Verwaltungsgericht München Beschluss, 01. Feb. 2018 - M 15 M 17.70434

bei uns veröffentlicht am01.02.2018

Gericht

Verwaltungsgericht München

Tenor

I. Die Erinnerung gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss vom 13. Dezember 2017 im Verfahren M 15 K 16.33172 wird zurückgewiesen.

II. Die Beklagte und Erinnerungsführerin hat die Kosten des Erinnerungsverfahrens zu tragen. Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Gründe

I.

Am 26. September 2016 erhob der Kläger und Erinnerungsgegner eine Untätigkeitsklage, die darauf gerichtet war, die Beklagte und Erinnerungsführerin zu verpflichten, dem Kläger die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen, hilfsweise, ihm subsidiären Schutz zu gewähren, weiter hilfsweise das Vorliegen von Abschiebungsverboten nach § 60 Abs. 5 bzw. 7 Satz 1 AufenthG festzustellen. Nachdem die Beklagte und Erinnerungsführerin einen ablehnenden Bescheid erlassen hatte, wurde das Verfahren nach beidseitigen Erledigungserklärungen mit Beschluss vom 17. Oktober 2017 (M 15 K 16.33172) in entsprechender Anwendung des § 92 Abs. 3 VwGO eingestellt und der Beklagten die Kosten des Verfahrens auferlegt.

Mit Schriftsatz vom 14. November 2017 beantragte der Kläger, die entstandenen notwendigen Aufwendungen auf 492,54 Euro festzusetzen (ausgehend von einem Streitwert in Höhe von 5.000,- Euro).

Mit Kostenfestsetzungsbeschluss vom 13. Dezember 2017 setzte die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle des Verwaltungsgerichts München ausgehend von einem Gegenstandswert in Höhe von 5.000,- Euro die notwendigen Aufwendungen des Klägers auf insgesamt 492,54 Euro fest.

Mit Schreiben vom 19. Dezember 2017, eingegangen am 22. Dezember 2017, hat die Beklagte und Erinnerungsführerin hiergegen die Entscheidung des Gerichts beantragt. Streitgegenstand der Untätigkeitsklage sei allein die Verpflichtung der Beklagten zur Entscheidung über den Asylantrag gewesen. Die Festsetzung des Gegenstandswerts von 5.000,- Euro sei daher unbillig. Das Klageziel sei weder von der Bedeutung noch vom Aufwand vergleichbar mit einer Sachentscheidung durch das Gericht.

Die Urkundsbeamtin hat dem Antrag nicht abgeholfen.

Bezüglich weiterer Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten in diesem Verfahren und im Verfahren M 15 K 16.33172 verwiesen.

II.

Die Kostenerinnerung (§ 165 VwGO i.V.m. § 151 VwGO) ist zulässig aber unbegründet.

In gerichtlichen Verfahren nach dem Asylgesetz erfolgt die Bestimmung der anwaltlichen Gebühren im Kostenerstattungsverfahren auf der Grundlage des Gegenstandswerts (§ 30 Abs. 1 RVG, § 2 i.V.m. Anlage 1 zu § 2 Abs. 2 RVG § 13 RVG i.V.m. Anlage 2 zu § 13 Abs. 1 Satz 3 RVG). Gemäß § 30 Abs. 1 Satz 1 RVG beträgt der Gegenstandswert in gerichtlichen Verfahren nach dem Asylgesetz 5.000,- Euro, in Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes 2.500,- Euro.

Das Gericht kann allerdings nach § 30 Abs. 2 RVG einen höheren oder einen niedrigeren Wert festsetzen, wenn der nach § 30 Abs. 1 RVG bestimmte Wert nach den besonderen Umständen des Einzelfalls „unbillig“ ist.

