Verwaltungsgericht Minden Urteil, 01. März 2016 - 5 K 3/15
Tenor
Der Vergnügungssteuerbescheid der Beklagten vom 05.12.2014 wird aufgehoben.
Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist nur wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.
Die Beklagte darf die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe des beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht zuvor die Klägerin Sicherheit in derselben Höhe leistet.
1
Tatbestand:
2Die Klägerin ist Eigentümerin des mit einem mehrgeschossigen Gebäude bebauten Grundstücks mit der Lagebezeichnung T.-------- in H. . In dem Gebäude befindet sich eine größere Anzahl von Appartements, die überwiegend längerfristig als Wohnungen, z.T. aber auch hotelähnlich nur kurzfristig vermietet werden. Als die Beklagten davon Kenntnis erhielt, dass einige dieser Appartements von Prostituierten angemietet und zur Ausübung der Prostitution genutzt werden, wies sie die Klägerin mit Schreiben vom 12.02.2013 auf die vom Rat der Stadt H. am 14.12.2012 beschlossene VI. Nachtragssatzung zur Satzung über die Vergnügungssteuer in der Stadt H. (nachfolgend: VGSt) hin, nach der nunmehr ab dem 01.01.2013 „die gezielte Einräumung der Gelegenheit zu sexuellen Vergnügungen in Bars, Sauna, FKK- und Swingerclubs sowie ähnlichen Einrichtungen“ der Vergnügungssteuer unterliegt. Gleichzeitig forderte sie die Klägerin auf, monatlich entsprechende Steuererklärungen einzureichen, da eine Heranziehung zur Vergnügungssteuer beabsichtigt sei. Nach mehreren Besprechungen zwischen den Beteiligten übermittelte die Klägerin Vergnügungssteueranmeldungen für November 2013, in denen sie bezogen auf die einzelnen Appartements die Vergnügungssteuer nach der Zahl der Veranstaltungstage und einer Raumgröße bis 10 qm errechnete. Nach weiteren Ermittlungen setzte die Beklagte gegenüber der Klägerin mit Bescheid vom 05.12.2014 die Vergnügungssteuer für den Monat November 2013 abweichend von den Steueranmeldungen auf 1.296 € fest. Zur Begründung für die Abweichung gab die Beklagte an, die Raumgröße der einzelnen Appartements sei nach der Bauakte ermittelt worden. Danach seien die genutzten Räume jeweils größer als 10 qm. Als Rechtsgrundlage verwies sie nicht nur auf § 1 Nr. 6 VGSt, sondern nunmehr auch auf deren Nr. 7, nach der „das Angebot sexueller Handlungen gegen Entgelt außerhalb der in Nr. 6 genannten Einrichtungen, z.B. in Beherbergungsbetrieben, Privatwohnungen, Wohnwagen und Kraftfahrzeugen“ ebenfalls vergnügungssteuerpflichtig ist.
3Am 02.01.2015 hat die Klägerin Klage erhoben.
4Sie trägt vor, der angefochtene Bescheid sei rechtswidrig. Die neu geschaffenen Steuertatbestände seien nicht erfüllt. Sie – die Klägerin – vermiete zum einen unmöblierte Wohnungen auf Dauer und zum anderen möblierten Wohnraum an diverse Personen, insbesondere an Handwerker, Vertreter und weitere Personen mit kurzfristigem Unterbringungsbedarf. Bei den hotelähnlichen Vermietungen sei der Mietzins unabhängig von dem tatsächlichen Nutzungszweck immer gleich. Inwieweit dort zum Teil auch der Prostitution nachgegangen werde, entziehe sich ihrer Kenntnis. Sie könne deshalb die von der Beklagten geforderten Angaben zur Nutzung der Wohnungen an sich und der Räumlichkeiten im Einzelnen nicht machen. Da sie keine Veranstalterin im Sinne der von der Beklagten geltend gemachten Steuertatbestände sei, könne sie auch nicht als Steuerschuldnerin herangezogen werden. Ebenso wenig sei ihr eine Abwälzung der Steuer möglich.
5Die Klägerin beantragt,
6den Vergnügungssteuerbescheid der Beklagten vom 05.12.2014 aufzuheben.
7Die Beklagte beantragt,
8die Klage abzuweisen.
9Sie trägt vor, der angefochtene Bescheid sei rechtmäßig. Grundlage der Heranziehung sei allein § 1 Nr. 7 VGSt; auf den unter Nr. 6 beschriebenen Steuergegenstand werde nicht abgestellt. In verschiedenen Räumen des Gebäudes der Klägerin werde der Prostitution nachgegangen. Dies sei der Klägerin auch bekannt. Am Gebäude und auch vor den jeweiligen Appartements befänden sich entsprechende Hinweise. Im Internet werde ebenfalls auf die sexuellen Dienste hingewiesen. Die Klägerin sei auch die richtige Steuerschuldnerin, weil sie als Eigentümerin gleichzeitig Veranstalterin im Sinne der Satzung sei. Indem sie den Prostituierten die entsprechenden Räume zur Verfügung stelle, werde das Angebot sexueller Handlungen ermöglicht. Wegen des nicht kontrollierbaren Mieterwechsels wäre eine Heranziehung der Mieterinnen kaum oder nur unter erschwerten Bedingungen möglich. Deshalb sei eine Heranziehung der Eigentümerin gerechtfertigt. Auch der Höhe nach sei die Steuer zutreffend festgesetzt worden. Die Festsetzung richte sich nach den tatsächlichen Raumgrößen.
10Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten verwiesen.
11Entscheidungsgründe:
12Die zulässige Klage hat Erfolg. Der Steuerbescheid der Beklagten vom 05.12.2014 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Der angefochtene Bescheid findet seine Rechtsgrundlage nicht in der Satzung über die Erhebung von Vergnügungssteuer in der Stadt H. (Vergnügungssteuersatzung) vom 06.12.2002 in der Fassung der VI. Nachtragssatzung vom 14.12.2012, die nach deren Art. 3 am 01.01.2013 in Kraft getreten ist und den hier in Rede stehenden Steuerzeitraum November 2013 erfasst. Die Klägerin erfüllt nicht den steuerbegründenden Tatbestand des Art. 2 § 1 Nr. 7 VGSt, auf den die Beklagte die Festsetzung nach ihrer ausdrücklichen Erklärung in der mündlichen Verhandlung allein stützen will.
13Nach Wortlaut und Systematik der in § 1 VGSt unter den Nrn. 6 u. 7 genannten, sich gegenseitig ausschließenden Steuertatbestände knüpft die Satzung einerseits an einen einrichtungsbezogenen, andererseits an einen einrichtungslosgelösten Gegenstand an, unterscheidet aber keineswegs zwischen prostitutionsbezogenen und nicht prostitutionsbezogenen Handlungen. Dementsprechend zeichnen sich die unter der Nr. 7 beispielhaft genannten Räumlichkeiten alle dadurch aus, dass sie nicht schon von ihrer Eigenart zur Veranstaltung sexueller Vergnügungen bestimmt sind. So mag in einem Beherbergungsbetrieb auch Prostitution stattfinden (Hotelprostitution), aber die Prostituierten haben dort in der Regel kein Zimmer angemietet, um ihre Leistungen anzubieten. Besondere Räumlichkeiten zu einer Anbahnung der sexuellen Kontakte finden sich dort typischerweise nicht. Eine Infrastruktur zur Ausübung der Prostitution ist nicht vorhanden. Entsprechendes gilt für Privatwohnungen, Wohnwagen und Kraftfahrzeuge. Insbesondere Wohnungen mögen zwar auch für Zwecke der Prostitution angemietet werden, dienen aber in der Regel der Befriedigung des allgemeinen Wohnbedürfnisses.
14Vgl. im Einzelnen OVG NRW, Urteil vom 11.12.2013 - 14 A 1948/13 ‑, juris, bestätigt durch BVerwG, Beschluss vom 21.11.2014 – 9 B 20.14 -, NVwZ 2015, 378.
15Damit knüpft der hier von der Beklagten ausschließlich geltend gemachte Steuertatbestand in § 1 Nr. 7 VGSt nicht etwa an einer Eigentumsstellung oder einer Vermietung an, stattdessen geht es bei der Besteuerung allein um das personifizierte, von der Einrichtung unabhängige Angebot sexueller Handlungen, so dass im Ergebnis nur die Prostituierte selbst Unternehmerin der Veranstaltung „Angebot sexueller Dienstleistungen gegen Entgelt“ sein kann.
16Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 09.09.2014 - 14 A 662/14 ‑, KStZ 2014, 216.
17Eine Besteuerung der Klägerin auf der Grundlage dieses einrichtungslosgelösten Tatbestandes scheidet vor diesem Hintergrund schon deshalb offensichtlich aus, weil sie als juristische Person nur einrichtungsbezogen agieren kann. Davon abgesehen vermietet sie zwar Appartements auch an Prostituierte, bietet indessen keine entsprechenden Leistungen eigenverantwortlich an.
18Dieser Beurteilung steht die Regelung in § 3 VGSt nicht entgegen, nach der bezogen auf § 1 Nr. 7 VGSt Unternehmer der Veranstaltung (Veranstalter) u.a. der Eigentümer der Räume sein soll, in denen die Veranstaltungen stattfinden. Eine entsprechende Regelung ist schon deshalb unwirksam, weil sie dem Modell des ausschließlich personenbezogenen einrichtungslosgelösten Steuergegenstands widerspricht. Der Eigentümer von Räumen ist tatsächlich nicht in der Lage, aus seiner sachenrechtlichen Position heraus entsprechende personengebundene Angebote zu erbringen. Zwar wird dem Satzungsgeber ein Spielraum eröffnet, wen er als Steuerschuldner bestimmt. Er ist dabei aber an die Grundentscheidung des Kommunalabgabengesetzes gebunden, dass das Entstehen der Abgabeschuld an einen Abgabetatbestand anzuknüpfen hat (vgl. § 12 Abs. 1 Nr. 2 b KAG i.V.m.§ 43 Satz 1 AO). Daraus folgt, dass zum Steuerschuldner nur bestimmt werden darf, wer den Steuertatbestand erfüllen kann. Dazu muss der Steuerschuldner zumindest in einer besonderen rechtlichen oder wirtschaftlichen Beziehung zum Steuergegenstand stehen oder einen maßgeblichen Beitrag zur Verwirklichung des steuerbegründenden Tatbestandes leisten.
19Vgl. OVG NRW, Urteil vom 23.10.2013 – 14 A 316/13 –, NRWE Rn. 121 ff.
20An beidem fehlt es, weil der Steuertatbestand gerade nicht objektbezogen gestaltet ist und der Eigentümer keine selbständige Leistung in Bezug auf das Steuergut, also dem vom sich sexuell Vergnügenden aufgewandten Betrag zur Erlangung des Vergnügens (Konsumaufwand), erbringt.
21Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 21.08.2012 – 14 A 1521/12 –, NRWE Rn. 10.
22Lediglich ergänzend weist die Kammer darauf hin, dass der nach § 9 Abs. 3 VGSt vorgesehene flächenbezogene Steuermaßstab den zu besteuernden Aufwand wohl nicht sachgerecht abbilden dürfte. Bei einer einrichtungsgebundenen Prostitution, wie sie in § 1 Nr. 6 VGSt benannt wird, ist der Flächenmaßstab durchaus geeignet, das Steuergut angemessen zu erfassen, bei einer Prostitution außerhalb von Einrichtungen – wie sie hier vorliegt – dürfte das wohl nicht sinnvoll gelingen.
23Vgl. OVG NRW, Urteil vom 11.12.2013 - 14 A 1948/13 -, juris.
24Die Nebenentscheidungen folgen aus den §§ 154 Abs. 1, 167 VwGO i.V.m. 708 Nr. 11, 711 ZPO.
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(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.
(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.
(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.
(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.
(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.
Die Steuergesetze bestimmen, wer Steuerschuldner oder Gläubiger einer Steuervergütung ist. Sie bestimmen auch, ob ein Dritter die Steuer für Rechnung des Steuerschuldners zu entrichten hat.
Tenor
Die Berufung wird zurückgewiesen.
Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Vollstreckungsschuldnerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Vollstreckungsgläubigerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
1
Tatbestand:
2Die Klägerin betreibt das Hotel E. und das Hotel D. im Stadtgebiet der Beklagten.
3In seiner Sitzung am 8. Juli 2010 beschloss der Rat der Beklagten die am 1. November 2010 in Kraft getretene Satzung über die Erhebung einer Abgabe auf entgeltliche Beherbergungen im Gebiet der Stadt Dortmund (Beherbergungsabgabesatzung ‑ BAS ‑).
4Die Satzung trifft u.a. folgende Regelungen:
5"§ 1
6Abgabengläubiger
7Die Stadt Dortmund erhebt nach dieser Satzung eine Beherbergungsabgabe als örtliche Aufwandsteuer.
8§ 2
9Gegenstand der Abgabe
10Gegenstand der Beherbergungsabgabe ist der Aufwand des Beherbergungsgastes für die Möglichkeit einer entgeltlichen privaten Übernachtung in einem Beherbergungsbetrieb (Hotel, Gasthof, Pension, Privatzimmer, Jugendherberge, Ferienwohnung, Motel, Campingplatz, Schiff und ähnliche Einrichtung), der gegen Entgelt eine Beherbergungsmöglichkeit zur Verfügung stellt; dies gilt unabhängig davon, ob die Beherbergungsleistung tatsächlich in Anspruch genommen wird.
11Der Übernachtung steht die Nutzung der Beherbergungsmöglichkeit, ohne dass eine Übernachtung erfolgt (z. B. Tageszimmer), gleich, sofern hierfür ein gesonderter Aufwand betrieben wird.
12Eine private Übernachtung liegt nicht vor, wenn der Beherbergungsgast dies eindeutig durch eine Bescheinigung des Arbeitgebers nachweist. Die Bescheinigung ist der Stadt Dortmund mit der Abgabenerklärung (§ 7 der Satzung) einzureichen. Der Nachweis kann auch innerhalb von drei Monaten nach Ablauf der Frist zur Einreichung der Abgabenerklärung nachgereicht werden. Eine durch den Beherbergungsbetrieb entrichtete Abgabe wird nach Prüfung des Nachweises an den Arbeitgeber des Beherbergungsgastes, bei einem selbständigen Beherbergungsgast an diesen, erstattet.
13§ 3
14Bemessungsgrundlage
15Bemessungsgrundlage ist der vom Gast für die Beherbergung aufgewendete Betrag (einschließlich Mehrwertsteuer).
16§ 4
17Abgabensatz
18Die Übernachtungsabgabe beträgt 5 vom Hundert der Bemessungsgrundlage.(...)
19§ 5
20Abgabenschuldner
21Abgabenschuldner ist der Betreiber des Beherbergungsbetriebes.
22§ 6
23Entstehung des Abgabenanspruches
24Der Abgabenanspruch entsteht mit Beginn der entgeltpflichtigen Beherbergungsleistung."
25Die Beklagte stellte nach dem Inkrafttreten der Beherbergungsabgabesatzung einen "Handlungsrahmen Beherbergungsabgabe" auf, der hinsichtlich des Nachweises einer nicht privaten Beherbergung Vorgaben enthält.
26Die Klägerin meldete unter dem 6. Januar 2011 für die Monate November und Dezember 2010 Beherbergungsentgelte einschließlich Mehrwertsteuer von 68.636,20 Euro sowie unter dem 5. April 2011 für die Monate Januar bis März 2011 von 95.490,47 Euro an.
27Mit Bescheid vom 29. April 2011 setzte die Beklagte unter Vorbehalt der Nachprüfung die Beherbergungsabgabe für die Monate November 2010 bis März 2011 auf 8.206,33 Euro fest.
28Die Klägerin hat am 24. Mai 2011 Klage gegen den streitgegenständlichen Bescheid erhoben.
