Verwaltungsgericht München Beschluss, 11. Apr. 2014 - 16 S 14.50043
Gericht
Tenor
I.
Der Antrag wird abgelehnt.
II.
Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
Gründe
I.
Der Antragsteller ist nach eigenen Angaben pakistanischer Staatsangehöriger. Er reiste am 11. Mai 2013 in das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland ein und beantragte am 28. Mai 2013 Asyl.
Im Rahmen einer Eurodac-Anfrage wurde ein Treffer für U. der Kategorie 1 erzielt. Nach der Eurodac-Datei hat der Antragsteller am 8. Mai 2013 einen Asylantrag in U. gestellt.
Auf das Übernahmeersuchen des Bundesamtes vom 20. Dezember 2013 erklärten die ungarischen Behörden mit Schreiben vom 2. Januar 2014 ihre Zuständigkeit für die Bearbeitung des Asylantrages des Antragstellers gemäß Art. 16 Abs. 1 Buchst. e Dublin II-Verordnung.
In der Befragung vor dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (im Folgenden Bundesamt) am 26. Februar 2014 gab der Antragsteller an, dass er nicht verheiratet sei und keine Kinder habe. Er habe am 28. September 2011 sein Heimatland verlassen. Er sei von Pakistan mit dem Bus und zu Fuß in den Iran gereist. Er habe sich seit dem Verlassen seines Heimatlandes im ..., in der T., in G., M., S. und U. aufgehalten. Durch den Iran und die T. sei er durchgereist. In G. sei er eineinhalb Jahre bis Mai 2013 geblieben. Durch Mazedonien und Serbien sei er lediglich durchgereist und in U. habe er sechs bis sieben Tage verbracht. Er habe seitdem das Gebiet der Dublin-Mitgliedstaaten nicht verlassen. Er habe in U. keinen Asylantrag gestellt. Er habe dort Papiere unterschreiben müssen, deren Inhalt er nicht gekannt habe. Ihm seien am 4. Mai 2013 in U. Finderabdrücke abgenommen worden. Er wolle nicht in Staaten überstellt werden, durch die er nur durchgereist sei. Er wolle nicht mehr nach G. und U., da in G. die Verhältnisse wie in Pakistan seien und es in der Unterkunft in U. ständig Streitigkeiten zwischen Pakistani und Paschtunen gegeben habe.
Mit Bescheid vom ... März 2014, dem Antragsteller zugestellt am 15. März 2014, erklärte das Bundesamt den Asylantrag für unzulässig. Die Abschiebung nach U. wurde angeordnet. Zur Begründung wurde im Wesentlichen angeführt, dass der Asylantrag nach § 27 a AsylVfG unzulässig sei, da U. aufgrund des dort bereits gestellten Asylantrags gemäß Art. 16 Abs. 1 Buchst. e Dublin II-Verordnung für die Behandlung des Asylantrags zuständig sei. Nach einem Abgleich der Fingerabdrücke lägen Anhaltspunkte für die Zuständigkeit eines anderen Mitgliedsstaates vor. Außergewöhnliche humanitäre Gründe, die die Bundesrepublik Deutschland veranlassen könnten, ihr Selbsteintrittsrecht gemäß Art. 3 Abs. 2 Dublin II-Verordnung auszuüben, seien nicht ersichtlich. Das Bundesamt gehe davon aus, dass in U. keine systemischen Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen im Sinne der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs vorlägen. Diese Beurteilung werde von verschiedenen Verwaltungs- und Oberverwaltungsgerichten geteilt. Die zurzeit vorliegenden Berichte verschiedener Nichtregierungsorganisationen zum Asylverfahren und zu den Aufnahmebedingungen in U. würden zu keiner anderen Einschätzung führen. Weder das UNHCR noch das H. H. Commitee bzw. der European Refugee Council hätten auch unter Berücksichtigung der Gesetzesänderung des ungarischen Asylgesetzes zum 1. Juli 2013 eine generelle Empfehlung ausgesprochen, Asylbewerber im Rahmen des Dublin-Verfahrens nicht nach U. zu überstellen.
Mit bei Gericht am 20. März 2014 eingegangenem Schreiben vom selben Tag erhob der Bevollmächtigte des Antragstellers Klage (M 16 K 14.50042) und beantragte zeitgleich,
die aufschiebende Wirkung der Klage gegen die Abschiebungsanordnung im Bescheid der Antragsgegnerin vom ... März 2014 anzuordnen,
und der Antragsgegnerin aufzugeben, der Ausländerbehörde mitzuteilen, dass eine Abschiebung des Antragstellers vorläufig nicht durchgeführt werden darf.
Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass der Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO zulässig sei, da im Hauptsachverfahren die isolierte Aufhebung des streitgegenständlichen Bescheides begehrt werde. Auch stehe § 34 a Abs. 2 AsylVfG, der seinem Wortlaut nach vorläufigen Rechtsschutz gegen Abschiebungen nach § 34 a Abs. 1 AsylVfG ausschließe, nicht entgegen. Es sei nach den gegenwärtig vorliegenden Erkenntnismitteln mit einiger Wahrscheinlichkeit zu erwarten, dass Asylbewerber bei einer Rückkehr nach U. aufgrund der dortigen wirtschaftlichen und sozialen Verhältnisse nicht menschenwürdig existieren könnten, zumal der Winter bevorstehe. Es sei nicht ersichtlich, dass U. seinen Verpflichtungen gemäß Art. 20 ff. der Qualifikationsrichtlinie nachkomme. Flüchtlinge würden in U. systematisch inhaftiert werden. Nach dem gemeinsamen Bericht von Pro Asyl und bordermonitoring.eu vom März 2012 verletze die Asylpraxis in U. die Flüchtlings- und Menschenrechte. Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs dürften im Rahmen der Dublin II-Verordnung keine blinden Abschiebungen in Mitgliedstaaten erfolgen, in denen systemische Mängel vorlägen. Jedenfalls nach der im Eilverfahren gebotenen summarischen Prüfung sei zweifelhaft, ob die Asylgewährung in U. hinreichend geprüft werde. Bei einer Überstellung nach U. bestünde im Hinblick auf die eingereichte Klage aufgrund der der dort drohenden Obdachlosigkeit die konkrete Gefahr, dass der Antragsteller behördlich und gerichtlich unerreichbar sei mit der Folge, dass selbst im Falle des Obsiegens in der Hauptsache die Folgen nicht mehr rückgängig gemacht werden könnten. Unerklärlich sei zudem, weshalb die Antragsgegnerin vorliegend eine Abschiebung nach U. anordne, obwohl der Antragsteller selbst angegeben habe, zuerst in G. eingereist zu sein. Eine Anfrage an G. sei nicht erfolgt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakte im vorliegenden Verfahren und im Verfahren M 16 K 14.50042 sowie auf die vorgelegte Behördenakte Bezug genommen.
II.
Der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der mit Schriftsatz vom 20. März 2014 erhobenen Klage (§ 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO) ist zulässig.
Zum maßgeblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung (vgl. § 77 Abs. 1 AsylVfG) als auch schon zum Zeitpunkt der Antragstellung durch den Bevollmächtigten des Antragstellers ist der seit 6. September 2013 in Kraft getretene § 34 a Abs. 2 AsylVfG (BGBl. I 2013 S. 3474; Art. 7 Satz 2 des Gesetzes zur Umsetzung der Richtlinie 2011/95/EU vom 28.8.2013) anzuwenden. Danach sind Anträge nach § 80 Abs. 5 VwGO gegen die angeordnete Abschiebung in einen sicheren Drittstaat (§ 26 a AsylVfG) oder in einen für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat (§ 27 a AsylVfG) innerhalb einer Woche nach Bekanntgabe zu stellen. Vorliegend ist diese Frist gewahrt. Der nach alter Rechtslage vorgesehene Ausschluss des Eilrechtsschutzes gegen eine Abschiebungsanordnung ist nunmehr entfallen.
Der Antrag hat aber in der Sache keinen Erfolg, da nach der im Eilverfahren nur möglichen und gebotenen summarischen Prüfung keine Bedenken gegen die Zuständigkeit U. für die Durchführung des Asylverfahrens und die Rechtmäßigkeit der Abschiebungsandrohung nach U. bestehen.
Nach § 27 a AsylVfG ist ein Asylantrag in der Bundesrepublik unzulässig, wenn ein anderer Staat aufgrund von Rechtsvorschriften der Europäischen Gemeinschaft oder eines völkerrechtlichen Vertrages für die Durchführung des Asylantrags zuständig ist. Gem. § 34 a Abs. 1 Satz 1 AsylVfG kann das Bundesamt in einem solchen Fall die Abschiebung in den für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat anordnen, sobald feststeht, dass sie durchgeführt werden kann.