Im vorliegenden Fall sieht das Gericht den Gegenstandswert des § 30 Abs. 1 Satz 1 RVG in Höhe von 5.000,- Euro nicht als unbillig an, weil beantragtes Ziel des Klageverfahrens (Untätigkeitsklage nach § 75 VwGO) nicht nur die Fortsetzung des Asylverfahrens durch die Beklagte war. Diese hatte vielmehr u.a. als Folge des Urteils des Verwaltungsgerichts München vom 26. März 2014 (Verfahren M 7 K 13.30492) zu prüfen, ob beim Kläger Abschiebungshindernisse aufgrund einer psychischen Erkrankung vorliegen. Nachdem das Bundesamt trotz mehrmaliger Aufforderung durch die Klägerbevollmächtigte nicht tätig geworden ist, hat diese Untätigkeitsklage erhoben (Verfahren M 15 K 16.33172) und die Verpflichtung der Beklagten zur Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft, des subsidiären Schutzes oder von Abschiebungshindernissen beantragt. Dieses Klagebegehren ist ausnahmsweise aufgrund der verfahrensrechtlichen und prozessualen Vorgeschichte von der Bedeutung für den Kläger und insbesondere im Hinblick auf den Aufwand für die Klägerbevollmächtigte vergleichbar mit einer nicht im Rahmen einer Untätigkeitsklage beantragten (Sach-) Entscheidung durch das Gericht. Der Aufwand für die Klägerbevollmächtigte war aufgrund der Vorgeschichte im vorliegenden Fall nicht deutlich geringer, sondern unterscheidet sich vielmehr vom Aufwand her gerade von den Untätigkeitsklagen in anderen dem Gericht bekannten Konstellationen, in denen seitens der Klagepartei lediglich die - ergebnisoffene - Fortsetzung des Asylverfahrens beantragt wird und in denen das Gericht in ständiger Praxis einen Gegenstandswert von 2.500,- Euro festsetzt (vgl. Urteil vom 4.5.2016 - M 15 K 16.30647).

Die Beklagte und Erinnerungsführerin hat die Kosten des Erinnerungsverfahrens zu tragen, § 154 Abs. 1 VwGO.

Das Erinnerungsverfahren nach § 164 VwGO ist unabhängig von der in § 83b AsylG vorgeschriebenen Gerichtskostenfreiheit (vgl. hierzu OVG NRW, B.v. 16.10.2014 - 11 B 789/14.A - NVwZ-RR 2015, 359, juris Rn. 26) gerichtsgebührenfrei (§ 1 Abs. 2 Nr. 1, § 3 Abs. 2 Gerichtskostengesetz i.V.m. Anlage 1 Kostenverzeichnis).

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 80 AsylG).

Urteilsbesprechung zu Verwaltungsgericht München Beschluss, 01. Feb. 2018 - M 15 M 17.70434

Urteilsbesprechungen zu Verwaltungsgericht München Beschluss, 01. Feb. 2018 - M 15 M 17.70434

Referenzen - Gesetze

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Gesetz


Aufenthaltsgesetz - AufenthG

Asylgesetz - AsylVfG 1992 | § 83b Gerichtskosten, Gegenstandswert


Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) werden in Streitigkeiten nach diesem Gesetz nicht erhoben.

Asylgesetz - AsylVfG 1992 | § 80 Ausschluss der Beschwerde


Entscheidungen in Rechtsstreitigkeiten nach diesem Gesetz können vorbehaltlich des § 133 Abs. 1 der Verwaltungsgerichtsordnung nicht mit der Beschwerde angefochten werden.

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 92


(1) Der Kläger kann bis zur Rechtskraft des Urteils seine Klage zurücknehmen. Die Zurücknahme nach Stellung der Anträge in der mündlichen Verhandlung setzt die Einwilligung des Beklagten und, wenn ein Vertreter des öffentlichen Interesses an der münd
Verwaltungsgericht München Beschluss, 01. Feb. 2018 - M 15 M 17.70434 zitiert 12 §§.

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

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Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) werden in Streitigkeiten nach diesem Gesetz nicht erhoben.

