Verwaltungsgericht Minden Urteil, 05. Aug. 2015 - 7 K 122/13
Gericht
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.
Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des Vollstreckungsbetrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
1
Tatbestand:
2Der am 29.05.1994 in Grozny geborene Kläger besitzt die Staatsangehörigkeit der russischen Föderation. Er reiste im Dezember 2000 zusammen mit seiner Mutter und weiteren Geschwistern in das Bundesgebiet ein und beantragte seine Anerkennung als Asylberechtigter.
3Mit Bescheid vom 04.10.2001 lehnte das Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge (nunmehr: Bundesamt für Migration und Flüchtlinge)
4– Bundesamt – das Asylbegehren des Klägers ab. Gleichzeitig stellte es fest, dass die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG hinsichtlich der Russischen Föderation vorliegen.
5Daraufhin erteilte der Beklagte dem Kläger zunächst eine Aufenthaltsbefugnis. Am 10.03.2008 erhielt der Kläger eine Niederlassungserlaubnis. Am selben Tage fragte die Mutter des Klägers beim Beklagten nach, ob es möglich sei, dass sich der Kläger vorübergehend bei seinem Onkel in Schweden aufhalte. Der Kläger habe den Verlust des Vaters nicht verkraftet, er sei ein Problemkind und brauche eine männliche Bezugsperson.
6Im Jahre 2008 wurde ein Ermittlungsverfahren gegen den Kläger wegen eines besonders schweren Falls des Diebstahls sowie ein Ermittlungsverfahren wegen gefährlicher Körperverletzung und Bedrohung vor dem Hintergrund der Strafunmündigkeit des Klägers zur Tatzeit eingestellt.
7Zum 31.12.2008 meldete das Einwohnermeldeamt den Kläger wegen Wegzugs ins Ausland nach Unbekannt ab.
8Nach einer Erklärung der Mutter des Klägers vom 14.04.2010 hatte sich der Kläger nach den Osterferien 2008 in die Obhut seines Onkels begeben und war in die Ukraine gereist.
9Am 10.08.2010 teilte die Botschaft der Bundesrepublik Deutschland in Kiew mit, dass der Kläger dort nicht wegen einer Wiedereinreise ins Bundesgebiet vorgesprochen habe.
10Am 23.08.2010 sprach der Kläger im Beisein seiner Mutter bei der Botschaft in Kiew vor und beantragte einen Reiseausweis für Ausländer.
11Im September 2010 reiste der Kläger im ordnungsgemäßen Visumverfahren erneut in das Bundesgebiet ein. Am 12.10.2010 erteilte der Beklagte ihm eine auf den 13.09.2013 befristete Aufenthaltserlaubnis gemäß § 25 Abs. 2 AufenthG.
12Mit (Berufungs-)Urteil vom 20.10.2011 verurteilte das Landgericht Detmold den Kläger unter Abänderung der erstinstanzlichen Entscheidung des Amtsgerichts Detmold vom 07.07.2011 wegen des erpresserischen Menschenraubes in Tateinheit mit schwerem Raub, versuchter schwerer räuberischer Erpressung, versuchter Nötigung und Bedrohung sowie der vorsätzlichen Körperverletzung in zwei Fällen zu einer Jugendstrafe von 3 Jahren und 3 Monaten. In den Gründen dieser Entscheidung heißt es:
13„Der inzwischen 17 Jahre alte Angeklagte stammt aus Tschetschenien. Hier wuchs er in den ersten Jahren seines Lebens gemeinsam mit einem älteren Bruder und einer jüngeren Schwester bei seinen Eltern in der Hauptstadt Grosny auf. Der Angeklagte war erst sieben Monate alt, als der erste Tschetschenienkrieg ausbrauch. Fortan war das Leben der Familie bestimmt von den chaotischen Kriegsverhältnissen. Auch nach Beendigung der kriegerischen Auseinandersetzungen gestaltete sich das Leben der Familie in der völlig zerstörten, unsicheren Stadt als sehr schwierig. Mit Beginn des zweiten Tschetschenienkrieges 1999 spitzte sich die Situation der Familie zu und wurde zudem erschwert durch die Abwesenheit des Vaters, eines Polizisten, der aktiv auf Seiten des tschetschenischen Widerstandes am Kriegsgeschehen teilnahm. Der Vater des Angeklagten soll im Frühjahr 2000 gefallen sein, was die Mutter den Kindern jedoch zunächst verheimlichte. Weihnachten 2000 floh sie mit dem inzwischen sechsjährigen Angeklagten und seinen Geschwistern vor den Kriegswirren und reiste in die Bundesrepublik Deutschland ein. Die Familie erhielt politisches Asyl und konnte schon recht bald nach ihrem Aufenthalt in verschiedenen Sammelunterkünften eine eigene Wohnung in M. beziehen.
14Nach dem Besuch der Vorschule wurde der Angeklagte im Alter von sieben Jahren in die erste Klasse der Grundschule eingeschult. Da bereits hier die ersten Verhaltensprobleme auftraten und ein erhöhter Förderbedarf festgestellt wurde, wechselte er nach der ersten Klasse auf die Sonderschule für sozial-emotionale Entwicklung – damals S. , heute D. -N. -Schule – in Detmold. Der Angeklagte fühlte sich hier unwohl, weil er die Aufnahme in eine Sonderschule als Makel empfand. Er zeigte auch hier von Anfang an erhebliche Verhaltensauffälligkeiten und legte ein extrem dominantes, Schwächere unterdrückendes Verhalten an den Tag. Er verbrachte viel Zeit an der Playstation oder vor dem Fernseher. Dabei soll er über einen Nachbarn der Familie auch Zugang zu Filmen pornographischen Inhalt gehabt haben. Darüber hinaus konsumierte er sog. „Wrestling Filme“, die zunehmend Einfluss auf sein Verhalten nahmen: Kampfszenen aus diesen Filmen setzte er im Umgang mit seinen Mitschülern in die Realität um. In dieser Zeit war die Mutter kaum in der Lage, den Angeklagten und seine Geschwister zu unterstützen oder auf sie erzieherisch einzuwirken. Sie war vollständig beansprucht mit der Bewältigung ihres Alltags und ihrer Probleme in dem für sie völlig fremden Land. Dennoch verbesserte sich die schulischen Leistungen des Angeklagten in der dritten und vierten Klasse sowie seine Gesamtsituation. Diese zunächst positive Entwicklung war jedoch nur von kurzer Dauer.
15Ein erheblicher Einschnitt in die Entwicklung des Angeklagten war die Nachricht vom Tode seines Vaters. Vier Jahre nach seinem Ableben entschied die Mutter des Angeklagten, dass es an der Zeit sei, auch den Kindern die Wahrheit über den Verbleib des Vaters mitzuteilen. Während seine Geschwister sehr emotional auf die Nachricht reagierten, wirkte der Angeklagte wie versteinert. Er hatte noch immer an die Rückkehr seines Vaters, den er aufgrund der Erzählungen seiner Mutter als Freiheitskämpfer des tschetschenischen Volkes und leuchtendes Vorbild verehrte, geglaubt. Fast gleichzeitig erfuhr der Angeklagte nun auch, dass die Mutter einen neuen Lebenspartner hatte, der zuvor immer nur als Freund der Familie aufgetreten war. Als dieser nun auch versuchte, erzieherisch auf den Angeklagten einzuwirken, begann er den Freund der Mutter zu bekämpfen. Seine Mutter und ihr Lebensgefährte waren in der Frage, wie mit dem Angeklagten umgegangen werden müsse, uneins. Die Mutter hatte es stets unterlassen dem Angeklagten gegenüber entschlossen und konsequent aufzutreten. Stattdessen bagatellisierte, verniedlichte und entschuldigte sie grundsätzlich sein problematisches Verhalten. In dieser Situation verstärkten sich die von dem Angeklagten gezeigten Verhaltensauffälligkeiten. Im April 2005 kam es zu einem Vorfall an der D. -N. -Sonderschule, bei dem der Angeklagte gemeinsam mit zwei weiteren Jungen sexuelle Handlungen an einem gleichaltrigen Mädchen vorgenommen haben soll. Durch dieses Geschehen alarmiert stimmte die Mutter schließlich im Juni 2005 zu, den Angeklagten in einer teilstationären Behandlung in der kinder- und jugendpsychiatrischen Tagesklinik in C. unterzubringen. Nach nur zwei Monaten wurde diese Maßnahme jedoch wieder abgebrochen, weil sich der Angeklagte auch in der Klinikschule massiv auffällig verhielt. Die Klinikschule bescheinigte dem Angeklagten zwar gute schulische Fähigkeiten im kognitiven Bereich. Im Bereich Kooperationsfähigkeit, Motivation, Konzentrationsfähigkeit, Ausdauer und Belastungsfähigkeit wurde er hingegen als deutlich unterentwickelt bezeichnet. Der Angeklagte wurde als leicht ablenkbar und häufig unruhig beschrieben; er zeige wenig Frustrationstoleranz und provoziere oft Lehrer und missliebige, in der Regel schwächere Schüler. Als besorgniserregend wurde wahrgenommen, dass der Angeklagte weder in der Tagesklinik noch in der Klinikschule auch nur ansatzweise tragfähige Beziehungen und Bindungen zu anderen aufbauen konnte. Laut Angaben der Klinik fiel der Angeklagte immer häufiger durch konfliktauslösendes, aggressives, regelüberschreitendes und provozierendes Verhalten auf, während er sich im Gegenzug gegenüber Sanktionen zusehends immun zeigte. Die Mutter soll dem Angeklagten auch weiterhin keinerlei Grenzen gesetzt haben. Nach dem in der Klinik gewonnenen Eindruck konnte sich der Angeklagte wie in einer Art „Krieg“ regel und gesetzlos verhalten. Insgesamt wurde dem Angeklagten eine eher schlechte Prognose gestellt. Man sah das Risiko der Entwicklung einer dissozialen Persönlichkeitsstörung und des Abgleitens in ein kriminelles Milieu bei bereits damals bestehender sehr hoher Gewaltbereitschaft.
16Nach der Grundschulzeit besuchte der Angeklagte auch weiterhin eine Sonderschule für emotional-soziale Entwicklung, namentlich G. -Q. Schule in E. . Hier zeigte er weiterhin sehr massive, auch stark sexualisierte Verhaltensauffälligkeiten. Aufgrund dieses Verhaltens wurde der Angeklagte zeitweise vom Unterricht ausgeschlossen und nur noch für zwei Stunden am Tag beschult. Er setzte weiterhin gezielt schwächere Mitschüler unter Druck, um sie für sich gefügig zu machen. Während der Angeklagte zum einen Angst und Schrecken verbreitete, verschaffte er sich zum anderen auf diese Weise bei einigen Anerkennung und erwarb so eine Art „Anführerposition“. Einsicht in sein Fehlverhalten zeigte er nicht. Schließlich musste der Angeklagte im zweiten Halbjahr des Schuljahres 2005/2006 in der zehnten Klasse der G. -Q. -Schule beschult werden, da er in seiner Klasse nicht mehr tragbar war. Nach einem gescheiterten Versuch, die Mutter zur Einbeziehung der Jugendhilfe zu veranlassen, erfolgte im Mai 2006 auf gemeinsame Initiative der Schule und des Jugendamtes schließlich doch die Betreuung durch eine sozialpädagogische Familienhilfe, mit dem Ziel unterstützende Hilfen einzurichten. Die Mutter war jedoch nach wie vor im Wesentlichen mit ihren eigenen Problemen beschäftigt, so dass der Angeklagte innerfamiliär noch immer wenig Unterstützung erhielt. Die Empfehlung einer psychotherapeutischen Intervention sowohl beim Angeklagten als auch bei der Mutter wurde nicht umgesetzt.
17Die schulische Situation des Angeklagten verschlechterte sich zunehmend. Schließlich erfolgte im Sommer 2007 die Ausschulung des Angeklagten und die Aufnahme im Schulmüden-Projekt „U. “ in C1. -B. . Daneben trat der noch strafunmündige Angeklagte seit Beginn des Jahres 2007 mehrfach durch Taten, v.a. im Gewalt-, aber auch Eigentumsbereich, polizeilich in Erscheinung, was schließlich dazu führte, dass der Angeklagte in das Intensivtäterprogramm der Kriminalpolizei C2. T. aufgenommen wurde. Seinen Freundeskreis rekrutierte der Angeklagte aus einer Gruppe äußerst problematischer und gewaltbereiter Jugendlicher aus dem Raum M. -B1. .
18Im März 2008 ereignete sich dann ein Vorfall, bei dem ein Freund des Angeklagten schwer verletzt wurde. Der seinerzeit 13 Jahre alte Angeklagte und eine befreundete Gruppe von Jugendlichen befuhren abwechselnd ein gestohlenes Mofa. Dabei kam ein Mitglied der Gruppe, K. M1. , zu Fall. Aus dem Tank des verunfallten Mofas lief Benzin aus und tränkte auch die Hose des K. M1. . Auf Zuruf eines Jugendlichen aus der Gruppe steckte der Angeklagte die ausgelaufene Benzinpfütze mit einem Feuerzeug in Brand. Dadurch fingen aber auch die Hose des K. M1. und ein Schuh des Angeklagten Feuer. Während der Angeklagte seinen Schuh sehr schnell löschen konnte, erlitt K. M1. massive, zwischenzeitlich lebensgefährliche Brandverletzungen an den Beinen und Teilen seines Rückens. K. M1. leidet bis heute an den Folgen der erlittenen Brandverletzungen. Im Anschluss an dieses Ereignis beantragte das Jugendamt die Entziehung der elterlichen Sorge. Eine Entscheidung in der Sache erging aber nicht, da der Angeklagte zuvor von seiner Mutter zu einem Onkel in die Ukraine verbracht wurde, folglich nicht mehr in Deutschland lebte. Die Mutter gibt heute an, diesen Entschluss nicht aufgrund des Vorfalls, sondern im Sinne tschetschenischer Tradition, nach der die Männer für die Erziehung der Kinder verantwortlich seien, getroffen zu haben. Nach dem Tod des Vaters sei die Erziehungsrolle dann dem Onkel in der Ukraine zugefallen. Über die Lebensumstände des Angeklagten in der Ukraine ist nur wenig bekannt. Nach eigenen Angaben hat der Angeklagte, der die ukrainische Sprache nicht beherrscht, dort ein sehr zurückgezogenes und isoliertes Leben geführt. Der Besuch einer Regelschule sei aufgrund der sprachlichen Defizite nicht möglich gewesen; vielmehr hätten ihm Verwandte Privatunterricht erteilt.
19Im September 2010 kehrte der Angeklagte zu seiner Familie nach Deutschland zurück. Er besuchte das Berufskolleg in M2. -M3. und nahm dort an einer berufsvorbereitenden Maßnahme teil, bei der er an zwei Tagen die Woche die Schule besuchte, an drei weiteren Tagen ein Praktikum in einem Kfz-Betrieb absolvierte. Er fand sofort nach seiner Rückkehr erneut Anschluss an seinen alten Freundeskreis und verfiel damit auch unmittelbar wieder in die Rolle des „harten Anführers“.
20Im vorliegenden Verfahren wurde der Angeklagte am 04.03.2011 festgenommen. Aufgrund der vom Amtsgericht E. angeordneten Untersuchungshaft befindet sich der Angeklagte bis heute in der Justizvollzugsanstalt I. . Bis zur Durchführung der Hauptverhandlung erster Instanz war sein Vollzugsverhalten auffällig. Am 28.03.2011 fielen der Angeklagte und sein Zellengenosse durch erhebliche Ruhestörungen auf, die schließlich dazu führten, dass die Gemeinschaft aufgelöst werden musste. Am 21.04.2011 erfolgte ein erzieherisches Gespräch, weil der Angeklagte einen Beamten beleidigt hatte, der einen Botengang für den Angeklagten abgelehnt hatte. Desweiteren musste am selben Tag ein Disziplinarverfahren gegen ihn eingeleitet werden, weil sich ein Tätowiergerät in seinem Besitz befand. Am 17.05.2011 folgte ein weiteres Disziplinarverfahren wegen Beleidigung eines Vollzugsbeamten mit entsprechender Strafanzeige. Am 07.06.2011 griff der Angeklagte einen Mitgefangenen tätlich an, was ein weiteres Disziplinarverfahren nebst Strafanzeige nach sich zog. Aufgrund des massiven gewalttätigen Verhaltens wurde der Angeklagte auf die Abteilung für nicht kooperative und gewaltbereite Gefangene verlegt und mit umfangreichen Sicherungsmaßnahmen belegt. Ungeachtet der zuvor beschriebenen Verhaltensauffälligkeiten wird der Angeklagte aber im Einzelkontakt als freundlicher und höflicher Gefangener mit guten Umgangsformen beschrieben.
21Inzwischen wird das Vollzugsverhalten des Angeklagten deutlich positiver beschrieben. So wurde er von der Abteilung für nicht kooperative und gewaltbereite Gefangene auf die normale Abteilung zurückverlegt. Der Angeklagte stört zwar nach wie vor hin und wieder die Anstaltsruhe; massive Verhaltensauffälligkeiten zeigt er aber nicht mehr.
