Verwaltungsgericht München Beschluss, 20. März 2015 - M 16 K 14.3984
Gericht
Tenor
I.
Das Verfahren wird eingestellt.
II.
Die Kosten des Verfahrens werden gegeneinander aufgehoben.
III.
Der Streitwert wird auf 25.000 Euro festgesetzt.
Gründe
Der Kläger hat am
Das Verfahren ist daher in entsprechender Anwendung des § 92 Abs. 3 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) einzustellen. Über die Kosten des Verfahrens ist gemäß § 161 Abs. 2 VwGO nach billigem Ermessen zu entscheiden. In der Regel entspricht es billigem Ermessen, demjenigen Beteiligten die Verfahrenskosten aufzuerlegen, der bei Fortsetzung des Verfahrens voraussichtlich unterlegen wäre (vgl. Schmidt in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 161 Rn. 16). Bei Aufhebung eines Bescheides oder sonstiger Klaglosstellung trägt der Rechtsträger der Behörde daher nicht in jedem Fall die gesamte Kostenlast, sondern nur dann, wenn die Klage zulässig und der erledigte Bescheid rechtswidrig waren (vgl. Schmidt in Eyermann, a. a. O., § 161 Rn. 18).
Billigem Ermessen entspricht es im vorliegenden Fall, die Kosten des Verfahrens gegeneinander aufzuheben.
Streitgegenstand des Verfahrens war der Bescheid der Beklagten vom ... März 2008, mit dem dem Kläger die Veranstaltung, Durchführung und Vermittlung von Sportwetten sowie das Veranstalten und Vermitteln von Sportwetten im Internet für jede Betriebsstätte in ... untersagt wurde (Nr. 1). Ihm wurde aufgegeben, diese Tätigkeiten mit Ablauf des 1. April 2008 einzustellen (Nr. 2). Für den Fall der nicht fristgerechten Einstellung der unter Nr. 1 bezeichneten Tätigkeiten wurde ein Zwangsgeld in Höhe von 25.000 Euro für jeden Fall der Zuwiderhandlung angedroht (Nr. 3).
Als Verwaltungsakt mit Dauerwirkung trifft die Untersagungsverfügung eine zeitraumbezogene, unbefristete Regelung, die selbst für den Fall einer Änderung der Sach- und Rechtslage Fortgeltung beansprucht. Ihre Rechtmäßigkeit bestimmt sich nach der Sach- und Rechtslage zum jeweiligen Zeitpunkt innerhalb des Wirksamkeitszeitraums und kann daher zeitabschnittsbezogen geprüft und beurteilt werden (st. Rspr.; vgl. BVerwG, B. v. 17.10.2012 - 8 B 62/12 - juris Rn. 4). Allerdings kann ein Dauerverwaltungsakt nur bei fortbestehender Beschwer für die gesamte Dauer seiner Wirksamkeit angegriffen und damit auch in Ansehung vergangener Zeiträume angefochten werden. Da sich die Untersagungsverfügung grundsätzlich für abgelaufene Zeiträume erledigt, kann eine Aufhebung für vergangene Zeiträume somit nur dann begehrt werden, wenn der Kläger insoweit noch beschwert ist. Dies ist dann der Fall, wenn vom Verwaltungsakt noch nachteilige Wirkungen für ihn ausgehen, etwa wenn der Bescheid die Rechtsgrundlage für noch rückgängig zu machende Vollstreckungsmaßnahmen bildet (vgl. BVerwG, B. v. 5.1.2012 - 8 B 62/11 - juris Rn. 13 f.;
Da die Beklagte das hier angedrohte Zwangsgeld nicht beigetrieben hat, gingen von der angegriffenen Untersagungsverfügung bezogen auf vergangene Zeiträume keine nachteiligen Rechtswirkungen mehr aus. Grundsätzlich wäre bei einer solchen Fallgestaltung eine auf Aufhebung der Untersagungsverfügung für die Zukunft (ex nunc) gerichtete Anfechtungsklage zulässig. Im vorliegenden Fall ist aber zweifelhaft, ob nicht auch insoweit schon vor Abgabe der übereinstimmenden Erledigungserklärungen kein Rechtsschutzbedürfnis mehr vorlag. Denn dem Schriftsatz der Klägerseite vom 17. Februar 2015 ist auf Seite 6 zu entnehmen, dass der Kläger seit Jahren nicht mehr aktiv tätig ist. Erledigendes Ereignis war daher möglicherweise nicht erst die Erklärung der Beklagten vom 3. September 