Verwaltungsgericht München Beschluss, 20. Juli 2016 - M 10 S 16.31523
Tenor
I.
Der Antrag wird abgelehnt.
II.
Die Antragsteller tragen gesamtverbindlich die Kosten des Verfahrens.
Gründe
I.
Hinsichtlich des Sachverhalts nimmt das Gericht zunächst Bezug auf die Feststellungen des angefochtenen Bescheids des Bundesamts vom
Die Antragsteller haben durch ihren Bevollmächtigten am 27. Juni 2016 Klage zum Verwaltungsgericht München erhoben (Az. M 10 K 16.31522). und beantragen,
unter insoweitiger Aufhebung ihrer Entscheidung vom 10. Juni 2016
ersatzweise werden zumindest das Offensichtlichkeitsmerkmal in Ziff. 1 und 2 sowie die in Ziff. 6 und 7 der Entscheidung enthaltenen Fristbestimmungen aufgehoben, höchst hilfsweise - unter Aufhebung des Offensichtlichkeitsmerkmals in Ziff. 1 und 2 - in Ziff. 6 eine Frist von höchstens einem Monat und in Ziff. 7 von längstens 12 Monaten bestimmt, höchst ersatzweise die Beklagte insoweit zur Neubescheidung verpflichtet.
Gleichzeitig wird beantragt,
es wird festgestellt, dass die Klage vom heutigen Tage gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom
Zur Begründung des Antrags wird ausgeführt, die Antragsgegnerin lehne zwar den Antrag auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft und auf Anerkennung als Asylberechtigte als offensichtlich unbegründet ab, nicht aber den Antrag auf subsidiären Schutz; dieser werde nur als einfach unbegründet abgelehnt. Gleichwohl solle die Klage keine aufschiebende Wirkung haben.
Die Antragsteller könnten sich jedoch auf Art. 46 Abs. 5 der Verfahrensrichtlinie (RL 2013/32/EU) des Europäischen Parlaments und des Rates vom
Auf die eingehenden Ausführungen wird Bezug genommen.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichts- und die beigezogene Behördenakte Bezug genommen.
II.
1. Der Antrag auf Feststellung der aufschiebenden Wirkung der Klage bleibt ohne Erfolg. Nach § 75 Abs. 1 AsylG hat die Klage gegen Entscheidungen nach diesem Gesetz nur in den Fällen des § 38 Abs. 1 sowie der §§ 73, 73 b und 73 c aufschiebende Wirkung; diese Ausnahmen von der gesetzlich angeordneten sofortigen Vollziehbarkeit liegen ersichtlich nicht vor.
Auch unmittelbare Geltung beanspruchende europarechtliche Vorschriften, die nationales Recht dahingehend überlagern würden, dass die erhobene Klage entgegen § 75 AsylG aufschiebende Wirkung hätte, sind nicht ersichtlich. Das Gericht hat hierzu bereits in einem anderen Verfahren
„Der Anwendung des § 75 Abs. 1 AsylG steht keine unmittelbar geltende Bestimmung der Europäischen Union entgegen. Insbesondere ist Art. 46 Abs. 5 der Richtlinie 2013/32/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zu gemeinsamen Verfahren für die Zuerkennung und Aberkennung des Internationalen Schutzes (Neufassung) (ABl. Nr. L 180/60 v. 29.6.2013, S. 60 - Verfahrensrichtlinie) im Fall der Ablehnung eines Asylantrags eines Antragstellers aus einem sicheren Herkunftsstaat nicht unmittelbar anwendbar und folgt daraus im Rechtsverhältnis zum jeweiligen Antragsteller kein verfahrensrechtliches Bleiberecht (a.A. VG Düsseldorf, B.v. 5.2.2016 - 7 L 4154/15.A - juris Rn. 17 ff.). Denn es verbleibt nach Art. 288 Abs. 3 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) hinsichtlich des Mittels bei der Anwendung des mitgliedstaatlichen Rechts, da der antragsgegnerische Mitgliedstaat diese Richtlinie insoweit vollständig umgesetzt hat (vgl. VG Hamburg, B.v. 14.4.2016 - 2 AE 1426/16 - juris Rn. 3).
Nach Art. 46 Abs. 5 der Richtlinie 2013/32/EU gestatten die Mitgliedstaaten unbeschadet des Absatzes 6 den Antragstellern den Verbleib im Hoheitsgebiet bis zum Ablauf der Frist für die Ausübung des Rechts der Antragsteller auf einen wirksamen Rechtsbehelf und, wenn ein solches Recht fristgemäß ausgeübt wurde, bis zur Entscheidung über den Rechtsbehelf. Danach kann ein Antragsteller also grundsätzlich bis zur Entscheidung über seine Klage gegen einen ablehnenden Asylbescheid im Bundesgebiet verbleiben, es sei denn, dass dieses Recht nach Absatz 6 zulässig eingeschränkt worden ist. So liegt es aber hier. Denn die Bundesrepublik Deutschland hat das sich aus dieser Bestimmung (Art. 46 Abs. 5 Verfahrensrichtlinie) ergebende verfahrensrechtliche Bleiberecht in zulässiger Weise nach Art. 46 Abs. 6 Buchst. a Verfahrensrichtlinie durch nationales Recht eingeschränkt. Art. 46 Abs. 6 der Verfahrensrichtlinie räumt den Mitgliedstaaten insoweit die Möglichkeit ein, das durch Art. 46 Abs. 5 Verfahrensrichtlinie eingeräumte (vorläufige) Bleiberecht unter den in Art. 46 Abs. 6 Buchst. a bis d aufgeführten Fällen zu beenden und verpflichtet sie gleichzeitig, wenn sie von dieser Möglichkeit Gebrauch machen, ein gerichtliches Antragsverfahren, gerichtet auf Verschaffung eines solchen verfahrensrechtlichen Bleiberechts, einzuräumen. Hiervon ist durch die Beschränkung der aufschiebenden Wirkung nach §§ 75 Abs. 1, 36 AsylG und die Möglichkeit des Eilrechtsschutzantrags nach § 80 Abs. 5 VwGO (vgl. § 36 Abs. 3 Satz 1 AsylG) Gebrauch gemacht worden (vgl. VG Cottbus, B.v. 3.5.2016 - 4 L 182/16.A - juris Rn. 6).
Das verfahrensrechtliche Bleiberecht nach Art 46 Abs. 5 der Verfahrensrichtlinie ist in zulässiger Weise nach Art. 46 Abs. 6 Buchst. a 1. Alternative der Verfahrensrichtlinie eingeschränkt worden. Art. 32 Abs. 2 der Verfahrensrichtlinie, der von Art. 46 Abs. 6 Buchst. a 1. Alternative der Verfahrensrichtlinie in Bezug genommen wird, ermächtigt dabei die Mitgliedstaaten, unbegründete Anträge, bei denen einer der in Art. 31 Abs. 8 der Verfahrensrichtlinie aufgeführten Umstände gegeben ist, als offensichtlich unbegründet zu betrachten, wenn dies so in den nationalen Rechtsvorschriften vorgesehen ist. Art. 32 Abs. 2 der Verfahrensrichtlinie erfordert insoweit lediglich das Vorliegen von zwei Voraussetzungen nämlich (erstens) einen unbegründeten Antrag und (zweitens) das Vorliegen einer der in Art. 31 Abs. 8 Verfahrensrichtlinie aufgeführten Umstände, die die Mitgliedstaaten ermächtigen, Anträge als offensichtlich unbegründet zu betrachten. Hierzu gehört auch der vorliegend in Rede stehende Umstand nach Art. 31 Abs. 8 Buchst. b, dass der Antragsteller aus einem sicheren Herkunftsstaat kommt.
Danach Art. 2 Buchst. b der Verfahrensrichtlinie der Antrag grundsätzlich sowohl die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft als auch die Gewährung des subsidiären Schutzstatus umfasst, setzt eine im Einklang mit Art. 32 Abs. 2 Verfahrensrichtlinie stehende nationale Regelung voraus, dass der Antrag sowohl in Bezug auf die Flüchtlingsanerkennung als auch in Bezug auf den subsidiären Schutz als offensichtlich unbegründet betrachtet wird.
Eine solche nationale Regelung für die Fälle, dass der Antragsteller aus einem sicheren Herkunftsstaat kommt, ergibt sich vorliegend aus § 29 a Abs. 1 AsylG. Von diesem Offensichtlichkeitsverdikt ist auch der subsidiäre Schutz erfasst. Denn nach § 13 Abs. 2 Satz 1 AsylG umfasst ein Asylantrag sowohl die Anerkennung als Asylberechtigter als auch die Zuerkennung von internationalen Schutz im Sinne des § 1 Abs. 1 Nummer 2 AsylG, also den Flüchtlingsschutz und subsidiären Schutz. Da § 29a Abs. 1 AsylG den Asylantrag (Asylantrag i. S. d. § 13 Abs. 2 Satz 1 AsylG) eines Ausländers aus einem sicheren Herkunftsstaat als offensichtlich unbegründet betrachtet, gilt dies damit auch für den subsidiären Schutz.
Auch wenn insoweit die maßgeblichen Bestimmungen des Asylgesetzes (§ 29a Abs. 1 und § 30 AsylG) nicht vorsehen, dass der Asylantrag im Bescheid des Bundesamtes auch hinsichtlich des internationalen subsidiären Schutzes als offensichtlich unbegründet abgelehnt wird, so steht dies nicht im Widerspruch zu der Verfahrensrichtlinie (so aber: VG Münster, B.v. 2.2.2016 - 7 L 118/16.A - juris; VG Kassel, B.v. 23.3.2016 - 6 L 375/16.KS.A - juris; VG Düsseldorf, B.v. 22.12.2015 - 7 L 3863/15.A - juris). Die Verfahrensrichtlinie fordert schon nicht, dass die Ablehnung als „offensichtlich unbegründet“ vom Bundesamt im Tenor des Bescheides ausdrücklich ausgesprochen wird; sie fordert auch keine diesbezügliche nationale Regelung, mit der die Behörde ermächtigt oder verpflichtet wird, die Ablehnung eines unbegründeten Antrags hinsichtlich des subsidiären Schutzes als „offensichtlich unbegründet“ auszusprechen. Nach Art. 32 Abs. 2 der Verfahrensrichtlinie können die Mitgliedsstaaten unbegründete Asylanträge u. a. bei einem Antragsteller aus einem sicheren Herkunftsstaat (Art. 31 Abs. 8 Buchst. b Verfahrensrichtlinie) als offensichtlich unbegründet „betrachten“. Eine Verpflichtung, dass die Mitgliedstaaten Regelungen vorsehen müssen, dass die offensichtliche Unbegründetheit auch im Tenor der Entscheidung (des Bescheides) der jeweiligen nationalen Behörde über den Asylantrag ausdrücklich als solche bezeichnet wird, lässt sich dem nicht entnehmen. Auch die weiteren Sprachfassungen der Verfahrensrichtlinie belegen dieses Verständnis. Vielmehr ist nach Art. 288 Abs. 4 AEUV eine Richtlinie für jeden Mitgliedstaat, an den sie gerichtet wird, (nur) hinsichtlich des zu erreichenden Ziels verbindlich; die Wahl der Form und der Mittel ist jedoch den innerstaatlichen Stellen überlassen (zum Ganzen: VG Cottbus, B.v. 3.5.2016 - 4 L 182/16.A - juris Rn. 8 ff.; so auch VG Lüneburg, B.v. 18.4.2016 - 5 B 70/16 - juris).“
An dieser Auffassung wird festgehalten.
2. Die Umdeutung in einen Antrag, die aufschiebende Wirkung der Klage anzuordnen, führt ebenfalls nicht zu einem Erfolg des Antrags.
Das Gericht sieht hierzu von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab, da es der Begründung des angefochtenen Bescheids des Bundesamts vom
3. Der Antrag ist daher mit der Kostenfolge nach § 154 Abs. 1 VwGO, § 83b AsylG abzulehnen.
4. Dieser Beschluss ist nach § 80 AsylG unanfechtbar.
Urteilsbesprechung zu Verwaltungsgericht München Beschluss, 20. Juli 2016 - M 10 S 16.31523
Urteilsbesprechungen zu Verwaltungsgericht München Beschluss, 20. Juli 2016 - M 10 S 16.31523
Referenzen - Gesetze
Referenzen - Urteile
Verwaltungsgericht München Beschluss, 20. Juli 2016 - M 10 S 16.31523 zitiert oder wird zitiert von 5 Urteil(en).
(1) In Streitigkeiten nach diesem Gesetz stellt das Gericht auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung ab; ergeht die Entscheidung ohne mündliche Verhandlung, ist der Zeitpunkt maßgebend, in dem die Entscheidung gefällt wird. § 74 Absatz 2 Satz 2 bleibt unberührt.
(2) Das Gericht kann außer in den Fällen des § 38 Absatz 1 und des § 73b Absatz 7 bei Klagen gegen Entscheidungen nach diesem Gesetz im schriftlichen Verfahren durch Urteil entscheiden, wenn der Ausländer anwaltlich vertreten ist. Auf Antrag eines Beteiligten muss mündlich verhandelt werden. Hierauf sind die Beteiligten von dem Gericht hinzuweisen.
(3) Das Gericht sieht von einer weiteren Darstellung des Tatbestandes und der Entscheidungsgründe ab, soweit es den Feststellungen und der Begründung des angefochtenen Verwaltungsaktes folgt und dies in seiner Entscheidung feststellt oder soweit die Beteiligten übereinstimmend darauf verzichten.
(4) Wird während des Verfahrens der streitgegenständliche Verwaltungsakt, mit dem ein Asylantrag als unzulässig abgelehnt wurde, durch eine Ablehnung als unbegründet oder offensichtlich unbegründet ersetzt, so wird der neue Verwaltungsakt Gegenstand des Verfahrens. Das Bundesamt übersendet dem Gericht, bei dem das Verfahren anhängig ist, eine Abschrift des neuen Verwaltungsakts. Nimmt der Kläger die Klage daraufhin unverzüglich zurück, trägt das Bundesamt die Kosten des Verfahrens. Unterliegt der Kläger ganz oder teilweise, entscheidet das Gericht nach billigem Ermessen.
Tenor
I. Die Klage wird als offensichtlich unbegründet abgewiesen.
II. Dier Kläger haben die Kosten des Verfahrens zu tragen.
Tatbestand
die Beklagte unter insoweitiger Aufhebung ihrer Entscheidung vom 10. Juni 2016 zu verpflichten, den Klägern gemäß § 3 AsylG die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen, hilfsweise festzustellen, dass die Voraussetzungen von § 4 AsylG, höchst hilfsweise, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 oder 7 Satz 1 AufenthG hinsichtlich des Kosovo vorliegen.
Gründe
(1) Ein Ausländer ist Flüchtling im Sinne des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559, 560), wenn er sich
- 1.
aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe - 2.
außerhalb des Landes (Herkunftsland) befindet, - a)
dessen Staatsangehörigkeit er besitzt und dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will oder - b)
in dem er als Staatenloser seinen vorherigen gewöhnlichen Aufenthalt hatte und in das er nicht zurückkehren kann oder wegen dieser Furcht nicht zurückkehren will.
(2) Ein Ausländer ist nicht Flüchtling nach Absatz 1, wenn aus schwerwiegenden Gründen die Annahme gerechtfertigt ist, dass er
- 1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit begangen hat im Sinne der internationalen Vertragswerke, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen zu treffen, - 2.
vor seiner Aufnahme als Flüchtling eine schwere nichtpolitische Straftat außerhalb des Bundesgebiets begangen hat, insbesondere eine grausame Handlung, auch wenn mit ihr vorgeblich politische Ziele verfolgt wurden, oder - 3.
den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen zuwidergehandelt hat.
(3) Ein Ausländer ist auch nicht Flüchtling nach Absatz 1, wenn er
- 1.
den Schutz oder Beistand einer Organisation oder einer Einrichtung der Vereinten Nationen mit Ausnahme des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Flüchtlinge nach Artikel 1 Abschnitt D des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge genießt oder - 2.
von den zuständigen Behörden des Staates, in dem er seinen Aufenthalt genommen hat, als Person anerkannt wird, welche die Rechte und Pflichten, die mit dem Besitz der Staatsangehörigkeit dieses Staates verknüpft sind, beziehungsweise gleichwertige Rechte und Pflichten hat.
(4) Einem Ausländer, der Flüchtling nach Absatz 1 ist, wird die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt, es sei denn, er erfüllt die Voraussetzungen des § 60 Absatz 8 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes oder das Bundesamt hat nach § 60 Absatz 8 Satz 3 des Aufenthaltsgesetzes von der Anwendung des § 60 Absatz 1 des Aufenthaltsgesetzes abgesehen.
(1) Ein Ausländer ist subsidiär Schutzberechtigter, wenn er stichhaltige Gründe für die Annahme vorgebracht hat, dass ihm in seinem Herkunftsland ein ernsthafter Schaden droht. Als ernsthafter Schaden gilt:
- 1.
die Verhängung oder Vollstreckung der Todesstrafe, - 2.
Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung oder - 3.
eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit einer Zivilperson infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts.
(2) Ein Ausländer ist von der Zuerkennung subsidiären Schutzes nach Absatz 1 ausgeschlossen, wenn schwerwiegende Gründe die Annahme rechtfertigen, dass er
- 1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit im Sinne der internationalen Vertragswerke begangen hat, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen festzulegen, - 2.
eine schwere Straftat begangen hat, - 3.
sich Handlungen zuschulden kommen lassen hat, die den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen, wie sie in der Präambel und den Artikeln 1 und 2 der Charta der Vereinten Nationen (BGBl. 1973 II S. 430, 431) verankert sind, zuwiderlaufen oder - 4.
eine Gefahr für die Allgemeinheit oder für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland darstellt.
(3) Die §§ 3c bis 3e gelten entsprechend. An die Stelle der Verfolgung, des Schutzes vor Verfolgung beziehungsweise der begründeten Furcht vor Verfolgung treten die Gefahr eines ernsthaften Schadens, der Schutz vor einem ernsthaften Schaden beziehungsweise die tatsächliche Gefahr eines ernsthaften Schadens; an die Stelle der Flüchtlingseigenschaft tritt der subsidiäre Schutz.
(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.
(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.
