Verwaltungsgericht München Beschluss, 18. Sept. 2017 - M 22 E 17.4282

bei uns veröffentlicht am18.09.2017

Gericht

Verwaltungsgericht München

Tenor

I. Der Antrag wird abgelehnt.

II. Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens.

III. Der Streitwert wird auf 2.500,- Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Die Antragstellerin wendet sich gegen die Beseitigung eines Wahlplakates für die bevorstehende Bundestagswahl durch die Antragsgegnerin.

Zu einem nicht genau bekannten Zeitpunkt ließ die Antragstellerin auf einer Grünfläche innerhalb des Stadtgebiets der Antragsgegnerin (an der B 20, in der Nähe gewerblich genutzter Flächen) ein Wahlplakat an einem zu diesem Zweck aufgestellten Großplakatständer anbringen. Auf der Grünfläche befand sich seinerzeit noch ein weiteres Großflächenplakat mit Wirtschaftswerbung. Des Weiteren sind dort Kürbisse zum Verkauf gelagert.

Nachdem die Antragsgegnerin von der Aufstellung des Plakates erfahren hatte, forderte sie die Antragstellerin mit einer an deren Vorsitzenden gerichteten E-Mail vom … August 2017 unter Hinweis auf ihre Plakatierungsverordnung auf, die Wahlwerbung umgehend zu entfernen.

Die Plakatierungsverordnung der Antragsgegnerin vom … Mai 2016 bestimmt, dass Anschläge nur an den hierfür zugelassenen Anschlagsflächen (Plakattafeln und –säulen) angebracht werden dürfen (§ 1 Abs. 1). Für Bundestagswahlen sind diese Anschlagsflächen (ausweislich der Anlage zur Satzung acht Plakatwände und zwei Plakatsäulen) im Zeitraum von sechs Wochen vor dem Wahltermin ausschließlich zur Wahlwerbung bestimmt. Die maximale Größe der Plakate ist auf DIN A 1 beschränkt (§ 4 Abs. 2). Die Verordnung bestimmt weiter, dass anlässlich besonderer Ereignisse im Einzelfall auf Antrag Ausnahmen von dem Gebot, Anschläge nur an den zugelassenen Anschlagsflächen anzubringen, gestattet werden können (§ 5 Abs. 2).

Die Antragstellerin kam der Aufforderung zur Beseitigung des Plakates nicht nach, wies darauf hin, dass an dem Standort immer wieder großflächige Werbeplakate aufgestellt würden und bat um nähere Erläuterung, weshalb der Standort beanstandet werde (E-Mail vom …08.2017).

Mit E-Mail vom … September 2017 nahm die Antragsgegnerin hierzu Stellung – für die Wahlwerbung stünden die von der Antragsgegnerin vorgehaltenen Plakatwände bzw. –säulen zur Verfügung; eine andere Art der Wahlwerbung sei nicht erlaubt – und forderte die Antragstellerin auf, den Plakatständer spätestens am folgenden Tag bis 11:00 Uhr abzubauen.

In der weiteren E-Mail-Korrespondenz zwischen den Beteiligten vom … September 2017 verwahrte sich die Antragstellerin u.a. gegen die zu kurze Fristsetzung, bat die Antragsgegnerin darum, diverse für die rechtliche Prüfung relevante Fragen zu beantworten, übermittelte eine Ausarbeitung der Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages (Verbot der Aufstellung von Wahlplakaten und Zulässigkeit von Gebühren für das Aufstellen von Wahlplakaten im Wahlkampf vom September 2009) und wies darauf hin, dass eine Entfernung des Plakats Eigentumsrechte verletzen würde. Die Antragsgegnerin nahm u.a. zu den gestellten Fragen Stellung und machte noch einmal deutlich, dass sie die Werbung entfernen werde, wenn die Antragstellerin der Aufforderung, dies selbst zu veranlassen, nicht nachkomme.

Im Verlauf des Tages wurde das Plakat dann auch von Mitarbeitern des Bauhofs der Antragsgegnerin entfernt.

Mit Schreiben vom … September 2017, eingegangen bei Gericht am selben Tage, beantragte die Antragstellerin,

die Antragsgegnerin durch den Erlass einer einstweiligen Anordnung zu verpflichten, die Werbetafel unverzüglich wieder an dem ursprünglichen Standort aufzustellen.

Zur Begründung wurde im Wesentlichen vorgetragen, der zeitliche Ablauf des Verfahrens sowie die Rigorosität des Vorgehens der Verwaltung seien inakzeptabel und im Ergebnis sachlich unbegründet. Die Verfahrensweise habe der Antragstellerin jegliche Möglichkeit genommen, sowohl mit dem aufstellenden Unternehmen in Kontakt zu treten als auch eine Rechtsauskunft einzuholen.

Der Umstand, dass sich neben dem entfernten Plakat eine Werbetafel mit kommerzieller Werbung befinde, belege, dass die Antragsgegnerin Wahlwerbung schlechter stelle als kommerzielle Werbung und sie bestätige damit weiter, dass es sich hier offensichtlich um einen der „Ausnahmestandorte“ handele. Es liege in diesem Fall somit eine unrechtmäßige Diskriminierung von Wahlwerbung vor, die der Sonderstellung der Wahlwerbung widerspreche.

Die Antragsgegnerin nahm mit Schreiben vom … September 2017 zur Sache Stellung. Sie ist der Auffassung, dass ihr Vorgehen rechtlich nicht zu beanstanden sei. Einen Antrag hat die Antragsgegnerin nicht gestellt.

Nach Eingang des Antrags bei Gericht hat die Antragsgegnerin die Beseitigung des weiteren auf der Grünfläche aufgestellten Werbeplakats veranlasst.

In weiteren Schreiben (diverse E-Mails) haben die Beteiligten unter Bezugnahme u.a. auf von der CSU und der Bayernpartei angebrachte Plakate zum Vollzug der Plakatierungsverordnung durch die Antragsgegnerin und allgemein zum Umgang mit Plakatwerbung Stellung genommen.

Die Antragstellerin trägt dazu vor, die Antragsgegnerin handle nach wie vor weitgehend willkürlich und reaktiv. Sie lasse im Übrigen für kleinere Parteien praktisch keinen Raum, weil die Wände zu wenig Platz bieten würden.

Die Antragsgegnerin weist den Vorwurf willkürlichen Handelns zurück. Zu dem Vorbringen der Antragstellerin, wonach zu wenig Stellflächen für Wahlwerbung zur Verfügung gestellt würden, führt sie aus, die Wahlplakatwände würden das Anbringen von durchschnittlich je 15 DIN-A-1-Plakaten ermöglichen. Sollte dieser Platz nicht ausreichen, sei es nach Abstimmung mit der Antragsgegnerin zulässig, Ständer mit A-1-Plakaten in unmittelbarer Nähe der Plakatwände aufzustellen.

Wegen der weiteren Einzelheiten zum Sachverhalt und zum Vorbringen der Beteiligten wird ergänzend auf die Gerichtsakte und die vorgelegte Behördenakte verwiesen.

II.

Der Antrag auf Erlass der begehrten einstweiligen Anordnung ist zulässig, insbesondere bestehen keine Zweifel an der Beteiligungsfähigkeit der Antragstellerin gemäß § 61 Nr. 2 VwGO (zu dieser Problematik in Bezug auf Untergliederungen politischer Parteien vgl. BVerwG, B.v. 10.8.2010 – 6 B 16/10 – juris Rn. 6), bleibt in der Sache aber ohne Erfolg.

1. Nach § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO kann das Gericht zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis eine einstweilige Anordnung erlassen, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern, oder aus anderen Gründen nötig erscheint. Dabei hat der Antragsteller sowohl die Notwendigkeit einer vorläufigen Regelung (Anordnungsgrund) als auch das Bestehen eines zu sichernden Rechts (Anordnungsanspruch) glaubhaft zu machen (§ 123 Abs. 3 VwGO i.V.m. §§ 920 Abs. 2, 294 ZPO).

Das Gericht kann im Rahmen eines Verfahrens nach § 123 VwGO grundsätzlich nur vorläufige Regelungen treffen und dem Antragsteller nicht schon in vollem Umfang, wenn auch nur auf beschränkte Zeit und unter Vorbehalt einer Entscheidung in der Hauptsache, das gewähren, was er nur in einem Hauptsacheprozess erreichen könnte. Dieses sog. Verbot einer Vorwegnahme der Hauptsache steht einer Anordnung aber ausnahmsweise dann nicht entgegen, wenn diese zur Gewährung effektiven Rechtsschutzes (Art. 19 Abs. 4 GG) geboten ist und ein hoher Grad an Wahrscheinlichkeit dafür spricht, dass der mit der Hauptsache verfolgte Anspruch begründet ist (BVerwG, U.v. 18.4.2013 – 10 C 9/12 – NVwZ 2013, 1344, Rn. 22).