22Seine Familie – die Mutter und die Geschwister – besuchen ihn weiterhin regelmäßig in der Justizvollzugsanstalt. Die Mutter hält es noch immer für eine sachgerechte Lösung, den Angeklagten im Falle einer Entlassung zurück in die Ukraine zu seinem Onkel zu schicken. Der Angeklagte selbst lehnt dies jedoch ab, da er sich dort nie wohl gefühlt hat. Er hat in der Berufungsverhandlung seinen Wunsch bekräftigt, sich in einer therapeutischen Intervention seinen Problemen zu stellen. Im Übrigen hofft er auf die Möglichkeit, seine schulischen Defizite aufzuarbeiten und einen Schulabschluss erwerben zu können, um später dann eine Ausbildung zum Kfz-Mechaniker aufzunehmen.
23Strafrechtlich ist der Angeklagte bislang noch nicht in Erscheinung getreten.“
24Bereits im Rahmen des Ermittlungsverfahrens hatte die Staatsanwaltschaft E. ein jugendpsychiatrisch-forensisches Sachverständigengutachten zur Frage der Verantwortungsreife (§ 3 JGG), der Schuldfähigkeit (§§ 20, 21 StGB), sowie der Erforderlichkeit einer Unterbringung (§ 63 StGB) eingeholt. Der Arzt für Kinder- und Jugendpsychiatrie und –psychotherapie Dr. med. G1. C3. kam in seinem Gutachten vom 03.07.2011 zu dem Ergebnis, dass bei dem Kläger eine „Störung des Sozialverhaltens und der Emotionen (F92.8), V.a. beginnende dissoziale Persönlichkeitsstörung (F60.2)“ vorliegt. Der Kläger sei zum Zeitpunkt der Taten und in Hinblick auf die inkriminierten Taten im Besitz der strafrechtlichen Verantwortungsreife i.S.v. § 3 JGG gewesen. Der Kläger werde zudem bei Begehung der Tat am 03.03.2011 als voll schuldfähig eingeschätzt.
25Im Juli 2012 teilte der Leiter der JVA J. mit, dass der Kläger in den geschlossenen Vollzug habe zurückverlegt werden müssen. Der Kläger schrecke vor Gewalttätigkeiten nicht zurück und bereichere sich am Eigentum seiner Mitbewohner. Die Mitbewohner hätten Angst vor ihm. Beim Kläger sei allerdings eine posttraumatische Belastungsstörung zu diagnostizieren, die wohl aus den Kriegserlebnissen aus seiner Heimat Tschetschenien resultiere. Seit dem 07.03.2012 besuche der Kläger ein Berufsgrundschuljahr.
26Mit Bescheid vom 13.12.2012 wies der Beklagte den Kläger unter Anordnung der sofortigen Vollziehung für die Dauer von 5 Jahren nach Ausreise aus dem Bundesgebiet aus. Von einer Abschiebungsandrohung sah der Beklagte ab.
27Ausweislich des Vollzugs- und Eingliederungsplanes des Leiters der JVA X. -S1. vom 02.01.2013 kam es am 14.11.2012 zu einer körperlichen Auseinandersetzung, bei der der Kläger einen Mitgefangenen geschlagen hatte. Als Disziplinarmaßnahme wurde ein 4-tägiger Arrest verhängt. Unter anderem aufgrund dieses Vorfalles bestünde aktuell keine Eignung für den offenen Vollzug. Des Weiteren sei aufgrund der Verweigerungshaltung des Klägers eine Teilnahme an einer Antigewaltmaßnahme in der JVA nicht weiter indiziert. Eine vorzeitige Entlassung des Klägers könne aufgrund des gezeigten Verhaltens nicht befürwortet werden.
28Unter dem 07.01.2013 beschloss das Amtsgericht X. , dass der Kläger aus dem Jugendstrafvollzug herauszunehmen und in den Normalvollzug für Erwachsene zu überführen sei. Der Kläger sei aufgrund seines Alters und seiner Persönlichkeit für den Jugendstrafvollzug nicht mehr geeignet. Es sei nicht zu erwarten, dass mit den erzieherischen Mitteln des Jugendstrafvollzuges erfolgsversprechend auf den Kläger eingewirkt werden könne.
29Am 14.01.2013 hat der Kläger die vorliegende Klage erhoben. Auf einen vom Kläger am 16.05.2013 gestellten Antrag hat das OVG NRW ihm mit Beschluss vom 24.04.2015 – 18 E 1089/13 – Prozesskostenhilfe bewilligt und seinen Prozessbevollmächtigten beigeordnet.
30Im Februar 2014 bescheinigte der Sozialdienst der JVA T1. dem Kläger, erfolgreich an dem Kurs „Soziales Training“ teilgenommen zu haben. Er habe bereitwillig angelernte Verhaltensmuster auf den Prüfstand setzen lassen und sei in der Lage gewesen, Korrekturen anzunehmen. Bei ihm habe ein äußerst positiv verlaufender Veränderungsprozess im Umgang mit Konflikten und Stresssituationen beobachtet werden können. Er habe es sogar geschafft, das überarbeitete Verhalten in seinem Alltag umzusetzen und dieses dann wiederum in den Gruppensitzungen erneut zu reflektieren. Er habe im Sozialen Training seinen Erfahrungsschatz deutlich erweitern und neue, selbstreflektierte Verhaltensweisen erlernen können.
31Unter dem 18.02.2014 führte der Psychologische Dienst der JVA T1. u.a. aus, dass der Kläger im Rahmen der psychologischen Gespräche an den Hintergründen seiner Straftaten arbeite. Opferempathie und Bedauern über den Schaden, den er an Menschen angerichtet habe, seien vorhanden. Sowohl im Rahmen der psychologischen Einzelgespräche als auch im Rahmen eines Anti-Gewalttrainings habe er sich mit seinem Verhalten auseinandergesetzt bzw. setze er sich weiter auseinander. Sein Amt als Flügelsprecher erfülle er angemessen. Mit dem Kläger sei besprochen, dass trotz der beschriebenen Entwicklung zu Gunsten einer weiteren Bearbeitung der Themen keine vorzeitige Entlassung empfohlen werde. Vielmehr solle die verbleibende Haftzeit über weitere Ausführungen und Ausgänge für eine gute Entlassungsvorbereitung genutzt werden.
32Mit Beschluss vom 04.03.2014 entließ das Amtsgericht T1. den Kläger, dessen Haftzeit regulär am 01.06.2014 geendet hätte, zum 17.03.2014 zur Bewährung. Die Bewährungszeit setzte das Amtsgericht auf 2 Jahre fest. In den Gründen heißt es u.a.:
33„Eine vorzeitige Entlassung des Verurteilten zur Bewährung erscheint nach Anhörung des zuständigen Vollzugsleiters gemäß § 88 JGG gerechtfertigt. Er hat sich ausweislich der Mitteilung des Vollzugsleiters während der Strafhaft positiv entwickelt. Insbesondere hat der Verurteilte erfolgreich am sozialen Training in der JVA T1. teilgenommen.“
34Zum 15.04.2014 meldete das Einwohnermeldeamt den Kläger von Amts wegen nach Unbekannt ab. Ausweislich einer Auskunft aus dem Bundeszentralregister vom 08.07.2015 wird der Kläger „wegen Strafverfolgung“ gesucht.
35Unter dem 10.07.2015 teilte die Kreispolizeibehörde M4. dem Beklagten mit, dass zu dem Aktenzeichen 825 Js 540/14 der Staatsanwaltschaft C. eine Ausschreibung zur Festnahme vorliege.
36Mit Schreiben vom 14.07.2015 informierte die Staatsanwaltschaft C. den Beklagten, dass dem Kläger ein Verbrechen der schweren räuberischen Erpressung vorgeworfen werde (Az.: 825 Js 540/14). Der Kläger solle am 11.04.2014 gemeinsam mit drei weiteren Personen eine Spielothek überfallen haben, wobei einer von ihnen einen Teleskopschlagstock mitgeführt und unter dessen Vorhalt das Geld aus der Kasse gefordert habe. Eine Anklageschrift läge noch nicht vor, da dem Kläger bislang kein rechtliches Gehör habe gewährt werden können.
37Unter dem 22.07.2015 teilte die Bewährungshelferin des Klägers dem Beklagten mit, dass sie bereits seit April 2014 keinen Kontakt mehr zu dem Kläger habe. Nach ihrer Kenntnis sei er untergetaucht. Daher habe er natürlich auch nicht seine Bewährungsauflagen erfüllt.
38Zu Begründung der Klage führt der Kläger u.a. aus, bei ihm lägen die Voraussetzungen einer Regelausweisung nicht vor. Jedenfalls sei ein Ausnahmefall gegeben. Über seine Ausweisung dürfe nur nach Ermessen entschieden werden. Dies resultiere auch daraus, dass er nach dem im Strafverfahren eingeholten Sachverständigengutachten an einer psychischen Erkrankung leide und im Übrigen auch der Verdacht auf eine beginnende dissoziale Persönlichkeitsstörung bestehe. Er sei erst 7 Monate alt gewesen, als der erste Tschetschenien-Krieg ausgebrochen sei. Fortan sei das Leben seiner Familie von den chaotischen Kriegsverhältnissen bestimmt gewesen. Die „verspätete“ Nachricht vom Tod seines Vaters habe er emotional nicht verarbeiten können. Er habe darauf völlig versteinert reagiert. Auch habe das Amtsgericht E. eine Erststrafe verhängt. Die vom Beklagten im angefochtenen Bescheid angestellten Ermessenserwägungen rechtfertigten seine Ausweisung nicht. Wegen seiner Flüchtlingseigenschaft sei eine Ausreise unmöglich. Die Wirkungen der Ausweisung beschränkten sich somit auf das Erlöschen der ihm erteilten Aufenthaltserlaubnis. Aufgrund seines Flüchtlingsstatus schieden aber öffentliche Interessen im Sinne des Schutzes der Gesellschaft vor weiteren Straftaten durch ihn durch Ausreise oder Abschiebung aus. Die Ermessenserwägungen des Beklagten gingen somit von völlig falschen Voraussetzungen aus. Im Rahmen der Ermessensentscheidung könnten nur solche Umstände, die die nach Ansicht des Beklagten von ihm ausgehende Gefahr reduzieren oder beseitigen, als im öffentlichen Interesse liegend berücksichtigt werden. Der einzige Schutz der Gesellschaft vor weiteren Straftaten durch ihn liege in seiner Resozialisierung. Im Rahmen der Ermessensentscheidung sei zu prüfen, welche Maßnahme des Ausländeramtes diese Resozialisierung am ehesten unterstütze. Es komme danach lediglich das Absehen von einer Ausweisung als ermessensgerechte Entscheidung in Betracht. Eine Ausweisung würde eine von ihm eventuell ausgehende Gefahr weiterer Straffälligkeiten noch erhöhen, denn für Inhaber einer Duldung sei es äußerst schwierig, einen Ausbildungs- oder Arbeitsplatz zu finden. Es müsse ihm wie von den Strafgerichten angeregt die Möglichkeit der Therapie im Vollzug ermöglicht werden. Erst nach der Entlassung aus der Strafhaft könne sicher beurteilt werden, ob von ihm weitere Gefahren ausgingen. Dass es im Strafvollzug zu einer körperlichen Auseinandersetzung mit einem Mitgefangenen gekommen sei, werde von ihm bedauert. Er habe sich mit dem Mitgefangenen wieder ausgesöhnt. Im Übrigen seien derartige Auseinandersetzungen im Jugendstrafvollzug doch an der Tagesordnung. Ausweislich des Berichts des psychologischen Dienstes der JVA T1. vom 18.02.2014 habe er sich positiv entwickelt. Er habe sich sehr aktiv zum Thema Gewaltprävention eingebracht und auch sein Amt als Flügelsprecher angemessen erfüllt. Seit Anfang September 2013 habe er die von ihm benötigte therapeutische Hilfe erhalten. Es dürfte kein Zweifel daran bestehen, dass eine von ihm aufgrund seiner psychischen Erkrankung ausgehende Gefahr lediglich durch die Behandlung dieser Erkrankung beseitigt werden könne. Auch die weiter getroffene Befristungsentscheidung sei rechtswidrig. Obwohl der Beklagte selbst davon ausgehe, dass eine Ausreise aufgrund des Flüchtlingsstatus nicht in Betracht komme, habe er die Wirkungen der Ausweisung auf 5 Jahre nach der Ausreise befristet. Weil er aber nicht ausreisen könne, führe diese Befristung dazu, dass ihm auf Dauer in der Bundesrepublik Deutschland keine Aufenthaltserlaubnis mehr erteilt werden könne. Der angefochtene Bescheid verstoße zudem gegen Unionsrecht. Der Beklagte habe Art. 24 der Richtlinie 2011/95/EU nicht berücksichtigt. Da er zwischenzeitlich selbst von der Notwendigkeit einer Ermessensentscheidung hinsichtlich der Ausweisung ausgehe, dürfe auch feststehen, dass zwingende Gründe der nationalen Sicherheit oder öffentlichen Ordnung nicht vorliegen. Nur bei einer Ist-Ausweisung nach dem AufenthG komme die Annahme von zwingenden Gründen der nationalen Sicherheit oder öffentlichen Ordnung im Sinne der Richtlinie 2011/95/EU in Betracht.
39Der Kläger beantragt,
40den Bescheid des Beklagten vom 13.12.2012 aufzuheben.
41Der Beklagte beantragt,
42die Klage abzuweisen.
43Zur Begründung führt er u.a. aus, dass eine Ausweisung auch dann möglich sei, wenn der Aufenthalt des Ausländers im Bundesgebiet auf unabsehbare Zeit nicht beendet werden könne, denn die Ausweisung habe neben dem Ziel der Aufenthaltsbeendigung wegen ihrer weiteren Rechtswirkungen eine selbständige weitere Bedeutung. Die Ermessenserwägungen in dem streitgegenständlichen Bescheid bezögen sich auf das öffentliche Interesse an der Ausweisung insgesamt und nicht lediglich auf die derzeit nicht durchsetzbare Ausreise des Klägers.
44Nachdem der Prozessbevollmächtigte des Klägers in der mündlichen Verhandlung vom 01.07.2015 erklärt hatte, momentan keinen Kontakt zum Kläger zu haben, hat die erkennende Kammer ihm in der mündlichen Verhandlung aufgegeben, binnen zehn Tagen die ladungsfähige Anschrift des Klägers mitzuteilen und ihn auf § 82 Abs. 2 VwGO hingewiesen.
45Mit Schreiben vom 03.08.2015 und vom 04.08.2015 haben die Beteiligten auf die Durchführung einer weiteren mündlichen Verhandlung verzichtet.
46Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf den Inhalt der Gerichtsakte, der Gerichtsakte zum Verfahren 7 L 608/13 sowie des beigezogenen Verwaltungsvorgangs des Beklagten und der beigezogenen Strafakten der Staatsanwaltschaft E. zum Aktenzeichen - 42 JS 293/11 -.
47E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
48Die Klage ist unzulässig.
49Mangels Angabe einer ladungsfähigen Anschrift des Klägers genügt sie nicht den Anforderungen des § 82 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
50Vgl. dazu OVG NRW, Beschluss vom 27.08.2007 – 18 A 1925/07 –, S. 3 f.
51Darüber hinaus ist die Klage – auch – unbegründet.
52Der Bescheid des Beklagten vom 13.12.2012 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
53Die Ausweisungsentscheidung des Beklagten ist in dem für die Beurteilung ihrer Rechtmäßigkeit maßgeblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung des (Tatsachen-)Gerichts nicht zu beanstanden.
54Vgl. zum maßgeblichen Beurteilungszeitpunkt nur BVerwG, Urteil vom 10.07.2012 – 1 C 19/11 –, juris Rn. 12 m.w.N.
55Sie findet ihre Rechtsgrundlage jedenfalls in § 55 Abs. 1, § 56 Abs. 1 Satz 2 AufenthG – die Neufassung der §§ 53 bis 56 AufenthG durch das Gesetz zur Neubestimmung des Bleiberechts und der Aufenthaltsbeendigung vom 27.07.2015 tritt erst zum 01.01.2016 in Kraft.
56Vgl. Art. 9 Satz 1 des Gesetzes zur Neubestimmung des Bleiberechts und der Aufenthaltsbeendigung vom 27.07.2015, BGBl. I, 2015, 1386f.
57Dass der Kläger die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 55 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 2 AufenthG erfüllt, steht bereits angesichts des vom Amtsgericht E. und nachfolgend vom Landgericht E. in ihren Urteilen vom 07.07.2011 bzw. 20.10.2011 gewürdigten strafrechtsrelevanten Verhaltens des Klägers außer Frage.
58Unbestritten genießt der Kläger den besonderen Ausweisungsschutz im Sinne des § 56 Abs. 1 Satz 1 AufenthG. Er kann deshalb nur aus schwerwiegenden Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung ausgewiesen werden. Solche schwerwiegenden Gründe sind hier – nach dem Maßstab des nationalen Rechts – aber ebenso zweifelsfrei gegeben. Der Kläger hat am 03.03.2011 – maßgeblich seinem eigenen Tatplan folgend – sein Tatopfer durch Verbringung an eine abgelegene Örtlichkeit zunächst in den Zustand der fast völligen Wehrlosigkeit gebracht und es zur Verwirklichung der abgeurteilten Straftaten sodann u.a. durch Vorhalten eines Messers in Todesangst versetzt. Er dokumentierte durch die von ihm verübten Straftaten, die sich u.a. gegen die besonders schützenswerten Rechtsgüter der körperlichen Integrität und der Freiheit der Willensentschließung richteten, eine besondere Gewaltbereitschaft, die sich nach den Feststellungen der Strafgerichte durch den gesamten Lebensweg des Klägers zieht. Von daher handelte es sich bei dem abgeurteilten Verhalten auch nicht etwa um einmalige jugendliche Verfehlungen. Dies wird auch durch das anhängige Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft C. (Az.: 825 Js 540/14) belegt. Zudem bescheinigten die Strafgerichte dem Kläger für die Tat am 03.03.2011 eine volle Schuldfähigkeit.
