Verwaltungsgericht München Beschluss, 11. März 2015 - M 12 S 15.50024
Tenor
I.
Der Antrag wird mit der Maßgabe abgelehnt,
dass die ungarischen Behörden vor bzw. bei der Abschiebung des Antragstellers nach Ungarn - unter Berücksichtigung der vorgelegten ärztlichen Atteste vom ... 1. 2015 und ... 2. 2015 - über die psychische Erkrankung (posttraumatische Belastungsstörung) informiert werden.
II.
Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Gerichtskosten werden nicht erhoben.
Gründe
I.
Der Antragsteller begehrt vorläufigen Rechtsschutz gegen die ihm drohende Überstellung nach Ungarn im Rahmen des so genannten „Dublin-Verfahrens“.
Der Antragsteller ist eigenen Angaben zufolge syrischer Staatsangehöriger. Er reiste nach eigenen Angaben am
Es ergab sich ein EURODAC-Treffer für Ungarn (...; Bl. 56 der Behördenakte), wonach sich der Antragsteller illegal in Ungarn aufgehalten hat.
Auf ein Übernahmeersuchen der Antragsgegnerin vom
Mit Bescheid vom
Der Asylantrag sei gemäß § 27 a AsylVfG unzulässig, da Ungarn aufgrund des dort bereits gestellten Asylantrages für die Bearbeitung gem. Art. 18 Abs. 1 b zuständig sei. Außergewöhnliche humanitäre Gründe, die die Bundesrepublik Deutschland veranlassen könnten, ihr Selbsteintrittsrecht gemäß Art. 17 Abs. 1 Dublin II VO auszuüben, seien nicht ersichtlich.
Am ... Januar 2015 erhob der Prozessbevollmächtigte des Antragstellers gegen den Bescheid vom 13. Januar 2014 beim Bayerischen Verwaltungsgericht München Klage (M 12 K 15.50023) und stellte gleichzeitig
Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage.
Die Klage und der Eilantrag wurden im Wesentlichen wie folgt begründet: Ungarn erfülle nicht die Voraussetzungen eines sicheren Drittstaates. Asylsuchende würden dort unmenschlich behandelt. Unterkunft, medizinische Versorgung und Unterhalt seien nicht gewährleistet.
Die Antragsgegnerin stellte
keinen Antrag.
Am ... März 2015 übersandte der Prozessbevollmächtigte die psychologische Stellungnahme der „...“ Hilfe für Migranten, Flüchtlinge und Folterüberlebende e.V. vom ... Februar 2015 (...: ...; Psychotherapie und Heilpraktiker). Darin ist als Diagnose ausgeführt, der Antragsteller habe Schlaflosigkeit, Kopfschmerzen, schwere posttraumatische Kriegsbelastungsstörung und eine mittelschwere depressive Episode (Seiten 5 und 6). Der Antragsteller benötige medizinische, soziale und psychotherapeutische Behandlung.
Des Weiteren wurden die Atteste des Allgemeinmediziners Dr. ..., ..., vom ... Februar 2015 und des Arztes für Nervenheilkunde Dr. ..., ..., vom ... Januar 2015 übersandt. Als Diagnosen sind darin festgestellt: grippale Infekte, chronische Sinusitiden, Spannungskopfschmerz, Migräneattacken, HWS- und BWS - Syndrom, posttraumatische Belastungsstörung.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichts- sowie die vorgelegte Behördenakte Bezug genommen.
II.
Der Antrag, die aufschiebende Wirkung der Klage bezüglich der Abschiebungsanordnung in Nr. 2 des streitgegenständlichen Bescheids anzuordnen, ist zwar zulässig (§ 34a Abs. 2 AsylVfG), jedoch nicht begründet.
Nach § 80 Abs. 5 VwGO kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag die aufschiebende Wirkung der Klage im Fall des hier einschlägigen § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO ganz oder teilweise anordnen. Das Gericht trifft dabei eine eigene Ermessensentscheidung. Es hat abzuwägen zwischen dem sich aus § 75 AsylVfG ergebenden öffentlichen Interesse an der sofortigen Vollziehung der Abschiebungsanordnung und dem Interesse des Antragstellers an der aufschiebenden Wirkung ihres Rechtsbehelfs. Bei dieser Abwägung sind die Erfolgsaussichten des Hauptsacheverfahrens zu berücksichtigen. Ergibt die im Rahmen des § 80 Abs. 5 VwGO allein erforderliche summarische Prüfung der Sach- und Rechtslage, dass die Klage voraussichtlich erfolglos bleiben wird, tritt das Interesse des Antragstellers regelmäßig zurück. Erweist sich dagegen der angefochtene Bescheid schon bei kursorischer Prüfung als rechtswidrig, so besteht kein öffentliches Interesse an dessen sofortiger Vollziehung; nicht erforderlich sind insoweit ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Bescheids, denn die Regelung des § 36 Abs. 4 AsylVfG ist hier nicht (entsprechend) anwendbar (vgl. VG Trier, B. v. 18.9.2013 - 5 L 1234/13.TR - juris; VG Göttingen, B. v. 9.12.2013 - 2 B 869/13 - juris, Rn. 16). Ist der Ausgang des Hauptsacheverfahrens nicht hinreichend absehbar, verbleibt es bei einer allgemeinen Interessenabwägung.
Nach der hier gebotenen und ausreichenden summarischen Prüfung ist im vorliegenden Fall davon auszugehen, dass die Klage des Antragstellers nach derzeitiger Einschätzung aller Voraussicht nach erfolglos bleiben wird, denn der streitgegenständliche Bescheid begegnet keinen durchgreifenden rechtlichen Bedenken. Damit überwiegt das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung das persönliche Interesse des Antragstellers an der aufschiebenden Wirkung der Klage.
Nach § 27a AsylVfG ist ein Asylantrag unzulässig, wenn ein anderer Staat aufgrund von Rechtsvorschriften der Europäischen Gemeinschaft oder eines völkerrechtlichen Vertrages für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist. Gemäß § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylVfG ordnet das Bundesamt in einem solchen Fall die Abschiebung in einen für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat an, sobald feststeht, dass sie durchgeführt werden kann.
Im vorliegenden Fall ist aufgrund von Rechtsvorschriften der Europäischen Union Ungarn für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig.
Die Zuständigkeit für die Durchführung des Asylverfahrens richtet sich vorliegend nach der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom
Die Ziffer „2“ im EURODAC-Treffer steht für Personen, die beim illegalen Überschreiten der Grenze aufgegriffen wurden, Art. 14 Abs. 1, Art. 24 Abs. 4 EURODAC-VO. Das Übernahmeersuchen wurde am
Für die Prüfung des Asylantrags des Antragstellers ist gem. Art. 13 Abs. 1 Dublin-III-VO Ungarn zuständig. Der Antragsteller ist nach eigenen Angaben im September 2014 nach Ungarn eingereist (Bl. 20 der Behördenakte) und hat dort - nach Angaben der ungarischen Behörden - am 30. September 2014 einen Asylantrag gestellt. Dies ergibt sich aus dem Schreiben der ungarischen Behörden vom 30. Dezember 2014 (Bl. 73 der Behördenakte).
Die nach Art. 13 Abs. 1 Dublin-III-VO zuständige ungarische Behörde hat dem Wiederaufnahmegesuch ausdrücklich gem. Art. 18 Abs. 1 b Dublin III-VO zugestimmt.
Es liegen auch keine Umstände vor, die die Zuständigkeit Ungarns in Durchbrechung des Systems der Bestimmungen der Dublin-Verordnungen entfallen ließen.
Dem gemeinsamen Europäischen Asylsystem, zu dem insbesondere die Dublin-Verordnungen gehören, liegt die Vermutung zugrunde, dass jeder Asylbewerber in jedem Mitgliedsstaat gemäß den Anforderungen der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (Abl. C 83/389 v. 30. März 2010, des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge v. 28. Juli 1951 (BGBl. II 1953, S. 559) sowie der Europäischen Konvention der Menschenrechte und Grundfreiheiten v. 4. November 1950 (BGBl. II 1952, S. 685 in der Fassung der Bekanntmachung v. 20. Oktober 2010 (BGBl. II S. 1198) behandelt wird. Es gilt daher die Vermutung, dass Asylbewerbern in jedem Mitgliedsstaat eine Behandlung entsprechend den Erfordernissen der Charta, der Genfer Flüchtlingskonvention - GFK - und der Europäischen Menschenrechtskonvention - EMRK - zukommt.
Die diesem „Prinzip des gegenseitigen Vertrauens“ (EuGH, U. v. 21. Dezember 2011 - C - 411/10 und C - 493/10
Als systemische Mängel sind solche Störungen anzusehen, die entweder im System eines nationalen Asylverfahrens angelegt sind und deswegen Asylbewerber oder bestimmte Gruppen von ihnen nicht vereinzelt oder zufällig, sondern in einer Vielzahl von Fällen objektiv vorhersehbar treffen oder die dieses System aufgrund einer empirisch feststellbaren Umsetzung in der Praxis in Teilen funktionslos werden lassen (vgl. Bank/Hruschka, Die EuGH-Entscheidung zu Überstellungen nach Griechenland und ihre Folgen für Dublin-Verfahren (nicht nur) in Deutschland, ZAR 2012, S. 182; OVG Rheinland-Pfalz, U. v. 21. Februar 2014 - 10 A 10656 - juris).
Die Auslegung der Tatbestandsmerkmale des Art. 4 GR- Charta ist gem. Art. 52 Abs. 3 Satz 1 GR-Charta einschließlich der Erläuterungen hierzu (ABl. C 303/17 v. 14. Dezember 2007
Die Behandlung/Misshandlung muss dabei, um in den Schutzbereich des Art. 3 EMRK zu fallen, einen Mindestgrad an Schwere erreichen. Dessen Beurteilung ist allerdings relativ, hängt also von den Umständen des Falles ab, insb. von der Dauer der Behandlung und ihrer physischen und psychischen Auswirkungen sowie mitunter auch vom Geschlecht, Alter und Gesundheitszustand des Opfers. Art. 3 EMRK kann allerdings nicht in dem Sinne ausgelegt werden, dass er die Vertragsparteien verpflichtete, jedermann in ihrem Hoheitsgebiet mit einer Wohnung zu versorgen. Auch begründet Art. 3 EMRK keine allgemeine Verpflichtung, Flüchtlingen finanzielle Unterstützung zu gewähren oder ihnen einen bestimmten Lebensstandard zu ermöglichen (EGMR, U. v. 21. Januar 2011, a. a. O.; B. v. 2. April 2013 - 27725/10
Gleichwohl sind die in der Richtlinie 2013/33/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2014 zur Festlegung von Normen für die Aufnahme von Personen, die internationalen Schutz beantragen - Aufnahmerichtlinie - (Abl. L 180 S. 96) genannten Mindeststandards für die Aufnahme von Asylsuchenden in den Mitgliedsstaaten zu berücksichtigen. Asylsuchende werden in einem Mitgliedsstaat unmenschlich oder erniedrigend behandelt, wenn ihnen nicht die Leistungen der Daseinsvorsorge gewährt werden, die ihnen nach den Aufnahmerichtlinie zustehen. Ihnen müssen während der Dauer des Asylverfahrens die notwendigen Mittel zur Verfügung stehen, mit denen sie die elementaren Bedürfnisse (wie z. B. Unterkunft, Nahrungsaufnahme und Hygienebedürfnisse) in zumutbarer Weise befriedigen können. Als Maßstab sind die Art. 17 und 18 der Aufnahmerichtlinie mit den dort geregelten zeitlich beschränkten Einschränkungsmöglichkeiten bei vorübergehenden Unterbringungsengpässen und der Verpflichtung, auch in diesen Fällen die Grundbedürfnisse zu decken, heranzuziehen (OVG Nordrhein-Westfalen, U. v. 7. März 2014 - 1 a 21/12.A, juris; VGH Baden-Württemberg, U. v. 16. April 2014 - A 11 S 1721/13, InfAuslR 2014, 293 und juris).
Prognosemaßstab für das Vorliegen derart relevanter Mängel ist eine beachtliche Wahrscheinlichkeit. Die Annahme systemischer Mängel setzt somit voraus, dass das Asylverfahren oder die Aufnahmebedingungen im zuständigen Mitgliedsstaat aufgrund größerer Funktionsstörungen regelhaft so defizitär sind, dass anzunehmen ist, dass dort auch dem Asylsuchenden im konkret zu entscheidenden Fall mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung droht (BVerwG, B. v. 19. März 2014 - 10 B 6.14 - juris). Bei einer zusammenfassenden, qualifizierten - nicht rein quantitativen - Würdigung aller Umstände, die für das Vorliegen solcher Mängel sprechen, muss ihnen ein größeres Gewicht als den dagegen sprechenden Tatsachen zukommen, d. h. es müssen hinreichend gesicherte Erkenntnisse dazu vorliegen, dass es immer wieder zu den genannten Grundrechtsverletzungen kommt (vgl. VGH Bad.-Württ., U. v. 16. April 2014, a. a. O.; OVG Nordrhein-Westfalen, U. v. 7. März 2014, a. a. O., OVG Sachsen-Anhalt, B. v.
Der Mitgliedsstaat, der die Überstellung des Asylsuchenden vornehmen muss, ist im Fall der Widerlegung der Vermutung, dass die Behandlung der Asylbewerber in jedem Mitgliedsstaat im Einklang mit den Erfordernissen der GFK und der EMRK steht, verpflichtet, den Asylantrag selbst zu prüfen, sofern nicht ein anderer Mitgliedsstaat für die Prüfung des Asylantrags zuständig bestimmt werden kann.
Gründe, die der Überstellung des Antragstellers nach Ungarn entgegenstehen, sind nicht anzunehmen.
Es liegt kein - der Rückführung entgegenstehender - Fall vor, in dem der zuständige Drittstaat, in den der Schutzsuchende zurückgeführt werden soll, hier die Republik Ungarn, die Verpflichtungen aus der Genfer Flüchtlingskonvention (vgl. Art. 4 EuGrdRch) und der Europäischen Menschenrechtskonvention (vgl. Art. 3 EMRK) nicht erfüllt bzw. es durch Tatsachen gestützte Gründe dafür gibt, dass in diesem Mitgliedsstaat in verfahrensrechtlicher oder materieller Hinsicht nach aktuellen Erkenntnissen kein hinreichender Schutz vor Verfolgung gewährt wird.
Systemische Mängel sind zu dem gem. § 77 Abs. 1 AsylVfG maßgeblichen Zeitpunkt der gerichtlicher Entscheidung hinsichtlich der Verhältnisse ein Ungarn nicht anzunehmen. Dies gilt auch für die vom Antragsteller thematisierten Aufnahmebedingungen von Asylsuchenden.
Das Gericht teilt insoweit die Einschätzung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR, U. v. 3. 7. 2014 - 71932/12 - UA Rn.68 ff.; U. v. 6. 6. 2013 - 2283/12 - Asylmagazin 2013, 342 ff.) sowie anderer deutscher Verwaltungsgerichte, die systemische Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen in Ungarn verneinen (VGH BW, B. v. 6. 8. 2013 - 12 S 675/13 - juris Rn.4; OVG LSA, B. v. 31. 5. 2013 - 4 L 169/12 - juris Rn. 23; VG Würzburg, B. v. 2. 1. 2015 - W 1 S 14.50120 - juris, Rn.28 ff., VG Düsseldorf, B. v. 2. 9. 2014 - 6 L 1235/14.A - juris, Rn. 8 ff.; VG München, B. v. 26. 6. 2014 - M 24 S 14. 50325 - juris Rn.31 ff., VG Düsseldorf, B. v. 27. 8. 2014 - 14 L 1786/14.A - juris, Rn. 24 ff; VG Augsburg, B. v. 21. 1. 2015, Au 2 S 14.50360 - juris, Rn. 19 ff.; VG Regensburg, U. v. 5. 12. 2014, RN 6 K 14.50089 - juris, Rn. 24 ff.; VG Bayreuth, B. v. 13.1.2015 - B 3 S 14.50129 - juris, Rn. 14 ff.; VG Augsburg, B. v. 26. 1. 2015 - Au 7 S 15.50015 - juris, Rn. 21 ff.; VG Regensburg, B. v. 4. 2. 2015 - RO 1 S 15.50021 - juris, Rn. 24 ff.; u. viele andere).
Nach der Berichterstattung des UNHCR zum Asylland Ungarn vom Dezember 2012 hat das ungarische Parlament im November 2012 umfassende Gesetzesänderungen verabschiedet. Danach werden Asylsuchende nicht mehr ohne sachliche Prüfung ihres Asylantrags zurückgeschoben und nicht inhaftiert, wenn sie den Asylantrag unverzüglich nach der Einreise einreichen. „Dublin-Rückkehrer“ werden nicht automatisch inhaftiert und erhalten die Möglichkeit, ein noch nicht in der Sache geprüftes Asylverfahren zu Ende zu bringen. Bestätigt werden diese Verbesserungen durch das Hungarian Helsinki Committee (HHC, Brief Information note on the main asylumrelated legal changes in Hungary as of 1 July 2013, Seite 1; in englischer Sprache im Internet abrufbar).
Mögliche systemische Mängel des ungarischen Asylsystems werden in jüngerer Zeit primär auf die im Juli 2013 in Ungarn in Kraft getretene Gesetzesnovelle gestützt, wonach die Inhaftierung von Asylsuchenden für bis zu sechs Monate möglich ist (z. B. VG Frankfurt/Oder, B. v. 24. 7. 2013 - VG 1 L 213/13.A; VG München, B. v. 4. 10. 2013 - M 23 S 13.30926). Auch dieser Umstand begründet nach Auffassung des Gerichts keine systemischen Mängel. So entsprechen die in Art. 31 A Abs. 1 des ungarischen Gesetzes (eine englische Version dieses Gesetzes befindet sich in dem in englischer Sprache verfassten Bericht: UNHCR comments and recommendations on the draft modification of certain migrationrelated legislative acts für the purpose of legal harmonisation, Internet) genannten Haftgründe ganz überwiegend denen des Art. 8 Abs. 3 der Richtlinie 2013/33/EU. Entsprechend den Vorgaben der Richtlinie darf nach Art. 31 A Abs. 3 des ungarischen Gesetzes eine solche Inhaftierung nur aufgrund einer individuellen Ermessensentscheidung erfolgen (vgl. Art. 8 Abs. 2 RL 2013/33/EU). Auch darf eine solche Inhaftierung nach Art. 31 B Abs. 1 des ungarischen Gesetzes nicht alleine deswegen erfolgen, weil der Antragsteller einen Asylantrag gestellt hat (Art. 8 Abs. 1 RL 2013/33/EU). Dass allein aufgrund dieser Neuregelungen das ungarische Asylsystem an systemischen Mängeln leidet, die eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung zur Folge hätten, ist damit nicht ersichtlich. Bemängelt wurde diesbezüglich, dass die ungarischen Regelungen zum Teil zu unbestimmt gefasst seien und damit die Gefahr der missbräuchlichen Verwendung bestünde (so HHC, Brief Information Note, S. 2; UNHCR comments and recommendations, S. 9).
Die Evaluation des UNHCR „Zur Situation der Flüchtlinge in Ungarn vom 30. September 2014 (Auskunft an das VG Düsseldorf in englischer Sprache) hat ergeben, dass in der ersten Hälfte des Jahres 2014 mehr als 40% der erwachsenen Dublin-Rückkehrer inhaftiert worden sind. Doch wird nach der „Informationsschrift für Asylsuchende in Gewahrsam (und) die dem Dublin-Verfahren unterliegen“ des Hungarian Helsinki committees (HHC) vom Mai 2014 seit dem 1. 1. 2014 aufgrund von Änderungen zum Asylgesetz (Ergänzung zum Asylgesetz by Act CXCVIII of 2013) Dublin-Rückkehrern jetzt in der Regel Zugang zum Asylverfahren und eine volle Untersuchung ihres Asylantrags gewährt (VG Bayreuth, B. v. 13. 1. 2015, B 3 S 14.50128 - juris; Asylum Information Database (aida), dt. Übersetzung). Allein die Zahl von 40% der inhaftierten Asylbewerber stellt noch keine systemischen Mängel des Asylverfahrens dar. Es erscheint nämlich angesichts der hohen Zahl an Asylbewerbern, die sich dem Asylverfahren in Ungarn entziehen und beispielsweise in Deutschland entgegen den Regelungen der Dublin II - oder III -Verordnung einen weiteren Asylantrag stellen, nicht ausgeschlossen, dass bei 40% aller Asylantragsteller in Ungarn tatsächlich Fluchtgefahr gem. Art. 8 Abs. 3 b) der (Ri) 2013/33/EU besteht.
Nach dem neuesten Bericht der Asylum Information Database (aida) mit Berichtsstand zum 30. April 2014 mit deutscher Übersetzung erfolgt keine Inhaftierung von nach der Dublin-Verordnung überstellten Asylbewerber, wenn das Asylverfahren ablehnend beschieden wurde. Zu rechnen war nach der Gesetzesänderung zum 1. Juli 2013 damit, dass der Asylbewerber bei Stellung eines Asylfolgeantrags in Einwanderungshaft genommen wird (aida, a. a. O., Inhaftierung von Asylbewerbern, B. Haftgründe). Nunmehr erfolgt dies aber nur noch bei den Folgeantragsstellern, deren Antrag als offensichtlich unzulässig oder unbegründet abgelehnt wurde. Alle anderen Inhaftierungen erfolgen nur noch im Rahmen von Asylhaft mit wesentlich moderateren Bedingungen (aida, a. a. O., C Haftbedingungen; vgl. VG Regensburg, B. v. 4. 2. 2015 - RO 1 S 15.50021 - juris).
Grundsätzlich stellt die Möglichkeit der Haft keinen systemischen Mangel des Asylverfahrens dar. Dies könnte nur angenommen werden, wenn die Haft eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung nach Art. 4 GR-Charta bzw. Art. 3 EMRK wäre. Dies ist dem Grunde nach nicht der Fall, wenn sie nicht nur wegen der Durchführung des Asylverfahrens erfolgt, Art. 8 Abs. 1 RL 2013/33/EU. Die Haftgründe entsprechen im Wesentlichen den in der Europäischen Union zulässigen Haftgründen in Art. 8 Abs. 3 RL 2013/33/EU und sind damit dem Grunde nach zulässig.
Die zu erwartende Haft ist auch nicht nach der Haftdauer und den Haftbedingungen unmenschlich oder erniedrigend. Wie ausgeführt, hätte der Antragsteller nur dann Einwanderungshaft für den Asylfolgeantrag zu befürchten, wenn sein erster Asylantrag als offensichtlich unzulässig oder unbegründet abgewiesen worden wäre. Von Ausnahmen abgesehen, erhalten syrische Asylbewerber in Ungarn die Anerkennung als Flüchtling oder subsidiären Schutz (96% nach der Tabelle Nr. 1, aida - nur in englischer Fassung -). Es bestehen damit keine Anhaltspunkte dafür, dass der Asylerstantrag als offensichtlich unbegründet abgewiesen wurde. Für den Antragsteller ist daher keine Einwanderungshaft sondern nur Asylhaft zu erwarten.
Die Asylhaft beträgt zunächst maximal 72 Stunden und kann verlängert werden. Häufig wird die Haftanordnung nicht mit hinreichend individueller Prüfung verlängert (aida, a. a. O., Inhaftierung von Asylbewerbern, B Haftgründe), so dass maximal zulässige Haft von sechs Monaten nicht ausgeschlossen werden kann. Aufgrund der vorhandenen Zahlen kann aber insbesondere für Syrer mit der hohen Anerkennungsquote nicht von einer so langen Haft ausgegangen werden. Die durchschnittliche Haftdauer betrug zwar in den Jahren 2010 bis Ende 2012 vier bis fünf Monate. Nach Wiedereinführung der Haft waren von Juli 2013 bis Dezember 2013 bei 532 Plätzen in Asylhaftanstalten und 268 Plätzen in Einwanderungshaftanstalten 1762 Asylbewerber in Haft, am 5. März 2014 waren es 369 Asylbewerber (aida, a. a. O., Inhaftierung von Asylbewerbern, A. Allgemeines). Aus diesen Zahlen kann zwar keine durchschnittliche Haftdauer errechnet werden, auch können keine konkreten Folgerungen für die erwartete Haftdauer eines einzelnen Asylbewerbers gezogen werden. Die Wahrscheinlichkeit einer nur kurzen Inhaftierung ist aber groß, da sich nach der in Ungarn herrschenden Praxis der Grund der Haftanordnung wegen der syrischen Staatsangehörigkeit des Antragstellers durch Gewährung internationalen Schutzes erledigen wird (VG Regensburg, B. v. 4. 2. 2015 -RO 1 S 15.50021 - juris).
Im Ergebnis hält das Gericht nach summarischer Prüfung im maßgeblichen Zeitpunkt seiner Entscheidung trotz einer zu erwartenden Asylhaft nicht für überwiegend wahrscheinlich, dass dem Antragsteller die Gefahr einer erniedrigenden oder unmenschlichen Behandlung droht. Dies entspricht auch der Rechtsprechung des EuGH (U. v. 3. 7. 2013, 71932/122) sowie der überwiegenden Rechtsprechung (vgl. oben).
Schließlich geht das Gericht auch davon aus, dass nach derzeitiger Erkenntnislage die Lebensbedingungen insbesondere für anerkannte Asylbewerber und subsidiär Schutzberechtigte zwar schwierig sind (vgl. hierzu den Bericht von bordermonotoring.eu, Ungarn: Flüchtlinge zwischen Haft und Obdachlosigkeit, Oktober 2013, S. 16 ff). Diese stellen sich aber als nicht so gravierend dar, dass diese entsprechend der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung im Sinne von Art. 4 GR-Charta zur Folge hätten.
Von einem schwierigen Arbeitsmarkt sind die ungarischen Staatsangehörigen gleichermaßen betroffen. Asylbewerber haben in Ungarn im Rahmen der materiellen Aufnahmeleistungen Zugang zur medizinischen Versorgung (§ 26 des ungarischen Asylgesetzes; aida, dt. Übersetzung, C. Medizinische Versorgung). Dadurch werden notwendige medizinische Behandlungen abgedeckt; der Umfang entspricht der medizinischen Gratisversorgung für legal im Land lebende ausländische Staatsangehörige. Asylbewerber haben ein Recht darauf, von Allgemeinärzten untersucht und behandelt zu werden. Das Gesetz (§ 34 des staatlichen Dekrets 301/2007) sieht vor, dass Asylbewerber mit besonderen Bedürfnissen medizinische Versorgung, Rehabilitationsmaßnahmen, ambulante und stationäre psychologische Versorgung oder psychotherapeutische Behandlungen in Anspruch nehmen können, die gesundheitlich geboten sind. In der Praxis gibt es keine Richtlinie, anhand derer besonders schutzwürdige Asylbewerber identifiziert werden, und es mangelt an einer spezialisierten medizinischen Versorgung. Asylbewerber, die in Aufnahmezentren untergebracht sind, erhalten Unterkunft und Verpflegung sowie einen monatlichen Geldbetrag für Körperpflegeprodukte und Taschengeld (aida, dt. Übersetzung, A. Aufnahmebedingungen).
Die Abschiebung kann trotz der vom Antragsteller vorgelegten psychologischen Stellungnahme der ... vom ... Februar 2015, des Attestes des Arztes für Nervenheilkunde Dr. ... vom ... Januar 2015 und des Allgemeinmediziners Dr. ..., ... vom ... Februar 2015 durchgeführt werden. Die psychologische Stellungnahme kommt zum Ergebnis, dass beim Antragsteller Schlaflosigkeit, Kopfschmerzen, schwere posttraumatische Belastungsstörung und eine mittelschwere depressive Episode mit latenter Suizidalität vorliegt. Das Attest des Dr. ... stellt Spannungskopfschmerz und eine posttraumatische Belastungsstörung fest, das Attest des Allgemeinmediziners Spannungskopfschmerz, Migräne, posttraumatische Belastungsstörung.
Die Antragsgegnerin hat zwar bei der hier erfolgten Abschiebungsanordnung sowohl inlandsbezogene als auch auslandsbezogene Vollstreckungshindernisse zu prüfen, etwa die fehlende Reisefähigkeit oder eine bestehende Suizidgefahr bzw. eine nachhaltige Verschlechterung des psychischen Gesundheitszustandes im Falle einer Abschiebung nach Ungarn. Solche Gründe sind indes nach Überzeugung des Gerichts nicht gegeben. Den vorgelegten Stellungnahmen ist schon nicht zu entnehmen, dass der Antragsteller wegen seiner psychischen Erkrankung zurzeit transportunfähig oder reiseunfähig ist. Zwar stellt die psychologische Stellungnahme fest, dass „von einer Abschiebung nach Ungarn aus gesundheitlichen Gründen abgeraten wird“ und „dass sich sein Gesundheitszustand durch eine Abschiebung oder als unmittelbare Folge davon wesentlich verschlechtern würde“. Allerdings reichen die vorliegenden Atteste zur Glaubhaftmachung eines tatsächlich bestehenden Abschiebungshindernisses nicht aus (BayVGH, B. v. 28. 10. 2013 - 10 CE 13.2257 - juris).
Darüber hinaus entsprechen weder die Stellungnahme noch die Atteste den formalen Anforderungen des BVerwG an die Diagnose einer posttraumatischen Belastungsstörung (BVerwG
Das Attest des Allgemeinmediziners entspricht schon deshalb nicht den Vorgaben des BVerwG, weil die Diagnose der posttraumatischen Diagnose nicht von einem Facharzt gestellt wurde. Das Attest des Facharztes vom ... Januar 2015 geht nicht darauf ein, welche Behandlung und Therapie erforderlich ist und mit welcher Dauer der Behandlung zu rechnen ist. Insbesondere finden sich keine substantiierten und konkreten Angaben darüber, ob die vom Antragsteller geklagten Beschwerden durch die vom Arzt erhobenen Befunde bestätigt werden. Auch findet sich der Zusatz: „Weitere psychiatrische Abklärung erforderlich“, so dass der Arzt offenbar selbst (noch) nicht sicher beurteilen konnte, ob die gestellte Diagnose tatsächlich zutrifft. Die psychologische Stellungnahme von ... vom ... Februar 2015 wurde schon nicht von einem Facharzt erstellt, sondern von einem Therapeuten. Die Diagnose einer posttraumatischen Belastungsstörung kann aber nur von einem Facharzt gestellt werden, nicht von einem Therapeuten. Außerdem ergeben sich aus den Attesten keine Hinweise darauf, warum die als erforderlich angesehene psychiatrische Behandlung nur in der Bundesrepublik Deutschland erfolgen könnte und nicht auch in Ungarn möglich ist. Es wurde nicht substantiiert glaubhaft gemacht, dass allein durch die Überstellung nach Ungarn eine erhebliche Verschlechterung des Gesundheitszustands eintreten würde.