Da eine stattgebende Entscheidung hier im Ergebnis auf eine Vorwegnahme der Hauptsache hinauslaufen würde, beurteilt sich die Begründetheit des Antrags nach den vorgenannten strengen Voraussetzungen.

2. Ein Anordnungsgrund ist gegeben, da die Sache eilbedürftig ist und effektiver Rechtsschutz im Hauptsacheverfahren nicht mehr rechtzeitig erlangt werden könnte.

3. Es ist aber kein Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht, denn es ist davon auszugehen, dass die Aufstellung des Großplakats wegen Verstoßes gegen die Plakatierungsverordnung der Antragsgegnerin nicht zulässig war und mit einer Wiederaufstellung erneut rechtswidrige Zustände geschaffen würden. Ungeachtet des Umstandes, dass sich das Vorgehen der Antragsgegnerin bei der Beseitigung der Plakattafel gleichfalls als nicht rechtmäßig darstellte, kann die Antragstellerin daher nicht verlangen, dass die Antragsgegnerin die Plakattafel wieder aufstellt.

3.1 Der Streit der Beteiligten betrifft neben dem Vorgehen der Antragsgegnerin bei der Entfernung des Plakates im Wesentlichen die Frage, ob beim Vollzug der Plakatierungsverordnung der Gleichheitssatz hinreichend beachtet wird, insbesondere ob dort, wo Werbung aller Art zulässig ist, dies auch für Wahlwerbung gelten müsse und dann ggf. eine Ausnahmegenehmigung von den Vorgaben der Plakatierungsverordnung zu erteilen wäre. Im Hinblick hierauf ist zum zulässigen Regelungsgehalt von Plakatierungsverordnungen, den für die Wahlwerbung geltenden Besonderheiten sowie zum Regelungsregime für Wirtschaftswerbung vorab auf Folgendes hinzuweisen:

Nach Art. 28 Abs. 1 Satz 1 LStVG können die Gemeinden u.a. zum Schutz des Orts- und Landschaftsbildes durch Verordnung Anschläge, insbesondere Plakate, in der Öffentlichkeit auf bestimmte Flächen beschränken. Die Gemeinden sollen dadurch die Möglichkeit erhalten, ihr Ortsbild als die durch die örtliche Bebauung geprägte Ansicht eines Ortes bzw. Ortsteiles nicht durch unkontrollierte Anschläge („wildes Plakatieren“) beeinträchtigen zu lassen. Eine besondere Schutzwürdigkeit des Orts- oder Landschaftsbilds etwa im Sinne des Naturschutzrechts ist hierfür nicht erforderlich. Die zulässigen Anschläge können auf bestimmte Flächen beschränkt und im Übrigen verboten werden. Dabei müssen die zulässigen Standorte in der Verordnung hinreichend konkret bezeichnet werden. Durch Beschränkungen dürfen öffentliche Anschläge nicht überhaupt unmöglich gemacht werden; ebenso wäre ein vollständiges Verbot unzulässig (vgl. Thum, BayVBl. 2003, 417/420).

Die Verordnungsermächtigung gilt allerdings nicht für Werbeanlagen, die von der Bayerischen Bauordnung (BayBO) erfasst werden (Art. 28 Abs. 1 Satz 2 LStVG). Werbeanlagen im Sinne der Bayerischen Bauordnung sind ortsfeste Anlagen der Wirtschaftswerbung (Art. 2 Abs. 1 Satz 2 BayBO), also ortsfeste Anlagen, die der gewerblichen oder beruflichen Anpreisung oder als Hinweis auf Gewerbe oder Beruf dienen. Vom Anwendungsbereich des Art. 28 LStVG erfasst wird danach primär die Werbung mit nicht gewerblicher Zielrichtung, also freiberuflicher, ideeller, insbesondere auch politischer Zielrichtung (Partei- und Wahlwerbung).

Die Zulässigkeit ortsfester Anlagen der Wirtschaftswerbung bestimmt sich dagegen allein nach den einschlägigen bauplanungsrechtlichen und bauordnungsrechtlichen Bestimmungen. Aus dem Vorhandensein dem Baurecht unterfallender Werbeanlagen in einem Bereich, in dem nach einer Plakatierungsverordnung das Anbringen von Anschlägen nicht zulässig ist, kann folglich nicht geschlossen werden, dass diese nicht sachgerecht vollzogen würde, da sich derartige Verordnungen gerade nicht auf Anlagen der Wirtschaftswerbung im Sinne von Art. 2 Abs. 1 Satz 2 BayBO beziehen. Mit Blick auf den Schutzzweck einer Plakatierungsverordnung verbietet sich auch die Wertung, hierin liege eine Diskriminierung der Wahlwerbung gegenüber sonstiger Werbung. Auch in Gebieten, in denen nach dem Baurecht Anlagen der Wirtschaftswerbung zulässig sind, kann wildes Plakatieren durchaus störende Wirkung entfalten.

Weiter ist zu beachten, dass sich bezüglich der Wahlwerbung aus der besonderen Stellung der Parteien im demokratischen Rechtsstaat spezifische Anforderungen hinsichtlich der inhaltlichen Ausgestaltung einer Plakatierungsverordnung ergeben. Die besondere verfassungsrechtliche Stellung der Parteien begründet dabei zwar keinen uneingeschränkten Anspruch auf Werbemöglichkeiten. Parteien können auch nicht beanspruchen, Werbung an bestimmten Orten anbringen zu können. Sie können aber verlangen, dass ihnen angemessene Werbemöglichkeiten (in zeitlicher Hinsicht wie auch flächenmäßig) eingeräumt werden. In Plakatierungsverordnungen muss daher der Werbung für politische Parteien durch geeignete Regelungen hinreichend Raum gegeben werden. Dabei ist es grundsätzlich auch zulässig, dass die Gemeinde das Anbringen von Wahlwerbung wie im vorliegenden Fall auf von ihr zur Verfügung gestellte besondere Anschlagsflächen für Wahlwerbung beschränkt. Das Netz der Standorte muss aber hinreichend dicht sein, um den Parteien den notwendigen Raum zur Selbstdarstellung zu gewähren. Die Abwägung, ob bei einer Beschränkung auf gemeindeeigene Anschlagtafeln in ausreichendem Umfang Raum für die Darstellung der Parteien besteht, hat sich dabei am Einzelfall zu orientieren. Gegebenenfalls muss von der in der Verordnung notwendig vorzusehenden Ausnahmeregelung Gebrauch gemacht werden, um den betroffenen Parteien eine Werbung in angemessenem Umfang zu ermöglichen (vgl. Schenk in Bengl/Berner/Emmerig, LStVG, Stand September 2015, Art. 28 Rn. 61 ff.; VG München, B.v. 26.5.2006 – M 22 E 06.1484 – juris).

Schließlich ist noch darauf hinzuweisen, dass für Anschläge und Plakatierungen, die dem Art. 28 LStVG unterfallen und damit auch die Wahlwerbung, sich gegebenenfalls weitere Anforderungen aus sonstigen Rechtsvorschriften ergeben können. Zu nennen ist hier insbesondere das Straßenrecht. Zu der Ausarbeitung der Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages vom September 2009, auf die die Antragstellerin wiederholt Bezug genommen hat, ist in diesem Zusammenhang anzumerken, dass sich aus dieser nichts dafür entnehmen lässt, dass Wahlwerbung notwendig auch außerhalb der in einer Plakatierungsverordnung dafür vorgesehenen Flächen zuzulassen wäre. Die Ausarbeitung befasst sich in der Hauptsache mit den Voraussetzungen für die Erteilung einer etwa erforderlichen straßenrechtlichen Sondernutzungserlaubnis. In ihr wird aber ausdrücklich auch darauf hingewiesen, dass Regelungen zum wilden Plakatieren, gemeint sind damit Plakatierungsverordnungen, den Anspruch der Parteien auf Erteilung einer Sondernutzungserlaubnis begrenzen und Anzahl und Aufstellungsort der Wahlplakate von der zuständigen Behörde bestimmt werden können (Seite 6, dritter Absatz; siehe zum Ganzen auch die Bekanntmachung des Bayerischen Staatsministeriums des Innern, für Bau und Verkehr vom 13.02.2013 – IC2-2116.1-0 – AllMBl. 2013, S. 52 zur Werbung auf öffentlichen Straßen aus Anlass von allgemeinen Wahlen, Volksbegehren, Volksentscheiden, Bürgerbegehren und Bürgerentscheiden).

