Verwaltungsgericht München Beschluss, 17. Apr. 2015 - M 2 S 15.50217

published on 17/04/2015 00:00
Verwaltungsgericht München Beschluss, 17. Apr. 2015 - M 2 S 15.50217
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Gericht

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Tenor

I.

Die aufschiebende Wirkung der Klage wird angeordnet.

II.

Die Antragsgegnerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

Gründe

I.

Der Antragsteller beantragte am 15. September 2014 Asyl. In dem persönlichen Gespräch zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedsstaates zur Durchführung des Asylverfahrens am 17. September 2014 gab er unter anderem an: Er sei Palästinenser sunnitischen Glaubens, in Gaza geboren und er habe sich zuletzt 4 Jahre in Libyen aufgehalten. Seine Staatsangehörigkeit sei ungeklärt. Er sei zusammen mit seiner Tante (der Antragstellerin im Verfahren M 23 S 15.50071) und seiner Cousine (der Antragstellerin im Verfahren M 2 S 15.50216) am 8. August 2014 über Italien und Österreich nach Deutschland eingereist. Ein Abgleich seiner Fingerabdrücke mit dem System EURODAC ergab einen Treffer der Kategorie 2 für Italien. Ein entsprechendes Übernahmeersuchen des Bundesamts ... (Bundesamt) vom 3. November 2014 blieb nach Aktenlage abgesehen von einer Eingangsbestätigung unbeantwortet.

Mit Bescheid des Bundesamts vom ... Januar 2015 wurde der Asylantrag gemäß § 27a AsylVfG als unzulässig abgelehnt und gemäß § 34a AsylVfG die Abschiebung des Antragstellers nach Italien angeordnet. Der Bescheid wurde dem Antragsteller mit Schreiben vom 16. Januar 2015 übersandt.

Mit Schriftsatz vom 23. Januar 2015, eingegangen bei Gericht am Montag, den 26. Januar 2015, ließ der Antragsteller Klage mit dem Antrag, den Bescheid vom ... Januar 2015 aufzuheben, erheben (Az. M 2 K 15.50215). Gleichzeitig wurde beantragt, die aufschiebende Wirkung der Klage nach § 80 Abs. 5 VwGO anzuordnen.

Die Tante des Antragstellers sei physisch und psychisch schwerwiegend erkrankt und hilfsbedürftig. Sie habe sich seit ihrer Einreise bereits mehrfach in stationäre Behandlung begeben müssen. Sie sei in engerem und weiterem Sinn nicht reisefähig und auf die Unterstützung ihrer Tochter, der Cousine des Antragstellers, dringend angewiesen. Die Tante und die Cousine des Antragstellers, die bereits in Libyen zusammengelebt hätten, seien in einer Beistandsgemeinschaft verbunden. Der Antragsteller habe seine Cousine in Deutschland nach islamischem Ritus geheiratet. Auch wenn diese Imam-Ehe einer staatlich anerkannten Ehe im Sinne von Art. 6 Abs. 1 GG und Art. 8 EMRK nicht gleichgestellt sei, würden die Beziehungen zwischen dem Antragsteller, seiner Cousine und deren Mutter dem Schutz von Art. 8 EMRK jedenfalls unter dem Gesichtspunkt des Privatlebens unterliegen. Zwischen diesen drei Personen bestünden starke soziale Beziehungen, die durch die Eheschließung vor einem Imam noch gestärkt worden seien.

Mit weiterem Schriftsatz vom 3. Februar 2015 teilte die Antragstellerseite mit, dass der Antragsteller und seine Cousine nicht nur in einer Moschee in ... islamisch getraut worden seien, sondern auch am ... Januar 2015 in Abwesenheit in .../Gaza vor dem Scharia-Gericht der Palästinensischen Autonomiebehörde. Dem Schriftsatz war eine Kopie der Heiratsurkunde mit beglaubigter Übersetzung beigefügt.

Mit Beschluss vom 27. März 2015 Az. M 23 S 15.50071 wurde im Eilverfahren der Tante des Antragstellers und mit Beschluss vom 22. April 2015 Az. M 2 S 15.50216 wurde im Eilverfahren der Cousine des Antragstellers jeweils die aufschiebende Wirkung der jeweiligen Klage angeordnet.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf Gerichtsakte, die vom Bundesamt vorgelegte Verwaltungsakte und die Beschlüsse vom 27. März 2015 und vom 22. April 2015 verwiesen.

II.

Der Antrag, die aufschiebende Wirkung der auch gegen die Abschiebungsandrohung gerichteten Klage anzuordnen, ist zulässig, insbesondere wurde die Wochenfrist des § 34a Abs. 2 Satz 1 AsylVfG eingehalten.

Der Eilantrag hat auch in der Sache Erfolg.

Entfaltet ein Rechtsbehelf, wie hier, von Gesetzes wegen keine aufschiebende Wirkung (§ 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO, § 75 AsylVfG), kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag die aufschiebende Wirkung gemäß § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO ganz oder teilweise anordnen. Das Gericht trifft hierbei eine eigene Ermessensentscheidung, bei der es abzuwägen hat zwischen dem öffentlichen Interesse an der sofortigen Vollziehung des Bescheides und dem Interesse des Antragstellers an der aufschiebenden Wirkung seines Rechtsbehelfs. Dabei sind insbesondere die Erfolgsaussichten des Hauptsacheverfahrens zu berücksichtigen. Ergibt die im Eilverfahren nur erforderliche und gebotene summarische Prüfung, dass die Klage voraussichtlich erfolglos sein wird, tritt das Interesse des Antragstellers regelmäßig zurück. Erweist sich dagegen der angefochtene Bescheid bei kursorischer Prüfung als rechtswidrig, wird das Gericht die aufschiebende Wirkung anordnen, da kein öffentliches Interesse an der sofortigen Vollziehung eines voraussichtlich rechtswidrigen Bescheides besteht. Ist der Ausgang des Hauptsacheverfahrens nicht hinreichend absehbar und damit offen, bleibt es bei einer allgemeinen Interessenabwägung.