Es kann dahinstehen, ob U. nach den in Kapital III der Verordnung (EG) Nr. 343/2003 des Rates vom 18.2.2003 -Dublin II-VO-, die vorliegend nach Art. 49 Abs. 2 Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26.6.2013 -Dublin III-VO- Anwendung findet, da Asylantrag und Übernahmeersuchen vor dem 1. Januar 2014 gestellt wurden, festgelegten Kriterien für die Prüfung des Asylantrags zuständig ist (vgl. Art. 3 Abs. 1 Satz 2 Dublin II-VO), weil die ungarischen Behörden mit Schreiben vom 2. Januar 2014 aufgrund des nachgewiesenen Eurodac-Treffers hinsichtlich U. die Übernahme des Antragstellers nach Art. 16 Abs. 1 Buchst. e Dublin II-VO erklärt haben und damit jedenfalls konkludent ihr Selbsteintrittsrecht ausgeübt haben (vgl. Art. 3 Abs. 2 Dublin II-VO). Daher greift der Einwand des Bevollmächtigten des Antragstellers, der Antragsteller sei erst nach G. eingereist und die Antragsgegnerin hätte dort anfragen müssen, nicht durch.
Im Übrigen stellt die Dublin II-Verordnung eine zwischenstaatliche Regelung dar, die grundsätzlich nicht darauf gerichtet ist, Rechte des Einzelnen, etwa einen Anspruch auf Ausübung des Selbsteintrittsrechts, zu begründen, sondern Beziehungen zwischen Mitgliedstaaten zu regeln (vgl. EuGH, U. v. 10.12.2013 - C-394/12 - juris Rn. 49 ff.; U. v. 14.11.2013 - C-4/11
Die Bundesrepublik Deutschland ist nicht, etwa nach Art. 3 Abs. 2 Dublin II-VO, gehalten, trotz der Zuständigkeit U.s den Asylantrag des Antragstellers selbst inhaltlich zu prüfen.
U. gilt kraft Gesetzes als sicherer Drittstaat im Sinn des Art. 16a Abs. 2 Satz 1 GG, § 26 a AsylVfG.
Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (U. v. 14.5.1996 - 2 BvR 1938/93 u. a. - juris) kann eine Ausnahme von der Abschiebung in den für das Asylverfahren zuständigen Staat ausnahmsweise dann in Betracht kommen, wenn in dem Staat bestimmte konkrete Gefahrenlagen bestehen (BVerfG a. a. O. Rn. 189). An die Darlegung eines solchen ausnahmsweise anzunehmenden Hinderungsgrundes sind strenge Anforderungen zu stellen (BVerfG a. a. O. Rn. 190). Eine Prüfung, ob der Abschiebung in den für das Asylverfahren zuständigen anderen Staat der Europäischen Union ausnahmsweise Hinderungsgründe entgegenstehen, kann nur dann erreicht werden, wenn sich aufgrund bestimmter Tatsachen aufdrängt, dass der betreffende Ausländer von einem der im normativen Vergewisserungskonzept nicht aufgefangenen Sonderfälle betroffen ist (BVerfG a. a. O. Rn. 190).
Der Unionsgesetzgeber hat die Dublin II-VO gerade aufgrund des Prinzips des gegenseitigen Vertrauens, dass alle daran beteiligten Staaten die Grundrechte sowie die Rechte beachten, die Grundlage in der Genfer Flüchtlingskonvention und der Europäischen Menschenrechtskonvention finden, erlassen. Aufgrund dessen wird vermutet, dass die Behandlung der Asylbewerber in jedem Mitgliedstaat in Einklang mit diesen Erfordernissen steht. Eine Widerlegung der Vermutung wird wegen der gewichtigen Zwecke des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems an hohe Hürden geknüpft: Nicht aus jeder Verletzung eines Grundrechts durch den zuständigen Mitgliedstaat kann geschlossen werden, dass die Verpflichtungen der übrigen Mitgliedstaaten zur Beachtung der Regelungen der Dublin II-VO berührt würden (vgl. EuGH, U. v. 21.12.2011 - C-411/10 u. a., NVwZ 2012, 417 ff.). Die Widerlegung der Vermutung aufgrund systemischer Mängel setzt deshalb voraus, dass das Asylverfahren oder die Aufnahmebedingungen im zuständigen Mitgliedstaat aufgrund größerer Funktionsstörungen regelhaft so defizitär sind, dass anzunehmen ist, dass dort auch dem Asylbewerber im konkret zu entscheidenden Einzelfall mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung droht (BVerwG, B. v. 19.3.2014 - 10 B 6.14).