3.2 Auf der Grundlage der im Verfahren allein möglichen summarischen Prüfung begegnet die Plakatierungsverordnung der Antragsgegnerin (mit Ausnahme der Regelung in § 6 Satz 2, siehe dazu unten 3.4) keinen durchgreifenden Bedenken, da davon auszugehen ist, dass die vorstehend dargelegten Anforderungen bei ihrem Erlass hinreichend berücksichtigt wurden. Die Verordnung hält sich im Rahmen der Ermächtigung des Art. 28 Abs. 1 Satz 1 LStVG, indem sie das Anbringen von Anschlägen in der Öffentlichkeit u.a. zum Schutz des Orts- und Landschaftsbildes auf bestimmte von der Antragsgegnerin zugelassene Anschlagsflächen beschränkt (§ 1 Abs. 1). Unter anderem für Bundestagswahlen bestimmt § 4 Abs. 2 der Verordnung, dass die bestehenden Anschlagsflächen im Zeitraum von sechs Wochen vor dem Wahltermin ausschließlich für Wahlwerbung genutzt werden dürfen. Die Festlegung zur maximalen Größe der Plakate auf DIN A 1 ist vor dem Hintergrund des Konzepts der Konzentrierung der Wahlwerbung (wie auch der sonstigen der Verordnung unterfallenden Anschläge) auf von der Antragsgegnerin zur Verfügung gestellte Plakattafeln nicht zu beanstanden. Es ist weiter auch nicht erkennbar, dass die zur Verfügung stehenden Flächen (an zehn Standorten) evident ungenügend wären, um den Parteien, die tatsächlich eine Wahlwerbung im Gebiet der Antragsgegnerin beabsichtigen, eine angemessene Werbung zu ermöglichen. Sollte dieser Fall doch einmal eintreten, käme im Übrigen die Gestattung von Ausnahmen nach § 5 Abs. 2 der Verordnung in Betracht. Die Antragsgegnerin hat hierzu vorgetragen, dass im Bedarfsfalle die Aufstellung von Plakatständern in unmittelbarer Nähe der zur Verfügung gestellten Plakatwände und –säulen zugelassen würde.

3.3 Die Aufstellung des Wahlwerbeplakats auf der Grünfläche durch die Antragstellerin stand danach nicht im Einklang mit den Regelungen der Plakatierungsverordnung und stellte sich als rechtswidrig dar, denn mit der Beschränkung der Wahlwerbung auf die zur Verfügung gestellten Plakattafeln und –säulen ist in der Sache gleichzeitig auch bestimmt worden, dass Anschläge an anderen Orten unzulässig sind, wenn hierfür nicht eine Ausnahmegenehmigung nach § 5 Abs. 2 der Verordnung erteilt wird. Eine solche liegt aber nicht vor und könnte auch nicht erteilt werden, weil zum einen nicht dargetan ist, dass die vorhandenen Stellflächen nicht ausreichend für eine angemessene Plakatierung durch die Antragstellerin sind und zum anderen der Aufstellungsort des Plakates soweit ersichtlich auch nicht in unmittelbarer Nähe einer der für Wahlwerbung vorgesehenen Plakatwände oder –säulen liegt.

Zu den von der Antragstellerin erhobenen Vorwürfen im Zusammenhang mit dem Vollzug der Plakatierungsverordnung ist anzumerken, dass es an belastbaren Anhaltspunkten dafür fehlt, dass die Antragsgegnerin dabei ermessensfehlerhaft handeln würde und insbesondere eine nicht gerechtfertigte Ungleichbehandlung der verschiedenen Parteien festzustellen sei. Die Antragsgegnerin hat nachvollziehbar und glaubhaft dargelegt, dass sie gegen Wahlwerbung, die den Vorgaben der Verordnung nicht entspricht, nachdem sie hiervon Kenntnis erlangt hat, vorgeht und zeitnah auf eine Beseitigung der beanstandeten Werbung hinwirkt. Sie hat weiter ausgeführt, dass sie sonstige Werbung, die unter die Regelungen der Plakatierungsverordnung fällt, während der Zeit, in der die Plakattafeln für Wahlwerbung reserviert ist, im Ausnahmewege an anderen Standorten zulässt. Da auch in dieser Zeit ein Bedürfnis für die Anbringung von Plakaten und Anschlägen, die nicht der Wahlwerbung dienen, besteht, ist diese Vorgehensweise zweifellos sachgerecht. Was schließlich ortsfeste Anlagen der Wirtschaftswerbung angeht (wie etwa den Plakatständer mit Wirtschaftswerbung auf der Grünfläche, auf der auch die Plakatwerbung der Antragstellerin stand), so geht der Vorwurf der Ungleichbehandlung schon deswegen fehl, weil diese Anlagen nicht der Plakatierungsverordnung unterfallen und insoweit Anordnungen nicht von der Antragsgegnerin, sondern der zuständigen Bauaufsichtsbehörde (Landratsamt) zu treffen wären.

3.4 Allerdings hat die Antragsgegnerin bei der Beseitigung des Plakates die einschlägigen rechtlichen Vorgaben nicht beachtet, da sie von dem gebotenen Erlass einer Beseitigungsanordnung abgesehen hat.

Die Antragsgegnerin hat ihr Vorgehen augenscheinlich auf § 6 Satz 2 der Verordnung gestützt. Danach ist die Antragsgegnerin berechtigt, Plakate, Plakatständer oder Plakattafeln, die unter Nichtbeachtung der Verordnung angebracht oder aufgestellt wurden, zu beseitigen, wenn der Verpflichtete (der Plakatierer oder der Verantwortliche) einer Aufforderung zur Beseitigung nicht unverzüglich nachkommt.

Nach Auffassung der Kammer findet diese Bestimmung, wonach eine Beseitigung also ohne vorherigen Erlass einer verbindlichen Beseitigungsanordnung zulässig ist, in Art. 28 LStVG aber keine Rechtsgrundlage und ist daher als nichtig zu werten. Mit der Verordnungsermächtigung wird der Gemeinde allein ermöglicht, Flächenbeschränkungen für das Anbringen von Anschlägen festzulegen (Art. 28 Abs. 1 Satz 1 LStVG und insbesondere § 1 Abs. 1 der Verordnung) und Verstöße hiergegen als Ordnungswidrigkeit einzustufen (Art. 28 Abs. 2 LStVG und § 7 der Verordnung). Hinsichtlich des Vollzugs der Verordnung ergibt sich aus der Verordnungsermächtigung aber keine Befugnis dazu, die Beseitigung des rechtswidrigen Zustandes bei unzulässiger Plakatierung abweichend von den insoweit einschlägigen gesetzlichen Vorgaben (Erlass einer Einzelfallanordnung bzw. unmittelbare Ausführung nach Art. 7 Abs. 2 oder 3 LStVG) zu regeln.

Die Antragsgegnerin wäre mithin gehalten gewesen, auf der Rechtsgrundlage des Art. 7 Abs. 2 Nr. 2 i.V.m. Art. 28 Abs. 2 LStVG und § 7 Nr. 3 der Verordnung – die Aufstellung von Wahlplakaten außerhalb der zugelassenen Flächen ohne Ausnahmegenehmigung stellt eine Ordnungswidrigkeit dar – eine Beseitigungsanordnung zu erlassen und diese dann ggf. nach Anordnung der sofortigen Vollziehung mit den Mitteln des Verwaltungszwangs zu vollstrecken.

3.5 Ungeachtet des Umstandes, dass das Vorgehen der Antragsgegnerin bei der Beseitigung des Plakats rechtswidrig war, kann die Antragstellerin aber nicht beanspruchen, dass die Antragsgegnerin das Plakat wieder aufstellt. Eine entsprechende Verpflichtung der Antragsgegnerin käme nur in Betracht, wenn hierdurch rechtmäßige Zustände hergestellt würden. Das ist aber nicht der Fall. Wie oben unter 3.3 ausgeführt, verstieß die Antragstellerin mit der Aufstellung des Plakats gegen die Vorgaben der Plakatierungsverordnung und ist weiter davon auszugehen, dass die Erteilung einer Ausnahmegenehmigung nach § 5 Abs. 2 der Verordnung nicht in Betracht kommt. Durch eine Wiederaufstellung des Plakats würde damit erneut ein rechtswidriger Zustand geschaffen werden. Angesichts dessen verbietet sich der Erlass der begehrten Anordnung.

4. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 53 Abs. 2 Nr. 1 i.V.m. § 52 Abs. 2 GKG.