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(1) Der Kläger kann bis zur Rechtskraft des Urteils seine Klage zurücknehmen. Die Zurücknahme nach Stellung der Anträge in der mündlichen Verhandlung setzt die Einwilligung des Beklagten und, wenn ein Vertreter des öffentlichen Interesses an der münd

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 75


Ist über einen Widerspruch oder über einen Antrag auf Vornahme eines Verwaltungsakts ohne zureichenden Grund in angemessener Frist sachlich nicht entschieden worden, so ist die Klage abweichend von § 68 zulässig. Die Klage kann nicht vor Ablauf von d

Rechtsanwaltsvergütungsgesetz - RVG | § 30 Gegenstandswert in gerichtlichen Verfahren nach dem Asylgesetz


(1) In Klageverfahren nach dem Asylgesetz beträgt der Gegenstandswert 5 000 Euro, in den Fällen des § 77 Absatz 4 Satz 1 des Asylgesetzes 10 000 Euro, in Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes 2 500 Euro. Sind mehrere natürliche Personen an demselb

Rechtsanwaltsvergütungsgesetz - RVG | § 2 Höhe der Vergütung


(1) Die Gebühren werden, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, nach dem Wert berechnet, den der Gegenstand der anwaltlichen Tätigkeit hat (Gegenstandswert). (2) Die Höhe der Vergütung bestimmt sich nach dem Vergütungsverzeichnis der Anlage 1

Rechtsanwaltsvergütungsgesetz - RVG | § 13 Wertgebühren


(1) Wenn sich die Gebühren nach dem Gegenstandswert richten, beträgt bei einem Gegenstandswert bis 500 Euro die Gebühr 49 Euro. Die Gebühr erhöht sich bei einem Gegen- standswert bis ... Eurofür jeden angefangenen Betrag von weiteren ... Euroum ... E

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 151


Gegen die Entscheidungen des beauftragten oder ersuchten Richters oder des Urkundsbeamten kann innerhalb von zwei Wochen nach Bekanntgabe die Entscheidung des Gerichts beantragt werden. Der Antrag ist schriftlich oder zu Protokoll des Urkundsbeamten

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 165


Die Beteiligten können die Festsetzung der zu erstattenden Kosten anfechten. § 151 gilt entsprechend.

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 164


Der Urkundsbeamte des Gerichts des ersten Rechtszugs setzt auf Antrag den Betrag der zu erstattenden Kosten fest.

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Verwaltungsgericht München Urteil, 04. Mai 2016 - M 15 K 16.30647

bei uns veröffentlicht am 04.05.2016

Tenor I. Die Beklagte wird verpflichtet, das Asylverfahren der Kläger fortzusetzen und über ihre Asylanträge vom 17. Mai 2013 zu entscheiden. II. Die Beklagte hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. III. Die Ko

Referenzen

(1) Der Kläger kann bis zur Rechtskraft des Urteils seine Klage zurücknehmen. Die Zurücknahme nach Stellung der Anträge in der mündlichen Verhandlung setzt die Einwilligung des Beklagten und, wenn ein Vertreter des öffentlichen Interesses an der mündlichen Verhandlung teilgenommen hat, auch seine Einwilligung voraus. Die Einwilligung gilt als erteilt, wenn der Klagerücknahme nicht innerhalb von zwei Wochen seit Zustellung des die Rücknahme enthaltenden Schriftsatzes widersprochen wird; das Gericht hat auf diese Folge hinzuweisen.

(2) Die Klage gilt als zurückgenommen, wenn der Kläger das Verfahren trotz Aufforderung des Gerichts länger als zwei Monate nicht betreibt. Absatz 1 Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Der Kläger ist in der Aufforderung auf die sich aus Satz 1 und § 155 Abs. 2 ergebenden Rechtsfolgen hinzuweisen. Das Gericht stellt durch Beschluß fest, daß die Klage als zurückgenommen gilt.

(3) Ist die Klage zurückgenommen oder gilt sie als zurückgenommen, so stellt das Gericht das Verfahren durch Beschluß ein und spricht die sich nach diesem Gesetz ergebenden Rechtsfolgen der Zurücknahme aus. Der Beschluß ist unanfechtbar.

Die Beteiligten können die Festsetzung der zu erstattenden Kosten anfechten. § 151 gilt entsprechend.

Gegen die Entscheidungen des beauftragten oder ersuchten Richters oder des Urkundsbeamten kann innerhalb von zwei Wochen nach Bekanntgabe die Entscheidung des Gerichts beantragt werden. Der Antrag ist schriftlich oder zu Protokoll des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle des Gerichts zu stellen. §§ 147 bis 149 gelten entsprechend.