Unter Zugrundelegung dieser Maßstäbe überwiegt bei der Interessenabwägung das Interesse des Antragstellers an der aufschiebenden Wirkung seiner Klage das öffentliche Interesse am Sofortvollzug des angefochtenen Bescheides, da nach der im Eilverfahren gebotenen summarischen Prüfung die Klage zum gegenwärtigen Zeitpunkt (§ 77 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG) begründet sein dürfte.

Aller Voraussicht nach wird das Asylbegehren des Antragstellers in Deutschland zu prüfen sein, weshalb die Ablehnung seines Asylantrags als unzulässig (§ 27a AsylVfG) und somit auch die nach § 34a Abs. 1 AsylVfG erlassene Abschiebungsanordnung aufzuheben sein werden. Nachdem den Eilanträgen seiner Tante (und jetzt wohl auch Schwiegermutter) und seiner Cousine (und jetzt wohl auch Ehefrau) stattgegeben worden ist und die Zuständigkeit für deren Asylanträge voraussichtlich mit Ablauf der Überstellungsfrist am 17. Mai 2015 gemäß Art. 29 Abs. 2 Dublin-III-VO von Italien auf Deutschland übergehen wird, kann auch der Antragsteller nicht nach Italien überstellt werden. Zwar kann im Rahmen dieser summarischen Prüfung nicht festgestellt werden, ob der Antragsteller durch die in Abwesenheit vor einem Scharia-Gericht im Gaza-Streifen geschlossene Eheschließung Ehegatte und Familienangehöriger seiner Cousine im Sinne von Art. 2 Buchst. g Dublin-III-VO geworden ist (vgl. dazu Art. 5 und 13 EGBGB) und ob Deutschland etwa gemäß Art. 10 Dublin-III-VO für die Prüfung des Asylantrags des Antragstellers zuständig ist. Es ist jedenfalls durchaus möglich, dass im vorliegenden Fall das der Antragsgegnerin in Art. 17 Abs. 1 Dublin-III-VO eingeräumte Ermessen durch die Erwägungen Nrn. 14 - 17 Dublin-III-VO (Achtung des Familienlebens und des Grundsatzes der Familieneinheit) sowie durch Art. 7 der EU-Grundrechtscharta und Art. 8 EMRK dahingehend eingeschränkt wird, dass sie von ihrem Selbsteintrittsrecht Gebrauch machen muss.

Dem Eilantrag ist daher mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO, § 83b Abs. 1 AsylVfG stattzugeben.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 80 AsylVfG).

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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a). (2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur 1. bei der

(1) Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutze der staatlichen Ordnung. (2) Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht. Über ihre Betätigung wacht die staatliche Gemeinsc

(1) Alle Deutschen haben das Recht, sich ohne Anmeldung oder Erlaubnis friedlich und ohne Waffen zu versammeln. (2) Für Versammlungen unter freiem Himmel kann dieses Recht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes beschränkt werden.
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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a). (2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur 1. bei der

(1) Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutze der staatlichen Ordnung. (2) Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht. Über ihre Betätigung wacht die staatliche Gemeinsc

(1) Alle Deutschen haben das Recht, sich ohne Anmeldung oder Erlaubnis friedlich und ohne Waffen zu versammeln. (2) Für Versammlungen unter freiem Himmel kann dieses Recht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes beschränkt werden.
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published on 17/05/2015 00:00

Tenor I. Die aufschiebende Wirkung der Klage gegen den Bescheid des Bundesamts ... vom ... Januar 2015 wird angeordnet. II. Die Antragsgegnerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Gründe I.
published on 27/03/2015 00:00

Tenor I. Die aufschiebende Wirkung der Klage der Antragstellerin gegen den Bescheid des Bundesamts vom ... Januar 2015 wird angeordnet. II. Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens. Gerichtskosten werden
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published on 17/05/2015 00:00

Tenor I. Die aufschiebende Wirkung der Klage gegen den Bescheid des Bundesamts ... vom ... Januar 2015 wird angeordnet. II. Die Antragsgegnerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Gründe I.
published on 16/08/2016 00:00

Tenor I. Der Bescheid des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge vom 7. Januar 2015 wird aufgehoben. II. Die Beklagte hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollst
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Annotations

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

(1) Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutze der staatlichen Ordnung.

(2) Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht. Über ihre Betätigung wacht die staatliche Gemeinschaft.

(3) Gegen den Willen der Erziehungsberechtigten dürfen Kinder nur auf Grund eines Gesetzes von der Familie getrennt werden, wenn die Erziehungsberechtigten versagen oder wenn die Kinder aus anderen Gründen zu verwahrlosen drohen.

(4) Jede Mutter hat Anspruch auf den Schutz und die Fürsorge der Gemeinschaft.

(5) Den unehelichen Kindern sind durch die Gesetzgebung die gleichen Bedingungen für ihre leibliche und seelische Entwicklung und ihre Stellung in der Gesellschaft zu schaffen wie den ehelichen Kindern.

(1) Alle Deutschen haben das Recht, sich ohne Anmeldung oder Erlaubnis friedlich und ohne Waffen zu versammeln.

(2) Für Versammlungen unter freiem Himmel kann dieses Recht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes beschränkt werden.

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.