Urteilsbesprechung zu Verwaltungsgericht München Beschluss, 18. Sept. 2017 - M 22 E 17.4282

Urteilsbesprechungen zu Verwaltungsgericht München Beschluss, 18. Sept. 2017 - M 22 E 17.4282

Referenzen - Gesetze

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 52 Verfahren vor Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit


(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 123


(1) Auf Antrag kann das Gericht, auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, daß durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Ant

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 19


(1) Soweit nach diesem Grundgesetz ein Grundrecht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes eingeschränkt werden kann, muß das Gesetz allgemein und nicht nur für den Einzelfall gelten. Außerdem muß das Gesetz das Grundrecht unter Angabe des Artikels

Zivilprozessordnung - ZPO | § 920 Arrestgesuch


(1) Das Gesuch soll die Bezeichnung des Anspruchs unter Angabe des Geldbetrages oder des Geldwertes sowie die Bezeichnung des Arrestgrundes enthalten. (2) Der Anspruch und der Arrestgrund sind glaubhaft zu machen. (3) Das Gesuch kann vor der
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Fähig, am Verfahren beteiligt zu sein, sind 1. natürliche und juristische Personen,2. Vereinigungen, soweit ihnen ein Recht zustehen kann,3. Behörden, sofern das Landesrecht dies bestimmt.

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Gründe 1 Die auf den Revisionszulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO gestützte Beschwerde der Beklagten bleib

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Fähig, am Verfahren beteiligt zu sein, sind

1.
natürliche und juristische Personen,
2.
Vereinigungen, soweit ihnen ein Recht zustehen kann,
3.
Behörden, sofern das Landesrecht dies bestimmt.

Gründe

1

Die auf den Revisionszulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO gestützte Beschwerde der Beklagten bleibt ohne Erfolg.

2

1. Grundsätzliche Bedeutung kommt einer Rechtssache zu, wenn für die angefochtene Entscheidung der Vorinstanz eine konkrete, fallübergreifende und bislang höchstrichterlich ungeklärte Rechtsfrage des revisiblen Rechts von Bedeutung war, deren Klärung im Revisionsverfahren zu erwarten und zur Erhaltung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder zur Weiterentwicklung des Rechts geboten ist. Gemessen an dem Darlegungserfordernis des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO lässt sich der Beschwerdebegründung keine solche Frage mit Grundsatzbedeutung entnehmen.

3

a) Für grundsätzlich klärungsbedürftig hält die Beklagte zunächst folgende Frage:

"Steht es der Geltendmachung eines etwaigen Anspruches eines Kreisverbandes einer politischen Partei im Wege gesetzlicher Prozessstandschaft durch den Gebietsverband der jeweils höchsten Stufe entgegen, wenn der Kreisverband selbst beteiligungsfähig im Sinne des § 61 Nr. 2 VwGO ist?"

5

Dieser Frage kommt keine Grundsatzbedeutung zu, weil sie sich auf der Grundlage des Gesetzeswortlauts mit Hilfe der üblichen Regeln sachgerechter Interpretation und anhand der vorliegenden höchstrichterlichen Rechtsprechung ohne Weiteres im verneinenden Sinne beantworten lässt, so dass es ihr an der erforderlichen Klärungsbedürftigkeit fehlt (vgl. allgemein: Beschlüsse vom 21. Dezember 1994 - BVerwG 4 B 266.94 - Buchholz 406.401 § 8a BNatSchG Nr. 2 S. 4 und vom 29. Mai 1996 - BVerwG 9 B 155.96 - Buchholz 310 § 58 VwGO Nr. 66 S. 4).

6

In der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urteile vom 28. März 1969 - BVerwG 7 C 49.67 - Buchholz 11 Art. 21 GG Nr. 1 S. 2 und vom 18. Juli 1969 - BVerwG 7 C 56.68 - BVerwGE 32, 333 <334> = Buchholz 150 § 5 PartG Nr. 1 S. 1 f.) ist anerkannt, dass § 3 PartG den politischen Parteien und - vorbehaltlich einer abweichenden Bestimmung in der Satzung der Gesamtpartei - ihren Gebietsverbänden der jeweils höchsten Stufe für sämtliche gerichtlichen Verfahren die Parteifähigkeit einräumen und dadurch insbesondere die unbefriedigende zivilprozessuale Stellung der Parteien beseitigen wollte. Nicht hingegen sollte die in den Bestimmungen besonderer Verfahrensordnungen - wie in § 61 Nr. 2 VwGO - schon gesicherte Beteiligungsfähigkeit niederer Gebietsverbände ausgeschlossen werden. Es liegt klar zu Tage und bedarf nicht erst revisionsgerichtlicher Klärung, dass es diesem auf eine Erweiterung und nicht auf eine Schmälerung vorhandener prozessualer Rechte gerichteten Gesetzeszweck entspricht, die in § 3 Satz 2 PartG geregelte Prozessstandschaft der Parteigebietsverbände der höchsten Stufe für die niederen Gebietsverbände mit dem Oberverwaltungsgericht als eine prozessuale Möglichkeit aufzufassen, die zu der eigenen Beteiligtenfähigkeit der niederen Gebietsverbände hinzutritt.

7

b) Die Beklagte führt weiter aus, der klagende Landesverband Nordrhein-Westfalen der Nationaldemokratischen Partei Deutschlands (NPD) könne die von ihm unterhaltene Kontoverbindung dem kontenlosen Kreisverband Oberhausen der Partei zur Verfügung stellen. Sie wirft hierzu als grundsätzlich klärungsbedürftig die Frage auf:

"Ist der grundsätzlich aus § 5 Abs. 1 Satz 1 PartG folgende Anspruch politischer Parteien auf Zurverfügungstellung von Einrichtungen oder auf Gewährung von Leistungen durch einen Träger öffentlicher Gewalt ausnahmsweise dann nicht eröffnet, wenn die betreffende Partei oder ihre Untergliederung die betreffende Leistung oder Einrichtung bereits anderweitig bezieht?"

9

Diese Frage führt bereits deshalb nicht auf eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache, weil sie sich dem Oberverwaltungsgericht nicht gestellt hat. Eine Rechtsfrage, die sich für die Vorinstanz nicht gestellt oder auf die diese nicht entscheidend abgehoben hat, kann regelmäßig - und so auch hier - nicht zur Zulassung der Revision führen (vgl. Beschlüsse vom 5. Oktober 2009 - BVerwG 6 B 17.09 - juris Rn. 7 und vom 1. Juni 2010 - BVerwG 6 B 77.09 - juris Rn. 10). Das Berufungsgericht hat die Inanspruchnahme des Girokontos des klagenden Landesverbandes der NPD durch den Kreisverband nicht als die "bereits anderweitig (bezogene) betreffende Leistung" qualifiziert. Es hat im Gegenteil ausgeführt (UA S. 11), eine Beeinträchtigung des Kreisverbandes in seiner Chancengleichheit lasse sich nicht durch den Verweis auf die Möglichkeit zur Mitbenutzung des Girokontos einer anderen Parteigliederung verneinen, weil dies mit gewichtigen Nachteilen für den Kreisverband verbunden sei. Zum einen stieße die Herstellung der erforderlichen finanziellen Transparenz dann an ihre Grenzen, wenn auf das von mehreren Parteiuntergliederungen gemeinsam genutzte Konto Spenden überwiesen würden, die sich keiner der beteiligten Untergliederungen zuordnen ließen. Zum anderen bestünde selbst bei sorgfältiger Buchführung eine größere Gefahr von Fehlbuchungen als bei getrennter Kontoführung.

10

Diesen Erwägungen stellt die Beklagte in ihrer Beschwerdebegründung zwar ihre Ansicht entgegen (GA Bl. 575), die Mitbenutzung des Girokontos des Landesverbandes stelle sich für den Kreisverband als gleichwertige Alternative dar. Sie begründet diese Einschätzung jedoch nicht in einer dem Darlegungserfordernis des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO genügenden Weise. Denn durch den Verweis auf Passagen ihrer vorinstanzlichen Schriftsätze vom 3. Mai 2005 (GA Bl. 203 bis 205), 8. November 2006 (GA Bl. 294 ff.) und 4. Juli 2007 (GA Bl. 397) geht sie nur auf die erste der hier tragenden Erwägungen des Oberverwaltungsgerichts, die Gefährdung des für die Parteienfinanzierung geltenden Transparenzgebotes, ein. Den zweiten von dem Berufungsgericht angeführten Grund, die allgemein gegebene Gefahr von Fehlbuchungen, lässt sie vollständig außer acht.