(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.
(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.
(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.
(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.
(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.
(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.
(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.
(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.
(11) (weggefallen)
(1) Die Klage gegen Entscheidungen nach diesem Gesetz hat nur in den Fällen des § 38 Absatz 1 sowie des § 73b Absatz 7 Satz 1 aufschiebende Wirkung. Die Klage gegen Maßnahmen des Verwaltungszwangs (§ 73b Absatz 5) hat keine aufschiebende Wirkung.
(2) Die Klage gegen Entscheidungen des Bundesamtes, mit denen die Anerkennung als Asylberechtigter oder die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft widerrufen oder zurückgenommen worden ist, hat in folgenden Fällen keine aufschiebende Wirkung:
- 1.
bei Widerruf oder Rücknahme wegen des Vorliegens der Voraussetzungen des § 60 Absatz 8 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes oder des § 3 Absatz 2, - 2.
bei Widerruf oder Rücknahme, weil das Bundesamt nach § 60 Absatz 8 Satz 3 des Aufenthaltsgesetzes von der Anwendung des § 60 Absatz 1 des Aufenthaltsgesetzes abgesehen hat.
Tenor
Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe wird abgelehnt.
Es wird festgestellt, dass die Klage 7 K 8766/15.A aufschiebende Wirkung hat.
Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens, für das Gerichtskosten nicht erhoben werden.
1
Gründe:
2Der Prozesskostenhilfeantrag war – ungeachtet der hinreichenden Erfolgsaussichten der beabsichtigten Rechtsverfolgung – abzulehnen, weil die notwendige Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nicht zu den Akten gereicht wurde, § 166 VwGO, § 117 Abs. 2 ZPO.
3Der am 28. Dezember 2016 sinngemäß gestellte Antrag,
4die aufschiebende Wirkung der Klage gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 27. Januar 2015 gemäß § 80 Abs. 5 VwGO anzuordnen,
5hat unter Berücksichtigung des wohlverstandenen Rechtsschutzinteresses der Antragsteller in der tenorierten Fassung Erfolg.
6Er ist zulässig und war insbesondere in einen Antrag auf Feststellung der aufschiebenden Wirkung umzudeuten, weil die Antragsgegnerin zu Unrecht davon ausgeht, dass die Klage keine aufschiebende Wirkung hat. Ob der am 18. Dezember 2015 gestellte Eilantrag gegen den mit Begleitschreiben vom 14. Dezember 2015 zugestellten Bescheid rechtzeitig innerhalb der Wochenfrist des § 36 Abs. 3 S. 1 AsylG bei Gericht einging, bedarf keiner Entscheidung, weil das beschleunigte Verfahren hier nicht zum Tragen kommt und damit auch die vorgenannte Wochenfrist nicht gilt. Auf die nachstehenden Ausführungen wird jeweils verwiesen.
7Der Antrag ist auch begründet.
8Der Feststellung der aufschiebenden Wirkung der Klage steht nicht entgegen, dass nach § 75 Abs. 1 AsylG die Klage gegen Entscheidungen nach diesem Gesetz nur in den Fällen des § 38 Abs. 1 sowie der §§ 73, 73b und 73c aufschiebende Wirkung hat. Der Klage kommt nach diesen Vorschriften nämlich keine aufschiebende Wirkung zu.
9Sie ist gegen die Entscheidung des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) vom 27. Januar 2015 gerichtet, mit der die Antragsteller betreffend folgende Entscheidung erging:
10- 11
1. Die Anträge auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft werden als offensichtlich unbegründet abgelehnt.
- 12
2. Die Anträge auf Asylanerkennung werden als offensichtlich unbegründet abgelehnt.
- 13
3. Die Anträge auf subsidiären Schutz werden als offensichtlich unbegründet abgelehnt.
- 14
4. Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 S. 1 des Aufenthaltsgesetzesliegen nicht vor.
- 15
5. Die Antragsteller werden aufgefordert, die Bundesrepublik Deutschland innerhalb einer Woche nach Bekanntgabe dieser Entscheidung zu verlassen. Sollten die Antragsteller die Ausreisefrist nicht einhalten, werden sie nach Mazedonien abgeschoben. Die Antragsteller können auch in einen anderen Staat abgeschoben werden, in den sie einreisen dürfen oder der zu ihrer Rücknahme verpflichtet ist.
- 16
6. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot wird gemäß § 11 Abs. 7 des Aufenthaltsgesetzes angeordnet und auf 10 Monate ab dem Tag der Ausreise befristet.
- 17
7. Das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot gemäß § 11 Abs. 1 des Aufenthaltsgesetzes wird auf 30 Monate ab dem Tag der Abschiebung befristet.
Es handelt sich wegen der gesetzten Ausreisefrist von nur einer Woche zwar um einen Fall des § 36 Abs. 1 AsylG, in dem die Klage nach § 75 Abs. 1 AsylGkeine aufschiebende Wirkung entfaltet.
19Anderes gilt jedoch hier. Die Antragsteller können sich im maßgeblichen Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts (§ 77 Abs. 1 Satz 1 AsylG) aufArtikel 46 Abs. 5 der Verfahrensrichtlinie
20Richtlinie 2013/32/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zu gemeinsamen Verfahren für die Zuerkennung und Aberkennung des internationalen Schutzes (Neufassung), ABl. der EU, L 180/60 (Verfahrensrichtlinie)
21berufen, der ihnen ein Bleiberecht bis zur Entscheidung über den Rechtsbehelf einräumt (I.), dessen Ausnahmen hiervon nicht vorliegen (Befugnis zum „beschleunigten Verfahren“ in Abs. 6, II.) und der im Verhältnis der Antragsteller zur Antragsgegnerin unmittelbar anwendbar ist (III.).
22I. Gemäß Art. 46 Abs. 5 der Verfahrensrichtlinie gestatten die Mitgliedstaaten – unbeschadet des Absatzes 6 (hierzu unter II.) – den Antragstellern den Verbleib im Hoheitsgebiet bis zum Ablauf der Frist für die Ausübung ihres Rechts auf einen wirksamen Rechtsbehelf und, wenn ein solches Recht fristgemäß ausgeübt wurde, bis zur Entscheidung über den Rechtsbehelf.
23Aus Art. 46 Abs. 1 und 3 Verfahrensrichtlinie ergibt sich, dass es sich bei dem Rechtsbehelf um einen gerichtlichen Rechtsbehelf (zumindest vor einem erstinstanzlichen Gericht) handeln muss, der eine umfassende Ex-nunc-Prüfung vorsieht, die sich sowohl auf Tatsachen als auch auf Rechtsfragen erstreckt. Nationalrechtlich wird dieses Recht durch die Klagemöglichkeit (§§ 74 ff. AsylG) gegen die Entscheidungen des zuständigen Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge und die nach § 80 Abs. 1 VwGO grundsätzlich gewährte aufschiebende Wirkung der Klage umgesetzt und gewährleistet. Insbesondere durch den systematischen Zusammenhang mit Art. 46 Abs. 3, 5 und 6 Verfahrensrichtlinie wird auch deutlich, dass es sich bei dem genannten Rechtsbehelf nicht nur um einen Rechtsbehelf des einstweiligen Rechtsschutzes handeln kann, sondern nationalrechtlich eine Klagemöglichkeit im Hauptsachverfahren erfordert.
24Diese Klagemöglichkeit haben die Antragsteller auch fristgerecht ergriffen. Ihre Klage ging jedenfalls innerhalb der zweiwöchigen Klagefrist des § 74 Abs. 1 1. HS AsylG ein, da der streitbefangene Bescheid mit Begleitschreiben vom 14. Dezember 2015 zugestellt und die Klage am 18. Dezember 2015 bei Gericht erhoben wurde. Ob die Klage auch rechtzeitig innerhalb der Wochenfrist des § 74 Abs. 1 S. 1 2. HS AsylG bei Gericht einging, bedarf keiner Entscheidung. Wie sich aus den nachfolgenden Ausführungen zu II. ergibt, besteht die Möglichkeit eines beschleunigten Verfahrens insgesamt nicht. Daher gilt hier auch die Wochenfrist nicht.
25Damit steht den Antragstellern bis zur Entscheidung über die Klage ein Recht auf den Verbleib im Hoheitsgebiet des Mitgliedstaates – Deutschland – zu.
26II. Das Recht auf Verbleib bis zur Entscheidung über die Klage ist gegenüber den Antragstellern auch nicht durch die Ablehnung der Anträge als „offensichtlich unbegründet“ beendet.
27Die Verfahrensrichtlinie räumt den Mitgliedstaaten in Art. 46 Abs. 6 die Möglichkeit ein, dieses verfahrensrechtliche Bleiberecht aus Art. 46 Abs. 5 nach sachlicher Prüfung auf zwei Wegen zu beenden. In Fällen einer Entscheidung, einen Antrag,
28der nach Art. 2 lit. b) grundsätzlich die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft und die Gewährung subsidiären Schutzes umfasst,
29als „offensichtlich unbegründet“ oder nach Prüfung gemäß Artikel 31 Absatz 8 Verfahrensrichtlinie als unbegründet zu betrachten (mit Ausnahme der Gründe nach Buchstabe h), kann das sog. „beschleunigte Verfahren“ eröffnet sein. Die Richtlinie verpflichtet die Mitgliedstaaten gleichzeitig – wenn sie von dieser Möglichkeit Gebrauch machen – ein gerichtliches Antragsverfahren gerichtet auf Verschaffung eines solchen verfahrensbezogenen Bleiberechts einzurichten.
30Die Bundesrepublik Deutschland hat durch die Beschränkung der aufschiebenden Wirkung nach §§ 75 Abs. 1, 34, 36 Abs. 1 AsylG und die Möglichkeit des Antrages nach § 80 Abs. 5 VwGO grundsätzlich von demersten in der Verfahrensrichtlinie zugelassenen Weg Gebrauch gemacht. Denn nach diesen Vorschriften entfaltet die Klage gegen Entscheidungen des Bundesamtes, mit denen eine Abschiebungsandrohung erlassen wird, nur dann aufschiebende Wirkung, wenn eine Ausreisefrist von 30 Tagen gesetzt wird. Demgegenüber beträgt gemäß § 36 Abs.1 AsylG die dem Ausländer zu setzende Ausreisefrist in Fällen der Unbeachtlichkeit oder der offensichtlichen Unbegründetheit des Asylantrags eine Woche. Damit hat der Gesetzgeber des Asylgesetzes die Entscheidung, ob dem klagenden Asylsuchenden ein verfahrensrechtliches Bleiberecht bis zur Entscheidung über seinen Rechtsbehelf zustehen soll, ausschließlich von der ihm vom Bundesamt zu setzenden Ausreisefrist abhängig gemacht.
31Die Voraussetzungen der §§ 75 Abs. 1, 34, 36 Abs. 1 AsylG liegen aber nicht vor.
32Zwar hat das Bundesamt auch den Antrag auf Gewährung subsidiären Schutzes in Ziffer 3. des angefochtenen Bescheides als „offensichtlich unbegründet“ abgelehnt, es hat damit aber nicht die Voraussetzungen des Art. 46 Abs. 6 Verfahrensrichtlinie zu begründen vermocht. Denn die Ablehnungsentscheidung als „offensichtlich unbegründet“ kann nach dem klaren Richtlinienwortlaut das verfahrensrechtliche Bleiberecht des Art. 45 Abs. 5 nur dann beenden, wenn sie „im Einklang mit Artikel 32 Abs. 2“ ergeht. Nach Art. 32 Abs. 2 Verfahrensrichtlinie setzt die Möglichkeit der Ablehnung von unbegründeten Anträgen,
33bei denen einer der in Artikel 31 Absatz 8 aufgeführten Umstände gegeben ist,
34als „offensichtlich unbegründet“ voraus, dass dies so in den nationalen Rechtsvorschriften vorgesehen ist. Das Asylgesetz bietet (derzeit) aber keine Rechtsgrundlage zur Ablehnung eines Antrages auf Gewährung subsidiären Schutzes als „offensichtlich unbegründet“.
35Vgl. hierzu: Beschluss der Kammer vom 22. Dezember 2015 – 7 L 3863/15.A, -, juris,
36Die Kammer folgt ausdrücklich nicht der Entscheidung der 6. Kammer des Gerichts,
37Beschluss vom 13. Januar 2016 - 6 L 4047/15.A – in einem Fall, in dem die Anträge auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft und auf Asylanerkennung jeweils als offensichtlich unbegründet und der Antrag auf subsidiären Schutz als einfach unbegründet abgelehnt worden war,
38die von der Erwägung ausgeht, dass beide von der Verfahrensrichtlinie eröffneten Wege zu einem beschleunigten Verfahren gleichwertig nebeneinander bestehen und von den Mitgliedstaaten quasi gemischt beschritten werden können; wegen der durch § 34 Abs. 1 Nr. 2a AsylG vorausgesetzten und im Ergebnis ablehnenden Prüfung des subsidiären Schutzes könne insoweit auch die Ablehnung des Antrags auf subsidiären Schutzes als einfach unbegründet zulässigerweise ins beschleunigte Verfahren führen.
39In diesem Sinn auch VG Minden, Beschluss vom 17. November 2015, - 10 L 1222/15.A -.
40Abgesehen davon, dass sich diese Argumentation zum Vorliegen der Tatbestands-voraussetzungen des § 36 Abs. 1 AsylG nicht verhält, könnte mit dem Rückgriff auf § 34 Abs. 1 AsylG dann auch eine Ablehnung der Flüchtlingseigenschaft oder der Asylgewährung nach Art. 16a GG als einfach unbegründet bei der Ablehnung der Anträge als offensichtlich unbegründet im Übrigen auf ein beschleunigtes Verfahren führen. Dies widerspricht ersichtlich der Konzeption des Asylgesetzes.
41Zusammenfassend lässt sich feststellen:
42Das Asylgesetz bietet (derzeit) weder eine Rechtsgrundlage zur Ablehnung eines Antrages auf Gewährung subsidiären Schutzes als „offensichtlich unbegründet“ noch eröffnet das Asylgesetz die Möglichkeit, im Falle der Ablehnung des Antrags auf subsidiären Schutz als (einfach) unbegründet eine Ausreisefrist von nur einer Woche zu verfügen.
43III. Das den Antragstellern zustehende Bleiberecht bis zur Entscheidung der Klage aus Art. 46 Abs. 5Verfahrensrichtlinie ist im Verhältnis zwischen ihnen und der Antragsgegnerin auch unmittelbar anwendbar.
44Zunächst ist die Verfahrensrichtlinie in ihrer aktuellen Fassung gem. Art. 52 Abs. 1 (Übergangsbestimmungen) auf die Asylanträge der Antragsteller anwendbar. Danach sind die Mitgliedstaaten verpflichtet, die Rechts- und Verwaltungsvorschriften nach Artikel 51 Absatz 1
45i.e. die Artikel 1 bis 30, Artikel 31 1, 2 und 6 bis 9, den Artikeln 32 bis 46, den Artikeln 49 und 50 sowie den Anhang I
46auf förmlich gestellte Anträge auf internationalen Schutz
47sowie auf hier nicht weiter einschlägige eingeleitete Verfahren zur Aberkennung des internationalen Schutzes
48nach dem 20. Juli 2015 oder früher anzuwenden.
49Die Antragsteller haben ihre Asylanträge nach Aktenlage am 30. Juli 2015 und damit nach dem vorgenannten Stichtag gestellt.
50Nach Art. 288 S. 4 AEUV
51Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union vom 25. März 1957, UNTS Bd. 298 S. 11;
52ist eine Richtlinie für jeden Mitgliedstaat, an den sie gerichtet wird, hinsichtlich des zu erreichenden Ziels verbindlich, überlässt jedoch den innerstaatlichen Stellen die Wahl der Form und der Mittel. Damit begründen Richtlinien im Ausgangspunkt keine Rechte oder Pflichten einzelner sich im innerstaatlichen Recht gegenüberstehender Rechtsträger, sondern nur Pflichten für die Mitgliedstaaten. Die Mitgliedstaaten haben also die Pflicht, die von der Richtlinie formulierten Ziele in nationales Recht umzusetzen, indem ihre Organe inhaltlich den Vorgaben der Richtlinie entsprechend Regelungen im nationalen Recht erlassen.
53Nach der Rechtsprechung des EuGH
54EuGH, Rs. 148/78 (Ratti), Slg 1979, 1629 Rdn. 18; Rs. 8/81 (Becker), Slg. 1982, 53 Rdn. 24f; Streinz, EUV/EGV, zu Art. 249 EUV Rdn. 101ff; zu Unterlassungspflichten zuletzt: EuGH, Urteil vom 19.2.2009 (Soysal), Rs. C‑228/06 , InfAuslR 2009, 135.
55ist eine unmittelbare Anwendbarkeit europäischer Richtlinien im Verhältnis zwischen den staatlichen Behörden und dem Einzelnen aber dann anzunehmen, wenn die Vorschrift nach Ablauf der Umsetzungsfrist nicht hinreichend in nationales Recht umgesetzt ist, die Bestimmung hinreichend genau die Verpflichtung einer staatlichen Stelle begründet und die Verpflichtung nicht an eine Bedingung geknüpft ist. Durch diese vom EuGH entwickelte „unmittelbare Wirkung“ europäischer Rechtsakte wird gewährleistet, dass die Mitgliedstaaten die effektive Geltung der in Richtlinien enthaltenen Vorgaben nicht durch bloße Untätigkeit über die Umsetzungsfrist hinaus oder durch unzureichende Umsetzung verzögern oder vermeiden können. Daraus folgt aber zugleich, dass die unmittelbare Anwendbarkeit nur gegenüber den staatlichen Stellen gegeben sein kann, denn die Richtlinien richten sich von vornherein nur an die Mitgliedstaaten. Das heißt, der Mitgliedstaat und seine Organe und Behörden können sich nicht gegenüber einer Privatperson zu deren Lasten auf Regelungen der Richtlinie stützen. Dies widerspräche auch dem Sanktionscharakter der unmittelbaren Anwendbarkeit.
56Die Voraussetzungen für die unmittelbare Anwendbarkeit des Art. 46 Abs. 5 Verfahrensrichtlinie liegen hier vor.