59Es besteht die konkrete Gefahr, dass der Kläger auch künftig ein Verhalten zeigen wird, dass dem abgeurteilten vergleichbar ist. Zum sog. Prognosemaßstab bei der Beurteilung des Vorliegens einer Wiederholungsgefahr führt das BVerwG,
60vgl. Urteil vom 10.07.2012 – 1 C 19/11 –, a.a.O. Rn. 16 m.w.N.,
61u.a. – wenn auch in anderer Fallkonstellation – aus:
62„In dem Vorlagebeschluss (...) hat der Senat des Weiteren ausgeführt, dass bei bedrohten Rechtsgütern mit einer hervorgehobenen Bedeutung für die im Rahmen tatrichterlicher Prognose festzustellende Wiederholungsgefahr eher geringe Anforderungen gelten. ... An diesem differenzierten Wahrscheinlichkeitsmaßstab ist in der obergerichtlichen Rechtsprechung Kritik geäußert worden, da er dem Interesse einer möglichst umfassenden Effektivierung der Grundfreiheiten und der daher gebotenen engen Auslegung der unionsrechtlichen Rechtsgrundlagen für die Aufenthaltsbeendigung als ultima ratio nicht gerecht werde (...). Dem vermag der Senat schon deshalb nicht zu folgen, da jede sicherheitsrechtliche Gefahrenprognose nach den allgemeinen Grundsätzen des Gefahrenabwehrrechts eine Korrelation aus Eintrittswahrscheinlichkeit und (möglichem) Schadensausmaß ist. An die Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts sind umso geringere Anforderungen zu stellen, je größer und folgenschwerer der möglicherweise eintretende Schaden ist (...). Auch die den Gerichten der Mitgliedstaaten obliegende und auf der Grundlage aller Umstände des Einzelfalles vorzunehmende Beurteilung, ob das persönliche Verhalten des Betroffenen gegenwärtig eine tatsächliche und hinreichend schwere Gefahr für ein Grundinteresse der Gesellschaft darstellt (...), kann im Hinblick auf die erforderliche Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts den Rang des bedrohten Rechtsguts nicht außer Acht lassen, denn dieser bestimmt die mögliche Schadenshöhe. Das bedeutet aber nicht, dass bei hochrangigen Rechtsgütern bereits jede auch nur entfernte Möglichkeit eine Wiederholungsgefahr begründet. Der Senat hat schon zu § 12 Abs. 3 AufenthG/EWG entschieden, dass im Hinblick auf die Bedeutung des Grundsatzes der Freizügigkeit an die nach dem Ausmaß des möglichen Schadens differenzierende Wahrscheinlichkeit keine zu geringen Anforderungen gestellt werden dürfen (...).“
63Selbst gemessen an diesem „hohen“ Maßstab besteht beim Kläger die konkrete Gefahr der Verübung weiterer schwererer Straftaten.
64Das OVG NRW hat in seinem den Kläger betreffenden Beschluss vom 24.04.2015 – 18 E 1089/13 – zur Frage der Wiederholungsgefahr wie folgt ausgeführt:
65„Mit dem Verwaltungsgericht ist auch davon auszugehen, dass weiterhin eine Wiederholungsgefahr von dem Kläger ausgeht. Soweit der Kläger darauf verweist, an einer psychischen Erkrankung zu leiden, dürfte derzeit nicht erkennbar sein, dass eine Behandlung ‑ sofern eine solche überhaupt stattfinden sollte ‑ erfolgreich abgeschlossen ist. Eine abweichende Einschätzung dürfte voraussichtlich auch der Beschluss des Amtsgerichts T1. vom 4. März 2014 über die Aussetzung der Reststrafe zur Bewährung nicht gebieten. Die dem (auch) zugrundeliegende Annahme eines unterstützenden familiären Umfelds beruht offenbar auf dem Bericht der Dipl. Psych. B2. vom 18. Februar 2014. Dieser beruht aber augenscheinlich auf den ungeprüft und kritiklos übernommenen Angaben der Mutter des Klägers, die weitgehend im Widerspruch zu den Feststellungen des Landgerichts E. im Urteil vom 20. Oktober 2011 (4 Ns 42 Js 293/11 ‑ 210/11) stehen.“
66Diesen Ausführungen schließt sich die Kammer an. Im maßgeblichen Zeitpunkt der Entscheidung liegen keine neuen Erkenntnisse vor, die eine abweichende Beurteilung rechtfertigen könnten. In der Vergangenheit führten weder familiäre Einflüsse noch Jugendhilfemaßnahmen zu einer Veränderung des Verhaltens des Klägers. Vielmehr ist er auch nach seiner Rückkehr aus der Ukraine sogleich wieder in alte Verhaltensmuster zurückgefallen, indem er sogleich den Kontakt zu seinen alten „Freunden“ wiederhergestellt und sich als harter, gewaltbereiter Anführer geriert hat. Selbst im Vollzug ist es noch zu Körperverletzungsdelikten gekommen. Die Strafhaft hat den Kläger nicht nachhaltig beeindruckt. Bereits unmittelbar nach seiner Haftentlassung am 17.03.2014 ist er – unter Verstoß gegen seine Bewährungsauflagen – untergetaucht. Derzeit sucht die Staatsanwaltschaft C. den Kläger wegen einer am 11.04.2014 begangenen schweren räuberischen Erpressung. Darüber hinaus verfügt der Kläger auch nach seiner Haftentlassung bis heute nicht über eine tragfähige berufliche und damit wirtschaftliche Perspektive. Von daher spricht gegenwärtig alles dafür, dass der Kläger auch künftig einschlägig straffällig werden wird.
67Die vom Beklagten im angefochtenen Bescheid vorsorglich getroffene Ermessensentscheidung ist im Rahmen der eingeschränkten gerichtlichen Überprüfungskompetenz nicht zu beanstanden. Dabei ist insbesondere gegen die im gerichtlichen Verfahren erfolgte Konkretisierung und Ergänzung der Ermessenserwägungen als solche nichts zu erinnern.
68Vgl. dazu BVerwG, Urteil vom 13.01.2009 – 1 C 2/08 –, juris Rn. 27.
69Die Ermessensentscheidung der Ausländerbehörde über den Erlass einer Ausweisung erfordert eine sachgerechte Abwägung der öffentlichen Interessen an der Ausreise mit den privaten Interessen an einem weiteren Aufenthalt des Ausländers im Bundesgebiet. Zugunsten des Ausländers sind die Gründe für einen besonderen Ausweisungsschutz (§ 56 AufenthG) sowie die Dauer seines rechtmäßigen Aufenthalts und die schutzwürdigen persönlichen, wirtschaftlichen und sonstigen Bindungen des Ausländers im Bundesgebiet zu berücksichtigen. Außerdem sind die Folgen der Ausweisung für die Familienangehörigen des Ausländers, die sich rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalten und mit ihm in familiärer Lebensgemeinschaft leben, in die Abwägung einzustellen (§ 55 Abs. 3 AufenthG). Die von Art. 2 Abs. 1 GG sowie Art. 6 Abs. 1 und 2 GG und Art. 8 EMRK geschützten Belange auf Achtung des Privat- und Familienlebens sind dabei entsprechend ihrem Gewicht und unter Wahrung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit in der Gesamtabwägung zu berücksichtigen. Das gilt insbesondere bei im Bundesgebiet geborenen und aufgewachsenen Ausländern, zumal wenn sie über keine Bindungen an das Land ihrer Staatsangehörigkeit verfügen.
70Vgl. BVerwG, Urteil vom 10.07.2012 – 1 C 19/11 –, a.a.O. Rn. 20.
71Gemessen daran ist die Ermessensausübung des Beklagten nicht zu beanstanden. In Anbetracht der vom Kläger ausgehenden konkreten Gefahr der Verübung weiterer schwerer Straftaten überschreitet die getroffene Entscheidung die gesetzlichen Grenzen des eingeräumten Ermessens nicht. Des Weiteren begegnet es keinen Bedenken, dass der Beklagte das öffentliche Interesse daran, den rechtmäßigen Aufenthalt des Klägers zu beenden, höher gewichtet hat als dessen Interessen an einem weiteren rechtmäßigen Verbleib im Bundesgebiet. Der Beklagte hat insbesondere die Vorgaben des Art. 8 EMRK hinreichend beachtet. Ungeachtet der Frage, ob die Ausweisung des Klägers sowohl unter dem Gesichtspunkt des Familienlebens als auch unter dem Gesichtspunkt des Privatlebens in den Schutzbereich des Art. 8 Abs. 1 EMRK eingreift, genügt ein Eingriff in den Schutzbereich des Art. 8 Abs. 1 EMRK jedenfalls den Vorgaben des Art. 8 Abs. 2 EMRK. Die Ausweisung des Klägers ist wie ausgeführt auf die einschlägigen Bestimmungen des AufenthG gestützt und sie verfolgt mit dem bezweckten Schutz der öffentlichen Sicherheit und Ordnung ein legitimes Ziel. Die Ausweisung ist darüber hinaus – wie weiter erforderlich – in einer demokratischen Gesellschaft für das Erreichen dieses Ziels notwendig.
72Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) führt in ständiger Rechtsprechung,
73vgl. nur Urteil vom 06.12.2007 – 69735/01 – (Chair), juris Rn. 56 ff.,
74aus, dass die EMRK nicht das Recht eines Ausländers garantiert, in ein bestimmtes Land einzureisen oder sich darin aufzuhalten, und dass ein Staat entsprechend seinen Vertragsverpflichtungen berechtigt ist, die Einreise von Ausländern in sein Hoheitsgebiet und ihren Aufenthalt dort zu kontrollieren. Gemäß ihrer Aufgabe, die öffentliche Ordnung aufrecht zu halten, hätten die Vertragsstaaten das Recht, Ausländer auszuweisen. Eine Ausweisung sei dann gerechtfertigt, wenn sie sich als gerechter Ausgleich zwischen den Interessen des Ausländers, insbesondere seinem Recht auf Achtung seines Privat- und Familienlebens einerseits und dem Schutz der öffentlichen Sicherheit und Ordnung andererseits darstelle. In die Abwägung seien dabei insbesondere einzustellen die Art und Schwere des den Ausweisungsanlass bildenden Verhaltens des Ausländers, die Dauer seines Aufenthalts im Bundesgebiet, die seit des den Ausweisungsanlass bildenden Verhaltens verstrichene Zeit und das Verhalten des Ausländers während dieser Zeit, die Staatsangehörigkeit von der Ausweisung evtl. betroffener Personen, die familiäre Situation des Ausländers, insbesondere diejenige etwaiger Kinder und die Festigkeit der sozialen, kulturellen und familiären Bande mit dem Gastland und dem Bestimmungsland.
75Für den Kläger schlägt zu Buche, dass er sich längere Zeit im Bundesgebiet aufgehalten hat und sein Aufenthalt als anerkannter Flüchtling auch rechtmäßig war. Zu beachten ist aber auch, dass der Kläger die ersten Jahre seines Lebens in seinem Heimatland verbracht und später das Bundesgebiet wieder verlassen hat, um sich für die Dauer von gut zwei Jahren zusammen mit einem Verwandten in der Ukraine aufzuhalten. Die Beziehungen des volljährigen Klägers zu seinen in der Bundesrepublik lebenden Verwandten weisen – soweit sie trotz seines derzeitigen Untertauchens noch bestehen sollten – kein überragendes und damit entscheidungserhebliches Gewicht auf. In jedem Falle träten die familiären Interessen des Klägers wegen der gegebenen besonderen, vom Kläger ausgehenden Gefahr der Verübung weiterer schwerer Straftaten hinter den öffentlichen Interessen zurück. In der Gesamtabwägung der gegenläufigen Interessen ist die Ausweisung des Klägers verhältnismäßig, zumal eine Aufenthaltsbeendigung gegenwärtig nicht ansteht und der Beklagte die Wirkungen der Ausweisung bereits befristet hat.
76Die getroffene Ausweisungsentscheidung ist zudem nicht allein wegen der gegenwärtig nicht anstehenden Aufenthaltsbeendigung ermessensfehlerhaft. Eine Ausweisung kann ihren ordnungsrechtlichen Zweck sowohl unter spezialpräventiven als auch unter generalpräventiven Gesichtspunkten auch dann erreichen, wenn sie nicht zu einer Abschiebung des Ausländers in sein Heimatland, sondern – wie hier – "nur" zu einer Verschlechterung seiner aufenthaltsrechtlichen Position im Bundesgebiet führt.
77Vgl. BVerwG, Urteil vom 31.08.2004 – 1 C 25/03 –, juris Rn. 15; OVG NRW, Beschluss vom 17.03.2005 – 18 E 278/05 –, juris Rn. 2 ff.
78Soweit der Kläger meint, in seinem Falle sei einer Resozialisierung der Vorrang zu geben, führt dies nicht auf eine Fehlerhaftigkeit der getroffenen Ausweisungsentscheidung. Die Ausländerbehörde ist bei Bestehen einer konkreten Gefahr der Verübung weiterer schwerer Straftaten nicht zwingend gehalten, von einer Ausweisung abzusehen. Das OVG NRW hat in seinem Beschluss vom 24.04.2015 – 18 E 1089/13 – insoweit wie folgt ausgeführt:
79„Im Rahmen der Ermessensentscheidung ist entgegen der Auffassung des Klägers auch nicht zu berücksichtigen, wie die von dem Kläger ausgehende Gefahr gemindert werden könne. Es geht vorliegend allein um eine Ausweisung, nicht um einen Maßnahmenkatalog zur Resozialisierung des Klägers. Insoweit hat das Verwaltungsgericht unter Hinweis auf die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts bereits zutreffend darauf hingewiesen, dass eine Ausweisung ihren ordnungsrechtlichen Zweck unter spezialpräventiven Gesichtspunkten auch dann erreichen kann, wenn die Ausweisung nur zu einer Verschlechterung der aufenthaltsrechtlichen Position im Bundesgebiet führt. Diese Verschlechterung soll deutlich machen, dass Verstöße gegen die Rechtsordnung aufenthaltsrechtlich nicht folgenlos bleiben und den Ausländer auf diese Weise dazu anhalten, sich künftig straffrei zu führen. Wie das vorliegende Verfahren zeigt, lassen die mit der Ausweisung verbundenen Folgen den Kläger offenbar auch nicht unbeeindruckt. Der fehlende Besitz einer Aufenthaltserlaubnis mag zwar in einigen Fällen die erfolgreiche Suche nach einem Ausbildungs- oder Arbeitsplatz erschweren, macht sie jedoch nicht unmöglich. Es bedarf regelmäßig lediglich erhöhter Anstrengungen, eine entsprechende Stelle zu finden. Bestrebungen des Klägers um Aufnahme einer Arbeits- oder Ausbildungsstelle oder zumindest um die Erlangung eines Schulabschlusses sind allerdings bislang nicht einmal substantiiert vorgetragen und erst Recht nicht belegt worden.“
80Auch diesen Ausführungen folgt die Kammer uneingeschränkt, zumal der Kläger ihnen nicht entgegengetreten ist.
81In der Gesamtabwägung der gegenläufigen Interessen ist die Ausweisung damit verhältnismäßig und mithin „unerlässlich“ im Sinne der Rechtsprechung des EuGH.
82Vgl. zum Begriff der Unerlässlichkeit BVerwG, Urteil vom 10.07.2012 – 1 C 19/11 –, a.a.O. Rn. 21.
83Die vorsorglich als Ermessensentscheidung verfügte Ausweisung genügt zudem den Vorgaben der Richtlinie 2011/95/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13.12.2011 über Normen für die Anerkennung von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Personen mit Anspruch auf internationalen Schutz, für einen einheitlichen Status für Flüchtlinge oder für Personen mit Anrecht auf subsidiären Schutz und für den Inhalt des zu gewährenden Schutzes (RL 2011/95/EU).
84Allerdings ist die RL 2011/95/EU zum Teil zu einem Zeitpunkt in Kraft getreten, als die hier umstrittene Ausweisungsentscheidung bereits erlassen war,
85vgl. Art. 41 der RL 2011/95/EU,
86der RL 2011/95/EU ist jedoch nicht zu entnehmen, dass sie auf nicht abgeschlossene Vorgänge aus der Zeit ihrer Vorgängerregelung, der Richtlinie 2004/83/EG des Rates vom 29.04.2004 über Mindestnormen für die Anerkennung und den Status von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Flüchtlinge oder als Personen, die anderweitig internationalen Schutz benötigen, und über den Inhalt des zu gewährenden Schutzes (RL 2004/83/EG), keine Anwendung finden soll, zumal eine etwaige Schlechterstellung des erfassten Personenkreises durch die Neuregelung nicht erkennbar ist.