11

Abgesehen hiervon ist die Frage der Beklagten wiederum mangels Klärungsbedürftigkeit nicht von grundsätzlicher Bedeutung. Denn gerade für die hier in Rede stehende Konstellation des Verweises einer Parteiuntergliederung auf die Benutzung eines anderweitig eingerichteten Kontos hat sie der Bundesgerichtshof bereits verneint (Urteil vom 11. März 2003 - XI ZR 403/01 - BGHZ 154, 146 <152> für ein Treuhandkonto; vgl. auch Urteil vom 2. Dezember 2003 - XI ZR 397/02 - NJW 2004, 1031 <1032>). Zudem ist offensichtlich und bedarf nicht erst der Klärung in einem Revisionsverfahren, dass ein Träger öffentlicher Gewalt dem gegen ihn gerichteten Gleichbehandlungsanspruch aus § 5 PartG nicht entgegenhalten kann, die betreffende Partei könne sich Ersatz für die einer anderen Partei gewährte, ihr hingegen vorenthaltene öffentliche Leistung bei einem - privaten - Dritten beschaffen. Dies widerspräche der nach Sinn und Zeck des § 5 PartG gebotenen weiten Auslegung der tatbestandlichen Voraussetzungen der Vorschrift (vgl. dazu: Urteil vom 13. Dezember 1974 - BVerwG 7 C 42.72 - BVerwGE 47, 280 <287> = Buchholz 160 Wahlrecht Nr. 13 S. 28 f.).

12

c) Die Beklagte verweist schließlich auf den Umstand, dass der Kreisverband Oberhausen des klagenden Landesverbandes der NPD ein Girokonto bei der Postbank Essen unterhalten habe, bis dieses von der Bank im Sommer des Jahres 2000 gekündigt worden sei, und will grundsätzlich geklärt wissen:

"Setzt in dem Fall, dass die betreffende Partei in der Vergangenheit die begehrte Leistung anderweit bezogen hatte, dieses Nutzungsverhältnis aber beendet wurde, der Anspruch aus § 5 Abs. 1 Satz 1 PartG auch voraus, dass die betreffende Partei oder ihre Untergliederung erfolglos alle zumutbaren rechtlichen Schritte gegen diese Kündigung ergriffen hat?"

14

Diese Frage verhilft der Beschwerde ebenfalls nicht zum Erfolg, denn auch sie hat sich dem Oberverwaltungsgericht nicht gestellt. Dieses ist vielmehr in Würdigung der konkreten Umstände des entschiedenen Einzelfalles davon ausgegangen, dass dem Kreisverband Oberhausen der NPD keine zumutbaren rechtlichen Schritte zur Verfügung standen bzw. stehen, um eine Fortsetzung des Vertragsverhältnisses zu erreichen, das die Postbank Essen - entsprechend dem Vorgehen anderer deutscher Banken gegenüber rechtsextremen Organisationen - beendet hatte. Das Oberverwaltungsgericht hat mit für den Senat bindender Wirkung (§ 137 Abs. 2 VwGO) festgestellt, dass es keine Anhaltspunkte für eine Bereitschaft der Postbank Essen zu einer freiwilligen Fortführung des Vertragsverhältnisses gibt, es hierfür vielmehr der Verpflichtung durch ein zivilgerichtliches Urteil bedürfte. Das Berufungsgericht hat hieran die rechtliche Einschätzung geknüpft, es sei nicht ausgeschlossen, dass das zuständige Zivilgericht einen eventuellen Anspruch des Kreisverbandes auf Fortsetzung der Vertragsbeziehungen als verwirkt ansehen werde. Diese Würdigung der tatsächlichen Gegebenheiten des Einzelfalles ist einer rechtsgrundsätzlichen Entscheidung in einem Revisionsverfahren nicht zugänglich. Im Übrigen liegt es auf der Hand und bedarf nicht der Klärung in einem Revisionsverfahren, dass der gegen die Beklagte gerichtete Anspruch auf Gleichbehandlung nicht deshalb ausgeschlossen wäre, weil der Kreisverband Oberhausen der Klägerin in einem früheren Zeitpunkt einen Dritten auf die Gewährung einer entsprechenden Leistung hätte in Anspruch nehmen können, dies aber nicht getan hat.

(1) Auf Antrag kann das Gericht, auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, daß durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint.

(2) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen ist das Gericht der Hauptsache zuständig. Dies ist das Gericht des ersten Rechtszugs und, wenn die Hauptsache im Berufungsverfahren anhängig ist, das Berufungsgericht. § 80 Abs. 8 ist entsprechend anzuwenden.

(3) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen gelten §§ 920, 921, 923, 926, 928 bis 932, 938, 939, 941 und 945 der Zivilprozeßordnung entsprechend.

(4) Das Gericht entscheidet durch Beschluß.

(5) Die Vorschriften der Absätze 1 bis 3 gelten nicht für die Fälle der §§ 80 und 80a.

(1) Das Gesuch soll die Bezeichnung des Anspruchs unter Angabe des Geldbetrages oder des Geldwertes sowie die Bezeichnung des Arrestgrundes enthalten.

(2) Der Anspruch und der Arrestgrund sind glaubhaft zu machen.

(3) Das Gesuch kann vor der Geschäftsstelle zu Protokoll erklärt werden.

(1) Auf Antrag kann das Gericht, auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, daß durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint.

(2) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen ist das Gericht der Hauptsache zuständig. Dies ist das Gericht des ersten Rechtszugs und, wenn die Hauptsache im Berufungsverfahren anhängig ist, das Berufungsgericht. § 80 Abs. 8 ist entsprechend anzuwenden.

(3) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen gelten §§ 920, 921, 923, 926, 928 bis 932, 938, 939, 941 und 945 der Zivilprozeßordnung entsprechend.

(4) Das Gericht entscheidet durch Beschluß.

(5) Die Vorschriften der Absätze 1 bis 3 gelten nicht für die Fälle der §§ 80 und 80a.

(1) Soweit nach diesem Grundgesetz ein Grundrecht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes eingeschränkt werden kann, muß das Gesetz allgemein und nicht nur für den Einzelfall gelten. Außerdem muß das Gesetz das Grundrecht unter Angabe des Artikels nennen.

(2) In keinem Falle darf ein Grundrecht in seinem Wesensgehalt angetastet werden.

(3) Die Grundrechte gelten auch für inländische juristische Personen, soweit sie ihrem Wesen nach auf diese anwendbar sind.

(4) Wird jemand durch die öffentliche Gewalt in seinen Rechten verletzt, so steht ihm der Rechtsweg offen. Soweit eine andere Zuständigkeit nicht begründet ist, ist der ordentliche Rechtsweg gegeben. Artikel 10 Abs. 2 Satz 2 bleibt unberührt.

Tatbestand

1

Die sechs Kläger sind irakische Staatsangehörige. Die Klägerin zu 1 begehrt als Mutter, die Kläger zu 2 bis 6 begehren als Geschwister die Erteilung von Visa zur Familienzusammenführung mit ihrem in Deutschland lebenden Sohn bzw. Bruder A.

2

Der am 1. Dezember 1992 geborene A., ebenfalls irakischer Staatsangehöriger, reiste im Mai 2008 als Minderjähriger nach Deutschland ein. Ihm wurde wegen einer ihm drohenden Gefahr der Gruppenverfolgung als Angehöriger der Glaubensgemeinschaft der Yeziden im Juni 2009 die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt. Er erhielt zunächst eine auf drei Jahre befristete Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 2 AufenthG und im Juli 2012 eine Niederlassungserlaubnis nach § 26 Abs. 3 AufenthG.

3

Seine Eltern beantragten für sich und ihre weiteren fünf Kinder im November 2009 bei der Deutschen Botschaft in Damaskus Visa zur Familienzusammenführung. Da die Botschaft nur zur Erteilung eines Visums an einen Elternteil bereit war, entschieden die Eheleute, dass der Vater nach Deutschland einreisen solle. Dieser erhielt im Februar 2010 das beantragte Visum und nach Einreise auch eine bis zum 3. März 2011 befristete Aufenthaltserlaubnis nach § 36 Abs. 1 AufenthG. Die Visumanträge der Kläger zu 1 bis 6 lehnte die Botschaft hingegen zuletzt mit Remonstrationsbescheid vom 11. April 2010 ab.

4

Der Vater reiste nach Ablauf seiner Aufenthaltserlaubnis im März 2011 aus Deutschland aus, um seine Familie bei ihrer Rückkehr in den irakischen Herkunftsort zu begleiten. Die auf Erteilung des begehrten Visums gerichtete Verpflichtungsklage der Klägerin zu 1 hatte beim Verwaltungsgericht Erfolg, nicht hingegen die Klagen ihrer fünf Kinder. Das Oberverwaltungsgericht hat mit Urteil vom 19. Dezember 2011 auch die Klage der Klägerin zu 1 abgewiesen und die Abweisung der Klagen der Kläger zu 2 bis 6 bestätigt.