29Sie hat im Wesentlichen vorgetragen, die Beherbergungsabgabesatzung verstoße gegen höherrangiges Recht. Die Regelung der Bemessungsgrundlage sei nicht mit § 7 Abs. 5 der Preisangabenverordnung - PAngV ‑ vereinbar. Der als Bemessungsgrundlage nach § 3 BAS vorgesehene Bruttobetrag habe zwingend bereits die Beherbergungsabgabe zu beinhalten, eine gesonderte Ausweisung sei nicht zulässig. Die Beherbergungsabgabe würde daher de facto auf sich selbst erhoben. § 11 Abs. 5 des Kommunalabgabengesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen ‑ KAG ‑ stehe der Erhebung einer Beherbergungsabgabe entgegen, da mit dieser Regelung abschließend bestimmt sei, unter welchen Voraussetzungen Gemeinden Fremdenverkehrsabgaben erheben dürften. Die Beherbergungsabgabe habe nicht den Charakter einer örtlichen Aufwandsteuer im Sinne des Art. 105 Abs. 2a des Grundgesetzes ‑ GG ‑. Die Beherbergungsabgabe sei überdies der Umsatzsteuer gleichartig und verstoße auch aus diesem Grunde gegen die aus der genannten Vorschrift folgende Kompetenzverteilung. § 2 Abs. 3 Satz 1 BAS lasse beruflich bedingte Übernachtungen von Beamten und Selbständigen ohne sachliche Rechtfertigung außer Betracht, indem sie lediglich Arbeitgeberbescheinigungen als Nachweis zulasse. Überdies sei insoweit die Gefahr von Gefälligkeitsbescheinigungen evident.
30Wie das Bundesverwaltungsgericht klargestellt habe, müssten Satzungen zur Regelung einer Beherbergungsabgabe dezidierte und konkrete Kriterien zur Unterscheidung von privat und beruflich veranlassten Übernachtungen enthalten. Derartige Differenzierungskriterien enthalte die vorliegende Satzung nicht. Aus der Regelung des § 2 Abs. 3 BAS folge, dass der abgabenpflichtige Beherbergungsbetrieb verpflichtet sei, bezüglich sämtlicher entgeltlicher Übernachtungen die Beherbergungsabgabe einzupreisen und einzuziehen. Damit werde gleichsam vermutet, dass eine entgeltliche Übernachtung privat veranlasst sei. Die damit verbundene Beweislastverteilung sei vor dem Hintergrund nicht gerechtfertigt, dass eine Heranziehung zur Beherbergungsabgabe bei beruflicher Veranlassung der Übernachtung schon dem Grunde nach ausscheide. Aus den gleichen Gründen sei auch die Erstattungsregelung in § 2 Abs. 3 Satz 4 BAS zu beanstanden. Sie bewirke für den Pflichtigen eine nicht hinnehmbare Situation der Ungewissheit. Weise der Gast eine berufliche Veranlassung der Übernachtung gegenüber dem Beherbergungsbetreiber nicht nach, sei es diesem selbst nicht möglich, beruflich erforderliche Übernachtungen von privaten Übernachtungen zu unterscheiden. Diese Ungewissheit dürfe nicht zu Lasten des Pflichtigen bzw. des Hotelgastes gehen, vielmehr dürfe eine Steuer insoweit mangels Erfüllung des Steuertatbestands von vornherein nicht erhoben werden.
31Des Weiteren werde dem Beherbergungsbetrieb mit der Einreichung von Arbeitgeberbescheinigungen eine im Kommunalabgabengesetz NRW nicht normierte Meldepflicht abverlangt. Die Erhebung der Beherbergungsabgabe verstoße gegen den Grundsatz der Widerspruchsfreiheit der Rechtsordnung, da sie die Entscheidung des Bundesgesetzgebers, den Mehrwertsteuersatz für Hotels zu reduzieren, konterkariere. Ferner verletze sie die Freiheit der Berufsausübung nach Art. 12 GG, da der in der Erhebung liegende Eingriff nicht gerechtfertigt werden könne. Die Datenerhebungspraxis der Beklagten zur Differenzierung zwischen beruflicher und privater Veranlassung einer entgeltlichen Übernachtung begegne durchgreifenden datenschutzrechtlichen Bedenken.
32Die Klägerin hat beantragt,
33den Abgabenbescheid der Beklagten vom 29. April 2011 aufzuheben.
34Die Beklagte beantragt,
35die Klage abzuweisen.
36Sie hat vorgetragen, ein Verstoß gegen § 7 Abs. 5 PAngV liege nicht vor. Mit dem in § 3 BAS genannten Betrag sei nicht der nach § 7 Abs. 5 PAngV anzugebende Endpreis gemeint. Bemessungsgrundlage solle vielmehr der Netto-Übernachtungspreis zuzüglich der darauf entfallenden Mehrwertsteuer sein. Ferner verstoße die Erhebung der Abgabe auch nicht gegen § 11 Abs. 5 KAG. Im Gegensatz zu dem dort geregelten Fremdenverkehrsbeitrag knüpfe die Beherbergungsabgabe nicht an die Herstellung, Anschaffung, Erweiterung und Unterhaltung von Einrichtungen und Anlagen, sondern an den wirtschaftlichen Aufwand an, den ein Hotelgast für seine Übernachtung betreibe. Ferner handele es sich um eine örtliche Aufwandsteuer im Sinne des Art. 105 Abs. 2a GG. Eine Übernachtung in einem Beherbergungsbetrieb stelle typischerweise einen Aufwand dar, der über die Befriedigung des Grundbedürfnisses nach Wohnraum hinausgehe. Die Beherbergungsabgabe sei auch nicht der Umsatzsteuer gleichartig. Des Weiteren sei die Regelung zu beruflich bedingten Übernachtungen auch hinreichend inhaltlich bestimmt. Die Beschränkung der Abgabe auf private Übernachtungen in § 2 Abs. 1 BAS bedeute zugleich, dass beruflich veranlasste Übernachtungen ausnahmslos nicht der Beherbergungsabgabe unterliegen sollten.
37Durch das angefochtene Urteil hat das Verwaltungsgericht der Klage stattgegeben. Zur Begründung hat es sich auf den Standpunkt gestellt, die Beherbergungsabgabesatzung sei nichtig. Die aus dem Rechtsstaatsprinzip folgende Forderung nach Vorhersehbarkeit der Abgabenlast für den Steuerpflichtigen werde nicht beachtet. § 2 Abs. 3 BAS verletze den rechtsstaatlichen Grundsatz der Tatbestandsmäßigkeit der Besteuerung, weil dem steuerpflichtigen Beherbergungsbetrieb die Feststellungslast auferlegt werde, dass eine Übernachtung nicht privat sei. Aufgrund eines strukturellen Vollzugsdefizites verstoße die Beherbergungsabgabesatzung gegen den Gleichheitssatz aus Art. 3 Abs. 1 GG. Hinsichtlich der Entscheidungsgründe im Einzelnen wird auf das erstinstanzliche Urteil Bezug genommen.
38Die Beklagte hat fristgerecht Berufung eingelegt und führt zur Begründung aus: Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts sei die Abgabelast vorhersehbar. Dem Bestimmtheitsgrundsatz sei regelmäßig genügt, wenn der Steuergegenstand, die Bemessungsgrundlage, der Steuersatz sowie die Erhebung und Fälligkeit der Steuer geregelt seien. Diesen Anforderungen genüge die Beherbergungsabgabesatzung. Die Möglichkeit einer exakten Vorausberechnung sei gerade nicht erforderlich. Dem Verwaltungsgericht sei ebenfalls nicht zu folgen, soweit es von der Verletzung des Grundsatzes der Tatbestandsmäßigkeit der Besteuerung ausgegangen sei. Sie, die Beklagte, habe sich von vornherein entschlossen, nur privat veranlasste Übernachtungen zu besteuern, nicht aber sämtliche Übernachtungen unterschiedslos der Besteuerung zu unterwerfen und sodann eine Steuerbefreiung bei beruflich bedingten Übernachtungen vorzunehmen. Eine Vermutung, dass der Steuertatbestand des § 2 Abs. 1 BAS vorliege, beinhalte die Beherbergungsabgabesatzung nicht. Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts könne auch nicht von einem Vollzugsdefizit ausgegangen werden. Bereits ein Großteil der beruflich bedingten Übernachtungen sei auf eine Buchung durch den Arbeitgeber zurückzuführen. Insoweit erscheine eine wie auch immer geartete Manipulation weitgehend ausgeschlossen. Eine lediglich abstrakt bestehende Möglichkeit einer gefälschten Arbeitgeberbescheinigung oder falscher Eigenerklärungen sei für die Annahme eines strukturellen Vollzugsdefizites nicht ausreichend. Das Bestehen einer ausreichenden Überprüfungsmöglichkeit resultiere zudem aus dem Umstand, dass das kommunale Steuerrecht angesichts der bestehenden Auskunftspflicht unabhängig von den satzungsrechtlichen Regelungen kraft Gesetzes eine Verifikation steuerlich erheblicher Tatbestände ermögliche.