57Dies sieht auch die Antragsgegnerin so: BAMF Referat 410 „Leitfaden zur unmittelbaren innerstaatlichen Anwendung der Richtlinie 2013/32/EU des Rates vom 26.6.2013 (Verfahrensrichtlinie)“, in InfAuslR 2015, 398.
58Die Verfahrensrichtlinie vom 26. Juni 2013 war nach Art. 51 Abs. 1 der Richtlinie hinsichtlich der hier einschlägigen Vorschriften bis spätestens zum 20. Juli 2015 umzusetzen. Die Umsetzungspflicht ist – bezogen auf die Vorschriften über das Recht auf einen wirksamen Rechtsbehelf – auch nicht durch Nr. 61 der Erwägungsgründe eingeschränkt, weil diese Vorschriften im Vergleich zu der Richtlinie 2005/85/EG
59vom 1. Dezember 2005 über Mindestnormen für Verfahren in den Mitgliedstaaten zur Zuerkennung und Aberkennung der Flüchtlingseigenschaft, Abl L 326/13,
60inhaltlich geändert wurden. Dies ergibt sich schon daraus, dass Art. 39 Abs. 3 Richtlinie 2005/85/EG es noch den Mitgliedstaaten überließ, ein verfahrensabhängiges Bleiberecht bis zur Entscheidung über den Rechtsbehelf zu gewährleisten, während Art. 46 Abs. 5 Verfahrensrichtlinie dies nun für den Regelfall vorschreibt.
61Die Bundesrepublik Deutschland hat bis zum 20. Juli 2015 (und bis heute) keine Rechtsvorschriften erlassen, die im Einklang mit den Vorschriften der Verfahrensrichtlinie das dort in Art. 46 Abs. 5 verbriefte Recht auf Verbleib im Hoheitsgebiet bis zum Ablauf der Frist für die Ausübung des Rechts auf einen wirksamen Rechtsbehelf und, wenn ein solches Recht fristgemäß ausgeübt wurde, bis zur Entscheidung über den Rechtsbehelf beenden (s.o. I.). Die nach Art. 46 Abs. 6 lit. a) und Art. 32 Abs. 2 Verfahrensrichtlinie erforderliche (nationale) Ermächtigungsgrundlage zur Ablehnung eines Antrages auf subsidiären Schutz als „offensichtlich unbegründet“ gibt es nicht.
62Der Bundesgesetzgeber hat weder das Asylverfahrensbeschleunigungsgesetz vom 20. Oktober 2015 (BGBl. I S. 1722) noch das vorletzte Änderungsgesetz zum Asylverfahrensgesetz (Artikel 2 des Gesetzes vom 23. Dezember 2014, BGBl I S. 2439) noch das Gesetz zur Neubestimmung des Bleiberechts und der Aufenthaltsbeendigung vom 27. Juli 2015, BGBl I S. 1386, für entsprechende Änderungen genutzt.
63Die Verfahrensrichtlinie selbst kann nach der oben dargestellten Rechtsprechung des EuGH aus systematischen Gründen nicht als Ermächtigungsgrundlage für Entscheidungen des Bundesamtes herangezogen werden, denn nicht die Mitgliedstaaten und ihre Organe und Behörden – hier das Bundesamt – können sich gegenüber den Betroffenen nach der oben dargestellten Systematik auf die unmittelbare Anwendbarkeit der Richtlinie berufen, sondern nur die Betroffenen selbst. Auch inhaltlich kann die Antragsgegnerin sich nicht auf die unmittelbare Anwendbarkeit berufen, da Art. 32 Abs. 2 Verfahrensrichtlinie – wie bereits ausgeführt – voraussetzt, dass die nationalen Rechtsvorschriften die Ablehnung eines Antrages – auch soweit er auf die Gewährung subsidiären Schutzes gerichtet ist – als „offensichtlich unbegründet“ vorsehen. Dieser Vorbehalt entsprechender nationalrechtlicher Vorschriften kann nicht durch den Rückgriff auf die Richtlinie umgangen werden.
64Die Bestimmung des Art. 46 Abs. 5 Verfahrensrichtlinie ist in ihrer Verpflichtung der staatlichen Stellen hinreichend genau und nicht an eine Bedingung geknüpft. Ihr lässt sich ohne weitere Voraussetzungen entnehmen, dass die Mitgliedstaaten den Antragstellern den Verbleib im Hoheitsgebiet gestatten, bis die Klagefrist abgelaufen oder im Fall der Klageerhebung über die Klage entschieden ist.
65Nationalrechtlich lässt sich damit die unmittelbare Anwendbarkeit der Verfahrensrichtlinie im Hinblick auf Art. 46 Abs. 5 durch die tenorierte Feststellung der aufschiebenden Wirkung der Klage verwirklichen.
66Das Gericht weist daraufhin, dass mit der tenorierten Feststellung dem Antrag gem. § 37 Abs. 2 AsylG entsprochen wurde und die im angefochtenen Bescheid gesetzteAusreisefrist von Gesetzes wegen nunmehr 30 Tage nach dem unanfechtbaren Abschluss des Verfahrens endet.
67Es weist weiter darauf hin, dass unabhängig von den vorstehenden Ausführungen zur aufschiebenden Wirkung der Klage diese (mit Ausnahme des Offensichtlichkeitsausspruches zum subsidiären Schutz) keine Aussicht auf Erfolg hat, weil nach dem bisherigen Vorbringen die geltend gemachten Ansprüche nicht bestehen. Auf den Prozesskostenhilfebeschluss vom heutigen Tage im Klageverfahren 7 K 8766/15.A wird Bezug genommen.
68Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 1, 159 S. 1 VwGO, § 100 ZPO, 83b AsylG.
69Dieser Beschluss ist unanfechtbar.
Tenor
Der Antrag vom 1. April 2016, die aufschiebende Wirkung der Klage, 2 A 1425/16, gegen die Abschiebungsandrohungen im Bescheid der Antragsgegnerin vom 19. Januar 2016 anzuordnen, wird abgelehnt.
Gerichtskosten werden nicht erhoben.
Die außergerichtlichen Kosten des Verfahrens tragen die Antragsteller.
Gründe
I.
- 1
Der in der Antragsschrift formulierte Antrag, „die aufschiebende Wirkung der Klage anzuordnen bzw. wiederherzustellen“ wird nach dem verfolgten Rechtsschutzziel gemäß §§ 88, 121 Abs. 1 VwGO dahingehend ausgelegt, dass die Antragsteller nach § 80 Abs. 5 Satz 1 Alt. 1 VwGO die Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihrer Klage, 2 A 1425/16, begehren, soweit sie sich als Anfechtungsklage gegen die im Bescheid vom 19. Januar 2016 unter Ziffer 5 enthaltene Abschiebungsandrohungen richtet. Der sachdienlich ausgelegte Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz beschränkt sich auf die Abschiebungsandrohungen (hierzu unter 1.) und zielt auf die Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage ab (hierzu unter 2.). Der Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz erstreckt sich nicht auf die behördliche Befristung des gesetzlichen Einreise- und Aufenthaltsverbots (hierzu unter 3.) oder die behördliche Anordnung eines Einreise- und Aufenthaltsverbots (hierzu unter 4.).
- 2
1. (Prinzipaler) Gegenstand des fachgerichtlichen Eilverfahrens ist allein die aufenthaltsbeendende Maßnahme, beschränkt auf die Frage ihrer sofortigen Vollziehbarkeit; die sofortige Beendigung des Aufenthalts eines Asylbewerbers im Bundesgebiet stützt sich auf die (qualifizierte) Ablehnung seines Asylantrags als offensichtlich unbegründet und ist deren Folge; Anknüpfungspunkt der fachgerichtlichen Prüfung im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes muss daher (inzident) die Frage sein, ob das Bundesamt den Asylantrag zu Recht als offensichtlich unbegründet abgelehnt hat, ohne dass deshalb die Ablehnung der Schutzanträge unter Ziffern 1 bis 4 des Bescheids selbst zum Verfahrensgegenstand werden (vgl. BVerfG, Urt. v. 14.5.1996, 2 BvR 1516/93, BVerfGE 94, 166, juris Rn. 93). Nur soweit die Rechtmäßigkeit der Abschiebungsandrohung davon abhängt, dass die Behörde eine Einzelfallentscheidung über die Befristung des gesetzlichen Einreise- und Aufenthaltsverbots getroffen hat, ist auch dieser Umstand inzident zu prüfen.
- 3
2. Sachdienlich ausgelegt zielt der Antrag auf die Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gemäß § 80 Abs. 5 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO ab. Ein Antrag, analog § 80 Abs. 5 VwGO die aufschiebende Wirkung festzustellen, die der Klage bereits ohne besondere gerichtliche oder behördliche Anordnung aufgrund der einschlägigen Rechtsnormen zukäme, ist deshalb nicht sachdienlich, weil die Abschiebungsandrohungen gemäß § 75 Abs. 1 AsylG sofort vollziehbar sind. Der Anwendung des § 75 Abs. 1 AsylG steht keine unmittelbar geltende Bestimmung der Europäischen Union entgegen. Insbesondere ist Art. 45 Abs. 5 Richtlinie 2013/32/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zu gemeinsamen Verfahren für die Zuerkennung und Aberkennung des Internationalen Schutzes (Neufassung) (ABl. Nr. L 180/60 v. 29.6.2013. S. 60 – Verfahrensrichtlinie) im Fall der Ablehnung eines Asylantrags eines Antragstellers aus dem sicheren Herkunftsstaat nicht unmittelbar anwendbar und folgt daraus im Rechtsverhältnis zum jeweiligen Antragsteller kein verfahrensrechtliches Bleiberecht (a.A. VG Düsseldorf, Beschl. v. 5.2.2016, 7 L 4154/15.A, juris Rn. 17 ff.). Denn es verbleibt nach Art. 288 Abs. 3 AEUV hinsichtlich des Mittels bei der Anwendung des mitgliedstaatlichen Rechts, da der antragsgegnerische Mitgliedstaat diese Richtlinie insoweit vollständig umgesetzt hat. Zwar muss das nationale Recht nach der auch zeitlich anwendbaren Richtlinie 2013/32/EU während des Hauptsacheverfahren grundsätzlich ein verfahrensrechtliches Bleiberecht ohne besondere gerichtliche Entscheidung gewähren (hierzu unter a.), doch ist dieses Bleiberecht während des Hauptsacheverfahrens vorliegend nach dem nationalen Recht in Übereinstimmung mit den unionalen Vorgaben ausnahmsweise ausgeschlossen (hierzu unter b.).
- 4
a. Die Richtlinie 2013/32/EU findet in zeitlicher Hinsicht Anwendung, da die Antragsteller ihren Antrag auf internationalen Schutz am 10. November 2015 und damit nicht vor dem in Art. 52 UAbs. 1 Satz 1 Richtlinie 2013/32/EU genannten Stichtag 20. Juli 2015 gestellt haben. Unbeschadet des Art. 46 Abs. 5 Richtlinie 2013/32/EU gestatten die Mitgliedstaaten nach Art. 46 Abs. 5 Richtlinie 2013/32/EU den Antragstellern den Verbleib im Hoheitsgebiet bis zum Ablauf der Frist für die Ausübung des Rechts der Antragsteller auf einen wirksamen Rechtsbehelf und, wenn ein solches Recht fristgemäß ausgeübt wurde, bis zur Entscheidung über den Rechtsbehelf. Eine Erfüllung der Vorgaben des Art. 46 Abs. 5 Richtlinie 2013/32/EU folgt nicht bereits daraus, dass gemäß § 34a Abs. 2 Satz 2 AsylG die Abschiebung bei rechtzeitiger Antragstellung vor der gerichtlichen Entscheidung, d.h. vor der gerichtlichen Entscheidung im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes, nicht zulässig ist. Im Einzelnen:
- 5
Es ist bereits zweifelhaft, ob während des Verfahrens des vorläufigen Rechtsschutzes ein vom Unionsrecht gefordertes Bleiberecht nach nationalem Recht besteht. Denn solange das Gericht im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes noch nicht entschieden hat, ist die Abschiebungsandrohung nach § 75 Abs. 1 AsylG sofort vollziehbar, so dass die durch § 55 Abs. 1 Satz 1 AsylG begründete Aufenthaltsgestattung gemäß § 67 Abs. 1 Nr. 4 AsylG als erloschen gilt. Erst mit einer stattgebenden Entscheidung des Gerichts im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes entfällt die sofortige Vollziehbarkeit der Abschiebungsandrohung rückwirkend, so dass der Erlöschenstatbestand des § 67 Abs. 1 Nr. 4 AsylG vorläufig als nicht erfüllt gilt.
- 6
Zumindest ist als wirksamer Rechtsbehelf i.S.d. Art. 46 Abs. 5 Richtlinie 2013/32/EU nicht der nach dem nationalen Recht der Antragsgegnerin zu stellende Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz, sondern die Klage zu verstehen (insoweit auch VG Düsseldorf, Beschl. v. 5.2.2016, 7 L 4154/15.A, juris Rn. 21 ff.). Dass das Bleiberecht nach dem Grundsatz des Art. 46 Abs. 5 Richtlinie 2013/32/EU nicht nur bis zu einer gerichtlichen Entscheidung im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes besteht, geht im Umkehrschluss aus der Ausnahmeregelung des Art. 46 Abs. 8 Richtlinie 2013/32/EU hervor. Danach gestatten die Mitgliedstaaten dem Antragsteller, bis zur Entscheidung in dem Verfahren (u.a.) nach Art. 46 Abs. 6 Richtlinie 2013/32/EU darüber, ob der Antragsteller im Hoheitsgebiet des Mitgliedstaats verbleiben darf, im Hoheitsgebiet zu verbleiben. Die in Bezug genommene, dem Grundsatz des Art. 46 Abs. 5 Richtlinie 2013/32/EU vorrangige Bestimmung des Art. 46 Abs. 6 Richtlinie 2013/32/EU sieht vor, dass in den dort genannten Fällen das Gericht befugt ist, entweder auf Antrag des Antragstellers oder von Amts wegen darüber zu entscheiden, ob der Antragsteller im Hoheitsgebiet des Mitgliedstaats verbleiben darf, wenn die Entscheidung zur Folge hat, das Recht des Antragstellers auf Verbleib in dem Mitgliedstaat zu beenden und wenn in diesen Fällen das Recht auf Verbleib in dem betreffenden Mitgliedstaat bis zur Entscheidung über den Rechtsbehelf im nationalen Recht nicht vorgesehen ist.
- 7
b. Doch liegt zulasten der Antragsteller eben ein in Art. 46 Abs. 6 Richtlinie 2013/32/EU benannter Fall vor, in dem in Übereinstimmung mit den Vorgaben des unionalen Rechts das nationale Recht gemäß § 80 Abs. 5 Satz 1 i.V.m. Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO i.V.m. § 75 Abs. 1 AsylG nur durch gerichtliche Entscheidung auf gesonderten Antrag des Antragstellers hin ein Bleiberecht für die Dauer des Hauptsacheverfahrens vorsieht. Es ist der in Art. 46 Abs. 6 Buchst. a Alt. 1 Richtlinie 2013/32/EU benannte Fall einer Entscheidung gegeben, einen Antrag auf internationalen Schutz im Einklang mit Art. 32 Abs. 2 Richtlinie 2013/32/EU als offensichtlich unbegründet zu betrachten, ohne dass die Entscheidung auf die in Art. 31 Abs. 8 Buchst. h Richtlinie 2013/32/EU aufgeführten Umstände gestützt wird. Nach Art. 32 Abs. 2 Richtlinie 2013/32/EU können im Falle von unbegründeten Anträgen, bei denen einer der in Art. 31 Abs. 8 Richtlinie 2013/32/EU aufgeführten Umstände gegeben ist, die Mitgliedstaaten einen Antrag ferner als offensichtlich unbegründet betrachten, wenn dies so in den nationalen Rechtsvorschriften vorgesehen ist. Abstrakt ist dann, wenn der Antragsteller aus einem sicheren Herkunftsstaat kommt, ein in Art. 31 Abs. 8 Richtlinie 2013/32/EU – außerhalb dessen Buchst. h – aufgeführter Umstand gegeben (hierzu unter aa.), für den in den nationalen Rechtsvorschriften des antragsgegnerischen Mitgliedstaats vorgesehen ist, den Antrag auf internationalen Schutz als offensichtlich unbegründet zu betrachten (hierzu unter bb.). Konkret kommen die Antragsteller aus einem sicheren Herkunftsstaat (hierzu unter cc.) und sind ihre Anträge auf internationalen Schutz nach dem nationalen Recht als offensichtlich unbegründet zu betrachten (hierzu unter dd.).
- 8
aa. Dass der Antragsteller aus einem sicheren Herkunftsstaat im Sinne dieser Richtlinie kommt, ist ein in Art. 31 Abs. 8 Richtlinie 2013/32/EU aufgeführter Umstand. Unerheblich ist, ob der antragsgegnerische Mitgliedstaat nach seinem nationalen Recht von der durch diese Bestimmung eingeräumten Möglichkeit eines beschleunigten Verfahrens im Einzelfall Gebrauch gemacht hat. Ein beschleunigtes Verfahren dürfte nur ein solches i.S.d. § 30a AsylG sein (eingefügt durch Gesetz zur Einführung beschleunigter Asylverfahren v. 11.3.2016, BGBl. I S. 390, ausdrücklich unter Bezugnahme auf Art. 31 Abs. 8 Richtlinie 2013/32/EU der Gesetzentwurf BT-Drs. 18/7538, S. 12, 16). Darauf kommt es aber nicht an. Denn Art. 46 Abs. 6 Buchst. a Alt. 1 i.V.m. Art. 32 Abs. 2 Richtlinie 2013/32/EU knüpft lediglich an die im Katalog des Art. 31 Abs. 8 Buchst. a bis g und i bis j Richtlinie 2013/32/EU aufgeführten Umstände tatbestandlich an, ohne jedoch vorauszusetzen, dass die Mitgliedstaaten von der durch Art. 31 Abs. 8 Richtlinie 2013/32/EU als Rechtsfolge eröffneten Möglichkeit Gebrauch gemacht haben, dass das Prüfungsverfahren im Einklang mit den Grundsätzen und Garantien nach Kapitel II der Richtlinie 2013/32/EU beschleunigt und/oder an der Grenze oder in Transitzonen nach Maßgabe von Art. 43 Richtlinie 2013/32/EU durchgeführt wird. Diese Auslegung folgt zum einen daraus, dass Art. 32 Abs. 2 Richtlinie 2013/32/EU an die in Art. 31 Abs. 8 Richtlinie 2013/32/EU „aufgeführten Umstände“ anknüpft, während Art. 46 Abs. 6 Buchst. a Alt. 2 Richtlinie 2013/32/EU, den „Fall einer Entscheidung … nach Prüfung gemäß“ Art. 31 Abs. 8 Richtlinie 2013/32/EU in Bezug nimmt. Zum anderen folgt diese Auslegung daraus, dass Art. 46 Abs. 6 Buchst. a Richtlinie 2013/32/EU den Fall einer Entscheidung nach Art. 32 Abs. 2 Richtlinie 2013/32/EU nicht als Unterart des Fall einer Entscheidung nach Art. 31 Abs. 8 Richtlinie 2013/32/EU behandelt, sondern gleichrangig als alternativ zu erfüllende Tatbestandsvariante daneben setzt.