5

Das Berufungsgericht ist der Auffassung, die Erteilungsvoraussetzungen für den Nachzugsanspruch der Klägerin zu 1 nach § 36 Abs. 1 AufenthG und der Kläger zu 2 bis 6 nach §§ 32 und 36 Abs. 2 AufenthG müssten zum Zeitpunkt der Erlangung der Volljährigkeit des A. und im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung des Oberverwaltungsgerichts vorgelegen haben. Für das personenbezogene Merkmal der Minderjährigkeit des A. sei hingegen auf den Zeitpunkt der Stellung der Visumanträge abzustellen. Insoweit sei der Nachzugsanspruch der Eltern und Geschwister wie der Nachzugsanspruch minderjähriger Kinder zu ihren Eltern nach § 32 AufenthG zu behandeln.

6

Der Anspruch der Klägerin zu 1 scheitere daran, dass der Vater des A. in Deutschland gelebt habe, als A. volljährig geworden sei. Damit fehle es an der Voraussetzung des § 36 Abs. 1 AufenthG, dass sich kein personensorgeberechtigter Elternteil im Bundesgebiet aufhält. Allerdings habe bei Antragstellung beiden Eltern der Nachzugsanspruch nach § 36 Abs. 1 AufenthG zugestanden, so dass auch beiden das beantragte Visum hätte erteilt werden müssen. Dem stünden etwaige Belange des Kindeswohls der im Irak verbleibenden Kinder - der Kläger zu 2 bis 6 - nicht entgegen. Vielmehr obliege es den Eltern, die sachgerechte Entscheidung über die Versorgung ihrer Kinder zu treffen. Auch sei ein Nachzugsanspruch der Klägerin zu 1 nicht wegen Rechtsmissbrauchs ausgeschlossen, da sie weder an der Schleusung ihres Sohnes nach Deutschland mitgewirkt noch aus dessen Aufenthalt in Deutschland einen persönlichen Vorteil erlangt habe. Der ursprünglich bestehende Nachzugsanspruch der Klägerin zu 1 sei aber durch den Nachzug des Vaters zum Sohn nachträglich entfallen. Denn danach sei der minderjährige Sohn nicht mehr ohne elterliche Obhut gewesen.

7

Die Kläger zu 2 bis 6 hätten keine Nachzugsansprüche zu ihrem in Deutschland lebenden Bruder. Hierfür fehle es an einer außergewöhnlichen Härte im Sinne von § 36 Abs. 2 Satz 1 AufenthG. Ein Nachzugsrecht zu den Eltern nach § 32 AufenthG bestehe nicht, da die Eltern über keine Aufenthaltsrechte in Deutschland verfügten und auch nicht beanspruchen könnten. Außerdem fehle es an der allgemeinen Erteilungsvoraussetzung der Sicherung des Lebensunterhalts gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG.

8

Hiergegen wenden sich die Kläger mit ihren Revisionen. Die Klägerin zu 1 macht insbesondere geltend, der Nachzugsanspruch nach § 36 Abs. 1 AufenthG stehe beiden Elternteilen zu und dürfe nicht dadurch vereitelt werden, dass zunächst nur einem Elternteil ein Visum gewährt und dessen Nachzug zum Kind dann dem anderen Elternteil entgegengehalten werde. Die Kläger zu 2 bis 6 vertreten die Auffassung, die fehlende Sicherung des Lebensunterhalts stehe ihrem Nachzugsanspruch nicht entgegen, es liege vielmehr ein Ausnahmefall vor, weil andernfalls die Familieneinheit nicht gesichert werden könne. Für die Klägerinnen zu 2 und 3 liege zudem eine außergewöhnliche Härte vor, weil sie als junge yezidische Frauen im Irak unter einem erhöhten Verfolgungsdruck stünden.

9

Die Beklagte tritt der Revision entgegen. Sie teilt die Auffassung des Oberverwaltungsgerichts, dass ein Nachzugsanspruch nach § 36 Abs. 1 AufenthG nicht besteht, wenn sich ein Elternteil beim Kind aufhält. Weiter ist die Beklagte der Auffassung, dass ein etwaiger Nachzugsanspruch jedenfalls mit Erreichen der Volljährigkeit des A. erloschen ist.

Entscheidungsgründe

10

Die Revisionen der Kläger haben keinen Erfolg. Zwar verletzt das angefochtene Urteil Bundesrecht, soweit es den Anspruch der Klägerin zu 1 auf Erteilung eines Visums zum Familiennachzug betrifft. Denn das Berufungsgericht hat im Rahmen der Prüfung des § 36 Abs. 1 i.V.m. § 6 Abs. 3 Satz 2 AufenthG für das personenbezogene Merkmal der Minderjährigkeit des Flüchtlings zu Unrecht auf den Zeitpunkt der Stellung des Visumantrags abgestellt. Die Ablehnung eines Nachzugsanspruchs für die Klägerin zu 1 erweist sich aber aus anderen Gründen als richtig (§ 144 Abs. 4 VwGO). Denn der ursprünglich bestehende Anspruch nach § 36 Abs. 1 AufenthG ist mit Erreichen der Volljährigkeit des Sohnes am 1. Dezember 2010 erloschen.

11

Maßgebend für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage ist bei Verpflichtungsklagen auf Erteilung eines Aufenthaltstitels grundsätzlich der Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung oder Entscheidung in der Tatsacheninstanz (stRspr, vgl. Urteil vom 7. April 2009 - BVerwG 1 C 17.08 - BVerwGE 133, 329 Rn. 10 = Buchholz 402.242 § 32 AufenthG Nr. 4 Rn. 10). Während des Revisionsverfahrens eingetretene Rechtsänderungen sind vom Revisionsgericht allerdings zu berücksichtigen, wenn das Berufungsgericht - entschiede es nunmehr anstelle des Bundesverwaltungsgerichts - sie seinerseits zu berücksichtigen hätte (vgl. Urteil vom 1. November 2005 - BVerwG 1 C 21.04 - BVerwGE 124, 276 <279 f.> = Buchholz 402.25 § 73 AsylVfG Nr. 15 S. 32). Daher sind die Nachzugsbegehren der Kläger an dem Aufenthaltsgesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 25. Februar 2008 (BGBl I S. 162) zu messen, zuletzt geändert durch Art. 2 des Gesetzes zur Änderung des Freizügigkeitsgesetzes/EU und weiterer aufenthaltsrechtlicher Vorschriften vom 21. Januar 2013 (BGBl I S. 86). Hierdurch hat sich die Rechtslage hinsichtlich der im vorliegenden Fall einschlägigen Bestimmungen aber nicht geändert.

12

1. Das Berufungsgericht hat im Ergebnis zu Recht einen Anspruch der Klägerin zu 1 auf Erteilung eines Visums zum Nachzug zu ihrem in Deutschland lebenden Sohn nach § 36 Abs. 1 i.V.m. § 6 Abs. 3 Satz 2 AufenthG verneint. Nach § 36 Abs. 1 AufenthG ist den Eltern eines minderjährigen Ausländers, der eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 1 oder 2 AufenthG oder eine Niederlassungserlaubnis nach § 26 Abs. 3 AufenthG besitzt, abweichend von § 5 Abs. 1 Nr. 1 und § 29 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG eine Aufenthaltserlaubnis - und vor der Einreise gemäß § 6 Abs. 3 Satz 2 AufenthG ein Visum - zu erteilen, wenn sich kein personensorgeberechtigter Elternteil im Bundesgebiet aufhält. Die Vorschrift wurde durch das Richtlinienumsetzungsgesetz 2007 neu eingeführt und setzt Art. 10 Abs. 3 Buchst. a der Richtlinie 2003/86/EG um (vgl. BTDrucks 16/5065 S. 176). Sie dient dem Schutz des unbegleiteten minderjährigen Flüchtlings und seinem Interesse an der Familieneinheit mit seinen Eltern.