39Die Beklagte beantragt,
40das angegriffene Urteil zu ändern und die Klage abzuweisen.
41Die Klägerin beantragt,
42die Berufung zurückzuweisen.
43Zur Begründung führt sie aus: Die im Hinblick auf die Rechtsprechung zwischen beruflich bedingten und privaten Übernachtungen differenzierende Beherbergungsabgabesatzung biete keine hinreichende Grundlage für eine zulässige Abgabenerhebung. Dass von einem unverhältnismäßigen Mitwirkungsbeitrag des steuerpflichtigen Beherbergungsbetriebes auszugehen sei, folge bereits daraus, dass bei einem Großteil der Gäste ein hohes Aufklärungs- und Nachfragebedürfnis bestehe. Entgegen der Auffassung der Beklagten belege die in § 2 Abs. 3 BAS normierte Nachweispflicht für eine beruflich bedingte Übernachtung, dass grundsätzlich undifferenziert jede Übernachtung besteuert werden solle. Die Beherbergungsabgabesatzung berge eine "Vermutung" der Steuerbarkeit sämtlicher Übernachtungen in sich, die nur durch einen entsprechenden Nachweis entkräftet werden könne. Die Nichtigkeit der Beherbergungsabgabesatzung folge daraus, dass es sich bei dem Beherbergungsgast als möglichem Erstattungsberechtigten (vgl. § 2 Abs. 3 Satz 4 BAS) um einen am Steuerschuldverhältnis unbeteiligten Dritten handele, nicht aber um den eigentlichen Steuerschuldner. Unabhängig davon sei die Erstattungsregelung auch schon deshalb nichtig, weil die Beklagte in der Praxis nicht feststellen könne, ob die Abgabe auch voll umfänglich auf den Beherbergungsgast "überwälzt" worden sei und nicht etwa nur kalkulatorisch in das Beherbergungsentgelt eingeflossen sei. Die vorzunehmende Datenerhebung zur Differenzierung zwischen beruflich und privat veranlassten Übernachtungen begegne durchgreifenden datenschutzrechtlichen Bedenken. Die von der Beklagten praktizierte Besteuerung ausschließlich privat veranlasster Übernachtungen sei wegen eines Verstoßes gegen den Gleichheitssatz verfassungswidrig. Zwar sei im Steuerrecht eine Typisierung zulässig. Die Beherbergungsabgabesatzung lasse jedoch nur in Ausnahmefällen überhaupt eine Besteuerung zu. Zudem stelle sich die Frage nach der Überwälzbarkeit der Abgaben.
44Die Gleichheit der Besteuerung werde durch die rechtliche Gestaltung des Erhebungsverfahrens schon prinzipiell verfehlt. Der Beklagten stünde keine effektive Instrumentation zur Verfügung, die geforderten Erklärungen zum Aufenthaltszweck systematisch und umfassend auf ihre Richtigkeit hin zu überprüfen.
45Die eine lediglich privat veranlasste Übernachtung besteuernde Satzungsregelung sei unwirksam, solange der Steuerschuldner seinerseits keine Möglichkeit habe, den die Abgabe begründeten Tatbestand selbst verbindlich festzustellen. Daher sei entscheidend allein das "Wie" der Besteuerung mit der Folge, dass es darum gehe, ob dem Beherbergungsbetrieb ein Auskunftsrecht gegenüber dem Gast zustehe und ob ihm dessen Verhalten zuzurechnen sei. Die Erhebung der Beherbergungsabgabe als indirekte Steuer führe zu nicht überwindbaren Problemen bei der Umsetzung in der täglichen Besteuerungspraxis. Auch ein Vergleich mit der Problematik der Umsatzsteuererhebung beim Verkauf von Speisen und Getränken betreffend die Höhe des Steuersatzes helfe nicht weiter. Dabei gehe es nicht um die hier entscheidende Frage des "Ob" der Besteuerung. Zudem sei auch insoweit der unverhältnismäßige Mitwirkungsbeitrag des Steuerschuldners zu beachten, der auf Seiten des Beherbergungsbetriebes erhebliche Aufklärungsbemühungen sowohl in zeitlicher als auch in personeller Hinsicht erfordere. Dies gelte unabhängig davon, ob ein direkter fernmündlicher oder schriftlicher Kontakt bei der Buchung bestehe oder die Buchung via Internet erfolge. Insbesondere in den Reservierungsportalen könne nur ein Preis je Zimmerkategorie angeboten werden. Nichts anderes gelte im Ergebnis im Hinblick auf Vergleiche mit Vergnügungs-, Hunde- oder Zweitwohnungssteuern. Bei der Nutzung von Spielgeräten stelle sich die Frage nach der Veranlassung des Aufwandes nicht. Bei Hunde- und Zweitwohnungssteuern handele es sich bereits um direkte Steuern.
46Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Parteivorbringens im Übrigen wird auf den Inhalt der Verfahrensakte und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge Bezug genommen.
47Entscheidungsgründe:
48Die zulässige Berufung der Beklagten ist unbegründet. Das Verwaltungsgericht hat den angefochtenen Bescheid zu Recht aufgehoben, weil er rechtswidrig ist und die Klägerin in ihren Rechten verletzt (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung ‑ VwGO ‑). Die Beherbergungsabgabesatzung ist nämlich nichtig und damit keine wirksame Rechtsgrundlage für den angefochtenen Bescheid.
49Unbedenklich ist allerdings, dass durch die Satzung eine Steuer als örtliche Aufwandsteuer im Sinne des Art. 105 Abs. 2a GG auf entgeltliche private Übernachtungen erhoben wird.
50Zur Steuerbarkeit dieses Steuergegenstands vgl. BVerwG, Urteil vom 11.7.2012 ‑ 9 CN 1/11 ‑, BVerwGE 143, 301 Rn. 12 ff.; Urteil des Senats vom 23.1.2013 ‑ 14 A 1860/11 ‑, NRWE Rn. 57 ff.; OVG Schleswig-Holstein, Urteil vom 7.2.2013 ‑ 4 KN 1/12 ‑, NVwZ-RR 2013, 816 Rn. 85 ff.
51Die dagegen gerichteten Einwände der Klägerin greifen nicht durch, insbesondere lässt sich aus den Regelungen des Datenschutzgesetzes Nordrhein Westfalen ‑ DSG NRW ‑ nichts zugunsten der Klägerin herleiten. Gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 DSG NRW gilt dieses Gesetz für öffentliche Stellen, namentlich für die Behörden, Einrichtungen und sonstigen öffentlichen Stellen des Landes, die Gemeinden und Gemeindeverbände sowie für die sonstigen der Aufsicht des Landes unterstehenden juristischen Personen des öffentlichen Rechts und deren Vereinigungen. Dazu zählt die Klägerin nicht.
52Vgl. OVG Schleswig-Holstein, Urteil vom 7.2.2013 ‑ 4 KN 1/12 ‑, NVwZ-RR 2013, 816 Rn. 106 ff.; Beschluss vom 15.2.2012 ‑ 4 MR 1/12 -, NVwZ 2012, 771 (774).
53Auch die Regelungen des Bundesdatenschutzgesetzes ‑ DSG ‑ stehen der Einholung und Weitergabe solcher Erklärungen nicht entgegen.
54Vgl. OVG Schleswig-Holstein, Beschluss vom 15.2.2012 ‑ 4 MR 1/12 -, NVwZ 2012, 771 (774).
55Als nicht öffentliche Stellen sind für die Klägerin gemäß § 1 Abs. 2 Nr. 3 BDSG die Regelungen des Bundesdatenschutzgesetzes maßgeblich. Nach § 4 Abs. 1 BDSG dürfen auch nicht öffentliche Stellen Daten nur erheben, verarbeiten und nutzen, soweit das Bundesdatenschutzgesetz oder eine andere Rechtsvorschrift dies erlaubt oder anordnet oder der Betroffene eingewilligt hat. Andere Rechtsvorschriften sind u. a. das Landesrecht wie auch kommunales Recht. Nach § 2 Abs. 3 Satz 2 BAS ist der Beherbergungsunternehmer verpflichtet, die Bescheinigung mit der Abgabenerklärung (§ 7 BAS) einzureichen. Die Zulässigkeit der Weitergabe ergibt sich schließlich auch aus § 15 Abs. 1 BDSG.