Unabhängig davon ist das Gericht nach den vorliegenden Erkenntnissen überzeugt, dass der Antragsteller auch in Ungarn die erforderliche Behandlung seiner Erkrankung erlangen kann. Dies ergibt sich auch aus der Auskunft des Auswärtigen Amtes an das VG Augsburg
Darüber hinaus hat das Gericht die Antragsgegnerin verpflichtet, einzelfallbezogene effektive Schutzmaßnahmen zugunsten des Antragstellers zu ergreifen. Die mit dem Vollzug der Abschiebung betraute Behörde muss von Amts wegen in jedem Stadium der Durchführung der Abschiebung tatsächliche Vollstreckungshindernisse beachten und gegebenenfalls durch ein vorübergehendes Absehen von der Abschiebung oder durch eine entsprechende tatsächliche Gestaltung der Abschiebung abwehren (BVerfG, B. v. 26. 2. 1998 - 2 BvR 185/98). Das Gericht geht davon aus, dass dies auch ohne eine entsprechende Maßgabe beachtet werden würde.
Gem. Art 21 RL 2013/33/EU berücksichtigen die Mitgliedsstaaten in dem einzelstaatlichen Recht zur Umsetzung der Richtlinie die spezielle Situation von schutzbedürftigen Personen wie z. B. Personen mit psychischen Störungen. Art. 31 der VO (EG) Nr. 604/2013 sieht vor, dass der überstellende Mitgliedstaat dem zuständigen Mitgliedstaat die personenbezogenen Daten übermittelt, um es den zuständigen Behörden im zuständigen Mitgliedsstaat gemäß dem innerstaatlichen Recht zu ermöglichen, diese Person in geeigneter Weise zu unterstützen - unter anderem die zum Schutz ihrer lebenswichtigen Interessen unmittelbar notwendige medizinische Versorgung zu leisten - und um die Kontinuität des Schutzes und der Rechte sicherzustellen, die die Verordnung und andere einschlägige Bestimmungen des Asylrechts bieten. Dem Zielstaat wird daher im Vorfeld der Rückführung bei Vereinbarung eines Überstellungstermins mitgeteilt, wenn eine Person unmittelbar nach der Ankunft in ärztliche Hände übergeben werden soll. So wird es auch im Fall des Antragstellers erfolgen.
Der Antrag war daher mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzulehnen.
Der Beschluss ist unanfechtbar, § 80 AsylVfG.
Urteilsbesprechung zu Verwaltungsgericht München Beschluss, 11. März 2015 - M 12 S 15.50024
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(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).
(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur
- 1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten, - 2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten, - 3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen, - 3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen, - 4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.
(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.
(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.
(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn
- 1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder - 2.
eine Vollstreckung droht.
(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.
(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.
Tenor
1. Die aufschiebende Wirkung der in der Hauptsache unter dem Aktenzeichen 5 K 1233/13.TR bei dem beschließenden Gericht anhängigen Klage des Antragstellers wird angeordnet.
2. Die Antragsgegnerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
Gründe
- 1
Der am 6. September 2013 gestellte Antrag des Antragstellers, die aufschiebende Wirkung der in der Hauptsache erhobenen Klage gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 20. August 2013 anzuordnen, ist gemäß § 80 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 Nr. 3, Abs. 5 Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO – in Verbindung mit §§ 34a Abs. 2, 75 Satz 1 Asylverfahrensgesetz – AsylVfG – in der Fassung der Bekanntmachung vom 2. September 2008 (BGBl. I S. 1798), geändert durch den insoweit gemäß § 77 Abs. 1 AsylVfG seit dem 6. September 2013 anwendbaren Artikel 1 des Gesetzes vom 28. August 2013 (BGBl. I S. 3474), zulässig.
- 2
Mit dem vorgenannten Bescheid hat die Antragsgegnerin den Asylantrag des Antragstellers unter Bezugnahme auf § 27a AsylVfG und Art. 16 Abs. 1e der Verordnung (EG) Nr. 343/2003 des Rates vom 18. Februar 2003 - Dublin-II-VO - für unzulässig erklärt und auf der Grundlage des § 34a AsylVfG die Abschiebung des Antragstellers nach Italien angeordnet. Gegen beide Entscheidungen ist in der Hauptsache eine Anfechtungsklage im Sinne des § 42 Abs. 2 VwGO statthaft, da die Antragsgegnerin mit ihrem Bescheid das Asylverfahren des Antragstellers ohne Sachprüfung abgeschlossen hat (vgl. insoweit BVerwG, Urteile vom 7. März 1995 - 9 C 264/94 - und vom 6. Juli 1998 - 9 C 45/97 -, juris; Bayerischer VGH, Urteil vom 14. Januar 2013 - 20 B 12.30348 -, juris; Urteil der erkennenden Kammer vom 30. Mai 2012 - 5 K 967/11.TR -, ESOVGRP), so dass § 80 VwGO anwendbar ist.
- 3
Des Weiteren wurde der Antrag ungeachtet der Frage, welche Frist für eine Antragstellung bei bereits vor Inkrafttreten der Änderung des § 34a AsylVfG bekannt gegebenen Bescheiden gilt, jedenfalls fristgerecht gestellt.
- 4
Der Antrag ist auch in der Sache begründet.
- 5
Bei der Entscheidung darüber, ob die aufschiebende Wirkung der Klage anzuordnen ist, ist das öffentliche Interesse an einer alsbaldigen Vollziehung des Verwaltungsaktes gegenüber dem Interesse des Betroffenen an einer Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes abzuwägen. Insoweit finden die in den Fällen der vorliegenden Art in der Vergangenheit geltenden Einschränkungen, die darauf gründeten, dass aufgrund der bislang geltenden gesetzlichen Bestimmungen eine angeordnete Abschiebung in einen anderen EU-Mitgliedstaat kraft Gesetzes nicht nach §§ 80, 123 VwGO ausgesetzt werden durfte, keine Anwendung mehr, so dass die allgemeinen Grundsätze gelten, zumal der Gesetzgeber insoweit die für offensichtlich unbegründete Asylanträge geltende Bestimmung des § 36 Abs. 4 AsylVfG, der zufolge eine Aussetzung der Abschiebung nur bei ernstlichen Zweifeln an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsaktes angeordnet werden darf, nicht für entsprechend anwendbar erklärt hat und die Gesetzesmaterialen keine Anhaltspunkte für eine abweichende Gesetzauslegung bieten.
- 6
Die Bundestags-Drucksache 17/13556, die der Änderung des § 34a AsylVfG zugrunde liegt, enthält keine Angaben zu der Frage, unter welchen Voraussetzungen vorläufiger Rechtsschutz gewährt werden kann. In der Bundestagssitzung vom 7. Juni 2013 (vgl. Plenarprotokoll 17/244 S. 30891 ff, insbesondere S. 30895) wurde alsdann vor der Beschlussfassung in 2. und 3. Lesung ausdrücklich auf die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes eingegangen und darauf hingewiesen, dass nur noch entscheidend sei, ob dem Aussetzungsinteresse des Schutzsuchenden Vorrang vor dem Vollzugsinteresse der Behörde einzuräumen sei.
- 7
Die Materialien über die Beteiligung des Bundesrats am Gesetzgebungsverfahren ergeben ebenfalls keine Anhaltspunkte für eine entsprechende Anwendung des § 36 Abs. 4 AsylVfG.
- 8
In der Bundesratsdrucksache 495/1/13 vom 21. Juni 2013 ist festgehalten, dass der Bundesratsausschuss für Innere Angelegenheiten dem Bundesrat gegenüber unter 3. eine Empfehlung folgenden Inhalts abgegeben hat:
- 9
„Der Bundesrat stellt aber fest, dass die Änderungen in § 34a AsylVfG ergänzungsbedürftig sind, weil sie das verwaltungsgerichtliche Verfahren bei Anträgen nach § 80 Absatz 5 VwGO ungeregelt lassen. Der Bundesrat fordert die Bundesregierung auf, bei dem nächsten Gesetzentwurf zur Änderung des Asylverfahrensgesetzes vorzusehen, dass im beschleunigten Verfahren bei Unbeachtlichkeit und offensichtlicher Unbegründetheit von Asylanträgen (§ 36 AsylVfG) entsprechende Bestimmungen ergänzt werden. Die Aussetzung der Überstellung darf nur angeordnet werden, wenn systemische Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber erkennbar sind, sodass der Antragsteller tatsächlich Gefahr läuft, einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung ausgesetzt zu werden (vgl. EuGH vom 21. Dezember 2011, Rs. C-411/10 und C-493/10).“
- 10
In der Sitzung des Bundesrates vom 5. Juli 2013 (vgl. Stenografischer Bericht, Plenarprotokoll 912, S. 401, 429 - Anlage 19) gab alsdann die rheinland-pfälzische Staatsministerin Margit Conrad eine Erklärung dahingehend zu Protokoll, dass die vorstehend zitierte Entschließung aus dem Innenausschuss nicht mitgetragen werden könne, weil sie den gerade wieder eingeführten einstweiligen Rechtsschutz wieder relativieren würde.
- 11
Bei der anschließenden Beschussfassung des Bundesrates schloss sich alsdann nur eine Minderheit des Bundesrates der dargestellten Beschlussempfehlung an (vgl. Plenarprotokoll 912, S. 401 zu Punkt 14, Ziffer 3).
- 12
Demnach kommt eine entsprechende Anwendung des § 36 Abs. 4 AsylVfG nicht in Betracht, so dass die bei der Anwendung des § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3, Abs. 5 VwGO für kraft Gesetzes sofort vollziehbare Verwaltungsakte allgemein geltenden Grundsätze Anwendung finden müssen. Danach haben die Gerichte die Erfolgsaussichten der in der in der Hauptsache erhobenen Klage zu prüfen. Zu einer weitergehenden Einzelfallbetrachtung sind sie grundsätzlich nur im Hinblick auf solche Umstände angehalten, die von den Beteiligten vorgetragen werden und die die Annahme rechtfertigen können, dass im konkreten Fall von der gesetzgeberischen Grundentscheidung ausnahmsweise abzuweichen ist (vgl. BVerfG, Beschluss vom 10. Oktober 2003 - 1 BvR 2025/03 -, juris).
- 13
Ausgehend hiervon erscheint es der Kammer interessengerecht, die aufschiebende Wirkung der Klage anzuordnen, weil sie die Erfolgsaussichten der Klage unter Berücksichtigung der Gründe des den Beteiligten bekannten Beschlusses des OVG Rheinland-Pfalz vom 19. Juni 2013 - 10 B 10627/13.OVG –, auf die die Kammer zur Vermeidung von Wiederholungen in entsprechender Anwendung des § 77 Abs. 2 AsylVfG verweist, als zumindest offen einstuft, da der dortige Sachverhalt – insbesondere im Hinblick auf die vom Antragsteller geltend gemachten gesundheitlichen Probleme - mit dem vorliegenden Sachverhalt vergleichbar erscheint, und in dem von dem Antragsteller vorgelegten fachärztlichen Attest, auf das die Antragsgegnerin in ihrer ausführlichen Antragserwiderung nicht eingegangen ist, nachvollziehbar dargelegt ist, warum bei dem Antragsteller aufgrund besonderer Umstände seines Einzelfalles in Italien eine Verschlimmerung seiner gesundheitlichen Lage zu befürchten sei, so dass die vorzunehmende Interessenabwägung zu seinen Gunsten auszufallen hat.
- 14
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO; Gerichtskosten werden gemäß § 83 b Abs. 1 AsylVfG nicht erhoben.
- 15
Der Beschluss ist gemäß § 80 AsylVfG unanfechtbar.
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 17. Juni 2013 (A 12 K 331/13) geändert.
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens beider Rechtszüge.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
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Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Magdeburg - 5. Kammer - vom 6. August 2012 abgeändert. Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens beider Rechtszüge. Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) werden nicht erhoben.
Der Beschluss ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I.
- 1
Der Kläger ist somalischer Staatsangehöriger. Er reiste von Serbien nach Ungarn ein und stellte dort am 17. November 2011 einen Asylfolgeantrag. Nachdem er zunächst in Abschiebehaft genommen worden war, wurde er ab Dezember 2011 in einer offenen Aufnahmeeinrichtung untergebracht. Der Asylantrag wurde nach Durchführung einer persönlichen Anhörung des Klägers am 16. Dezember 2011 abgelehnt, da er über einen sicheren Drittstaat eingereist sei. Der Kläger verließ daraufhin die Aufnahmeeinrichtung und reiste am 2. Januar 2012 über Österreich nach Deutschland. Nachdem die Beklagte am 9. Januar 2012 ein entsprechendes Übernahmeersuchen gestellt hatte, erklärte die zuständige ungarische Behörde mit Schreiben vom 16. Januar 2012 ihre Zuständigkeit für die Bearbeitung des Asylantrages des Klägers. Dieser stellte dann am 30. Januar 2012 in Deutschland einen Asylantrag.
- 2
Mit Bescheid vom 19. April 2012 erklärte die Beklagte den Asylantrag des Klägers für unzulässig und ordnete seine Abschiebung nach Ungarn an. Außergewöhnliche humanitäre Gründe zur Ausübung des Selbsteintrittsrechts seien nicht ersichtlich. Mit Beschluss vom 30. Mai 2012 verpflichtete das Verwaltungsgericht Magdeburg die Beklagte bis zum Abschluss des Hauptsacheverfahrens im Wege der einstweiligen Anordnung, Maßnahmen zu unterlassen, welche eine Abschiebung des Antragstellers nach Ungarn ermöglichen sollten (- 5 B 136/12 MD -).
- 3
Der Kläger hat am 6. Juli 2012 beim Verwaltungsgericht Magdeburg zunächst im Wege einer Untätigkeitsklage eine Verpflichtungsklage erhoben und mit Schriftsatz vom 16. Juli 2012 die Klage auf eine Anfechtungsklage umgestellt.
- 4
Mit Urteil vom 6. August 2012 hat das Verwaltungsgericht den Bescheid aufgehoben. Die Beklagte sei verpflichtet, ihr Selbsteintrittsrecht gem. Art. 3 Abs. 2 der Dublin-Verordnung auszuüben, auch wenn der Kläger nicht zu den besonders schutzbedürftigen Personen zähle. Das Gericht erkenne im Sinne der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes erhebliche systemische Mängel von Asylverfahren in Ungarn, speziell in Bezug auf die Behandlung von "Dublin-Rückkehrern". Zwar stünde das ungarische Asylrecht im Allgemeinen mit den internationalen und europäischen Standards in Einklang und enthalte die wichtigsten Garantien. Jedoch gäbe es in der Anwendungspraxis schwerwiegende Mängel. Dies ergebe sich aus einem Bericht des UNHCR zur Situation für Asylsuchende und Flüchtlinge in Ungarn ("Ungarn als Asylland") von April 2012 sowie einer Veröffentlichung von Pro Asyl mit dem Titel "Ungarn: Flüchtlinge zwischen Haft und Obdachlosigkeit Bericht einer einjährigen Recherche bis Februar 2012". Der Kläger stünde danach in Gefahr, bei einer Abschiebung nach Ungarn einer erniedrigenden Behandlung ausgesetzt zu werden.
- 5
Auf den Antrag der Beklagten hat der beschließende Senat die Berufung gegen das Urteil wegen grundsätzlicher Bedeutung i.S.d. § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO zugelassen.
- 6
Die Beklagte hat fristgerecht Berufung eingelegt und trägt vor, das ungarische Ausländergesetz und das ungarische Asylgesetz seien mit Wirkung vom 1. Januar 2013 novelliert worden, entsprechende Änderungen des Verfahrens habe es schon seit Juni 2012 gegeben. Die Gefahr, dass Dublin-Rückkehrern auf Grund unzureichender Aufnahmebedingungen und nicht ausreichendem Schutzzugang für Asylsuchende im Falle einer Rücküberstellung nach Ungarn eine erniedrigende Behandlung drohe, könne damit nicht (mehr) festgestellt werden. Insoweit verweise er auf Berichte eines Mitarbeiters des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge, der seit Januar 2012 als Liasonmitarbeiter in der Asyldirektion des Ungarischen Amtes für Staatsbürgerschaft und Einwanderung eingesetzt sei. Nach Auskünften der zuständigen Mitarbeiter in der Ungarischen Asyldirektion würde der Kläger automatisch als Asylfolgeantragsteller behandelt, ohne dass es einer förmlichen zweiten Antragstellung bedürfe. In dem durchzuführenden Asylfolgeverfahren würden sämtliche individuellen Fluchtgründe berücksichtigt, ohne dass auf die Einreise aus Serbien abgestellt werde. Ein Ausweisungsverfahren würde nicht eingeleitet werden und der Kläger zunächst ein auf ein Jahr beschränktes temporäres Aufenthaltsrecht erhalten. Während des Verfahrens würde er einer offenen Aufnahmeeinrichtung zugewiesen werden.
- 7
Die Beklagte beantragt,
- 8
das Urteil des Verwaltungsgerichts Magdeburg - 5. Kammer - vom 6. August 2012 abzuändern und die Klage abzuweisen.
- 9
Der Kläger beantragt,
- 10
die Berufung zurückzuweisen.
- 11
Er macht geltend, es bestünde die Gefahr seiner Inhaftierung und verweist auf eine auf ihn zugeschnittene Stellungnahme des ungarischen Helsinki-Kommitees vom 8. April 2013, eine Stellungnahme des UNHCR zu einem aktuellen ungarischen Gesetzgebungsverfahren im Bereich des Migrationsrechts vom 12. April 2013 sowie auf die Ausführungen in dem Bericht von Pro Asyl zu dem Haftregime in Ungarn. Am 1. Juli 2013 solle eine neue Gesetzgebung in Ungarn in Kraft treten, welche die Inhaftierung von Asylbewerbern für maximal sechs Monate vorsehe und auch auf laufende Fälle Anwendung finden solle. Möglicherweise werde ihm nach geplanten Regelungen dieser Gesetzgebung vorgehalten, dass er sich im Dezember 2011 nach Ablehnung seines Asylantrages aus der Aufnahmeeinrichtung abgesetzt habe. Der UNHCR führe in seinem Bericht aus, dass er mit Besorgnis registriert habe, dass die Novellierung der EU-Richtlinie zu den Aufnahmebedingungen zuerst im Hinblick auf die Bestimmungen zur Inhaftierung von Asylbewerbern umgesetzt würden. Nach dem Bericht seien die Inhaftierungsgründe auch viel zu unbestimmt und es bestünde der Verdacht, dass das vorrangige Ziel der Gesetzesänderung die Verringerung der Zahl der Asylanträge sei. Ein weiterer Grund für Besorgnis sei, dass Asylbewerber nach den neuen Bestimmungen bezüglich ihrer Inhaftierung schärferen gesetzlichen Bedingungen als Personen in Migrationshaft ausgesetzt seien, die kein Asyl beantragt hätten. Schließlich werde große Besorgnis im Hinblick auf die Effizienz der gerichtlichen Kontrolle in Ungarn bezüglich der Verhängung und Verlängerung von Abschiebungshaft zum Ausdruck gebracht. Weiterhin sei auch zu beachten, dass ihm nach dem Bericht von Pro Asyl bei Erlangung eines Schutzstatus längerfristig mit hoher Wahrscheinlichkeit die Obdachlosigkeit und das Ausscheiden aus dem Sozialleistungssystem drohe. Die entsprechenden Ausführungen stünden in Einklang mit denjenigen des UNHCR in seinem Bericht von April 2012.
- 12
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und des beigezogenen Verwaltungsvorganges, der Gegenstand der Beratung gewesen ist, Bezug genommen.
II.
- 13
Der Senat entscheidet über die zulässige Berufung durch Beschluss nach § 130a Satz 1 VwGO, weil er sie einstimmig für begründet und bei geklärtem Sachverhalt keine mündliche Verhandlung für erforderlich hält.
- 14
Die Beteiligten wurden dazu angehört (§§ 130a Satz 2 i.V.m. 125 Abs. 2 Satz 3 VwGO). Eine erneute Anhörung auf Grund des Schriftsatzes des Klägers vom 10. Mai 2013 musste nicht erfolgen. Die Verfahrensbeteiligten sind nur dann durch eine erneute Anhörungsmitteilung von der fortbestehenden Absicht des Gerichts in Kenntnis zu setzen, ohne mündliche Verhandlung zu entscheiden, wenn nach der entsprechenden Ankündigung ein erheblicher Beweisantrag gestellt wurde oder sich die prozessuale Lage des Rechtsstreits nach einer Anhörungsmitteilung wesentlich ändert, etwa dadurch, dass ein Prozessbeteiligter seinen bisherigen Sachvortrag in erheblicher Weise ergänzt oder erweitert (vgl. BVerwG, Beschlüsse v. 17. August 2010 - 10 B 19/10 - und v. 15. Mai 2008 - 2 B 77/07 -, jeweils zit. nach JURIS). Eine solche erhebliche Änderung der Sachvortrags lag nicht vor.
- 15
Die Anfechtungsklage des Klägers ist nicht begründet. Denn der angefochtene Bescheid der Beklagten ist rechtmäßig und verletzt den Klägern nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 VwGO).
- 16
Der Asylantrag des Klägers ist gem. § 27a AsylVfG unzulässig. Ungarn ist nach der Verordnung (EG) Nr. 343/2003 des Rates vom 18. Februar 2003 (Abl Nr. L 50 S. 1) Dublin-II-VO - in Verbindung mit der Verordnung (EG) Nr. 1560/2003 der Kommission vom 2. September 2003 (ABl Nr. L 222 S. 3) der für die Durchführung des Asylverfahrens zuständige Staat.
- 17
Die Verpflichtung Ungarns ist unstreitig weder nach den einschlägigen Regelungen der Dublin-II-VO erloschen noch hat nach diesen Regelungen ein Übergang der Zuständigkeit auf die Beklagte oder einen anderen Staat stattgefunden.
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Die Beklagte ist für die Prüfung des Asylantrags des Klägers auch nicht gem. Art. 3 Abs. 2 der Dublin-II-VO zuständig.
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Danach kann abweichend von Absatz 1 jeder Mitgliedstaat einen von einem Drittstaatsangehörigen eingereichten Asylantrag prüfen, auch wenn er nach den in dieser Verordnung festgelegten Kriterien nicht für die Prüfung zuständig ist (Satz 1). Der betreffende Mitgliedstaat wird dadurch zum zuständigen Mitgliedstaat im Sinne dieser Verordnung und übernimmt die mit dieser Zuständigkeit einhergehenden Verpflichtungen (Satz 2). Der Europäische Gerichtshof - EuGH - hat zu der Reduzierung des in Art. 3 Abs. 2 Satz 1 Dublin-II-VO enthaltenen Ermessensspielraums entschieden, dass zwar die Vermutung gelte, dass die Behandlung der Asylbewerber in jedem einzelnen Mitgliedstaat in Einklang mit den Erfordernissen der Charta der Grundrechte der Europäischen Union sowie mit der Genfer Flüchtlingskonvention und der Europäischen Menschenrechtskonvention stehe. Allerdings könne nicht ausgeschlossen werden, dass dieses System in der Praxis auf größere Funktionsstörungen in einem bestimmten Mitgliedstaat stoße, so dass eine ernstzunehmende Gefahr bestehe, dass Asylbewerber bei einer Überstellung in diesen Mitgliedstaat in einer Weise behandelt werden, die mit ihren Grundrechten unvereinbar sei. Nicht jede Verletzung eines Grundrechts durch den zuständigen Mitgliedstaat oder jeder Verstoß gegen einzelne Bestimmungen der einschlägigen unionsrechtlichen Richtlinien berühre die Verpflichtungen der übrigen Mitgliedstaaten. Wenn dagegen dem Mitgliedstaat einschließlich der nationalen Gerichte nicht unbekannt sein könne, dass die systemischen Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber im zuständigen Mitgliedstaat ernsthafte und durch Tatsachen bestätigte Gründe für die Annahme darstellten, dass der Asylbewerber tatsächlich Gefahr laufe, einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne von Art. 4 der Charta ausgesetzt zu werden, obliege es ihnen, keine Überstellung vorzunehmen. Der Mitgliedstaat, der die Überstellung vornehmen müsste, sei in einem solchen Fall verpflichtet, den Asylantrag selbst zu prüfen, sofern nicht ein anderer Mitgliedstaat als für die Prüfung des Asylantrags zuständig bestimmt werden könne (so EuGH, Urt. v. 21. Dezember 2011 - C-411/10 und C-493/10 -, zit. nach JURIS, Rdnr. 80 ff.).
- 20
Es ist aber nicht ernsthaft zu befürchten, dass das Asyl(folge)verfahren und die Aufnahmebedingungen in Ungarn systemische Mängel aufweisen, die eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung im Sinne von Art. 4 der Charta implizieren (vgl. auch VG Augsburg, Beschl. v. 22. April 2013 - Au 6 S 13.30099 -; VG Regensburg, Urt. v. 8. Februar 2013 - RO 4 K 11.30204 -; VG Potsdam, Beschl. v. 26. Februar 2013 - 6 L 50/13.A -; VG Trier, Beschl. v. 15. Januar 2013 - 5 L 51/13.Tr -, jeweils zit. nach JURIS).
- 21
Die vom Verwaltungsgericht angenommenen Mängel in der Anwendung des einschlägigen ungarischen Asyl- und Ausländerrechts, insbesondere hinsichtlich der Behandlung sog. Dublin-Rückkehrer, sind durch die im November 2012 erfolgte Verabschiedung umfangreicher Gesetzesänderungen in hinreichender Weise abgestellt worden. Der Senat folgt insoweit den detaillierten Angaben des Mitarbeiters des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge, der als Liaisonmitarbeiter beim Ungarischen Amt für Staatsbürgerschaft und Einwanderung eingesetzt ist, und denen der Kläger nicht widersprochen hat. Auch in einem Bericht vom Dezember 2012 führt der Hohe Flüchtlingskommissar der Vereinten Nationen - UNHCR - aus, dass Dublin-Rückkehrer nicht inhaftiert werden und die Möglichkeit erhielten, ein noch nicht in der Sache geprüftes Asylverfahren zu Ende zu bringen. Soweit das VG Hannover in einem Beschluss vom 18. März 2013 (- 1 B 2448/13 -) eine abweichende Einschätzung vorgenommen hat, verwies das Gericht unter Bezugnahme auf eine ältere Entscheidung des VG Ansbach vom 7. Januar 2013 (- AN 11 E 13.30006 -) lediglich darauf, es handele sich bei den Gesetzesänderungen nach einem Bericht des UNHCR von April 2012 um einen Regelungsentwurf und damit sei erst recht noch keine Änderung in der Praxis eingetreten. Diese Einschätzung, der auch das Verwaltungsgericht (Beschl. v. 11. April 2013 - 9 B 140/13 -, zit. nach JURIS) folgt, ist inzwischen überholt.
- 22
Die Einwendungen des Klägers im Berufungsverfahren führen zu keiner anderen Beurteilung.
- 23
Ohne Erfolg macht er geltend, ab 1. Juli 2013 in Ungarn geltende Bestimmungen führten möglicherweise zu seiner Inhaftierung für bis zu sechs Monaten. Abgesehen davon, dass diese Bestimmungen noch nicht in Kraft getreten sind und nicht hinreichend feststeht ist, ob sie auf den Kläger überhaupt anwendbar sind, ist schon nach den insoweit maßgebenden Kriterien zum Ausmaß der Beeinträchtigungen von Grundrechten der Asylbewerber (vgl. dazu EuGH, Urt. v. 21. Dezember 2011, a.a.O., Rdnr. 81, 87 89; Schlussanträge in dem Verfahren C-411/10, zit. nach JURIS, Rdnr. 113 sowie in dem Verfahren C-4/11, zit. nach CURIA, Rdnr. 61; Hailbronner/Thym, NVwZ 2012, 406, 408) und dem dazu zu fordernden Umfang der Erkennbarkeit (vgl. dazu EuGH, Urt. v. 21. Dezember 2011, a.a.O., Rdnr. 89, 106; Schlussanträge in dem Verfahren C4/11, zit. nach EU-CURIA, Rdnr. 61) weder dargelegt noch sonst hinreichend ersichtlich, dass die geplanten Regelungen zu systemischen Mängeln i.S.d. Rechtsprechung des EuGH führen. Weder in der vom Kläger übermittelten Stellungnahme des Helsinki-Komitees noch in dem von ihm angeführten Bericht des UNHCR von April 2013 wird geltend gemacht, dass eine Inhaftierung von Asylbewerbern nach den geplanten Regelungen eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung darstellen würde. Insbesondere ist nicht dargelegt, dass Ungarn damit gegen Art. 5 Abs. 1 EMRK verstoßen würde. Auch wurde nicht behauptet, dass es sich dabei um eine Verletzung des Art. 18 Abs. 1 der Richtlinie 2005/85/EG des Rates vom 1. Dezember 2005 über Mindestnormen für Verfahren in den Mitgliedstaaten zur Zuerkennung und Aberkennung der Flüchtlingseigenschaft handelt, wonach die Mitgliedstaaten eine Person nicht allein deshalb in Gewahrsam nehmen, weil sie ein Asylbewerber ist. Vielmehr wird in dem Bericht des UNHCR gerade darauf verwiesen, dass Ungarn mit den Gesetzesänderungen teilweise Vorgaben einer (geplanten) Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates zur Festlegung von Normen für die Aufnahme von Asylbewerbern umsetzen wolle. Hinreichende Anhaltspunkte ergeben sich auch nicht daraus, dass der UNHCR hinsichtlich der Unbestimmtheit der Regelungen, der Effizienz der gerichtlichen Kontrolle und der Vergleichbarkeit mit Personen in Migrationshaft, die kein Asyl beantragt hätten, (große) Besorgnis zum Ausdruck bringt. Dass Haftbedingungen bestehen, welche die auf Grund der geplanten Regelungen inhaftierte Asylbewerber einer erniedrigenden Behandlung aussetzen (vgl. auch EGMR, Urt. v. 21. Januar 2011 30696/0 -, NVwZ 2011, 413, 414), ist ebenfalls weder dargelegt noch sonst ersichtlich, insbesondere nicht in den vom Kläger vorgelegten Stellungnahmen. Berichte zu Haftbedingungen aus der Vergangenheit bezogen sich auf Fälle der automatischen Inhaftierung von Asylbewerbern und Dublin-Rückkehrern. Eine solche automatische Inhaftierung findet gerade nicht mehr statt.