- 9
bb. In Übereinstimmung mit Art. 31 Abs. 8 Buchst. b. Richtlinie 2013/32/EU hat der antragsgegnerische Mitgliedstaat in seinen nationalen Rechtsvorschriften vorgesehen, einen unbegründeten Antrag auf internationalen Schutz insbesondere bereits dann als offensichtlich unbegründet zu betrachten, wenn der Ausländer aus einem sicheren Herkunftsstaat kommt. Dies folgt aus § 29a Abs. 1 AsylG. Gemäß dieser Vorschrift ist der Asylantrag eines Ausländers aus einem Staat i.S.d. Art. 16a Abs. 3 Satz 1 GG (sicherer Herkunftsstaat) als offensichtlich unbegründet abzulehnen, es sei denn, die von dem Ausländer angegebenen Tatsachen oder Beweismittel begründen die Annahme, dass ihm abweichend von der allgemeinen Lage im Herkunftsstaat politische Verfolgung droht. Nach dem Tatbestand des § 29a Abs. 1 AsylG setzt die Qualifizierung eines unbegründeten Asylantrags als offensichtlich unbegründet damit nur voraus, dass die Vermutung, es fehle an einer für die Anerkennung als Asylberechtigter nach Art. 16 Abs. 1 GG vorausgesetzten politischen Verfolgung, nicht widerlegt ist. Gleichwohl verweist die Rechtsfolge des § 29a Abs. 1 AsylG darauf, dass „der Asylantrag“, d.h. mangels Differenzierung: der Asylantrag insgesamt, als offensichtlich unbegründet abzulehnen ist. Begrifflich umfasst „der Asylantrag“ gemäß § 13 Abs. 1, Abs. 2 AsylG nicht nur das Ersuchen um Anerkennung als Asylberechtigter i.S.d. Art. 16a Abs. 1 GG, sondern auch das Ersuchen um internationalen Schutz i.S.d. § 1 Abs. 1 Satz 2 AsylG und i.S.d. damit übereinstimmenden Definition des Art. 2 Buchst. i i.V.m. Buchst. j und k Richtlinie 2013/32/EU. Sofern der durch § 13 Abs. 1, Abs. 2 AsylG definierte Asylantrag unbegründet ist, d.h. weder eine Anerkennung als Asylberechtigter noch eine Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft noch subsidiärer Schutz zu gewähren ist, und die Qualifikation des § 29a Abs. 1 AsylG hinzutritt, betrachtet das nationale Recht mithin den Antrag auf internationalen Schutz als offensichtlich unbegründet. Die Qualifikation tritt im Einzelfall nach dem nationalen Recht bereits dann hinzu, wenn das zuständige Bundesamt für Migration und Flüchtlinge den Offensichtlichkeitsausspruch auf die Unbegründetheit des Antrags als Asylberechtigter beschränkt und sich insoweit auf § 29a Abs. 1 AsylG stützt. Die Ablehnung des Antrags auf internationalen Schutz als unbegründet ist in diesem Fall nach nationalem Recht gemäß § 29a Abs. 1 AsylG auch ohne einheitlichen Offensichtlichkeitsausspruch als offensichtlich unbegründet zu betrachten. Denn nach dem nationalen Recht erstreckt sich die Offensichtlichkeit stets auf den Asylantrag als Ganzes und schließt der Asylantrag den Antrag auf internationalen Schutz ein.
- 10
Das nationale Konzept sicherer Herkunftsstaaten ist in seiner Ausgestaltung mit den Vorgaben des Unionsrechts vereinbar (vgl. VG Düsseldorf, Beschl. v. 13.1.2016, 6 L 4047/15.A, Rn. 23 ff.). Zwar bleibt zugunsten der Antragsteller die im nationalen Recht vorgesehene Rechtsfolge einer Einordnung als sicherer Herkunftsstaat hinter der Rechtsfolge zurück, die nach dem Unionsrecht an eine solche Einordnung geknüpft werden dürfte. Das nationale Konzept des sicheren Herkunftsstaats verzichtet bezüglich des subsidiären Schutzes auf eine widerlegbare Vermutung und verlangt stattdessen eine Vollprüfung des § 4 Abs. 1 AsylG (VG Düsseldorf, a.a.O., Rn. 27). Es handelt sich um ein nach Art. 5 Richtlinie 2013/32/EU für den Antragsteller zulässige günstigere Bestimmung. Die Vollprüfung stellt mindestens in dem Maße, wie es eine Vermutungsregelung gewährleisten würde, sicher, dass der Herkunftsstaat in Übereinstimmung mit Art. 36 Richtlinie 2013/32/EU nach individueller Prüfung für einen bestimmten Antragsteller als sicherer Herkunftsstaat betrachtet wird (VG Düsseldorf, a.a.O., Rn. 27).
- 11
cc. Die Antragsteller kommen aus einem sicheren Herkunftsstaat. Die im gemäß § 77 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 2 AsylG maßgeblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung vorliegende gesetzliche Bestimmung Albaniens zum sicheren Herkunftsstaat in Anlage II zu § 29a AsylG durch das Asylverfahrensbeschleunigungsgesetz (v. 20.10.2015, BGBl. I S. 1722). genügt den Vorgaben des Art. 16a Abs. 3 Satz 1 GG. Danach können durch Gesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf, Staaten bestimmt werden, bei denen auf Grund der Rechtslage, der Rechtsanwendung und der allgemeinen politischen Verhältnisse gewährleistet erscheint, dass dort weder politische Verfolgung noch unmenschliche oder erniedrigende Bestrafung oder Behandlung stattfindet. Nach Art. 16a Abs. 3 Satz 2 GG wird vermutet, dass ein Ausländer aus einem solchen Staat nicht verfolgt wird, solange er nicht Tatsachen vorträgt, die die Annahme begründen, dass er entgegen dieser Vermutung politisch verfolgt wird. Für den Gesetzgeber besteht hinsichtlich der Einstufung als sicherer Herkunftsstaat ein Entscheidungsspielraum, der überschritten ist, wenn er sich nicht von guten Gründen hat leiten lassen (vgl. BVerfG, Urt. v. 14.5.1996, 2 BvR 1507/93, BVerfGE 94, 115, juris Rn. 87). Diese Grenze hat der Gesetzgeber im Hinblick auf Albanien nicht überschritten. Im Entwurf eines Asylverfahrensbeschleunigungsgesetzes (BT-Drs. 18/6185 v. 29.9.2015, S. 25, 37 ff.) gestützt insbesondere auf die Berichterstattung des Auswärtigen Amtes nachvollziehbar dargelegt, dass trotz noch vorhandener Defizite als gewährleistet betrachtet werden kann, dass in Albanien generell weder asylrelevante Verfolgung noch Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Bestrafung oder Behandlung noch Bedrohung infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen Konfliktes drohen. Nach dem Bericht des Auswärtigen Amtes (v. 10.6.2015 über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Republik Albanien, Stand: Mai 2015) gibt es immer wieder Fälle von Gewalt und teilweise schweren Misshandlungen seitens oder im Verantwortungsbereich der Polizei (S. 11) und kommt es in Einzelfällen zu Repressionen privater Dritter (S. 10), es besteht jedoch ein demokratisches System (S. 5) und es finden keine systematischen Menschenrechtsverletzungen statt (S. 6). Davon ausgehend davon oblag es dem Entscheidungsspielraum des Gesetzgebers, Fälle einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung als Ausnahmen zu betrachten und Albanien gleichwohl als sicheren Herkunftsstaat einzustufen, ohne damit eine individuelle Prüfung auszuschließen.
- 12
Die Bestimmung Albaniens zum sicheren Herkunftsstaat genügt ferner den Vorgaben des Art. 37 Richtlinie 2013/32/EU. Danach können die Mitgliedstaaten zum Zwecke der Prüfung von Anträgen auf internationalen Schutz Rechts- oder Verwaltungsvorschriften beibehalten oder erlassen, aufgrund derer sie im Einklang mit Anhang I Richtlinie 2013/32/EU sichere Herkunftsstaaten bestimmen können. Nach Anhang I Abs. 1 Richtlinie 2013/32/EU gilt ein Staat als sicherer Herkunftsstaat, wenn sich anhand der dortigen Rechtslage, der Anwendung der Rechtsvorschriften in einem demokratischen System und der allgemeinen politischen Lage nachweisen lässt, dass dort generell und durchgängig weder eine Verfolgung i.S.d. Art. 9 Richtlinie 2011/95/EU noch Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe noch Bedrohung infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts zu befürchten sind. Im Fall Albaniens sind nach dem Vorstehenden diese Gefährdungen im Allgemeinen nicht zu erwarten.
- 13
dd. Die Anträge der Antragsteller auf internationalen Schutz sind nach dem nationalen Recht als offensichtlich unbegründet abgelehnt zu betrachten. Zwar hat das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge im angefochtenen Bescheid (unter Ziffer 2 und Ziffer 1) als „offensichtlich unbegründet“ nur die Ablehnung der Anträge auf Anerkennung als Asylberechtigte und auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft zum Ausdruck gebracht. Doch wird nach dem nationalen Recht der Asylantrag i.S.d. § 13 Abs. 1, Abs. 2 AsylG und der Antrag auf internationalen Schutz auch hinsichtlich des subsidiären Schutzes als offensichtlich unbegründet betrachtet, sofern die Anerkennung als Asylberechtigter gemäß § 29a Abs. 1 AsylG als offensichtlich unbegründet abgelehnt worden ist (s.o. bb.).
- 14
3. Der Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz ist ausgehend von der Antragsschrift und der Interessenlage der Antragsteller nicht dahingehend auszulegen, dass er sich prinzipal auch gegen die von der Antragsgegnerin im Bescheid unter Ziffer 7 nach § 11 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 75 Nr. 12 AufenthG getroffene Entscheidung richtet, das aus § 11 Abs. 1 AufenthG folgende gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot auf 30 Monate ab dem Tag der Abschiebung zu befristen. Vorläufiger Rechtsschutz wäre im Hinblick auf die behördliche Befristung des gesetzlichen Einreise- und Aufenthaltsverbots im Wege der einstweiligen Anordnung nach § 123 Abs. 1 VwGO zu suchen, denn die aufschiebende Wirkung einer Klage vermittelt nur vorläufigen Rechtsschutz der vor einer Beeinträchtigung durch den Verwaltungsakt bestehenden Rechtspositionen, statuiert oder erweitert solche aber nicht (dazu OVG Münster, Beschl. v. 12.6.2014, 12 A 38/13, juris Rn. 3). Ein Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ist dem Antrag nach der Interessenlage der Antragsteller nicht zu entnehmen, da vor der Durchführung der Abschiebung kein Anhaltspunkt für den nach § 123 Abs. 3 VwGO i.V.m. § 920 Abs. 2 ZPO erforderlichen Anordnungsgrund bestünde. Nichts anderes ergibt sich wegen der am 24. Oktober 2015 ohne Übergangsregelung in Kraft getretenen Vorschrift des § 36 Abs. 3 Satz 10 AsylG. Diese Vorschrift enthält ein Fristerfordernis für Anträge auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes gegen die Befristung des Einreise- und Aufenthaltsverbots durch das Bundesamt nach § 11 Abs. 2 AufenthG, entbindet aber nicht von den allgemeinen Voraussetzungen, unter denen ein Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes Erfolg haben kann. Es kann dahinstehen, ob die Vorschrift in dem hier nicht vorliegenden Fall verfassungskonform auszulegen ist oder mit höherrangigem Recht unvereinbar ist, dass erstmals nach Ablauf der Antragsfrist das Erfordernis einer dringlichen Regelung eintritt.
- 15
4. Der Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz ist schließlich nicht dahingehend auszulegen, dass er sich prinzipal auch gegen die von der Antragsgegnerin im Bescheid unter Ziffer 6 nach § 11 Abs. 7 Satz 1 i.V.m. § 75 Nr. 12 AufenthG getroffene Anordnung und Befristung eines behördlichen Einreise- und Aufenthaltsverbots von 10 Monaten ab dem Tag der Ausreise richtet. Vorläufigen Rechtsschutzes bedarf es nicht, da die Anordnung gemäß § 11 Abs. 7 Satz 2 AufenthG erst mit der Bestandskraft der Entscheidung über den Asylantrag wirksam wird.
II.
- 16
Der Antrag vom 1. April 2016, die aufschiebende Wirkung der Klage, 2 A 1425/16, gegen die Abschiebungsandrohungen der Antragsgegnerin im Bescheid vom 19. Januar 2015 anzuordnen, ist zulässig (hierzu unter 1.), aber unbegründet (hierzu unter 2.).
- 17
1. Der nach § 80 Abs. 5 Satz 1 Alt. 1 VwGO hinsichtlich der gemäß § 75 Abs. 1 AsylG sofort vollziehbaren Abschiebungsandrohungen nach § 34 Abs. 1 AsylG statthafte Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage ist zulässig. Denn die gemäß §§ 36 Abs. 3 Satz 1, 74 Abs. 1 Halbs. 2 AsylG geltende Antrags- und Klagefrist von einer Woche nach Bekanntgabe des Bescheids ist durch die am 1. April 2016 bei Gericht eingegangene kombinierte Antrags- und Klageschrift gewahrt. Ein Bekanntgabedatum ist in der Asylakte nicht dokumentiert.
- 18
2. Der Antrag ist nicht begründet. Dies folgt aus der erforderlichen Abwägung unter Berücksichtigung des öffentlichen Interesses an der sofortigen Vollziehung der Abschiebungsandrohung und des privaten Interesses der Antragsteller, dass ihr das vorläufige Bleiberecht in der Bundesrepublik Deutschland bis zu einer unanfechtbaren Entscheidung über ihre Asylanträge nicht zu Unrecht entzogen wird (vgl. BVerfG, Kammerbeschl. v. 19.6.1990, 2 BvR 369/90, InfAuslR 1991, 81, juris Rn. 20). Dabei darf das Gericht gemäß Art. 16a Abs. 4 Satz 1 Halbs. 1 GG, § 36 Abs. 4 Satz 1 AsylG die Aussetzung der auf der Grundlage der §§ 34 Abs. 1, 36 Abs. 1 AsylG wegen offensichtlicher Unbegründetheit des Asylantrags erlassenen Abschiebungsandrohung nur dann anordnen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen. Damit lassen der Verfassungs- und Gesetzgeber das vorläufige Bleiberecht nicht erst dann entfallen, wenn das Verwaltungsgericht sich von der Richtigkeit des Offensichtlichkeitsurteils des Bundesamts überzeugt hat, sondern schon dann, wenn es an der Richtigkeit dieser Entscheidung keine ernstlichen Zweifel hat (vgl. BVerfG, Urt. v. 14.5.1996, 2 BvR 1516/93, BVerfGE 94, 166, Rn. 88). Ernstliche Zweifel in diesem Sinne bestehen nach der verfassungsrechtlichen Vorgabe in Art. 16a Abs. 4 Satz 1 Halbs. 1 GG dann, wenn erhebliche Gründe dafür sprechen, dass die Maßnahme einer rechtlichen Prüfung wahrscheinlich nicht standhält (BVerfG, Urt. v. 14.5.1996, a.a.O, Rn. 99).
- 19
Nach diesem Maßstab bestehen vorliegend keine ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Abschiebungsandrohung. Rechtsgrundlage für den Erlass einer Abschiebungsandrohung nach §§ 59 und 60 Abs. 10 AufenthG durch die Antragsgegnerin ist § 34 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. §§ 36 Abs. 1, 29a AsylG. Dabei hat das Gericht im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes insbesondere die Offensichtlichkeit der Ablehnung des Asylantrags zu prüfen (BVerfG, Urt. v. 14.5.1996, a.a.O., juris Rn. 94). Die Voraussetzungen zum Erlass der Abschiebungsandrohung liegen nach § 34 Abs. 1 Satz 1 AsylG vor, da die Antragsteller nicht als Asylberechtigte anzuerkennen sind und ihnen nicht die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist (hierzu unter a.), ihnen kein subsidiärer Schutz zusteht und die Voraussetzungen des § 60 Abs. 5 und 7 AufenthG nicht vorliegen (hierzu unter b.) und sie keinen Aufenthaltstitel besitzen (hierzu unter c.). Die Bestimmung der Ausreisefrist und des Zielstaats der Abschiebung entsprechen ausgehend davon, dass der Offensichtlichkeitsausspruch gerechtfertigt ist, den Vorgaben (hierzu unter d.). Wegen der vorgenommenen behördlichen Befristung des Einreise- und Aufenthaltsverbots bestehen keine Bedenken gegen die Rechtmäßigkeit der Abschiebungsandrohungen (hierzu unter e.).
- 20
a. Die Antragsteller sind nicht nach Art. 16a Abs. 1 GG als Asylberechtigte anzuerkennen und ihnen ist nicht nach § 3 AsylG die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen. Sie haben bereits nicht geltend gemacht, politisch verfolgt oder aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen ihrer Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe sich außerhalb ihres Herkunftslandes Albanien zu befinden.
