Verwaltungsgericht München Beschluss, 20. Juli 2016 - M 12 S 16.31152

bei uns veröffentlicht am20.07.2016

Gericht

Verwaltungsgericht München

Tenor

I. Der Antrag wird abgelehnt.

II. Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

Gründe

I.

Der Antragsteller ist ein äthiopischer Staatsangehöriger, dessen Asylantrag mit Bescheid der Antragsgegnerin vom 27. April 2016 als offensichtlich unbegründet abgelehnt wurde; Abschiebungsverbote wurden nicht festgestellt.

Der Antragsteller hat am … Mai 2016 beim Bayerischen Verwaltungsgericht München gegen den Bescheid Klage erhoben und beantragt,

die aufschiebende Wirkung der Klage anzuordnen.

Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt des Tatbestands des Urteils des Gerichts vom 20. Juli 2016 (M 12 K 16.31151) verwiesen.

II.

Der zulässige Antrag ist nicht begründet. Ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Bescheides bestehen - auch in Bezug auf die Zurückweisung des Asylantrags des Antragstellers als offensichtlich unbegründet - nicht. Das Gericht verweist zur Begründung auf die Entscheidungsgründe des Urteils vom 20. Juli 2016 (M 12 K 16.31151).

Der Beschluss ist nicht anfechtbar, § 80 AsylVfG.

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Verwaltungsgericht München Urteil, 20. Juli 2016 - M 12 K 16.31151

bei uns veröffentlicht am 20.07.2016

Tenor I. Die Klage wird abgewiesen, gegen die Entscheidung über den Asylantrag als offensichtlich unbegründet. II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.

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Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen, gegen die Entscheidung über den Asylantrag als offensichtlich unbegründet.

II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

Der Kläger ist ein am … geborener äthiopischer Staatsangehöriger. Er reiste am *. Februar 2013 ins Bundesgebiet ein (Bl. 19 der Behördenakte - BA) und beantragte am 28. Februar 2013 Asyl (Bl. 3 BA).

Zur Begründung trug er beim Bundesamt im Wesentlichen vor, er sei mit einem Besuchervisum der deutschen Botschaft eingereist (gültig von 5.2.2013 bis 3.3.2013). Er sei am *. Februar 2013 mit der … von … … nach Frankfurt am Main geflogen. Ein Freund habe ihm dafür eine Einladung geschickt. Seinen Reisepass habe er nach der Einreise verloren (Bl. 103 BA). Er legte einen abgelaufenen und ungültigen Reisepass vor. Zu seiner Vorverfolgung führte der Kläger im Wesentlichen aus, er sei im Jahr 2005 während der Wahlen von Sicherheitskräften abgeholt und geschlagen worden. Drei Tage sei er inhaftiert gewesen. Dann sei er von seiner Arbeitsstelle entlassen worden. Er habe Kontakt zu einem politischen Aktivisten namens T* … B* … gehabt. Diese Person sei in … … zum Tod verurteilt worden. Eines Tages im Jahr 2013, als der Kläger in der Kirche gewesen sei, sei ein Arzt zu ihm gekommen und habe ihn gebeten, er solle sich einen anderen Arzt suchen. Er solle zu einem anderen Arzt gehen, solle jedoch aufpassen, dass „die anderen dies nicht merken“. Sein Leben sei in Gefahr. Deshalb habe sich der Kläger entschlossen, das Land zu verlassen. Von 2005 bis 2013 habe der Kläger „viele schlimme Sachen erdulden müssen“ (Bl. 104 BA). Er habe auch Frau und Kinder. Nachdem der Arzt zu ihm gekommen sei, habe er sich aber entschlossen, das Land zu verlassen. Warum der Arzt zu ihm gesagt habe, dass sein Leben in Gefahr sei, wisse er nicht. Vielleicht wisse der „etwas über seine Patienten, die mit einer Giftverspritzung bzw. Krankheitserregern zu ihm gekommen seien“. Auch sei sein Auto in Brand gesetzt worden. Der Kläger sei Tänzer und Choreograph und habe eine Band gehabt. Er habe auch im Ausland Auftritte gehabt (Japan, China, Senegal, Libyen, Deutschland, Belgien; Bl. 105 BA). In Deutschland sei der Kläger Mitglied bei der EPCOU. Er nehme an Veranstaltungen teil. Er mache dort bekannt, wer bei der Versammlung anwesend sei. Bei Rückkehr nach Äthiopien fürchte er, getötet zu werden.