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Soweit der Kläger darauf verweist, es drohten "bei Erlangung eines Schutzstatus in Ungarn längerfristig mit hoher Wahrscheinlichkeit die Obdachlosigkeit und das Ausscheiden aus dem Sozialleistungssystem", ergibt sich schon aus den von ihm angeführten Stellungnahmen des UNHCR und von Pro Asyl nicht, dass derart eklatante Missstände vorliegen, die derzeit mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit erwarten lassen, dass Asylbewerber in Ungarn insoweit der Gefahr einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung (vgl. auch EGMR, Entscheidung v. 2. April 2013 - 27725/10 -, zit. nach HUDOC zu Italien) ausgesetzt sind.
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Selbst wenn man davon ausgeht, dass der Kläger mit seinen Einwendungen geltend machen will, ihm selbst drohe bei einer Überstellung nach Ungarn eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung im Sinne von Art. 4 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, und eine solche Einzelfallbetrachtung im Rahmen der Prüfung eines Selbsteintritts gem. Art. 3 Abs. 2 der Dublin-VO für notwendig erachtet (vgl. dazu Schlussanträge in dem Verfahren C-411/10, a.a.O., Rdnr. 112; Marx, NVwZ 2011, 409, 411 ff.; vgl. auch Hailbronner/Thym, NVwZ 2012, 406, 408), führt dies zu keinem anderen Ergebnis. Angesichts der vom EuGH dargelegten Bedeutung des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems und des diesem zugrunde liegenden Vertrauensgrundsatzes (vgl. Urt. v. 21. Dezember 2011, a.a.O., Rdnr. 75, 83 ff.) müsste eine solche Einzelfallbetrachtung denselben Prüfungsmaßstäben genügen wie der Nachweis systemischer Mängel. Nach den oben getroffenen Feststellungen ist aber die Gefahr einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung auch im (Einzel)Fall des Klägers weder hinreichend dargelegt noch sonst ersichtlich.
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Offen bleiben kann danach, welche subjektiven Ansprüche der Kläger überhaupt aus Art. 3 Abs. 2 der Dublin-II-VO herleiten kann (vgl. dazu Schlussanträge in dem Verfahren C-4/11, a.a.O.. Rdnr. 72 ff.).
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Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 154 Abs. 1 VwGO, 83b AsylVfG.
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Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
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Die Revision ist nicht zuzulassen, weil keiner der in § 132 Abs. 2 VwGO genannten Zulassungsgründe vorliegt.
Tenor
I.
Der Antrag wird mit der Maßgabe abgelehnt, dass die Antragsgegnerin vor der Überstellung der Antragsteller nach ... eine Garantieerklärung der ungarischen Behörden dafür einzuholen hat, dass die Familieneinheit der Antragsteller gewahrt wird und die Antragsteller zu 3) und 4) ihrem Alter entsprechend kindgerecht untergebracht werden.
II.
Die Antragsteller haben die Kosten des Verfahrens zu tragen. Gerichtskosten werden nicht erhoben.
III.
Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe und Beiordnung von Rechtsanwalt S., wird für das Antrags- und das Klageverfahren abgelehnt.
Gründe
I.
Die Antragsteller sind Staatsangehörige des Kosovo und Volkszugehörige der Ashkali. Sie meldeten sich am
Am
In dem persönlichen Gespräch zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedsstaates am
Aus einem Bildschirmausdruck in der Akte des Asylverfahrens (Bl. 68) geht hervor, dass das Bundeskriminalamt am
Am
Mit Schreiben vom
Mit Bescheid vom 13. August 2014 lehnte das Bundesamt die Anträge als unzulässig ab (Ziffer 1 des Bescheides) und ordnete die Abschiebung nach ... an (Ziffer 2). Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass ... aufgrund der dort bereits gestellten Asylanträge gemäß Art. 18 Abs. 1d Dublin III-VO für die Behandlung der Asylanträge zuständig sei. Außergewöhnliche humanitäre Gründe, die die Antragsgegnerin veranlassen könnten, ihr Selbsteintrittsrecht auszuüben, seien nicht ersichtlich. Die Antragsteller machten keine Gründe geltend, die gegen eine Überstellung nach ... sprächen. Auch anderweitig lägen dem Bundesamt keine entsprechenden Informationen vor. In ... lägen keine systemischen Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen im Sinne der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs vor. Der Bescheid wurde den Antragstellern am 18. August 2014 im Wege der Ersatzzustellung an den Leiter der Gemeinschaftsunterkunft zugestellt (Bl. 225 bis 228 der Bundesamtsakte).
Mit am
Gleichzeitig beantragen sie,
die aufschiebende Wirkung der Klage anzuordnen.
Des Weiteren wurde beantragt, den Antragstellern Prozesskostenhilfe unter Beiordnung des bevollmächtigten Rechtsanwaltes zu bewilligen.
Zur Begründung der Anträge wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass das Wiederaufnahmeersuchen nach Ablauf der Frist des Art. 23 Abs. 2 Dublin III-VO erfolgt sei, da die Frist bereits am
Zudem bestünden in ... systemische Mängel im Asylsystem und in den Aufnahmebedingungen. Auf das Positionspapier des UNHCR vom April 2012 „... als Asylland“, den Bericht von Pro Asyl vom 15. März 2012 „...: Flüchtlinge zwischen Haft und Obdachlosigkeit“, den Bericht des Hungarian Helsinki Committe vom 8. Oktober 2013 sowie den Bericht von bordermonitoring.eu vom Oktober 2013 mit dem Titel „...: Flüchtlinge zwischen Haft und Obdachlosigkeit“ werde verwiesen. Zudem werde auch auf die Stellungnahme des UNHCR vom 9. Mai 2014 an das Verwaltungsgericht Düsseldorf sowie auf die Anfragebeantwortung von ACCORD vom 8. August 2013 verwiesen.
Die Antragsgegnerin beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichts- sowie der vorgelegten Behördenakten Bezug genommen.
II.
Der zulässige, insbesondere innerhalb der Wochenfrist des § 34a Abs. 2 Satz 1 AsylVfG gestellte Antrag, die gemäß § 75 AsylVfG ausgeschlossene aufschiebende Wirkung der Klage anzuordnen, ist in der Sache nicht begründet. Das öffentliche Vollzugsinteresse überwiegt das private Interesse der Antragsteller, vorläufig bis zur Entscheidung in der Hauptsache noch im Bundesgebiet verbleiben zu dürfen, weil die im angefochtenen Bescheid des Bundesamtes vom 13. August 2014 enthaltene Abschiebungsanordnung bei der im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes gebotenen, aber auch ausreichenden summarischen Prüfung im maßgeblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung (§ 77 Abs. 1 AsylVfG) rechtmäßig ist und die Antragsteller nicht in ihren Rechten verletzt.
1. Die Abschiebungsanordnung in Ziffer 2 des Bescheides vom
Da sowohl der Asylantrag als auch das Wiederaufnahmeersuchen an ... nach dem
Eine subjektive Rechtsverletzung der Antragsteller i. S. d. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO durch die allein den (unmittelbaren) Gegenstand des Verfahrens des einstweiligen Rechtsschutzes nach § 80 Abs. 5 VwGO gegen die Überstellung an den zuständigen Mitgliedstaat bildende Abschiebungsanordnung nach § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylVfG kommt grundsätzlich nur im Falle der Verletzung materiell-rechtlicher Rechtspositionen der Antragsteller in Betracht. Denn nach der Konzeption des Individualrechtsschutzes, die nach Art. 19 Abs. 4 GG und §§ 42 Abs. 2, 113 Abs. 1 Satz 1 und 4 VwGO dem Rechtsschutzsystem der Verwaltungsgerichtsordnung zugrunde liegt, hat ein Rechtsbehelf gegen einen belastenden Verwaltungsakt nur dann Erfolg, wenn und soweit der Rechtsbehelfsführer durch einen Verstoß gegen Rechtsvorschriften in eigenen subjektiv-öffentlichen Rechten verletzt ist. Grundsätzlich vermögen solche subjektiv-öffentlichen Rechte nur Normen des materiellen (öffentlichen) Rechts zu verleihen, die (neben dem Allgemeininteresse zumindest auch) dem Schutz der Interessen von Personen in der rechtlichen Situation, in der sich die Antragsteller befinden, zu dienen bestimmt sind (Kopp/Schenke, VwGO, 19. Aufl. 2014, § 42 Rn. 71, 83 ff.). Wenngleich bei der unmittelbaren oder mittelbaren, d. h. durch deutsche Umsetzungsnormen vermittelten, Anwendung von Rechtsnormen des europäischen Unionsrechts eine weitere Auslegung des Begriffs des subjektiv-öffentlichen Rechts i. S. einer großzügigeren Bestimmung des Individualschutzgehaltes einer solchen Norm und des Kreises der dadurch geschützten Personen geboten ist, weil dem europäischen Unionsrecht ein anderes Konzept des Individualrechtsschutzes zugrunde liegt, ist doch auch hier erforderlich, dass die (möglicherweise) verletzte Rechtsnorm überhaupt einen individualschützenden Gehalt aufweist und die Antragsteller von ihrem Schutzbereich erfasst sind.
Die Fristbestimmungen des Art. 23 Abs. 2 Dublin III-VO weisen jedoch nach der vorläufigen Rechtsauffassung des Gerichtes keinen solchen individualschützenden Gehalt auf (vgl. VG Würzburg, B. v. 11.6.2014 - W 6 S 14.50065 - juris Rn. 18 ff.). Hinsichtlich eines (möglichen) Verstoßes gegen Verfahrensvorschriften setzt die Feststellung einer subjektiven Rechtsverletzung grundsätzlich voraus, dass der Verfahrensfehler zu einer Verletzung materiell-rechtlicher Rechtspositionen der Antragsteller geführt hat. Denn Verfahrensvorschriften sind grundsätzlich kein Selbstzweck, sondern dienen der Durchsetzung materieller Rechte. Sie können daher grundsätzlich nur mit Blick auf eine verfahrensrechtlich abgesicherte materiell-rechtliche Rechtsposition subjektiv-öffentliche Rechte begründen (sog. relatives Verfahrensrecht). Nach § 46 VwVfG setzt die Feststellung einer subjektiven Rechtsverletzung in diesem Falle außerdem voraus, dass nach den Umständen des Einzelfalles die konkrete Möglichkeit besteht, dass die Entscheidung in der Sache ohne den Verfahrensfehler anders ausgefallen wäre (st. Rspr., vgl. BVerwG, U. v. 31.7.2012 - 4 A 7001/11 u. a. - juris Rn. 34;
Im europäischen Unionsrecht ist ein Individualschutzgehalt u. a. bejaht worden hinsichtlich bestimmter als „Verfahrensgarantien“ bzw. „verfahrensrechtliche Mindestgarantien“ bezeichneter besonderer Verfahrensvorschriften, so hinsichtlich der Nachprüfung der Ausweisung eines freizügigkeitsberechtigten Unionsbürgers durch eine unabhängige Stelle (Vieraugenprinzip) nach Art. 9 Abs. 1 der Richtlinie 64/221/EWG (EuGH, U. v. 2.6.2005 - Dörr, C-136/03 - juris Rn. 42; U. v. 29.4.2004
Übertragen auf die Fristbestimmungen des Art. 23 Abs. 2 Dublin III-VO bedeutet dies, dass diese allenfalls als „Verfahrensgarantien“ angesehen werden könnten, die der Verwirklichung bestimmter materieller Rechte der Antragsteller zu dienen bestimmt sind. Als geschützte Rechte kommen insoweit nach Art. 51 Abs. 1 GR-Charta (nur) die auf der Ebene des europäischen Unionsrechts garantierten Grundrechte in Betracht. Denn beim Vollzug der Dublin III-VO - der auch die Entscheidung über die Ausübung des Selbsteintrittsrechtes nach Art. 17 Abs. 1 Dublin III-VO beinhaltet (EuGH, U. v. 21.12.2011 - N.S., C-411/110 - juris Rn. 64 ff.) - bewegen sich die mitgliedstaatlichen Behörden und Gerichte in einem unionsrechtlich determinierten Bereich (vgl. EuGH, U. v. 21.12.2011 - N.S., C-411/110 - juris Rn. 64 ff.; BVerfG, B. v. 4.10.2011 - 1 BvL 3/08 - juris Rn. 45 ff.; U. v. 2.3.2010 - 1 BvR 256/08
Durch eine - unterstellte - Fristüberschreitung nach Art. 23 Abs. 2 Dublin III-VO werden Grundrechte der Antragsteller jedoch nicht verletzt (vgl. VG Würzburg, B. v. 11.6.2014 - W 6 S 14.50065 - juris Rn. 18 ff.), weil die Fristbestimmungen und die mit einer Fristüberschreitung verbundene Rechtsfolge des Zuständigkeitsübergangs nach Art. 23 Abs. 3 Dublin III-VO der Sicherstellung des Rechtes auf Prüfung des Asylantrags in einem Mitgliedstaat dienen, nicht jedoch aus sich heraus subjektiv-öffentliche Rechte begründen.
Art. 23 Abs. 2 und 3 Dublin III-VO dienen dem Schutz des Rechts der Antragsteller auf Prüfung ihres Asylantrags in einem Mitgliedstaat des Dublin-Systems. Dieses Recht wird unter den Umständen des vorliegenden Falles durch eine Fristüberschreitung nicht verletzt. Art. 18 GR-Charta beinhaltet kein eigenständiges Asylgrundrecht (vgl. Rossi in Calliess/Ruffert, EUV/AEUV Art. 18 GR-Charta Rn. 2 f.; Streinz in Streinz, EUV/AEUV, Art. 18 GR-Charta Rn. 5; differenzierend Jarass, GR-Charta Art. 18 Rn. 2), sondern nimmt auf die für die Europäische Union und ihre Mitgliedstaaten verbindliche Genfer Flüchtlingskonvention und auf die entsprechenden Bestimmungen in den Verträgen (EUV und AEUV) Bezug. Auf europarechtlicher Ebene ist jedoch kein Recht auf Durchführung eines Asylverfahrens in dem vom Asylbewerber bestimmten Mitgliedstaat garantiert. Vielmehr dürfen die am Dublin-System beteiligten Staaten sich gegenseitig Vertrauen dahingehend entgegenbringen, dass das Asylverfahren in allen beteiligten Staaten den unionsrechtlichen und durch das Unionsrecht übernommenen völkerrechtlichen Mindestgarantien entspricht, insbesondere die Grund- und Menschenrechte der Asylbewerber generell gewährleistet (EuGH, U. v. 10.12.2013 - Adullahi, C-394/12
Durch eine Überschreitung der Frist für das Wiederaufnahmegesuch nach Art. 23 Abs. 2 Dublin III-VO wird unter den vorliegenden Umständen voraussichtlich auch nicht das Recht auf angemessene Verfahrensdauer verletzt. Das Grundrecht auf eine gute Verwaltung nach Art. 41 Abs. 1 GR-Charta beinhaltet zwar ein Recht auf Sachbehandlung eines Antrags durch die Verwaltung in angemessener Zeit (Ruffert in Calliess/Ruffert, EUV/AEUV, Art. 41 GR-Charta Rn. 12; Streinz in Streinz, EUV/AEUV, Art. 41 GR-Charta Rn. 7, Jarass, GR-Charta Art. 41 Rn. 16). Dieses Recht gilt als Jedermannsrecht auch für die Antragsteller als Drittstaatsangehörige (Ruffert a. a. O. Rn. 5; Streinz a. a. O. Rn. 13; Jarass, GR-Charta, Art. 41 Rn. 11). Dieses Recht der Antragsteller ist jedoch durch eine (allenfalls geringfügige) Überschreitung der Frist gem. Art. 23 Abs. 2 Dublin III-VO nicht verletzt. Die Antragsteller haben am 5. Mai 2014 im Bundesgebiet Asyl beantragt. Am 7. Mai 2014 oder 30. Juni 2014 ist dem Bundesamt das Vorliegen des Eurodac-Treffers bekannt geworden. Am 31. Juli 2014 hat das Bundesamt die ungarischen Behörden um Wiederaufnahme der Antragsteller ersucht, am 12. August 2014 erfolgte die Zustimmung ...s und am 13. August 2014 ist die Abschiebungsanordnung ergangen (zugestellt am 18. August 2014). Damit ist zwischen der Kenntnis des Bundesamtes vom Vorliegen eines Eurodac-Treffers - unabhängig davon, auf welches der beiden in Betracht kommenden Daten man abstellt - und der Stellung des Wiederaufnahmegesuchs ein Zeitraum von weniger als sechs Monaten vergangen. In einem solchen Fall wurde unter der Geltung der Dublin II-VO, die eine Frist für das Wiederaufnahmeersuchen nicht vorsah, nicht von einer überlangen Verfahrensdauer ausgegangen (für die Annahme einer unangemessenen Verfahrensverzögerung erst ab einem Untätigbleiben von deutlich über einem Jahr VG Würzburg, U. v. 27.8.2014 - W 7 K 14.30286 - UA Seite 12; VG Stuttgart, U. v. 28.2.2014 - A 12 K 383/14 - juris Rn. 23). Für die Dublin III-VO kann im Hinblick auf die Frage einer Verletzung des Art. 41 GR-Charta nichts anderes gelten. Denn die vorgesehene Zweiwochenfrist für das Wiederaufnahmeersuchen bei Vorliegen eines Eurodac-Treffers dient ersichtlich nicht der Konkretisierung der „angemessenen Verfahrensdauer“ i. S. d. Art. 41 Abs. 1 GR-Charta. Vielmehr hat diese Frist den Zweck, das Verfahren der Zuständigkeitsermittlung nach der Dublin III-VO im Interesse einer reibungslosen Zusammenarbeit der Mitgliedstaaten zu beschleunigen (EuGH, U. v. 10.12.2013 - Abdullahi, C-394/12
2. Die Antragsteller werden unter Beachtung der in Ziffer I. des Tenors enthaltenen Maßgabe voraussichtlich auch nicht dadurch in ihren Rechten verletzt, dass in Ziffer 2 des Bescheides vom
Außergewöhnliche Umstände, die möglicherweise für eine Selbsteintrittspflicht der Antragsgegnerin nach Art. 17 Abs. 1 Dublin III-VO bzw. für Ermessensfehler bei der Entscheidung der Antragsgegnerin über den Verzicht auf Ausübung des Selbsteintrittsrechts und deshalb für ein Recht der Antragsteller (zumindest) auf ermessensfehlerfreie Entscheidung sprechen könnten, sind vorliegend nicht glaubhaft gemacht.
Insbesondere ist nach derzeitigem Erkenntnisstand und unter Berücksichtigung der hierzu einschlägigen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH, U. v. 21.12.2011 - C-411/10 u. a. - NVwZ 2012, 417 ff.) sowie des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR, U. v. 3.7.2014 - 71932/12 - UA Rn. 68 ff.; U. v. 6.6.2013
Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) ist eine Überstellung eines Asylbewerbers an einen anderen Mitgliedstaat nur dann zu unterlassen, wenn ernsthaft zu befürchten ist, dass das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen für Asylsuchende im zuständigen Mitgliedstaat systemische Mängel aufweisen, die eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung der (rück-)überstellten Asylsuchenden i. S. v. Art. 4 GR-Charta zur Folge hätten (EuGH, U. v. 21.12.2011 - C-411/10 u. a. - NVwZ 2012, 417/419 f.). Daraus kann jedoch nicht geschlossen werden, dass jeder Verstoß eines zuständigen Mitgliedstaates gegen einzelne unionsrechtliche Bestimmungen zur Folge hätte, dass der Mitgliedstaat, in dem ein (weiterer) Asylantrag eingereicht wurde, daran gehindert wäre, den Asylsuchenden an den zuständigen Staat zu überstellen (EuGH, U. v. 21.12.2011 - C-411/10 u. a. - NVwZ 2012, 417/419). Denn eine solche Sichtweise würde den Kern und die Verwirklichung des Ziels der Dublin-Verordnungen gefährden, rasch denjenigen Mitgliedstaat zu bestimmen, der für die Entscheidung über einen Asylantrag zuständig ist (EuGH, U. v. 21.12.2011 - C-411/10 u. a. - NVwZ 2012, 417/419).
Unter Berücksichtigung dieser Vorgaben ist das Gericht nicht davon überzeugt, dass derartige systemische Mängel bezüglich der Asylpraxis in ... (derzeit) vorliegen. Das Gericht teilt vielmehr insoweit aufgrund im Folgenden noch darzulegender eigener Prüfung der Sach- und Rechtslage die Einschätzung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR, U. v. 3.7.2014 - 71932/12 - UA Rn. 68 ff.; U. v. 6.6.2013 - 2283/12 - Asylmagazin 10/2013, 342 ff.) sowie einiger anderer deutscher Verwaltungsgerichte, die systemische Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen in ... verneinen (VGH BW, B. v. 6.8.2013 - 12 S 675/13 - juris; OVG LSA, B. v. 31.5.2013 - 4 L 169/12; VG Würzburg, U. v. 23.9.2014 - W 1 K 14.50050 - UA S. 8 ff.; VG Würzburg, B. v. 25.8.2014 - W 6 S 14.50100 - juris Rn. 17 ff.;
Nach der Berichterstattung des UNHCR zum Asylland ... vom Dezember 2012 hat das ungarische Parlament im November 2012 umfassende Gesetzesänderungen verabschiedet. Danach werden Asylsuchende nicht mehr ohne sachliche Prüfung ihres Asylantrags nach Serbien oder in die Ukraine zurückgeschoben und nicht inhaftiert, wenn sie den Asylantrag unverzüglich nach der Einreise einreichen. „Dublin-Rückkehrer“ werden nicht automatisch inhaftiert und erhalten die Möglichkeit, ein noch nicht in der Sache geprüftes Asylverfahren zu Ende zu bringen. Bestätigt werden diese Verbesserungen durch das Hungarian Helsinki Committee (HHC, Brief information note on the main asylum-related legal changes in Hungary as of 1 July 2013, Seite 1; in englischer Sprache im Internet abrufbar). Dass die Antragsteller nach einer Rücküberstellung nach ... unmittelbar nach Griechenland weitergeschoben würden, ist damit aufgrund dieser Erkenntnisquellen nicht anzunehmen. Gegenteiliges lässt sich auch dem Bericht von bordermonitoring.eu vom Oktober 2013, ...: Flüchtlinge zwischen Haft und Obdachlosigkeit, nicht entnehmen.
Mögliche systemische Mängel des ungarischen Asylsystems werden in jüngerer Zeit primär auf die im Juli 2013 in ... in Kraft getretene Gesetzesnovelle gestützt, wonach die Inhaftierung von Asylsuchenden für bis zu sechs Monaten möglich ist (vgl. hierzu etwa VG Frankfurt/Oder, B. v. 24.7.2013 - VG 1 L 213/13.A; VG München, B. v. 4.10.2013 - M 23 S 13.30926). Auch dieser Umstand vermag nach Auffassung des Gerichts - jedenfalls derzeit - systematische Mängel nicht zu begründen. So entsprechen die in Art. 31 A Abs. 1 des ungarischen Gesetzes (eine englische Version dieses Gesetzes findet sich in dem in englischer Sprache verfassten Bericht: UNHCR comments and recommendations on the draft modification of certain migration-related legislative acts for the purpose of legal harmonisation; abrufbar im Internet) genannten Haftgründe ganz überwiegend denen des Art. 8 Abs. 3 der Richtlinie (RL) 2013/33/EU, die am 19. Juli 2013 in Kraft getreten ist. Entsprechend den Vorgaben dieser Richtlinie darf nach Art. 31 A Abs. 3 des ungarischen Gesetzes eine solche Inhaftierung nur aufgrund einer individuellen Ermessensentscheidung erfolgen (vgl. insoweit Art. 8 Abs. 2 RL 2013/33/EU). Auch darf eine solche Inhaftierung nach Art. 31 B Abs. 1 des ungarischen Gesetzes nicht alleine deswegen erfolgen, weil die Antragsteller einen Asylantrag gestellt haben (vgl. Art. 8 Abs. 1 RL 2013/33/EU). Dass allein aufgrund dieser Neuregelungen das ungarische Asylsystem an systemischen Mängeln leidet, die eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung der Asylsuchenden zur Folge hätten, ist damit nicht ersichtlich. Kritisiert wurde diesbezüglich nur, dass die ungarischen Regelungen zum Teil zu unbestimmt gefasst seien und damit die Gefahr einer missbräuchlichen Anwendung bestünde (so HHC, Brief Information Note, S. 2 f.; European Council on Refugees and Exiles in seinem Bericht: Hungary passes legislation allowing widespread detention of asylum seekers; zugänglich im Internet in englischer Sprache; UNHCR comments and recommendations, S. 9).
Dass es tatsächlich zu einer systematischen, missbräuchlichen Anwendung der Inhaftierungsvorschriften komme oder bereits gekommen sei, kann diesen Berichten dagegen gerade nicht entnommen werden (vgl. hierzu nur HHC, Brief Information Note, S. 4, wo explizit darauf hingewiesen wird, dass die zukünftige Umsetzung und Anwendung dieser Gesetzesnovelle beobachtet werden muss). Gegenteiliges ist auch dem angeführten Bericht von bordermonitoring.eu, ...: Flüchtlinge zwischen Haft und Obdachlosigkeit, vom Oktober 2013 nicht zu entnehmen. Auch dort wird insoweit nur kritisiert, dass die entsprechenden Normen weit gefasst seien (vgl. S. 35 des genannten Berichts). Entsprechende Erkenntnismittel, die insoweit bereits bestehende systemische Mängel festgestellt hätten, sind aber bislang weder vorgetragen noch ersichtlich. Soweit und solange sich aber keine gegenteiligen Anhaltspunkte ergeben, ist in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (vgl. EuGH, U. v. 21.12.2011 - C-411/10 u. a. - NVwZ 2012, 417 ff.) davon auszugehen, dass auch für ... die Vermutung besteht, dass Asylsuchende jedenfalls seit November 2012 (wieder) in Einklang mit den Vorgaben der Grundrechtecharta, der Genfer Flüchtlingskonvention und der EMRK behandelt werden.
Schließlich geht das Gericht davon aus, dass nach derzeitiger Erkenntnislage die Lebensbedingungen insbesondere für anerkannte Flüchtlinge und subsidiär Schutzberechtigte in ... zwar schwierig sind (vgl. hierzu den Bericht von bordermonitoring.eu, ...: Flüchtlinge zwischen Haft und Obdachlosigkeit, vom Oktober 2013, S. 16 ff. und S. 35 f.). Diese stellen sich, unabhängig von der Frage, ob den Antragstellern ein solcher Status überhaupt zuerkannt werden wird, nach Auffassung des Gerichts aber als nicht so gravierend dar, dass diese entsprechend der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung im Sinne von Art. 4 GR-Charta zur Folge hätten. Denn von einem schwierigen Arbeitsmarkt sind die ungarischen Staatsangehörigen gleichermaßen betroffen. Darüber hinaus ergibt sich aus dem vorgelegten Bericht, dass Flüchtlinge und subsidiär Schutzberechtigte durchaus Anspruch auf öffentliche Leistungen haben (vgl. den genannten Bericht von bordermonitoring.eu, S. 16). Dass trotz dieser Unterstützungsleistungen anerkannten Flüchtlingen und subsidiär Schutzberechtigten in ganz ... in systemischer Weise Obdachlosigkeit drohen würde, ist durch diesen Bericht dagegen nicht glaubhaft gemacht. So wird dort insbesondere auf Mietkosten in der Hauptstadt Budapest abgestellt, wo die Mietkosten deutlich höher sein dürften als im restlichen ... (vgl. bordermonitoring.eu, ...: Flüchtlinge zwischen Haft und Obdachlosigkeit, vom Oktober 2013, S. 16). Auch dieser Gesichtspunkt steht einer Rücküberstellung der Antragsteller daher nicht entgegen (so auch VG Würzburg B. v. 21.3.2014 - W 1 S 14.30147;
Weder das Vorbringen der Antragsteller noch die neueren Erkenntnismittel, insbesondere der Bericht des Hungarian Helsinki Committee vom Mai 2014, die Auskunft von UNHCR an das Verwaltungsgericht Düsseldorf
Das Gericht verkennt nicht das Bestehen der in den vorliegenden Berichten dargestellten Missstände insbesondere der Inhaftierungspraxis in ... Diese begründen jedoch für sich keine systemischen Mängel. Denn weiterhin ist festzuhalten, dass der UNHCR bislang keine systemischen Mängel des Asylverfahrens oder Aufnahmebedingungen in ... explizit festgestellt und keine generelle Empfehlung ausgesprochen hat, im Rahmen des Dublin-Verfahrens Asylbewerber nicht nach ... zu überstellen. Dem Fehlen einer solchen generellen Empfehlung des UNHCR kommt insoweit besondere Bedeutung zu. Denn die vom Amt des UNHCR herausgegebenen Dokumente sind im Rahmen der Beurteilung der Funktionsfähigkeit des Asylsystems in einem Mitgliedstaat angesichts der Rolle, die dem UNHCR durch die - bei der Auslegung des unionsrechtlichen Asylverfahrensrechts zu beachtende - Genfer Flüchtlingskonvention übertragen worden ist, besonders relevant (vgl. EuGH, U. v. 30.5.2013 - Halaf, C-528/11 - NVwZ-RR 2013, 660).
