspunkte für eine Ermessensreduzierung auf Null im Sinne der Antragstellung sind nicht sichtlich.

1.2.2.1. Woraus sich vorliegend ein Härtefall (vgl. Erbs/Kohlhaas, Strafrechtliche Nebengesetze, Stand: September 2016, § 50 AufenthG, Rn. 3) ergeben soll, ist bereits nicht dargetan und auch sonst nicht ersichtlich.

1.2.2.2. Aus der Erteilung und einmaligen Verlängerung einer Grenzübertrittsbescheinigung in Kenntnis der tatsächlichen Umstände – Untertauchen des Antragstellers und dadurch verursachtes Scheitern von zwei Abschiebungsversuchen – ergibt sich auch nicht unter dem Gesichtspunkt von Treu und Glauben oder einer evtl. Selbstbindung der Verwaltung ein Anspruch des Antragstellers auf Verlängerung der Ausreisefrist im beantragten Sinn.

1.2.2.2.1. Die Antragsgegnerin hat die Gewährung und Verlängerung der Ausreisefrist im Oktober 2016 ersichtlich an die Erwartung geknüpft, der Antragsteller werde nunmehr selbst an der Beseitigung des vorübergehenden Ausreisehindernisses der Passlosigkeit mitwirken und hat ihm verdeutlicht, dass dies auf dem kurzfristigsten Weg zu erfolgen hat, nämlich durch Beantragung eines Passersatzpapiers.

Der Antragsteller hat bereits nicht glaubhaft gemacht, dass er ein Laissez-Passer-Papier überhaupt beantragt hat. Auch sein weiterer Vortrag, man habe ihm dies nicht schriftlich bestätigen wollen, ist nicht glaubhaft gemacht.

1.2.2.2.2. Darüber hinaus hat sich die Sachlage, welche die Antragsgegnerin zur Grundlage ihrer Entscheidung gemacht hat, nach der letzten Verlängerung am 25. Oktober 2016 entscheidend zum Nachteil des Antragstellers verändert.

Seit dem 26. Oktober 2016 hat die Antragsgegnerin nämlich Kenntnis vom Brief des Antragstellers an die Strafrichterin vom 5. Oktober 2016. Daraus ergibt sich, dass der Antragsteller offenbar immer noch nicht realisiert hat, dass er nach Togo abgeschoben werden wird. Anhaltspunkte für die Bereitschaft zu einer freiwilligen Ausreise ergeben sich aus dem Schreiben nicht; im Gegenteil. Der Antragsteller schreibt darin, er wolle nicht in ein fremdes Land, in Togo könne er nicht leben. Vor diesem Hintergrund ist ein vorgetragener Sinneswandel des Antragstellers zwischen dem 5. Oktober 2016 (Datum des Briefs) und dem 10. Oktober 2016 (Vorsprache des Vaters bei der Antragsgegnerin und Erklärung der Bereitschaft, einen Reisepass zu beantragen) unglaubhaft. Vielmehr erschließt sich, dass der Antragsteller es nach wie vor darauf anlegt, die Anwendung von Zwangsmaßnahmen hinauszuzögern.

2. Die Kosten des Verfahrens hat der unterliegende Teil zu tragen (§ 154 Abs. 1 VwGO).

3. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 53 Abs. 2 Nr. 1 i.V.m. § 52 Abs. 1 GKG i.V.m. Nr. 1.5. des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit.

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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(1) Auf Antrag kann das Gericht, auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, daß durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Ant
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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(1) Auf Antrag kann das Gericht, auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, daß durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Ant
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published on 28/07/2016 00:00

Tenor I. Die Klage wird abgewiesen, gegen die Entscheidung über den Asylantrag als offensichtlich unbegründet. II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.
published on 05/08/2015 00:00

Tenor I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt. II. Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens. III. Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 10.000,- Euro festgesetzt.
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Annotations

(1) Auf Antrag kann das Gericht, auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, daß durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint.

(2) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen ist das Gericht der Hauptsache zuständig. Dies ist das Gericht des ersten Rechtszugs und, wenn die Hauptsache im Berufungsverfahren anhängig ist, das Berufungsgericht. § 80 Abs. 8 ist entsprechend anzuwenden.

(3) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen gelten §§ 920, 921, 923, 926, 928 bis 932, 938, 939, 941 und 945 der Zivilprozeßordnung entsprechend.

(4) Das Gericht entscheidet durch Beschluß.

(5) Die Vorschriften der Absätze 1 bis 3 gelten nicht für die Fälle der §§ 80 und 80a.

(1) Das Gesuch soll die Bezeichnung des Anspruchs unter Angabe des Geldbetrages oder des Geldwertes sowie die Bezeichnung des Arrestgrundes enthalten.

(2) Der Anspruch und der Arrestgrund sind glaubhaft zu machen.

(3) Das Gesuch kann vor der Geschäftsstelle zu Protokoll erklärt werden.