56Die besonderen Regelungen über die Erhebung eines Fremdenverkehrsbeitrags in § 11 Abs. 5 und 6 KAG stehen der Beherbergungsabgabe nicht entgegen. Dies würde unter dem Auslegungsgesichtspunkt des Vorrangs der speziellen Norm vor der allgemeinen Norm voraussetzen, dass die Beherbergungsabgabe den Regelungsgehalt eines Fremdenverkehrsbeitrags hätte. Das ist nicht der Fall. Die Beherbergungsabgabe wird als Steuer gegenleistungslos zur Einnahmebeschaffung erhoben, während der Fremdenverkehrsbeitrag als Vorzugslast der Deckung der in § 11 Abs. 5 Satz 1 KAG genannten vorteilhaften gemeindlichen Fremdenverkehrsaufwendungen dient. Diese Unterschiede in Ziel und Rechtfertigung der Abgaben schließen es aus, der Regelung des Fremdenverkehrsbeitrags eine die Erhebung einer Beherbergungsabgabe ausschließende Wirkung zuzumessen.
57Die Erhebung der Beherbergungsabgabe ist nicht deshalb unzulässig, weil sie der Umsatzsteuer (hier in Form der Mehrwertsteuer) gleichartig wäre. Nach Art. 105 Abs. 2a Satz 1 GG haben die Länder die Befugnis zur Gesetzgebung über die örtlichen Verbrauch- und Aufwandsteuern, solange und soweit sie nicht bundesgesetzlich geregelten Steuern gleichartig sind. Der genaue Inhalt dieses Gleichartigkeitsverbots, das im Rahmen des Finanzreformgesetzes 1969 auf Druck des Bundesrates in das Grundgesetz aufgenommen wurde,
58vgl. Entwurf eines Finanzreformgesetzes, BT-Drs. V/2861, S. 7, Stellungnahme des Bundesrates dazu S. 86 f. und Gegenäußerung der Bundesregierung S. 94 f.; Beschluss des Vermittlungsausschusses, BT-Drs. V/3896, S. 4, und Beschluss des Vermittlungsausschusses BT-Drs. V/4105, S. 4,
59ist vom Bundesverfassungsgericht noch nicht präzisiert worden. Jedenfalls besteht die Funktion der Vorschrift darin, im Rahmen der Zuweisung der ausschließlichen Gesetzgebungskompetenz für örtliche Aufwand- und Verbrauchsteuern an die Länder zu verhindern, dass auf diesem Gesetzgebungsweg eine bundesrechtliche Aufwand- oder Verbrauchsteuer auf örtlicher Ebene erhoben wird.
60Vgl. im Einzelnen BVerwG, Urteil vom 11.7.2012 ‑ 9 CN 1.11 ‑, BVerwGE 143, 301 Rn. 22 ff.; s. dazu, dass dem Gesetzgeber die Einführung einer Gemeindeumsatzsteuer als verschlossener Bereich vorschwebte, Berichterstatter Reischl im Bundestag, BT-PlenProt. der 222. Sitzung vom 20.3.1969, S. 12058 B, C, und Berichterstatter Dr. Heinsen im Bundesrat, BR-PlenProt. der 338. Sitzung vom 9.5.1969, S. 109 B, C.
61Es darf also nicht eine bereits existierende Bundessteuer im Gewand einer örtlichen Aufwand- oder Verbrauchsteuer erhoben werden. Deshalb bedarf es eines wertenden Gesamtvergleichs der zu vergleichenden Steuern.
62BVerwG, Urteil vom 11.7.2012 ‑ 9 CN 1.11 ‑, BVerwGE 143, 301 Rn. 25; Vogel/Walter, in: Kahl/Waldhoff/Walter, Bonner Kommentar zum Grundgesetz, Loseblattsammlung (Stand: Juli 2013), Art. 105 Rn. 124b.
63In diesem Rahmen kann festgestellt werden, dass die hier in Rede stehende Abgabe in vielen Punkten der Umsatzsteuer nahesteht (Anknüpfung an einen entgeltlichen Leistungsaustausch, wegen intendierter Abwälzung wirtschaftlich tendenziell Preisanhebungswirkung, Orientierung proportional zum Entgelt, keine zeitliche oder zahlenmäßige Begrenzung der Besteuerungsfälle, Loslösung des Kreises der Steuerträger von persönlichen Eigenschaften mit Ausnahme des mit der Übernachtung verfolgten Zwecks, Annäherung in der Höhe zur hier siebenprozentigen Umsatzsteuer). Dennoch ist die Beherbergungsabgabe keine in das Gewand einer örtlichen Aufwandsteuer gekleidete Umsatzsteuer, weil ihr deren entscheidendes Kriterium fehlt. Diese ist nämlich prinzipiell auf die Besteuerung jedweden Leistungsaustauschs gerichtet. Erst die Losgelöstheit der Umsatzsteuer von der Art der Lieferung oder sonstigen Leistung macht ihr Wesen als allgemeine Verbrauchsteuer gegenüber den speziellen Aufwand- und Verbrauchsteuern aus.
64Zur Umsatzsteuer als allgemeiner indirekter Verbrauchsteuer s. Englisch in: Tipke/Lang, Steuerrecht, 21. Aufl., § 17 Rn. 10 ff.
65Im Gegensatz zur Umsatzsteuer erfasst die Beherbergungsabgabe ausschließlich die Möglichkeit einer entgeltlichen privaten Übernachtung.
66Bei einer solchen Auslegung wird das Verbot in Art. 105 Abs. 2a GG, bundesrechtlich geregelten Steuern gleichartige örtliche Aufwand- und Verbrauchsteuern zu schaffen, zwar für die Umsatzsteuer praktisch funktionslos, da die Schaffung einer jedweden örtlichen Aufwand- und Verbrauch erfassenden Gemeindeumsatzsteuer eher theoretischer Natur ist. Ihre volle Wirkung entfaltet das Gleichartigkeitsverbot aber für alle speziellen bundesrechtlich geregelten Aufwand- und Verbrauchsteuern. So kann etwa das Halten eines Kraftfahrzeugs im Gemeindegebiet wegen des Kraftfahrzeugsteuergesetzes nicht erneut besteuert werden. Gleiches gilt für die Besteuerung des Verbrauchs bestimmter Güter im Gemeindegebiet, die bereits bundesrechtlich speziell besteuert werden (Tabakwaren nach dem Tabaksteuergesetz, Strom nach dem Stromsteuergesetz, Energie nach dem Energiesteuergesetz, Schaumwein nach dem Schaumwein- und Zwischenerzeugnissteuergesetz, Branntwein nach dem Gesetz über das Branntweinmonopol, Bier nach dem Biersteuergesetz).
67Die Beherbergungsabgabe verstößt auch nicht gegen das europarechtliche Gleichartigkeitsverbot. Nach Art. 401 der Mehrwertsteuersystemrichtlinie (Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28.11.2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem) hindert diese Richtlinie einen Mitgliedstaat nicht daran, Abgaben auf Versicherungsverträge, Spiele und Wetten, Verbrauchsteuern, Grunderwerbsteuern sowie ganz allgemein alle Steuern, Abgaben und Gebühren, die nicht den Charakter von Umsatzsteuern haben, beizubehalten oder einzuführen, sofern die Erhebung dieser Steuern, Abgaben und Gebühren im Verkehr zwischen den Mitgliedstaaten nicht mit Formalitäten beim Grenzübertritt verbunden ist. Die Beherbergungsabgabe hat in diesem Sinne nicht den Charakter einer Umsatzsteuer.
68Nach der Rechtsprechung des Gerichtshof der Europäischen Union soll mit der Vorschrift verhindert werden, dass das Funktionieren des gemeinsamen Mehrwertsteuersystems durch steuerliche Maßnahmen eines Mitgliedstaats beeinträchtigt wird, die den Waren- und Dienstleistungsverkehr in einer mit der Mehrwertsteuer vergleichbaren Weise belastet. Als solche Maßnahmen sind Steuern, Abgaben und Gebühren anzusehen, die die wesentlichen Merkmale der Mehrwertsteuer aufweisen, selbst wenn sie ihr nicht in allen Einzelheiten gleichen. Dabei handelt es sich um folgende Merkmale: Die Mehrwertsteuer gilt ganz allgemein für alle sich auf Gegenstände und Dienstleistungen beziehenden Geschäfte, sie ist, unabhängig von der Anzahl der getätigten Geschäfte, proportional zum Preis dieser Gegenstände und Dienstleistungen, sie wird auf jeder Stufe der Erzeugung und des Vertriebes erhoben, und sie bezieht sich schließlich auf den Mehrwert der Gegenstände und Dienstleistungen, d. h., die bei einem Geschäft fällige Steuer wird unter Abzug der Steuer berechnet, die bei dem vorhergehenden Geschäft schon entrichtet worden ist.