Auch unter Einbeziehung der neuesten Berichte zur tatsächlichen Situation in ..., insbesondere im Hinblick auf die regelmäßige Inhaftierung von Dublin-Rückkehrern, ist festzustellen, dass die dort genannten Missstände nach Überzeugung des Gerichts jedenfalls nicht die Qualität systemischer Mängel erreichen. Das Gericht folgt nicht der Rechtsprechung, die das Vorliegen systemischer Mängel im Hinblick auf die Inhaftierungspraxis nunmehr für gegeben bzw. für überprüfungsbedürftig hält (so VG München, B. v. 26.6.2014 - M 24 S 14.50325 - juris; VG Düsseldorf, B. v. 27.8.2014 - 14 L 1786/14.A - juris;
Im Übrigen droht den Antragstellern als Familie mit (minderjährigen) Kindern in ... nach derzeitiger Erkenntnislage ohnehin keine Inhaftierung. Denn dem aktuellen aida-Bericht (European Council on Refugees and Exiles - ECRE, Asylum Information Database - aida, National Report, Hungary vom 30.4.2014, S. 48) ist zu entnehmen, dass in ... Frauen und Familien mit Kindern in der Praxis nicht mehr inhaftiert werden (ebenso VG Stade, B. v. 14.7.2014 - 1 B 862/14 - juris Rn. 13; VG Düsseldorf, B. v. 27.8.2014 - 14 L 1786/14.A - juris Rn. 87 ff.; anderer Ansicht, jedoch ohne Auseinandersetzung mit dem o. g. Bericht: VG München, B. v. 30.5.2014 - M 10 S 14.50134, M 10M 10 S 14.50136, M 10 S M 10 S 14.50138 - juris Rn. 20 ff.;
Eine Rückführung der Antragsteller nach ... unter der in Ziffer I. des Tenors bezeichneten Maßgabe steht auch im Einklang mit der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte sowie des Bundesverfassungsgerichts. Der EGMR führte in der Entscheidung Tarakhel/Schweiz - dort zu einer Überstellung nach Italien - aus, dass eine Verletzung von Art. 3 EMRK dann gegeben ist, wenn Asylbewerber nach Italien überstellt werden, ohne dass zuvor seitens der Behörden des rückführenden Staates individuelle Garantien von den italienischen Behörden eingeholt wurden (EGMR, U. v. 4.11.2014 - Tarakhel/Schweiz, Nr. 29217/12
4. Der Antrag war daher mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzulehnen. Gerichtskosten werden nicht erhoben (§ 83b AsylVfG).
Tenor
Der Antrag wird abgelehnt.
Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens, für das Gerichtskosten nicht erhoben werden.
1
Gründe
2I.
3Die am 0. Mai 1987 geborene Antragstellerin ist eritreische Staatsangehörige und begehrt einstweiligen Rechtsschutz gegen ihre Abschiebung nach Ungarn.
4Die Antragstellerin reiste nach eigenen Angaben am 27. Januar 2014 in das Bundesgebiet ein und stellte am 28. Januar 2014 einen Asylantrag.
5Zu ihrem Reiseweg befragt, gab sie an, dass sie im Jahr 2002 zu Fuß Eritrea verlassen, sich etwa einen Monat im Sudan aufgehalten habe und dann mit dem Flugzeug nach T. geflogen sei. Dort habe sie sich etwa drei Jahre lang aufgehalten. Mit dem Bus sei sie dann in die Türkei und nach ein paar Tagen mit dem Boot nach Griechenland gereist, wo sie etwa sieben Jahre lang gelebt habe. Schließlich sei sie über Albanien, Montenegro, Serbien und Ungarn bis nach Deutschland gereist. Auf die Frage, warum sie nach Deutschland gekommen sei, gab sie an, dass sie ihren (damaligen) Lebensgefährten, Herrn G. N. T1. , begleitet habe.
6In dem handschriftlich auszufüllenden Fragebogen im Rahmen des persönlichen Gesprächs zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaates zur Durchführung des Asylverfahrens am 28. Januar 2014 in E. unterstrich die Antragstellerin bei „Familienstand“ das Wort „Single“, schrieb aber handschriftlich daneben das Wort „married“ sowie „N. G. . Mein Mann.“ Während des persönlichen Gesprächs antwortete sie wiederum auf die Frage, ob sie verheiratet sei, mit „nein“.
7G. N. T1. , geboren am 00. Juni 1979, hatte am 4. Januar 2014 in Ungarn und am 27. Januar 2014 in Deutschland einen Asylantrag gestellt. Unter dem 11. März 2014 nahmen die ungarischen Behörden das diesbezüglich gestellte Wiederaufnahmegesuch des Bundesamtes an und fragten zugleich, ob das Bundesamt über Informationen zu seiner angeblichen Ehefrau, der Antragstellerin, verfüge. Das gegen die Anordnung seiner Abschiebung nach Ungarn gerichtete Eilverfahren war nach Auskunft des Bundesamtes erfolglos.
8Am 11. April 2014 stellte das Bundesamt hinsichtlich der Antragstellerin ein Aufnahmegesuch an Ungarn mit der Begründung, dass die Zuständigkeit Ungarns aus Art. 11 b der Verordnung (EU) 604/2013 vom 26. Juni 2013 (Dublin-III-VO) folge. Unabhängig von der Frage, ob die Antragstellerin mit Fathi N. T1. verheiratet sei oder nicht, hätten beide jedenfalls eine dauerhafte Beziehung im Sinne von Art. 2 g) 1. Spiegelstrich Dublin-III-VO miteinander geführt. Ferner habe Fathi N. T1. den Asylantrag in Deutschland einen Tag vor der Antragstellerin gestellt. Schließlich wies das Bundesamt darauf hin, dass nach den EURODAC-Erkenntnissen die Antragstellerin bereits am 14. Dezember 2009 in Griechenland einen Asylantrag gestellt und dort etwa von 2009 bis 2013 gelebt hatte.
9Die ungarischen Behörden nahmen unter dem 22. April 2014 das Aufnahmegesuch des Bundesamtes unter Berufung auf Art. 18 Abs. 1 Buchst. b) Dublin III-VO an. Weiter heißt es in der Mitteilung:
10“Hereby we kindly inform you that the above named person applied for asylum in Hungary on 04.01.2014, but absconded presently, following which her asylum procedure was terminated.”
11Unter dem 8. Mai 2014, zugestellt am 20. Mai 2014, lehnte das Bundesamt den Asylantrag der Antragstellerin als unzulässig ab und ordnete die Abschiebung nach Ungarn an. Zur Begründung führte es aus, dass die Unzulässigkeit aus § 27a AsylVfG folge, da Ungarn nach Art. 18 Abs. 1 Buchst. b Dublin III-VO für die Behandlung des Antrags zuständig sei. Außergewöhnliche humanitäre Gründe, die die Bundesrepublik Deutschland veranlassen könnten, ihr Selbsteintrittsrecht gemäß Art. 17 Abs. 1 Dublin III-VO auszuüben, seien nicht ersichtlich. Das Bundesamt gehe davon aus, dass in Ungarn keine systemischen Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen vorliegen. Weder der UNHCR, noch das Hungarian Helsinki Commitee oder der European Refugee Council hätten eine generelle Empfehlung ausgesprochen, Asylbewerber im Rahmen des Dublin-Verfahrens nicht nach Ungarn zu überstellen. Zwar sei seit der Gesetzesänderung zum 1. Juli 2013 nach dem ungarischen Asylgesetz die Verhängung von sogenannter Asylhaft möglich. Die Voraussetzungen für die Asylhaft seien aber detailliert in Art. 31 A des ungarischen Asylgesetzes geregelt, deren Haftgründe sich an der Richtlinie 2013/33/EU des Europäischen Parlamentes und des Rates vom 26.06.2013 zur Festlegung von Normen für die Aufnahme von Personen, die internationalen Schutz beantragen (Neufassung der EU-Aufnahmerichtlinie) orientierten und mit den dort genannten Gründen für die Haft überwiegend übereinstimmten. Nach Informationen des Direktors des ungarischen Asyldirektorates würden darüber hinaus Asylantragsteller aus sogenannten anerkennungsträchtigen Herkunftsländern weder in Asylhaft noch in Abschiebehaft genommen. Bei solchen anerkennungsträchtigen Herkunftsländern handele es sich derzeit um T. , Somalia und Eritrea, für die eine dichte Verfolgungslage angenommen werde. Es lägen auch keine sonstigen außergewöhnlich schwerwiegenden humanitären Gründe gegen eine Überstellung vor. Insbesondere folge weder aus dem UNHCR Bericht vom 12. April 2013 auf die Unterbringung von anerkannten Asylsuchenden in Ungarn, noch aus der Stellungnahme von ProAsyl vom Februar 2012 („Ungarn: Flüchtlinge zwischen Haft und Obdachlosigkeit“), dass derart eklatante Missstände vorliegen würden, die derzeit mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit erwarten lassen, dass Asylbewerber in Ungarn insoweit der Gefahr einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung ausgesetzt seien.
12Gegen den Bescheid vom 8. Mai 2014 hat die Antragstellerin am 27. Mai 2014 Klage (6 K 3565/14.A) erhoben, über die noch nicht entschieden worden ist, und Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes gestellt.
13Zur Begründung trägt sie zum einen vor, dass Art. 11 Buchst. b Dublin III-VO vorliegend keine Anwendung finde, da die Antragstellerin mit Herrn T1. nicht offiziell verheiratet sei. Die Beziehung sei beendet und es bestehe auch kein Interesse an ihrer Fortführung. In Griechenland sei eine Eheschließung mit Herrn T1. lediglich durch einen Imam erfolgt, eine offizielle Hochzeit habe aber nicht stattgefunden, sodass die Ehe keine Rechtsgültigkeit entfalte. Nicht verheiratete Paare würden schließlich in Griechenland ausländerrechtlich nicht vergleichbar mit verheirateten Paaren behandelt.
14Ferner sei zu berücksichtigen, dass die Antragstellerin erstmals über Griechenland in die Europäische Union eingereist sei. Damit sei die Zuständigkeit Griechenlands begründet worden. Die Antragstellerin habe zwar kurzzeitig das Gebiet der Mitgliedstaaten verlassen, um über Albanien nach Serbien und dann schließlich nach Ungarn einzureisen. Da dies aber nicht einen Zeitraum von drei Monaten überschritten habe, sei die Zuständigkeit Griechenlands hierdurch nicht nach Art. 19 Abs. 2 Dublin III-VO erloschen. Die Zuständigkeit Griechenlands sei jedoch gemäß Art. 13 Abs. 1 Satz 2 Dublin III-VO nach zwölf Monaten des illegalen Grenzübertritts erloschen. Die Antragstellerin habe sich anschließend in keinem anderen Mitgliedstaat länger als fünf Monate aufgehalten, sodass auch über § 13 Abs. 2 Dublin III-VO keine neue Zuständigkeit begründet worden sei.
15Einer Zuständigkeit Ungarns stünden schließlich systemische Mängel des ungarischen Asylsystems entgegen. Die Klägerin hätte in Ungarn keinerlei Zugang zu einem (erneuten) Asylverfahren und liefe Gefahr, nach Serbien oder sogar nach Eritrea abgeschoben zu werden. Ferner bestehe die Gefahr der Inhaftierung. Eine solche drohe Asylbewerbern unter anderem in den Fällen, in denen die Betroffenen untergetaucht seien. Die ungarischen Behörden hätten bereits mitgeteilt, dass sie von einem solchen Untertauchen bei der Antragstellerin ausgingen. Selbst aber wenn die Antragstellerin nicht inhaftiert würde, würde ihr nach kurzer Zeit Obdachlosigkeit ohne staatliche Unterstützung drohen.
16Die Antragstellerin beantragt,
17die aufschiebende Wirkung der Klage (6 K 3565/14.A) gegen die Abschiebungsandrohung nach Ungarn in Ziffer 2. des Bescheides des Bundesamtes vom 8. Mai 2014 anzuordnen.
18Die Antragsgegnerin beantragt,
19den Antrag abzulehnen.
20II.
21Der zulässige Antrag hat keinen Erfolg. Er ist unbegründet.
22Nach § 80 Abs. 5 VwGO kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag die aufschiebende Wirkung der Klage im Fall des hier einschlägigen § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO, § 75 AsylVfG ganz oder teilweise anordnen. Das Gericht trifft dabei eine eigene Ermessensentscheidung. Nicht erforderlich sind insoweit ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Bescheides, denn die Regelung des § 36 Abs. 4 AsylVfG ist hier nicht (entsprechend) anwendbar.
23Vgl. VG Trier, Beschluss vom 18. September 2013 – 5 L 1234/13.TR –, juris Rn. 5 ff. m.w.N.; VG Göttingen, Beschluss vom 17. Oktober 2013 – 2 B 844/13 –, juris Rn. 3; VG Düsseldorf, Beschluss vom 7. Januar 2014 – 13 L 2168/13.A –, juris.
24Das Gericht hat nach den allgemeinen Grundsätzen zu § 80 Abs. 5 VwGO bei der Entscheidung über die Anordnung der aufschiebenden Wirkung zwischen dem sich aus der Regelung des § 75 AsylVfG ergebenden öffentlichen Interesse an der sofortigen Vollziehung des ablehnenden Bescheids und dem Interesse des jeweiligen Antragstellers an der aufschiebenden Wirkung seines Rechtsbehelfs abzuwägen. Bei dieser Abwägung sind die Erfolgsaussichten des Hauptsacheverfahrens zu berücksichtigen. Ergibt die im Rahmen des Verfahrens nach § 80 Abs. 5 VwGO allein erforderliche summarische Prüfung, dass der Rechtsbehelf voraussichtlich erfolglos sein wird, tritt das Interesse des Antragstellers regelmäßig zurück. Erweist sich der Bescheid bei dieser Prüfung dagegen als rechtswidrig, besteht kein Interesse an dessen sofortiger Vollziehung. Ist der Ausgang des Hauptsacheverfahrens nicht hinreichend absehbar, verbleibt es bei einer allgemeinen Interessenabwägung.
25Die Interessenabwägung fällt vorliegend zu Lasten der Antragstellerin aus. Denn im maßgeblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung (§ 77 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG) ist nach summarischer Prüfung davon auszugehen, dass die Abschiebungsandrohung nach Ungarn in Ziffer 2. des Bescheides vom 8. Mai 2014 rechtmäßig ist.
26Rechtsgrundlage für die Anordnung der Abschiebung ist § 34a Abs. 1 Satz 1 Alt. 2 AsylVfG. Danach ordnet das Bundesamt die Abschiebung in den für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat an, sobald feststeht, dass sie durchgeführt werden kann.
27Die Antragsgegnerin ist zutreffend davon ausgegangen, dass Ungarn nach Maßgabe des insoweit gemäß Art. 49 Unterabs. 2 Satz 1 der Dublin III-VO anwendbaren Zuständigkeitsregimes dieser Verordnung für die Prüfung des am 28. Januar 2014 in Deutschland angebrachten Asylantrages der Antragstellerin zuständig ist (1.). Ein Zuständigkeitswechsel hin zur Antragsgegnerin aufgrund von Art. 3 Abs. 2 Unterabs. 3 Dublin III-VO ist nicht eingetreten. Systemische Mängel des Asylverfahrens oder der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber in Ungarn stehen einer Abschiebung nicht entgegen (2.).
281. Nach Art. 3 Abs. 1 Satz 1 Dublin III-VO prüfen die Mitgliedstaaten jeden Asylantrag, den ein Drittstaatenangehöriger im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats stellt. Nach Satz 2 der Regelung wird der Antrag grundsätzlich nur von einem einzigen Mitgliedstaat geprüft, der nach den Kriterien des Kapitels III der Dublin III-VO (Art. 7 bis 15 Dublin III-VO) als zuständiger Mitgliedstaat bestimmt wird. Lässt sich anhand dieser Kriterien der zuständige Mitgliedstaat nicht bestimmen, ist nach Art. 3 Abs. 2 Unterabs. 1 Dublin III-VO der erste Mitgliedstaat, in dem der Antrag auf internationalen Schutz gestellt wurde, für dessen Prüfung zuständig.
29Abweichend hiervon eröffnet Art. 17 Abs. 1 Unterabs. 1 Dublin III-VO jedem Mitgliedstaat die Möglichkeit, einen bei ihm von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen gestellten Antrag auf internationalen Schutz zu prüfen, auch wenn er nach den in der Dublin III-VO festgelegten Kriterien nicht für die Prüfung zuständig ist. In einem solchen Fall wird nach Art. 17 Abs. 1 Unterabs. 2 Satz 1 Dublin III-VO dieser zum zuständigen Mitgliedstaat.
30Danach folgt die Zuständigkeit Ungarns vorliegend jedenfalls aus Art. 17 Abs. 1 Unterabs. 1 und 2 Satz 1 Dublin III-VO.
31Ungarn hat auf das am 11. April 2014 vom Bundesamt gestellte Ersuchen um Wiederaufnahme der Antragstellerin am 22. April 2014 – und damit innerhalb der nach Artikel 25 Absatz 1 Satz 1 Dublin III-VO maßgeblichen Monatsfrist nach Stellung des Wiederaufnahmeersuchens – seine Zuständigkeit für den Asylantrag der Antragstellerin erklärt. Damit ist Ungarn gemäß Artikel 29 Absatz 1 Unterabsatz 1 Dublin III-VO verpflichtet, die Antragstellerin innerhalb einer Frist von sechs Monaten, nachdem es die Wiederaufnahme akzeptiert hat, bzw. innerhalb von sechs Monaten nach der Entscheidung über den Rechtsbehelf, wenn dieser aufschiebende Wirkung hat, wieder aufzunehmen. Diese Frist, nach deren Ablauf die Zuständigkeit auf den ersuchenden Mitgliedstaat übergeht (Art. 29 Abs. 2 Satz 1 Dublin III-VO), ist noch nicht abgelaufen. Die Überstellung kann noch bis zum 22. Oktober 2014 erfolgen.
322. Die Antragsgegnerin ist nicht nach Art. 3 Abs. 2 Unterabs. 3 Dublin III-VO zuständig geworden.
33Nach Art. 3 Abs. 2 Unterabs. 3 Dublin III-VO wird der die Zuständigkeit prüfende Mitgliedstaat zum zuständigen Mitgliedstaat, wenn es sich als unmöglich erweist, einen Antragsteller an den zunächst als zuständig bestimmten Mitgliedstaat zu überstellen, weil es wesentliche Gründe für die Annahme gibt, dass das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen für den Antragsteller in diesem Mitgliedstaat systemische Schwachstellen aufweisen, die die Gefahr einer unmenschlichen oder entwürdigenden Behandlung i.S.d. Art. 4 EUGRCh mit sich bringen (§ 3 Abs. 2 Unterabs. 2 Dublin III-VO), und auch eine alternative Überstellung in einen weiteren Mitgliedstaat anhand nachrangiger Zuständigkeitskriterien ausscheidet.
34Art. 3 Abs. 2 Unterabs. 2 Dublin III-VO normiert die in der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs entwickelten, eng begrenzten Ausnahmefälle von dem Konzept eines von der Europäischen Union errichteten Gemeinsamen Europäischen Asylsystems (GEAS).
35Vgl. grundlegend EuGH, Urteil vom 21. Dezember 2011 – C-411/10 und C-493/10, C-411/10, C‑493/10 –, juris (= Slg 2011, I-13905-14033); vgl. auch: BVerwG, Beschluss vom 19. März 2014 – 10 B 6/14 –, juris; OVG NRW, Urteil vom 7. März 2014 – 1 A 21/12.A –, juris (= DVBl 2014, 790-796).
36Dieses stützt sich – ähnlich wie das deutsche Konzept der „normativen Vergewisserung“ hinsichtlich der Sicherheit von Drittstaaten,
37vgl. BVerfG, Urteil vom 14. Mai 1996 – 2 BvR 1938/93, 2 BvR 2315/93 –, juris (= BVerfGE 94, 49-114),
38– auf die Annahme, dass alle daran beteiligten Staaten, ob Mitgliedstaaten oder Drittstaaten, die Grundrechte einschließlich der Rechte, die ihre Grundlage in der Genfer Flüchtlingskonvention sowie in der EMRK finden, und der Versicherung, dass niemand dorthin zurückgeschickt wird, wo er Verfolgung ausgesetzt ist, beachten und dass die Mitgliedstaaten einander insoweit Vertrauen entgegenbringen dürfen.
39An einen nunmehr in Art. 3 Abs. 2 Unterabs. 2 Dublin III-VO normierten Ausnahmefall des Konzepts normativer Vergewisserung sind daher strenge Anforderungen zu stellen.
40Vgl. BVerfG, Urteil vom 14. Mai 1996 – 2 BvR 1938/93, 2 BvR 22 BvR 2315/93 –, juris Rn. 190 (= BVerfGE 94, 49-114); OVG NRW, Urteil vom 7. März 2014 – 1 A 21/12.A –, juris Rn. 70 (= DVBl 2014, 790-796).
41Systemische Mängel im Sinne des Art. 3 Abs. 2 Unterabs. 2 Dublin III-VO können erst angenommen werden, wenn Grundrechtsverletzungen einer Art. 4 GR-Charta bzw. Art. 3 EMRK entsprechenden Gravität nicht nur in Einzelfällen, sondern strukturell bedingt, eben systemisch vorliegen. Diese müssen dabei aus Sicht des überstellenden Staates offensichtlich sein. In der Diktion des Europäischen Gerichtshofs dürfen diese systemischen Mängel dem überstellenden Mitgliedstaat nicht unbekannt sein können.
42Vgl. zur Situation in Griechenland: EGMR, Urteil vom 21. Januar 2011 – 30696/09 –, NVwZ 2011, 413 [insbes. dort Rn. 253 ff., 263], siehe auch: EGMR, Beschlüsse vom 18. Juni 2013 – 53852/11 –, juris (= ZAR 2013, 338-339), und vom 25. Oktober 2012 – 10 B 16/12 –, juris (= InfAuslR 2013, 45-46); OVG NRW, Urteil vom 7. März 2014 – 1 A 21/12.A –, juris Rn. 89 ff. (= DVBl 2014, 790-796).
43Eine systemisch begründete, ernsthafte Gefahr einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne von Art. 4 GR-Charta bzw. Art. 3 EMRK – die im Sinne einer Selbstbetroffenheit speziell auch gerade für den jeweiligen Rechtsschutzsuchenden in seiner konkreten Situation bejaht werden müsste – liegt maßgeblich dann vor, wenn mit Blick auf das Gewicht und Ausmaß einer drohenden Beeinträchtigung dieses Grundrechts mit einem beachtlichen Grad von Wahrscheinlichkeit die reale, nämlich durch eine hinreichend gesicherte Tatsachengrundlage belegte Gefahr besteht, dass dem Betroffenen in dem Mitgliedstaat, in den er als den nach der Dublin III-VO „zuständigen“ Staat überstellt werden soll, entweder schon der Zugang zu einem Asylverfahren, welches nicht mit grundlegenden Mängeln behaftet ist, verwehrt oder massiv erschwert wird, das Asylverfahren an grundlegenden Mängeln leidet oder dass er während der Dauer des Asylverfahrens wegen einer grundlegend defizitären Ausstattung mit den notwendigen Mitteln elementare Grundbedürfnisse des Menschen (wie z.B. Unterkunft, Nahrungsaufnahme und Hygienebedürfnisse, medizinische Versorgung) nicht in einer noch zumutbarer Weise befriedigen kann.
44OVG NRW, Urteil vom 7. März 2014 – 1 A 21/12.A –, juris Rn. 126 (= DVBl 2014, 790-796).
45Bei der Bewertung der im jeweiligen Zielstaat anzutreffenden Umstände der Durchführung des Asylverfahrens und der Aufnahme von Flüchtlingen sind dabei vorliegend diejenigen Umstände heranzuziehen, die auf die Situation des Asylbewerbers zutreffen. Abzustellen ist demnach auf die Situation von Flüchtlingen in einer vergleichbaren rechtlichen oder tatsächlichen Lage, wohingegen die Situation von Flüchtlingen in anderen rechtlichen oder tatsächlichen Umständen keine unmittelbare Rolle spielt. Sie kann allenfalls ergänzend herangezogen werden, sofern sich diese Umstände auch auf die Situation des Asylbewerbers auswirken (können).
46Vgl. OVG NRW, Urteil vom 7. März 2014 – 1 A 21/12.A –, juris Rn. 130 (= DVBl 2014, 790-796).
47Maßgeblich für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage in dem zuständigen Mitgliedstaat sind nach der Rechtsprechung des EuGH im Übrigen die regelmäßigen und übereinstimmenden Berichte von internationalen Nichtregierungsorganisationen, Berichte der Kommission zur Bewertung des Dublin-Systems und Berichte des UNHCR zur Lage von Flüchtlingen und Migranten vor Ort.
48Vgl. EuGH, Urteil vom 21. Dezember 2011 – C-411/10 und C-493/10, C‑411/10, C-493/10 –, juris Rn. 90 ff. (= Slg 2011, I-13905-14033).
49Letzteren Informationen kommt bei der Beurteilung der Funktionsfähigkeit des Asylsystems in dem nach der Dublin III-VO zuständigen Mitgliedstaat besondere Relevanz zu. Dies entspricht der Rolle, die dem Amt des UNHCR durch die Genfer Flüchtlingskonvention übertragen worden ist, wobei letztere bei der Auslegung der unionsrechtlichen Asylvorschriften zu beachten ist.
50Vgl. EuGH, Urteil vom 30. Mai 2013 – C 528/11 –, juris Rn. 44 (= NVwZ-RR 2013, 660-662).
51Nach diesen Grundsätzen ist auf der Grundlage des dem Gericht vorliegenden Erkenntnismaterials zur Situation von Asylbewerbern in Ungarn jedenfalls derzeit nicht ernsthaft zu befürchten, dass dort das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen für – wie im Falle der Antragstellerin – alleinstehende, weibliche Dublin-Rückkehrer, deren Asylverfahren in Ungarn nach ihrem Untertauchen eingestellt worden ist (a), systemische Mängel aufweisen, die einen Verstoß gegen die Genfer Flüchtlingskonvention oder eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung der Antragstellerin, sollte sie an diesen Mitgliedstaat überstellt werden, im Sinne von Art. 4 EUGRCh bzw. Art. 3 EMRK implizieren. Nach der aktuellen Erkenntnislage sind hinsichtlich der Inhaftierungspraxis von weiblichen Dublin-Rückkehrern keine systemischen Mängel in Ungarn greifbar (b). Anhaltspunkte dafür, dass der Antragstellerin der Zugang zum Asylverfahren nicht gewährt werden würde (c), ihr eine Abschiebung nach Serbien (d), oder Obdachlosigkeit droht (e), sind nicht ersichtlich.
52(a) Als vorliegend maßgebliche Vergleichsgruppe ist in erster Linie die Situation von weiblichen, alleinstehenden Dublin-Rückkehrern zu betrachten (aa), die – wie die Antragstellerin – vor der Ausreise aus Ungarn dort einen Asylantrag gestellt haben, das Verfahren nach ihrer Weiterreise in die Bundesrepublik ohne Entscheidung in der Sache aber eingestellt worden ist (bb).
53(aa) Das Gericht geht davon aus, dass die Antragstellerin alleinstehend ist. Nach Aktenlage ist die Antragstellerin mit ihrem ehemaligen Lebensgefährten, Herrn Fathi N. T1. , nicht rechtsgültig verheiratet. Nach eigenen Angaben haben die Antragstellerin und Herr T1. zwar vor einem Imam in Griechenland eine (religiöse) Ehe geschlossen. Eine religiöse Trauung wird aber nur rechtsgültig, wenn sie anschließend innerhalb von 40 Tagen bei dem örtlichen griechischen Standesamt registriert wird.
54Vgl. Deutsche Botschaft Athen, Merkblatt Eheschließung in Griechenland, Stand: Mai 2013, abrufbar unter http://www.griechenland.diplo.de/contentblob/164484/Daten/3945553/DownloadDatei_Eheschliessung_GR.pdf.
55Eine solche Registrierung ist nach Angaben der Antragstellerin nicht erfolgt und auch sonst nicht ersichtlich. Zum anderen hat sich die Antragstellerin nach eigenem Bekunden von ihrem Lebensgefährten getrennt, wobei kein Interesse an einer Fortsetzung der Beziehung besteht.
56(bb) Es spricht ferner alles dafür, dass das in Ungarn zunächst eingeleitete Asylverfahren nach der Weiterreise der Antragstellerin in die Bundesrepublik ohne Entscheidung in der Sache nach § 52 Abs. 2a Buchst. c des ungarischen Asylverfahrensgesetzes,
57Act LXXX of 2007 on Asylum Government Decree 301/2007 (XI.), Stand 1. Juli 2013, abrufbar unter http://www.bmbah.hu/jomla/index.php?option=com_k2&view=item&layout=item&id=564&Itemid=669&lang=en,
58eingestellt worden ist. Denn nach Mitteilung der ungarischen Behörden ist das Asylverfahren beendet worden, nachdem die Antragstellerin untergetaucht war. Dass in Abwesenheit der Antragstellerin auch eine sachliche Entscheidung über ihren Asylantrag ergangen ist, ist hingegen nicht ersichtlich.
59Vgl. zu dieser Möglichkeit ebenfalls § 52 Abs. 2a des ungarischen Asylverfahrensgesetzes sowie Hungarian Helsinki Committee, Information note on asylum-seekers in detention and in Dublin procedures in hungary, Mai 2014, S. 20, abrufbar unter http://helsinki.hu/en/information-note-on-asylum-seekers-in-detention-and-in-dublin-procedures-in-hungary.
60(b) Es liegen keine ernst zu nehmenden Anhaltspunkte für eine mit Artikel 3 EMRK bzw. Artikel 4 EUGRCh nicht in Einklang stehende Inhaftierungspraxis Ungarns hinsichtlich weiblicher Dublin-Rückkehrer vor.
61Zur Beurteilung der aktuellen Praxis der Inhaftierung von Asylbewerbern kommen von vornherein nur solche Auskünfte und Berichte der genannten Organisationen in Betracht, die sich mit der Sach- und Rechtslage in Ungarn seit dem 1. Juli 2013 befassen. Das erkennende Gericht hat diesbezüglich mit Beschluss vom 16. Juni 2014 – 13 L 141/14.A –, juris Rn. 42-48, ausgeführt:
62„Für den Zeitraum bis zum 30. Juni 2013, insbesondere ab dem 1. Januar 2013, ist in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte davon auszugehen, dass die in den Jahren bis 2012 festgestellten Mängel des ungarischen Asylsystems und der Aufnahmebedingungen durch zwischenzeitliche weitreichende tatsächliche und rechtliche Verbesserungen, insbesondere die vorübergehende Abschaffung der Inhaftierungsmöglichkeiten für Asylbewerber mit Wirkung zum 1. Januar 2013, entfallen sind,
63vgl. EGMR, Urteil vom 6. Juni 2013 – 2283/12-, Rn 105, Mohammed gegen Österreich, in Auszügen veröffentlicht unter asyl.net.