(1) In Klageverfahren nach dem Asylgesetz beträgt der Gegenstandswert 5 000 Euro, in den Fällen des § 77 Absatz 4 Satz 1 des Asylgesetzes 10 000 Euro, in Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes 2 500 Euro. Sind mehrere natürliche Personen an demselben Verfahren beteiligt, erhöht sich der Wert für jede weitere Person in Klageverfahren um 1 000 Euro und in Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes um 500 Euro.

(2) Ist der nach Absatz 1 bestimmte Wert nach den besonderen Umständen des Einzelfalls unbillig, kann das Gericht einen höheren oder einen niedrigeren Wert festsetzen.

(1) Die Gebühren werden, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, nach dem Wert berechnet, den der Gegenstand der anwaltlichen Tätigkeit hat (Gegenstandswert).

(2) Die Höhe der Vergütung bestimmt sich nach dem Vergütungsverzeichnis der Anlage 1 zu diesem Gesetz. Gebühren werden auf den nächstliegenden Cent auf- oder abgerundet; 0,5 Cent werden aufgerundet.

(1) Wenn sich die Gebühren nach dem Gegenstandswert richten, beträgt bei einem Gegenstandswert bis 500 Euro die Gebühr 49 Euro. Die Gebühr erhöht sich bei einem

Gegen-
standswert
bis ... Euro
für jeden
angefangenen
Betrag von
weiteren ... Euro
um
... Euro
2 00050039
10 0001 00056
25 0003 00052
50 0005 00081
200 00015 00094
500 00030 000132
über
500 000

50 000

165


Eine Gebührentabelle für Gegenstandswerte bis 500 000 Euro ist diesem Gesetz als Anlage 2 beigefügt.

(2) Bei der Geschäftsgebühr für eine außergerichtliche Inkassodienstleistung, die eine unbestrittene Forderung betrifft (Absatz 2 der Anmerkung zu Nummer 2300 des Vergütungsverzeichnisses), beträgt bei einem Gegenstandswert bis 50 Euro die Gebühr abweichend von Absatz 1 Satz 1 30 Euro.

(3) Der Mindestbetrag einer Gebühr ist 15 Euro.

(1) In Klageverfahren nach dem Asylgesetz beträgt der Gegenstandswert 5 000 Euro, in den Fällen des § 77 Absatz 4 Satz 1 des Asylgesetzes 10 000 Euro, in Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes 2 500 Euro. Sind mehrere natürliche Personen an demselben Verfahren beteiligt, erhöht sich der Wert für jede weitere Person in Klageverfahren um 1 000 Euro und in Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes um 500 Euro.

(2) Ist der nach Absatz 1 bestimmte Wert nach den besonderen Umständen des Einzelfalls unbillig, kann das Gericht einen höheren oder einen niedrigeren Wert festsetzen.

Ist über einen Widerspruch oder über einen Antrag auf Vornahme eines Verwaltungsakts ohne zureichenden Grund in angemessener Frist sachlich nicht entschieden worden, so ist die Klage abweichend von § 68 zulässig. Die Klage kann nicht vor Ablauf von drei Monaten seit der Einlegung des Widerspruchs oder seit dem Antrag auf Vornahme des Verwaltungsakts erhoben werden, außer wenn wegen besonderer Umstände des Falles eine kürzere Frist geboten ist. Liegt ein zureichender Grund dafür vor, daß über den Widerspruch noch nicht entschieden oder der beantragte Verwaltungsakt noch nicht erlassen ist, so setzt das Gericht das Verfahren bis zum Ablauf einer von ihm bestimmten Frist, die verlängert werden kann, aus. Wird dem Widerspruch innerhalb der vom Gericht gesetzten Frist stattgegeben oder der Verwaltungsakt innerhalb dieser Frist erlassen, so ist die Hauptsache für erledigt zu erklären.

Tenor

I.

Die Beklagte wird verpflichtet, das Asylverfahren der Kläger fortzusetzen und über ihre Asylanträge vom 17. Mai 2013 zu entscheiden.

II.

Die Beklagte hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

III.

Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Kläger vorher Sicherheit in gleicher Höhe leisten.

Tatbestand

Die Kläger, eine fünfköpfige Familie, sind eigenen Angaben zufolge afghanische Staatsangehörige sunnitischen Glaubens. Die Kläger reisten auf dem Landweg in das Bundesgebiet ein und stellten hier am 17. Mai 2013 einen Asylantrag.

Mit Schreiben vom ... Februar 2015 bestellte sich eine Rechtsanwältin zur Bevollmächtigten der Kläger und bat um Akteneinsicht. Mit Schreiben vom ... April 2015 wiederholte sie diese Bitte. Am 28. April 2015 übersandte die Beklagte der Bevollmächtigten der Kläger einen Ausdruck der elektronischen Akte.

Mit Schreiben vom ... Oktober 2015 bat die Bevollmächtigte der Kläger um Mitteilung, bis wann voraussichtlich über die Asylanträge der Kläger entschieden werde und drohte für den Fall einer weiteren Untätigkeit nach dem 15. November 2015 mit der Erhebung einer Untätigkeitsklage. Mit weiterem Schreiben vom ... Oktober 2015 bat die Bevollmächtigte der Kläger um Mitteilung bis zum 22. November 2015, bis wann voraussichtlich über die Asylanträge der Kläger entschieden werde und drohte für den Fall einer weiteren Untätigkeit nach dem 22. November 2015 mit der Erhebung einer Untätigkeitsklage.

Mit Schreiben vom 16. November 2015 teilte die Beklagte mit, dass derzeit noch kein genauer Termin für eine Anhörung bzw. Entscheidung im Verfahren der Kläger genannt werden könne. Wegen der Priorisierung bei der Antragsbearbeitung sei eine längere Verfahrensdauer bei Antragstellern aus anderen Herkunftsländern bedauerlicherweise oftmals unvermeidlich.

Mit Schreiben vom ... Januar 2016 bestellten sich die nunmehrigen Bevollmächtigten für die Kläger und baten um Akteneinsicht sowie um Mitteilung, bis wann voraussichtlich über die Asylanträge der Kläger entschieden werde. Gleichzeitig wurde mitgeteilt, dass das Mandatsverhältnis zur bisherigen Bevollmächtigten nicht mehr bestehe. Dies wurde von dieser mit Schreiben vom ... Januar 2016 gegenüber der Beklagten bestätigt. Am 21. März 2016 übersandte die Beklagte den Bevollmächtigten der Kläger einen Ausdruck der elektronischen Akte. Diese erinnerten mit Schreiben vom ... Februar 2016 an ihre Anfrage vom ... Januar 2016 und baten erneut um Mitteilung, bis wann voraussichtlich über die Asylanträge der Kläger entschieden werde. Eine Äußerung der Beklagten auf dieses Schreiben erfolgte nicht.

Mit Schreiben vom ... März 2016, eingegangen bei Gericht am 30. März 2016 haben die Bevollmächtigten der Kläger Klage erhoben mit dem Antrag,

die Beklagte zu verpflichten, das Asylverfahren der Kläger fortzuführen

und über den Antrag der Kläger zu entscheiden.

Zur Begründung der Klage wurde ausgeführt, den Klägern sei ein weiteres Zuwarten und die fortwährende Ungewissheit nicht zuzumuten, nachdem sie ihren Asylantrag bereits vor fast drei Jahren gestellt hätten. Die Entscheidungsfristen der noch nicht umgesetzten EU-Verfahrensrichtlinie seien bereits überschritten, da die Regelbearbeitungszeit sechs Monate und die maximale Bearbeitungszeit 21 Monate betrage.

In der Klageschrift haben die Bevollmächtigten des Klägers auf mündliche Verhandlung verzichtet.

Mit Schreiben des Gerichts vom 5. April 2016 wurde die Beklagte gebeten, bis zum 30. April 2016 mitzuteilen, wann voraussichtlich mit einer Entscheidung zu rechnen sei. Hierauf hat sich die Beklagte nicht geäußert.

Die Beklagte hat die Akten vorgelegt, aber keinen Antrag gestellt.