87Vgl. dazu auch OVG NRW, Beschluss vom 24.04.2015 – 18 E 1089/13 –, S. 4, wobei die Frage der Anwendbarkeit der einzelnen RL ausdrücklich offengelassen worden ist.
88Im Übrigen sind die hier entscheidungserheblichen Bestimmungen der RL 2011/95/EU sowie der RL 2004/83/EG inhaltsgleich.
89Als mit Bescheid des Bundesamtes vom 04.10.2001 anerkannter Flüchtling ist dem Kläger die Flüchtlingseigenschaft im Sinne des Art. 13 RL 2011/95/EU zuerkannt worden. Diese hat er bis heute nicht verloren.
90Die Ausweisung eines Flüchtlings ist in der RL 2011/95/EU nicht geregelt. Die RL enthält mit den Art. 12, 14, 21 allerdings Bestimmungen über den Ausschluss von der Anerkennung als Flüchtling, über die Voraussetzungen, unter denen die einem Flüchtling zuerkannte Rechtsstellung aberkannt, beendet oder die Verlängerung aberkannt werden kann, und zum Schutz vor Zurückweisung. Hinzu treten in Art. 24 der RL enthaltene Regelungen über den Anspruch des anerkannten Flüchtlings auf Erteilung eines Aufenthaltstitels.
91Die Regelungen über den Ausschluss von der Anerkennung als Flüchtling – Art. 12 RL 2011/95/EU – können der hier umstrittenen Ausweisung schon deshalb nicht entgegenstehen, weil der Ausschluss bereits im Vorfeld der Anerkennung greift und nicht im Nachhinein.
92Die Ausweisung stellt des Weiteren keine Aberkennung, Beendigung oder Ablehnung der Verlängerung der Flüchtlingseigenschaft im Sinne des Art. 14 RL 2011/95/EU dar. Die gegenüber dem Kläger verfügte Ausweisung führt ausdrücklich gerade nicht zu einem Erlöschen seiner Flüchtlingseigenschaft.
93Vgl. zur Definition des Begriffs der Flüchtlingseigenschaft Art. 2 Buchst. e) RL 2011/95/EU.
94Entsprechendes gilt hinsichtlich der in Art. 21 RL 2011/95/EU enthaltenen Bestimmungen zur Zurückweisung. Eine Ausweisung der hier umstrittenen Art führt nicht auf eine Aufenthaltsbeendigung und damit auf eine Zurückweisung; dies im Falle des Klägers auch nicht etwa mittelbar.
95Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 24.04.2015 – 18 E 1089/13 –, S. 4.
96Gemäß Art. 24 Abs. 1 RL 2011/95/EU stellen die Mitgliedstaaten aber so bald wie möglich nach Zuerkennung des internationalen Schutzes und unbeschadet des Art. 21 Abs. 3 RL 2011/95/EU Personen, denen der Flüchtlingsstatus zuerkannt worden ist, einen Aufenthaltstitel aus, der mindestens drei Jahre gültig und verlängerbar sein muss, es sei denn, dass zwingende Gründe der nationalen Sicherheit oder öffentlichen Ordnung dem entgegenstehen.
97In dieses auf Art. 24 RL 2011/95/EU gestützte Recht auf Erteilung eines Aufenthaltstitels greift eine Ausweisung ein, weil sie nach § 51 Abs. 1 Nr. 5 AufenthG zum Erlöschen eines erteilten Aufenthaltstitels führt und nach § 11 Abs. 1 AufenthG ein grundsätzliches Verbot der Neuerteilung eines Aufenthaltstitels begründet (vgl. § 25 Abs. 2 Satz 2 i.V.m. Abs. 1 Satz 2 AufenthG).
98Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 24.04.2015 – 18 E 1089/13 –, S. 4 f.
99Die von der RL 2011/95/EU aufgestellten Voraussetzungen für die Verweigerung der Erteilung eines Aufenthaltstitels an einen anerkannten Flüchtling sind im Falle des Klägers erfüllt.
100Der einem anerkannten Flüchtling nach Art. 24 Abs. 1 RL 2011/95/EU zustehende Anspruch auf Erteilung eines Aufenthaltstitels kann zum einen unter den in Art. 24 Abs. 1 RL 2011/95/EU selbst enthaltenen Voraussetzungen eingeschränkt werden.
101Vgl. zur Möglichkeit, einen Aufenthaltstitel nach Art. 24 Abs. 1 „zu widerrufen“ oder „zu beenden“ betreffend die Vorläuferregelung EuGH, Urteil vom 24.06.2015 – C-373/13 –, juris Rn. 47 ff.
102Hinzu tritt über die verwendete Begrifflichkeit „unbeschadet des Art. 21 Abs. 3“ die Beschränkungsmöglichkeit nach Art. 21 Abs. 3 i. V. m. Abs. 2 RL 2011/95/EU.
103Vgl. BVerwG, Urteil vom 22.05.2012 – 1 C 8/11 –, juris Rn. 21.
104Die Voraussetzungen des Art. 24 Abs. 1 RL 2011/95/EU sind erfüllt. Es liegen jedenfalls zwingende Gründe der öffentlichen Ordnung vor, die dem grundsätzlichen Anspruch des Klägers auf Erteilung eines Aufenthaltstitels im vorgenannten Sinne entgegenstehen.
105Die Richtlinie 2011/95/EU definiert weder die Begrifflichkeit der nationalen Sicherheit oder öffentlichen Ordnung, noch die der zwingenden Gründe.
106Die Bedeutung und die Tragweite dieser Begriffe sind daher unter Berücksichtigung des Wortlauts, des Kontexts der Vorschrift sowie der Ziele zu bestimmen, die mit der Regelung, zu der sie gehören, verfolgt werden. Zudem ist die Entstehungsgeschichte der Regelung in den Blick zu nehmen.
107Vgl. betreffend die Vorläuferregelung EuGH, Urteil vom 24.06.2015 – C-373/13 –, a.a.O. Rn. 58.
108Dabei ist zu berücksichtigen, dass Art. 24 Abs. 1 RL 2011/95/EU, dessen Wortlaut abstrakter als der von Art. 21 Abs. 2 RL 2011/95/EU gefasst ist, nur die Versagung eines Aufenthaltstitels für einen Flüchtling und dessen „Widerruf“, nicht jedoch den Verlust des Flüchtlingsstatus oder die Zurückweisung dieses Flüchtlings betrifft. Die Folgen, die die Versagung bzw. „Aufhebung“ des Aufenthaltstitels nach Art. 24 Abs. 1 RL 2011/95/EU für den Flüchtling hat, sind damit weniger einschneidend als die des Art. 21 Abs. 2 RL 2011/95/EU.
109Vgl. betreffend die Vorläuferregelung EuGH, Urteil vom 24.06.2015 – C-373/13 –, a.a.O. Rn. 73 f.
110Es ist daher davon auszugehen, dass der Begriff der „zwingenden Gründe“ im Sinne von Art. 24 Abs. 1 RL 2011/95/EU eine weitere Bedeutung hat als der Begriff der „stichhaltigen Gründe“ in Art. 21 Abs. 2 RL 2011/95/EU. Bestimmte Umstände, die nicht den Schweregrad aufweisen, der einen Rückgriff auf die Ausnahmeregelung des Art. 21 Abs. 2 RL 2011/95/EU erlaubt, können gleichwohl dazu berechtigen, auf der Grundlage von Art. 24 Abs. 1 RL 2011/95/EU dem betroffenen Flüchtling seinen Aufenthaltstitel zu versagen bzw. zu entziehen.
111Vgl. betreffend die Vorläuferregelung EuGH, Urteil vom 24.06.2015 – C-373/13 –, a.a.O. Rn. 75.
112Die Begriffe der „öffentlichen Sicherheit“ und der „öffentlichen Ordnung“ hat der EuGH,
113vgl. Urteil vom 23.11.2010 – C-145/09 –, juris,
114zudem bereits bezüglich der Anwendung der Art. 27 und 28 der Richtlinie 2004/38/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29.04.2004 über das Recht der Unionsbürger und ihrer Familienangehörigen, sich im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten frei zu bewegen und aufzuhalten, zur Änderung der Verordnung (EWG) Nr. 1612/68 und zur Aufhebung der Richtlinien 64/221/EWG,68/360/EWG,72/194/EWG,73/148/EWG,75/34/EWG,75/35/EWG,90/364/EWG,90/365/EWG und93/96/EWG (RL 2004/38/EG) ausgelegt. Diese Rechtsprechung kann auch im Rahmen der Auslegung des Art. 24 Abs. 1 RL 2011/95/EU herangezogen werden, denn auch wenn die Richtlinie 2004/38/EG andere Ziele als die Richtlinie 2011/95/EU verfolgt und es den Mitgliedstaaten freisteht, nach ihren nationalen Bedürfnissen, die je nach Mitgliedstaat und Zeitpunkt unterschiedlich sein können, zu bestimmen, was die öffentliche Ordnung und Sicherheit erfordern,
115vgl. EuGH, Urteil vom 22.05.2012 – C-348/09 –, juris Rn. 23,
116kann der Umfang des Schutzes, den eine Gesellschaft ihren grundlegenden Interessen gewähren will, nicht je nach der Rechtsstellung der Person, die ihre Interessen beeinträchtigt, unterschiedlich ausfallen.
117Vgl. betreffend die Vorläuferregelung EuGH, Urteil vom 24.06.2015 – C-373/13 –, a.a.O. Rn. 77.
118Der Begriff „öffentliche Sicherheit“ im Sinne von Art. 28 Abs. 3 RL 2004/38/EG umfasst sowohl die innere als auch die äußere Sicherheit eines Mitgliedstaats. Die öffentliche Sicherheit kann daher durch eine Beeinträchtigung des Funktionierens der Einrichtungen des Staates und seiner wichtigen öffentlichen Dienste sowie das Überleben der Bevölkerung ebenso wie durch die Gefahr einer erheblichen Störung der auswärtigen Beziehungen oder des friedlichen Zusammenlebens der Völker oder eine Beeinträchtigung der militärischen Interessen berührt werden.
119Vgl. EuGH, Urteil vom 23.11.2010 – C-145/09 –, a.a.O. Rn. 43 f. m.w.N.
120Straftaten, wie die in Art. 83 Abs. 1 Unterabs. 2 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) angeführten, können als besonders schwere Beeinträchtigung eines grundlegenden gesellschaftlichen Interesses anzusehen sein, die geeignet ist, die Ruhe und die physische Sicherheit der Bevölkerung unmittelbar zu bedrohen und die damit unter den Begriff der „zwingenden Gründe der öffentlichen Sicherheit“ im Sinne von Art. 28 Abs. 3 Richtlinie 2004/38/EG fallen kann, sofern die Art und Weise der Begehung dieser Straftaten besonders schwerwiegende Merkmale aufweist. Dies ist jeweils auf der Grundlage einer individuellen Prüfung des konkreten Falles zu klären.
121Vgl. EuGH, Urteil vom 22.05.2012 – C-348/09 –, a.a.O. Rn. 28. Weitergehend: Bayerischer VGH, Beschluss vom 10.12.2014 – 19 ZB 13.2013 –, juris Rn. 11 ff., wonach die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 6 Abs. 5 FreizügG/EU auch dann erfüllt sein können, wenn die begangenen Straftaten nicht unmittelbar in Art. 83 Abs. 1 Unterabs. 2 AEUV genannt sind.
122Der Ausdruck „zwingende Gründe der öffentlichen Sicherheit“ im Sinne von Art. 28 Abs. 3 RL 2004/38/EG setzt voraus, dass die Beeinträchtigung der öffentlichen Sicherheit einen besonders hohen Schweregrad aufweist. Dabei macht die Verwendung des Begriffs „zwingende Gründe“ deutlich, dass auf zwingende Gründe der öffentlichen Sicherheit gestützte Maßnahmen auf „außergewöhnliche Umstände“ begrenzt sein sollen.
123Vgl. EuGH, Urteil vom 23.11.2010 – C-145/09 –, a.a.O. Rn. 40 f.
124Eine Maßnahme kann nur dann mit zwingenden Gründen der öffentlichen Sicherheit im Sinne von Art. 28 Abs. 3 RL 2004/38/EG gerechtfertigt werden, wenn eine solche Maßnahme angesichts der außergewöhnlichen Schwere der Bedrohung für den Schutz der Interessen, die mit ihr gewahrt werden sollen, erforderlich ist, vorausgesetzt, dass dieses Ziel nicht durch weniger strikte Maßnahmen erreicht werden kann. Dabei ist insbesondere der außergewöhnliche Charakter der Bedrohung der öffentlichen Sicherheit aufgrund des persönlichen Verhaltens der betroffenen Person nach Maßgabe der verwirkten und verhängten Strafen, des Grades der Beteiligung an der kriminellen Aktivität, des Umfangs des Schadens und gegebenenfalls der Rückfallneigung, gegen die Gefahr abzuwägen, die Resozialisierung des Unionsbürgers in dem Staat, in den er vollständig integriert ist – die nicht nur im Interesse dieses Staates, sondern auch im Interesse der Europäischen Union insgesamt liegt –, zu gefährden.
125Vgl. EuGH, Urteil vom 23.11.2010 – C-145/09 –, a.a.O. Rn. 49 f.
126Die Anwendung des Begriffs der „öffentlichen Ordnung“ setzt nach der Rechtsprechung des EuGH,
127vgl. Urteil vom 04.10.2012 – C-249/11 –, juris Rn. 40 m.w.N.,
128jedenfalls voraus, dass außer der sozialen Störung, die jeder Gesetzesverstoß darstellt, eine tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr vorliegt, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt.
129Die Versagung bzw. Aufhebung eines Aufenthaltstitels nach Art. 24 Abs. 1 RL 2011/95/EU kommt schließlich nur in Betracht, wenn gerade der Besitz des Aufenthaltstitels eine Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit in sich birgt.
130Vgl. betreffend die Vorläuferregelung OVG NRW, Beschluss vom 24.04.2015 – 18 E 1089/13 –, S. 11.
131Ausgehend von diesen Grundsätzen kann hier offen bleiben, ob im Hinblick auf die begangenen Straftaten des Klägers bereits zwingende Gründe der nationalen Sicherheit im Sinne von Art. 24 Abs. 1 RL 2011/95/EU vorliegen. Die Versagung einer Aufenthaltserlaubnis ist jedenfalls aus zwingenden Gründen der öffentlichen Ordnung im Sinne von Art. 24 Abs. 1 RL 2011/95/EU gerechtfertigt.
132Die öffentliche Ordnung ist hier bereits aufgrund der Straftaten, die das Landgericht E. mit (Berufungs-)Urteil vom 20.10.2011 abgeurteilt hat, berührt. Denn nach dem Vorgenannten zählt zur öffentlichen Ordnung im Sinne der Richtlinie auch die Einhaltung des geschriebenen Strafrechts des Mitgliedstaates, so dieses nicht seinerseits gegen höherrangiges Recht – auch Völkerrecht – verstößt. Für Letzteres bietet sich mit Blick auf das geltende Strafgesetzbuch kein Anhalt.
133Das persönliche Verhalten des Klägers stellt auch eine tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr dar, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt. Insoweit kann auf die vg. Ausführungen zum Bestehen der Wiederholungsgefahr nach nationalem Recht verwiesen werden.
134Dabei birgt gerade der Besitz des Aufenthaltstitels eine Gefahr für die öffentliche Ordnung in sich. Der Kläger hätte anderenfalls die Möglichkeit der visumfreien Einreise in andere Mitgliedstaaten nach Art. 21 des Übereinkommens zur Durchführung des Übereinkommens von Schengen vom 14.06.1985 zwischen den Regierungen der Staaten der Benelux-Wirtschaftsunion, der Bundesrepublik Deutschland und der Französischen Republik betreffend den schrittweisen Abbau der Kontrollen an den gemeinsamen Grenzen (SDÜ), sodass die konkrete Gefahr bestünde, dass der Kläger auch in anderen Mitgliedstaaten einschlägig straffällig wird. Die visumfreie Einreise in andere Mitgliedstaaten würde es dem Kläger zudem erleichtern, sich der Strafverfolgung zu entziehen.