- 21
b. Die Antragsteller können auch keinen subsidiären Schutz beanspruchen, da nicht nach § 4 Abs. 1 AsylG stichhaltige Gründe für die Annahme vorgebracht sind, dass ihnen in ihrem Heimatland ein ernsthafter Schaden (Verhängung oder Vollstreckung der Todesstrafe, Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung oder eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit einer Zivilperson infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts) droht. Ebenso ergibt sich nicht nach § 60 Abs. 5 AufenthG in Anwendung von Art. 3 EMRK (Verbot der Folter, unmenschlichen oder erniedrigenden Strafe oder Behandlung), dass die Abschiebung unzulässig wäre. Auch besteht für die Antragsteller nicht nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG bei Rückkehr in ihr Heimatland eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit.
- 22
Zum einen besteht für Rückkehrer nach Albanien aufgrund der wirtschaftlichen Lage nicht allgemein eine Extremsituation, in der eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung droht (VG Hamburg, Beschl. v. 13.11.2015, 2 AE 5675/15; vgl. VG Hamburg, Beschl. v. 6.10.2015, 2 AE 5221/15; Beschl. v. 18.8.2015, 21 AE 4017/15; Beschl. v. 10.8.2015, 15 AE 4179/15 zur Verneinung einer extremen Gefährdungslage im Hinblick auf Art. 1 Abs. 1 i.V.m. Art. 2 Abs. 1 GG). Nach dem Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage des Auswärtigen Amtes in Albanien (v. 10.6.2015, Stand: Mai 2015) ist die Grundversorgung der Bevölkerung mit Lebensmitteln gesichert. Der albanische Staat gewährt Bedürftigen, zu denen auch Familien mit keinem oder geringen Einkommen gehören, Sozialhilfe und Invalidengeld durch Geldbeträge, die sich derzeit zwischen einem monatlichen Sozialhilfesatz von 3.000,-- ALL (ca. 21,-- Euro) und für Familienoberhäupter von 8.000,-- ALL (ca. 57,-- Euro) sowie einem Invalidengeld von 9.900,-- ALL (ca. 70,-- Euro) bewegen. Grundnahrungsmittel, in erster Linie Brot, werden subventioniert.
- 23
Zum anderen sind auch unter Berücksichtigung der von den Antragstellern vorgebrachten individuellen Umstände weder stichhaltige Gründe für die Annahme einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung gegeben noch sieht sich die Antragstellerin bei Rückkehr nach Albanien einer erheblichen konkreten Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit ausgesetzt. Im Einzelnen:
- 24
Der 1971 geborene Antragsteller zu 1 und die 1980 geborene Antragstellerin zu 2 sind verheiratet und Eltern des 2000 geborenen Antragstellers zu 3 und der 2002 geborenen Antragstellerin zu 4. Sie sind albanischer Staatsangehörigkeit, albanischer Volkzugehörigkeit und albanischer Herkunft und haben in ihrem Heimatland bis zu Ihrer Ausreise im August 2015 gelebt.
- 25
Der Antragsteller zu 1 hat bei seiner Anhörung durch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge am 24. November 2015 angegeben, er habe 17 Jahre lang schwarz als Taxifahrer gearbeitet. Seine Ehefrau leide an Neurodermitis und habe am ganzen Körper Flecken, weshalb er auch „Schwierigkeiten“ mit seinen Eltern gehabt habe, weil er „sozusagen eine Kranke Frau genommen habe“. Sein Sohn leide an der gleichen Krankheit. Mit seinen Eltern habe er keine Probleme mehr gehabt, aber der Sohn sei „in der Schule und von seinen Freunden“ gehänselt worden. Deswegen habe er, der Antragsteller zu 1, oft „Streit und Stress mit anderen Menschen“ gehabt. Er habe gedacht, dass Deutschland ein freies Land sei und man „hier auch frei leben [könne], egal welche Krankheiten man [habe]“. Die Nachfrage nach einem bestimmten Grund, aus dem er mit seiner Familie gerade im August 2015 das Land verlassen habe, hat er verneint und lediglich ergänzt, der einzige Grund sei gewesen, dass er jetzt gedacht habe „bloß weg von hier“.
- 26
Die Antragstellerin zu 2 hat bei ihrer Anhörung durch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge am 24. November 2015 angegeben, zunächst als Näherin und dann in einer Schuhfabrik gearbeitet zu haben. Der Grund warum die Familie Albanien verlassen habe, sei, dass sie und ihr Sohn mit einer Erkrankung geboren worden seien, mit der sie sich in Albanien nicht frei und auch nicht wohlfühlten. Sie habe ihr ganzes Leben darunter gelitten. Sie, die Eltern, seien sehr in Sorge wegen ihres Sohnes. Der Sohn sei von einigen gehänselt worden, von anderen sei er „Späßen ausgesetzt“ gewesen. Es habe auch Fälle gegeben, die zum „Konflikt“ geworden seien. Deshalb hätten sie, die Eltern, Angst, dass irgendwann die Lage eskaliere.
- 27
Davon ausgehend ist es für das Gericht nachvollziehbar, dass die Antragstellerin zu 2 und der Antragsteller zu 3 Belästigungen und Beeinträchtigungen im sozialen Leben wegen ihrer Hautkrankheit ausgesetzt waren und sind. Es ist aber bereits kein spezifischer Landesbezug erkennbar, aus denen die Rückkehr nach Albanien für die Antragstellerin zu 2 und den Antragsteller zu 3 zu einer erniedrigenden oder unmenschlichen Behandlung oder zu einer erheblichen konkreten Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit führen könnte. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt gemäß § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG (i.d.F. des Gesetzes zur Einführung beschleunigter Asylverfahren v. 11.3.2016, BGBl. I S. 390) nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden, dafür ist hier nichts ersichtlich, zumal nach § 60 Abs. 7 Satz 3 AufenthG nicht erforderlich ist, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Vor dem Hintergrund, dass alle Antragsteller in der Vergangenheit unbeschadet in Albanien gelebt haben, haben die Antragstellerin zu 2 selbst und für den minderjährigen Antragsteller zu 3 seine ihn vertretenden Eltern nicht im Einzelnen und nachvollziehbar dargelegt, dass bei einer Rückkehr nach Albanien „Streit und Stress mit anderen Menschen“ oder „Konflikte“ in der Zukunft zu einer konkreten Gefährdungslage zu eskalieren drohen.
- 28
c. Einen Aufenthaltstitel nach § 4 Abs. 1 Satz 2 AufenthG besitzen die Antragsteller nicht.
- 29
d. Die Bezeichnung Albaniens als Staat, in den abgeschoben werden soll, entspricht § 59 Abs. 2 AufenthG. Die in der Aufforderung zur Ausreise benannte Ausreisefrist von einer Woche entspricht § 36 Abs. 1 AsylG, da der Asylantrag gemäß § 29a Abs. 1 AsylG gemäß insgesamt offensichtlich unbegründet ist. Der im angefochtenen Bescheid enthaltene Offensichtlichkeitsausspruch ist ausreichend (s.o. I. 2. b. bb.).
- 30
e. Soweit die Rechtmäßigkeit der Abschiebungsandrohung von einer nach § 11 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 75 Nr. 12 AufenthG getroffenen behördlichen Befristung des gesetzlichen Einreise- und Aufenthaltsverbots abhängt, bestehen auch insoweit keine Bedenken.
- 31
Zwar ist nach Art. 11 Abs. 2 i.V.m. Art. 6 Abs. 1 der die Mitgliedstaaten nach Ablauf der Umsetzungsfrist bindenden Richtlinie 2008/115/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Dezember 2008 über gemeinsame Normen und Verfahren in den Mitgliedstaaten zur Rückführung illegal aufhältiger Drittstaatsangehöriger (ABl. Nr. L 348 v. 24.12.2008, S. 98) im Zusammenhang mit der Rückkehrentscheidung die Dauer des Einreiseverbots in Anbetracht der jeweiligen Umstände des Einzelfalls festzusetzen, so dass jedenfalls eine Abschiebung ohne eine zuvor getroffene Befristungsentscheidung unzulässig ist (EuGH, Urt. v. 19.9.2013, C-297/12, NJW 2014, 527, juris Rn. 34; OVG Lüneburg, Beschl. v. 14.1.2015, 8 ME 136/14, juris Rn. 6; OVG Berlin-Brandenburg, Beschl. v. 21.3.2014, OVG 12 S 113/13, juris; VGH Mannheim, Beschl. v. 19.12.2012, 11 S 2303/12, ESVGH 63, 159, juris Rn. 8). Doch hat die Antragsgegnerin diesem Erfordernis bereits zugleich mit der streitgegenständlichen Abschiebungsandrohung unter Ziffer 5 des Bescheids Genüge getan, indem sie unter Ziffer 6 durch behördliche Einzelfallentscheidung das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot befristet und auf diese Weise auch vor der Abschiebung ermöglicht hat, einen wirksamen Rechtsbehelf i.S.d. Art. 13 Abs. 1 Richtlinie 2008/115/EG einzulegen. Dagegen berührt der Umstand, dass die Klage wegen der getroffenen Befristungsentscheidung noch anhängig und über die Länge der Befristung noch nicht bestandskräftig entschieden worden ist, die Rechtmäßigkeit der angedrohten Abschiebung nicht (ebenso OVG Berlin-Brandenburg, Beschl. v. 21.3.2014, a.a.O., Rn. 22; VGH Mannheim, Beschl. v. 19.12.2012, a.a.O., Rn. 11). Die Rechtmäßigkeit der durch das Bundesamt ausgesprochenen Abschiebungsandrohung hängt im Allgemeinen nicht davon ab, ob der Antragsteller eine kürzere als die behördlich bereits zugesprochene Befristung des nach der Abschiebung gemäß § 11 Abs. 1 AufenthG kraft Gesetzes geltenden Einreise- und Aufenthaltsverbots beanspruchen kann. Eine Ausnahme davon wäre allenfalls dann nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu machen, wenn die Antragsteller Anspruch auf eine Befristung auf null hätte. Davon ist nach den gemäß § 36 Abs. 4 Satz 2 AsylG beachtlichen Umständen in dem gemäß § 77 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 2 AsylG maßgeblichen Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts nicht auszugehen.
III.
- 32
Die Kostenentscheidung folgt aus § 83b AsylG, § 154 Abs. 1 VwGO.
(1) Die Klage gegen Entscheidungen nach diesem Gesetz hat nur in den Fällen des § 38 Absatz 1 sowie des § 73b Absatz 7 Satz 1 aufschiebende Wirkung. Die Klage gegen Maßnahmen des Verwaltungszwangs (§ 73b Absatz 5) hat keine aufschiebende Wirkung.
(2) Die Klage gegen Entscheidungen des Bundesamtes, mit denen die Anerkennung als Asylberechtigter oder die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft widerrufen oder zurückgenommen worden ist, hat in folgenden Fällen keine aufschiebende Wirkung:
- 1.
bei Widerruf oder Rücknahme wegen des Vorliegens der Voraussetzungen des § 60 Absatz 8 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes oder des § 3 Absatz 2, - 2.
bei Widerruf oder Rücknahme, weil das Bundesamt nach § 60 Absatz 8 Satz 3 des Aufenthaltsgesetzes von der Anwendung des § 60 Absatz 1 des Aufenthaltsgesetzes abgesehen hat.
(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).
(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur
- 1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten, - 2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten, - 3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen, - 3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen, - 4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.
(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.
(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.
(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn
- 1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder - 2.
eine Vollstreckung droht.
(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.
(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.
(1) In den Fällen der Unzulässigkeit nach § 29 Absatz 1 Nummer 2 und 4 und der offensichtlichen Unbegründetheit des Asylantrages beträgt die dem Ausländer zu setzende Ausreisefrist eine Woche.
(2) Das Bundesamt übermittelt mit der Zustellung der Entscheidung den Beteiligten eine Kopie des Inhalts der Asylakte. Der Verwaltungsvorgang ist mit dem Nachweis der Zustellung unverzüglich dem zuständigen Verwaltungsgericht zu übermitteln.
(3) Anträge nach § 80 Abs. 5 der Verwaltungsgerichtsordnung gegen die Abschiebungsandrohung sind innerhalb einer Woche nach Bekanntgabe zu stellen; dem Antrag soll der Bescheid des Bundesamtes beigefügt werden. Der Ausländer ist hierauf hinzuweisen. § 58 der Verwaltungsgerichtsordnung ist entsprechend anzuwenden. Die Entscheidung soll im schriftlichen Verfahren ergehen; eine mündliche Verhandlung, in der zugleich über die Klage verhandelt wird, ist unzulässig. Die Entscheidung soll innerhalb von einer Woche nach Ablauf der Frist des Absatzes 1 ergehen. Die Kammer des Verwaltungsgerichts kann die Frist nach Satz 5 um jeweils eine weitere Woche verlängern. Die zweite Verlängerung und weitere Verlängerungen sind nur bei Vorliegen schwerwiegender Gründe zulässig, insbesondere wenn eine außergewöhnliche Belastung des Gerichts eine frühere Entscheidung nicht möglich macht. Die Abschiebung ist bei rechtzeitiger Antragstellung vor der gerichtlichen Entscheidung nicht zulässig. Die Entscheidung ist ergangen, wenn die vollständig unterschriebene Entscheidungsformel der Geschäftsstelle der Kammer vorliegt. Anträge auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes gegen die Befristung des Einreise- und Aufenthaltsverbots durch das Bundesamt nach § 11 Absatz 2 des Aufenthaltsgesetzes und die Anordnung und Befristung nach § 11 Absatz 7 des Aufenthaltsgesetzes sind ebenso innerhalb einer Woche nach Bekanntgabe zu stellen. Die Vollziehbarkeit der Abschiebungsandrohung bleibt hiervon unberührt.
(4) Die Aussetzung der Abschiebung darf nur angeordnet werden, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsaktes bestehen. Tatsachen und Beweismittel, die von den Beteiligten nicht angegeben worden sind, bleiben unberücksichtigt, es sei denn, sie sind gerichtsbekannt oder offenkundig. Ein Vorbringen, das nach § 25 Abs. 3 im Verwaltungsverfahren unberücksichtigt geblieben ist, sowie Tatsachen und Umstände im Sinne des § 25 Abs. 2, die der Ausländer im Verwaltungsverfahren nicht angegeben hat, kann das Gericht unberücksichtigt lassen, wenn andernfalls die Entscheidung verzögert würde.
(1) Ein Asylantrag liegt vor, wenn sich dem schriftlich, mündlich oder auf andere Weise geäußerten Willen des Ausländers entnehmen lässt, dass er im Bundesgebiet Schutz vor politischer Verfolgung sucht oder dass er Schutz vor Abschiebung oder einer sonstigen Rückführung in einen Staat begehrt, in dem ihm eine Verfolgung im Sinne des § 3 Absatz 1 oder ein ernsthafter Schaden im Sinne des § 4 Absatz 1 droht.
(2) Mit jedem Asylantrag wird die Anerkennung als Asylberechtigter sowie internationaler Schutz im Sinne des § 1 Absatz 1 Nummer 2 beantragt. Der Ausländer kann den Asylantrag auf die Zuerkennung internationalen Schutzes beschränken. Er ist über die Folgen einer Beschränkung des Antrags zu belehren. § 24 Absatz 2 bleibt unberührt.
(3) Ein Ausländer, der nicht im Besitz der erforderlichen Einreisepapiere ist, hat an der Grenze um Asyl nachzusuchen (§ 18). Im Falle der unerlaubten Einreise hat er sich unverzüglich bei einer Aufnahmeeinrichtung zu melden (§ 22) oder bei der Ausländerbehörde oder der Polizei um Asyl nachzusuchen (§ 19). Der nachfolgende Asylantrag ist unverzüglich zu stellen.
(1) Dieses Gesetz gilt für Ausländer, die Folgendes beantragen:
- 1.
Schutz vor politischer Verfolgung nach Artikel 16a Absatz 1 des Grundgesetzes oder - 2.
internationalen Schutz nach der Richtlinie 2011/95/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Dezember 2011 über Normen für die Anerkennung von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Personen mit Anspruch auf internationalen Schutz, für einen einheitlichen Status für Flüchtlinge oder für Personen mit Anrecht auf subsidiären Schutz und für den Inhalt des zu gewährenden Schutzes (ABl. L 337 vom 20.12.2011, S. 9); der internationale Schutz im Sinne der Richtlinie 2011/95/EU umfasst den Schutz vor Verfolgung nach dem Abkommen vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559, 560) und den subsidiären Schutz im Sinne der Richtlinie; der nach Maßgabe der Richtlinie 2004/83/EG des Rates vom 29. April 2004 über Mindestnormen für die Anerkennung und den Status von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Flüchtlinge oder als Personen, die anderweitig internationalen Schutz benötigen, und über den Inhalt des zu gewährenden Schutzes (ABl. L 304 vom 30.9.2004, S. 12) gewährte internationale Schutz steht dem internationalen Schutz im Sinne der Richtlinie 2011/95/EU gleich; § 104 Absatz 9 des Aufenthaltsgesetzes bleibt unberührt.
(2) Dieses Gesetz gilt nicht für heimatlose Ausländer im Sinne des Gesetzes über die Rechtsstellung heimatloser Ausländer im Bundesgebiet in der im Bundesgesetzblatt Teil III, Gliederungsnummer 243-1, veröffentlichten bereinigten Fassung in der jeweils geltenden Fassung.
(1) Der Asylantrag eines Ausländers aus einem Staat im Sinne des Artikels 16a Abs. 3 Satz 1 des Grundgesetzes (sicherer Herkunftsstaat) ist als offensichtlich unbegründet abzulehnen, es sei denn, die von dem Ausländer angegebenen Tatsachen oder Beweismittel begründen die Annahme, dass ihm abweichend von der allgemeinen Lage im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des § 3 Absatz 1 oder ein ernsthafter Schaden im Sinne des § 4 Absatz 1 droht.
(2) Sichere Herkunftsstaaten sind die Mitgliedstaaten der Europäischen Union und die in Anlage II bezeichneten Staaten.
(2a) Die Bundesregierung legt dem Deutschen Bundestag alle zwei Jahre, erstmals zum 23. Oktober 2017 einen Bericht darüber vor, ob die Voraussetzungen für die Einstufung der in Anlage II bezeichneten Staaten als sichere Herkunftsstaaten weiterhin vorliegen.