In der Akte befinden sich Bestätigungen der EPCOU und (schwarze) Fotos (Bl. 97 ff. BA).

Der Prozessbevollmächtigte übersandte Flugunterlagen des Klägers (Bl. 112 ff. BA).

Mit Bescheid vom 27. April 2016 lehnte das Bundesamt den Antrag auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft als offensichtlich unbegründet ab (Nr. 1), lehnte den Antrag auf Asylanerkennung als offensichtlich unbegründet ab (Nr. 2), lehnte den Antrag auf subsidiären Schutzstatus ab (Nr. 3) und stellte fest, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG nicht vorliegen (Nr. 4). Die Abschiebung nach Äthiopien wurde angedroht (Nr. 5). Das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot gem. § 11 Abs. 1 AufenthG wurde auf 30 Monate ab dem Tag der Abschiebung befristet (Nr.6).

Zur Begründung führte das Bundesamt im Wesentlichen aus, die Verfolgungsgeschichte des Klägers sei widersprüchlich und unglaubhaft. Der Bescheid wurde als Einschreiben am 12. Mai 2016 zur Post gegeben (Bl. 138 BA).

Am … Mai 2016 hat der Prozessbevollmächtigt des Klägers beim Bayerischen Verwaltungsgericht München Klage erhoben mit dem Antrag,

die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 27. April 2016 zu verpflichten, den Kläger als Asylberechtigten anzuerkennen, hilfsweise ihm die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen und festzustellen, dass Abschiebungsverbote „nach § 60 II bis VII AufenthG“ vorliegen.

Zusätzlich hat er beantragt, die aufschiebende Wirkung der Klage gem. § 80 Abs. 5 VwGO anzuordnen (M 12 S. 16.31152).

Die Klage und der Eilantrag wurden nicht näher begründet.

Mit Beschluss vom 27. Juni 2016 wurde der Rechtsstreit zur Entscheidung auf den Einzelrichter übertragen.

Die Beklagte stellte keinen Antrag.

Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichts- und der vorgelegten Behördenakten verwiesen.

Gründe

Das Gericht konnte über die Verwaltungsstreitsache entscheiden, obwohl außer des Klägers und seinem Prozessbevollmächtigten kein Beteiligter zur mündlichen Verhandlung erschienen ist. Die Parteien wurden ordnungsgemäß geladen und darauf hingewiesen, dass auch ohne sie verhandelt und entschieden werden kann, § 102 Abs. 2 VwGO.

Verfahrensgegenstand ist die Frage, ob der Bescheid des Bundesamtes vom 27. April 2016 rechtswidrig und deshalb aufzuheben ist und ob der Kläger einen Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft, Anerkennung als Asylberechtigter, auf Zuerkennung des subsidiären Schutzstatus sowie eines nationales Abschiebungsverbotes hat (der Antrag der Prozessbevollmächtigten vom … Mai 2016 wurde gem. § 88 VwGO ausgelegt).

Der Kläger hat offensichtlich keinen Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft im Sinne des § 3 AsylG oder auf Asylanerkennung gem. Art. 16a GG30 AsylG). Zudem liegen beim Kläger offensichtlich weder Gründe für die Zuerkennung subsidiären Schutzes nach § 4 AsylG oder Gründe für die Feststellung nationaler Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 oder 7 Satz 1 AufenthG vor.

Der Kläger hat offensichtlich keinen Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft gem. § 3 AsylG, § 30 AsylG.