64Zum 1. Juli 2013 wurde das Asylsystem Ungarns allerdings erneut verändert. Insbesondere wurden erneut umfassende Gründe für die Inhaftierung von Asylbewerbern, sog. asylum detention – eine durch die für das Asylverfahren zuständige Behörde angeordnete Verwaltungshaft – in das Asylrecht aufgenommen. Pro Asyl und das Hungarian Helsinki Committee kritisierten in ihren ersten Stellungnahmen zu den am 1. Juli 2013 in Kraft getretenen Rechtsänderungen frühzeitig die Unbestimmtheit der Haftgründe und die hierdurch bestehende Gefahr erheblicher Rechtsunsicherheiten und äußerten die Befürchtung, dass in Ungarn die Inhaftierung von Asylantragstellern auf dieser Grundlage erneut zum Regelfall werde, zumal die rechtlich zur Verfügung stehenden Alternativen zur Haft, wie etwa Kautionsleistungen oder regelmäßige Meldepflichten, nach ihren Voraussetzungen so ungenau formuliert seien, dass diese voraussichtlich keine Anwendung finden würden. Ferner wurde kritisiert, dass gegen die Anordnung der Haft keine selbständigen Rechtsbehelfe zur Verfügung stünden, sondern eine Überprüfung lediglich in einem automatischen gerichtlichen Verfahren alle 60 Tage erfolge,
65vgl. Pro Asyl, bordermonitoring.eu, Ungarn: Flüchtlinge zwischen Haft und Obdachlosigkeit, Aktualisierung und Ergänzung des Berichts vom März 2012 von Oktober 2013, abrufbar unter www.proasyl.de; Hungarian Helsinki Committee, Brief Information Note on the main asylum-related legal changes in hungary as of 1 Juliy 2013, S. 2 und 3, abrufbar unter http://www.helsinki.hu/wp-content/uploads/HHC-udate-hungary-asylum-1-July-2013.pdf; Hungarian Helsinki Committee, Briefing Paper for the Working Group on Arbitrary Detention, UN Commission of Human Rights vom 8. Oktober 2013, Kapitel 7 „Detention of migrants“, S. 17 f., abrufbar unter http://www.helsinki.hu.
66Die genannten Berichte beruhen allerdings im Wesentlichen auf einer Auswertung der geänderten Rechtslage selbst, während Erkenntnisse zur konkreten Handhabung dieser Regelungen durch Ungarn angesichts des Zeitpunkts der Erstellung der Berichte kurz nach der Rechtsänderung naturgemäß noch nicht vorlagen.“
67Der im Verfahren 13 L 141/14.A eingeholten Auskunft des UNHCR vom 9. Mai 2014, dem aida Länderbericht vom 30. April 2014 sowie der Information Note des Hungarian Helsinki Committee (HHC) von Mai 2014 sind nunmehr aktuelle Angaben zur Rechtsanwendungspraxis in Ungarn bezüglich der neuen Haftgründe zu entnehmen.
68aida, Asylum Information Database, National Country Report Hungary, Stand: 30. April 2014, abrufbar unter http://www.asylumineurope.org/files/report-download/aida_-_hungary_second_update_final_uploaded_0.pdf; Hungarian Helsinki Committee, Information note on asylum-seekers in detention and in Dublin procedures in hungary, Mai 2014, abrufbar unter http://helsinki.hu/en/information-note-on-asylum-seekers-in-detention-and-in-dublin-procedures-in-hungary.
69Ungeachtet der darin aufgezeigten Defizite der Inhaftierungspraxis im Asylverfahren in Ungarn,
70vgl. hierzu ausführlich VG Düsseldorf, Beschluss vom 16. Juni 2014 – 13 L 141/14.A –,
71finden sich in keiner der vorliegenden, aktuellen und der Inhaftierungspraxis Ungarns sehr kritisch gegenüberstehenden Auskünfte Anhaltspunkte dafür, dass alleinstehende Frauen der Gefahr einer Inhaftierung ausgesetzt sind. Es wird vielmehr ausdrücklich und teilweise wiederholt festgestellt, dass jedenfalls alleinstehende Frauen – wie die Antragstellerin – und Familien mit Kindern – obwohl rechtlich möglich – tatsächlich so gut wie nie in Asylhaft genommen werden.
72Vgl. aida, Asylum Information Database, National Country Report Hungary, Stand: 30. April 2014, S. 48, 51, 56; Hungarian Helsinki Committee, Information note on asylum-seekers in detention and in Dublin procedures in hungary, Mai 2014, S. 5. Die hiervon abweichende Feststellung des VG Oldenburg, Beschluss vom 18. Juni 2014 – 12 B 1238/14 –, juris Rn. 34 findet keine Bestätigung in der Information Note des HHC.
73Darüber hinaus spricht gegen eine drohende Inhaftierung der Antragstellerin, dass unstreitig der Direktor des ungarischen Asyldirektorates gegenüber dem Liaisonmitarbeiter des Bundesamtes in Budapest im September 2013 erklärt hat, dass Asylantragsteller aus sogenannten anerkennungsträchtigen Herkunftsländern – hierzu zählt unter anderem das Heimatland der Antragstellerin, Eritrea – weder in Asylhaft noch in Abschiebehaft genommen werden.
74Daher sei vorliegend nur ergänzend angemerkt, dass der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte – EGMR –, dessen Rechtsprechung grundsätzlich über den jeweils entschiedenen Fall hinaus eine Orientierungs- und Leitfunktion zukommt,
75vgl. BVerwG, Urteil vom 28. Februar 2013 – 2 C 3.12 –, juris Rn. 46 (= BVerwGE 146, 98-116); BVerfG, Beschluss vom 18. August 2013 – 2 BvR 1380/08 –, juris Rn. 28,
76mit Urteil vom 3. Juli 2014 im Ergebnis festgestellt hat, dass systemische Mängel hinsichtlich der Inhaftierungspraxis Ungarns nicht vorliegen und ein tatsächliches Risiko einer schwerwiegenden Beeinträchtigung im Sinne des Art. 3 EMRK bei einer Rückkehr nach Ungarn nicht besteht.
77EGMR, Urteil vom 3. Juli 2014 – 71932/12 –, Rn. 68-70.
78(c) Es bestehen auch keine Anhaltspunkte dafür, dass Dublin-Rückkehrern der Zugang zum Asylverfahren verwehrt und entgegen des Refoulement-Verbots direkt oder indirekt in ihr Herkunftsland abgeschoben werden, ohne dass die Gefahr, die dadurch für den betroffenen Asylbewerber entsteht, unter dem Gesichtspunkt von Art. 3 EMRK geprüft worden ist.
79Nach der im Januar 2014 erfolgten Änderung des ungarischen Asylgesetzes erhalten Dublin-Rückkehrer, deren Asylverfahren in Ungarn noch nicht abgeschlossen war, regelmäßig Zugang zum Asylverfahren. Eine Prüfung ihrer Asylgründe ist den dem Gericht vorliegenden Erkenntnissen gewährleistet.
80Vgl. Hungarian Helsinki Committee, Information note on asylum-seekers in detention and in Dublin procedures in hungary, Mai 2014, S. 20, abrufbar unter http://helsinki.hu/en/information-note-on-asylum-seekers-in-detention-and-in-dublin-procedures-in-hungary; UNHCR, Auskunft an das Verwaltungsgericht Düsseldorf vom 9. Mai 2014, Situation der Flüchtlinge und Asylbewerber in Ungarn, insbesondere Dublin-Rückkehrer, S. 7 m.w.N. Siehe hierzu auch EGMR, Urteil vom 3. Juli 2014 – 71932/12 –, Rn. 72.
81(d) Es spricht ferner nichts dafür, dass Dublin-Rückkehrern im Falle einer Überstellung nach Ungarn eine weitere Abschiebung in Drittstaaten droht, die Personen, die um internationalen Schutz nachsuchen, nicht nach den in Artikel 38 der Richtlinie 2013/32/EU niedergelegten Grundsätzen behandeln (sog. Konzept des sicheren Drittstaats). Insbesondere wird Serbien – über welchen die Antragstellerin nach Ungarn eingereist ist – nach Auskunft des HHC
82Brief Information Note on the Main Asylum-Related Legal Changes in Hungary as of 1 July 2013, abrufbar unter http://helsinki.hu/wp-content/uploads/HHC-update-hungary-asylum-1-July-2013.pdf
83seit Ende 2012 nicht mehr als sicherer Drittstaat („safe third country“) angesehen.
84Vgl. hierzu auch EGMR, Entscheidung vom 3. Juli 2014 (Case of Mohammadie v. Austria – 71932/12 –), Rn. 73.
85(e) Schließlich sind auch keine Anhaltspunkte für systemische Mängel wegen drohender Obdachlosigkeit greifbar.
86Zu der Frage, unter welchen Voraussetzungen eine Situation materieller Armut gegen die EMRK verstößt, hat der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) hervorgehoben, dass die drohende Überstellung in einen Mitgliedstaat, in dem die eigene wirtschaftliche Situation schlechter sein wird als in dem überstellenden Mitgliedstaat, nicht ausreicht, die Schwelle der unmenschlichen Behandlung, wie sie von Art. 4 GR-Charta bzw. Art. 3 EMRK verboten wird, zu überschreiten. Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs sind die Mitgliedstaaten nicht verpflichtet, jede Person innerhalb des eigenen Zuständigkeitsbereichs mit einem Obdach zu versorgen; sie enthalten keine allgemeine Pflicht, Flüchtlingen finanzielle Unterstützung zu bieten, um ihnen einen bestimmten Lebensstandard zu ermöglichen. Ausländern, die von einer Überstellung betroffen sind, gewähren die genannten Regelungen grundsätzlich keinen Anspruch mit dem Ziel, in einem Mitgliedstaat zu verbleiben, um dort weiterhin von medizinischer, sozialer oder anderweitiger Unterstützung oder Leistung zu profitieren. Wenn keine außergewöhnlich zwingenden humanitären Gründe vorliegen, die gegen eine Überstellung sprechen, ist allein die Tatsache, dass die wirtschaftlichen und sozialen Lebensverhältnisse bedeutend geschmälert würden, falls ein Antragsteller überstellt werden würde, nicht ausreichend, einen Verstoß gegen Art. 3 EMRK zu begründen.
87EGMR, Beschluss vom 18. Juni 2013 – 53852/11 –, juris (= ZAR 2013, 338-339); vgl. hierzu auch OVG NRW, Urteil vom 07. März 2014 – 1 A 21/12.A –, juris Rn. 118 (= DVBl 2014, 790-796).
88Soweit aber in diesem Zusammenhang bestimmte Anforderungen in EU-Richtlinien festgelegt worden sind, kann sich (konkretisierend) auch daraus der im Sinne der Art. 4 GR-Charta bzw. Art. 3 EMRK für ein menschenwürdiges Dasein einzuhaltende Maßstab ergeben, soweit es sich dabei erkennbar um Mindestanforderungen handelt. Hieran muss sich dann nicht nur der Inhalt nationaler Rechtsvorschriften, sondern auch und gerade die praktische Umsetzung messen lassen. Von Bedeutung ist dabei vor allem die Richtlinie 2013/33/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zur Festlegung von Normen für die Aufnahme von Personen, die internationalen Schutz beantragen (ABl. L 180/96) (im Folgenden: Aufnahmerichtlinie), welche die Vorgängerrichtlinie 2003/9/EG des Rates vom 27. Januar 2003 (ABl. L 31/18) inzwischen abgelöst hat. In den genannten Richtlinien sind Minimalstandards für die Aufnahme von Asylsuchenden in den Mitgliedstaaten festgelegt.
89Vgl. EGMR, Urteil vom 21. Januar 2011 – 30696/09 –, NVwZ 2011, 413 (416) Rn. 250.
90Nach den Bestimmungen der Aufnahmerichtlinie steht der Antragstellerin ein subjektives Recht auf Unterkunft und angemessene Fürsorge zu, solange über den von ihr gestellten Asylantrag noch nicht endgültig entschieden wurde (Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie). Die Mitgliedstaaten haben dafür Sorge zu tragen, dass Antragsteller ab Stellung des Antrags auf internationalen Schutz im Rahmen der Aufnahme materielle Leistungen in Anspruch nehmen können, welche einem angemessenen Lebensstandard entsprechen, der den Lebensunterhalt sowie den Schutz der physischen und psychischen Gesundheit von Antragstellern gewährleistet (Artikel 17 der Richtlinie). Art. 18 der Aufnahmerichtlinie legt die Modalitäten der im Rahmen der Aufnahme gewährten materiellen Leistungen fest und erlaubt in bestimmten Ausnahmesituationen, wie etwa bei vorübergehender Erschöpfung der üblicherweise zur Verfügung stehenden Unterbringungskapazitäten, aber auch zeitlich begrenzte Einschränkungen (Art. 18 Abs. 9 Satz 1 Buchst. b der Aufnahmerichtlinie). Auch dann muss aber das absolut garantierte Minimum (hier: Deckung der "Grundbedürfnisse") gewährleistet bleiben (Art. 18 Abs. 9 Satz 2 der Aufnahmerichtlinie).
91Vgl. OVG NRW, Urteil vom 7. März 2014 – 1 A 21/12.A –, juris Rn. 127.
92Ein Verstoß gegen Art. 3 EMRK kann danach vorliegen, wenn der Asylbewerber vollständig von staatlicher Unterstützung abhängig ist und behördlicher Gleichgültigkeit gegenübersteht, obwohl er sich in so extremer materieller Armut und Bedürftigkeit befindet, dass dies mit der Menschenwürde unvereinbar ist. Dies ist vom EGMR hinsichtlich Griechenlands anerkannt worden, da Griechenland als aufgrund der Untätigkeit seiner Behörden verantwortlich war für die Lebensbedingungen des klagenden Asylbewerbers, in denen er sich monatelang befunden hat, als er auf der Straße lebte, ohne Hilfsmittel und ohne Zugang zu sanitären Einrichtungen sowie ohne die zur Befriedigung seiner elementaren Bedürfnisse erforderlichen finanziellen Mittel, verbunden mit der langen Ungewissheit, in der er verblieb ohne jede Aussicht auf Verbesserung seiner Lage. Sind diese Tatsachen allgemein bekannt, so kann die Abschiebung eines Asylbewerbers in einen solchen Staat den erforderlichen Schweregrad erreichen, um in den Anwendungsbereich von Art. 3 EMRK zu fallen.
93Vgl. zur Situation in Griechenland: EGMR, Urteil vom 21. Januar 2011 – 30696/09 –, NVwZ 2011, 413 [insbes. dort Rn. 253 ff., 263]; vgl. dazu auch: BVerwG, Beschluss vom 25. Oktober 2012 – 10 B 16/12 –, juris Rn. 9; OVG NRW, Urteil vom 7. März 2014 – 1 A 21/12.A –, juris Rn. 124 (= DVBl 2014, 790-796).
94Nach diesen Maßstäben ist nicht ersichtlich, dass Ungarn seiner Verpflichtung, Antragstellern für die Zeit bis zur Entscheidung über ihre Asylanträge ein Minimum an materiellen Leistungen für ein menschenwürdiges Dasein zu gewähren, nicht nachkommt. Nach den vorliegenden Erkenntnismaterialien wird Ungarn vielmehr rechtlich und tatsächlich den Anforderungen der Aufnahmerichtlinie gerecht.
95Während eines laufenden Asylverfahrens haben Betroffene, die – wie die Antragstellerin –erstmalig einen Asylantrag stellen, Anspruch eine Unterkunft – in erster Linie in Gemeinschaftsunterkünften –, auf finanzielle Hilfe für Essen bzw. in den Gemeinschaftsunterkünften auf drei Mahlzeiten am Tag sowie auf Taschengeld. Einschränkungen sind nur im Falle eines Asylfolgeantrags und während des Abschiebeverfahrens vorgesehen.
96Vgl. aida, Asylum Information Database, National Country Report Hungary, Stand: 30. April 2014, S. 37 f.; zum nunmehr gesetzlich festgeschriebenen Nährstoffgehalt einer Mahlzeit siehe UNHCR, Auskunft an das Verwaltungsgericht Düsseldorf vom 9. Mai 2014, Situation der Flüchtlinge und Asylbewerber in Ungarn, insbesondere Dublin-Rückkehrer, S. 9 und Fn. 31.
97Ausweislich des aida Länderberichts ist bisher kein Fall bekannt, in dem einem Asylantragsteller, etwa wegen Überbesetzung der Auffanglager, kein Obdach gewährt worden ist.
98Vgl. aida, Asylum Information Database, National Country Report Hungary, Stand: 30. April 2014, S. 40.
99Selbst wenn die Antragstellerin – wofür vorliegend nichts greifbar ist – faktisch wie eine Antragstellerin im Folgeverfahren behandelt werden würde, lassen die dem Gericht vorliegenden Erkenntnisse nicht darauf schließen, dass Antragsteller im Rahmen eines Folgeverfahrens in Ungarn Lebensbedingungen ausgesetzt wären, die für sie – den beschriebenen Verhältnissen in Griechenland vergleichbar – auf unabsehbare Zeit eine Lage extremer materieller Armut befürchten ließe. Antragsteller, die in Ungarn einen Folgeantrag stellen, nachdem ihr erster Asylantrag wegen Unzulässigkeit oder offensichtlicher Unbegründetheit abgelehnt und das Verfahren eingestellt worden ist, eine bestandskräftige Ablehnung des Asylerstantrags getroffen worden oder das Asylerstverfahren eingestellt worden ist und die ungarischen Behörden oder das Gericht entschieden haben, dass Abschiebungsverbote nicht vorliegen,
100vgl. aida, Asylum Information Database, National Country Report Hungary, Stand: 30. April 2014, S. 30,
101erhalten zwar nur in eingeschränktem Umfang Unterstützung durch den ungarischen Staat. In der Regel werden sie lediglich für einen Höchstzeitraum von zwei Monaten in Gemeinschaftsunterkünften in Balassagyarmat untergebracht. Das Gericht verkennt nicht, dass die Versorgungslage von Antragstellern während des Folgeverfahrens in Ungarn Mängel aufweist.
102Vgl. Hungarian Helsinki Committee, Information note on asylum-seekers in detention and in Dublin procedures in hungary, Mai 2014, S. 21; aida, Asylum Information Database, National Country Report Hungary, Stand: 30. April 2014, S. 30.
103Dagegen ist nicht ersichtlich, dass der ungarische Staat Antragsteller im Folgeverfahren generell über einen unabsehbar langen Zeitraum sich selbst überlässt und sie – ohne Aussicht auf Verbesserung ihrer Lage – hoffnungsloser, extremer materieller Armut aussetzt.
104Angesichts dieser Erkenntnislage drängt sich eine Durchbrechung des „Konzepts der normativen Vergewisserung“ bzw. „Prinzips des gegenseitigen Vertrauens“ und der darauf beruhenden unionsrechtlich vorgegebenen Zuständigkeitsordnung bezüglich Ungarns derzeit nicht auf. Eine – die erniedrigende und unmenschliche Behandlung „implizierende“ – beachtliche Unterschreitung der von dem Unionsrecht vorgesehenen Mindestanforderungen kann zum gegenwärtigen Zeitpunkt insgesamt nicht ausgemacht werden.
105Auch aus Art. 17 Abs. 1 Unterabs. 1 Dublin III-VO folgt kein anderes Ergebnis. Nach dieser Norm kann jeder Mitgliedstaat beschließen, einen bei ihm von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen gestellten Antrag auf internationalen Schutz zu prüfen, auch wenn er nach den in der Dublin III-VO festgelegten Kriterien nicht für die Prüfung zuständig ist. Diese Norm räumt dem insoweit zuständigen Bundesamt ein grundsätzlich sehr weites Ermessen ein.
106Vgl. Funke-Kaiser, GK-AsylVfG, November 2013, § 27 a, Rn. 174. Zur Vorgängerregelung in Art. 3 Abs. 2 Satz 2 Dublin II-VO: EuGH, Urteil vom 21. Dezember 2011 – C-411/10 und C-493/10, C‑411/10, C-493/10 –, juris (= Slg 2011, I-13905-14033).
107Die Dublin III-VO sagt nichts darüber aus, nach welchen Kriterien die Behörde das ihr eingeräumte Ermessen auszuüben hat. Mit Blick auf das Konzept eines von der Europäischen Union errichteten Gemeinsamen Europäischen Asylsystems (GEAS) können nur im Einzelfall besondere und inhaltlich umrissene Rechtspositionen des Asylsuchenden die Ermessensausübung durch das Bundesamt beeinflussen. Dies ist etwa der Fall für besonders schutzbedürftige Personengruppen im Sinne des Art. 21 der Richtlinie 2013/33/EU (Aufnahmerichtlinie), denen aufgrund von systemischen Mängeln in ihrer speziellen Situation eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung im Sinne von Art. 4 EUGRCh drohen würde. Als besonders schutzbedürftig gelten unter anderem Personen mit psychischen Störungen und Personen, die Folter, Vergewaltigung oder sonstige schwere Formen psychischer, physischer oder sexueller Gewalt erlitten haben.
108Ein derartiger sog. Selbsteintritt, mit dem ein Zuständigkeitswechsel hin zur Beklagten einherginge (vgl. Art. 17 Abs. 1 Unterabs. 2 Satz 1 Dublin III-VO), ist nicht erfolgt. Auch hat sich das der Antragsgegnerin diesbezüglich zustehende Ermessen nicht zu einer Selbsteintrittspflicht verdichtet. Beachtliche, in der Person der Antragstellerin liegende Gründe, von der Überstellung nach Ungarn abzusehen, insbesondere dass die Antragstellerin besonders schutzbedürftig im Sinne des Art. 21 der Aufnahmerichtlinie ist, wurden weder vorgetragen noch sonst ersichtlich.
109Der Überstellung der Antragstellerin nach Ungarn als den nach § 27a AsylVfG für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat stehen schließlich auch keine tatsächlichen oder rechtlichen Hindernisse i.S.d. § 34a Abs. 1 Satz 1 a.E. AsylVfG („Nichtdurchführbarkeit“ der Abschiebung) entgegen.
110Soweit im Rahmen des § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylVfG (nur) vom Bundesamt inlandsbezogene Abschiebungshindernisse und Duldungsgründe zu prüfen sind,
111vgl. OVG NRW, Beschluss vom 30. August 2011 – 18 B 1060/11 –, juris Rn. 4,
112sind für solche vorliegend keine Anhaltspunkte ersichtlich. Entsprechendes wurde auch nicht vorgetragen.
113Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO, § 83b AsylVfG.
114Der Gegenstandswert ergibt sich aus § 30 Abs. 1 RVG.
115Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 80 AsylVfG).
Tenor
Die aufschiebende Wirkung der Klage 14 K 5088/14.A gegen die in Ziffer 2 des Bescheides des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 25.07.2014 enthaltene Abschiebungsanordnung wird angeordnet.
Die Kosten des Verfahrens, für das keine Gerichtskosten erhoben werden, trägt die Antragsgegnerin.
1
Gründe:
2Der am 05.08.2014 bei Gericht sinngemäß gestellte Antrag,
3die aufschiebende Wirkung der Klage 14 K 5088/14.A gegen die in Ziffer 2 des Bescheides des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 25.07.2014 enthaltene Abschiebungsanordnung anzuordnen,
4hat Erfolg.
5Der Antrag ist zulässig.
6Der Antrag nach § 80 Abs. 5 Satz 1 Alt. 1 VwGO ist – wie sich auch aus § 34a Abs. 2 Satz 1 Asylverfahrensgesetz (AsylVfG) ergibt – der statthafte Rechtsbehelf. Die Abschiebungsanordnung nach § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylVfG stellt einen belastenden Verwaltungsakt dar, dessen Aufhebung im Hauptsacheverfahren im Wege der Anfechtungsklage von dem Betroffenen verfolgt werden kann.
7Vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 07.03.2014 – 1 A 21/12.A –, Rn. 28 ff., juris; VG Düsseldorf, Beschluss vom 25.08.2014 – 14 L 1853/14.A –; VG Düsseldorf, Urteil vom 17.04.2014– 14 K 482/14.A –, Rn. 20 ff., juris; VG Düsseldorf, Urteil vom 23.04.2013 – 17 K 4548/12.A –, Rn. 15 ff., juris; VG Düsseldorf, Beschluss vom 14.07.2014 – 17 L 1193/14.A –, Rn. 5, juris.
8Der in der Hauptsache erhobenen Anfechtungsklage kommt gemäß § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO i.V.m. § 75 Abs. 1 AsylVfG kraft Gesetzes keine aufschiebende Wirkung zu.
9Der Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes wurde auch fristgemäß im Sinne von § 34a Abs. 2 Satz 1 AsylVfG innerhalb einer Woche nach Bekanntgabe gestellt. Der Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) vom 25.07.2014 wurde dem Antragsteller ausweislich der vorliegenden Postzustellungsurkunde unter der von ihm mitgeteilten Anschrift gemäß § 10 Abs. 5 AsylVfG, § 3 Verwaltungszustellungsgesetz (VwZG), § 181 Zivilprozessordnung (ZPO) am 30.07.2014 ordnungsgemäß im Wege der Ersatzzustellung zugestellt und damit bekanntgegeben (§ 2 Abs. 1 VwZG). Die Wochenfrist des § 34a Abs. 2 Satz 1 AsylVfG wurde folglich durch den am 05.08.2014 gestellten Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes gewahrt.
10Der Antrag ist auch begründet.
11Das Gericht geht vorliegend davon aus, dass die Anordnung der aufschiebenden Wirkung der fristgemäß erhobenen Klage nicht erst bei ernstlichen Zweifeln an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides des Bundesamtes erfolgen darf, wie dies in den Fällen der Ablehnung eines Asylantrags als offensichtlich unzulässig oder unbegründet gemäß § 36 Abs. 4 Satz 1 AsylVfG vom Gesetzgeber vorgegeben ist. Denn eine derartige Einschränkung der gerichtlichen Entscheidungsbefugnis hat der Gesetzgeber für die Fälle des § 34a Abs. 2 AsylVfG gerade nicht normiert.
12Vgl. VG Düsseldorf, Beschluss vom 25.08.2014 – 14 L 1853/14.A –; VG Düsseldorf, Beschluss vom 16.06.2014 – 13 L 141/14.A –, Rn. 7, juris, m.w.N.; VG Trier, Beschluss vom 18.09.2013– 5 L 1234/13.TR –, Rn. 5 ff., juris; VG Göttingen, Beschluss vom 17.10.2013 – 2 B 844/13 –, Rn. 7, juris.
13Die danach vorzunehmende Abwägung des öffentlichen Vollzugsinteresses der Antragsgegnerin mit dem privaten Aussetzungsinteresse des Antragstellers hat sich maßgeblich an den Erfolgsaussichten in der Hauptsache zu orientieren, wie diese sich bei summarischer Prüfung im vorliegenden Verfahren abschätzen lassen.
14Diese Interessenabwägung fällt vorliegend zu Gunsten des Antragstellers aus. Denn im maßgeblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung (§ 77 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG) kann bei der im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes gebotenen summarischen Prüfung nicht abschließend festgestellt werden, ob die angegriffene Entscheidung des Bundesamtes, den Asylantrag des Antragstellers gemäß § 27a AsylVfG als unzulässig abzulehnen und gemäß § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylVfG seine Abschiebung nach Ungarn anzuordnen, rechtmäßig ist oder nicht. Die Erfolgsaussichten der in der Hauptsache erhobenen Klage sind aus den nachfolgenden Gründen vielmehr als offen zu bezeichnen. Eine Klärung muss insoweit dem Hauptsacheverfahren vorbehalten bleiben. Eine Abwägung der widerstreitenden Interessen, nämlich einer Gefährdung der Rechtsgüter des Antragstellers einerseits und des nur zeitlich gefährdeten Abschiebungsinteresses der Antragsgegnerin andererseits, führt aber bei offenem Ausgang der streitigen Frage zu einem Überwiegen des Aussetzungsinteresses des Antragstellers. Denn jenes Interesse hat gegenüber dem Anspruch des Antragstellers auf einen Schutz entsprechend den im Europäischen Gemeinschaftsrecht vereinbarten Mindeststandards zurückzutreten.
15Vgl. VG Düsseldorf, Beschluss vom 16.06.2014 – 13 L 141/14.A –, Rn. 9, juris; VG Düsseldorf, Beschluss vom 28.05.2014 – 13 L 172/14.A –, Rn. 9, juris.
16Rechtsgrundlage für die angegriffene Entscheidung des Bundesamtes ist § 27a AsylVfG, wonach ein in Deutschland gestellter Asylantrag als unzulässig abzulehnen ist, wenn die Zuständigkeit eines anderen Staates aufgrund von Rechtsvorschriften der Europäischen Gemeinschaft oder eines völkerrechtlichen Vertrages für die Durchführung des Asylverfahrens vorliegt. In einem solchen Fall prüft die Antragsgegnerin den Asylantrag nicht, sondern ordnet gemäß § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylVfG die Abschiebung in den zuständigen Staat an.
17Die Antragsgegnerin ist zunächst zutreffend davon ausgegangen, dass Ungarn vorliegend der für die Durchführung des Asylverfahrens zuständige Mitgliedstaat ist.
18Maßgebliche Rechtsvorschrift zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaates ist die Dublin-III-VO,
19Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen in einem Mitgliedstaat gestellten Antrags auf internationalen Schutz zuständig ist – Neufassung, ABl. L 180 vom 29. Juni 2013, S. 31,
20da sowohl der Asylantrag vom 30.01.2014 als auch das an Ungarn gerichtete Übernahmeersuchen der Antragsgegnerin vom 08.04.2014 nach dem 01.01.2014 (erster Tag des sechsten Monats nach Inkrafttreten der Dublin-III-VO am 19.07.2013 als dem 20. Tag nach ihrer Veröffentlichung am 29.06.2013, Art. 49 Abs. 1 Dublin-III-VO), dem gemäß Art. 49 Abs. 2 Satz 1 Dublin-III-VO für die Eröffnung des Anwendungsbereichs der Dublin-III-VO maßgeblichen Zeitpunkt, gestellt worden sind.
21Nach den Vorschriften der Dublin-III-VO ist Ungarn der zuständige Staat für die Prüfung des durch den Antragsteller gestellten Asylantrags. Der Antragsteller hat ausweislich seiner Angaben gegenüber dem Bundesamt anlässlich der Befragungen am 30.01.2014 und 04.02.2014 angegeben, sich vor seiner Einreise nach Deutschland u.a. in Ungarn aufgehalten zu haben. Die Angaben des Antragstellers zu seinem Aufenthalt in Ungarn werden bestätigt durch die vom Bundesamt unter dem 27.02.2014 durchgeführte Eurodac-Anfrage. Denn diese ergab für Ungarn einen Eurodac-Treffer der Kategorie „1“ (Kennzeichnung für illegal Eingereiste mit Status des Asylbewerbers).
22Vgl. zur Eurodac-Kategorisierung: Entscheiderbrief 1/2012, S. 1 f.