(3) Die Bundesregierung bestimmt durch Rechtsverordnung ohne Zustimmung des Bundesrates, dass ein in Anlage II bezeichneter Staat nicht mehr als sicherer Herkunftsstaat gilt, wenn Veränderungen in den rechtlichen oder politischen Verhältnissen dieses Staates die Annahme begründen, dass die in Artikel 16a Abs. 3 Satz 1 des Grundgesetzes bezeichneten Voraussetzungen entfallen sind. Die Verordnung tritt spätestens sechs Monate nach ihrem Inkrafttreten außer Kraft.
(1) Ein Asylantrag liegt vor, wenn sich dem schriftlich, mündlich oder auf andere Weise geäußerten Willen des Ausländers entnehmen lässt, dass er im Bundesgebiet Schutz vor politischer Verfolgung sucht oder dass er Schutz vor Abschiebung oder einer sonstigen Rückführung in einen Staat begehrt, in dem ihm eine Verfolgung im Sinne des § 3 Absatz 1 oder ein ernsthafter Schaden im Sinne des § 4 Absatz 1 droht.
(2) Mit jedem Asylantrag wird die Anerkennung als Asylberechtigter sowie internationaler Schutz im Sinne des § 1 Absatz 1 Nummer 2 beantragt. Der Ausländer kann den Asylantrag auf die Zuerkennung internationalen Schutzes beschränken. Er ist über die Folgen einer Beschränkung des Antrags zu belehren. § 24 Absatz 2 bleibt unberührt.
(3) Ein Ausländer, der nicht im Besitz der erforderlichen Einreisepapiere ist, hat an der Grenze um Asyl nachzusuchen (§ 18). Im Falle der unerlaubten Einreise hat er sich unverzüglich bei einer Aufnahmeeinrichtung zu melden (§ 22) oder bei der Ausländerbehörde oder der Polizei um Asyl nachzusuchen (§ 19). Der nachfolgende Asylantrag ist unverzüglich zu stellen.
(1) Der Asylantrag eines Ausländers aus einem Staat im Sinne des Artikels 16a Abs. 3 Satz 1 des Grundgesetzes (sicherer Herkunftsstaat) ist als offensichtlich unbegründet abzulehnen, es sei denn, die von dem Ausländer angegebenen Tatsachen oder Beweismittel begründen die Annahme, dass ihm abweichend von der allgemeinen Lage im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des § 3 Absatz 1 oder ein ernsthafter Schaden im Sinne des § 4 Absatz 1 droht.
(2) Sichere Herkunftsstaaten sind die Mitgliedstaaten der Europäischen Union und die in Anlage II bezeichneten Staaten.
(2a) Die Bundesregierung legt dem Deutschen Bundestag alle zwei Jahre, erstmals zum 23. Oktober 2017 einen Bericht darüber vor, ob die Voraussetzungen für die Einstufung der in Anlage II bezeichneten Staaten als sichere Herkunftsstaaten weiterhin vorliegen.
(3) Die Bundesregierung bestimmt durch Rechtsverordnung ohne Zustimmung des Bundesrates, dass ein in Anlage II bezeichneter Staat nicht mehr als sicherer Herkunftsstaat gilt, wenn Veränderungen in den rechtlichen oder politischen Verhältnissen dieses Staates die Annahme begründen, dass die in Artikel 16a Abs. 3 Satz 1 des Grundgesetzes bezeichneten Voraussetzungen entfallen sind. Die Verordnung tritt spätestens sechs Monate nach ihrem Inkrafttreten außer Kraft.
(1) Ein Asylantrag ist offensichtlich unbegründet, wenn die Voraussetzungen für eine Anerkennung als Asylberechtigter und die Voraussetzungen für die Zuerkennung des internationalen Schutzes offensichtlich nicht vorliegen.
(2) Ein Asylantrag ist insbesondere offensichtlich unbegründet, wenn nach den Umständen des Einzelfalles offensichtlich ist, dass sich der Ausländer nur aus wirtschaftlichen Gründen oder um einer allgemeinen Notsituation zu entgehen, im Bundesgebiet aufhält.
(3) Ein unbegründeter Asylantrag ist als offensichtlich unbegründet abzulehnen, wenn
- 1.
in wesentlichen Punkten das Vorbringen des Ausländers nicht substantiiert oder in sich widersprüchlich ist, offenkundig den Tatsachen nicht entspricht oder auf gefälschte oder verfälschte Beweismittel gestützt wird, - 2.
der Ausländer im Asylverfahren über seine Identität oder Staatsangehörigkeit täuscht oder diese Angaben verweigert, - 3.
er unter Angabe anderer Personalien einen weiteren Asylantrag oder ein weiteres Asylbegehren anhängig gemacht hat, - 4.
er den Asylantrag gestellt hat, um eine drohende Aufenthaltsbeendigung abzuwenden, obwohl er zuvor ausreichend Gelegenheit hatte, einen Asylantrag zu stellen, - 5.
er seine Mitwirkungspflichten nach § 13 Abs. 3 Satz 2, § 15 Abs. 2 Nr. 3 bis 5 oder § 25 Abs. 1 gröblich verletzt hat, es sei denn, er hat die Verletzung der Mitwirkungspflichten nicht zu vertreten oder ihm war die Einhaltung der Mitwirkungspflichten aus wichtigen Gründen nicht möglich, - 6.
er nach §§ 53, 54 des Aufenthaltsgesetzes vollziehbar ausgewiesen ist oder - 7.
er für einen nach diesem Gesetz handlungsunfähigen Ausländer gestellt wird oder nach § 14a als gestellt gilt, nachdem zuvor Asylanträge der Eltern oder des allein personensorgeberechtigten Elternteils unanfechtbar abgelehnt worden sind.
(4) Ein Asylantrag ist ferner als offensichtlich unbegründet abzulehnen, wenn die Voraussetzungen des § 60 Abs. 8 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes oder des § 3 Abs. 2 vorliegen oder wenn das Bundesamt nach § 60 Absatz 8 Satz 3 des Aufenthaltsgesetzes von der Anwendung des § 60 Absatz 1 des Aufenthaltsgesetzes abgesehen hat.
(5) Ein beim Bundesamt gestellter Antrag ist auch dann als offensichtlich unbegründet abzulehnen, wenn es sich nach seinem Inhalt nicht um einen Asylantrag im Sinne des § 13 Abs. 1 handelt.
Tenor
Es wird festgestellt, dass die Klage 7 K 339/15.A aufschiebende Wirkung hat.
Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens, für das Gerichtskosten nicht erhoben werden.
1
Gründe:
2Der am 19. Januar 2016 gestellte Antrag,
3die aufschiebende Wirkung der Klage gem. § 80 Abs. 5 VwGO anzuordnen,
4hat unter Berücksichtigung des wohlverstandenen Rechtsschutzinteresses der Antragsteller in der tenorierten Fassung Erfolg.
5Der Feststellung der aufschiebenden Wirkung der Klage steht nicht entgegen, dass nach § 75 Abs. 1 AsylG die Klage gegen Entscheidungen nach diesem Gesetz nur in den Fällen des § 38 Abs. 1 sowie der §§ 73, 73b und 73c aufschiebende Wirkung hat. Der Klage 7 K 339/16.A kommt nach diesen Vorschriften aufschiebende Wirkung nicht zu, da sie gegen die Entscheidung des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) vom 9. Dezember 2015 gerichtet ist, mit der die Antragsteller betreffend folgende Entscheidung erging:
6- 7
1. Die Anträge auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft werden als offensichtlich unbegründet abgelehnt.
- 8
2. Die Anträge auf Asylanerkennung werden als offensichtlich unbegründet abgelehnt.
- 9
3. Die Anträge auf subsidiären Schutz werden abgelehnt.
- 10
4. Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 S. 1 des Aufenthaltsgesetzesliegen nicht vor.
- 11
5. Die Antragsteller werden aufgefordert, die Bundesrepublik Deutschland innerhalb einer Woche nach Bekanntgabe dieser Entscheidung zu verlassen. Sollten die Antragsteller die Ausreisefrist nicht einhalten, werden sie nach Mazedonien abgeschoben. Die Antragsteller können auch in einen anderen Staat abgeschoben werden, in den sie einreisen dürfen oder der zu ihrer Rücknahme verpflichtet ist.
- 12
6. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot wird gemäß § 11 Abs. 7 des Aufenthaltsgesetzes angeordnet und auf 10 Monate ab dem Tag der Ausreise befristet.
- 13
7. Das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot wird gemäß § 11 Abs. 1 des Aufenthaltsgesetzes wird auf 36 Monate ab dem Tag der Abschiebung befristet.
Es handelt sich wegen der gesetzten Ausreisefrist von nur einer Woche um einen Fall des § 36 Abs. 1 AsylG, in dem die Klage nach § 75 Abs. 1 AsylGkeine aufschiebende Wirkung entfaltet.
15Die Antragsteller können sich indes im maßgeblichen Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts (§ 77 Abs. 1 Satz 1 AsylG) aufArtikel 46 Abs. 5 der Verfahrensrichtlinie
16Richtlinie 2013/32/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zu gemeinsamen Verfahren für die Zuerkennung und Aberkennung des internationalen Schutzes (Neufassung), ABl. der EU, L 180/60 (Verfahrensrichtlinie)
17berufen (Bleiberecht bis zur Entscheidung über den Rechtsbehelf, I.), dessen Ausnahmen hiervon nicht vorliegen (Befugnis zum „beschleunigten Verfahren“ in Abs. 6, II.) und der im Verhältnis der Antragsteller zur Antragsgegnerin unmittelbar anwendbar ist (III.).
18I. Gemäß Art. 46 Abs. 5 der Verfahrensrichtlinie gestatten die Mitgliedstaaten – unbeschadet des Absatzes 6 (hierzu unter II.) – den Antragstellern den Verbleib im Hoheitsgebiet bis zum Ablauf der Frist für die Ausübung des Rechts der Antragsteller auf einen wirksamen Rechtsbehelf und, wenn ein solches Recht fristgemäß ausgeübt wurde, bis zur Entscheidung über den Rechtsbehelf.
19Aus Art. 46 Abs. 1 und 3 Verfahrensrichtlinie ergibt sich, dass es sich bei dem Rechtsbehelf um einen gerichtlichen Rechtsbehelf (zumindest vor einem erstinstanzlichen Gericht) handeln muss, der eine umfassende Ex-nunc-Prüfung vorsieht, die sich sowohl auf Tatsachen als auch auf Rechtsfragen erstreckt. Nationalrechtlich wird dieses Recht durch die Klagemöglichkeit (§§ 74 ff AsylG) gegen die Entscheidungen des zuständigen Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge und die nach § 80 Abs. 1 VwGO grundsätzlich gewährte aufschiebende Wirkung der Klage umgesetzt und gewährleistet. Insbesondere durch den systematischen Zusammenhang mit Art. 46 Abs. 3, 5 und 6 Verfahrensrichtlinie wird auch deutlich, dass es sich bei dem genannten Rechtsbehelf nicht nur um einen Rechtsbehelf des einstweiligen Rechtsschutzes handeln kann, sondern nationalrechtlich eine Klagemöglichkeit im Hauptsachverfahren erfordert.
20Diese Klagemöglichkeit haben die Antragsteller auch fristgerecht ergriffen
21Damit steht ihnen bis zur Entscheidung der Klage ein Recht auf den Verbleib im Hoheitsgebiet des Mitgliedstaates – Deutschland - zu.
22II. Das Recht auf Verbleib bis zur Entscheidung über die Klage würde weder durch die Ablehnung der Anträge insgesamt als „offensichtlich unbegründet“ beendet
23Vgl. hierzu ausführlich: Beschluss der Kammer vom 22. Dezember 2015 – 7 L 3863/15.A, -, juris,
24noch wird es - wie im vorliegenden Fall tenoriert – durch die Ablehnung hinsichtlich Asyl und Flüchtlingseigenschaft als „offensichtlich unbegründet“ und hinsichtlich des subsidiären Schutzes als „einfach unbegründet“ beendet.
25Die Verfahrensrichtlinie räumt den Mitgliedstaaten in Art. 46 Abs. 6a) die Möglichkeit ein, dieses verfahrensrechtliche Bleiberecht aus Art. 46 Abs. 5 nach sachlicher Prüfung auf zwei Wegen zu beenden. In Fällen einer Entscheidung, einen Antrag
26der nach Art. 2 lit. b) grundsätzlich die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft und die Gewährung subsidiären Schutzes umfasst,
27als „offensichtlich unbegründet“ zu betrachten oder nach Prüfung gemäß Artikel 31 Absatz 8 Verfahrensrichtlinie als unbegründet zu betrachten (mit Ausnahme der Gründe nach Buchstabe h)) kann das sog. „beschleunigte Verfahren“ eröffnet sein. Die Richtlinie verpflichtet die Mitgliedstaaten gleichzeitig – wenn sie von der Möglichkeit des beschleunigten Verfahrens Gebrauch machen – ein gerichtliches Antragsverfahren gerichtet auf Verschaffung eines solchen verfahrensbezogenen Bleiberechts einzurichten.
28Die Bundesrepublik Deutschland hat durch die Beschränkung der aufschiebenden Wirkung nach §§ 75 Abs. 1, 34, 36 Abs. 1 AsylG und die Möglichkeit des Antrages nach § 80 Abs. 5 VwGO grundsätzlich von demersten in der Verfahrensrichtlinie zugelassenen Weg Gebrauch gemacht. Denn hiernach entfaltet die Klage gegen Entscheidungen des Bundesamtes, mit denen eine Abschiebungsandrohung erlassen wird, nur dann aufschiebende Wirkung, wenn eine Ausreisefrist von 30 Tagen gesetzt wird. Nach § 36 Abs.1 AsylG beträgt die dem Ausländer zu setzende Ausreisefrist in Fällen der Unbeachtlichkeit oder der offensichtlichen Unbegründetheit des Asylantrags eine Woche. Damit hat der Gesetzgeber des Asylgesetzes die Entscheidung, ob dem klagenden Asylsuchenden ein verfahrensrechtliches Bleiberecht bis zur Entscheidung seines Rechtsbehelfs zustehen soll, ausschließlich von der ihm vom Bundesamt zu setzenden Ausreisefrist abhängig gemacht.
29Die Voraussetzungen des § 36 Abs. 1 AsylG liegen im Falle der Antragsteller nicht vor.
30Die Asylanträge der Antragsteller sind nicht unbeachtlich im Sinne des § 29 Abs. 1 AsylG, weil das Bundesamt in der angefochtenen Entscheidung nicht festgestellt hat, dass sie offensichtlich in einem sonstigen Drittstaat vor politischer Verfolgung sicher waren und die Rückführung in diesen oder einen anderen sicheren Staat möglich ist.
31Die Asylanträge der Antragsteller sind auch nicht offensichtlich unbegründet. Nach § 13 Abs. 2 Satz 1 AsylG wird mit jedem Asylantrag die Anerkennung als Asylberechtigter sowie internationaler Schutz im Sinne des § 1 Absatz 1 Nummer 2 beantragt. Internationaler Schutz umfasst danach die Flüchtlingseigenschaft (§ 3 AsylG) und subsidiären Schutz (§ 4 AsylG). Die Vorschrift des § 36 Abs. 1 AsylG,
32die keine Beschränkung des Begriffs „Asylantrag“ enthält und auch nicht einschränkend ausgelegt werden muss oder kann,
33setzt demnach voraus, dass die Ablehnung als „offensichtlich unbegründet“ alle drei Elemente des Antrags umfasst. Dies hat das Bundesamt in seiner im Klageverfahren angefochtenen Entscheidung nicht verfügt.
34Die Kammer folgt auch nicht der Entscheidung der 6. Kammer des Gerichts,
35Beschluss vom 13. Januar 2016, - 6 L 4047/15.A -,
36die von der Erwägung ausgeht, dass beide von der Verfahrensrichtlinie eröffneten Wege zu einem beschleunigten Verfahren gleichwertig nebeneinander bestehen und von den Mitgliedstaaten quasi gemischt beschritten werden können; wegen der durch § 34 Abs. 1 Nr. 2a AsylG vorausgesetzten und im Ergebnis ablehnenden Prüfung des subsidiären Schutzes, könne insoweit auch die Ablehnung des Antrags auf subsidiären Schutzes als einfach unbegründet zulässigerweise ins beschleunigte Verfahren führen.
37In diesem Sinn auch VG Minden, Beschluss vom 17. November 2015, - 10 L 1222/15.A -.
38Abgesehen davon, dass sich diese Argumentation zum Vorliegen der Tatbestands-voraussetzungen des § 36 Abs. 1 AsylG nicht verhält, könnte mit dem Rückgriff auf § 34 Abs. 1 AsylG dann auch eine Ablehnung der Flüchtlingseigenschaft oder der Asylgewährung nach Art. 16a GG als einfach unbegründet bei der Ablehnung der Anträge als offensichtlich unbegründet im Übrigen auf ein beschleunigtes Verfahren führen. Dies widerspricht ersichtlich der Konzeption des Asylgesetzes.
39Zusammenfassend lässt sich feststellen:
40Das Asylgesetz bietet (derzeit) weder eine Rechtsgrundlage zur Ablehnung eines Antrages auf Gewährung subsidiären Schutzes als „offensichtlich unbegründet“
41Vgl. hierzu: Beschluss der Kammer vom 22. Dezember 2015 – 7 L 3863/15.A, -, juris,
42noch eröffnet das Asylgesetz die Möglichkeit, im Falle der Ablehnung des Antrags auf subsidiären Schutz als (einfach) unbegründet eine Ausreisefrist von nur einer Woche zu verfügen.
43III. Das den Antragstellern zustehende Bleiberecht bis zur Entscheidung der Klage aus Art. 46 Abs. 5Verfahrensrichtlinie ist im Verhältnis der Antragsteller und der Antragsgegnerin auch unmittelbar anwendbar.
44Zunächst ist die Verfahrensrichtlinie in ihrer aktuellen Fassung gem. Art. 52 Abs. 1 (Übergangsbestimmungen) auf die Asylanträge der Antragsteller anwendbar. Danach sind die Mitgliedstaaten verpflichtet, die Rechts- und Verwaltungsvorschriften nach Artikel 51 Absatz 1
45i.e. die Artikel 1 bis 30, Artikel 31 1, 2 und 6 bis 9, den Artikeln 32 bis 46, den Artikeln 49 und 50 sowie den Anhang I
46auf förmlich gestellte Anträge auf internationalen Schutz
47sowie auf hier nicht weiter einschlägige eingeleitete Verfahren zur Aberkennung des internationalen Schutzes
48nach dem 20. Juli 2015 oder früher an.