Nach § 3 Abs. 4 AsylG wird einem Ausländer, der Flüchtling nach § 3 Abs. 1 AsylG ist, die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt. Ein Ausländer ist nach § 3 Abs. 1 AsylG Flüchtling im Sinne des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl, 1953 II S.559, 560-Genfer Flüchtlingskonvention), wenn er sich aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischer Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe außerhalb seines Herkunftslandes befindet. Eine Verfolgung kann dabei gem. § 3c AsylG ausgehen von einem Staat, Parteien oder Organisationen, die den Staat oder wesentliche Teile des Staatsgebietes beherrschen oder von nichtstaatlichen Akteuren, sofern die zuvor genannten Akteure einschließlich internationaler Organisationen erwiesenermaßen nicht in der Lage oder willens sind, im Sinne des § 3d AsylG Schutz vor der Verfolgung zu bieten, und dies unabhängig davon, ob in dem Land eine staatliche Herrschaftsmacht vorhanden ist oder nicht. Weiter darf für den Ausländer keine innerstaatliche Fluchtalternative bestehen, § 3e AsylG.

Maßgeblich ist, ob der Asylsuchende bei Rückkehr in sein Heimatland der Gefahr politischer Verfolgung ausgesetzt wäre, wobei auf den Sachstand im Zeitpunkt der letzten gerichtlichen Tatsachenentscheidung abzustellen ist, § 77 Abs. 1 AsylG. Hat der Ausländer sein Heimatland bzw. den Staat des gewöhnlichen Aufenthalts auf der Flucht vor eingetretener oder unmittelbar drohender politischer Verfolgung verlassen, besteht Anspruch auf Verfolgungsschutz bereits dann, wenn er bei Rückkehr vor erneuter Verfolgung nicht hinreichend sicher sein kann (herabgestufter Prognosemaßstab). Ist der Ausländer hingegen unverfolgt ausgereist, hat er einen Anspruch auf Schutz nur, wenn ihm aufgrund asylrechtlich beachtlicher Nachfluchttatbestände mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit politische Verfolgung droht (gewöhnlicher Prognosemaßstab).

Das Gericht muss - für einen Erfolg des Antrags - die volle Überzeugung von der Wahrheit des vom Asylsuchenden behaupteten individuellen Schicksals und hinsichtlich der zu treffenden Prognose, dass dieses die Gefahr politischer Verfolgung begründet, erlangen. Angesichts des sachtypischen Beweisnotstandes, in dem sich Asylsuchende insbesondere hinsichtlich asylbegründender Vorgänge im Verfolgerland befinden, kommt dabei dem persönlichen Vorbringen des Asylsuchenden und dessen Würdigung für die Überzeugungsbildung eine gesteigerte Bedeutung zu (BVerwG, Urt. vom 16.04.1985, Buchholz 402.25 § 1 AsylG Nr. 32). Demgemäß setzt ein Asylanspruch bzw. die Feststellung der Flüchtlingseigenschaft gem. § 3 AsylG voraus, dass der Asylsuchende den Sachverhalt, der seine Verfolgungsfurcht begründen soll, schlüssig darlegt. Dabei obliegt es ihm, unter genauer Angabe von Einzelheiten und gegebenenfalls unter Ausräumung von Widersprüchen und Unstimmigkeiten einen in sich stimmigen Sachverhalt zu schildern, der geeignet ist, das Asylbegehren lückenlos zu tragen (BVerwG, Urt. vom 08.05.1984, Buchholz § 108 VwGO Nr. 147).