Mit Schreiben vom 25. Februar 2016 beantragte das Bundesamt gemäß § 75 Satz 3 VwGO in allen auf Grundlage von § 75 VwGO erhobenen Klagen die Aussetzung des Verfahrens unter Bestimmung einer der Arbeitsbelastung des Bundesamts angemessenen Frist.

Mit Beschluss vom 25. April 2016 ist der Rechtsstreit zur Entscheidung auf den Einzelrichter übertragen worden.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der von der Beklagten vorgelegten Behördenakten Bezug genommen.

Gründe

Die Untätigkeitsklage, über die mit Einverständnis der Parteien ohne mündliche Verhandlung entschieden wird (§ 101 Abs. 2 VwGO), ist zulässig und begründet.

Insbesondere liegt die Zulässigkeitsvoraussetzung des § 75 Satz 2 VwGO vor. Die Kläger haben im Mai 2013, also vor fast drei Jahren, einen Antrag auf Durchführung eines Asylverfahrens beim Bundesamt gestellt, über den bis heute nicht entschieden wurde. Auch ein Termin für die Durchführung der persönlichen Anhörung wurde nicht in Aussicht gestellt. Das Bundesamt hat sich zum Vorliegen eines Grundes für die verzögerte Bearbeitung und Entscheidung weder im Asylverfahren noch im Klageverfahren geäußert. Auch wenn gerichtsbekannt ist, dass das Bundesamt durch die stark erhöhten Asylbewerberzahlen überlastet ist, reicht dies nicht aus, um einen zureichenden Grund für die Nichtverbescheidung anzunehmen. Es handelt sich auch nicht um eine kurzfristig erhöhte Geschäftsbelastung, sondern um eine permanente Überlastung der Behörde. Eine andauernde Arbeitsüberlastung ist aber kein sachlicher Grund im Sinne des § 75 Satz 1 VwGO. In einem solchen Fall ist es Aufgabe des zuständigen Bundesministeriums bzw. der Behördenleitung, entsprechende organisatorische Maßnahmen zu treffen (vgl. VG Dresden, U. v. 13.2.2015 - A 2 K 3657/14; VG Düsseldorf, U. v. 30.10.2014 - 24 K 992/14.A; VG Braunschweig, U. v. 8.9.2014 - 8 A 618/13 - alle juris). Hinzu kommt, dass der Asylantrag der Kläger zu einer Zeit gestellt worden ist, zu der die Arbeitsbelastung bei weitem noch nicht das heutige Ausmaß erreicht hatte (vgl. hierzu VG Ansbach, U. v. 27.01.2016 - AN 3 K 15.30560 - juris). Auch die von der Beklagten getroffenen Priorisierungsentscheidungen stellen keinen zureichenden Grund im Sinne von § 75 Satz 1 VwGO dar. Obwohl solche Priorisierungsentscheidungen rechtlich zulässig sind (vgl. VG Osnabrück, U. v. 14.10.2015 - 5 A 390/15 - juris), kann eine Verfahrensdauer von über drei Jahren nicht mehr durch eine Priorisierungsentscheidung gerechtfertigt werden. Dies gilt insbesondere, wenn - wie hier - die Behörde trotz einer Anfrage des Gerichts keine Perspektive für eine Entscheidung aufzeigt, so dass auf zunächst unbestimmte Zeit offenbleibt, wann überhaupt über den Antrag entscheiden wird. Dazu kommt, dass in vielen anderen Fällen seit Monaten Anfragen des Gerichts nach dem voraussichtlichen Zeitpunkt einer Entscheidung genauso unbeantwortet bleiben wie Bitten um Entscheidung.

Auch eine weitere Nachfristsetzung, wie vom Bundesamt mit Schreiben vom 25. Februar 2016 beantragt, sieht das Gericht vor allem deshalb als entbehrlich an, weil das Bundesamt bereits auf die gerichtliche Anfrage vom 5. April 2016, bis wann mit einer Entscheidung bzw. Anberaumung eines Termins zur Anhörung zu rechnen sei, nicht reagiert hat. Auch die bisherige Verfahrensdauer sowie die Tatsache, dass auch die Frist des § 24 Abs. 4 AsylG ebenfalls längst verstrichen ist, spricht dagegen, der Beklagten eine weitere Nachfrist zu setzen.