135Die danach bestehende Beeinträchtigung der öffentlichen Ordnung weist einen besonders hohen Schweregrad auf. Es liegen „außergewöhnliche Umstände“ vor, die die Versagung eines Aufenthaltstitels rechtfertigen. Die Kammer folgt insoweit der Wertung des Landgerichts E. in seinem rechtskräftigen (Berufungs-)Urteil vom 20.10.2011, wonach insbesondere das Tatbild der Tat vom 03.03.2011 von der Art der Ausführung, der Dauer und der Intensität der Einwirkung deutlich über das ähnlicher jugendtypischer Raubstraftaten hinausgeht. Das Amtsgericht E. hat in seinem Urteil vom 07.07.2011 zudem ausgeführt, dass die Tat des Klägers vom 03.03.2011 angesichts des gesamten Tatbildes bereits dem Bereich der Schwerstkriminalität zuzuordnen sei. Diese Einschätzung findet ihre Bestätigung zum einen in den vom Kläger verwirklichten Deliktstypen, zum anderen in den konkreten Tatumständen. So brachte der Kläger sein Tatopfer bei der Tat am 03.03.2011 – maßgeblich seinem eigenen Tatplan folgend – zunächst durch Verbringung an eine abgelegene Örtlichkeit in den Zustand der fast völligen Wehrlosigkeit und versetzte es anschließend u.a. durch ein mitgeführtes Messer bewusst in Todesangst. Sein Verhalten löste beim Opfer gravierende psychische Folgen aus. Selbst Monate nach der Tat befand sich das Opfer wegen einer auf den Taten des Klägers beruhenden posttraumatischen Belastungsstörung in psychotherapeutischer Behandlung. Auch bei den beiden vom Kläger begangenen Körperverletzungsdelikten erlitten die Opfer zudem durchaus erhebliche Verletzungen. Schließlich konnte auch die verhängte Strafhaft den Kläger nicht nachhaltig beeindrucken. Bereits unmittelbar nach seiner Haftentlassung am 17.03.2014 tauchte er – unter Verstoß gegen seine Bewährungsauflagen – unter und entzog sich damit der Strafverfolgung. Hinsichtlich der vom Kläger begangenen Straftaten ist nach den o.g. Ausführungen von einer konkreten Wiederholungsgefahr auszugehen. Vor diesem Hintergrund wiegt die Gefahr, dass der Erlass der Ausweisungsverfügung die Resozialisierung des Klägers gefährdet, gering.
136Darüber hinaus sind auch die Voraussetzungen des Art. 21 Abs. 3 i. V. m. Abs. 2 Buchst. b) RL 2011/95/EU erfüllt. Nach Art. 21 Abs. 3 RL 2011/95/EU können die Mitgliedstaaten den einem Flüchtling erteilten Aufenthaltstitel widerrufen, beenden oder seine Verlängerung bzw. Erteilung ablehnen, wenn Absatz 2 auf die betreffende Person Anwendung findet. Nach Art. 21 Abs. 2 Buchst. b) RL 2011/95/EU kann ein Mitgliedstaat, sofern dies nicht aufgrund der in Absatz 1 genannten völkerrechtlichen Verpflichtungen untersagt ist, einen Flüchtling unabhängig davon, ob er als solcher förmlich anerkannt ist oder nicht, zurückweisen, wenn er eine Gefahr für die Allgemeinheit dieses Mitgliedstaates darstellt, weil er wegen einer besonders schweren Straftat rechtskräftig verurteilt worden ist. So liegt es hier im Falle des Klägers.
137Der in der deutschen Fassung der RL 2011/95/EU verwandte Begriff „der rechtskräftigen Verurteilung wegen einer besonders schweren Straftat“ ist in der RL 2011/95/EU nicht weiter definiert. In der englischsprachigen Fassung der RL 2011/95/EU heißt es insoweit: “…,having been convicted by a final judgment of a particularly serious crime“. Letzteres entspricht wortgenau der insoweit u.a. maßgeblichen Diktion des Genfer Abkommens vom 28.07.1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (GFK) in deren Art. 33 Abs. 2. Weil die RL 2011/95/EU ausdrücklich auch der Umsetzung der GFK dient,
138vgl. u.a. den 3. Erwägungsgrund der RL 2011/95/EU,
139liegt auf der Hand, die Begrifflichkeit “…,having been convicted by a final judgment of a particularly serious crime“ anhand des Maßstabs der GFK zu konkretisieren. Im Ergebnis Entsprechendes folgt zudem aus dem Umstand des in Art. 21 Abs. 2 RL 2011/95/EU enthaltenen Vorbehalts entgegen stehender völkerrechtlicher Verpflichtungen, wodurch nach der Rechtsprechung des BVerwG,
140vgl. Urteil vom 22.05.2012 – 1 C 8/11 –, a.a.O. Rn. 21,
141das völkerrechtliche Refoulement-Verbot des Art. 33 GFK als eigenständige unionsrechtliche Schranke der Zurückweisung übernommen worden ist.
142Daraus folgt, dass die Versagung der Erteilung eines Aufenthaltstitels an einen Flüchtling dann im Einklang mit der RL 2011/95/EU stehen kann, wenn die vom Ausländer ausgehenden Gefahren so gravierend sind, dass sie es rechtfertigen, das Refoulement-Verbot des Art. 33 GFK zurücktreten zu lassen. Ein Rückgriff auf die nationale Regelung des § 60 Abs. 8 Satz 1 AufenthG, der für die Versagung der Flüchtlingseigenschaft u.a. eine Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren fordert, verbietet sich hingegen. Zum einen ist die RL 2011/95/EU systemimmanent aus sich heraus auszulegen, zum anderen enthalten weder Art. 21 Abs. 2 Buchst. b) RL 2011/95/EU, noch die von ihm aufgegriffene GFK in ihrem Art. 33 Abs. 2 Angaben zum zeitlichen Umfang einer Verurteilung oder zu deren Art. Von daher ist im Grundsatz unerheblich, dass der Kläger nach dem Verständnis des bundesdeutschen Strafrechts nicht zu einer Freiheitsstrafe, sondern zu einer Jugendstrafe rechtskräftig verurteilt worden ist. Entscheidungserheblich ist allein, ob der Kläger rechtskräftig wegen einer besonders schweren Straftat verurteilt worden ist,
143- .., having been convicted by a final judgment of a particularly serious crime, -
144und er deshalb nach der erforderlichen Einzelfallprüfung eine Gefahr für die Allgemeinheit darstellt, die das Refoulement-Verbot zurücktreten lassen könnte.
145Ergänzend sei dazu angemerkt, dass sich die englischsprachige Terminologie „a particularly …“ nicht auf die Anzahl der erforderlichen schweren Straftaten, sondern auf die Schwere der den Ausweisungsgrund bildenden Straftaten beziehen dürfte. Bei einem abweichenden Verständnis hätte es denn auch „one particular serious crime..“ heißen müssen. Soweit das Bundesverwaltungsgericht,
146vgl. Urteil vom 31.01.2013 – 10 C 17/12 –, juris Rn. 17,
147hinsichtlich der in § 60 Abs. 8 Satz 1 Alt. 2 AufenthG verwendeten Formulierung „wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens“ davon ausgeht, dass eine solche Auslegung die untere Grenze für die Möglichkeit eines Widerrufs der Asyl- und Flüchtlingsanerkennung in einen Bereich verschiebe, der bereits die durch eine Mehrzahl von Taten der mittleren Kriminalität ausgelösten Gefahren erfasse und sich damit gerade nicht auf Fälle besonders schwerer Verbrechen (Art. 14 Abs. 4 Buchst. b) RL 2011/95/EU) beschränke, sind diese Ausführungen auf eine Auslegung des Art. 21 Abs. 2 Buchst. b) RL 2011/95/EU nicht übertragbar.
148Zum einen ist Art. 21 Abs. 2 Buchst. b) RL 2011/95/EU ebenso wie Art. 33 Abs. 2 GFK eine Beschränkung auf eineeinzige Straftat – insbesondere unter Berücksichtigung des Wortlauts – nicht zu entnehmen. Zum anderen stellt sich die vom Bundesverwaltungsgericht im Rahmen der Anwendung des § 60 Abs. 8 Satz 1 Alt. 2 AufenthG gesehene Gefahr, dass sich die untere Grenze für die Annahme einer besonders schweren Straftat durch eine Zusammenfassung mehrerer Strafen in einen Bereich verschiebe, der bereits die durch eine Mehrzahl von Taten der mittleren Kriminalität ausgelösten Gefahren erfasse, hier bereits deshalb nicht, weil Art. 21 Abs. 2 Buchst. b) RL 2011/95/EU eine der Mindeststrafenregelung in § 60 Abs. 8 Satz 1 Alt. 2 AufenthG vergleichbare Regelung nicht enthält und daher ohnehin immer eine Einzelfallwürdigung unter Berücksichtigung der völker- und unionsrechtlich gebotenen Mindeststandards erforderlich ist.
149Die Voraussetzungen für ein Zurücktreten des Refoulement-Verbotes im vg. Sinne sind erfüllt. Auch insoweit kann auf die Wertung des Landgerichts E. in seinem rechtskräftigen (Berufungs-)Urteil vom 20.10.2011, wonach insbesondere das Tatbild der Tat vom 03.03.2011 von der Art der Ausführung, der Dauer und der Intensität der Einwirkung deutlich über das ähnlicher jugendtypischer Raubstraftaten hinausgehe, sowie auf die Ausführungen des Amtsgerichts E. in seinem Urteil vom 07.07.2011, nachdem die Tat des Klägers vom 03.03.2011 angesichts des gesamten Tatbildes bereits dem Bereich der Schwerstkriminalität zuzuordnen sei, verwiesen werden. Zudem sind die vom Kläger verwirklichten Deliktstypen, die konkreten Tatumstände sowie die gravierenden Folgen für die Tatopfer zu berücksichtigen. Dass der Kläger aufgrund des abgeurteilten Verhaltens und der oben festgestellten konkreten Gefahr der Verübung weiterer vergleichbar schwerer Straftaten eine Gefahr für die Allgemeinheit darstellt, steht außer Frage.
150In Anbetracht der die Verhältnismäßigkeit der Ausweisung tragenden Gesichtspunkte ist schließlich gegen die vom Beklagten verfügte Dauer des Einreiseverbots nichts zu erinnern. Die ausgesprochene Befristung wahrt die in § 11 Abs. 3 Satz 2 AufenthG vorgesehene (Regelhöchst-)Frist von 5 Jahren, so dass dahinstehen kann, ob und ggfls. in welchem Umfange diese im Falle des Klägers hätte überschritten werden können. Das BVerwG,
151vgl. dazu nur Urteil vom 14.05.2013 – 1 C 13/12 –, juris Rn. 32,
152hat klargestellt, dass bei der Bemessung der Frist in einem ersten Schritt das Gewicht des Ausweisungsgrundes und der mit der Ausweisung verfolgte Zweck zu berücksichtigen sind. Dabei bedürfe es der prognostischen Einschätzung, wie lange das Verhalten des Klägers, das der – wie hier – zu spezialpräventiven Zwecken verfügten Ausweisung zu Grunde liegt, das öffentliche Interesse an der Gefahrenabwehr zu tragen vermag. Im Falle des Klägers geht es vorrangig um die Abwehr von Gefahren für Leib und Leben der Bevölkerung durch die Verübung weiterer Gewaltdelikte. Hinsichtlich derer besteht nach obigen Ausführungen eine erhöhte – konkrete – Rückfallgefahr. Unter Berücksichtigung der gefährdeten Rechtsgüter und der hohen Rückfallgefahr ist die ausgesprochene Befristungsdauer nicht überhöht. Dabei kommt es nicht darauf an, dass eine Abschiebung des Klägers in sein Heimatland derzeit nicht ansteht.
153Nach der Rechtsprechung des BVerwG,
154vgl. Urteil vom 14.05.2013 – 1 C 13/12 –, a.a.O. Rn. 33,
155ist die dermaßen nach der Gefahr für die öffentliche Ordnung ermittelte Frist an höherrangigem Recht, d.h. verfassungsrechtlichen Wertentscheidungen (Art. 2 I, 6 GG) sowie den Vorgaben aus Art. 7 GRCH und Art. 8 EMRK zu messen. Sie ist daher ggfls. in einem zweiten Schritt zu relativieren, wobei dieses normative Korrektiv den Ausländerbehörden und nachfolgend den Verwaltungsgerichten ein rechtsstaatliches Mittel an die Hand gibt, um die fortwirkenden und einschneidenden Folgen des Einreise- und Aufenthaltsverbots für die persönliche Lebensführung des Betroffenen sowie ggfls. seiner engeren Familienangehörigen zu begrenzen. Nach diesen Kriterien, denen die Kammer folgt, sind hier Anhaltspunkte für eine dermaßen gefasste weitere Relativierung der ausgesprochenen Dauer nicht zu ersehen, zumal es dem Kläger unbenommen bleibt, jederzeit einen Antrag auf Verkürzung der vom Beklagten bestimmten Frist zu stellen, wenn sich die für die Festsetzung maßgeblichen Tatsachen nachträglich ändern sollten.
156Mit Blick auf das Klagevorbringen sei schließlich angemerkt, dass die angefochtene Befristungsentscheidung schon wegen der Regelung des § 25 Abs. 5 AufenthG nicht zu einem dauerhaften Erteilungs- oder Aufenthaltsverbot führt.
157Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Anordnungen über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergehen gemäß § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 ff. ZPO.
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(1) Einem Ausländer ist eine Aufenthaltserlaubnis zu erteilen, wenn er als Asylberechtigter anerkannt ist. Dies gilt nicht, wenn der Ausländer unter den Voraussetzungen des § 53 Absatz 3a ausgewiesen worden ist. Bis zur Erteilung der Aufenthaltserlaubnis gilt der Aufenthalt als erlaubt.
(2) Einem Ausländer ist eine Aufenthaltserlaubnis zu erteilen, wenn das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge die Flüchtlingseigenschaft im Sinne des § 3 Absatz 1 des Asylgesetzes oder subsidiären Schutz im Sinne des § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes zuerkannt hat. Absatz 1 Satz 2 bis 3 gilt entsprechend.
(3) Einem Ausländer soll eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn ein Abschiebungsverbot nach § 60 Absatz 5 oder 7 vorliegt. Die Aufenthaltserlaubnis wird nicht erteilt, wenn die Ausreise in einen anderen Staat möglich und zumutbar ist oder der Ausländer wiederholt oder gröblich gegen entsprechende Mitwirkungspflichten verstößt. Sie wird ferner nicht erteilt, wenn schwerwiegende Gründe die Annahme rechtfertigen, dass der Ausländer
- 1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit im Sinne der internationalen Vertragswerke begangen hat, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen festzulegen, - 2.
eine Straftat von erheblicher Bedeutung begangen hat, - 3.
sich Handlungen zuschulden kommen ließ, die den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen, wie sie in der Präambel und den Artikeln 1 und 2 der Charta der Vereinten Nationen verankert sind, zuwiderlaufen, oder - 4.
eine Gefahr für die Allgemeinheit oder eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland darstellt.
(4) Einem nicht vollziehbar ausreisepflichtigen Ausländer kann für einen vorübergehenden Aufenthalt eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, solange dringende humanitäre oder persönliche Gründe oder erhebliche öffentliche Interessen seine vorübergehende weitere Anwesenheit im Bundesgebiet erfordern. Eine Aufenthaltserlaubnis kann abweichend von § 8 Abs. 1 und 2 verlängert werden, wenn auf Grund besonderer Umstände des Einzelfalls das Verlassen des Bundesgebiets für den Ausländer eine außergewöhnliche Härte bedeuten würde. Die Aufenthaltserlaubnis berechtigt nicht zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit; sie kann nach § 4a Absatz 1 erlaubt werden.
(4a) Einem Ausländer, der Opfer einer Straftat nach den §§ 232 bis 233a des Strafgesetzbuches wurde, soll, auch wenn er vollziehbar ausreisepflichtig ist, für einen Aufenthalt eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden. Die Aufenthaltserlaubnis darf nur erteilt werden, wenn
- 1.
seine Anwesenheit im Bundesgebiet für ein Strafverfahren wegen dieser Straftat von der Staatsanwaltschaft oder dem Strafgericht für sachgerecht erachtet wird, weil ohne seine Angaben die Erforschung des Sachverhalts erschwert wäre, - 2.
er jede Verbindung zu den Personen, die beschuldigt werden, die Straftat begangen zu haben, abgebrochen hat und - 3.
er seine Bereitschaft erklärt hat, in dem Strafverfahren wegen der Straftat als Zeuge auszusagen.
Nach Beendigung des Strafverfahrens soll die Aufenthaltserlaubnis verlängert werden, wenn humanitäre oder persönliche Gründe oder öffentliche Interessen die weitere Anwesenheit des Ausländers im Bundesgebiet erfordern. Die Aufenthaltserlaubnis berechtigt nicht zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit; sie kann nach § 4a Absatz 1 erlaubt werden.
(4b) Einem Ausländer, der Opfer einer Straftat nach § 10 Absatz 1 oder § 11 Absatz 1 Nummer 3 des Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetzes oder nach § 15a des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes wurde, kann, auch wenn er vollziehbar ausreisepflichtig ist, für einen vorübergehenden Aufenthalt eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden. Die Aufenthaltserlaubnis darf nur erteilt werden, wenn
- 1.
die vorübergehende Anwesenheit des Ausländers im Bundesgebiet für ein Strafverfahren wegen dieser Straftat von der Staatsanwaltschaft oder dem Strafgericht für sachgerecht erachtet wird, weil ohne seine Angaben die Erforschung des Sachverhalts erschwert wäre, und - 2.
der Ausländer seine Bereitschaft erklärt hat, in dem Strafverfahren wegen der Straftat als Zeuge auszusagen.
(5) Einem Ausländer, der vollziehbar ausreisepflichtig ist, kann eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn seine Ausreise aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen unmöglich ist und mit dem Wegfall der Ausreisehindernisse in absehbarer Zeit nicht zu rechnen ist. Die Aufenthaltserlaubnis soll erteilt werden, wenn die Abschiebung seit 18 Monaten ausgesetzt ist. Eine Aufenthaltserlaubnis darf nur erteilt werden, wenn der Ausländer unverschuldet an der Ausreise gehindert ist. Ein Verschulden des Ausländers liegt insbesondere vor, wenn er falsche Angaben macht oder über seine Identität oder Staatsangehörigkeit täuscht oder zumutbare Anforderungen zur Beseitigung der Ausreisehindernisse nicht erfüllt.