Ein derartiger Ausnahmefall vom Verbot der Aussetzung der Abschiebung ist vorliegend nicht gegeben. In Bezug auf U. ist nach aktuellem Kenntnisstand nicht davon auszugehen, dass der Antragsteller im Falle seiner Rücküberstellung nach U. eine menschenunwürdige Behandlung im eben beschriebenen Sinn droht. Es ist nicht überwiegend wahrscheinlich, dass ihm als Dublin-Rückkehrer eine Existenzgefahr im Sinne einer Verelendung droht und damit die Vermutung widerlegt ist. Denn nach der im Eilrechtsschutzverfahren allein möglichen summarischen Prüfung ist derzeit nicht davon auszugehen, dass die Mindeststandards bei der Behandlung von Asylbewerbern in U. schon im Allgemeinen nicht eingehalten werden. Womöglich vorkommende Fehlleistungen im Einzelfall stellen das Konzept der normativen Vergewisserung nicht in Frage, zumal sich nach der benannten obergerichtlichen Rechtsprechung ein solcher Ausnahmefall in der Gesamtschau aller Umstände aufdrängen muss.
Die Kritik in den auch vom Bevollmächtigten des Antragstellers angeführten Berichten über die Situation in U. im Jahr 2012 ist so nicht mehr aktuell zutreffend. Das Auswärtige Amt hat sich 2013 in zwei umfangreichen Stellungnahmen zur ungarischen Asylgesetzgebung und -praxis geäußert (an das VG Augsburg am 23.5.2013 und an den BayVGH am 9.7.2013). Danach hat sich die Situation in U. erheblich verbessert; jedenfalls ergeben sich keine Anhaltspunkte für eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung von Asylbewerbern durch systemische Mängel des Asylverfahrens.
Dieses Ergebnis deckt sich auch mit der Einschätzung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte. Dieser hat in seinem Urteil vom 6. Juni 2013 (Az. 2238/12; Mohammed gegen Österreich, zitiert nach der inoffiziellen Übersetzung des Informationsverbunds Asyl und Migration) festgestellt, dass der Beschwerdeführer bei einer Überstellung nach U. im Rahmen der Dublin-Regelungen nicht mehr einer tatsächlichen und persönlichen Gefahr unterliegen würde, einer den Art. 3 EMRK verletzenden unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung ausgesetzt zu sein. Der Gerichtshof hat hierzu umfangreich Stellungnahmen von UNHCR und anderer Stellen ausgewertet.
Schließlich hat der Europäische Gerichtshof in seinem Urteil vom 10. Dezember 2013 (Az. C-394/12
Gleiches gilt für den Bericht zweier Berichterstatter einer Arbeitsgruppe des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Menschenrechte (UNHCHR), „Working Group on Arbitrary Detention, Statement upon the Conclusion of its Visit to Hungary, 23 September - 2 October 2013“. Diese Arbeitsgruppe beschäftigt sich aufgrund ihres Mandats nicht mit dem Asylverfahren speziell, sondern allgemein mit „willkürlicher Haft“ („arbitrary detention“); der Bericht kritisiert demzufolge in erster Linie den exzessiven Gebrauch und Mängel bei der Zugänglichkeit von Rechtsbeiständen bei der Untersuchungshaft in U. In Bezug auf die Inhaftierung von Asylbewerbern würdigt der Bericht ausdrücklich die Verbesserungen durch im Juli 2013 in Kraft getretene Gesetzesänderungen, auch wenn diese in der Praxis noch nicht ausreichend umgesetzt würden. Der Bericht kritisiert vor allem Mängel in Bezug auf die Information der Inhaftierten über ihre Rechtsbehelfsmöglichkeiten, sowie in Bezug auf die Verfügbarkeit von Dolmetschern und den Zugang zu Rechtsbeiständen. Außerdem handelt es sich bei diesem Bericht lediglich um vorläufige Ergebnisse. Aus diesem Bericht ergeben sich jedoch keine ausreichenden Belege für eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung von Asylbewerbern durch systemische Mängel des Asylverfahrens.