49Die Antragsteller haben ihre Asylanträge nach Aktenlage am 21. Juli 2015 und damit nach dem vorgenannten Stichtag gestellt.
50Nach Art. 288 S. 4 AEUV
51Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union vom 25. März 1957, UNTS Bd. 298 S. 11;
52ist eine Richtlinie für jeden Mitgliedstaat, an den sie gerichtet wird, hinsichtlich des zu erreichenden Ziels verbindlich, überlässt jedoch den innerstaatlichen Stellen die Wahl der Form und der Mittel. Damit begründen Richtlinien im Ausgangspunkt keine Rechte oder Pflichten einzelner sich im innerstaatlichen Recht gegenüberstehender Rechtsträger, sondern nur Pflichten für die Mitgliedstaaten. Die Mitgliedstaaten haben also die Pflicht, die von der Richtlinie formulierten Ziele in nationales Recht umzusetzen, indem ihre Organe inhaltlich den Vorgaben der Richtlinie entsprechend Regelungen im nationalen Recht erlassen.
53Nach der Rechtsprechung des EuGH
54EuGH, Rs. 148/78 (Ratti), Slg 1979, 1629 Rdn. 18; Rs. 8/81 (Becker), Slg. 1982, 53 Rdn. 24f; Streinz, EUV/EGV, zu Art. 249 EUV Rdn. 101ff; zu Unterlassungspflichten zuletzt: EuGH, Urteil vom 19.2.2009 (Soysal), Rs. C‑228/06 , InfAuslR 2009, 135.
55ist eine unmittelbare Anwendbarkeit europäischer Richtlinien im Verhältnis zwischen den staatlichen Behörden und dem Einzelnen aber dann anzunehmen, wenn die Vorschrift nach Ablauf der Umsetzungsfrist nicht hinreichend in nationales Recht umgesetzt ist, die Bestimmung hinreichend genau die Verpflichtung einer staatlichen Stelle begründet und die Verpflichtung nicht an eine Bedingung geknüpft ist. Durch diese vom EuGH entwickelte „unmittelbare Wirkung“ europäischer Rechtsakte wird gewährleistet, dass die Mitgliedstaaten die effektive Geltung der in Richtlinien enthaltenen Vorgaben nicht durch bloße Untätigkeit über die Umsetzungsfrist hinaus oder durch unzureichende Umsetzung verzögern oder vermeiden können. Daraus folgt aber zugleich, dass die unmittelbare Anwendbarkeit nur gegenüber den staatlichen Stellen gegeben sein kann, denn die Richtlinien richten sich von vornherein nur an die Mitgliedstaaten. Das heißt, der Mitgliedstaat und seine Organe und Behörden können sich nicht gegenüber einer Privatperson zu deren Lasten auf Regelungen der Richtlinie stützen. Dies widerspräche auch dem Sanktionscharakter der unmittelbaren Anwendbarkeit.
56Die Voraussetzungen für die unmittelbare Anwendbarkeit des Art. 46 Abs. 5 Verfahrensrichtlinie liegen hier vor.
57Dies sieht auch die Antragsgegnerin so: BAMF Referat 410 „Leitfaden zur unmittelbaren innerstaatlichen Anwendung der Richtlinie 2013/32/EU des Rates vom 26.6.2013 (Verfahrensrichtlinie) in InfAuslR 2015, 398.
58Die Verfahrensrichtlinie vom 26. Juni 2013 war nach Art. 51 Abs. 1 der Richtlinie hinsichtlich der hier einschlägigen Vorschriften bis spätestens zum 20. Juli 2015 umzusetzen. Die Umsetzungspflicht ist – bezogen auf die Vorschriften über das Recht auf einen wirksamen Rechtsbehelf - auch nicht durch Nr. 61 der Erwägungsgründe eingeschränkt, weil diese Vorschriften im Vergleich zu der Richtlinie 2005/85/EG
59vom 1. Dezember 2005 über Mindestnormen für Verfahren in den Mitgliedstaaten zur Zuerkennung und Aberkennung der Flüchtlingseigenschaft, Abl L 326/13,
60inhaltlich geändert wurden. Dies ergibt sich schon daraus, dass Art. 39 Abs. 3 Richtlinie 2005/85/EG es noch den Mitgliedstaaten überließ, ein verfahrensabhängiges Bleiberecht bis zur Entscheidung über den Rechtsbehelf zu gewährleisten, während Art. 46 Abs. 5 Verfahrensrichtlinie dies nun für den Regelfall vorschreibt.
61Die Bundesrepublik Deutschland hat bis zum 20. Juli 2015 (und bis heute) keine Rechtsvorschriften erlassen, die im Einklang mit den Vorschriften der Verfahrensrichtlinie das dort in Art. 46 Abs. 5 verbriefte Recht auf Verbleib im Hoheitsgebiet bis zum Ablauf der Frist für die Ausübung des Rechts auf einen wirksamen Rechtsbehelf und, wenn ein solches Recht fristgemäß ausgeübt wurde, bis zur Entscheidung über den Rechtsbehelf beenden (s.o.).
62Die Verfahrensrichtlinie selbst kann nach der oben dargestellten Rechtsprechung des EuGH aus systematischen Gründen nicht als Ermächtigungsgrundlage für Entscheidungen des Bundesamtes herangezogen werden, denn nicht die Mitgliedstaaten und ihre Organe und Behörden – hier das Bundesamt – können sich gegenüber den Betroffenen nach der oben dargestellten Systematik auf die unmittelbare Anwendbarkeit der Richtlinie berufen, sondern nur die Betroffenen selbst.
63Die Bestimmung des Art. 46 Abs. 5 Verfahrensrichtlinie, auf die sich die Antragsteller mit dem vorliegenden Antrag berufen, ist in ihrer Verpflichtung der staatlichen Stellen hinreichend genau und nicht an eine Bedingung geknüpft. Ihr lässt sich ohne weitere Voraussetzungen entnehmen, dass die Mitgliedstaaten den Antragstellern den Verbleib im Hoheitsgebiet gestatten, bis die Klagefrist abgelaufen oder im Fall der Klageerhebung über die Klage entschieden ist.
64Nationalrechtlich lässt sich damit die unmittelbare Anwendbarkeit der Verfahrensrichtlinie im Hinblick auf Art. 46 Abs. 5 durch die tenorierte Feststellung der aufschiebenden Wirkung der Klage verwirklichen.
65Das Gericht weist daraufhin, dass mit der tenorierten Feststellung dem Antrag der Antragsteller gem. § 37 Abs. 2 AsylG entsprochen wurde und die im angefochtenen Bescheid gesetzteAusreisefrist von Gesetzes wegen nunmehr 30 Tage nach dem unanfechtbaren Abschluss des Verfahrens endet.
66Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 1 VwGO, 83b AsylG.
67Dieser Beschluss ist unanfechtbar.
Tenor
Es wird festgestellt, dass die Klage 7 K 8009/15.A aufschiebende Wirkung hat.
Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens, für das Gerichtskosten nicht erhoben werden.
1
Gründe:
2Der am 1. Dezember 2015 wörtlich gestellte Antrag,
3die aufschiebende Wirkung der Klage gem. § 80 Abs. 5 VwGO anzuordnen,
4hat unter Berücksichtigung des wohlverstandenen Rechtsschutzinteresses der Antragsteller in der tenorierten Fassung Erfolg.
5Der Feststellung der aufschiebenden Wirkung der Klage steht nicht entgegen, dass nach § 75 Abs. 1 AsylG die Klage gegen Entscheidungen nach diesem Gesetz nur in den Fällen des § 38 Abs. 1 sowie der §§ 73, 73b und 73c aufschiebende Wirkung hat. Der Klage 7 K -8009/15.A kommt nach diesen Vorschriften keine aufschiebende Wirkung zu, da sie gegen die Entscheidung des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) vom 7. Oktober 2015 gerichtet ist, mit der die Antragsteller betreffend folgende Entscheidung erging:
6- 7
1. Die Anträge auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft werden als offensichtlich unbegründet abgelehnt.
- 8
2. Die Anträge auf Asylanerkennung werden als offensichtlich unbegründet abgelehnt.
- 9
3. Die Anträge auf subsidiären Schutz werden als offensichtlich unbegründet abgelehnt.
- 10
4. Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 S. 1 des Aufenthaltsgesetzesliegen nicht vor.
- 11
5. Die Antragsteller werden aufgefordert, die Bundesrepublik Deutschland innerhalb einer Woche nach Bekanntgabe dieser Entscheidung zu verlassen. Sollten die Antragsteller die Ausreisefrist nicht einhalten, werden sie nach Mazedonien abgeschoben. Die Antragsteller können auch in einen anderen Staat abgeschoben werden, in den sie einreisen dürfen oder der zu ihrer Rücknahme verpflichtet ist.
- 12
6. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot wird gemäß § 11 Abs. 7 des Aufenthaltsgesetzes angeordnet und auf 10 Monate ab dem Tag der Ausreise befristet.
- 13
7. Das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot wird gemäß § 11 Abs. 1 des Aufenthaltsgesetzes wird auf 30 Monate ab dem Tag der Abschiebung befristet.
Es handelt sich wegen der gesetzten Ausreisefrist von nur einer Woche um einen Fall des § 36 Abs. 1 AsylG, in dem die Klage nach § 75 Abs. 1 AsylGkeine aufschiebende Wirkung entfaltet.
15Die Antragsteller können sich indes im maßgeblichen Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts (§ 77 Abs. 1 Satz 1 AsylG) aufArtikel 46 Abs. 5 der Verfahrensrichtlinie
16Richtlinie 2013/32/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zu gemeinsamen Verfahren für die Zuerkennung und Aberkennung des internationalen Schutzes (Neufassung), ABl. der EU, L 180/60 (Verfahrensrichtlinie)
17berufen (Bleiberecht bis zur Entscheidung über den Rechtsbehelf, I.), dessen Ausnahmen hiervon nicht vorliegen (Befugnis zum „beschleunigten Verfahren“ in Abs. 6, II.) und der im Verhältnis der Antragsteller zur Antragsgegnerin unmittelbar anwendbar ist (III.).
18I. Gemäß Art. 46 Abs. 5 der Verfahrensrichtlinie gestatten die Mitgliedstaaten – unbeschadet des Absatzes 6 (hierzu unter II.) – den Antragstellern den Verbleib im Hoheitsgebiet bis zum Ablauf der Frist für die Ausübung des Rechts der Antragsteller auf einen wirksamen Rechtsbehelf und, wenn ein solches Recht fristgemäß ausgeübt wurde, bis zur Entscheidung über den Rechtsbehelf.
19Aus Art. 46 Abs. 1 und 3 Verfahrensrichtlinie ergibt sich, dass es sich bei dem Rechtsbehelf um einen gerichtlichen Rechtsbehelf (zumindest vor einem erstinstanzlichen Gericht) handeln muss, der eine umfassende Ex-nunc-Prüfung vorsieht, die sich sowohl auf Tatsachen als auch auf Rechtsfragen erstreckt. Nationalrechtlich wird dieses Recht durch die Klagemöglichkeit (§§ 74 ff AsylG) gegen die Entscheidungen des zuständigen Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge und die nach § 80 Abs. 1 VwGO grundsätzlich gewährte aufschiebende Wirkung der Klage umgesetzt und gewährleistet. Insbesondere durch den systematischen Zusammenhang mit Art. 46 Abs. 3, 5 und 6 Verfahrensrichtlinie wird auch deutlich, dass es sich bei dem genannten Rechtsbehelf nicht nur um einen Rechtsbehelf des einstweiligen Rechtsschutzes handeln kann, sondern nationalrechtlich eine Klagemöglichkeit im Hauptsachverfahren erfordert.
20Diese Klagemöglichkeit haben die Antragsteller auch fristgerecht ergriffen. Damit steht ihnen bis zur Entscheidung der Klage ein Recht auf den Verbleib im Hoheitsgebiet des Mitgliedstaates – Deutschland - zu.
21II. Das Recht auf Verbleib bis zur Entscheidung über die Klage ist gegenüber den Antragstellern auch nicht durch die Ablehnung der Anträge als „offensichtlich unbegründet“ beendet.
22Die Verfahrensrichtlinie räumt den Mitgliedstaaten in Art. 46 Abs. 6 die Möglichkeit ein, dieses verfahrensrechtliche Bleiberecht in Fällen der Ablehnung des Antrags
23der nach Art. 2 lit. b) grundsätzlich die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft und die Gewährung subsidiären Schutzes umfasst,
24u.a. als „offensichtlich unbegründet“ zu beenden und verpflichtet sie gleichzeitig – wenn sie von dieser Möglichkeit Gebrauch machen – ein gerichtliches Antragsverfahren gerichtet auf Verschaffung eines solchen Bleiberechts einzurichten. Hiervon hat die Bundesrepublik Deutschland durch die Beschränkung der aufschiebenden Wirkung nach §§ 75 Abs. 1, 34, 36 Abs. 1 AsylG und die Möglichkeit des Antrages nach § 80 Abs. 5 VwGO grundsätzlich Gebrauch gemacht.
25Die Beschränkung des Bleiberechts ist nach der Verfahrensrichtlinie für die hier allein in Betracht zu ziehende Variante der Ablehnung als „offensichtlich unbegründet“ nach Art. 46 Abs. 6 lit a) indes nur zulässig, wenn ein Antragim Einklang mit Artikel 32 Absatz 2 der Verfahrensrichtlinie als offensichtlich unbegründet oder nach Prüfung gemäß Artikel 31 Absatz 8 als unbegründet betrachtet wird, es sei denn diese Entscheidungen sind auf die in Artikel 31 Absatz 8 Buchstabe h aufgeführten Umstände (unerlaubte Einreise und Aufenthalt) gestützt.
26Diese Voraussetzungen liegen nicht vor.
27Zwar hat das Bundesamt auch den Antrag auf Gewährung subsidiären Schutzes in Ziffer 3. des angefochtenen Bescheides als „offensichtlich unbegründet“ abgelehnt, es hat damit aber nicht die Voraussetzungen des Art. 46 Abs. 6 Verfahrensrichtlinie zu begründen vermocht. Denn die Ablehnungsentscheidung als „offensichtlich unbegründet“ kann nach dem klaren Richtlinienwortlaut das verfahrensrechtliche Bleiberecht des Art. 45 Abs. 5 nur dann beenden, wenn sie „im Einklang mit Artikel 32 Abs. 2“ ergeht. Nach Art. 32 Abs. 2 Verfahrensrichtlinie setzt die Möglichkeit der Ablehnung von unbegründeten Anträgen,
28bei denen einer der in Artikel 31 Absatz 8 aufgeführten Umstände gegeben ist,
29als „offensichtlich unbegründet“ voraus, dass dies so in den nationalen Rechtsvorschriften vorgesehen ist.
30Das Asylgesetz bietet (derzeit) aber keine Rechtsgrundlage zur Ablehnung eines Antrages auf Gewährung subsidiären Schutzes als „offensichtlich unbegründet“.
31Dies gilt zunächst für die hier in Betracht zu ziehende Vorschrift des § 29a AsylG, auf die das Bundesamt die angefochtene Tenorierung stützt. Denn die Vorschrift bietet (derzeit) nur eine Ermächtigungsgrundlage, die begehrte Anerkennung als Asylberechtigter und die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft die Grundlage zur Ablehnung als „offensichtlich unbegründet“ abzulehnen.
32Nach § 29a Abs. 1 AsylG ist der Asylantrag eines Ausländers aus einem Staat im Sinne des Artikels 16a Abs. 3 Grundgesetz (sicherer Herkunftsstaat) als offensichtlich unbegründet abzulehnen, es sei denn, die von dem Ausländer angegebenen Tatsachen oder Beweismittel begründen die Annahme, dass ihm abweichend von der allgemeinen Lage im Herkunftsland politische Verfolgung droht. Dem steht die Verwendung des Begriffs „Asylantrag“ und dessen Definition in § 13 Abs. 1 AsylG nicht entgegen. Danach werden alle Streitgegenstände des AsylG
33außer der dem Bundesamt nach § 24 Abs. 1 AsylG zugewiesenen Entscheidung der ausländerrechtlichen Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 AufenthG
34umfasst. Hieraus kann jedoch nicht geschlossen werden, die Vorschrift des § 29a Abs.1 AsylG erstrecke damit auch die qualifizierte Ablehnung als offensichtlich unbegründet auf den im Asylantrag enthaltenen Antrag auf Zuerkennung subsidiären Schutzes.
35In diesem Sinne Zeitler, HTK-AuslR § 13 AsylG, Anm 1.
36Ein solches Verständnis, das der Änderung des § 13 Abs. 1 und 2 AsylG
37durch das Gesetz zur Umsetzung der Richtlinie vom 28. August 2013, BGBl. I 3474
38durchaus zu Grunde gelegen haben mag,
39vgl. Begründung des Gesetzentwurfs der Bundesregierung zu Nummer 14 (§ 13) a) in BT Drs. 17/13063 S. 20,
40würde bei der derzeit unvollständigen Umsetzung der Verfahrensrichtlinie dazu führen, dass ein alle Streitgegenstände des AsylG umfassender Asylantrag – also auch der Antrag auf subsidiären Schutz nach § 4 AsylG - nach § 29a Abs. 1 AsylG als offensichtlich unbegründet abgelehnt werden könnte,obwohl die Voraussetzungen für subsidiären Schutz vorliegen. Denn nach dem Wortlaut der Vorschrift kann der aus einem sicheren Herkunftsstaat stammende Ausländer diese Entscheidung nur abwenden, wenn die von ihm angegebenen Tatsachen oder Beweismittel die Annahme begründen, dass ihm abweichend von der allgemeinen Lage im Herkunftsland politische Verfolgung drohe. Dieses widersinnige Ergebnis lässt sich derzeit nur vermeiden, wenn der Begriff des „Asylantrags“ im Sinne des § 29a AsylG entgegen des Wortlauts des § 13 Abs. 1, 2 AsylG teleologisch auf die Streitgegenstände „Asyl“ und „Flüchtlingseigenschaft“ reduziert wird.