An der Glaubhaftmachung von Verfolgungsgründen fehlt es in der Regel, wenn der Asylsuchende im Laufe des Verfahrens unterschiedliche Angaben macht und sein Vorbringen nicht auflösbare Widersprüche enthält, wenn seine Darstellung nach der Lebenserfahrung oder aufgrund der Kenntnis entsprechender vergleichbarer Geschehensabläufe unglaubhaft erscheint, sowie auch dann, wenn er sein Asylvorbringen im Laufe des Asylverfahrens steigert, insbesondere wenn er Tatsachen, die er für sein Asylbegehren als maßgeblich bezeichnet, ohne vernünftige Erklärung erst sehr spät in das Verfahren einführt (vgl. BVerfG, Beschluss vom 29.11.1990, InfAuslR 1991, 94, 95; BVerwG, Urteil vom 30.10.1990, Buchholz 402.25 § 1 AsylG Nr. 135; Beschluss vom 21.07.1989, Buchholz a.a.O., Nr. 113).

Gem. § 30 Abs. 1 AsylG ist ein Asylantrag offensichtlich unbegründet, wenn die Voraussetzungen für die Anerkennung als Asylberechtigter und die Voraussetzungen für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft offensichtlich nicht vorliegen. Ein Asylantrag ist insbesondere offensichtlich unbegründet, wenn nach den Umständen des Einzelfalles offensichtlich ist, dass sich der Ausländer nur aus wirtschaftlichen Gründen oder um einer allgemeinen Notsituation zu entgehen, im Bundesgebiet aufhält, § 30 Abs. 2 AsylG.

In Anwendung dieser Grundsätze ist beim Kläger offensichtlich keine Flüchtlingseigenschaft gem. § 3 AsylG und kein Anspruch auf Anerkennung als Asylberechtigter gem. Art. 16a GG festzustellen, § 30 AsylG. Es lässt sich nicht feststellen, dass der Kläger vor seiner Ausreise aus Äthiopien oder im Falle einer Rückkehr nach Äthiopien landesweit von politischer Verfolgung betroffen war bzw. bedroht sein würde. Der Kläger hat zu seiner Vorverfolgung einen widersprüchlichen, unglaubwürdigen Sachverhalt vorgetragen, § 30 Abs. 1 und 3 Nr. 1 AsylG.

Unglaubhaft ist schon, dass der Kläger - wäre er staatlich verfolgt worden - mit dem eigenen Reisepass und einem Schengenvisum in die Bundesrepublik Deutschland hätte ausreisen können. Bei den Ein- und Ausreisekontrollen über den internationalen Flughafen … … erfolgt eine genaue Personen- und Passkontrolle (Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Äthiopien vom 4.3.2015; im Folgenden: Lagebericht; V.4.1). Es ist höchst unwahrscheinlich, dass eine von äthiopischen Sicherheitskräften gesuchte Person über diesen Flughafen ausreisen kann.

Der Vortrag des Klägers, er sei im Jahr 2005 für drei Tage inhaftiert worden, ist schon deshalb asylrechtlich irrelevant, weil diese Inhaftierung nicht kausal für die Ausreise im Jahr 2013 war. Der Kläger hat nach eigenen Angaben in der Zeit zwischen den Jahren 2005 und 2013 in Äthiopien gelebt, gearbeitet (bei Hochzeiten und in Hotels) und mit seiner Band sogar zahlreiche Auftritte im Ausland gehabt (Bl. 105 BA). Darüber hinaus hat er auch zum Zeitpunkt der behaupteten Inhaftierung widersprüchliche Angaben gemacht. Beim Bundesamt trug er vor, es sei im Jahr 1997 der äthiopischen Zeit inhaftiert worden (Bl. 104 BA); in der mündlichen Verhandlung trug er vor, es sei im Jahr 1994 der äthiopischen Zeitrechnung gewesen (also im Jahr 2001 bzw. 2002; Bl. 44 der Gerichtsakte - GA). Wäre der Kläger tatsächlich inhaftiert worden, hätte sich ihm einprägen müssen, wann dies gewesen ist. Darüber hinaus hat der Kläger den Sachverhalt insoweit erheblich gesteigert, als er behauptete, von seiner Arbeit nach der Inhaftierung suspendiert worden zu sein und dass er seit 1994 der äthiopischen Zeitrechnung nicht mehr arbeiten durfte. Beim Bundesamt hat er dagegen vorgetragen, er habe von 2005 (gregorianisch) bis 2013 gearbeitet (Hochzeiten, Hotels, Band) und sei häufig im Ausland gewesen. Dies alles macht den - ohnehin nicht asylrechtlich relevanten Sachverhalt - völlig unglaubwürdig.