23Wie der Übernahmeerklärung der ungarischen Behörden (Office of Immigration and Nationality) vom 10.04.2014 zu entnehmen ist, hat der Antragsteller bereits am 12.05.2013 in Ungarn einen Asylantrag gestellt.
24Die Antragsgegnerin richtete im Hinblick auf die Eurodac-Treffermeldung innerhalb der in Art. 23 Abs. 2 Satz 1 Dublin-III-VO bestimmten Frist von zwei Monaten am 08.04.2014 gemäß Art. 23 Abs. 1 Dublin-III-VO ein Wiederaufnahmegesuch an Ungarn. Diesem Wiederaufnahmegesuch der Antragsgegnerin wurde seitens der ungarischen Behörden mit Schreiben vom 10.04.2014 auf Grundlage von Art. 25 Abs. 1, Art. 18 Abs. 1 lit. b) Dublin-III-VO entsprochen und die Wiederaufnahme akzeptiert. Damit ist Ungarn grundsätzlich verpflichtet, den Antragsteller nach Maßgabe der in Art. 29 Dublin-III-VO geregelten Modalitäten und Fristen wieder aufzunehmen.
25Ungeachtet der grundsätzlichen Zuständigkeit Ungarns für die Durchführung des Asylverfahrens ist es jedoch derzeit als offen anzusehen, ob der Antragsteller deshalb nicht nach Ungarn abgeschoben werden darf, weil systemische Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber in Ungarn ernsthafte und durch Tatsachen bestätigte Gründe für die Annahme darstellen, dass der Antragsteller tatsächlich Gefahr läuft, einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne von Art. 4 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (GrCh) bzw. Art. 3 der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) ausgesetzt zu werden.
26Hierzu hat die 13. Kammer des erkennenden Gerichts mit Beschlüssen vom 16.06.2014 und 28.05.2014,
27vgl. VG Düsseldorf, Beschluss vom 16.06.2014 – 13 L 141/14.A –, Rn. 24 ff., juris; VG Düsseldorf, Beschluss vom 28.05.2014 – 13 L 172/14.A –, Rn. 24 ff., juris,
28folgendes ausgeführt:
29„[…] Allerdings bedarf es vorliegend weiterer - dem Hauptsacheverfahren vorbehaltener - Aufklärung, ob die Antragsgegnerin deshalb an der Überstellung des Antragstellers nach Ungarn gehindert ist, weil das ungarische Asylsystem systemische Mängel im Sinne der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte und des Europäischen Gerichtshofs aufweist,
30EuGH, Urteil vom 21. Dezember 2011 - C/411/10 et al. -, juris Rn 83 ff., 99; EGMR, Urteil vom 21. Januar 2011 - 30696/09 -, NVwZ 2011, 413.
31Zwar besteht kein subjektives Recht auf Ausübung des Selbsteintrittsrechts durch die Bundesrepublik Deutschland. Denn die Dublin-Verordnungen sehen ein nach objektiven Kriterien ausgerichtetes Verfahren der Zuständigkeitsverteilung zwischen den Mitgliedstaaten vor. Sie sind im Grundsatz nicht darauf ausgerichtet, Ansprüche von Asylbewerbern gegen einen Mitgliedstaat auf Durchführung des Asylverfahrens durch ihn zu begründen. Ausnahmen bestehen allenfalls bei einzelnen, eindeutig subjektiv-rechtlich ausgestalteten Zuständigkeitstatbeständen (vgl. etwa Art. 7 Dublin II-VO zugunsten von Familienangehörigen). Die Zuständigkeitsvorschriften der Dublin II-VO begründen zum Zwecke der sachgerechten Verteilung der Asylbewerber vor allem subjektive Rechte der Mitgliedstaaten untereinander. Die Unmöglichkeit der Überstellung eines Asylbewerbers an einen bestimmten Staat hindert daher nur die Überstellung dorthin; sie begründet kein subjektives Recht auf Ausübung des Selbsteintrittsrechts gegenüber der Antragsgegnerin,
32vgl. EuGH, Urteil vom 14. November 2013 - C 4/11-, juris Rn 37; Schlussanträge des GA Jääskinnen vom 18. April 2013 - C 4/11-, juris Rn 57 f..
33Eine Rückführung von Asylbewerbern in einen anderen Mitgliedstaat im Rahmen des sog. Dublin-Verfahrens ist aber - unabhängig von der Frage der Ausübung des Selbsteintrittsrechts gemäß Artikel 3 Absatz 2 Dublin II-VO - dann unzulässig, wenn systemische Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber in diesem Mitgliedstaat ernsthafte und durch Tatsachen bestätigte Gründe für die Annahme darstellen, dass Asylbewerber tatsächlich Gefahr laufen, einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne von Artikel 4 GrCh bzw. Art. 3 EMRK ausgesetzt zu werden,
34EuGH, Urteil vom 21. Dezember 2011 - C-411/10 et al. -, juris Rn 94.
35Die im Gemeinsamen Europäischen Asylsystem grundsätzlich bestehende Vermutung, dass jeder Mitgliedstaat ein sicherer Drittstaat ist und die Grundrechte von Asylbewerbern einschließlich des Refoulement-Verbots hinreichend achtet, ist nicht unwiderleglich. Vielmehr hat eine Überstellung in einen Mitgliedstaat zu unterbleiben, wenn ernsthaft zu befürchten ist, dass das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen für Asylbewerber im zuständigen Mitgliedstaat systemische Mängel aufweisen, die eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung der an diesen Mitgliedstaat überstellten Asylbewerber im Sinne von Artikel 4 GrCh implizieren,
36EuGH, Urteil vom 21. Dezember 2011 - C-411/10 et al. -, juris Rn 86.
37Systemische Mängel in diesem Sinne können erst angenommen werden, wenn Grundrechtsverletzungen einer Art. 4 GrCh bzw. Art. 3 EMRK entsprechenden Gravität nicht nur in Einzelfällen, sondern strukturell bedingt, eben systemisch vorliegen. Diese müssen dabei aus Sicht des überstellenden Staates offensichtlich sein. In der Diktion des Europäischen Gerichtshofs dürfen diese systemischen Mängel dem überstellenden Mitgliedstaat nicht unbekannt sein können,
38EuGH, Urteil vom 21. Dezember 2011 - C-411/10 et al. -, juris Rn 94.
39Der hier noch nicht anzuwendende Art. 3 Absatz 2 Unterabsatz 2 Dublin III-VO hat diese Rechtsprechung normativ übernommen, indem er die Überstellung an den an sich zuständigen Mitgliedstaat für unmöglich erklärt, wenn es wesentliche Gründe für die Annahme gibt, dass das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen für Antragsteller in diesem Mitgliedstaat systemische Schwachstellen aufweisen, die eine Gefahr einer unmenschlichen oder entwürdigenden Behandlung im Sinne des Artikels 4 der EU-Grundrechtscharta mit sich bringen.
40Bei der Bewertung der in Ungarn anzutreffenden Umstände der Durchführung des Asylverfahrens und der Aufnahme von Flüchtlingen sind dabei vorliegend diejenigen Umstände heranzuziehen, die auf die Situation des Antragstellers zutreffen. Abzustellen ist demnach auf die Situation von Flüchtlingen in einer vergleichbaren rechtlichen oder tatsächlichen Lage, wohingegen die Situation von Flüchtlingen in anderen rechtlichen oder tatsächlichen Umständen keine unmittelbare Rolle spielt. Sie kann allenfalls ergänzend herangezogen werden, sofern sich diese Umstände auch auf die Situation des Antragstellers auswirken (können),
41vgl. OVG NRW, Urteil vom 7. März 2014 - 1 A 21/12 -, juris, Rn 130.
42Damit ist vorliegend in erster Linie die Situation von Dublin-Rückkehren zu betrachten, die wie der Antragsteller vor der Ausreise aus Ungarn dort bereits einen ersten Asylantrag gestellt haben, über den materiell noch nicht entschieden worden ist.
43Maßgeblich für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage in dem zuständigen Mitgliedstaat sind nach der Rechtsprechung des EuGH im Übrigen die regelmäßigen und übereinstimmenden Berichte von internationalen Nichtregierungsorganisationen, Berichte der Kommission zur Bewertung des Dublin-Systems und Berichte des UNHCR zur Lage von Flüchtlingen und Migranten vor Ort,
44vgl. EuGH, Urteil vom 21. Dezember 2011 - C 411/10 et. al. -, juris, Rn 90 ff..
45Letzteren Informationen kommt bei der Beurteilung der Funktionsfähigkeit des Asylsystems in dem nach der Dublin II-Verordnung zuständigen Mitgliedstaat besondere Relevanz zu. Dies entspricht der Rolle, die dem Amt des UNHCR durch die Genfer Flüchtlingskonvention übertragen worden ist, wobei letztere bei der Auslegung der unionsrechtlichen Asylvorschriften zu beachten ist,
46vgl. EuGH, Urteil vom 30. Mai 2013 - C 528/11 -, juris, Rn 44.
47Für die Frage, ob in Ungarn "systemische Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber" im Sinne der zitierten Rechtsprechung vorliegen, kommen dabei allerdings vorliegend von vorne herein nur solche Auskünfte und Berichte der genannten Organisationen in Betracht, die sich mit der Sach- und Rechtslage in Ungarn seit dem 1. Juli 2013 befassen. Für den Zeitraum bis zum 30. Juni 2013, insbesondere ab dem 1. Januar 2013, ist in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte davon auszugehen, dass die in den Jahren bis 2012 festgestellten Mängel des ungarischen Asylsystems und der Aufnahmebedingungen durch zwischenzeitliche weitreichende tatsächliche und rechtliche Verbesserungen, insbesondere die vorübergehende Abschaffung der Inhaftierungsmöglichkeiten für Asylbewerber mit Wirkung zum 1. Januar 2013, entfallen sind,
48vgl. EGMR, Urteil vom 6. Juni 2013 - 2283/12-, Rn 105, Mohammed gegen Österreich, in Auszügen veröffentlicht unter asyl.net.
49Zum 1. Juli 2013 wurde das Asylsystem Ungarns allerdings erneut verändert. Insbesondere wurden erneut umfassende Gründe für die Inhaftierung von Asylbewerbern, sog. asylum detention - eine durch die für das Asylverfahren zuständige Behörde angeordnete Verwaltungshaft - in das Asylrecht aufgenommen. Pro Asyl und das Hungarian Helsinki Committee kritisierten in ihren ersten Stellungnahmen zu den am 1. Juli 2013 in Kraft getretenen Rechtsänderungen frühzeitig die Unbestimmtheit der Haftgründe und die hierdurch bestehende Gefahr erheblicher Rechtsunsicherheiten und äußerten die Befürchtung, dass in Ungarn die Inhaftierung von Asylantragstellern auf dieser Grundlage erneut zum Regelfall werde, zumal die rechtlich zur Verfügung stehenden Alternativen zur Haft, wie etwa Kautionsleistungen oder regelmäßige Meldepflichten, nach ihren Voraussetzungen so ungenau formuliert seien, dass diese voraussichtlich keine Anwendung finden würden. Ferner wurde kritisiert, dass gegen die Anordnung der Haft keine selbständigen Rechtsbehelfe zur Verfügung stünden, sondern eine Überprüfung lediglich in einem automatischen gerichtlichen Verfahren alle 60 Tage erfolge,
50vgl. Pro Asyl, bordermonitoring.eu, Ungarn: Flüchtlinge zwischen Haft und Obdachlosigkeit, Aktualisierung und Ergänzung des Berichts vom März 2012 von Oktober 2013, abrufbar unter www.proasyl.de; Hungarian Helsinki Committee, Brief Information Note on the main asylum-related legal changes in hungary as of 1 July 2013, S. 2 und 3, abrufbar unter http://www.helsinki.hu/wp-content/uploads/HHC-udate-hungary-asylum-1-July-2013.pdf; Hungarian Helsinki Committee, Briefing Paper fort he Working Group on Arbitrary Detention, UN Commission of Human Rights vom 8. Oktober 2013, Kapitel 7 "Detention of migrants", S. 17 f., abrufbar unter http://www.helsinki.hu.
51Die genannten Berichte beruhen allerdings im Wesentlichen auf einer Auswertung der geänderten Rechtslage selbst, während Erkenntnisse zur konkreten Handhabung dieser Regelungen durch Ungarn angesichts des Zeitpunkts der Erstellung der Berichte kurz nach der Rechtsänderung naturgemäß noch nicht vorlagen. In der Folgezeit wurden seitens dieser Organisationen zunächst keine weiteren Erkenntnisse zur Rechtspraxis in Ungarn veröffentlicht.
52Dementsprechend gelangte die überwiegende verwaltungsgerichtliche Rechtsprechung bislang zu der Einschätzung, dass die in diesen Erkenntnismitteln geäußerten Befürchtungen und vorläufigen Schlussfolgerungen auch unter Berücksichtigung der früheren Praxis in Ungarn noch kein hinreichender Beleg für eine systemische unionsrechtswidrige Asylpraxis in Ungarn seien und selbst dann, wenn es infolge der in Kraft getretenen Neuregelungen des Asylverfahrens nach dem 1. Juli 2013 zu einzelnen Missständen gekommen sein sollte, sich daraus jedenfalls für das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen in Ungarn - noch - keine "systemischen Mängel" ergeben,
53vgl. beispielhaft für die ablehnende Rechtsprechung, alle mit weiteren Nachweisen: Verwaltungsgericht Augsburg, Beschluss vom 14. Mai 2014 - Au 7 S 14.50092 -, juris, Rn 26, 31 ff. m.w.N.; Verwaltungsgericht Bremen, Urteil vom 25. April 2014 - 4 K 2131/13.A -, juris; Verwaltungsgericht Regensburg, Beschluss vom 2. Mai 2014 - RN 8 S 14.50083-, juris, Rn 20; Verwaltungsgericht Würzburg, Beschluss vom 28. März 2014 - W 1 S 14.30145 - , juris, Rn 17, m.w.N.; Verwaltungsgericht Frankfurt, Beschluss vom 25. Februar 2014 - 8 L 428/14.F.A -, juris, Rn 10 f.; die Frage als offen und aufklärungsbedürftig bezeichnend: Verwaltungsgericht Freiburg, Beschluss vom 28. August 2013 - A 5 K 1406/14 -, juris, Rn 16 ff.; Verwaltungsgericht München, Beschluss vom 23. Dezember 2013 - M 23 S 13.31303 -, juris, Rn 16 f.; Verwaltungsgericht München, Beschluss vom 11. Februar 2014 - M 24 S 13.31330 -, juris, Rn 51 ff.; Verwaltungsgericht Kassel, Beschluss vom 17. Februar 2014 - 6 L 122/14.KS.A -, n.V.
54Auf der Grundlage einer im vorliegenden Verfahren eingeholten aktuellen Auskunft des UNHCR vom 9. Mai 2014 zur Rechtsanwendungspraxis in Ungarn bezüglich der neuen Haftgründe sowie aufgrund der Angaben im aktuell veröffentlichten aida Länderbericht,
55aida, Asylum Information Database, National Country Report Hungary, Stand: 30. April 2014, abrufbar unter http://www.asylumineurope.org/files/report-download/aida_-_hungary_second_update_final_uploaded_0.pdf,
56ergeben sich bei der im vorläufigen Rechtsschutz gebotenen summarischen Prüfung allerdings ernst zu nehmende - hinsichtlich der Schwere und Offensichtlichkeit aber noch weiter aufklärungsbedürftige - Anhaltspunkte für eine mit Artikel 3 EMRK bzw. Artikel 4 GrCh nicht in Einklang stehende Inhaftierungspraxis Ungarns.
57Dabei geht das Gericht bei der Bewertung der aktuellen Erkenntnismittel von den sich aus der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte ergebenden Maßstäben für eine Verletzung von Artikel 3 EMRK bzw. Artikel 4 GrCh aus.
58In seinem Urteil vom 21. Januar 2011 hat der Gerichtshof eine Überstellung nach Griechenland als nicht mit Artikel 3 EMRK vereinbar angesehen, da die systematische Inhaftierung von Asylbewerbern, gerade auch solcher, die - wie der Antragsteller - nicht das Bild eines illegalen Einwanderers bieten, weil ihre Identität den griechischen Behörden aufgrund der gegenüber dem anderen Mitgliedstaat abgegebenen Übernahmezusage ersichtlich bekannt war, in Haftzentren ohne Angabe von Gründen eine weit verbreitete Praxis der griechischen Behörden darstellte,
59vgl. EGMR, Urteil vom 21. Januar 2011 - 30696/09 juris, Rn 225, 234.
60Unter Berücksichtigung der zudem vorhandenen übereinstimmenden Zeugenaussagen zu den völlig unzureichenden Haftbedingungen sah der Gerichtshof bereits die vergleichsweise kurze Haftdauer im entschiedenen Fall von einmal vier Tagen und einmal einer Woche als nicht unbedeutend an. Die Gefühle der Willkür und die oft damit verbundenen Gefühle der Unterlegenheit und Angst sowie die tiefgreifenden Wirkungen auf die Würde einer Person, die solche Inhaftierungsumstände zweifellos hätten, bewertete er zusammengenommen als eine gegen Artikel 3 EMRK verstoßende erniedrigende Behandlung,
61vgl. EGMR, Urteil vom 21. Januar 2011 - a.a.O. - Rn 233.
62Artikel 3 EMRK verpflichte die Staaten, sich zu vergewissern, dass die Haftbedingungen mit der Achtung der Menschenwürde vereinbar seien und dass Art und Methode des Vollzugs der Maßnahme den Gefangenen nicht Leid und Härten unterwerfe, die das mit einer Haft unvermeidbar verbundene Maß an Leiden übersteige,
63EGMR, Urteil vom 21. Januar 2011 - a.a.O. - Rn 222.
64Sind die Mitgliedstaaten noch dazu aufgrund unionsrechtlicher Vorgaben zur Einhaltung bestimmter Mindeststandards der Aufnahmebedingungen verpflichtet, sind die konkreten Anforderungen an die Schwere der Schlechtbehandlung im Sinne der EMRK niedriger anzusetzen bzw. kommt umgekehrt einem Verstoß gegen diese unionsrechtlichen Verpflichtungen oder ihrer Umsetzung im nationalen Recht für die Annahme einer relevanten Grundrechtsverletzung nach Artikel 3 EMRK bzw. Art. 4 GrCH ein besonderes Gewicht zu,
65vgl. EGMR, Urteil vom 21. Januar 2011 - a.a.O. -, Rn 250, 263; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 16. April 2014 - A 11 S 172/13 -, juris, Rn 40.
66Nach diesen Maßgaben lassen sich zur Inhaftierungspraxis Ungarns derzeit folgende- vorläufige - Feststellungen treffen:
67Seit der (Wieder-)Einführung der Asylhaft zum 1. Juli 2013, die erneut eine Inhaftierung von Erstantragstellern - wie dem Antragsteller des vorliegenden Verfahrens - ermöglicht, wurden im Zeitraum von Juli bis Dezember 2013 rund 25 % aller Asylantragsteller auf dieser Grundlage inhaftiert,
68vgl. Auskunft des UNHCR an das Verwaltungsgericht Düsseldorf vom 9. Mai 2014, Frage 1, Seite 1.
69Die Gesamtzahl der in diesem Zeitraum gestellten neuen Asylanträge belief sich auf 7.156, während die Anzahl der Inhaftierungen im gleichem Zeitraum 1.762 betrug; die Hafteinrichtungen waren in diesem Zeitraum regelmäßig voll besetzt;
70vgl. Auskunft des UNHCR an das Verwaltungsgericht Düsseldorf vom 9. Mai 2014, zu Frage 1 und Fußnote 1; aida, National Country Report Hungary, S. 48.
71Nach der Dublin-Verordnung nach Ungarn zurücküberstellte Asylbewerber wurden in diesem Zeitraum flächendeckend inhaftiert,
72vgl. Auskunft des UNHCR an das Verwaltungsgericht Düsseldorf vom 9. Mai 2014 zu Frage 3, S. 2.
73Zwar stellt der Umstand, dass das ungarische Asylrecht seit der erneuten Rechtsänderung zum 1. Juli 2013 - wieder - Inhaftierungsgründe für Asylbewerber enthält und Ungarn diese neuen Inhaftierungsvorschriften auch tatsächlich anwendet, für sich genommen noch keinen begründeten Anhaltspunkt für das Vorliegen systemischer Mängel des Asylsystems dar. Denn auch das unionsrechtliche Regelungssystem geht seinerseits davon aus, dass eine Inhaftierung von Asylbewerbern - wenn auch unter engen Voraussetzungen - im Einzelfall möglich ist. Artikel 8 und 9 der Richtlinie 2013/33 EU des Europäischen Parlamentes und des Rates vom 26. Juni 2013 zur Festlegung von Normen für die Aufnahme von Personen, die internationalen Schutz beantragten (Neufassung) - im Folgenden: AufnahmeRL, geben den Mitgliedstaaten hierfür ausdrücklich einen rechtlichen Rahmen vor. Auch macht Ungarn ersichtlich nicht mehr in einem so umfassenden Umfang von den neuen Haftregelungen Gebrauch wie noch im Zeitraum bis zum 1. Januar 2013 nach der früheren Rechtslage.
74Aus den aktuellen Erkenntnismitteln ergeben sich aber ungeachtet dessen sowohl hinsichtlich des Verfahrens der Haftanordnung durch die zuständige Verwaltungsbehörde (sog. Office of Immigration and Nationality - OIN) als auch mit Blick auf die gegen die Haftanordnung bestehenden Rechtsschutzmöglichkeiten Anhaltspunkte für eine grundrechtsverletzende, insbesondere willkürliche und nicht dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit genügende Inhaftierungspraxis, der die Asylbewerber rechtsschutzlos ausgeliefert zu sein scheinen.
75Den Verwaltungsentscheidungen, mit denen die Asylhaft gegenüber Erstantragstellern angeordnet wird, fehlt es regelmäßig an einer einzelfallbezogenen Begründung. Denn die haftanordnenden Entscheidungen des OIN nennen weder den konkreten Haftgrund, noch enthalten sie Angaben dazu, warum die Inhaftierung aus Sicht der zuständigen Behörde im konkreten Einzelfall erforderlich und angemessen ist und insbesondere keine anderen milderen Mittel in Betracht kommen, um eine Verfügbarkeit des Antragstellers im Asylverfahren sicherzustellen, wie etwa die Stellung einer Kaution, die Anordnung einer Residenzpflicht oder regelmäßige Meldepflichten - Alternativen zur Haft, die im neuen ungarischen Asylrecht rechtlich durchaus vorgesehen sind,
76vgl. Auskunft des UNHCR an das Verwaltungsgericht Düsseldorf vom 9. Mai 2014, zu Frage 3, Seite 2; aida, National Country Report Hungary, a.a.O., S. 51.
77Vielmehr werden Asylbewerber nur mündlich über die Gründe ihrer Inhaftierung informiert und erhalten die - nicht mit einer Begründung versehene - Haftanordnung noch dazu ausschließlich in ungarischer Sprache,
78vgl. aida, National Country Report Hungary, a.a.O., S. 56.
79was jedenfalls die Überprüfbarkeit der Anordnung und die Inanspruchnahme von Rechtsschutz für den Asylbewerber deutlich erschweren dürfte.
80Dass vor der Anordnung der Haft eine - lediglich nicht schriftlich dokumentierte - Einzelfallprüfung erfolgt, ergibt sich ebenfalls nicht. Nach den Angaben im aida Länderbericht soll die Asylhaft nach der ungarischen Rechtslage zwar auf der Grundlage einer Prüfung der individuellen Umstände des Einzelfalls und nur dann erfolgen, wenn - s.o. - keine weniger einschneidenden Alternativen in Betracht kommen. Die Erfahrung zeige aber, dass Haftanordnungen gerade ohne eine solche Einzelfallprüfung ergingen und Haftalternativen nicht geprüft würden. Auch würden zur Verfügung stehende Instrumente zur Überprüfung der Notwendigkeit und Verhältnismäßigkeit der Haftanordnung in der Praxis nicht angewendet,
81vgl. aida, National Country Report Hungary, a.a.O., S. 51.
82Vielmehr sei vollkommen intransparent und daher nicht vorhersehbar, welche Asylbewerber in Ungarn verhaftet würden und welche nicht und warum,
83vgl. Auskunft des UNHCR an das Verwaltungsgericht Düsseldorf vom 9. Mai 2014, zu Frage 3, S. 2.
84Damit sehen sich aber grundsätzlich alle Asylbewerber bei der Erstantragstellung dem nicht einschätzbaren Risiko einer willkürlichen Inhaftierung ausgesetzt.
85Soweit Dublin-Rückkehrer anders als die übrigen Asylbewerber nach ihrer Rückkehr nach Ungarn grundsätzlich inhaftiert werden,
86vgl. Auskunft des UNHCR an das Verwaltungsgericht Düsseldorf vom 9. Mai 2014, zu Frage 3, Seite 2,
87führt dies nicht zu einer anderen Bewertung, da es nach der Auskunftslage auch hinsichtlich dieser Personengruppe jedenfalls an jeder individuellen Prüfung der Haftvoraussetzungen und Haftgründe zu fehlen scheint.
88Soweit ausweislich des aida Länderberichts nach neuem Recht unbegleitete Minderjährige nicht inhaftiert werden dürfen und alleinstehende Frauen und Familien mit Kindern- obwohl rechtlich möglich - tatsächlich nicht in Asylhaft genommen werden,
89vgl. aida, National Country Report Hungary, a.a.O., S. 48; andererseits sind andere besonders verletzliche Personen, z.B. ältere Menschen, oder Menschen mit körperliche oder geistigen Erkrankungen/Behinderungen, nicht von der Asylhaft ausgenommen sind und es bestehen auch keine ausreichenden Mechanismen, um diese Personen im Asylverfahren rechtzeitig zu identifizieren, S. 56,
90bleibt schon offen, ob dies auch auf die Personengruppe der Dublin-Rückkehrer zutrifft, der der Antragsteller zugehört. Jedenfalls gehört der Antragsteller aber ersichtlich nicht zu diesen besonders geschützten Personengruppen, die nach der aktuellen Erkenntnislage von einer Asylhaft tatsächlich verschont bleiben.
91Es ist andererseits nicht ersichtlich, dass die vorhandenen Rechtsschutzmöglichkeiten wenigstens nachträglich eine ausreichende und wirksame rechtliche Überprüfung der Rechtmäßigkeit der Inhaftierungsentscheidung bzw. ihrer Fortdauer gewährleisten könnten. Im Gegenteil bewerten die aktuellen Erkenntnismittel die bestehenden Rechtsschutzmöglichkeiten als vollkommen ineffektiv und im Ergebnis wirkungslos. Selbständige Rechtsbehelfe stehen gegen die behördliche Anordnung der Asylhaft nicht zur Verfügung,
92vgl. aida National Country Report Hungary, a.a.O., S. 56 unten; Auskunft des UNHCR an das Verwaltungsgericht Düsseldorf vom 9. Mai 2014, a.a.O., zu Frage 7, Seite 6.
93Die Überprüfung der Haftanordnungen erfolgt vielmehr im Rahmen einer automatischen gerichtlichen Haftüberprüfung erstmals nach 72 Stunden, anschließend dann - weil die Behörden regelmäßig die Verlängerung der Haft um jeweils weitere 60 Tage beantragen - in einem 60-Tage-Rhythmus. Die zuständigen Gerichte setzen dabei die Überprüfungstermine im Halbstundentakt und regelmäßig für Gruppen von 5 bis 15 Inhaftierte gleichzeitig an, so dass für jeden Fall nur wenige Minuten zur Verfügung stehen.
94vgl. auch aida-report, a.a.O., S. 57; Auskunft des UNHCR an das Verwaltungsgericht Düsseldorf vom 9. Mai 2014 zu Frage 7, S. 7.
95Eine einzelfallbezogene Überprüfung, ob die Haftanordnung rechtmäßig war und der Haftgrund fortbesteht, dürfte - zumal die Haftgründe und sonstigen behördlichen Erwägungen wie ausgeführt in der behördlichen Anordnung nicht schriftlich fixiert sind - den Gerichten unter diesen Umständen kaum möglich sein,
96so auch Auskunft des UNHCR an das Verwaltungsgericht Düsseldorf vom 9. Mai 2014, zu Frage 7, Seite 7.
97Erschwerend kommt hinzu, dass inhaftierte Asylbewerber zwar Anspruch auf einen kostenlosen Rechtsbeistand haben, diese Rechtsbeistände aber in den Haftprüfungsterminen normalerweise keine Einwände gegen die Verlängerung der Haftdauer erheben und regelmäßig auch nur in der ersten Überprüfung (nach 72 Stunden Haft) von Amts wegen zur Verfügung gestellt werden. Bei den späteren, wegen der regelmäßig erfolgenden Haftverlängerungen um 60 Tage grundrechtlich noch bedeutsameren Folgeüberprüfungen steht Asylantragstellern diese rechtliche Unterstützung in der Praxis dagegen regelmäßig nicht mehr zur Verfügung,
98vgl. aida, National Country Report Hungary, a.a.O., S. 57.
99Hierzu fügt sich, dass nach einer Untersuchung, die das höchste Gericht Ungarns (Kuria) in den Jahren 2011 und 2012 durchgeführt hat, lediglich in drei von 5.000 bzw. 8.000 Fällen, die automatische Haftüberprüfung (durch dieselben Gerichte, die auch nach neuem Recht für die Überprüfung zuständig sind), tatsächlich zu einer Aufhebung der Haftanordnung geführt hat,
100vgl. Auskunft des UNHCR an das Verwaltungsgericht Düsseldorf vom 9. Mai 2014, zu Frage 7, Seite 7; aida National Country Report Hungary, a.a.O., Seite 57.
101Damit spricht nach den aktuellen Erkenntnissen viel dafür, dass das vorhandene Rechtsschutzsystem ungeeignet ist, um Asylbewerbern wirksamen Schutz vor einer rechtswidrigen Freiheitsentziehung von regelmäßig erheblicher Dauer zu bieten.