69Vgl. etwa EuGH, Urteil vom 29.4.2004 C-308/01 ‑, Slg. 2004, I-4802, Rn. 33; Urteil vom 9.3.2000 C-437/97 -, Slg. 2000, I-1189, Rn. 22.
70Ebenso wie beim verfassungsrechtlichen Gleichartigkeitsverbot des Art. 105 Abs. 2a GG ist also auch europarechtlich die Allgemeinheit ein Wesensmerkmal der Umsatzsteuer. Das gilt selbst dann, wenn man in Übereinstimmung mit Kritik aus Rechtsprechung und Literatur,
71vgl. Nds. FG, Urteil vom 26.8.2011 ‑ 7 K 192/09 u. a. ‑, juris Rn. 60 ff. m. w. N.,
72nicht alle der in der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union genannten Merkmale als konstituierend für die Umsatzsteuer ansieht. Das Merkmal allgemeiner, sich grundsätzlich auf alle Gegenstände und Dienstleistungen gleich welcher Art erstreckender Geltung ist jedenfalls ein konstituierendes und damit erforderliches Merkmal, um einer Steuer den Charakter einer Umsatzsteuer zu verleihen.
73Vgl. Schlussantrag der Generalanwältin vom 5.9.2013 in der Rechtssache C-385/12, Rn. 112, http://curia.europa.eu/.
74Bedenken gegen die Wirksamkeit der Satzung bestehen auch nicht unter dem Gesichtspunkt der Vorhersehbarkeit der Abgabenlast für den Steuerpflichtigen. Richtig ist allerdings, wie das Verwaltungsgericht ausgeführt hat, dass für alle Abgaben der abgabenbegründende Tatbestand so bestimmt sein muss, dass der Abgabepflichtige die auf ihn entfallenden Abgaben ‑ in gewissem Umfang ‑ vorausberechnen kann.
75Vgl. BVerfG, Urteil vom 17.7.2003 ‑ 2 BvL 1/99 ‑, NVwZ 2003, 1241 (1247); BVerwG, Urteil vom 27.6.2012 ‑ 9 C 7/11 ‑, NVwZ 2012, 1413 (1415).
76Bei der Forderung der Vorhersehbarkeit der Abgabenlast geht es somit um die hinreichenden Bestimmtheit einer Abgabennorm, um ein Mindestmaß an Orientierungssicherheit, nicht aber um arithmetische Berechenbarkeit.
77Vgl. Hey in: Tipke/Lang, Steuerrecht, 21. Aufl., § 3, Rn. 246,
78Unter dem Gesichtspunkt der Bestimmtheit einer Norm,
79zu dem dazu anzulegenden Maßstab vgl. BVerfG, Beschluss vom 8.11.2006 ‑ 2 BvR 578, 796/02 ‑, BVerfGE 117, 71 (111),
80gibt es gegen den Tatbestand des § 2 Abs. 1 erster Halbsatz BAS, wonach Gegenstand der Beherbergungsabgabe der Aufwand des Beherbergungsgastes für die Möglichkeit einer entgeltlichen privaten Übernachtung in einem Beherbergungsbetrieb ist, nichts zu erinnern. Insbesondere ist das Tatbestandsmerkmal "privat" bestimmt genug, um nicht steuerbare beruflich bedingte Übernachtungen aus dem Steuergegenstand auszuscheiden. Es handelt sich um ein steuerrechtlich gängiges Unterscheidungsmerkmal zwischen Einkommensverwendung bei der privaten Lebensführung und Einkommensverwendung zur Einkommenserzielung nach dem Kriterium der Veranlassung,
81vgl. BFH, Beschluss vom 28.11.1977 ‑ GrS 2 und 3/77 ‑, BFHE 124, 43 (50); zum Problem gemischter Veranlassung s. Beschluss vom 21.9.2009 ‑ GrS 1/06 ‑, BStBl. 2010, 672,
82wie es etwa auch bei der einkommensteuerrechtlichen Ausscheidung von Betriebsausgaben und Werbungskosten aus den zu versteuernden Einkünften (§§ 4 Abs. 4, 9 Abs. 1 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes ‑ EStG ‑) maßgeblich ist, ohne dass dort eine unter Bestimmtheitsgesichtspunkten präzisere normative Abgrenzung erfolgt. Der vom Verwaltungsgericht als hier entscheidend angesehene Umstand, dass der Unternehmer keine Kenntnis davon hat, ob eine private oder eine beruflich veranlasste Übernachtung vorliegt, ist kein Problem der Bestimmtheit der Norm, sondern wirft die ‑ später zu erörternde ‑ Frage auf, ob er zum Steuerschuldner bestimmt werden darf.
83Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts sieht der Senat auch keine Verletzung des rechtsstaatlichen Grundsatzes der Tatbestandsmäßigkeit der Besteuerung durch die Regelung des § 2 Abs. 3 Satz 1 BAS, der bestimmt, dass eine private Übernachtung nicht vorliegt, wenn der Beherbergungsgast dies eindeutig durch eine Bescheinigung des Arbeitgebers nachweist.
84In der Tat wäre die Regelung des § 2 Abs. 3 Satz 1 BAS rechtswidrig, wenn sie dem Steuerschuldner eine Beweisführungslast in der Form auferlegen würde, dass auch bei Kenntnis der Beklagten von der beruflichen Veranlassung der Übernachtung ohne den Nachweis die Steuer entstehen soll oder die Beklagte sich aufdrängende Aufklärungsmaßnahmen nicht zu ergreifen hätte.
85Zur Unzulässigkeit einer formellen Beweislastregelung unter Geltung des Untersuchungsgrundsatzes vgl. Wünsch in: Palke/Koenig, AO, 2. Aufl., § 88 Rn. 27; Kallerhoff in: Stelkens/Bonk/ Sachs, VwVfG, 7. Aufl., § 24 Rn. 54; Kopp/ Ramsauer, VwVfG, 13. Aufl., § 24 Rn. 40.
86Denn nach § 12 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. a KAG i. V. m. § 88 Abs. 1 Satz 1 AO hat die Gemeinde den Sachverhalt grundsätzlich von Amts wegen zu ermitteln.
87Die Vorschrift des § 2 Abs. 3 Satz 1 BAS beinhaltet jedoch keine solche Beweisführungslast. Der Wortlaut besagt nicht, dass immer dann eine private Übernachtung vorliegt, wenn keine eindeutige Arbeitgeberbescheinigung vorliegt. Die Arbeitgeberbescheinigung ist lediglich ein satzungsrechtlich hervorgehobenes geeignetes Beweismittel zur Ermittlung des Sachverhalts. Die Vorschrift kann gesetzeskonform in Übereinstimmung mit dem Untersuchungsgrundsatz dahin verstanden werden, dass auch dann die Steuer (noch) nicht erhoben wird, wenn der berufliche Charakter der Übernachtung bekannt ist oder sich weitere Aufklärungsmaßnahmen für die Beklagte aufdrängen. Dem entspricht offensichtlich auch die Verwaltungspraxis der Beklagten. So sieht der von ihr aufgestellte "Handlungsrahmen Beherbergungsabgabe" andere Beweismittel als nur die Arbeitgeberbescheinigung vor, wie etwa die Rechnungsübernahme durch den Arbeitgeber.
88Aus der so verstandenen Auslegung der Vorschrift des § 2 Abs. 3 Satz 1 BAS folgt gleichzeitig, dass sie keine Beweisführungslast begründet.
89Vgl. dazu, dass eine untergesetzliche Vorschrift, die dem Steuerpflichtigen sogar bestimmte Nachweise auferlegt, wegen des gesetzlichen Untersuchungsgrundsatzes nicht als formelle Beweislastregelung verstanden werden darf: BFH, Urteil vom 15.10.1976 - VI R 21/76 -, BFHE 120, 229 (232).