Ein Jugendlicher ist strafrechtlich verantwortlich, wenn er zur Zeit der Tat nach seiner sittlichen und geistigen Entwicklung reif genug ist, das Unrecht der Tat einzusehen und nach dieser Einsicht zu handeln. Zur Erziehung eines Jugendlichen, der mangels Reife strafrechtlich nicht verantwortlich ist, kann der Richter dieselben Maßnahmen anordnen wie das Familiengericht.
Ohne Schuld handelt, wer bei Begehung der Tat wegen einer krankhaften seelischen Störung, wegen einer tiefgreifenden Bewußtseinsstörung oder wegen einer Intelligenzminderung oder einer schweren anderen seelischen Störung unfähig ist, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln.
Ist die Fähigkeit des Täters, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln, aus einem der in § 20 bezeichneten Gründe bei Begehung der Tat erheblich vermindert, so kann die Strafe nach § 49 Abs. 1 gemildert werden.
Hat jemand eine rechtswidrige Tat im Zustand der Schuldunfähigkeit (§ 20) oder der verminderten Schuldfähigkeit (§ 21) begangen, so ordnet das Gericht die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus an, wenn die Gesamtwürdigung des Täters und seiner Tat ergibt, daß von ihm infolge seines Zustandes erhebliche rechtswidrige Taten, durch welche die Opfer seelisch oder körperlich erheblich geschädigt oder erheblich gefährdet werden oder schwerer wirtschaftlicher Schaden angerichtet wird, zu erwarten sind und er deshalb für die Allgemeinheit gefährlich ist. Handelt es sich bei der begangenen rechtswidrigen Tat nicht um eine im Sinne von Satz 1 erhebliche Tat, so trifft das Gericht eine solche Anordnung nur, wenn besondere Umstände die Erwartung rechtfertigen, dass der Täter infolge seines Zustandes derartige erhebliche rechtswidrige Taten begehen wird.
Ein Jugendlicher ist strafrechtlich verantwortlich, wenn er zur Zeit der Tat nach seiner sittlichen und geistigen Entwicklung reif genug ist, das Unrecht der Tat einzusehen und nach dieser Einsicht zu handeln. Zur Erziehung eines Jugendlichen, der mangels Reife strafrechtlich nicht verantwortlich ist, kann der Richter dieselben Maßnahmen anordnen wie das Familiengericht.
(1) Der Vollstreckungsleiter kann die Vollstreckung des Restes der Jugendstrafe zur Bewährung aussetzen, wenn der Verurteilte einen Teil der Strafe verbüßt hat und dies im Hinblick auf die Entwicklung des Jugendlichen, auch unter Berücksichtigung des Sicherheitsinteresses der Allgemeinheit, verantwortet werden kann.
(2) Vor Verbüßung von sechs Monaten darf die Aussetzung der Vollstreckung des Restes nur aus besonders wichtigen Gründen angeordnet werden. Sie ist bei einer Jugendstrafe von mehr als einem Jahr nur zulässig, wenn der Verurteilte mindestens ein Drittel der Strafe verbüßt hat.
(3) Der Vollstreckungsleiter soll in den Fällen der Absätze 1 und 2 seine Entscheidung so frühzeitig treffen, daß die erforderlichen Maßnahmen zur Vorbereitung des Verurteilten auf sein Leben nach der Entlassung durchgeführt werden können. Er kann seine Entscheidung bis zur Entlassung des Verurteilten wieder aufheben, wenn die Aussetzung aufgrund neu eingetretener oder bekanntgewordener Tatsachen im Hinblick auf die Entwicklung des Jugendlichen, auch unter Berücksichtigung des Sicherheitsinteresses der Allgemeinheit, nicht mehr verantwortet werden kann.
(4) Der Vollstreckungsleiter entscheidet nach Anhören des Staatsanwalts und des Vollzugsleiters. Dem Verurteilten ist Gelegenheit zur mündlichen Äußerung zu geben.
(5) Der Vollstreckungsleiter kann Fristen von höchstens sechs Monaten festsetzen, vor deren Ablauf ein Antrag des Verurteilten, den Strafrest zur Bewährung auszusetzen, unzulässig ist.
(6) Ordnet der Vollstreckungsleiter die Aussetzung der Vollstreckung des Restes der Jugendstrafe an, so gelten § 22 Abs. 1, 2 Satz 1 und 2 sowie die §§ 23 bis 26a sinngemäß. An die Stelle des erkennenden Richters tritt der Vollstreckungsleiter. Auf das Verfahren und die Anfechtung von Entscheidungen sind die §§ 58, 59 Abs. 2 bis 4 und § 60 entsprechend anzuwenden. Die Beschwerde der Staatsanwaltschaft gegen den Beschluß, der die Aussetzung des Strafrestes anordnet, hat aufschiebende Wirkung.
(1) Die Klage muß den Kläger, den Beklagten und den Gegenstand des Klagebegehrens bezeichnen. Sie soll einen bestimmten Antrag enthalten. Die zur Begründung dienenden Tatsachen und Beweismittel sollen angegeben, die angefochtene Verfügung und der Widerspruchsbescheid sollen in Abschrift beigefügt werden.
(2) Entspricht die Klage diesen Anforderungen nicht, hat der Vorsitzende oder der nach § 21g des Gerichtsverfassungsgesetzes zuständige Berufsrichter (Berichterstatter) den Kläger zu der erforderlichen Ergänzung innerhalb einer bestimmten Frist aufzufordern. Er kann dem Kläger für die Ergänzung eine Frist mit ausschließender Wirkung setzen, wenn es an einem der in Absatz 1 Satz 1 genannten Erfordernisse fehlt. Für die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gilt § 60 entsprechend.
(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.
(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.
(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.
(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.
(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.
(1) Das Bleibeinteresse im Sinne von § 53 Absatz 1 wiegt besonders schwer, wenn der Ausländer
- 1.
eine Niederlassungserlaubnis besitzt und sich seit mindestens fünf Jahren rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat, - 2.
eine Aufenthaltserlaubnis besitzt und im Bundesgebiet geboren oder als Minderjähriger in das Bundesgebiet eingereist ist und sich seit mindestens fünf Jahren rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat, - 3.
eine Aufenthaltserlaubnis besitzt, sich seit mindestens fünf Jahren rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat und mit einem der in den Nummern 1 und 2 bezeichneten Ausländer in ehelicher oder lebenspartnerschaftlicher Lebensgemeinschaft lebt, - 4.
mit einem deutschen Familienangehörigen oder Lebenspartner in familiärer oder lebenspartnerschaftlicher Lebensgemeinschaft lebt, sein Personensorgerecht für einen minderjährigen ledigen Deutschen oder mit diesem sein Umgangsrecht ausübt oder - 5.
eine Aufenthaltserlaubnis nach § 23 Absatz 4, den §§ 24, 25 Absatz 4a Satz 3 oder nach § 29 Absatz 2 oder 4 besitzt.
(2) Das Bleibeinteresse im Sinne von § 53 Absatz 1 wiegt insbesondere schwer, wenn
- 1.
der Ausländer minderjährig ist und eine Aufenthaltserlaubnis besitzt, - 2.
der Ausländer eine Aufenthaltserlaubnis besitzt und sich seit mindestens fünf Jahren im Bundesgebiet aufhält, - 3.
der Ausländer sein Personensorgerecht für einen im Bundesgebiet rechtmäßig sich aufhaltenden ledigen Minderjährigen oder mit diesem sein Umgangsrecht ausübt, - 4.
der Ausländer minderjährig ist und sich die Eltern oder ein personensorgeberechtigter Elternteil rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalten beziehungsweise aufhält, - 5.
die Belange oder das Wohl eines Kindes zu berücksichtigen sind beziehungsweise ist oder - 6.
der Ausländer eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Absatz 4a Satz 1 besitzt.
(3) Aufenthalte auf der Grundlage von § 81 Absatz 3 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1 werden als rechtmäßiger Aufenthalt im Sinne der Absätze 1 und 2 nur berücksichtigt, wenn dem Antrag auf Erteilung oder Verlängerung des Aufenthaltstitels entsprochen wurde.
(1) Ein Ausländer, gegen den eine Ausweisungsverfügung auf Grund eines Ausweisungsinteresses nach § 54 Absatz 1 Nummer 2 bis 5 oder eine Abschiebungsanordnung nach § 58a besteht, unterliegt der Verpflichtung, sich mindestens einmal wöchentlich bei der für seinen Aufenthaltsort zuständigen polizeilichen Dienststelle zu melden, soweit die Ausländerbehörde nichts anderes bestimmt. Eine dem Satz 1 entsprechende Meldepflicht kann angeordnet werden, wenn der Ausländer
- 1.
vollziehbar ausreisepflichtig ist und ein in Satz 1 genanntes Ausweisungsinteresse besteht oder - 2.
auf Grund anderer als der in Satz 1 genannten Ausweisungsinteressen vollziehbar ausreisepflichtig ist und die Anordnung der Meldepflicht zur Abwehr einer Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung erforderlich ist.
(2) Sein Aufenthalt ist auf den Bezirk der Ausländerbehörde beschränkt, soweit die Ausländerbehörde keine abweichenden Festlegungen trifft.
(3) Er kann verpflichtet werden, in einem anderen Wohnort oder in bestimmten Unterkünften auch außerhalb des Bezirks der Ausländerbehörde zu wohnen, wenn dies geboten erscheint, um
- 1.
die Fortführung von Bestrebungen, die zur Ausweisung geführt haben, zu erschweren oder zu unterbinden und die Einhaltung vereinsrechtlicher oder sonstiger gesetzlicher Auflagen und Verpflichtungen besser überwachen zu können oder - 2.
die wiederholte Begehung erheblicher Straftaten, die zu einer Ausweisung nach § 54 Absatz 1 Nummer 1 geführt haben, zu unterbinden.
(4) Um die Fortführung von Bestrebungen, die zur Ausweisung nach § 54 Absatz 1 Nummer 2 bis 5, zu einer Anordnung nach Absatz 1 Satz 2 Nummer 1 oder zu einer Abschiebungsanordnung nach § 58a geführt haben, zu erschweren oder zu unterbinden, kann der Ausländer auch verpflichtet werden, zu bestimmten Personen oder Personen einer bestimmten Gruppe keinen Kontakt aufzunehmen, mit ihnen nicht zu verkehren, sie nicht zu beschäftigen, auszubilden oder zu beherbergen und bestimmte Kommunikationsmittel oder Dienste nicht zu nutzen, soweit ihm Kommunikationsmittel verbleiben und die Beschränkungen notwendig sind, um eine erhebliche Gefahr für die innere Sicherheit oder für Leib und Leben Dritter abzuwehren. Um die wiederholte Begehung erheblicher Straftaten, die zu einer Ausweisung nach § 54 Absatz 1 Nummer 1 geführt haben, zu unterbinden, können Beschränkungen nach Satz 1 angeordnet werden, soweit diese notwendig sind, um eine erhebliche Gefahr für die innere Sicherheit oder für Leib und Leben Dritter abzuwenden.
(5) Die Verpflichtungen nach den Absätzen 1 bis 4 ruhen, wenn sich der Ausländer in Haft befindet. Eine Anordnung nach den Absätzen 3 und 4 ist sofort vollziehbar.
(1) Das Bleibeinteresse im Sinne von § 53 Absatz 1 wiegt besonders schwer, wenn der Ausländer
- 1.
eine Niederlassungserlaubnis besitzt und sich seit mindestens fünf Jahren rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat, - 2.
eine Aufenthaltserlaubnis besitzt und im Bundesgebiet geboren oder als Minderjähriger in das Bundesgebiet eingereist ist und sich seit mindestens fünf Jahren rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat, - 3.
eine Aufenthaltserlaubnis besitzt, sich seit mindestens fünf Jahren rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat und mit einem der in den Nummern 1 und 2 bezeichneten Ausländer in ehelicher oder lebenspartnerschaftlicher Lebensgemeinschaft lebt, - 4.
mit einem deutschen Familienangehörigen oder Lebenspartner in familiärer oder lebenspartnerschaftlicher Lebensgemeinschaft lebt, sein Personensorgerecht für einen minderjährigen ledigen Deutschen oder mit diesem sein Umgangsrecht ausübt oder - 5.
eine Aufenthaltserlaubnis nach § 23 Absatz 4, den §§ 24, 25 Absatz 4a Satz 3 oder nach § 29 Absatz 2 oder 4 besitzt.
(2) Das Bleibeinteresse im Sinne von § 53 Absatz 1 wiegt insbesondere schwer, wenn
- 1.
der Ausländer minderjährig ist und eine Aufenthaltserlaubnis besitzt, - 2.
der Ausländer eine Aufenthaltserlaubnis besitzt und sich seit mindestens fünf Jahren im Bundesgebiet aufhält, - 3.
der Ausländer sein Personensorgerecht für einen im Bundesgebiet rechtmäßig sich aufhaltenden ledigen Minderjährigen oder mit diesem sein Umgangsrecht ausübt, - 4.
der Ausländer minderjährig ist und sich die Eltern oder ein personensorgeberechtigter Elternteil rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalten beziehungsweise aufhält, - 5.
die Belange oder das Wohl eines Kindes zu berücksichtigen sind beziehungsweise ist oder - 6.
der Ausländer eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Absatz 4a Satz 1 besitzt.
(3) Aufenthalte auf der Grundlage von § 81 Absatz 3 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1 werden als rechtmäßiger Aufenthalt im Sinne der Absätze 1 und 2 nur berücksichtigt, wenn dem Antrag auf Erteilung oder Verlängerung des Aufenthaltstitels entsprochen wurde.
(1) Ein Ausländer, gegen den eine Ausweisungsverfügung auf Grund eines Ausweisungsinteresses nach § 54 Absatz 1 Nummer 2 bis 5 oder eine Abschiebungsanordnung nach § 58a besteht, unterliegt der Verpflichtung, sich mindestens einmal wöchentlich bei der für seinen Aufenthaltsort zuständigen polizeilichen Dienststelle zu melden, soweit die Ausländerbehörde nichts anderes bestimmt. Eine dem Satz 1 entsprechende Meldepflicht kann angeordnet werden, wenn der Ausländer
- 1.
vollziehbar ausreisepflichtig ist und ein in Satz 1 genanntes Ausweisungsinteresse besteht oder - 2.
auf Grund anderer als der in Satz 1 genannten Ausweisungsinteressen vollziehbar ausreisepflichtig ist und die Anordnung der Meldepflicht zur Abwehr einer Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung erforderlich ist.
(2) Sein Aufenthalt ist auf den Bezirk der Ausländerbehörde beschränkt, soweit die Ausländerbehörde keine abweichenden Festlegungen trifft.
(3) Er kann verpflichtet werden, in einem anderen Wohnort oder in bestimmten Unterkünften auch außerhalb des Bezirks der Ausländerbehörde zu wohnen, wenn dies geboten erscheint, um
- 1.
die Fortführung von Bestrebungen, die zur Ausweisung geführt haben, zu erschweren oder zu unterbinden und die Einhaltung vereinsrechtlicher oder sonstiger gesetzlicher Auflagen und Verpflichtungen besser überwachen zu können oder - 2.
die wiederholte Begehung erheblicher Straftaten, die zu einer Ausweisung nach § 54 Absatz 1 Nummer 1 geführt haben, zu unterbinden.
(4) Um die Fortführung von Bestrebungen, die zur Ausweisung nach § 54 Absatz 1 Nummer 2 bis 5, zu einer Anordnung nach Absatz 1 Satz 2 Nummer 1 oder zu einer Abschiebungsanordnung nach § 58a geführt haben, zu erschweren oder zu unterbinden, kann der Ausländer auch verpflichtet werden, zu bestimmten Personen oder Personen einer bestimmten Gruppe keinen Kontakt aufzunehmen, mit ihnen nicht zu verkehren, sie nicht zu beschäftigen, auszubilden oder zu beherbergen und bestimmte Kommunikationsmittel oder Dienste nicht zu nutzen, soweit ihm Kommunikationsmittel verbleiben und die Beschränkungen notwendig sind, um eine erhebliche Gefahr für die innere Sicherheit oder für Leib und Leben Dritter abzuwehren. Um die wiederholte Begehung erheblicher Straftaten, die zu einer Ausweisung nach § 54 Absatz 1 Nummer 1 geführt haben, zu unterbinden, können Beschränkungen nach Satz 1 angeordnet werden, soweit diese notwendig sind, um eine erhebliche Gefahr für die innere Sicherheit oder für Leib und Leben Dritter abzuwenden.
(5) Die Verpflichtungen nach den Absätzen 1 bis 4 ruhen, wenn sich der Ausländer in Haft befindet. Eine Anordnung nach den Absätzen 3 und 4 ist sofort vollziehbar.
(1) Der Aufenthaltstitel wird für das Bundesgebiet erteilt. Seine Gültigkeit nach den Vorschriften des Schengener Durchführungsübereinkommens für den Aufenthalt im Hoheitsgebiet der Vertragsparteien bleibt unberührt.