102Soweit das ungarische Asylrecht neben der automatischen Haftprüfung vorsieht, dass der Asylbewerber gegen die Anordnung der Asylhaft eine sog. "objection", also wohl einen Einspruch, erheben kann, führt auch dies nicht zu einer anderen Beurteilung. Dem UNHCR ist seit der Wiedereinführung der Asylhaft zum 1. Juli 2013 kein einziger Fall bekannt geworden, in dem ein solcher Einspruch tatsächlich erhoben worden ist. Nach Einschätzung des UNHCR werden Asylbewerber in der Praxis überhaupt nicht über diesen Rechtsbehelf informiert bzw. seitens der zuständigen Behörden mit dem Hinweis darauf, dass dieser Rechtsbehelf ungeeignet sei, die Rechtmäßigkeit der Haftentscheidung anzugreifen, von einer Einlegung abgehalten,
103vgl. Auskunft des UNHCR an das Verwaltungsgericht Düsseldorf vom 9. Mai 2014, zu Frage 7, Seite 6.
104Zu alledem fügt sich schließlich, dass Asylbewerber, die inhaftiert werden, nach den vorliegenden Erkenntnismitteln mit großer Wahrscheinlichkeit die gesamte Dauer ihres Asylverfahrens inhaftiert bleiben. Die maximale Haftdauer der seit dem 1. Juli 2013 neu geregelten Asylhaft beträgt sechs Monate und auch die durchschnittliche Haftdauer wird derzeit mit 4 bis 5 Monaten angegeben, reicht also deutlich an die rechtlich zulässige Höchsthaftdauer heran,
105vgl. aida National Country Report Hungary, a.a.O., S. 51 und 49.
106Vorbehaltlich der Bestätigung und Konkretisierung dieser Erkenntnisse im Hauptsacheverfahren ist daher jedenfalls im vorliegenden Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes davon auszugehen, dass Dublin-Rückkehrer nach ihrer Ankunft in Ungarn grundsätzlich, ohne Angabe von Gründen und ohne eine Prüfung ihrer individuellen Umstände inhaftiert werden, und sonstige Asylbewerber grundsätzlich jedenfalls dem Risiko einer willkürlichen Inhaftierung ausgesetzt sind, und beide Gruppen mangels wirksamer Rechtsschutzmöglichkeiten die Anordnung der Haft bzw. die Haftfortdauer nicht mit Aussicht auf Erfolg überprüfen lassen können. Eine solche Behandlung von Asylbewerbern, mit der sie der Willkür der zuständigen Behörden ausgesetzt werden und letztlich zum reinen Objekt staatlichen Handelns herabgewürdigt werden, dürfte nicht zuletzt angesichts von Inhaftierungszeiten, die im Durchschnitt mehrere Monate betragen, bereits für sich genommen die für eine Verletzung von Artikel 3 EMRK bzw. Artikel 4 EUGrdRCh erforderliche Schwere aufweisen, so dass es - jedenfalls im vorliegenden Eilverfahren - nicht mehr darauf ankommt, ob auch die konkreten Haftbedingungen selbst, inhaftierte Asylbewerber weiteren Leiden und Härten unterwerfen, die das mit einer Haft unvermeidbare Maß übersteigen.
107Für das Erreichen der erforderlichen Schwere der Grundrechtsverletzung dürfte - jedenfalls bei summarischer Prüfung - ferner sprechen, dass eine solche Inhaftierungspraxis, ungeachtet gegebenenfalls abweichender rechtlicher Vorgaben des ungarischen Asylrechts, auch nicht mit den unionsrechtlichen Mindeststandards der maßgeblichen AufnahmeRL in Einklang zu bringen ist. Schon nach den Erwägungsgründen Nr. 15 und 20 der AufnahmeRL soll die Inhaftierung von Asylbewerbern eine Ausnahme bleiben. Nach Artikel 9 Absatz 1 Satz 1 der AufnahmeRL soll der Asylbewerber nur für den kürzest möglichen Zeitraum in Haft genommen werden, was bei einer Regelverlängerung im 60-Tage-Rhythmus nicht gewährleistet scheint. In der Haftanordnung sind nach Artikel 9 Absatz 2 Satz 2 zudem die sachlichen und rechtlichen Gründe für die Haft anzugeben. Artikel 9 Absatz 3 und 5 verlangen ferner umfassende und wirksame Überprüfungen der Rechtmäßigkeit der Haft sowie eine ausreichende Information des Asylbewerbers in einer für ihn verständlichen Sprache. Auch diese Anforderungen werden nach der derzeitigen Erkenntnislage nicht erfüllt.
108Hinzu kommt, dass der Haftgrund, der nach Einschätzung des UNHCR jedenfalls hinsichtlich der Dublin-Rückkehrer regelmäßig von den zuständigen Behörden stillschweigend angenommen wird, mit den Vorgaben der AufnahmeRL nicht in Einklang stehen dürfte. Laut UNHCR liegt der regelhaften Inhaftierung von Dublin-Rückkehrern die Auffassung der zuständigen Behörden zugrunde, dass diese Asylbewerber, weil sie Ungarn bereits zuvor einmal regelwidrig verlassen haben, auch nach der Rücküberstellung erneut flüchten werden, ohne eine Entscheidung über ihren Asylantrag abzuwarten,
109vgl. Auskunft des UNHCR an das Verwaltungsgericht Düsseldorf vom 9. Mai 2014, zu Frage 3, S. 2.
110Dem dürfte der in Artikel 31/A Buchstabe c des ungarischen Asylgesetzes geregelte Haftgrund zugrunde liegen, wonach eine Inhaftierung erfolgen darf, um Informationen zu erhalten, die zur Durchführung des Asylverfahrens notwendig sind, wenn gewichtige Gründe für die Annahme vorliegen, dass der Antragsteller das Asylverfahren ansonsten verzögern oder behindern oder untertauchen würde,
111vgl. zum Wortlaut der englischen Fassung "c. there are well-founded grounds for presuming that the person seeking recognition is delaying or frustrating the asylum procedure or presents a risk for absconding, in order to establish the data required for conducting the asylum procedure;" aida National Country Report Hungary, a.a.O., S. 50, und zur hier verwendeten deutschen Übersetzung: pro asyl, bordermonitoring.eu, Ungarn: Flüchtlinge zwischen Haft und Obdachlosigkeit, Aktualisierung und Ergänzung des Berichts vom März 2012 von Oktober 2013, a.a.O., S. 9.
112Der insoweit im Rahmen von Artikel 8 der AufnahmeRL für eine solche Umsetzung in das nationale Recht allein in Betracht kommende Haftgrund des Absatzes 3 Satz 1 Buchstabe b, wonach ein Antragsteller in Haft genommen werden darf, "um Beweise zu sichern, auf die sich ein Antrag auf internationalen Schutz stützt und die ohne Haft unter Umständen nicht zu erhalten wären, insbesondere wenn Fluchtgefahr des Antragstellers besteht", dürfte Inhaftierungen, die - wie es der ungarische Haftgrund vorsieht - dazu dienen, jede Art der Verfahrensverzögerung seitens des Antragstellers zu sanktionieren und zu unterbinden, nicht rechtfertigen. […]“
113Dieser Bewertung hinsichtlich des Vorhandenseins systemischer Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber in Ungarn schließt sich der Einzelrichter vollumfänglich an. Unerheblich ist in diesem Zusammenhang, dass vorliegend– anders als in den von der 13. Kammer entschiedenen Verfahren – zur Bestimmung des für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Mitgliedstaates nicht mehr die Dublin-II-VO, sondern nunmehr die Dublin-III-VO Anwendung findet. Denn insoweit gelten in der Sache keine abweichenden Kriterien für die Feststellung systemischer Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber (vgl. Art. 3 Abs. 2 Satz 2 Dublin-III-VO).
114Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO, § 83b AsylVfG. Der Gegenstandswert ergibt sich aus § 30 Abs. 1 Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG).
115Dieser Beschluss ist unanfechtbar, § 80 AsylVfG.
Tenor
I.
Der Antrag wird abgelehnt.
II.
Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Gerichtskosten werden nicht erhoben.
Gründe
I.
II.
Tenor
I.
Die Klage wird abgewiesen.
II.
Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens, für das Gerichtskosten nicht erhoben werden.
III.
Das Urteil ist im Kostenpunkt vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
Die Kläger wenden sich gegen die Ablehnung ihrer Asylanträge als unzulässig und die Anordnung ihrer Abschiebung nach Ungarn.
Der am ...1991 geborene Kläger zu 1) und seine am ...1991 geborene Ehefrau, die Klägerin zu 2), sind kosovarische Staatsangehörige albanischer Volks- und islamischer Religionszugehörigkeit. Sie reisten nach ihren eigenen Angaben am 22.6.2013 aus dem Kosovo über Serbien nach Ungarn, wo sie am 23.6.2013 von der Polizei verhaftet wurden. Nachdem sie ca. zwei Wochen in Ungarn in verschiedenen Asyleinrichtungen gelebt hatten, reisten die Kläger am 15.7.2013 über Österreich nach Deutschland ein. Am 22.7.2013 stellten sie Asylanträge.
Bei der Befragung zur Vorbereitung der Anhörung vor dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (im Folgenden: Bundesamt) gaben sie am
Bei der Anhörung vor dem Bundesamt am
Auf das Übernahmeersuchen des Bundesamts vom
Am
Mit Bescheid vom 9.4.2014 lehnte das Bundesamt die Anträge der Kläger auf Durchführung eines Asylverfahrens als unzulässig ab und ordnete ihre Abschiebung nach Ungarn an. Zur Begründung führte das Bundesamt aus, dass Ungarn aufgrund der dort bereits gestellten Asylanträge gem. Art. 16 Abs. 1 c Dublin II-Verordnung für die Behandlung der Asylanträge zuständig sei. Gründe für die Ausübung des Selbsteintrittsrechts der Bundesrepublik Deutschland seien nicht ersichtlich. Das Bundesamt gehe davon aus, dass in Ungarn keine systemischen Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen im Sinne der Rechtsprechung des EuGH vorlägen.
Gegen diesen Bescheid, der den Klägern am
Auf den gleichzeitig gestellten Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz hat das Verwaltungsgericht Regensburg mit Beschluss vom 4.6.2014 unter Hinweis auf die bei der Klägerin zu 2) bestehende Risikoschwangerschaft die aufschiebende Wirkung der Klage angeordnet.
In ihrer Klagebegründung verweisen die Kläger darauf, dass beim Kläger zu 1) eine größere Augenoperation bevorstehe. Diese habe nicht früher durchgeführt werden können, weil die während ihrer Schwangerschaft bettlägerige und nach der Geburt an einer Wochenbettdepression leidende Klägerin zu 2) auf die Versorgung durch den Kläger zu 1) angewiesen gewesen sei. Die erforderliche medizinische Versorgung für die komplizierte Augenkrankheit sei in Ungarn nicht gewährleistet. Außerdem sei eine Abschiebung nach Ungarn wegen der dort vorliegenden systemischen Mängel des Asylverfahrens unzulässig. In den ungarischen Flüchtlingslagern herrschten katastrophale Zustände.
Die Kläger beantragen,
den Bescheid der Beklagten vom
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie stellt in Frage, ob die geplante Operation akut notwendig sei. Die Gefahr einer akuten Verschlechterung ohne sofortige Operation sei nicht dargelegt worden. Der Kläger zu 1) habe, obwohl er sich seit dem 22.7.2013 in Deutschland befinde, erst für den 4.12.2014 einen ersten Augenarzttermin anberaumt.
Wegen der Einzelheiten des Sachverhalts im Übrigen wird auf die Akten des Bundesamts, die gewechselten Schriftsätze in diesem sowie im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes unter dem Az. RN 6 S 14.50088 sowie den Inhalt der Niederschrift über die mündliche Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht Regensburg
Gründe
Die zulässige Klage bleibt in der Sache ohne Erfolg.
1) Der angefochtene Bescheid des Bundesamts vom
a) Die Republik Ungarn ist gemäß § 27 a AsylVfG i. V. m. Art. 13 und 3 Abs. 1 der Verordnung Nr. 343/2003 des Rates vom
Maßgeblich für die Beurteilung des vorliegenden Falles ist die Dublin II-Verordnung, da sowohl der Antrag auf internationalen Schutz als auch das Übernahmeersuchen an Ungarn vor dem 1. Januar 2014 gestellt worden sind (vgl. Art. 49 Abs. 2 Verordnung Nr. 604/2013 des Europäischen Parlamentes und des Rates vom 26.6.2013 - Dublin III-Verordnung).
Die Voraussetzungen von Art. 13 Dublin II-Verordnung liegen vor, da die Republik Ungarn der erste EU-Mitgliedsstaat ist, in dem die Kläger einen Asylantrag gestellt haben. Wie sich aus der Bestätigung der Republik Ungarn vom 16.12.2013 ergibt, haben die Kläger am 25.6.2013 in Ungarn Asylanträge gestellt.
Gemäß Art. 16 Abs. 1 c) Dublin II-Verordnung ist die Republik Ungarn zur Wiederaufnahme der Kläger verpflichtet, da diese während der Prüfung ihres Asylantrags in Ungarn unerlaubt in deutsches Hoheitsgebiet eingereist sind.
Es besteht auch keine Verpflichtung der Bundesrepublik Deutschland, das Selbsteintrittsrecht gemäß Art. 3 Abs. 2 Dublin II-Verordnung auszuüben, weil in Ungarn die ordnungsgemäße Durchführung des Asylverfahrens nicht gewährleistet wäre. Bei der Republik Ungarn handelt es sich als Mitgliedsstaat der EU um einen sicheren Drittstaat i. S. v. Art. 16 a Abs. 2 GG und § 26 a AsylVfG.
Insoweit geht das Gericht als Prüfungsmaßstab vom Prinzip der normativen Vergewisserung (vgl. hierzu grundlegend BVerfG, B. v. 15.5.1996 - 2 BvR 1938/38 - juris) bzw. dem Prinzip des gegenseitigen Vertrauens (Europäischer Gerichtshof - EuGH B. v. 21.12.2011 - C - 411/10, NVwZ 2012, 417) aus, wonach die Vermutung gilt, dass die Behandlung der Asylbewerber in jedem einzelnen Mitgliedsstaat den Vorschriften der Genfer Flüchtlingskonvention (GFK), der Europäischen Konvention der Menschenrechte (EMRK) und der Charta der Grundrechte i. S. v. Art. 6 Abs. 1 EuV entspricht.
Hierzu hat der EuGH entschieden, dass dem Unionsrecht keine unwiderlegliche Vermutung innewohne, der gemäß Art. 3 Abs. 1 Dublin II-Verordnung zuständige Mitgliedsstaat werde die Unionsgrundrechte beachten. Vielmehr obliege den nationalen Gerichten die Prüfung, ob es im jeweiligen Mitgliedsstaat Anhaltspunkte für systemische Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber gebe, welche zu einer Gefahr für die Antragsteller führen, bei Rückführung in den zuständigen Mitgliedsstaat einer unmenschlichen und erniedrigenden Behandlung i. S. v. Art. 4 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (Grundrechtscharta) ausgesetzt zu werden (EuGH, B. v. 21.12.2011, a. a. O.).
Im Rahmen dieser Prüfung ist jedoch nicht anzunehmen, dass gegenwärtig im Fall der Republik Ungarn systemische Mängel vorliegen, die eine solche Gefahr für die Kläger begründen könnten.
Zwar gehen einige Verwaltungsgerichte in Deutschland vom Vorliegen systemischer Mängel des Asylverfahrens in Ungarn aus (vgl. VG Magdeburg, B. v. 11.4.2013 - 9 B 140/13 - juris; VG Freiburg, B. v. 28.8.2013 - A 5 K 14067/13 - juris; VG München, B. v. 23.12.2013 - M 23 S 13.31303; juris). Soweit sich diese Entscheidungen aber auf Erkenntnisquellen wie das UNHCR-Positionspapier vom 15.3.2012 beziehen, wonach in Ungarn die Unterbringungsmöglichkeiten, insbesondere bei Jugendlichen, nicht europäischem Standard entsprächen und Misshandlungen in der Haft sowie Ruhigstellung renitenter Flüchtlinge mittels Medikamenten zu beobachten seien, kann davon ausgegangen werden, dass diese Berichte durch spätere Erkenntnisquellen überholt sind. So führt der UNHCR in seinem Bericht vom Dezember 2012 aus, dass das ungarische Parlament im November 2012 umfassende Gesetzesänderungen verabschiedet habe, denen zufolge Asylbewerber nicht ohne sachliche Prüfung des Asylantrags nach Serbien oder in die Ukraine zurückgeschoben und nicht inhaftiert werden dürften, wenn sie den Asylantrag unverzüglich nach der Einreise einreichen. Auch würden Dublin-Rückkehrer nicht inhaftiert und erhielten die Möglichkeit, ein noch nicht in der Sache geprüftes Asylverfahren zu Ende zu bringen. Dem entsprechen die Angaben von Liaison-Mitarbeitern des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge beim ungarischen Amt für Staatsbürgerschaft und Einwanderung. Auf diese Erkenntnisse stützt sich insbesondere auch der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg (B. v. 6.8.2013 - 12 S 675/13 - juris) und kommt zum Ergebnis, dass systemische Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen für Asylsuchende in Ungarn nicht vorliegen. Dieser Rechtsprechung folgt das entscheidende Gericht auch weiterhin (ebenso VG Regensburg
Gestützt wird diese Auffassung auch durch das Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR, U. v. 6.6.2013 - 2283/12), wonach aufgrund geplanter oder bereits durchgeführter Änderungen im ungarischen Recht davon auszugehen ist, dass überstellte Personen nunmehr einen hinreichenden Zugang zum Asylverfahren in Ungarn hätten.
Ein anderes Ergebnis folgt auch nicht aus der Rechtsänderung zum 1.7.2013, wonach nun wieder Inhaftierungsgründe für Asylbewerber vorgesehen sind. Zwar haben diese Rechtsänderung und ihre Anwendung dazu geführt, dass auch in jüngerer Zeit erneut einige Verwaltungsgerichte Anhaltspunkte für das Vorliegen systemischer Mängel im Asyl- und Aufnahmeverfahren Ungarns angenommen haben (VG Düsseldorf, B. v. 16.6.2014 - 13 L 141/14.A - juris; VG Oldenburg, B. v. 18.6.2014 - 12 B 1238/14 - juris). Das Gericht folgt diesen Entscheidungen jedoch nicht.
Zwar ist in Art. 28 Abs. 1, 4 Dublin III-VO i. V. m. Art. 8 f der der Richtlinie 2013/33 EU (Aufnahmerichtlinie) bestimmt, dass Mitgliedsstaaten eine Person nicht allein deshalb in Haft nehmen dürfen, weil sie dem durch diese Verordnung festgelegten Verfahren unterliegt. Anknüpfungspunkt für die Inhaftierung eines Asylantragstellers in Ungarn ist aber gerade nicht die Asylantragstellung als solche, sondern - wie im ungarischen Asylgesetz detailliert geregelt wird - die Feststellung der Identität oder Nationalität bzw. das Bestehen ernstlicher Gründe für die Annahme, der Asylsuchende werde das Asylverfahren verzögern oder vereiteln oder es bestehe Fluchtgefahr. Damit steht die Regelung in Ungarn in Einklang mit Art. 8 Abs. 3 b Aufnahmerichtlinie, dass nämlich ein Antragsteller insbesondere dann ausnahmsweise in Haft genommen werden darf, wenn Fluchtgefahr besteht.
Ein anderes Ergebnis folgt auch nicht aus der Inhaftierungspraxis. Auch wenn nach einer Auskunft des UNHCR an das Verwaltungsgericht Düsseldorf
Schließlich begründet auch die Tatsache, dass nach den vorliegenden Erkenntnisquellen Dublin-Rückkehrer regelmäßig inhaftiert werden, keine andere Bewertung. Zwar entnimmt das VG Düsseldorf der Auskunft des UNHCR vom 9.5.2014, dass es hinsichtlich dieser Personengruppe an jeder individuellen Prüfung der Haftvoraussetzungen und Haftgründe zu fehlen scheine (VG Düsseldorf, B. v. 16.6.2014, a. a. O., Rdnr. 82). Dem steht aber entgegen, dass nach den Informationen des ungarischen Helsinki-Komitees vom Mai 2014 ausgeführt wird, dass weibliche Asylsuchende und asylsuchende Familien mit Kinder unter 18 Jahren - also gerade auch die Personengruppe, zu der die Kläger zählen - kaum jemals inhaftiert werden, obwohl das Gesetz dies grundsätzlich zuließe (Hungarian Helsinki Committee, Information Note on Asylum-Seekers in Detention and in Dublin Procedures in Hungary, S. 5). Zu ähnlichen Ergebnissen gelangt auch aida im National Country Report Hungary (S. 9). Dies belegt, dass ganz offenkundig zumindest eine standardisierte Einzelfallprüfung stattfindet. Da das Gericht der Auffassung ist, dass in Anbetracht der hohen Zahlen von Asylbewerbern in Ungarn an eine Einzelfallprüfung keine überzogenen Anforderungen zu stellen sind und eine solche Prüfung für die Verwaltung handhabbar bleiben muss, sind damit zumindest die rechtsstaatlichen Mindestanforderungen an eine Einzelfallprüfung erfüllt (ebenso ausführlich VG Stade, B. v. 14.7.2014 - 1 B 862/14 - juris, Rdnr.13).
Systemische Mängel ergeben sich schließlich auch nicht aus den Unterbringungs- oder Haftbedingungen in Ungarn.
Auch der im Beschluss des VG München
Auch ergeben die aktuellen Auskünfte nicht, dass die Haftbedingungen in Ungarn systemisch eine unmenschliche, erniedrigende Behandlung der Dublin-Rückkehrer darstellen (vgl. hierzu VG Stade, B. v. 14.7.2014, a. a. O., Rdnr. 19). Das Gericht verkennt dabei nicht, dass die Behandlung von Inhaftierten teilweise problematisch ist, jedoch stellen Fehlleistungen im Einzelfall das Konzept der normativen Vergewisserung nicht grundsätzlich in Frage.
Schließlich führt auch das Vorbringen der Kläger, das Übernahmeersuchen sei nach Art. 17 Abs. 1 Dublin II-Verordnung zu spät gestellt und Ungarn sei deshalb nicht zuständiger Staat i. S. d. Dublin II-Verordnung, zu einem abweichenden Ergebnis. Insoweit geht das Gericht in Übereinstimmung mit der überwiegenden verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung davon aus, dass die Dreimonatsfrist in Art. 17 Abs. 1 Dublin II-Verordnung kein subjektives Recht eines Asylantragstellers begründet (vgl. hierzu zuletzt VGH Baden-Württemberg, U. v. 16.4.2014, A 11 S 1721/13 - juris).
c) Die Abschiebungsanordnung ist rechtmäßig, weil die Voraussetzungen von § 34 a Abs. 1 Satz 1 AsylVfG vorliegen.
aa) Voraussetzung hierfür ist zunächst, dass die Zustimmung des ausländischen Staates erfolgt ist und die Rücknahmefristen eingehalten sind. Beide Bedingungen sind im vorliegenden Fall erfüllt. Mit der Übernahmeerklärung vom 16.12.2013 hat die Republik Ungarn der Überstellung der Kläger zugestimmt, so dass diese gemäß Art. 19 Abs. 3 Dublin II-Verordnung noch möglich ist.
bb) Die Abschiebungsanordnung ist nicht aufgrund des Vorliegens inlandsbezogener Vollstreckungshindernisse aufzuheben. Anders als bei der Abschiebungsandrohung darf eine Abschiebungsanordnung erst erfolgen, sobald feststeht, dass die Abschiebung durchgeführt werden kann, wenn also sowohl die rechtliche als auch die tatsächliche Durchführbarkeit der Abschiebung grundsätzlich vorliegt. Wie der Bayerische Verwaltungsgerichtshof ausdrücklich klargestellt hat, hat das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge im Rahmen der Abschiebungsanordnung nach § 34 a AsylVfG sowohl zielstaatsbezogene Abschiebungshindernisse als auch der Abschiebung entgegenstehende Vollzugshindernisse zu prüfen (BayVGH, B. v. 12.3.2014 - 10 CE 14.427 - juris). Diese Rechtsprechung stimmt mit den Entscheidungen anderer Obergerichte überein (vgl. NdsOVG, U. v. 4.7.2012 - 2 LB 163/10 - juris, Rdnr. 41; OVG Berlin-Brandenburg, B. v.1.2.2012 - OVG 2 S 6.12 - juris, Rdnr. 4 ff.; OVG NRW, B. v. 30.8.2011 - 18 B 1060/11 - juris, Rdnr. 4; VGH BW, B. v. 31.5.2011 - A 11 S 1523/11 - juris, Rdnr. 4) und findet ihre Stütze im eindeutigen Gesetzeswortlaut, wonach eine Abschiebungsanordnung zulässig ist, wenn ein Ausländer in einen sicheren Drittstaat (§ 26 a AsylVfG) oder in einen für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat (§ 27 a AsylVfG) abgeschoben werden soll, sobald feststeht, dass die Abschiebung durchgeführt werden kann. Auch das Verwaltungsgericht Regensburg folgt dieser Rechtsprechung (vgl. VG Regensburg, B. v. 12.4.2013 - RO 9 S 13.30112 - juris). Soweit Abschiebungshindernisse erst nach Erlass der Abschiebungsanordnung auftreten, hat das Bundesamt gegebenenfalls die Abschiebungsanordnung aufzuheben oder die Ausländerbehörde anzuweisen, von der Vollziehung der Abschiebungsanordnung abzusehen. Hierzu gehört auch die Frage der Reisefähigkeit.
Vorliegend begründen jedoch weder die vorgelegten Atteste hinsichtlich der Augenerkrankung beim Kläger zu 1) noch die eines Entwurzelungssyndroms, einer Schlafstörung und eines Angstgefühls mit Appetitlosigkeit bei der Klägerin zu 2) ernstliche Zweifel an der Reisefähigkeit der Kläger.
cc) Die genannten Erkrankungen führen auch nicht zum Vorliegen zielstaatsbezogener Abschiebungshindernisse.
Es ist nämlich davon auszugehen, dass Asylsuchende, die an einer Krankheit leiden, in Ungarn grundsätzlich die gleiche medizinische Behandlung wie ungarische Staatsbürger erhalten. Dies ergibt sich aus den Erkenntnissen des Auswärtigen Amtes, wonach auch für Dublin II-Rückkehrer eine medizinische Notfallversorgung gesichert ist (vgl. Auskunft des Auswärtigen Amtes an das Verwaltungsgericht Augsburg
Dahingestellt bleiben kann schließlich, ob auch eine Behandlung des Augenleidens des Klägers zu 1) in Ungarn durchgeführt werden kann. Ein Abschiebungshindernis i. S.v. § 60 Abs. 7 AufenthG ist nämlich nicht schon bei jedweder Erkrankung eines Abzuschiebenden anzunehmen. Vielmehr verlangt auch die Berufung auf eine Krankheit eine extreme Gefahrenlage für den betroffenen Ausländer wie sie etwa bei einer Verschlimmerung eines schweren Leidens anzunehmen ist (vgl. Renner/Bergmann/Dienelt, Aufenthaltsgesetz, § 60, Rdnr. 54). Hiervon ist im Fall der Augenerkrankung des Klägers zu 1) nicht auszugehen. Selbst wenn man unterstellt, dass diese Erkrankung eine nicht unerhebliche Beeinträchtigung für den Kläger zu 1) darstellt, zeigen doch die Tatsachen, dass der Kläger zu 1) nicht nur mehr als ein Jahrzehnt im Kosovo ohne Behandlung leben konnte, und dass er auch nach seiner Einreise nach Deutschland bis zu einem ersten Behandlungstermin die Geburt seines Kindes abwarten konnte, dass es jedenfalls an der von Art. 60 Abs. 7 AufenthG geforderten extremen Gefährdung fehlt. Der vom Kläger zu 1) vorgetragene Hinweis auf die gesundheitlichen Probleme der Klägerin zu 2) im Rahmen der Schwangerschaft überzeugt in diesem Zusammenhang schon deshalb nicht, weil der Kläger zu 1) sich schon vor oder zu Beginn der Schwangerschaft der Klägerin zu 2) um einen Untersuchungstermin hätte bemühen können.
Das Gericht verkennt im Übrigen nicht die schwierige persönliche Gesamtsituation der Kläger. Es geht jedoch davon aus, dass die Beklagte die ungarischen Behörden über die besondere Schutzbedürftigkeit, die sich im Fall einer Familie mit einem Kleinkind, dessen Mutter an einer psychischen Erkrankung leidet, ergibt, informieren und auf diese Weise eine entsprechende Behandlung sicherstellen wird.
2) Die Klage war mit der Kostenfolge aus §§ 154 Abs. 1 VwGO, 83 b AsylVfG abzuweisen.
3) Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit hat seine Grundlage in § 167 Abs. 2 VwGO i. V. m. §§ 708 ff. ZPO.
Tenor
1. Der Antrag wird abgelehnt.
2. Der Antragsteller trägt die Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens.
Gründe
I.
Der am ... 1995 geborene Antragsteller ist syrischer Staatsangehöriger. Er reiste am ... 2014 von Ungarn kommend in die Bundesrepublik Deutschland ein und stellte am ... 2014 einen Asylantrag.
Bei dem Gespräch zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedsstaates am ... 2014 in Z. gab der Antragsteller an, fünf Tage in Ungarn gewesen zu sein. Als Grund gegen die Antragstellung auf internationalen Schutz in Ungarn gab er an, Deutschland sei sein Ziel gewesen (Beiakt I S. 31). Aufgrund des Eurodac-Treffers Nr. ... beantragte das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge gegenüber Ungarn, wo der Antragsteller ausweislich der mitgeführten Papiere bereits am ... 2014 einen Asylantrag gestellt hatte, am ... 2014 die Übernahme des Asylbewerbers. Die ungarischen Behörden erklärten mit Schreiben vom ... 2014 ihre Bereitschaft, den Antragsteller gemäß § 18 Abs. 1b Dublin III-VO wieder aufzunehmen. Der Antragsteller habe in Ungarn am ... 2014 einen Asylantrag gestellt und sei vor der Verhandlung am ... 2014 flüchtig gewesen.
Mit Bescheid vom
Mit Schriftsatz seines Prozessbevollmächtigten vom
die Beklagte zu verpflichten, die zuständige Ausländerbehörde anzuweisen, bis zur Rechtskraft der Entscheidung in dieser Sache keine aufenthaltsbeendenden Maßnahmen gegen den Kläger/Antragsteller zu unternehmen.
Ungarn erfülle entgegen der ausführlichen Begründung des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge die Voraussetzungen des sicheren Drittstaates nicht. Die dort herrschende menschenunwürdige Behandlung von Asylsuchenden, einschließlich der Möglichkeit der Festnahme und Inhaftierung bis zur Entscheidung stelle ebenso einen systematischen Mangel dar, wie die Aufnahmebedingungen vor und nach der Antragstellung. Insbesondere sei weder eine den Kriterien der Genfer Konvention ausreichende Unterkunft gewährleistet, noch eine ärztliche Versorgung oder der Unterhalt des täglichen Lebens.