Die Änderung der ungarischen Gesetzgebung, wonach seit 1. Juli 2013 in U. in bestimmten Fällen wieder die Haft für Asylantragsteller eingeführt worden ist, ist nicht geeignet, die vorstehenden Ausführungen in Frage zu stellen. In Anlehnung an die Richtlinie 2013/33/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 (ABl. Nr. L 180 S. 96) wurden in U. zum 1. Juli 2013 neue Regelungen für die Inhaftierung von Asylsuchenden eingeführt. Nach den neuen Regelungen können Asylantragsteller in U. u. a. inhaftiert werden (vgl. § 31/A Abs. 1a-f für die Inhaftierungsgründe), um ihre Identität bzw. Staatsangehörigkeit festzustellen (§ 31/A Abs. 1a), wenn sie sich den Behörden entziehen oder die Durchführung des Asylverfahrens auf andere Art und Weise behindern (§ 31/A Abs. 1b) oder eine begründete Annahme besteht, dass sie die Durchführung des Asylverfahrens verzögern oder vereiteln bzw. Fluchtgefahr besteht, zwecks Feststellung der erforderlichen Daten zur Durchführung des Asylverfahrens (§ 31/A Abs. 1c). Darüber hinaus kann die Haft aus Gründen der nationalen bzw. öffentlichen Sicherheit (§ 31/A Abs. 1d), bei der Einreichung des Asylantrags im Rahmen eines Flughafenverfahrens (§ 31/A Abs. 1e) und bei Verstößen gegen die vorgeschriebene Erscheinungspflicht nach Aufforderung angeordnet werden (§ 31/A Abs. 1f). Gemäß § 31/B Abs. 1 des Asylhaftgesetzes darf die Asylhaft nicht ausschließlich aus dem Grund erfolgen, dass der Antragsteller einen Anerkennungsantrag eingereicht hat. Darüber hinaus wird Asylhaft nach Ermessen und vorheriger Abwägung ausschließlich dann angeordnet, wenn deren Zweck durch die Anwendung der zur Verfügung stehenden Maßnahmen der Sicherung nicht gewährleistet ist (§ 31/A Abs. 2 und 3).
Zwar trifft zu, dass im Hinblick auf die für eine Inhaftierung von bis zu 6 Monaten geltenden Haftgründe der Feststellung der Identität oder Nationalität sowie des weit gefassten Haftgrundes des Bestehens ernstlicher Gründe für die Annahme, der Asylsuchende werde das Asylverfahren verzögern oder vereiteln, Befürchtungen geäußert wurden, es könne zu einer massenhaften Inhaftierung kommen (s. etwa Brief information note on the main asylum-related legal changes in Hungary as of 1 July 2013 des Hungarian Helsinki Committees, S. 2). Das Gericht geht jedoch davon aus, dass diese Kritik vor allem auf Erfahrungen aus der Vergangenheit beruht (ebenso VG Potsdam
Eine andere Einschätzung ergibt sich schließlich auch nicht aus dem Update von Pro Asyl von Oktober 2013 zum Bericht von März 2012 („U.: Flüchtlinge zwischen Haft und Obdachlosigkeit“). Soweit dort Missstände und Notstände aufgrund der stark gestiegenen Asylbewerberzahl festgestellt werden, sind sie dieser geschuldet und stellen als solche ebenfalls noch keine systemischen Mängel dar. Im Übrigen wird dort auch noch keine endgültige Bewertung zu den Gesetzesänderungen abgegeben. Vielmehr basieren die dortigen Überlegungen, etwa soweit hier argumentiert wird, dass davon auszugehen sei, dass die angenommenen systemischen Mängel in U. deshalb noch weiter zunehmen würden, weil die vorhandenen Aufnahmeeinrichtungen für Asylsuchende keinesfalls in der Lage wären, eine menschenwürdige Unterbringung für den Fall zu gewährleisten, dass ein Großteil der Asylantragsteller, die sich derzeit in anderen EU-Staaten aufhalten, zurück nach U. überstellt würde, auf Vermutungen und sind keine Darstellung der gegenwärtigen Situation.
Gleiches gilt für den aktuellen Bericht des Hungarian Helsinki Committee vom 8. Oktober 2013 („Briefing paper of the Hungarian Helsinki Committee for the Arbitrary Detention UN Commission of Human Rights“; abrufbar unter: http://...hu/...pdf). Auch darin werden Mängel im ungarischen Asylverfahren, insbesondere, dass im ungarischen Asylgesetz kein umfassender Haftausschluss für besonders schutzbedürftige Personengruppen aufgenommen wurde, dargelegt. Jedoch wurde positiv erwähnt, dass die Einführung des Haftausschluss für unbegleitete Minderjährige sogar über die Regelungen der Richtlinie 2013/33/EU hinausgeht. Insgesamt lassen sich jedoch auch hieraus jedenfalls für Personen, die keiner der besonders schutzwürdigen Gruppe angehören (vgl. National Country Report Hungary der Asylum Information Database vom 13.12.2013, S. 44 ff.), keine systemischen Mängel im ungarischen Asylverfahren erkennen, da es sich darin vorwiegend um einzelfallbezogene Ausführungen handelt.