13

a) Der Klägerin zu 1 stand der geltend gemachte Anspruch auf Erteilung eines Visums nach § 36 Abs. 1 i.V.m. § 6 Abs. 3 Satz 2 AufenthG allerdings zum Zeitpunkt der Antragstellung im November 2009 zu. Denn ihr minderjähriger Sohn war zu jener Zeit im Besitz einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 2 AufenthG und es hielt sich kein personensorgeberechtigter Elternteil im Bundesgebiet auf. Die Beklagte handelte rechtswidrig, indem sie - obwohl von beiden Eltern zeitgleich beantragt - nur einem Elternteil das Visum für den Nachzug zum Sohn erteilte. Der Nachzugsanspruch nach § 36 Abs. 1 AufenthG steht beiden Elternteilen zu. Das ergibt sich schon aus dem insoweit klaren Wortlaut ("den Eltern"), und nur dieses Verständnis der Vorschrift entspricht auch einer korrekten Umsetzung der Richtlinie 2003/86/EG. Art. 10 Abs. 3 Buchst. a der Richtlinie 2003/86/EG erlegt den Mitgliedstaaten die Verpflichtung auf, zugunsten eines minderjährigen unbegleiteten Flüchtlings den Nachzug "seiner Verwandten in gerader aufsteigender Linie ersten Grades" zu gestatten. Damit gewährt die Richtlinie grundsätzlich beiden Eltern einen Nachzugsanspruch und nicht nur einem Elternteil (so auch Hailbronner/Carlitz, in: Hailbronner, EU Immigration and Asylum Law, 2010, S. 253 Rn. 9). Denn die Vorschrift dient dem Schutz des unbegleiteten minderjährigen Flüchtlings und seinem Interesse an der Familieneinheit mit seinen Eltern (vgl. die Kommissionsbegründung zur Richtlinie vom 1. Dezember 1999 - KOM <1999> 638 endgültig, S. 17 f.). Nach Art. 24 Abs. 3 GR-Charta hat jedes Kind Anspruch auf regelmäßige persönliche Beziehungen und direkte Kontakte zu beiden Elternteilen, es sei denn, dies steht seinem Wohl entgegen. Die Wiederherstellung dieser persönlichen Beziehung zu den Eltern fällt zudem in den Schutzbereich des Familienlebens nach Art. 7 GR-Charta, Art. 8 EMRK.

14

§ 36 Abs. 1 AufenthG ist auch nicht etwa teleologisch zu reduzieren, wenn neben dem unbegleiteten Sohn in Deutschland weitere minderjährige Kinder im Heimatland zu betreuen sind. Denn die Entscheidung über die Sorge für ihre Kinder obliegt gemäß Art. 6 Abs. 2 GG vorrangig den Eltern (so auch Marx, in: GK-AufenthG, § 36 Stand: Februar 2013, Rn. 25). Es sind keine Gründe ersichtlich, warum im vorliegenden Fall das Kindeswohl eine Korrektur der elterlichen Entscheidung gebieten sollte.

15

b) Dem Nachzugsanspruch der Klägerin zu 1 steht weder das Vorliegen eines Ausweisungstatbestandes noch der Einwand des Rechtsmissbrauchs wegen Mitwirkung an einer strafbaren Schleusung ihres Sohnes nach Deutschland im Sinne von § 96 Abs. 1 Nr. 1a i.V.m. § 95 Abs. 1 Nr. 3 AufenthG entgegen. Denn die Klägerin zu 1 hat nach den von der Beklagten nicht angegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts nicht an der Schleusung ihres Sohnes mitgewirkt.

16

c) Der Nachzugsanspruch der Klägerin zu 1 ist - entgegen der Rechtsauffassung des Berufungsgerichts - auch nicht dadurch erloschen, dass der minderjährige Sohn seit Anfang März 2010 nicht mehr ohne elterlichen Beistand war, nachdem sein Vater mit dem von der Beklagten erteilten Visum nach Deutschland eingereist war. Das Berufungsgericht kann sich für seine Auffassung zwar auf den Wortlaut des § 36 Abs. 1 AufenthG stützen, der einen Anspruch auf Erteilung der Aufenthaltserlaubnis nur dann vorsieht, "wenn sich kein personensorgeberechtigter Elternteil im Bundesgebiet aufhält". Diese Einschränkung des grundsätzlich beiden Eltern zustehenden Nachzugsanspruchs findet eine Entsprechung in Art. 2 Buchst. f der Richtlinie 2003/86/EG, wonach eine Person nur solange als "unbegleiteter" Minderjähriger anzusehen ist, als sie sich "nicht tatsächlich in der Obhut" eines für ihn verantwortlichen Erwachsenen befindet. Zwar greift der Nachzugsanspruch u.a. dann nicht, wenn von vornherein ein Elternteil mit dem Minderjährigen nach Deutschland eingereist ist oder ihn dort in Empfang genommen hat, denn dann war er nicht unbegleitet. Demgegenüber ist die Voraussetzung, dass sich kein sorgerechtsberechtigter Elternteil im Bundesgebiet aufhält, jedenfalls auch dann erfüllt, wenn ein Elternteil zeitgleich oder in unmittelbarem zeitlichem Zusammenhang mit dem anderen Elternteil den Lebensmittelpunkt ins Bundesgebiet verlagert (vgl. BTDrucks 16/5065 S. 176). In den zuletzt genannten Fällen erfordert die effektive Durchsetzung des Minderjährigenschutzes nach Art. 10 Abs. 3 Buchst. a der Richtlinie 2003/86/EG, dass die für den Familiennachzug und die Visumerteilung zuständigen Behörden den grundsätzlich beiden Eltern zustehenden Nachzugsanspruch nicht durch eine rechtswidrige Verwaltungspraxis vereiteln können. Das wäre aber der Fall, wenn die Behörden ein Visum zum Familiennachzug nur einem Elternteil - trotz gleichzeitiger Antragstellung beider Eltern - erteilten und dem anderen dann entgegenhalten könnten, das Kind sei jetzt nicht mehr ohne elterlichen Beistand.

17

d) Der Nachzugsanspruch der Klägerin zu 1 ist allerdings mit Eintritt der Volljährigkeit ihres Sohnes am 1. Dezember 2010 erloschen. Denn der Anspruch auf Nachzug der Eltern zum unbegleiteten minderjährigen Flüchtling nach § 36 Abs. 1 AufenthG besteht nur bis zu dem Zeitpunkt, zu dem das Kind volljährig wird. Anders als beim Kindernachzug nach § 32 AufenthG reicht eine Antragstellung vor Erreichen der Volljährigkeit nicht aus, um den Anspruch zu erhalten. Zum Zeitpunkt der Verhandlung vor dem Oberverwaltungsgericht im Dezember 2011, auf den es für die Entscheidung des Nachzugsbegehrens ankommt, war der Anspruch der Klägerin zu 1 schon entfallen.

18

Bei Verpflichtungsklagen auf Erteilung oder Verlängerung eines Aufenthaltstitels ist - wie oben dargelegt - der Prüfung der Tatbestandsvoraussetzungen regelmäßig die Sachlage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung oder Entscheidung in der Tatsacheninstanz zugrunde zu legen. Etwas anders gilt beim Anspruch auf Kindernachzug nach § 32 AufenthG u.a. für die Einhaltung der Höchstaltersgrenze. Insoweit ist der Zeitpunkt der Antragstellung maßgeblich, weil andernfalls der mit der Regelung verfolgte Zweck, Kindern unter 16 oder 18 Jahren die Herstellung der Familieneinheit im Bundesgebiet zu ermöglichen, vielfach aufgrund des Zeitablaufs während des Verfahrens entfiele (vgl. grundlegend Urteil vom 18. November 1997 - BVerwG 1 C 22.96 - Buchholz 402.240 § 20 AuslG 1990 Nr. 4 S. 18 f.; ferner Urteil vom 26. August 2008 - BVerwG 1 C 32.07 - BVerwGE 131, 370 Rn. 17 = Buchholz 402.242 § 2 AufenthG Nr. 1 Rn. 17). Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts ist die für den Kindernachzug entwickelte Rechtsprechung zur Einhaltung der Altersgrenze nicht auf den Elternnachzug nach § 36 Abs. 1 AufenthG zu übertragen. Das ergibt sich aus den verschiedenen Zwecken der genannten Vorschriften, die in den unterschiedlichen gesetzlichen Regelungen zur Verfestigung der aufenthaltsrechtlichen Stellung beim Kinder- und Erwachsenennachzug deutlich werden.