Der Vortrag, im Jahr 2013 habe ein Arzt in der Kirche den Kläger gewarnt, dass sein Leben in Gefahr sei, ist vor dem Hintergrund, dass der Kläger acht Jahre lang hat unbehelligt leben und arbeiten können, nicht nachvollziehbar. Es ist kein Grund vom Kläger vorgetragen worden, warum er - plötzlich wieder - in das Visier staatlicher Verfolgung hätte geraten sollen. Seine Einlassung, „vielleicht wisse der Arzt mehr als er“, erklärt die Situation nicht. Auch sein Vortrag, sein Auto sei in Brand gesteckt worden, erklärt nicht, dass und warum der Kläger plötzlich in das Visier staatlicher Verfolgung hätte geraten sollen. Seine Einlassung in der mündlichen Verhandlung, „vielleicht hätte ihm ein anderer Arzt eine Giftspritze geben sollen und sein Arzt habe anscheinend einen solchen Auftrag bekommen“, stellt keinen konkreten Anhaltspunkt für eine ihm drohende Gefahr dar, sondern nur völlig unbelegte Vermutungen. Die Vermutung des Klägers, dies basiere auf staatlicher Verfolgung, erklärt er damit, „es habe viele solche Fälle gegeben“. Eine asylrechtliche Verfolgung muss sich aber aus konkreten Tatsachen ergeben, nicht aus reinen Vermutungen oder Gefühlen.

Darüber hinaus ist der Vortrag des Klägers, er sei wegen der Gefahr für sein Leben aus Äthiopien geflohen, unglaubhaft. Aus den vom Bundesamt eingeholten Visumsunterlagen (Bl. 56 ff. BA) ergibt sich, dass der Kläger den Antrag auf Ausstellung eines Visums bereits am 13. Dezember 2012 gestellt hat (Bl. 57 BA). Nach den Ausführungen des Klägers hat der Arzt ihn aber im Jahr 2013 gewarnt, also nach der Beantragung des Visums durch den Kläger. Daraus ergibt sich, dass der Kläger seine Ausreise bereits vor der Warnung durch den Arzt vorbereitet hat und die angebliche Warnung durch den Arzt offenbar nur ein frei erfundener Vorwand für die Ausreise ist.

Ebenso nicht nachvollziehbar ist, dass der Kläger seinen gültigen Reisepass angeblich verloren hat, dafür aber einen alten abgelaufenen Reisepass vorlegt. Seine Einlassung hierzu in der mündlichen Verhandlung, in Äthiopien müsse man alte Pässe bei sich haben, ist abwegig. Der Kläger wollte offenbar durch die Nichtvorlage seines gültigen Reisepasses seine Abschiebung verhindern.

Insgesamt ist der vom Kläger vorgetragene Sachverhalt völlig widersprüchlich, konstruiert und unglaubhaft, so dass das Gericht davon ausgeht, dass sich der Sachverhalt nicht ereignet hat. Die Ablehnung der Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft bzw. der Anerkennung als Asylberechtigter als offensichtlich unbegründet ist gerechtfertigt, § 30 Abs. 1 und Abs. 3 Nr. 1 AsylG, § 3 AsylG (vgl. Hailbronner, Ausländerrecht, Kommentar, § 30, Rn. 50).

Die exilpolitische Betätigung des Klägers führt ebenfalls offensichtlich nicht zur Flüchtlingsanerkennung gem. § 3 AsylG bzw. zur Anerkennung als Asylberechtigter gem. Art. 16a GG, § 30 Abs. 1 und 2 AsylG.