Soweit der Antragsteller in seiner Befragung beim Bundesamt erklärt hat, dass es in der Unterkunft in U. ständig Streitigkeiten zwischen Pakistani und Paschtunen gegeben habe, ist diese Vorbringen nicht geeignet, systemische Mängel des Asylverfahrens in U. zu begründen.
Nach alledem vermag das Gericht keine systemischen Mängel des Asylverfahrens in U. zu erkennen, die eine Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage des Antragstellers rechtfertigen könnten (zu diesem Ergebnis gelangen auch: VGH Baden-Württemberg, B. v. 6.8.2013 - 12 S 675/13 - juris; OVG Magdeburg, B. v. 31.5.2013 - Az. 4 L 169/12 - juris; VG Regensburg, B. v. 14.2.2014 - Rn. 5 S 14.30112 - juris; VG Augsburg, B. v. 5.12.2013 - Au 7 S 13.30454 - juris; VG Ansbach, B. v. 3.12.2013 - AN 11 S 13.31074; B. v. 10.2.2014 - AN 1 S 14.30086; VG Augsburg, B. v. 26.2.2014 - Au 7 S 14.30131 - juris; VG München, B. v. 5.2.2014 - M 21 S 14.30105; a. A. VG München, B. v. 23.12.2013 - M 23 S 13.31303; B. v. 6.12. 2013 - M 22 S 13.31235; jeweils mit der Feststellung, dass die Verhältnisse in U. nicht mit hinreichender Sicherheit zu beurteilen seien).
Nach alldem ist der Antrag mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzulehnen.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 80 AsylVfG).
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(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).
(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur
- 1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten, - 2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten, - 3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen, - 3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen, - 4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.
(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.
(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.
(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn
- 1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder - 2.
eine Vollstreckung droht.
(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.
(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.
(1) Politisch Verfolgte genießen Asylrecht.
(2) Auf Absatz 1 kann sich nicht berufen, wer aus einem Mitgliedstaat der Europäischen Gemeinschaften oder aus einem anderen Drittstaat einreist, in dem die Anwendung des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge und der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten sichergestellt ist. Die Staaten außerhalb der Europäischen Gemeinschaften, auf die die Voraussetzungen des Satzes 1 zutreffen, werden durch Gesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf, bestimmt. In den Fällen des Satzes 1 können aufenthaltsbeendende Maßnahmen unabhängig von einem hiergegen eingelegten Rechtsbehelf vollzogen werden.
(3) Durch Gesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf, können Staaten bestimmt werden, bei denen auf Grund der Rechtslage, der Rechtsanwendung und der allgemeinen politischen Verhältnisse gewährleistet erscheint, daß dort weder politische Verfolgung noch unmenschliche oder erniedrigende Bestrafung oder Behandlung stattfindet. Es wird vermutet, daß ein Ausländer aus einem solchen Staat nicht verfolgt wird, solange er nicht Tatsachen vorträgt, die die Annahme begründen, daß er entgegen dieser Vermutung politisch verfolgt wird.
(4) Die Vollziehung aufenthaltsbeendender Maßnahmen wird in den Fällen des Absatzes 3 und in anderen Fällen, die offensichtlich unbegründet sind oder als offensichtlich unbegründet gelten, durch das Gericht nur ausgesetzt, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Maßnahme bestehen; der Prüfungsumfang kann eingeschränkt werden und verspätetes Vorbringen unberücksichtigt bleiben. Das Nähere ist durch Gesetz zu bestimmen.
(5) Die Absätze 1 bis 4 stehen völkerrechtlichen Verträgen von Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaften untereinander und mit dritten Staaten nicht entgegen, die unter Beachtung der Verpflichtungen aus dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge und der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, deren Anwendung in den Vertragsstaaten sichergestellt sein muß, Zuständigkeitsregelungen für die Prüfung von Asylbegehren einschließlich der gegenseitigen Anerkennung von Asylentscheidungen treffen.
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.