90Sie beinhaltet aber auch keine unzulässige materielle Beweislastregelung. Der Regelung des § 2 Abs. 3 Satz 1 BAS lässt sich allerdings die Auffassung des Satzungsgebers entnehmen, dass dann, wenn weder positive Kenntnis der Beklagten vom beruflich bedingten Charakter der Übernachtung vorliegt noch weitere Aufklärungsmaßnahmen sich aufdrängen, ohne einen Nachweis der beruflichen Veranlassung ein privater Charakter der Übernachtung und damit ihre Steuerbarkeit anzunehmen ist. Daher mag die Vorschrift eine materielle Beweislastregelung enthalten. Eine solche wäre jedoch zulässig.
91Die materielle Beweislast gehört nicht dem Verfahrens-, sondern dem materiellen Recht an,
92vgl. Kallerhoff in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 7. Aufl., § 24 Rn. 55; Kopp/Ramsauer, VwVfG, 13. Aufl., § 24 Rn. 41; Söhn in: Hübschmann/ Hepp/Spitaler, AO/FGO, Loseblattsammlung (Stand August 2013), § 88 AO, Rn. 360,
93hier also dem Aufwandsteuerrecht, zu dessen Regelung und damit auch zur Regelung der materiellen Beweislast die Beklagte befugt ist. Die verfassungsrechtliche Grenze der Regelungsbefugnis bildet insoweit der rechtsstaatliche Grundsatz eines fairen Verfahrens.
94Vgl. BVerfG, Urteil vom 13.2.2007 ‑ 1 BvR 421/05 ‑ BVerfGE 117, 202 (240); Beschluss vom 25.7.1979 ‑ 2 BvR 878/74 ‑, BVerfGE 52, 131 (144 f.); zum rechtsstaatlichen Grundsatz eines fairen Verwaltungsverfahrens vgl. BVerwG, Beschluss vom 31.8.2000 ‑ 11 B 30.00 ‑, NVwZ 2001, 94 (95); Jarass/Pieroth, GG, 12. Aufl., Art. 20 Rn. 31a.
95Gegen diesen Grundsatz verstößt § 2 Abs. 3 Satz 1 BAS nicht, sollte in ihm eine materielle Beweislastregelung enthalten sein.
96Grundsätzlich trägt nach der Rosenbergschen Normbegünstigungstheorie der Steuergläubiger für steuerbegründende und -erhöhende Tatsachen und der Steuerschuldner für steuerentlastende oder -mindernde Tatsachen die Beweislast. Es kann aber durchaus sachgerecht sein, im Rahmen der sogenannten sphärenorientierten Beweisrisikoverteilung unter Berücksichtigung von Mitwirkungspflichten,
97vgl. Seer in: Tipke/Lang, Steuerrecht, 21. Aufl., § 22 Rn. 190 f.,
98eine Verteilung unter dem Gesichtspunkt der Zumutbarkeit der Beweisführung vorzunehmen.
99Vgl. Heßhaus in: Bader/Ronellenfitsch, VwVfG, § 24 Rn. 17.1; allgemein zu den verschiedenen Gesichtspunkten der Ergänzung des Normbegünstigungsprinzips Kallerhoff in: Stelkens/Bonk/ Sachs, VwVfG , 7. Aufl., § 24 Rn. 55.
100Hier regelt die Beherbergungsabgabensatzung allgemeine Mitwirkungs- und Auskunftsobliegenheiten des Beherbergungsgastes und mittelbar des Arbeitgebers (§12 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. a KAG i. V. m. §§ 90 Abs. 1, 93 Abs. 1 Satz 1 AO) zur Ermittlung des steuerrechtlich relevanten Sachverhalts. Dies ist sachgerecht, da die Kenntnis vom beruflichen oder privaten Charakter der Übernachtung allein bei den genannten Personen liegt. Auch hier bezieht sich der vom Verwaltungsgericht herangezogene Umstand diesbezüglich fehlender Kenntnis des Beherbergungsunternehmers nicht auf die Zulässigkeit der materiellen Beweislastnorm, sondern auf die Frage richtiger Auswahl des Steuerschuldners.
101Schließlich ist die Beherbergungsabgabesatzung auch nicht aufgrund eines strukturellen Vollzugsdefizits wegen der Verletzung des Gleichheitssatzes des Art. 3 Abs. 1 GG nichtig.
102Der Gleichheitssatz verlangt für das Steuerrecht, dass die Steuerpflichtigen durch ein Steuergesetz rechtlich und tatsächlich gleich belastet werden. Die Besteuerungsgleichheit hat mithin als ihre Komponenten zum einen die Gleichheit der normativen Steuerpflicht, aber andererseits ebenso die Gleichheit bei deren Durchsetzung in der Steuererhebung. Daraus folgt, dass das materielle Steuergesetz ‑ und damit auch die hier in Rede stehende Beherbergungsabgabesatzung ‑ in ein normatives Umfeld eingebettet sein muss, welches die Gleichheit der Belastung auch hinsichtlich des tatsächlichen Erfolges prinzipiell gewährleistet.
103Vgl. BVerfG, Urteil vom 27.6.1991 ‑ 2 BvR 1493/89 ‑, BVerfGE 84, 239 (Leitsatz 1).
104Die steuerliche Lastengleichheit fordert mithin, dass das materielle Steuergesetz die Gewähr seiner regelmäßigen Durchsetzbarkeit soweit wie möglich in sich selbst trägt. Der Normgeber hat demgemäß die Besteuerungstatbestände und die ihnen entsprechenden Erhebungsregelungen aufeinander abzustimmen. Führen Erhebungsregelungen dazu, dass ein gleichmäßiger Belastungserfolg prinzipiell verfehlt wird, kann die materielle Steuernorm nicht mehr gewährleisten, dass die Steuerpflichtigen nach Maßgabe gleicher Lastenzuteilung belastet wären; sie wäre dann gerade umgekehrt Anknüpfungspunkt für eine gleichheitswidrige Lastenverteilung.
105Vgl. BVerfG, Urteil vom 27.6.1991 ‑ 2 BvR 1493/89 ‑, BVerfGE 84, 239 (271 f.); BVerwG, Urteil vom 23.2.2011 - 6 C 22.10 -, BVerwGE 139, 42 Rn. 67.
106Regelungen, die die Durchsetzung des Steueranspruchs sichern und Steuerverkürzungen verhindern sollen, müssen auf die Eigenart des konkreten Lebensbereichs und des jeweiligen Steuertatbestands ausgerichtet werden. Wird eine Steuer nicht an der Quelle erhoben, hängt ihre Festsetzung vielmehr von der Erklärung des Steuerschuldners ab, werden erhöhte Anforderungen an die Steuerehrlichkeit des Steuerpflichtigen gestellt. Der Gesetzgeber muss die Steuerehrlichkeit deshalb durch hinreichende, die steuerliche Belastungsgleichheit gewährleistende Kontrollmöglichkeiten abstützen. Im Veranlagungsverfahren bedarf das Deklarationsprinzip der Ergänzung durch das Verifikationsprinzip.
107Vgl. BVerfG, Urteil vom 27.6.1991 ‑ 2 BvR 1493/89 ‑, BVerfGE 84, 239 (273).
108Verfassungsrechtlich verboten ist der Widerspruch zwischen dem normativen Befehl der materiell pflichtbegründenden Steuernorm und der nicht auf Durchsetzung angelegten Erhebungsregelung. Zur Gleichheitswidrigkeit führt nicht ohne weiteres die empirische Ineffizienz von Rechtsnormen, wohl aber das normative Defizit des widersprüchlich auf Ineffektivität angelegten Rechts.
109Vgl. BVerfG, Urteil vom 9.3.2004 ‑ 2 BvL 1702 ‑, BVerfGE 110, 94 (Leitsatz 2).
110Vorliegend hängt die Steuerbelastung des Steuerschuldners und damit infolge der Möglichkeit einer Abwälzung mittelbar auch des Steuerträgers allein von freiwillig offenbarten Informationen ab, da die Beklagte über den steuerbegründenden privaten Charakter der jeweiligen Übernachtung in aller Regel keine eigenen Erkenntnisse hat. Daraus folgt zwar, dass es eines normativen Umfelds bedarf, das die Gleichheit der Belastung hinsichtlich des tatsächlichen Erfolges sichert. Das ist aber der Fall.