(2) Das Visum und die Aufenthaltserlaubnis können mit Bedingungen erteilt und verlängert werden. Sie können, auch nachträglich, mit Auflagen, insbesondere einer räumlichen Beschränkung, verbunden werden. Insbesondere kann die Aufenthaltserlaubnis mit einer räumlichen Beschränkung versehen werden, wenn ein Ausweisungsinteresse nach § 54 Absatz 1 Nummer 1 oder 1a besteht und dies erforderlich ist, um den Ausländer aus einem Umfeld zu lösen, welches die wiederholte Begehung erheblicher Straftaten begünstigt.
(3) Ein Ausländer hat den Teil des Bundesgebiets, in dem er sich ohne Erlaubnis der Ausländerbehörde einer räumlichen Beschränkung zuwider aufhält, unverzüglich zu verlassen.
(4) Der Aufenthalt eines Ausländers, der keines Aufenthaltstitels bedarf, kann zeitlich und räumlich beschränkt sowie von Bedingungen und Auflagen abhängig gemacht werden.
(5) Die Ausländerbehörde kann dem Ausländer das Verlassen des auf der Grundlage dieses Gesetzes beschränkten Aufenthaltsbereichs erlauben. Die Erlaubnis ist zu erteilen, wenn hieran ein dringendes öffentliches Interesse besteht, zwingende Gründe es erfordern oder die Versagung der Erlaubnis eine unbillige Härte bedeuten würde. Der Ausländer kann Termine bei Behörden und Gerichten, bei denen sein persönliches Erscheinen erforderlich ist, ohne Erlaubnis wahrnehmen.
(1) Ein Ausländer, gegen den eine Ausweisungsverfügung auf Grund eines Ausweisungsinteresses nach § 54 Absatz 1 Nummer 2 bis 5 oder eine Abschiebungsanordnung nach § 58a besteht, unterliegt der Verpflichtung, sich mindestens einmal wöchentlich bei der für seinen Aufenthaltsort zuständigen polizeilichen Dienststelle zu melden, soweit die Ausländerbehörde nichts anderes bestimmt. Eine dem Satz 1 entsprechende Meldepflicht kann angeordnet werden, wenn der Ausländer
- 1.
vollziehbar ausreisepflichtig ist und ein in Satz 1 genanntes Ausweisungsinteresse besteht oder - 2.
auf Grund anderer als der in Satz 1 genannten Ausweisungsinteressen vollziehbar ausreisepflichtig ist und die Anordnung der Meldepflicht zur Abwehr einer Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung erforderlich ist.
(2) Sein Aufenthalt ist auf den Bezirk der Ausländerbehörde beschränkt, soweit die Ausländerbehörde keine abweichenden Festlegungen trifft.
(3) Er kann verpflichtet werden, in einem anderen Wohnort oder in bestimmten Unterkünften auch außerhalb des Bezirks der Ausländerbehörde zu wohnen, wenn dies geboten erscheint, um
- 1.
die Fortführung von Bestrebungen, die zur Ausweisung geführt haben, zu erschweren oder zu unterbinden und die Einhaltung vereinsrechtlicher oder sonstiger gesetzlicher Auflagen und Verpflichtungen besser überwachen zu können oder - 2.
die wiederholte Begehung erheblicher Straftaten, die zu einer Ausweisung nach § 54 Absatz 1 Nummer 1 geführt haben, zu unterbinden.
(4) Um die Fortführung von Bestrebungen, die zur Ausweisung nach § 54 Absatz 1 Nummer 2 bis 5, zu einer Anordnung nach Absatz 1 Satz 2 Nummer 1 oder zu einer Abschiebungsanordnung nach § 58a geführt haben, zu erschweren oder zu unterbinden, kann der Ausländer auch verpflichtet werden, zu bestimmten Personen oder Personen einer bestimmten Gruppe keinen Kontakt aufzunehmen, mit ihnen nicht zu verkehren, sie nicht zu beschäftigen, auszubilden oder zu beherbergen und bestimmte Kommunikationsmittel oder Dienste nicht zu nutzen, soweit ihm Kommunikationsmittel verbleiben und die Beschränkungen notwendig sind, um eine erhebliche Gefahr für die innere Sicherheit oder für Leib und Leben Dritter abzuwehren. Um die wiederholte Begehung erheblicher Straftaten, die zu einer Ausweisung nach § 54 Absatz 1 Nummer 1 geführt haben, zu unterbinden, können Beschränkungen nach Satz 1 angeordnet werden, soweit diese notwendig sind, um eine erhebliche Gefahr für die innere Sicherheit oder für Leib und Leben Dritter abzuwenden.
(5) Die Verpflichtungen nach den Absätzen 1 bis 4 ruhen, wenn sich der Ausländer in Haft befindet. Eine Anordnung nach den Absätzen 3 und 4 ist sofort vollziehbar.
(1) Das Bleibeinteresse im Sinne von § 53 Absatz 1 wiegt besonders schwer, wenn der Ausländer
- 1.
eine Niederlassungserlaubnis besitzt und sich seit mindestens fünf Jahren rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat, - 2.
eine Aufenthaltserlaubnis besitzt und im Bundesgebiet geboren oder als Minderjähriger in das Bundesgebiet eingereist ist und sich seit mindestens fünf Jahren rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat, - 3.
eine Aufenthaltserlaubnis besitzt, sich seit mindestens fünf Jahren rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat und mit einem der in den Nummern 1 und 2 bezeichneten Ausländer in ehelicher oder lebenspartnerschaftlicher Lebensgemeinschaft lebt, - 4.
mit einem deutschen Familienangehörigen oder Lebenspartner in familiärer oder lebenspartnerschaftlicher Lebensgemeinschaft lebt, sein Personensorgerecht für einen minderjährigen ledigen Deutschen oder mit diesem sein Umgangsrecht ausübt oder - 5.
eine Aufenthaltserlaubnis nach § 23 Absatz 4, den §§ 24, 25 Absatz 4a Satz 3 oder nach § 29 Absatz 2 oder 4 besitzt.
(2) Das Bleibeinteresse im Sinne von § 53 Absatz 1 wiegt insbesondere schwer, wenn
- 1.
der Ausländer minderjährig ist und eine Aufenthaltserlaubnis besitzt, - 2.
der Ausländer eine Aufenthaltserlaubnis besitzt und sich seit mindestens fünf Jahren im Bundesgebiet aufhält, - 3.
der Ausländer sein Personensorgerecht für einen im Bundesgebiet rechtmäßig sich aufhaltenden ledigen Minderjährigen oder mit diesem sein Umgangsrecht ausübt, - 4.
der Ausländer minderjährig ist und sich die Eltern oder ein personensorgeberechtigter Elternteil rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalten beziehungsweise aufhält, - 5.
die Belange oder das Wohl eines Kindes zu berücksichtigen sind beziehungsweise ist oder - 6.
der Ausländer eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Absatz 4a Satz 1 besitzt.
(3) Aufenthalte auf der Grundlage von § 81 Absatz 3 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1 werden als rechtmäßiger Aufenthalt im Sinne der Absätze 1 und 2 nur berücksichtigt, wenn dem Antrag auf Erteilung oder Verlängerung des Aufenthaltstitels entsprochen wurde.
(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.
(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.
(1) Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutze der staatlichen Ordnung.
(2) Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht. Über ihre Betätigung wacht die staatliche Gemeinschaft.
(3) Gegen den Willen der Erziehungsberechtigten dürfen Kinder nur auf Grund eines Gesetzes von der Familie getrennt werden, wenn die Erziehungsberechtigten versagen oder wenn die Kinder aus anderen Gründen zu verwahrlosen drohen.
(4) Jede Mutter hat Anspruch auf den Schutz und die Fürsorge der Gemeinschaft.
(5) Den unehelichen Kindern sind durch die Gesetzgebung die gleichen Bedingungen für ihre leibliche und seelische Entwicklung und ihre Stellung in der Gesellschaft zu schaffen wie den ehelichen Kindern.
(1) Der Aufenthaltstitel erlischt in folgenden Fällen:
- 1.
Ablauf seiner Geltungsdauer, - 2.
Eintritt einer auflösenden Bedingung, - 3.
Rücknahme des Aufenthaltstitels, - 4.
Widerruf des Aufenthaltstitels, - 5.
Ausweisung des Ausländers, - 5a.
Bekanntgabe einer Abschiebungsanordnung nach § 58a, - 6.
wenn der Ausländer aus einem seiner Natur nach nicht vorübergehenden Grunde ausreist, - 7.
wenn der Ausländer ausgereist und nicht innerhalb von sechs Monaten oder einer von der Ausländerbehörde bestimmten längeren Frist wieder eingereist ist, - 8.
wenn ein Ausländer nach Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß der §§ 22, 23 oder § 25 Abs. 3 bis 5 einen Asylantrag stellt;
(1a) Die Gültigkeit einer nach § 19 erteilten ICT-Karte erlischt nicht nach Absatz 1 Nummer 6 und 7, wenn der Ausländer von der in der Richtlinie 2014/66/EU vorgesehenen Möglichkeit Gebrauch macht, einen Teil des unternehmensinternen Transfers in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union durchzuführen. Die Gültigkeit einer nach § 16b oder § 18d erteilten Aufenthaltserlaubnis erlischt nicht nach Absatz 1 Nummer 6 und 7, wenn der Ausländer von der in der Richtlinie (EU) 2016/801 vorgesehenen Möglichkeit Gebrauch macht, einen Teil des Studiums oder des Forschungsvorhabens in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union durchzuführen.
(2) Die Niederlassungserlaubnis eines Ausländers, der sich mindestens 15 Jahre rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat sowie die Niederlassungserlaubnis seines mit ihm in ehelicher Lebensgemeinschaft lebenden Ehegatten erlöschen nicht nach Absatz 1 Nr. 6 und 7, wenn deren Lebensunterhalt gesichert ist und kein Ausweisungsinteresse nach § 54 Absatz 1 Nummer 2 bis 5 oder Absatz 2 Nummer 5 bis 7 besteht. Die Niederlassungserlaubnis eines mit einem Deutschen in ehelicher Lebensgemeinschaft lebenden Ausländers erlischt nicht nach Absatz 1 Nr. 6 und 7, wenn kein Ausweisungsinteresse nach § 54 Absatz 1 Nummer 2 bis 5 oder Absatz 2 Nummer 5 bis 7 besteht. Zum Nachweis des Fortbestandes der Niederlassungserlaubnis stellt die Ausländerbehörde am Ort des letzten gewöhnlichen Aufenthalts auf Antrag eine Bescheinigung aus.
(3) Der Aufenthaltstitel erlischt nicht nach Absatz 1 Nr. 7, wenn die Frist lediglich wegen Erfüllung der gesetzlichen Wehrpflicht im Heimatstaat überschritten wird und der Ausländer innerhalb von drei Monaten nach der Entlassung aus dem Wehrdienst wieder einreist.
(4) Nach Absatz 1 Nr. 7 wird in der Regel eine längere Frist bestimmt, wenn der Ausländer aus einem seiner Natur nach vorübergehenden Grunde ausreisen will und eine Niederlassungserlaubnis besitzt oder wenn der Aufenthalt außerhalb des Bundesgebiets Interessen der Bundesrepublik Deutschland dient. Abweichend von Absatz 1 Nummer 6 und 7 erlischt der Aufenthaltstitel eines Ausländers nicht, wenn er die Voraussetzungen des § 37 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 erfüllt, rechtswidrig mit Gewalt oder Drohung mit einem empfindlichen Übel zur Eingehung der Ehe genötigt und von der Rückkehr nach Deutschland abgehalten wurde und innerhalb von drei Monaten nach Wegfall der Zwangslage, spätestens jedoch innerhalb von zehn Jahren seit der Ausreise, wieder einreist.
(5) Die Befreiung vom Erfordernis des Aufenthaltstitels entfällt, wenn der Ausländer ausgewiesen, zurückgeschoben oder abgeschoben wird; § 11 Absatz 2 bis 5 findet entsprechende Anwendung.
(6) Räumliche und sonstige Beschränkungen und Auflagen nach diesem und nach anderen Gesetzen bleiben auch nach Wegfall des Aufenthaltstitels oder der Aussetzung der Abschiebung in Kraft, bis sie aufgehoben werden oder der Ausländer seiner Ausreisepflicht nachgekommen ist.
(7) Im Falle der Ausreise eines Asylberechtigten oder eines Ausländers, dem das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge unanfechtbar die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt hat, erlischt der Aufenthaltstitel nicht, solange er im Besitz eines gültigen, von einer deutschen Behörde ausgestellten Reiseausweises für Flüchtlinge ist. Der Ausländer hat auf Grund seiner Anerkennung als Asylberechtigter oder der unanfechtbaren Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft durch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge keinen Anspruch auf erneute Erteilung eines Aufenthaltstitels, wenn er das Bundesgebiet verlassen hat und die Zuständigkeit für die Ausstellung eines Reiseausweises für Flüchtlinge auf einen anderen Staat übergegangen ist.
(8) Vor der Aufhebung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 38a Abs. 1, vor einer Ausweisung eines Ausländers, der eine solche Aufenthaltserlaubnis besitzt und vor dem Erlass einer gegen ihn gerichteten Abschiebungsanordnung nach § 58a gibt die zuständige Behörde in dem Verfahren nach § 91c Absatz 2 über das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge dem Mitgliedstaat der Europäischen Union, in dem der Ausländer die Rechtsstellung eines langfristig Aufenthaltsberechtigten besitzt, Gelegenheit zur Stellungnahme, wenn die Abschiebung in ein Gebiet erwogen wird, in dem diese Rechtsstellung nicht erworben werden kann. Geht die Stellungnahme des anderen Mitgliedstaates rechtzeitig ein, wird sie von der zuständigen Behörde berücksichtigt.
(8a) Soweit die Behörden anderer Schengen-Staaten über Entscheidungen nach Artikel 34 der Verordnung (EG) Nr. 810/2009, die durch die Ausländerbehörden getroffen wurden, zu unterrichten sind, erfolgt dies über das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge. Die mit der polizeilichen Kontrolle des grenzüberschreitenden Verkehrs beauftragten Behörden unterrichten die Behörden anderer Schengen-Staaten unmittelbar über ihre Entscheidungen nach Artikel 34 der Verordnung (EG) Nr. 810/2009.
(9) Die Erlaubnis zum Daueraufenthalt – EU erlischt nur, wenn
- 1.
ihre Erteilung wegen Täuschung, Drohung oder Bestechung zurückgenommen wird, - 2.
der Ausländer ausgewiesen oder ihm eine Abschiebungsanordnung nach § 58a bekannt gegeben wird, - 3.
sich der Ausländer für einen Zeitraum von zwölf aufeinander folgenden Monaten außerhalb des Gebiets aufhält, in dem die Rechtsstellung eines langfristig Aufenthaltsberechtigten erworben werden kann; der Zeitraum beträgt 24 aufeinanderfolgende Monate bei einem Ausländer, der zuvor im Besitz einer Blauen Karte EU war, und bei seinen Familienangehörigen, die zuvor im Besitz einer Aufenthaltserlaubnis nach den §§ 30, 32, 33 oder 36 waren, - 4.
sich der Ausländer für einen Zeitraum von sechs Jahren außerhalb des Bundesgebiets aufhält oder - 5.
der Ausländer die Rechtsstellung eines langfristig Aufenthaltsberechtigten in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union erwirbt.
(10) Abweichend von Absatz 1 Nummer 7 beträgt die Frist für die Blaue Karte EU und die Aufenthaltserlaubnisse nach den §§ 30, 32, 33 oder 36, die den Familienangehörigen eines Inhabers einer Blauen Karte EU erteilt worden sind, zwölf Monate. Gleiches gilt für die Niederlassungserlaubnis eines Ausländers, der sich mindestens 15 Jahre rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat sowie die Niederlassungserlaubnis eines mit ihm in ehelicher Lebensgemeinschaft lebenden Ehegatten, wenn sie das 60. Lebensjahr vollendet haben.
(1) Gegen einen Ausländer, der ausgewiesen, zurückgeschoben oder abgeschoben worden ist, ist ein Einreise- und Aufenthaltsverbot zu erlassen. Infolge des Einreise- und Aufenthaltsverbots darf der Ausländer weder erneut in das Bundesgebiet einreisen noch sich darin aufhalten noch darf ihm, selbst im Falle eines Anspruchs nach diesem Gesetz, ein Aufenthaltstitel erteilt werden.
(2) Im Falle der Ausweisung ist das Einreise- und Aufenthaltsverbot gemeinsam mit der Ausweisungsverfügung zu erlassen. Ansonsten soll das Einreise- und Aufenthaltsverbot mit der Abschiebungsandrohung oder Abschiebungsanordnung nach § 58a unter der aufschiebenden Bedingung der Ab- oder Zurückschiebung und spätestens mit der Ab- oder Zurückschiebung erlassen werden. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist bei seinem Erlass von Amts wegen zu befristen. Die Frist beginnt mit der Ausreise. Die Befristung kann zur Abwehr einer Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung mit einer Bedingung versehen werden, insbesondere einer nachweislichen Straf- oder Drogenfreiheit. Tritt die Bedingung bis zum Ablauf der Frist nicht ein, gilt eine von Amts wegen zusammen mit der Befristung nach Satz 5 angeordnete längere Befristung.
(3) Über die Länge der Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots wird nach Ermessen entschieden. Sie darf außer in den Fällen der Absätze 5 bis 5b fünf Jahre nicht überschreiten.