Der Kläger trug beim Bundesamt vor, sie sei in Deutschland für die EPCOU (Ethiopian Political and Civic Organisations Union) tätig. Er legte Bestätigungen der EPCOU vom … …2013 (Bl. 100 BA) und undatiert (Bl. 99 BA), eine (in der Akte nicht erkennbare) Fotografie, offenbar über die Teilnahme an einer Veranstaltung der EPCOU (Bl. 98 BA) und die ebenfalls in der Akte nicht erkennbare Kopie eines (ungültigen) Mitgliedsausweises dieser Partei vor (Bl. 101, 105 BA) und erklärte, er sei Mitglied der Partei. Er mache immer bekannt, wer an der Versammlung anwesend ist.

Es gibt zahlreiche politische Exilgruppen mit sehr unterschiedlichen Hintergründen und “Agenden“. Dem Auswärtigen Amt liegen keine Erkenntnisse darüber vor, dass allein die Betätigung für eine oppositionelle Partei im Ausland bei Rückkehr nach Äthiopien zu staatlichen Repressionen führt. Grundsätzlich kommt es auf den Einzelfall an, d.h. z.B. darauf, ob eine Organisation von der äthiopischen Regierung als Terrororganisation angesehen wird oder um welche politische Tätigkeit es sich handelt (z.B. nachweisliche Mitgliedschaft, führende Position, Organisation gewaltsamer Aktionen). Von Bedeutung ist auch, ob und wie sich die zurückgeführte Person anschließend in Äthiopien politisch betätigt (Lagebericht, II.1.9.).

Dass der Kläger eine führende Position in der EPCOU bekleidet, wurde nicht vorgetragen. Sehr viele äthiopische Staatsangehörige werden in exilpolitischen Parteien Mitglied, um Nachfluchtgründe gelten machen zu können. Äthiopischen Stellen ist bekannt, dass abgelehnte Asylbewerber durch exilpolitische Tätigkeit versuchen, sich in Deutschland ein Bleiberecht zu sichern. Dies gilt umso mehr, als der Kläger nicht an eine politische Betätigung in Äthiopien anknüpft, sondern unverfolgt ausgereist ist (siehe oben). Dass äthiopische Stellen dieses taktische Verhalten des Klägers besonders ernst nehmen und ihn als ernsthaften Regimegegner einstufen, ist nicht wahrscheinlich und ergibt sich nicht aus dem Lagebericht. Die Stellung eines Asylantrags bleibt bei Rückkehr nach Äthiopien ohne staatliche Verfolgung (Lagebericht, a.a.O.; vgl. auch VG Ansbach, U.v. 17.2.2016 - AN 3 K 14.30766 - juris).

Der Kläger hat nach derzeitigem Sachstand offensichtlich auch keinen Anspruch auf Zuerkennung subsidiären Schutzes nach § 4 AsylG, § 30 Abs. 1 und Abs. 3 Nr. 1 AsylG. Ein unionsrechtliches Abschiebungsverbot zugunsten des Klägers ist nicht ersichtlich. Insbesondere ist - auch nach den Angaben des Klägers - nicht ersichtlich, dass ihr bei einer Rückkehr nach Äthiopien Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung (§ 4 Abs. 1 Satz 2 AsylG; § 60 Abs. 2 AufenthG a.F.) drohen könnte. Der Kläger hat bezüglich seiner Vorverfolgung einen völlig widersprüchlichen unglaubhaften Sachverhalt vorgetragen, § 30 AsylG, § 4 AsylG (vgl. obige Ausführungen), so dass das Gericht davon ausgeht, dass er sich nicht ereignet hat und der Kläger wieder nach Äthiopien einreisen kann.

Der Kläger hat offensichtlich auch keinen Anspruch auf Feststellung eines nationalen Abschiebungsverbots gem. § 60 Abs. 5 AufenthG.

Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf Feststellung eines Abschiebungsverbots gem. § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG.

Gemäß § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG soll von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht.