41Auch die verfassungsunmittelbare Vermutung nach Art. 16a Abs. 3 Satz 1 GG
42- und dessen Ausformung in § 29a Abs. 1 AsylG –
43der Verfolgungsfreiheit von Personen, die aus sicheren Herkunftsstaaten im Sinne des Gesetzes stammen, bezieht sich nämlich allein auf die Freiheit vor politischer Verfolgung
44Hailbronner, Ausländerrecht, zu § 29a AsylG, Rz. 21 und 25; Funke-Kaiser in GK-AsylVfG, zu § 29a Rz. 81ff; BeckOK Heusch AsylVfG § 29a Rn. 33-36;
45und damit auf die Streitgegenstände der Asylanerkennung nach Art. 16a Abs. 1 GG und derZuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nach § 3 AsylG/§ 60 Abs. 1 AufenthG.
46So ausdrücklich BeckOK Heusch AsylVfG § 29a Rn. 33f; Funke-Kaiser in GK-AsylVfG, zu § 29a Rz. 81f.
47Denn zum Einen ist in Art. 16a Abs.3 S. 2 Halbsatz 1 GG entsprechend der im zweiten Halbsatz vorgenommenen Präzisierung das Wort „verfolgt“ um das Adverb „politisch“ zu ergänzen.
48BVerfG, Urteil vom 14. Mai 1996 – 2 BvR 1507/93, 2 BvR 1508/93 –, BVerfGE 94, 115-166, - juris Rz. 93.
49Zum Anderen regelt die in Art. 16a Abs. 3 Satz 1 GG genannte Aufzählung der Gefahren „unmenschliche oder erniedrigende Bestrafung oder Behandlung“ nicht die Reichweite der Vermutungswirkung, sondern allein die Voraussetzungen, die erfüllt sein müssen, damit der (einfachrechtliche) Gesetzgeber Staaten zu „sicheren Herkunftsstaaten“ bestimmen darf und geht damit über den Schutzbereich des Art. 16a Abs. 1 GG hinaus. Damit erstreckt sich die Vermutung von Vornherein nicht darauf, dass dem Asylbewerber aus dem sicheren Herkunftsstaat keine unmenschliche oder erniedrigende Bestrafung oder Behandlung droht.
50BVerfG, Urteil vom 14. Mai 1996 – 2 BvR 1507/93, 2 BvR 1508/93 –, BVerfGE 94, 115-166, - juris Leitsatz Nr. 5, Rz. 95.
51Eine Ablehnung des Streitgegenstands „subsidiärer Schutz“ als offensichtlich unbegründet lässt sich demnach auf § 29a AsylG nicht stützen. Vielmehr sind Bundesamt und Verwaltungsgerichte, an die sich die gesetzliche Vermutung richtet, verpflichtet, die Voraussetzungen des subsidiären Schutzes i.S.v. § 4 AsylG sowie Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 AufenthG in jedem Einzelfall zu prüfen.
52So ausdrücklich auch BeckOK Heusch AsylVfG § 29a Rn. 33f und Marx AsylVfG § 29a Rn. 24.
53Dass hiervon auch die Bundesregierung ausgeht, ergibt sich aus dem noch die Umsetzung der Verfahrensrichtlinie beabsichtigenden Entwurf eines „Gesetzes zur Änderung des Asylverfahrensgesetzes, des Asylbewerberleistungsgesetzes und weiterer Gesetze“ vom 14. September 2015 (12:30 Uhr), der letztlich aber nicht in die Gesetzgebungsorgane eingebracht wurde. Darin war vorgesehen, in § 29a Abs. 1 AsylG das Wort „politische“ zu streichen und nach dem Wort „Verfolgung“ die Wörter „oder ein ernsthafter Schaden“ einzufügen. Damit hätte der Gesetzgeber die Vermutungswirkung, die sich aus der Herkunft aus einem sicheren Herkunftsstaat ergibt, auf die Freiheit vor den Gefahren, vor denen der subsidiäre Schutz bewahren soll, ausgedehnt.
54Die angefochtene Tenorierung lässt sich auch nicht auf die Vorschrift § 30 Abs. 1 und 2 AsylG stützen, die das Bundesamt insoweit zu Recht auch nicht heranzieht. Auch im Rahmen dieser Vorschrift könnte aus der Benutzung des in § 13 Abs. 1 und 2 AsylG definierten Begriffs „Asylantrag“ der Schluss gezogen werden, die Norm ermögliche (auch) die Ablehnung des darin enthaltenen Antrags auf subsidiären Schutz als „offensichtlich unbegründet“. Und mit Blick auf die weiteren Voraussetzungen der Norm, dass die „Voraussetzungen für eine Anerkennung als Asylberechtigter und die Voraussetzungen für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft offensichtlich nicht vorliegen“, wäre mithin denkbar, den im Asylantrag enthaltenen Antrag auf subsidiären Schutz als offensichtlich unbegründet abzulehnen, obwohl die Voraussetzungen für den subsidiären Schutz vorliegen. Auch in diesem Zusammenhang ist jedoch aus den vorgenannten Gründen derzeit eine teleologische Reduktion des Begriffs „Asylantrag“ auf die Streitgegenstände „Asylanerkennung“ und „Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft“ geboten.
55Dem § 29a AsylG kann auch nicht im Wege der richtlinienkonformen Auslegung eine Ermächtigungsgrundlage zur Ablehnung eines Antrages auf Zuerkennung subsidiären Schutzes als „offensichtlich unbegründet“ entnommen werden. Der aus Art. 4 Abs. 3 EUV folgende Grundsatz der Unionstreue verpflichtet alle mitgliedstaatlichen Stellen, also auch Gerichte, dazu, diejenige Auslegung des nationalen Rechts zu wählen, die dem Inhalt einer EU-Richtlinie in der ihr vom Europäischen Gerichtshof gegebenen Auslegung entspricht. Allerdings findet die Pflicht zur Verwirklichung des Richtlinienziels im Auslegungswege zugleich ihre Grenzen an dem nach innerstaatlicher Rechtstradition methodisch Erlaubten.
56BVerfG, Nichtannahmebeschluss vom 26. September 2011 – 2 BvR 2216/06, 2 BvR 469/07 –, juris Rz 46f.
57Methodisch ausgeschlossen ist hier eine erweiternde Auslegung des § 29a AsylG schon deswegen, weil der Gesetzgeber die (Neu-)Fassung der Verfahrensrichtlinie mit den über die Vorgängerrichtlinie hinausgehenden Regelungen noch überhaupt nicht umgesetzt hat. Es hieße die Lehre der unmittelbaren Anwendbarkeit (s.u. III.) von nicht oder nicht rechtzeitig umgesetzten Richtlinien umzukehren, wollte man aus der Richtlinie heraus das nationale Recht erweiternd auslegen, um so dem säumigen Gesetzgeber eines Mitgliedstaates Ermächtigungsgrundlagen zu verschaffen. Darüber hinaus stellt die Verfahrensrichtlinie, wie sich schon aus dem Wortlaut des Art. 32 Abs. 2 ergibt, das beschleunigte Asylverfahren unter den ausdrücklichen Vorbehalt des Gesetzgebers des Mitgliedsstaates.
58III. Das den Antragstellern zustehende Bleiberecht bis zur Entscheidung der Klage aus Art. 46 Abs. 5Verfahrensrichtlinie ist im Verhältnis der Antragsteller und der Antragsgegnerin auch unmittelbar anwendbar.
59Zunächst ist die Verfahrensrichtlinie in ihrer aktuellen Fassung gem. Art. 52 Abs. 1 (Übergangsbestimmungen) auf die Asylanträge der Antragsteller anwendbar. Danach sind die Mitgliedstaaten verpflichtet, die Rechts- und Verwaltungsvorschriften nach Artikel 51 Absatz 1
60i.e. die Artikel 1 bis 30, Artikel 31 1, 2 und 6 bis 9, den Artikeln 32 bis 46, den Artikeln 49 und 50 sowie den Anhang I
61auf förmlich gestellte Anträge auf internationalen Schutz
62sowie auf hier nicht weiter einschlägige eingeleitete Verfahren zur Aberkennung des internationalen Schutzes
63nach dem 20. Juli 2015 oder früher anzuwenden.
64Die Antragsteller haben ihre Asylanträge nach Aktenlage am 21. Juli 2015 und damit nach dem vorgenannten Stichtag gestellt.
65Nach Art. 288 S. 4 AEUV
66Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union vom 25. März 1957, UNTS Bd. 298 S. 11;
67ist eine Richtlinie für jeden Mitgliedstaat, an den sie gerichtet wird, hinsichtlich des zu erreichenden Ziels verbindlich, überlässt jedoch den innerstaatlichen Stellen die Wahl der Form und der Mittel. Damit begründen Richtlinien im Ausgangspunkt keine Rechte oder Pflichten einzelner sich im innerstaatlichen Recht gegenüberstehender Rechtsträger, sondern nur Pflichten für die Mitgliedstaaten. Die Mitgliedstaaten haben also die Pflicht, die von der Richtlinie formulierten Ziele in nationales Recht umzusetzen, indem ihre Organe inhaltlich den Vorgaben der Richtlinie entsprechend Regelungen im nationalen Recht erlassen.
68Nach der Rechtsprechung des EuGH
69EuGH, Rs. 148/78 (Ratti), Slg 1979, 1629 Rdn. 18; Rs. 8/81 (Becker), Slg. 1982, 53 Rdn. 24f; Streinz, EUV/EGV, zu Art. 249 EUV Rdn. 101ff; zu Unterlassungspflichten zuletzt: EuGH, Urteil vom 19.2.2009 (Soysal), Rs. C‑228/06 , InfAuslR 2009, 135.
70ist eine unmittelbare Anwendbarkeit europäischer Richtlinien im Verhältnis zwischen den staatlichen Behörden und dem Einzelnen aber dann anzunehmen, wenn die Vorschrift nach Ablauf der Umsetzungsfrist nicht hinreichend in nationales Recht umgesetzt ist, die Bestimmung hinreichend genau die Verpflichtung einer staatlichen Stelle begründet und die Verpflichtung nicht an eine Bedingung geknüpft ist. Durch diese vom EuGH entwickelte „unmittelbare Wirkung“ europäischer Rechtsakte wird gewährleistet, dass die Mitgliedstaaten die effektive Geltung der in Richtlinien enthaltenen Vorgaben nicht durch bloße Untätigkeit über die Umsetzungsfrist hinaus oder durch unzureichende Umsetzung verzögern oder vermeiden können. Daraus folgt aber zugleich, dass die unmittelbare Anwendbarkeit nur gegenüber den staatlichen Stellen gegeben sein kann, denn die Richtlinien richten sich von vornherein nur an die Mitgliedstaaten. Das heißt, der Mitgliedstaat und seine Organe und Behörden können sich nicht gegenüber einer Privatperson zu deren Lasten auf Regelungen der Richtlinie stützen. Dies widerspräche auch dem Sanktionscharakter der unmittelbaren Anwendbarkeit.
71Die Voraussetzungen für die unmittelbare Anwendbarkeit des Art. 46 Abs. 5 Verfahrensrichtlinie liegen hier vor.
72Dies sieht auch die Antragsgegnerin so: BAMF Referat 410 „Leitfaden zur unmittelbaren innerstaatlichen Anwendung der Richtlinie 2013/32/EU des Rates vom 26.6.2013 (Verfahrensrichtlinie)“, in InfAuslR 2015, 398.
73Die Verfahrensrichtlinie vom 26. Juni 2013 war nach Art. 51 Abs. 1 der Richtlinie hinsichtlich der hier einschlägigen Vorschriften bis spätestens zum 20. Juli 2015 umzusetzen. Die Umsetzungspflicht ist – bezogen auf die Vorschriften über das Recht auf einen wirksamen Rechtsbehelf - auch nicht durch Nr. 61 der Erwägungsgründe eingeschränkt, weil diese Vorschriften im Vergleich zu der Richtlinie 2005/85/EG
74vom 1. Dezember 2005 über Mindestnormen für Verfahren in den Mitgliedstaaten zur Zuerkennung und Aberkennung der Flüchtlingseigenschaft, Abl L 326/13,
75inhaltlich geändert wurden. Dies ergibt sich schon daraus, dass Art. 39 Abs. 3 Richtlinie 2005/85/EG es noch den Mitgliedstaaten überließ, ein verfahrensabhängiges Bleiberecht bis zur Entscheidung über den Rechtsbehelf zu gewährleisten, während Art. 46 Abs. 5 Verfahrensrichtlinie dies nun für den Regelfall vorschreibt.
76Die Bundesrepublik Deutschland hat bis zum 20. Juli 2015 (und bis heute) keine Rechtsvorschriften erlassen, die im Einklang mit den Vorschriften der Verfahrensrichtlinie das dort in Art. 46 Abs. 5 verbriefte Recht auf Verbleib im Hoheitsgebiet bis zum Ablauf der Frist für die Ausübung des Rechts auf einen wirksamen Rechtsbehelf und, wenn ein solches Recht fristgemäß ausgeübt wurde, bis zur Entscheidung über den Rechtsbehelf beenden (s.o. I.). Die nach Art. 46 Abs. 6 lit. a) und Art. 32 Abs. 2 Verfahrensrichtlinie erforderliche (nationale) Ermächtigungsgrundlage zur Ablehnung eines Antrages auf subsidiären Schutz als „offensichtlich unbegründet“ gibt es nicht.
77Der Bundesgesetzgeber hat weder das Asylverfahrensbeschleunigungsgesetz vom 20. Oktober 2015 (BGBl. I S. 1722) noch das vorletzte Änderungsgesetz zum Asylverfahrensgesetz (Artikel 2 des Gesetzes vom 23. Dezember 2014, BGBl I S. 2439) noch das Gesetz zur Neubestimmung des Bleiberechts und der Aufenthaltsbeendigung vom 27. Juli 2015, BGBl I S. 1386, für entsprechende Änderungen genutzt.
78Die Verfahrensrichtlinie selbst kann nach der oben dargestellten Rechtsprechung des EuGH aus systematischen Gründen nicht als Ermächtigungsgrundlage für Entscheidungen des Bundesamtes herangezogen werden, denn nicht die Mitgliedstaaten und ihre Organe und Behörden – hier das Bundesamt – können sich gegenüber den Betroffenen nach der oben dargestellten Systematik auf die unmittelbare Anwendbarkeit der Richtlinie berufen, sondern nur die betroffenen selbst. Auch inhaltlich kann die Antragsgegnerin sich nicht auf die unmittelbare Anwendbarkeit berufen, da Art. 32 Abs. 2 Verfahrensrichtlinie - wie bereits ausgeführt – voraussetzt, dass die nationalen Rechtsvorschriften die Ablehnung eines Antrages - auch soweit er auf die Gewährung subsidiären Schutzes gerichtet ist – als „offensichtlich unbegründet“ vorsehen. Dieser Vorbehalt entsprechender nationalrechtlicher Vorschriften kann nicht durch den Rückgriff auf die Richtlinie umgangen werden.
79Die Bestimmung des Art. 46 Abs. 5 Verfahrensrichtlinie, auf die sich die Antragsteller mit dem vorliegenden Antrag berufen, ist in ihrer Verpflichtung der staatlichen Stellen hinreichend genau und nicht an eine Bedingung geknüpft. Ihr lässt sich ohne weitere Voraussetzungen entnehmen, dass die Mitgliedstaaten den Antragstellern den Verbleib im Hoheitsgebiet gestatten, bis die Klagefrist abgelaufen oder im Fall der Klageerhebung über die Klage entschieden ist.
80Nationalrechtlich lässt sich damit die unmittelbare Anwendbarkeit der Verfahrensrichtlinie im Hinblick auf Art. 46 Abs. 5 durch die tenorierte Feststellung der aufschiebenden Wirkung der Klage verwirklichen.
81Das Gericht weist daraufhin, dass mit der tenorierten Feststellung dem Antrag der Antragsteller gem. § 37 Abs. 2 AsylG entsprochen wurde und die im angefochtenen Bescheid gesetzteAusreisefrist von Gesetzes wegen nunmehr 30 Tage nach dem unanfechtbaren Abschluss des Verfahrens endet.
82Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 1 VwGO, 83b AsylG.
83Dieser Beschluss ist unanfechtbar.
(1) In Streitigkeiten nach diesem Gesetz stellt das Gericht auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung ab; ergeht die Entscheidung ohne mündliche Verhandlung, ist der Zeitpunkt maßgebend, in dem die Entscheidung gefällt wird. § 74 Absatz 2 Satz 2 bleibt unberührt.
(2) Das Gericht kann außer in den Fällen des § 38 Absatz 1 und des § 73b Absatz 7 bei Klagen gegen Entscheidungen nach diesem Gesetz im schriftlichen Verfahren durch Urteil entscheiden, wenn der Ausländer anwaltlich vertreten ist. Auf Antrag eines Beteiligten muss mündlich verhandelt werden. Hierauf sind die Beteiligten von dem Gericht hinzuweisen.
(3) Das Gericht sieht von einer weiteren Darstellung des Tatbestandes und der Entscheidungsgründe ab, soweit es den Feststellungen und der Begründung des angefochtenen Verwaltungsaktes folgt und dies in seiner Entscheidung feststellt oder soweit die Beteiligten übereinstimmend darauf verzichten.
(4) Wird während des Verfahrens der streitgegenständliche Verwaltungsakt, mit dem ein Asylantrag als unzulässig abgelehnt wurde, durch eine Ablehnung als unbegründet oder offensichtlich unbegründet ersetzt, so wird der neue Verwaltungsakt Gegenstand des Verfahrens. Das Bundesamt übersendet dem Gericht, bei dem das Verfahren anhängig ist, eine Abschrift des neuen Verwaltungsakts. Nimmt der Kläger die Klage daraufhin unverzüglich zurück, trägt das Bundesamt die Kosten des Verfahrens. Unterliegt der Kläger ganz oder teilweise, entscheidet das Gericht nach billigem Ermessen.
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) werden in Streitigkeiten nach diesem Gesetz nicht erhoben.
Entscheidungen in Rechtsstreitigkeiten nach diesem Gesetz können vorbehaltlich des § 133 Abs. 1 der Verwaltungsgerichtsordnung nicht mit der Beschwerde angefochten werden.