Ergänzend wird auf die Behördenakte und die Gerichtsakte in den Verfahren B 3 K 14.50130 und B 3 S 14.50131 Bezug genommen (§ 77 Abs. 2 AsylVfG).
II.
Der nach dem wohl verstandenen Interesse des Antragstellers - trotz anwaltlicher Vertretung - als Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gem. § 80 Abs. 5 VwGO zu verstehende Eilantrag (§ 34a Abs. 2 AsylVfG) ist zulässig, hat jedoch in der Sache keinen Erfolg.
Gemäß § 80 Abs. 5 Satz 1, 1. Halbsatz VwGO kann das Gericht auf Antrag die aufschiebende Wirkung der Anfechtungsklage anordnen, wenn sie - wie hier nach § 80 Abs. 2 Nr. 3 VwGO i. V. m. § 75 Abs. 1 AsylVfG - keine aufschiebende Wirkung hat.
Die angegriffene Abschiebungsanordnung stellt sich unter Zugrundelegung der nach § 77 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG maßgeblichen derzeitigen Sach- und Rechtslage bei der im Eilverfahren nur möglichen und gebotenen summarischen Prüfung als rechtmäßig dar, so dass das Aussetzungsinteresse des Antragstellers hinter das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung der Abschiebungsanordnung zurückzutreten hat.
Nach § 34 a AsylVfG wird die Abschiebung ohne das Erfordernis einer vorherigen Androhung und Fristsetzung insbesondere dann angenommen, wenn der Ausländer in einen aufgrund unionsrechtlicher Bestimmungen oder eines völkerrechtlichen Vertrages für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat (§ 27 a AsylVfG) abgeschoben werden soll, sobald feststeht, dass die Abschiebung durchgeführt werden kann. Die Abschiebungsanordnung stellt sich als Festsetzung eines Zwangsmittels dar, die erst dann ergehen darf, wenn alle Voraussetzungen für die Abschiebung erfüllt sind. Dies ist in erster Linie die Zuständigkeit des anderen Staates, daneben muss aber auch feststehen, dass die Abschiebung in den zuständigen Staat nicht aus anderen Gründen rechtlich unzulässig oder tatsächlich unmöglich ist.
Die notwendigen Voraussetzungen liegen hier - wie im angefochtenen Bescheid vom
Außergewöhnliche Umstände, die möglicherweise für ein Selbsteintrittsrecht bzw. eine Selbsteintrittspflicht der Antragsgegnerin nach Art. 17 Abs. 1 Dublin III-VO sprechen könnten, sind vorliegend nicht glaubhaft gemacht.
Insbesondere ist nach derzeitigem Erkenntnisstand und unter Berücksichtigung der hierzu einschlägigen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (vgl. EuGH, U. v. 21. 12. 2011, Az. C-411/10 u. a. in NVwZ 2012, 417 ff.) nicht davon auszugehen, dass das ungarische Asylsystem an systemischen Mängeln leidet, aufgrund derer die dorthin zu überstellenden Asylsuchenden einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne des Art. 4 der Grundrechtscharta (GRCharta) ausgesetzt wären.
Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs ist eine Überstellung an einen Mitgliedsstaat nur dann zu unterlassen, wenn ernsthaft zu befürchten ist, dass das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen für Asylsuchende im zuständigen Mitgliedsstaat systemische Mängel aufweisen, die eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung der an diesen Mitgliedsstaat (rück-)überstellten Asylsuchenden im Sinne von Art. 4 GRCharta zur Folge hätten (EuGH a. a. O.). Daraus kann jedoch nicht geschlossen werden, dass jeder Verstoß eines zuständigen Mitgliedsstaats gegen einzelne unionsrechtliche Bestimmungen zur Folge hätte, dass der Mitgliedsstaat, in dem ein (weiterer) Asylantrag eingereicht wurde, daran gehindert wäre, den Asylsuchenden an den zuständigen Staat zu überstellen (EuGH a. a. O.). Denn eine solche Sichtweise würde den Kern und die Verwirklichung des Ziels der Dublin II-VO (nunmehr Dublin III-VO) gefährden, rasch denjenigen Mitgliedsstaat zu bestimmen, der für die Entscheidung über einen in der Union gestellten Asylantrag zuständig ist (EuGH a. a. O.).
Unter Berücksichtigung dieser Vorgaben hält das Gericht derartige systemische Mängel bezüglich der Asylpraxis in Ungarn (derzeit) nicht für glaubhaft gemacht (so auch EGMR, U. v. 06.06. 2013, Az. 2283/12 in Asylmagazin 10/2013, S. 342 ff.; VG Düsseldorf
Das Gericht stützt seine Auffassung auf folgende Erkenntnisse:
Nach der Berichterstattung des UNHCR zum Asylland Ungarn vom Dezember 2012 hat das ungarische Parlament im November 2012 umfassende Gesetzesänderungen verabschiedet. Danach werden Asylsuchende nicht mehr ohne sachliche Prüfung ihres Asylantrags zurückgeschoben oder inhaftiert. „Dublin-Rückkehrer“ werden nicht automatisch inhaftiert und erhalten die Möglichkeit, ein noch nicht in der Sache geprüftes Asylverfahren zu Ende zu bringen. Bestätigt werden diese Verbesserungen durch das Hungarian Helsinki Committee (HHC, Brief information note on the main asylum-related legal changes in Hungary as of 1 July 2013, Seite 1; in englischer Sprache im Internet abrufbar).
Die Evaluation des UNHCR „Zur Situation der Flüchtlinge und Asylbewerber in Ungarn, insbesondere Dublin-Rückkehrer vom 09.05. 2014“ (Auskunft an das Verwaltungsgericht Düsseldorf) hat ergeben, dass in Ungarn nach der geänderten Rechtslage zum 01.07. 2013 die geltenden neuen Haftgründe in der Regel nicht individualisiert würden. Nach ihren Erkenntnissen würden Dublin Rückkehrer in der Regel wegen der Gefahr des Untertauchens inhaftiert. Auch Familien blieben danach der Gefahr ausgesetzt, bis zu 30 Tage inhaftiert zu werden, auch wenn das Gesetz (Section 56 (3) of the Act II of 2007 on Third Country Nationals' Entry and Stay) dies nur als das letzte Mittel vorsehe.
Doch wird nach der „Informationsschrift über Asylsuchende in Gewahrsam (und) die dem Dublin Verfahren unterliegen“ des Hungarian Helsinki Committees (HHC) vom Mai 2014 seit dem 01.01. 2014 aufgrund von Änderungen im Asylgesetz (Ergänzung zum Asylgesetz by Act CXCVIII of 2013) Dublin-Rückkehrern jetzt in der Regel Zugang zum Asylverfahren und eine volle Untersuchung ihres Asylantrags gewährt. Die dort genannte problematische Ausnahme (Antrag wurde bereits abschlägig verbeschieden) ist hier nicht einschlägig, da die Norm, nach der Ungarn die Rücknahme des Antragstellers zusagte (Art. 18 Abs. 1b Dublin III VO), auf einen noch nicht verbeschiedenen Asylantrag Bezug nimmt. In dieser Informationsschrift ist auch dargelegt, dass - obwohl das Gesetz die Inhaftierung asylsuchender Familien mit Kindern unter 18 Jahren grundsätzlich zulasse - diese höchst selten in Gewahrsam genommen würden. Die hiervon abweichende Feststellung des VG Oldenburg, Beschluss vom 18.06. 2014, Az. 12 B 1238/14 - in juris Rn. 34 - findet keine Bestätigung in der Information Note des HHC.
Es bestehen auch keine Anhaltspunkte dafür, dass Dublin-Rückkehrern der Zugang zum Asylverfahren verwehrt und entgegen des Refoulement-Verbots direkt oder indirekt in ihr Herkunftsland abgeschoben werden, ohne dass die Gefahr, die dadurch für den betroffenen Asylbewerber entsteht, unter dem Gesichtspunkt von Art. EMRK geprüft worden ist.
Nach der im Januar 2014 erfolgten Änderung des ungarischen Asylgesetzes erhalten Dublin-Rückkehrer, deren Asylverfahren in Ungarn noch nicht abgeschlossen ist, regelmäßig Zugang zum Asylverfahren. Eine Prüfung ihrer Asylgründe ist den dem Gericht vorliegenden Erkenntnissen gewährleistet (vgl. HHC a. a. O. S. 20; UNHCR, Auskunft an das Verwaltungsgericht Düsseldorf
Nach diesen Erkenntnissen ist davon auszugehen, dass der Antragsteller nach einer Überstellung nach Ungarn sein Asylverfahren zu Ende führen kann, ohne in Haft genommen zu werden.
Soweit und solange sich keine gegenteiligen Anhaltspunkte ergeben, ist in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (vgl. EuGH a. a. O.) davon auszugehen, dass auch für Ungarn die Vermutung besteht, dass Asylsuchende jedenfalls seit November 2012 und Januar 2014 (wieder) in Einklang mit den Vorgaben der Grundrechtscharta, der Genfer Flüchtlingskonvention und der EMRK behandelt werden.
Die derzeit zugänglichen Erkenntnisquellen lassen deshalb aus den oben genannten Gründen systemische Mängel in Ungarn insbesondere im Hinblick auf die im Juli 2013 und Januar 2014 in Kraft getretenen Gesetzesänderungen nicht glaubhaft erscheinen. Die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs würde vielmehr in ihr Gegenteil verkehrt, wenn man den ungarischen Behörden im Hinblick auf die genannten Gesetzesänderungen quasi vorab ein uniongrundrechtswidriges bzw. konventionsrechtswidriges Verhalten unterstellen würde, ohne diesbezüglich tatsächliche Anhaltspunkte anführen zu können.
Schließlich sind auch keine Anhaltspunkte für systemische Mängel wegen drohender Obdachlosigkeit greifbar.
Zu der Frage, unter welchen Voraussetzungen eine Situation materieller Armut gegen die EMRK verstößt, hat der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) hervorgehoben, dass die drohende Überstellung in einen Mitgliedsstaat, in dem die eigene wirtschaftliche Situation schlechter sein wird als in dem überstellenden Mitgliedsstaat, nicht ausreicht, die Schwelle der unmenschlichen Behandlung, wie sie von Art. 4 GR-Charta bzw. Art. 3 EMRK verboten wird, zu überschreiten. Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs sind die Mitgliedsstaaten nicht verpflichtet, jede Person innerhalb des eigenen Zuständigkeitsbereichs mit einem Obdach zu versorgen; sie enthalten keine allgemeine Pflicht, Flüchtlingen finanzielle Unterstützung zu bieten, um ihnen einen bestimmten Lebensstandard zu ermöglichen. Ausländern, die von einer Überstellung betroffen sind, gewähren die genannten Regelungen grundsätzlich keinen Anspruch mit dem Ziel, in einem Mitgliedsstaat zu verbleiben, um dort weiterhin von medizinischer, sozialer oder anderweitiger Unterstützung oder Leistung zu profitieren. Wenn keine außergewöhnlich zwingenden humanitären Gründe vorliegen, die gegen eine Überstellung sprechen, ist allein die Tatsache, dass die wirtschaftlichen und sozialen Lebensverhältnisse bedeutend geschmälert würden, falls ein Antragsteller überstellt werden würde, nicht ausreichend, einen Verstoß gegen Art. 3 EMRK zu begründen (EGMR, Beschluss vom 18.06. 2013, Az. 53852/11 - in juris - (= ZAR 2013, 338-339); vgl. hierzu auch OVG NRW, Urteil vom 07.03. 2014, Az. 1 A 21/12.A - in juris Rn. 118 - (= DVBl 2014, 790-796).
Trotzdem muss den Asylsuchenden auch unter Berücksichtigung aller Ausnahmetatbestände immer das absolut garantierte Minimum (hier: Deckung der „Grundbedürfnisse“) gewährleistet bleiben (vgl. Art. 18 Abs. 9 Satz 2 der Richtlinie 2013/33/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26.07. 2013 zur Festlegung von Normen für Aufnahme von Personen, die internationalen Schutz beantrage - Aufnahmerichtlinie -).
Ein Verstoß gegen Art. 3 EMRK kann danach vorliegen, wenn der Asylbewerber vollständig von staatlicher Unterstützung abhängig ist und behördlicher Gleichgültigkeit gegenübersteht, obwohl er sich in so extremer materieller Armut und Bedürftigkeit befindet, dass dies mit der Menschenwürde unvereinbar ist. Dies ist vom EGMR hinsichtlich Griechenlands anerkannt worden, da Griechenland als aufgrund der Untätigkeit seiner Behörden verantwortlich war für die Lebensbedingungen des klagenden Asylbewerbers, in denen er sich monatelang befunden hat, als er auf der Straße lebte, ohne Hilfsmittel und ohne Zugang zu sanitären Einrichtungen sowie ohne die zur Befriedigung seiner elementaren Bedürfnisse erforderlichen finanziellen Mittel, verbunden mit der langen Ungewissheit, in der er verblieb ohne jede Aussicht auf Verbesserung seiner Lage. Sind diese Tatsachen allgemein bekannt, so kann die Abschiebung eines Asylbewerbers in einen solchen Staat den erforderlichen Schweregrad erreichen, um in den Anwendungsbereich von Art. 3 EMRK zu fallen.
Nach diesen Maßstäben ist nicht ersichtlich, dass Ungarn seiner Verpflichtung, Antragstellern für die Zeit bis zur Entscheidung über ihre Asylanträge ein Minimum an materiellen Leistungen für ein menschenwürdiges Dasein zu gewähren, nicht nachkommt.
Während eines laufenden Asylverfahrens haben Betroffene, die - wie der Antragsteller -erstmalig einen Asylantrag stellen, Anspruch eine Unterkunft (in erster Linie in Gemeinschaftsunterkünften), auf finanzielle Hilfe für Essen bzw. in den Gemeinschaftsunterkünften auf drei Mahlzeiten am Tag sowie auf Taschengeld. Einschränkungen sind nur im Falle eines Asylfolgeantrags und während des Abschiebeverfahrens vorgesehen (vgl. aida, Asylum Information Database, National Country Report Hungary, Stand: 30.04. 2014, S. 37 f.; zum nunmehr gesetzlich festgeschriebenen Nährstoffgehalt einer Mahlzeit siehe UNHCR, Auskunft an das Verwaltungsgericht Düsseldorf
Schließlich hat der Antragsteller bei dem Gespräch zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedsstaates am ... 2014 als Grund gegen eine Überstellung nach Ungarn nur angegeben, dass Deutschland sein Ziel gewesen sei (Beiakt I S. 31).
Nach alledem ist der Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1, § 159 VwGO, § 83b AsylVfG abzulehnen.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 80 AsylVfG).
Tenor
I.
Der Antrag wird abgelehnt.
II.
Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
Gerichtskosten werden nicht erhoben.
Gründe
I.
Hier weiter
II.
Tenor
I.
Der Antrag wird abgelehnt.
II.
Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
Gerichtskosten werden nicht erhoben.
Gründe
I.
Der Antragsteller will mit seinem Antrag die Anordnung der aufschiebenden Wirkung seiner Klage gegen die Abschiebungsanordnung nach Ungarn erreichen.
Bei der Asylantragstellung am
Mit Bescheid der Regierung der Oberpfalz vom
Bei seiner Anhörung vor dem Bundesamt am
Bei einer Rückkehr nach Syrien befürchte er, wegen der Teilnahme an einer durch die PKK (jetzt: YPG) organisierten illegalen Demonstration festgenommen zu werden. Außerdem müsse er dann auf irgendeiner Seite am Krieg teilnehmen.
Auf Anfrage erklärten sich die ungarischen Behörden mit Schreiben vom
Mit Bescheid vom
Für das Verfahren sei Ungarn zuständig. Das dortige Asylverfahren leide nicht unter systemischen Mängeln.
Der Bescheid wurde am
Mit Telefax seiner Prozessbevollmächtigten vom
die aufschiebende Wirkung der Klage gegen die Abschiebungsanordnung in dem Bescheid der Beklagten vom
Zur Begründung wird ausgeführt, mit der überwiegenden Zahl der Gerichte sei davon auszugehen, dass das Asylverfahren in Ungarn unter systemischen Mängeln leide. Ohne Angabe von Gründen würden Asylbewerber bis zu sechs Monate inhaftiert. Den Inhaftierten werde der Rechtsweg versperrt. Die Ausreise des Antragstellers während des dortigen Asylverfahrens werde als Verzögerung oder Vereitelung des Asylverfahrens gesehen. Die Asylverfahren würden nicht einzeln, objektiv und unparteiisch geprüft. Neuere Erkenntnisse schlössen eine Gefährdung der Menschen- und Flüchtlingsrechte des Antragstellers nicht mit hinreichender Sicherheit aus. Eine Interessenabwägung im Verfahren auf vorläufigen Rechtsschutz müsse zugunsten des Antragstellers ausfallen.
Die Antragsgegnerin beantragt unter Bezugnahme auf die angefochtene Entscheidung,
den Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung abzulehnen.
Im Übrigen wird auf die gewechselten Schriftsätze und die Behördenakten Bezug genommen.
II.
Der Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO kann keinen Erfolg haben.
Grundsätzlich kann das Verwaltungsgericht nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO die aufschiebende Wirkung der Klage anordnen, wenn der Sofortvollzug eines Verwaltungsaktes durch Gesetz angeordnet ist, § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO. Nach § 75 Satz 1 AsylVfG gilt dies auch für die vorliegende Entscheidung nach dem AsylVfG.
Die Abschiebungsanordnung ist dem Grundsatz nach rechtmäßig. Ungarn ist für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig und es sind keine außergewöhnlichen Gründe ersichtlich, die die Ausübung des Selbsteintrittsrechts gebieten.
Gemäß § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylVfG ordnet das Bundesamt die Abschiebung des Ausländers in einen sicheren Drittstaat (§ 26a AsylVfG) oder in einen für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat (§ 27a AsylVfG) an, wenn der Ausländer dorthin abgeschoben werden soll und feststeht, dass die Abschiebung durchgeführt werden kann. Die Voraussetzungen des § 27a AsylVfG liegen hier vor.
Die Antragsgegnerin ist zu Recht davon ausgegangen, dass es sich bei Ungarn um den für das Asylverfahren zuständigen Staat im Sinne des § 27a AsylVfG handelt. Nach dieser Vorschrift ist ein Asylantrag unzulässig, wenn ein anderer Staat aufgrund von Rechtsvorschriften der Europäischen Gemeinschaft oder eines völkerrechtlichen Vertrages für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist. Ungarn erklärte mit Schreiben vom 10.9.2014 das Einverständnis mit einer Rückübernahme des Antragstellers, weil er in Ungarn bereits einen Asylantrag gestellt hatte, Art. 18 Abs. 1 b Dublin III-VO.
Sinn der Regelungen der Dublin III-VO ist es, Verfahrensverzögerungen durch Fragen zu vermeiden, wann in welchem Land der Europäischen Union bzw. in einem anderen sicheren Drittstaat ein Asylantrag gestellt wurde. Der Zuständigkeit Ungarns steht damit nach Art. 3 Abs. 2 Dublin III-VO auch nicht entgegen, dass sich der Antragsteller zuvor in Griechenland aufhielt.
Der Regelung des § 34a Abs. 1 AsylVfG, nach dem die Abschiebung ohne materielle Prüfung des in Deutschland gestellten Asylantrags erfolgen soll, liegt das sogenannte Konzept der normativen Vergewisserung zugrunde. Abweichend hiervon hat Deutschland dann Schutz zu gewähren, wenn Abschiebungshindernisse durch Umstände begründet werden, die ihrer Eigenart nach nicht vorweg im Rahmen dieses Konzepts berücksichtigt werden können und damit außerhalb der Grenzen liegen, die der Durchführung eines solchen Konzepts aus sich selbst heraus gesetzt sind (BVerfG, Urt. v. 14.5.1996, 2 BvR 1938/93, 2 BvR 2315/93
Die Rechtsprechung lässt jedoch in eng begrenzten Ausnahmefällen Abweichungen von diesem Konzept zu. Das Konzept der normativen Vergewisserung wird danach insbesondere dann mit der Folge durchbrochen, dass ein Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO erfolgreich ist, wenn ernsthaft zu befürchten ist, dass das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen für Asylbewerber im Zielstaat der Abschiebung systemische Mängel aufweisen, die eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung des Asylbewerbers im Sinne von Art. 4 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (Grundrechts-Charta) implizieren (EuGH, Urt. v. 21.12.2011, verbundene Rechtssachen C 411/10
Zu prüfen ist demnach, ob die Mindeststandards bei der Behandlung von Asylbewerbern im Allgemeinen eingehalten werden. Fehlleistungen im Einzelfall stellen das Konzept der normativen Vergewisserung nicht in Frage. Erst wenn das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen für Asylbewerber im nach der Dublin III-VO für die Prüfung des Asylantrags zuständigen Mitglieds- oder Vertragsstaat grundlegende, systembedingte Mängel aufweisen, die gleichsam zwangsläufig eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung der in diesen Mitgliedsstaat überstellten Asylbewerber befürchten lassen, ist ein Abweichen von den Bestimmungen der Dublin III-VO mit der Folge geboten, dass die Bundesrepublik Deutschland von ihrem Selbsteintrittsrecht nach Art. 17 Abs. 2 Dublin III-VO Gebrauch machen muss. Nur dann muss in der Bundesrepublik Deutschland ein Asylverfahren durchgeführt werden und die Abschiebung in den die Mindeststandards nicht einhaltenden Mitgliedsstaat ist unzulässig.
Zur Widerlegung der Vermutung eines ordnungsgemäßen Asylverfahrens und zumutbarer Bedingungen für Asylbewerber muss sich nach einem Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts (
Das ungarische Asylrecht steht im Allgemeinen im Einklang mit den internationalen und europäischen Standards und enthält die wichtigsten Garantien. Zwar waren die Aufnahme- und Lebensbedingungen sowie die Unterbringungsbedingungen in der Vergangenheit beanstandenswert und teilweise unzureichend. Ebenso wurden in der Vergangenheit regelmäßige Inhaftierungen von Asylbewerbern geschildert. Unregelmäßigkeiten traten auch vermehrt bei Flüchtlingen auf, die im Rahmen der Dublin (II)-III-VO Verordnung nach Ungarn rücküberstellt wurden. Der UNHCR bewertete daher bereits in einem Bericht vom April 2012 den Zugang zum Asylverfahren für Dublin-Rückkehrer als problematisch (UNHCR, Ungarn als Asylland, Bericht zur Situation für Asylsuchende und Flüchtlinge in Ungarn, April 2012, S. 9). Diese Lage hat sich zwischenzeitlich mit Verabschiedung und Umsetzung von Gesetzesänderungen im ungarischen Parlament vom November 2012 erheblich gebessert. Nach der Fortschreibung der Berichterstattung des UNHCR zum Asylland Ungarn vom Dezember 2012 werden nunmehr die Asylgründe von Asylsuchenden auch inhaltlich geprüft, selbst wenn es sich um Asylsuchende handelt, die über Serbien oder die Ukraine oder im Wege der Rückführung nach Ungarn gelangen.
Nach der Änderung der ungarischen Gesetzgebung zum 1.7.2013 wurde die Haft für Asylantragsteller wieder eingeführt. In der Praxis sind hiervon zwar Familien und schutzbedürftige Personen ausgeschlossen (UNHCR an VG Düsseldorf
Nach dem neuesten Bericht der Asylum Information Database -„aida“, mit Berichtsstand zum 30.4.2014 mit deutscher Übersetzung, erfolgt keine Inhaftierung von nach der Dublin-Verordnung überstellten Asylbewerbern, wenn das Asylverfahren ablehnend beschieden wurde. Dies erscheint nachvollziehbar, da für diese Asylbewerber die Haftgründe nach § 31/A des ungarischen Asylgesetzes, insbesondere unklare Identität und die Behinderung des Asylverfahrens nach Beendigung des Asylverfahrens nicht mehr gegeben sind. Zu rechnen war nach der Gesetzesänderung zum 1.7.2013 aber damit, dass der Asylbewerber bei Stellung eines Asylfolgeantrages in Einwanderungshaft genommen wurde (aida, a. a. O., Inhaftierung von Asylbewerbern, B Haftgründe). Nunmehr erfolgt dies aber nur noch bei den Folgeantragstellern, deren Antrag als offensichtlich unbegründet oder unzulässig abgelehnt wurde. Alle anderen Inhaftierungen erfolgen nur noch im Rahmen der Asylhaft, die gegenüber der Einwanderungshaft mit wesentlich moderateren Bedingungen (z. B. tagsüber freien Zugang zu frischer Luft statt nur einer Stunde Bewegung an der frischen Luft, aida a. a. O. Inhaftierung von Asylbewerbern, C Haftbedingungen) verbunden sind.
Grundsätzlich stellt die Möglichkeit der Haft keinen systemischen Mangel des Asylverfahrens dar. Dies könnte nur dann angenommen werden, wenn die Haft eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung nach Art. 4 GR-Charta bzw. Art. 3 EMRK wäre. Dies ist dem Grunde nach nicht der Fall, wenn sie nicht nur wegen der Durchführung des Asylverfahrens erfolgt, Art. 8 Abs. 1 RL 2013/33/EU. Die Haftgründe in § 31/A des ungarischen Asylgesetzes entsprechen im Wesentlichen den in der Europäischen Union zulässigen Haftgründen in Art. 8 Abs. 3 RL 2013/33/EU und sind damit dem Grunde nach zulässig.
Die zu erwartende Haft ist auch nicht nach der Haftdauer und den Haftbedingungen unmenschlich oder erniedrigend. Wie ausgeführt hätte der Antragsteller nur dann Einwanderungshaft für den Asylfolgeantrag zu befürchten, wenn sein erster Asylantrag als offensichtlich oder unzulässig abgewiesen worden wäre. Von Ausnahmen abgesehen erhalten syrische Asylbewerber in Ungarn die Anerkennung als Flüchtling oder subsidiären Schutz (96% nach der Tabelle Nr. 1, aida - nur in der englischen Fassung -). Es bestehen damit keine Anhaltspunkte dafür, dass der Asylerstantrag als offensichtlich unbegründet abgewiesen wurde. Für den Antragsteller ist daher keine Einwanderungshaft sondern nur Asylhaft zu erwarten.
Die Dauer der Asylhaft beträgt zunächst maximal 72 Stunden und kann verlängert werden. Häufig wird die Haftanordnung nicht mit hinreichend individueller Prüfung verlängert (aida, a. a. O., Inhaftierung von Asylbewerbern, B Haftgründe), so dass die maximal zulässige Haft von sechs Monaten nicht ausgeschlossen werden kann. Aufgrund der vorhandenen Zahlen kann aber insbesondere für Syrer mit der hohen Anerkennungsquote nicht von einer so langen Haft ausgegangen werden. Die durchschnittliche Haftdauer betrug zwar in den Jahren 2010 bis Ende 2012 vier bis fünf Monate. Nach Wiedereinführung der Haft waren von Juli 2013 bis Dezember 2013 bei 532 Plätzen in Asylhaftanstalten und 268 Plätzen in Einwanderungshaftanstalten 1762 Asylbewerber in Haft, am 5.3.2014 waren es 369 Asylbewerber (aida, a. a. O., Inhaftierung von Asylbewerbern, A Allgemeines). Aus diesen Zahlen kann zwar keine durchschnittliche Haftdauer errechnet werden, auch können keine konkreten Folgerungen für die erwartete Haftdauer eines einzelnen Asylbewerbers gezogen werden. Die Wahrscheinlichkeit einer nur kurzen Inhaftierung ist aber groß, da sich nach der in Ungarn herrschenden Praxis der Grund der Haftanordnung wegen der syrischen Staatsangehörigkeit des Antragstellers durch Gewährung internationalen Schutzes erledigen wird. Beim Antragsteller besteht zudem die hohe Wahrscheinlichkeit, dass durch die vorangegangene Identitätsfeststellung in Ungarn und das folgende Verfahren nach der Dublin-Verordnung keine weitere Identitätsfeststellung mehr erforderlich sein dürfte, was die zu erwartende Dauer der Asylhaft vermindert.
Im Ergebnis hält es das Gericht nach summarischer Prüfung im maßgeblichen Zeitpunkt seiner Entscheidung trotz einer zu erwartenden Asylhaft nicht für überwiegend wahrscheinlich, dass dem Antragsteller die Gefahr einer erniedrigenden oder unmenschlichen Behandlung droht. Dies entspricht auch der Rechtsprechung des EuGH (Urt. v. 3.7.2014, 71932/122) sowie der überwiegenden Rechtsprechung (VG Würzburg, B. v. 2.1.2015, W 1 S 14.50120; VG Regensburg, B. v. 17.12.2013, RN 5 S 13.30749,
Der Antragsteller kann damit auch keinen Anspruch auf Ausübung des Selbsteintrittsrechts gemäß Art. 17 Abs. 2 Dublin III-VO geltend machen. Nach dieser Vorschrift kann jeder Mitgliedsstaat einen Asylantrag prüfen, auch wenn er nach den in der Verordnung festgelegten Kriterien nicht für die Prüfung zuständig ist. Die Bestimmungen der Dublin III-VO begründen - auch hinsichtlich der Selbsteintrittskompetenz - keine subjektiven Rechte des Asylbewerbers. Sie dienen nämlich alleine der internen Verteilung der Lasten und Verantwortung unter den EU-Mitgliedstaaten. Auch wenn man einen Anspruch auf eine fehlerfreie Ermessensausübung annimmt, bestehen hier keine Anhaltspunkte dahingehend, dass sich dieser zu einem Anspruch auf Selbsteintritt reduziert hätte („Ermessensreduzierung auf Null“).
Nach der zu erwartenden Gewährung des Flüchtlingsstatus oder subsidiären Schutzes kann sich der Antragsteller in Ungarn dauerhaft aufhalten. Dass die Möglichkeit, eine Arbeit zu finden, in Ungarn schwieriger sein könnte als in Deutschland führt nicht zu einem Anspruch auf ein Bleiberecht in Deutschland.
Der Antragsteller hat gemäß § 154 Abs. 1 VwGO die Kosten des Verfahrens zu tragen.
Gerichtskosten werden nicht erhoben, § 83 b AsylVfG.
Der Gegenstandswert ergibt sich aus § 30 RVG.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 80 AsylVfG).
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.