2014, sondern der Zeitpunkt der endgültigen Betriebsaufgabe durch den Kläger, weil ab diesem Zeitpunkt ein schutzwürdiges Interesse an einer Aufhebung der Untersagungsverfügung insgesamt entfallen sein dürfte. Andererseits war der streitgegenständliche Untersagungsbescheid nicht auf konkrete Räumlichkeiten beschränkt, sondern auf jede Betriebsstätte im Gebiet der Beklagten bezogen. Unklar ist daher, ob die Beklagte vor Klaglosstellung des Klägers beabsichtigt hatte, den Bescheid unabhängig von einer etwaigen Aufgabe der Betriebstätte aufrechtzuerhalten, um einer möglichen Wiederaufnahme der untersagten Tätigkeiten durch den Kläger zu begegnen. Da im Hinblick auf den in § 161 Abs. 2 VwGO zum Ausdruck kommenden Grundsatz der Prozesswirtschaftlichkeit keine weitere Sachaufklärung in Betracht kommt (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 20. Aufl. 2014, § 161 Rn. 15) und sich anhand der Aktenlage keine Aussage über den Ausgang des Verfahrens machen lässt, waren die Kosten des Verfahrens gegeneinander aufzuheben (vgl. Schmidt in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 161 Rn. 16).
Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 52 Abs. 1 Gerichtskostengesetz - GKG. Dabei ist der (Regel) Streitwert für eine glücksspielrechtliche Untersagungsverfügung in Höhe von 20.000 Euro (vgl. BayVGH B. v. 17.2.2015 - 10 BV 14.2841) auf 25.000 Euro zu erhöhen, da die Höhe des hier angedrohten Zwangsgeldes höher ist als der für die Grundverfügung selbst zu bemessende Streitwert (vgl. 1.7.2 Satz 2 des Streitwertkataloges 2013).
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(1) Der Kläger kann bis zur Rechtskraft des Urteils seine Klage zurücknehmen. Die Zurücknahme nach Stellung der Anträge in der mündlichen Verhandlung setzt die Einwilligung des Beklagten und, wenn ein Vertreter des öffentlichen Interesses an der mündlichen Verhandlung teilgenommen hat, auch seine Einwilligung voraus. Die Einwilligung gilt als erteilt, wenn der Klagerücknahme nicht innerhalb von zwei Wochen seit Zustellung des die Rücknahme enthaltenden Schriftsatzes widersprochen wird; das Gericht hat auf diese Folge hinzuweisen.
(2) Die Klage gilt als zurückgenommen, wenn der Kläger das Verfahren trotz Aufforderung des Gerichts länger als zwei Monate nicht betreibt. Absatz 1 Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Der Kläger ist in der Aufforderung auf die sich aus Satz 1 und § 155 Abs. 2 ergebenden Rechtsfolgen hinzuweisen. Das Gericht stellt durch Beschluß fest, daß die Klage als zurückgenommen gilt.
(3) Ist die Klage zurückgenommen oder gilt sie als zurückgenommen, so stellt das Gericht das Verfahren durch Beschluß ein und spricht die sich nach diesem Gesetz ergebenden Rechtsfolgen der Zurücknahme aus. Der Beschluß ist unanfechtbar.
(1) Das Gericht hat im Urteil oder, wenn das Verfahren in anderer Weise beendet worden ist, durch Beschluß über die Kosten zu entscheiden.
(2) Ist der Rechtsstreit in der Hauptsache erledigt, so entscheidet das Gericht außer in den Fällen des § 113 Abs. 1 Satz 4 nach billigem Ermessen über die Kosten des Verfahrens durch Beschluß; der bisherige Sach- und Streitstand ist zu berücksichtigen. Der Rechtsstreit ist auch in der Hauptsache erledigt, wenn der Beklagte der Erledigungserklärung des Klägers nicht innerhalb von zwei Wochen seit Zustellung des die Erledigungserklärung enthaltenden Schriftsatzes widerspricht und er vom Gericht auf diese Folge hingewiesen worden ist.
(3) In den Fällen des § 75 fallen die Kosten stets dem Beklagten zur Last, wenn der Kläger mit seiner Bescheidung vor Klageerhebung rechnen durfte.