(1) §§ 88, 108 Abs. 1 Satz 1, §§ 118, 119 und 120 gelten entsprechend für Beschlüsse.

(2) Beschlüsse sind zu begründen, wenn sie durch Rechtsmittel angefochten werden können oder über einen Rechtsbehelf entscheiden. Beschlüsse über die Aussetzung der Vollziehung (§§ 80, 80a) und über einstweilige Anordnungen (§ 123) sowie Beschlüsse nach Erledigung des Rechtsstreits in der Hauptsache (§ 161 Abs. 2) sind stets zu begründen. Beschlüsse, die über ein Rechtsmittel entscheiden, bedürfen keiner weiteren Begründung, soweit das Gericht das Rechtsmittel aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung als unbegründet zurückweist.

(1) Der Ausländer ist abzuschieben, wenn die Ausreisepflicht vollziehbar ist, eine Ausreisefrist nicht gewährt wurde oder diese abgelaufen ist, und die freiwillige Erfüllung der Ausreisepflicht nicht gesichert ist oder aus Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung eine Überwachung der Ausreise erforderlich erscheint. Bei Eintritt einer der in § 59 Absatz 1 Satz 2 genannten Voraussetzungen innerhalb der Ausreisefrist soll der Ausländer vor deren Ablauf abgeschoben werden.

(1a) Vor der Abschiebung eines unbegleiteten minderjährigen Ausländers hat sich die Behörde zu vergewissern, dass dieser im Rückkehrstaat einem Mitglied seiner Familie, einer zur Personensorge berechtigten Person oder einer geeigneten Aufnahmeeinrichtung übergeben wird.

(1b) Ein Ausländer, der eine Erlaubnis zum Daueraufenthalt – EU besitzt oder eine entsprechende Rechtsstellung in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union innehat und in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union international Schutzberechtigter ist, darf außer in den Fällen des § 60 Absatz 8 Satz 1 nur in den schutzgewährenden Mitgliedstaat abgeschoben werden. § 60 Absatz 2, 3, 5 und 7 bleibt unberührt.

(2) Die Ausreisepflicht ist vollziehbar, wenn der Ausländer

1.
unerlaubt eingereist ist,
2.
noch nicht die erstmalige Erteilung des erforderlichen Aufenthaltstitels oder noch nicht die Verlängerung beantragt hat oder trotz erfolgter Antragstellung der Aufenthalt nicht nach § 81 Abs. 3 als erlaubt oder der Aufenthaltstitel nach § 81 Abs. 4 nicht als fortbestehend gilt oder
3.
auf Grund einer Rückführungsentscheidung eines anderen Mitgliedstaates der Europäischen Union gemäß Artikel 3 der Richtlinie 2001/40/EG des Rates vom 28. Mai 2001 über die gegenseitige Anerkennung von Entscheidungen über die Rückführung von Drittstaatsangehörigen (ABl. EG Nr. L 149 S. 34) ausreisepflichtig wird, sofern diese von der zuständigen Behörde anerkannt wird.
Im Übrigen ist die Ausreisepflicht erst vollziehbar, wenn die Versagung des Aufenthaltstitels oder der sonstige Verwaltungsakt, durch den der Ausländer nach § 50 Abs. 1 ausreisepflichtig wird, vollziehbar ist.

(3) Die Überwachung der Ausreise ist insbesondere erforderlich, wenn der Ausländer

1.
sich auf richterliche Anordnung in Haft oder in sonstigem öffentlichen Gewahrsam befindet,
2.
innerhalb der ihm gesetzten Ausreisefrist nicht ausgereist ist,
3.
auf Grund eines besonders schwerwiegenden Ausweisungsinteresses nach § 54 Absatz 1 in Verbindung mit § 53 ausgewiesen worden ist,
4.
mittellos ist,
5.
keinen Pass oder Passersatz besitzt,
6.
gegenüber der Ausländerbehörde zum Zweck der Täuschung unrichtige Angaben gemacht oder die Angaben verweigert hat oder
7.
zu erkennen gegeben hat, dass er seiner Ausreisepflicht nicht nachkommen wird.

(4) Die die Abschiebung durchführende Behörde ist befugt, zum Zweck der Abschiebung den Ausländer zum Flughafen oder Grenzübergang zu verbringen und ihn zu diesem Zweck kurzzeitig festzuhalten. Das Festhalten ist auf das zur Durchführung der Abschiebung unvermeidliche Maß zu beschränken.

(5) Soweit der Zweck der Durchführung der Abschiebung es erfordert, kann die die Abschiebung durchführende Behörde die Wohnung des abzuschiebenden Ausländers zu dem Zweck seiner Ergreifung betreten, wenn Tatsachen vorliegen, aus denen zu schließen ist, dass sich der Ausländer dort befindet. Die Wohnung umfasst die Wohn- und Nebenräume, Arbeits-, Betriebs- und Geschäftsräume sowie anderes befriedetes Besitztum.