(4) Das Einreise- und Aufenthaltsverbot kann zur Wahrung schutzwürdiger Belange des Ausländers oder, soweit es der Zweck des Einreise- und Aufenthaltsverbots nicht mehr erfordert, aufgehoben oder die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots verkürzt werden. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot soll aufgehoben werden, wenn die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels nach Kapitel 2 Abschnitt 5 vorliegen. Bei der Entscheidung über die Verkürzung der Frist oder die Aufhebung des Einreise- und Aufenthaltsverbots, das zusammen mit einer Ausweisung erlassen wurde, ist zu berücksichtigen, ob der Ausländer seiner Ausreisepflicht innerhalb der ihm gesetzten Ausreisefrist nachgekommen ist, es sei denn, der Ausländer war unverschuldet an der Ausreise gehindert oder die Überschreitung der Ausreisefrist war nicht erheblich. Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots kann aus Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung verlängert werden. Absatz 3 gilt entsprechend.
(5) Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots soll zehn Jahre nicht überschreiten, wenn der Ausländer auf Grund einer strafrechtlichen Verurteilung ausgewiesen worden ist oder wenn von ihm eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung ausgeht. Absatz 4 gilt in diesen Fällen entsprechend.
(5a) Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots soll 20 Jahre betragen, wenn der Ausländer wegen eines Verbrechens gegen den Frieden, eines Kriegsverbrechens oder eines Verbrechens gegen die Menschlichkeit oder zur Abwehr einer Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland oder einer terroristischen Gefahr ausgewiesen wurde. Absatz 4 Satz 4 und 5 gilt in diesen Fällen entsprechend. Eine Verkürzung der Frist oder Aufhebung des Einreise- und Aufenthaltsverbots ist grundsätzlich ausgeschlossen. Die oberste Landesbehörde kann im Einzelfall Ausnahmen hiervon zulassen.
(5b) Wird der Ausländer auf Grund einer Abschiebungsanordnung nach § 58a aus dem Bundesgebiet abgeschoben, soll ein unbefristetes Einreise- und Aufenthaltsverbot erlassen werden. In den Fällen des Absatzes 5a oder wenn der Ausländer wegen eines in § 54 Absatz 1 Nummer 1 genannten Ausweisungsinteresses ausgewiesen worden ist, kann im Einzelfall ein unbefristetes Einreise- und Aufenthaltsverbot erlassen werden. Absatz 5a Satz 3 und 4 gilt entsprechend.
(5c) Die Behörde, die die Ausweisung, die Abschiebungsandrohung oder die Abschiebungsanordnung nach § 58a erlässt, ist auch für den Erlass und die erstmalige Befristung des damit zusammenhängenden Einreise- und Aufenthaltsverbots zuständig.
(6) Gegen einen Ausländer, der seiner Ausreisepflicht nicht innerhalb einer ihm gesetzten Ausreisefrist nachgekommen ist, kann ein Einreise- und Aufenthaltsverbot angeordnet werden, es sei denn, der Ausländer ist unverschuldet an der Ausreise gehindert oder die Überschreitung der Ausreisefrist ist nicht erheblich. Absatz 1 Satz 2, Absatz 2 Satz 3 bis 6, Absatz 3 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1, 2 und 4 gelten entsprechend. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist mit seiner Anordnung nach Satz 1 zu befristen. Bei der ersten Anordnung des Einreise- und Aufenthaltsverbots nach Satz 1 soll die Frist ein Jahr nicht überschreiten. Im Übrigen soll die Frist drei Jahre nicht überschreiten. Ein Einreise- und Aufenthaltsverbot wird nicht angeordnet, wenn Gründe für eine vorübergehende Aussetzung der Abschiebung nach § 60a vorliegen, die der Ausländer nicht verschuldet hat.
(7) Gegen einen Ausländer,
- 1.
dessen Asylantrag nach § 29a Absatz 1 des Asylgesetzes als offensichtlich unbegründet abgelehnt wurde, dem kein subsidiärer Schutz zuerkannt wurde, das Vorliegen der Voraussetzungen für ein Abschiebungsverbot nach § 60 Absatz 5 oder 7 nicht festgestellt wurde und der keinen Aufenthaltstitel besitzt oder - 2.
dessen Antrag nach § 71 oder § 71a des Asylgesetzes wiederholt nicht zur Durchführung eines weiteren Asylverfahrens geführt hat,
(8) Vor Ablauf des Einreise- und Aufenthaltsverbots kann dem Ausländer ausnahmsweise erlaubt werden, das Bundesgebiet kurzfristig zu betreten, wenn zwingende Gründe seine Anwesenheit erfordern oder die Versagung der Erlaubnis eine unbillige Härte bedeuten würde. Im Falle der Absätze 5a und 5b ist für die Entscheidung die oberste Landesbehörde zuständig.
(9) Reist ein Ausländer entgegen einem Einreise- und Aufenthaltsverbot in das Bundesgebiet ein, wird der Ablauf einer festgesetzten Frist für die Dauer des Aufenthalts im Bundesgebiet gehemmt. Die Frist kann in diesem Fall verlängert werden, längstens jedoch um die Dauer der ursprünglichen Befristung. Der Ausländer ist auf diese Möglichkeit bei der erstmaligen Befristung hinzuweisen. Für eine nach Satz 2 verlängerte Frist gelten die Absätze 3 und 4 Satz 1 entsprechend.
(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.
(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.
(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.
(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.
(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.
(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.
(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.
(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.
(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.
(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.
(11) (weggefallen)
(1) Gegen einen Ausländer, der ausgewiesen, zurückgeschoben oder abgeschoben worden ist, ist ein Einreise- und Aufenthaltsverbot zu erlassen. Infolge des Einreise- und Aufenthaltsverbots darf der Ausländer weder erneut in das Bundesgebiet einreisen noch sich darin aufhalten noch darf ihm, selbst im Falle eines Anspruchs nach diesem Gesetz, ein Aufenthaltstitel erteilt werden.
(2) Im Falle der Ausweisung ist das Einreise- und Aufenthaltsverbot gemeinsam mit der Ausweisungsverfügung zu erlassen. Ansonsten soll das Einreise- und Aufenthaltsverbot mit der Abschiebungsandrohung oder Abschiebungsanordnung nach § 58a unter der aufschiebenden Bedingung der Ab- oder Zurückschiebung und spätestens mit der Ab- oder Zurückschiebung erlassen werden. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist bei seinem Erlass von Amts wegen zu befristen. Die Frist beginnt mit der Ausreise. Die Befristung kann zur Abwehr einer Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung mit einer Bedingung versehen werden, insbesondere einer nachweislichen Straf- oder Drogenfreiheit. Tritt die Bedingung bis zum Ablauf der Frist nicht ein, gilt eine von Amts wegen zusammen mit der Befristung nach Satz 5 angeordnete längere Befristung.
(3) Über die Länge der Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots wird nach Ermessen entschieden. Sie darf außer in den Fällen der Absätze 5 bis 5b fünf Jahre nicht überschreiten.
(4) Das Einreise- und Aufenthaltsverbot kann zur Wahrung schutzwürdiger Belange des Ausländers oder, soweit es der Zweck des Einreise- und Aufenthaltsverbots nicht mehr erfordert, aufgehoben oder die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots verkürzt werden. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot soll aufgehoben werden, wenn die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels nach Kapitel 2 Abschnitt 5 vorliegen. Bei der Entscheidung über die Verkürzung der Frist oder die Aufhebung des Einreise- und Aufenthaltsverbots, das zusammen mit einer Ausweisung erlassen wurde, ist zu berücksichtigen, ob der Ausländer seiner Ausreisepflicht innerhalb der ihm gesetzten Ausreisefrist nachgekommen ist, es sei denn, der Ausländer war unverschuldet an der Ausreise gehindert oder die Überschreitung der Ausreisefrist war nicht erheblich. Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots kann aus Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung verlängert werden. Absatz 3 gilt entsprechend.
(5) Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots soll zehn Jahre nicht überschreiten, wenn der Ausländer auf Grund einer strafrechtlichen Verurteilung ausgewiesen worden ist oder wenn von ihm eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung ausgeht. Absatz 4 gilt in diesen Fällen entsprechend.
(5a) Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots soll 20 Jahre betragen, wenn der Ausländer wegen eines Verbrechens gegen den Frieden, eines Kriegsverbrechens oder eines Verbrechens gegen die Menschlichkeit oder zur Abwehr einer Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland oder einer terroristischen Gefahr ausgewiesen wurde. Absatz 4 Satz 4 und 5 gilt in diesen Fällen entsprechend. Eine Verkürzung der Frist oder Aufhebung des Einreise- und Aufenthaltsverbots ist grundsätzlich ausgeschlossen. Die oberste Landesbehörde kann im Einzelfall Ausnahmen hiervon zulassen.
(5b) Wird der Ausländer auf Grund einer Abschiebungsanordnung nach § 58a aus dem Bundesgebiet abgeschoben, soll ein unbefristetes Einreise- und Aufenthaltsverbot erlassen werden. In den Fällen des Absatzes 5a oder wenn der Ausländer wegen eines in § 54 Absatz 1 Nummer 1 genannten Ausweisungsinteresses ausgewiesen worden ist, kann im Einzelfall ein unbefristetes Einreise- und Aufenthaltsverbot erlassen werden. Absatz 5a Satz 3 und 4 gilt entsprechend.
(5c) Die Behörde, die die Ausweisung, die Abschiebungsandrohung oder die Abschiebungsanordnung nach § 58a erlässt, ist auch für den Erlass und die erstmalige Befristung des damit zusammenhängenden Einreise- und Aufenthaltsverbots zuständig.
(6) Gegen einen Ausländer, der seiner Ausreisepflicht nicht innerhalb einer ihm gesetzten Ausreisefrist nachgekommen ist, kann ein Einreise- und Aufenthaltsverbot angeordnet werden, es sei denn, der Ausländer ist unverschuldet an der Ausreise gehindert oder die Überschreitung der Ausreisefrist ist nicht erheblich. Absatz 1 Satz 2, Absatz 2 Satz 3 bis 6, Absatz 3 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1, 2 und 4 gelten entsprechend. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist mit seiner Anordnung nach Satz 1 zu befristen. Bei der ersten Anordnung des Einreise- und Aufenthaltsverbots nach Satz 1 soll die Frist ein Jahr nicht überschreiten. Im Übrigen soll die Frist drei Jahre nicht überschreiten. Ein Einreise- und Aufenthaltsverbot wird nicht angeordnet, wenn Gründe für eine vorübergehende Aussetzung der Abschiebung nach § 60a vorliegen, die der Ausländer nicht verschuldet hat.
(7) Gegen einen Ausländer,
- 1.
dessen Asylantrag nach § 29a Absatz 1 des Asylgesetzes als offensichtlich unbegründet abgelehnt wurde, dem kein subsidiärer Schutz zuerkannt wurde, das Vorliegen der Voraussetzungen für ein Abschiebungsverbot nach § 60 Absatz 5 oder 7 nicht festgestellt wurde und der keinen Aufenthaltstitel besitzt oder - 2.
dessen Antrag nach § 71 oder § 71a des Asylgesetzes wiederholt nicht zur Durchführung eines weiteren Asylverfahrens geführt hat,
(8) Vor Ablauf des Einreise- und Aufenthaltsverbots kann dem Ausländer ausnahmsweise erlaubt werden, das Bundesgebiet kurzfristig zu betreten, wenn zwingende Gründe seine Anwesenheit erfordern oder die Versagung der Erlaubnis eine unbillige Härte bedeuten würde. Im Falle der Absätze 5a und 5b ist für die Entscheidung die oberste Landesbehörde zuständig.
(9) Reist ein Ausländer entgegen einem Einreise- und Aufenthaltsverbot in das Bundesgebiet ein, wird der Ablauf einer festgesetzten Frist für die Dauer des Aufenthalts im Bundesgebiet gehemmt. Die Frist kann in diesem Fall verlängert werden, längstens jedoch um die Dauer der ursprünglichen Befristung. Der Ausländer ist auf diese Möglichkeit bei der erstmaligen Befristung hinzuweisen. Für eine nach Satz 2 verlängerte Frist gelten die Absätze 3 und 4 Satz 1 entsprechend.
(1) Einem Ausländer ist eine Aufenthaltserlaubnis zu erteilen, wenn er als Asylberechtigter anerkannt ist. Dies gilt nicht, wenn der Ausländer unter den Voraussetzungen des § 53 Absatz 3a ausgewiesen worden ist. Bis zur Erteilung der Aufenthaltserlaubnis gilt der Aufenthalt als erlaubt.
(2) Einem Ausländer ist eine Aufenthaltserlaubnis zu erteilen, wenn das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge die Flüchtlingseigenschaft im Sinne des § 3 Absatz 1 des Asylgesetzes oder subsidiären Schutz im Sinne des § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes zuerkannt hat. Absatz 1 Satz 2 bis 3 gilt entsprechend.
(3) Einem Ausländer soll eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn ein Abschiebungsverbot nach § 60 Absatz 5 oder 7 vorliegt. Die Aufenthaltserlaubnis wird nicht erteilt, wenn die Ausreise in einen anderen Staat möglich und zumutbar ist oder der Ausländer wiederholt oder gröblich gegen entsprechende Mitwirkungspflichten verstößt. Sie wird ferner nicht erteilt, wenn schwerwiegende Gründe die Annahme rechtfertigen, dass der Ausländer
- 1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit im Sinne der internationalen Vertragswerke begangen hat, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen festzulegen, - 2.
eine Straftat von erheblicher Bedeutung begangen hat, - 3.
sich Handlungen zuschulden kommen ließ, die den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen, wie sie in der Präambel und den Artikeln 1 und 2 der Charta der Vereinten Nationen verankert sind, zuwiderlaufen, oder - 4.
eine Gefahr für die Allgemeinheit oder eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland darstellt.
(4) Einem nicht vollziehbar ausreisepflichtigen Ausländer kann für einen vorübergehenden Aufenthalt eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, solange dringende humanitäre oder persönliche Gründe oder erhebliche öffentliche Interessen seine vorübergehende weitere Anwesenheit im Bundesgebiet erfordern. Eine Aufenthaltserlaubnis kann abweichend von § 8 Abs. 1 und 2 verlängert werden, wenn auf Grund besonderer Umstände des Einzelfalls das Verlassen des Bundesgebiets für den Ausländer eine außergewöhnliche Härte bedeuten würde. Die Aufenthaltserlaubnis berechtigt nicht zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit; sie kann nach § 4a Absatz 1 erlaubt werden.
(4a) Einem Ausländer, der Opfer einer Straftat nach den §§ 232 bis 233a des Strafgesetzbuches wurde, soll, auch wenn er vollziehbar ausreisepflichtig ist, für einen Aufenthalt eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden. Die Aufenthaltserlaubnis darf nur erteilt werden, wenn
- 1.
seine Anwesenheit im Bundesgebiet für ein Strafverfahren wegen dieser Straftat von der Staatsanwaltschaft oder dem Strafgericht für sachgerecht erachtet wird, weil ohne seine Angaben die Erforschung des Sachverhalts erschwert wäre, - 2.
er jede Verbindung zu den Personen, die beschuldigt werden, die Straftat begangen zu haben, abgebrochen hat und - 3.
er seine Bereitschaft erklärt hat, in dem Strafverfahren wegen der Straftat als Zeuge auszusagen.
Nach Beendigung des Strafverfahrens soll die Aufenthaltserlaubnis verlängert werden, wenn humanitäre oder persönliche Gründe oder öffentliche Interessen die weitere Anwesenheit des Ausländers im Bundesgebiet erfordern. Die Aufenthaltserlaubnis berechtigt nicht zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit; sie kann nach § 4a Absatz 1 erlaubt werden.
(4b) Einem Ausländer, der Opfer einer Straftat nach § 10 Absatz 1 oder § 11 Absatz 1 Nummer 3 des Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetzes oder nach § 15a des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes wurde, kann, auch wenn er vollziehbar ausreisepflichtig ist, für einen vorübergehenden Aufenthalt eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden. Die Aufenthaltserlaubnis darf nur erteilt werden, wenn
- 1.
die vorübergehende Anwesenheit des Ausländers im Bundesgebiet für ein Strafverfahren wegen dieser Straftat von der Staatsanwaltschaft oder dem Strafgericht für sachgerecht erachtet wird, weil ohne seine Angaben die Erforschung des Sachverhalts erschwert wäre, und - 2.
der Ausländer seine Bereitschaft erklärt hat, in dem Strafverfahren wegen der Straftat als Zeuge auszusagen.
(5) Einem Ausländer, der vollziehbar ausreisepflichtig ist, kann eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn seine Ausreise aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen unmöglich ist und mit dem Wegfall der Ausreisehindernisse in absehbarer Zeit nicht zu rechnen ist. Die Aufenthaltserlaubnis soll erteilt werden, wenn die Abschiebung seit 18 Monaten ausgesetzt ist. Eine Aufenthaltserlaubnis darf nur erteilt werden, wenn der Ausländer unverschuldet an der Ausreise gehindert ist. Ein Verschulden des Ausländers liegt insbesondere vor, wenn er falsche Angaben macht oder über seine Identität oder Staatsangehörigkeit täuscht oder zumutbare Anforderungen zur Beseitigung der Ausreisehindernisse nicht erfüllt.
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.
(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.