Der Kläger kann keinen Abschiebungsschutz wegen der harten Existenzbedingungen in Äthiopien beanspruchen. Dies wäre nur dann der Fall, wenn er bei seiner Rückkehr einer extremen Gefahrenlage dergestalt ausgesetzt wäre, dass er im Falle der Abschiebung dorthin gleichsam „sehenden Auges“ dem sicheren Tod oder schwersten Verletzungen ausgeliefert sein würde (vgl. BVerwG vom 12.7.2001, InfAuslR 2002,52/55). Davon ist jedoch nicht auszugehen. Die Grundversorgung der Bevölkerung mit Nahrungsmitteln ist in Äthiopien nicht in allen Landesteilen und zu jeder Zeit gesichert. Die Existenzbedingungen in Äthiopien, einem der ärmsten Länder der Welt, sind für große Teile insbesondere der Landbevölkerung äußerst hart und, bei Ernteausfällen, potentiell lebensbedrohend. In diesen Fällen ist das Land auf die Unterstützung internationaler Hilfsorganisationen angewiesen. Im Jahr 2014 waren ca3,2 Millionen Äthiopier auf Nahrungsmittelhilfe angewiesen (Lagebericht, IV.1.1.). Anhaltspunkte dafür, dass Rückkehrer keine Nahrungsmittelhilfe erhalten, bestehen nicht. Für Rückkehrer bieten sich schon mit geringem Startkapital Möglichkeiten zur bescheidenen Existenzgründung. Vor allem für Rückkehrer, die über Qualifikationen und Sprachkenntnisse verfügen, besteht die Möglichkeit, Arbeit zu finden (Lagebericht des Auswärtigen Amtes v. 16.5.2011, IV.1.1). Es sind keine Fälle bekannt, dass zurückgekehrte Äthiopier (56 Äthiopier sind aufgrund eines Rückführungsabkommens mit Norwegen freiwillig in ihr Heimatland zurückgekehrt) Benachteiligungen oder gar Festnahme oder Misshandlung ausgesetzt gewesen wären (Lagebericht des Auswärtigen Amtes vom 8.4.2014, 2.). Der Kläger hat nach eigenen Angaben in seinem Heimatland 9 Jahre lang die Schule besucht (Bl. 17 BA). Er hat als Künstler gearbeitet und dabei gut verdient (Bl. 103 BA). Er wird im Bundesgebiet Deutsch lernen können, so dass ihm eine Anknüpfung an seine alte künstlerische Tätigkeit oder ein Neustart in einem einfachen anderen Beruf gelingen kann.

Auch die Befristung des gesetzlichen Einreise- und Aufenthaltsverbots auf 30 Monate ab dem Tag der Abschiebung ist rechtmäßig. Die Beklagte war nach § 11 Abs. 2 Satz 3 i.V.m. § 75 Nr. 12 AufenthG zur Entscheidung über die Befristung des gesetzlichen Einreise- und Aufenthaltsverbots (§ 11 Abs. 1 AufenthG) berufen. Die Entscheidung, das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot auf 30 Monate ab dem Tag der Abschiebung zu befristen, ist auch ermessensfehlerfrei innerhalb der von § 11 Abs. 3 Satz 2 und 3 AufenthG aufgezeigten gesetzlichen Grenzen getroffen worden. Das Vorliegen besonderer Umstände ist vom Kläger weder vorgetragen worden noch ersichtlich. Die vorgenommene Befristung auf 30 Monate begegnet keinen Bedenken.

Die nach Maßgabe des § 34 Abs. 1 und des § 36 Abs. 1 AsylG erlassene Abschiebungsandrohung ist nicht zu beanstanden. Der Kläger besitzt keine Aufenthaltsgenehmigung und ist auch nicht als Asylberechtigter anerkannt.

Die Klage war daher mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff ZPO.

Die Entscheidung ist unanfechtbar, § 78 Abs. 1 Satz 2 AsylG.