19

Die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zum maßgeblichen Zeitpunkt beim Kindernachzug wurde - beginnend mit dem zitierten Urteil vom 18. November 1997 - damit begründet, dass für die Höchstaltersgrenze im Interesse eines effektiven Minderjährigenschutzes auf den Zeitpunkt der Antragstellung abzustellen ist. Dies ist insbesondere auch deshalb gerechtfertigt, weil das Aufenthaltsgesetz dem nachgezogenen minderjährigen Kind in § 34 Abs. 2 und 3 AufenthG eine über die Minderjährigkeit hinausreichende, verfestigungsfähige aufenthaltsrechtliche Stellung zuweist. So wandelt sich die einem Minderjährigen nach § 32 AufenthG erteilte Aufenthaltserlaubnis mit Eintritt der Volljährigkeit gemäß § 34 Abs. 2 Satz 1 AufenthG zu einem eigenständigen, vom Familiennachzug unabhängigen Aufenthaltsrecht. Diese eigenständige Aufenthaltserlaubnis kann nach § 34 Abs. 3 AufenthG verlängert werden, bis die Voraussetzungen für die Erteilung einer Niederlassungserlaubnis oder der Erlaubnis zum Daueraufenthalt-EG vorliegen. Wird Kindern, die ihren Nachzugsantrag als Minderjährige vor Erreichen der gesetzlichen Altersgrenze gestellt haben, aufgrund der Dauer des Visumverfahrens ggf. einschließlich eines Gerichtsverfahrens das Visum und die Aufenthaltserlaubnis nach § 32 AufenthG erst zu einem Zeitpunkt erteilt, zu dem sie schon volljährig sind, wandelt sich die Aufenthaltserlaubnis, zu deren Erteilung die Ausländerbehörde verpflichtet (worden) ist, unmittelbar in eine solche nach § 34 Abs. 2 AufenthG. Das gilt auch für die einem Minderjährigen erteilte Aufenthaltserlaubnis nach § 36 Abs. 2 AufenthG, wie sich aus dem Verweis auf § 34 AufenthG in § 36 Abs. 2 Satz 2 AufenthG ergibt. Die nachgezogenen Kinder haben zudem unter den erleichterten Voraussetzungen des § 35 AufenthG einen Anspruch auf Erteilung einer Niederlassungserlaubnis.

20

Für den Elternnachzug nach § 36 Abs. 1 AufenthG fehlt es hingegen an vergleichbaren Regelungen, die einen dauerhaften oder jedenfalls längerfristigen Aufenthalt in Deutschland eröffnen. Anders als die Aufenthaltserlaubnis des Kindes nach § 32 AufenthG wandelt sich die der Eltern mit Erreichen der Volljährigkeit des Kindes nicht in ein eigenständiges Aufenthaltsrecht. Vielmehr endet der Rechtsgrund für den Aufenthalt der Eltern mit Ablauf der Befristung einer nach § 36 Abs. 1 AufenthG erteilten Aufenthaltserlaubnis. Eine Verlängerung nach Erreichen der Volljährigkeit des Kindes, die sich mangels besonderer Vorschriften nach § 8 Abs. 1 AufenthG richtet (vgl. Marx, in: GK-AufenthG, Stand: Februar 2013, § 36 Rn. 27), ist insoweit nicht möglich. Anders als für volljährige Familienangehörige, denen Aufenthaltserlaubnisse nach § 36 Abs. 2 AufenthG zur Vermeidung einer außergewöhnlichen Härte erteilt worden sind, ist für Inhaber eines Aufenthaltstitels nach § 36 Abs. 1 AufenthG auch keine Verfestigung ihres Aufenthalts in entsprechender Anwendung von § 31 AufenthG möglich. Der deutsche Gesetzgeber war unionsrechtlich zur Ermöglichung einer solchen Aufenthaltsverfestigung auch nicht verpflichtet. Zwar ist nach Art. 15 Abs. 1 der Richtlinie 2003/86/EG den Ehegatten, den nicht ehelichen Lebenspartnern und den volljährig gewordenen Kindern nach fünfjährigem rechtmäßigen Aufenthalt das Recht auf einen eigenen Aufenthaltstitel einzuräumen, der unabhängig ist von jenem des Zusammenführenden, sofern kein Aufenthaltstitel aus anderen Gründen als denen der Familienzusammenführung erteilt wurde. Die Richtlinie erstreckt diese Verpflichtung aber nicht auf Eltern, denen - wie im Fall des unbegleiteten minderjährigen Flüchtlings - ihr Kind den Familiennachzug vermittelt hat. Vielmehr stellt sie es in Art. 15 Abs. 2 den Mitgliedstaaten frei, ein eigenständiges Aufenthaltsrecht auch für Verwandte in gerader aufsteigender Linie (wie hier die Eltern) vorzusehen. Der deutsche Gesetzgeber hat von der Ermächtigung in Art. 15 Abs. 2 der Richtlinie für den hier maßgeblichen Personenkreis der Eltern im Sinne von § 36 Abs. 1 AufenthG aber keinen Gebrauch gemacht.

21

Auch der Zweck des Elternnachzugs nach § 36 Abs. 1 AufenthG erfordert keine Sicherung einer mit der Visumbeantragung eröffneten aufenthaltsrechtlichen Perspektive. Denn das Nachzugsrecht des § 36 Abs. 1 AufenthG dient - wie bereits ausgeführt - dem Schutz des unbegleiteten minderjährigen Flüchtlings und seinem Interesse an der Familieneinheit mit seinen Eltern, nicht jedoch eigenständigen Interessen der Eltern am Zusammenleben mit dem Kind.

22

Diese Auffassung führt nicht dazu, dass die Behörden einen Anspruch aus § 36 Abs. 1 AufenthG durch Verfahrensverzögerung vereiteln können. Denn die Betroffenen haben die Möglichkeit zur Erhebung einer Untätigkeitsklage gemäß § 75 VwGO. Darüber hinaus steht ihnen die Möglichkeit offen, ihren Visumanspruch mit Hilfe einer einstweiligen Anordnung nach § 123 VwGO rechtzeitig vor Erreichen der Volljährigkeit des Kindes effektiv durchzusetzen. Dem kann nicht entgegengehalten werden, dass in einem solchen Fall die einstweilige Anordnung die Hauptsache teilweise vorwegnimmt. Denn das Verbot einer Vorwegnahme der Hauptsache steht einer Anordnung nach § 123 VwGO dann nicht entgegen, wenn dies zur Gewährung effektiven Rechtsschutzes geboten ist und ein hoher Grad an Wahrscheinlichkeit dafür spricht, dass der mit der Hauptsache verfolgte Anspruch begründet ist (vgl. BVerfG, Beschluss vom 25. Oktober 1988 - 2 BvR 745/88 - BVerfGE 79, 69 <74 ff.>; BVerwG, Beschluss vom 13. August 1999 - BVerwG 2 VR 1.99 - BVerwGE 109, 258 <261 ff.> = Buchholz 11 Art. 44 GG Nr. 2 S. 5 ff.; Kopp/Schenke, VwGO, 18. Aufl. 2012, § 123 Rn. 14). Diese Voraussetzungen sind erfüllt, wenn ein Anspruch nach § 36 Abs. 1 AufenthG glaubhaft ist, seine Durchsetzung aber bei Erreichen der Volljährigkeit des Kindes im Verlauf des Hauptsacheverfahrens vereitelt würde.

23

2. Das Berufungsgericht hat die Nachzugsbegehren der Kläger zu 2 bis 6 mit Recht als unbegründet angesehen. Bei den im Zeitpunkt der Antragstellung noch minderjährigen Klägern zu 4 bis 6 scheidet ein Anspruch nach § 32 AufenthG schon deshalb aus, weil sich zu keinem der maßgeblichen Zeitpunkte beide Eltern in Deutschland aufgehalten haben, im Zeitpunkt der Berufungsverhandlung nicht einmal mehr der Vater. Eine außergewöhnliche Härte gemäß § 36 Abs. 2 AufenthG ist nicht ersichtlich. Sie liegt entgegen der Rechtsauffassung der Klägerinnen zu 2 und 3 auch nicht darin, dass sie - so ihr Vorbringen - als junge yezidische Frauen im Irak einem erhöhten Verfolgungsdruck ausgesetzt seien. Denn eine außergewöhnliche Härte im Sinne von § 36 Abs. 2 AufenthG setzt voraus, dass die Härte im Hinblick auf die Notwendigkeit der Herstellung oder Erhaltung der Familiengemeinschaft besteht, etwa weil der im Bundesgebiet oder der im Ausland lebende Familienangehörige allein ein eigenständiges Leben nicht führen kann. Hieraus folgt, dass Nachteile im Heimatland, die allein - wie hier - wegen der dortigen politischen Verhältnisse drohen, nicht zur Begründung einer außergewöhnlichen Härte im Zusammenhang mit der Herstellung und Wahrung der familiären Lebensgemeinschaft herangezogen werden können (vgl. Beschluss vom 25. Juni 1997 - BVerwG 1 B 236.96 - Buchholz 402.240 § 22 AuslG 1990 Nr. 4). Im Übrigen hat das Berufungsgericht die fehlende Sicherung des Lebensunterhalts zutreffend als Umstand gewürdigt, der der Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 36 Abs. 2 AufenthG entgegen steht.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.