(6) Soweit der Zweck der Durchführung der Abschiebung es erfordert, kann die die Abschiebung durchführende Behörde eine Durchsuchung der Wohnung des abzuschiebenden Ausländers zu dem Zweck seiner Ergreifung vornehmen. Bei anderen Personen sind Durchsuchungen nur zur Ergreifung des abzuschiebenden Ausländers zulässig, wenn Tatsachen vorliegen, aus denen zu schließen ist, dass der Ausländer sich in den zu durchsuchenden Räumen befindet. Absatz 5 Satz 2 gilt entsprechend.

(7) Zur Nachtzeit darf die Wohnung nur betreten oder durchsucht werden, wenn Tatsachen vorliegen, aus denen zu schließen ist, dass die Ergreifung des Ausländers zum Zweck seiner Abschiebung andernfalls vereitelt wird. Die Organisation der Abschiebung ist keine Tatsache im Sinne von Satz 1.

(8) Durchsuchungen nach Absatz 6 dürfen nur durch den Richter, bei Gefahr im Verzug auch durch die die Abschiebung durchführende Behörde angeordnet werden. Die Annahme von Gefahr im Verzug kann nach Betreten der Wohnung nach Absatz 5 nicht darauf gestützt werden, dass der Ausländer nicht angetroffen wurde.

(9) Der Inhaber der zu durchsuchenden Räume darf der Durchsuchung beiwohnen. Ist er abwesend, so ist, wenn möglich, sein Vertreter oder ein erwachsener Angehöriger, Hausgenosse oder Nachbar hinzuzuziehen. Dem Inhaber oder der in dessen Abwesenheit hinzugezogenen Person ist in den Fällen des Absatzes 6 Satz 2 der Zweck der Durchsuchung vor deren Beginn bekannt zu machen. Über die Durchsuchung ist eine Niederschrift zu fertigen. Sie muss die verantwortliche Dienststelle, Grund, Zeit und Ort der Durchsuchung und, falls keine gerichtliche Anordnung ergangen ist, auch Tatsachen, welche die Annahme einer Gefahr im Verzug begründet haben, enthalten. Dem Wohnungsinhaber oder seinem Vertreter ist auf Verlangen eine Abschrift der Niederschrift auszuhändigen. Ist die Anfertigung der Niederschrift oder die Aushändigung einer Abschrift nach den besonderen Umständen des Falles nicht möglich oder würde sie den Zweck der Durchsuchung gefährden, so sind dem Wohnungsinhaber oder der hinzugezogenen Person lediglich die Durchsuchung unter Angabe der verantwortlichen Dienststelle sowie Zeit und Ort der Durchsuchung schriftlich zu bestätigen.

(10) Weitergehende Regelungen der Länder, die den Regelungsgehalt der Absätze 5 bis 9 betreffen, bleiben unberührt.

(1) Ein Ausländer ist zur Ausreise verpflichtet, wenn er einen erforderlichen Aufenthaltstitel nicht oder nicht mehr besitzt und ein Aufenthaltsrecht nach dem Assoziationsabkommen EWG/Türkei nicht oder nicht mehr besteht.

(2) Der Ausländer hat das Bundesgebiet unverzüglich oder, wenn ihm eine Ausreisefrist gesetzt ist, bis zum Ablauf der Frist zu verlassen.

(2a) (weggefallen)

(3) Durch die Einreise in einen anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder in einen anderen Schengen-Staat genügt der Ausländer seiner Ausreisepflicht nur, wenn ihm Einreise und Aufenthalt dort erlaubt sind. Liegen diese Voraussetzungen vor, ist der ausreisepflichtige Ausländer aufzufordern, sich unverzüglich in das Hoheitsgebiet dieses Staates zu begeben.

(4) Ein ausreisepflichtiger Ausländer, der seine Wohnung wechseln oder den Bezirk der Ausländerbehörde für mehr als drei Tage verlassen will, hat dies der Ausländerbehörde vorher anzuzeigen.

(5) Der Pass oder Passersatz eines ausreisepflichtigen Ausländers soll bis zu dessen Ausreise in Verwahrung genommen werden.

(6) Ein Ausländer kann zum Zweck der Aufenthaltsbeendigung in den Fahndungshilfsmitteln der Polizei zur Aufenthaltsermittlung und Festnahme ausgeschrieben werden, wenn sein Aufenthalt unbekannt ist. Ein Ausländer, gegen den ein Einreise- und Aufenthaltsverbot nach § 11 besteht, kann zum Zweck der Einreiseverweigerung zur Zurückweisung und für den Fall des Antreffens im Bundesgebiet zur Festnahme ausgeschrieben werden. Für Ausländer, die gemäß § 15a verteilt worden sind, gilt § 66 des Asylgesetzes entsprechend.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.