Eine wie von der Beklagten beantragte Aussetzung des Verfahrens kommt mangels Vorliegens der Voraussetzungen des § 94 VwGO nicht in Betracht.

Die Klage ist auch begründet (§ 113 Abs. 5 VwGO), da die Kläger einen Anspruch auf Fortsetzung des Asylverfahrens und Verbescheidung des gestellten Antrags haben. Die materielle Pflicht der Beklagten zur Entscheidung ergibt sich direkt aus Art. 16a Abs. 1 GG als einem subjektivöffentlichen Recht. Diesem Grundrecht kann nur durch aktives staatliches Handeln Geltung verschafft werden. Eine Verletzung dieses Grundrechts kann deshalb bereits durch reines Unterlassen, also durch Nichtverbescheidung von Anträgen, eintreten. Somit begründet Art. 16a Abs. 1 GG eine Pflicht des Staates zur Bescheidung von Asylanträgen, die die Gerichte sowohl unmittelbar aufgrund von Art. 16a Abs. 1 GG als auch aufgrund von Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG zu gewährleisten haben.

Auch Art. 31 Abs. 2 der Richtlinie 2013/32/EU, der eine möglichst rasche Entscheidung über den Asylantrag normiert, gewährt den Klägern subjektiv öffentliche Rechte, die durch die Untätigkeit der Beklagten verletzt werden.

Da die Prozessbevollmächtigten keinen Antrag auf Zuerkennung materieller Rechtspositionen gestellt haben, kommt es vorliegend auf die Problematik des Durchentscheidens nicht an.

Der Klage war daher mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO stattzugeben. Die Gerichtskostenfreiheit ergibt sich aus § 83b AsylG, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 ff. ZPO.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen dieses Urteil können die Beteiligten die Zulassung der Berufung innerhalb eines Monats nach Zustellung beim Bayerischen Verwaltungsgericht München

Hausanschrift: Bayerstraße 30, 80335 München, oder

Postanschrift: Postfach 20 05 43, 80005 München

schriftlich beantragen. Dem Antrag sollen Abschriften für die übrigen Beteiligten beigefügt werden.

Der Antrag muss das angefochtene Urteil bezeichnen. In dem Antrag sind die Gründe, aus denen die Berufung zuzulassen ist, darzulegen. Die Berufung kann nur zugelassen werden, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder das Urteil von einer Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder ein in § 138 der Verwaltungsgerichtsordnung bezeichneter Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt.

Über die Zulassung der Berufung entscheidet der Bayerische Verwaltungsgerichtshof.

Vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof müssen sich die Beteiligten, außer im Prozesskostenhilfeverfahren, durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof eingeleitet wird. Als Prozessbevollmächtigte zugelassen sind neben Rechtsanwälten und den in § 67 Abs. 2 Satz 1 VwGO genannten Rechtslehrern mit Befähigung zum Richteramt die in § 67 Abs. 4 Sätze 4 und 7 VwGO sowie in §§ 3, 5 RDGEG bezeichneten Personen und Organisationen.

Beschluss:

Der Gegenstandswert beträgt 2.500,00 EUR.

Gründe:

Da Streitgegenstand des Verfahrens die Verpflichtung der Beklagten zur Entscheidung über den Asylantrag der Kläger, nicht jedoch die Prüfung des Bestehens materieller Ansprüche der Kläger ist, reduziert das Gericht den Gegenstandswert aus Gründen der Billigkeit, § 30 Abs. 2 RVG.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar, § 80 Abs. 1 AsylG.

...

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

Der Urkundsbeamte des Gerichts des ersten Rechtszugs setzt auf Antrag den Betrag der zu erstattenden Kosten fest.

Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) werden in Streitigkeiten nach diesem Gesetz nicht erhoben.

Entscheidungen in Rechtsstreitigkeiten nach diesem Gesetz können vorbehaltlich des § 133 Abs. 1 der Verwaltungsgerichtsordnung nicht mit der Beschwerde angefochten werden.