111Eine beachtliche Gewähr für den gleichheitsgerechten Erfolg bietet bereits der Umstand, dass hier nur das Handeln des Beherbergungsgastes durch Vorlage entsprechender Nachweise zur Steuerfreiheit für beruflich bedingte Übernachtungen führt. Damit unterscheidet sich die vorliegende Konstellation von Besteuerungsverfahren, in denen das Unterlassen einer Handlung die faktische Steuerfreiheit nach sich zieht.
112Vgl. zur Erklärung privater Zinserträge: BVerfG, Urteil vom 27.6.1991 ‑ 2 BvR 1493/89 ‑, BVerfGE 84, 239 (275); zur Offenbarung von Spekulationsgewinnen: BVerfG, Urteil vom 9.3.2004 ‑ 2 BvL 17/02 ‑, BVerfGE 110, 94 (119).
113Damit bleibt im Hinblick auf die Frage nach einem strukturellen Vollzugsdefizit vor allem, wie auch vom Verwaltungsgericht ausgeführt, die Gefahr wahrheitswidriger Erklärungen durch Gefälligkeitsbescheinigungen oder Eigenbescheinigungen Selbständiger.
114Diese durchaus nicht auszuschließende Gefahr führt jedoch nicht zu einem strukturellen Vollzugsdefizit. Für die Richtigkeit ausgestellter Bescheinigungen spricht schon die Strafbewehrtheit der Ausstellung einer unrichtigen oder unvollständigen Bescheinigung (§ 17 Abs. 1 KAG ‑ Abgabenhinterziehung ‑) und die Bußgeldbewehrtheit bloßer Abgabengefährdung (§ 20 Abs. 2 KAG) angesichts nur geringfügiger Ersparnis durch unberechtigte Steuerfreiheit.
115Denkbar ist auch eine Fehlannahme der beruflichen Veranlassung, wenn sie aus wenig sicheren Indizien gefolgert wird, etwa bei bloßer Angabe des Arbeitgebers in der Rechnungsanschrift, wenn die Rechnung aber vom Beherbergungsgast persönlich beglichen wird. Jedoch ist davon auszugehen, dass die Beklagte über ausreichende Kenntnisse vom Wirtschaftsraum Dortmund verfügt, um in etwa das Verhältnis zwischen privaten und beruflich bedingten Übernachtungen bei einzelnen Kategorien von Beherbergungsunternehmen abschätzen zu können. Damit ist eine Fehleinschätzung in einem hier erheblichen Umfang unwahrscheinlich. Dass die vollständige Erfassung aller Steuerfälle verfehlt wird, kann unterstellt werden. Kritikwürdige Vollzugsdefizite gibt es viele, entscheidend ist jedoch, wann diese die Qualität eines strukturellen Vollzugsdefizits erreichen mit der Folge der Verfassungswidrigkeit der zugrunde liegenden materiellen Norm.
116Vgl. Hey in: Tipke/Lang, Steuerrecht, 21. Aufl., § 3 Rn. 115.
117Das ist erst der Fall, wenn die gleichmäßige Erfassung nicht mehr prinzipiell gewährleistet ist. Davon kann hier keine Rede sein, auch wenn Verbesserungen im Vollzug der Beherbergungsabgabe möglich sind.
118Dem Beherbergungsunternehmer wird auch kein unverhältnismäßiger Organisationsaufwand abverlangt, der ihn in seiner Berufsausübungsfreiheit gemäß Art. 12 Abs. 1 Satz 2 GG in verfassungswidriger Weise verletzen würde.
119Vgl. OVG Schleswig-Holstein, Urteil vom 7.2.2013 - 4 KN 1/12 -, NVwZ-RR 2013, 816 Rn. 108.
120Die Unterscheidung zwischen privaten und beruflich bedingten Übernachtungen ist ohne unverhältnismäßige Mitwirkungsbeiträge des Steuerpflichtigen durch die Beklagte geregelt. Nach § 2 Abs. 3 Satz 1 BAS erfolgt der Nachweis der berufsbedingten Übernachtung regelmäßig durch die Vorlage der entsprechenden Arbeitgeberbescheinigung. Nach Nummer 1 des von der Beklagten aufgestellten "Handlungsrahmens Beherbergungsabgabe" bestehen weitere Möglichkeiten eines Nachweises. Die Einholung entsprechender Erklärungen der Übernachtungsgäste im Rahmen der Anmeldung oder während des Aufenthalts ist dem Beherbergungsunternehmer zuzumuten, der ohnehin wegen der Abwicklung des Beherbergungsvertrags und der mit ihm verbundenen melderechtlichen Verpflichtungen (vgl. § 26 des Meldegesetzes NRW ‑ MG NRW ‑) den Beherbergungsgast zu befragen hat. Der von Klägerseite problematisierte Beratungsaufwand hält sich bei möglicher schriftlicher Aufklärung der Gäste in Grenzen, zumal er sich reduzieren wird, wenn die Beherbergungsabgabe hinreichend verbreitet ist. Der durch die Verpflichtung zur Abgabenerklärung gemäß § 7 Abs. 1 BAS entstehende zusätzliche Organisationsaufwand, der lediglich einmal im Kalendervierteljahr anfällt, führt nicht zu einer Beeinträchtigung der Berufsausübungsfreiheit im Sinne von Art. 12 Abs. 1 Satz 2 GG. Nach den überzeugenden Bekundungen der in der mündlichen Verhandlung informatorisch vernommenen Empfangschefin eines Hotels ist die Zusammenstellung des zu besteuernden Aufwands mittels elektronischer Datenverarbeitung kein Problem mehr, wenn erst die Erfassung der Übernachtung als privat oder beruflich veranlasst erfolgt ist.
121Die Satzung ist jedoch nichtig, weil sie in § 5 rechtswidrig den Betreiber des Beherbergungsbetriebs zum Steuerschuldner bestimmt. Allerdings schreibt § 2 Abs. 1 Satz 2 KAG vor, dass die Satzung den Kreis der Abgabeschuldner angeben muss. Gemäß § 12 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b KAG i. V. m. § 43 Satz 1 AO bestimmt die Satzung, wer Steuerschuldner ist. Dem Satzungsgeber wird damit ein Spielraum eröffnet. Allerdings ist er begrenzt: Der Satzungsgeber ist an die Grundentscheidungen des Kommunalabgabengesetzes gebunden, insbesondere daran, dass es für das Entstehen der Abgabeschuld an einen Abgabetatbestand anknüpft.
122Vgl. Holtbrügge in: Driehaus, Kommunalabgabenrecht, Loseblattsammlung (Stand: September 2013), § 2 Rn. 52; Lenz in: Hamacher u. a., KAG NRW, Loseblattsammlung (Stand: März 2013), § 2 Rn. 50 f.
123Das gilt auch für die Steuer. Gemäß § 12 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b KAG i. V. m. § 38 AO entstehen Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis, sobald der Tatbestand verwirklicht ist, an den das Gesetz die Leistungspflicht knüpft. Daher muss die Satzung nach § 2 Abs. 1 Satz 2 KAG den die Abgabe begründenden Tatbestand angeben. Diese Grundentscheidung des Kommunalabgabengesetzes, das Entstehen der Steuerschuld an die Verwirklichung eines Steuertatbestands zu knüpfen, begrenzt den Kreis der in der Satzung zu bestimmenden möglichen Steuerschuldner. Nur wem die Erfüllung des Steuertatbestands zugerechnet werden kann, darf zum Steuerschuldner bestimmt werden. Daher ist es zumindest erforderlich, dass der Steuerschuldner in einer besonderen rechtlichen oder wirtschaftlichen Beziehung zum Steuergegenstand steht oder einen maßgebenden Beitrag zur Verwirklichung des steuerbegründenden Tatbestands leistet.
124Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 12.4.2012 ‑ 14 B 1520/11 ‑, NRWE Rn. 32 f.; ähnlich schon Urteil vom 2.10.1957 ‑ III A 1779/56 ‑, KStZ 1957, 271 (272), zur Zulässigkeit der Haftung der verpachtenden Brauerei für die Schankerlaubnissteuerschuld des Gastwirts; dazu BVerwG, Urteil vom 14.8.1959 ‑ VII CB 231.57 ‑, KStZ 1959, 228 (229); VGH Bad.-Württ., Urteil vom 23.2.2011 ‑ 2 S 196/10 ‑, KStZ 2011, 231 (235); ähnlich bereits RVerwG, Entscheidung vom 24.2.1942 ‑ VIII C 18/41 ‑, RVBl. 1943, 74 (75).
125Steuergegenstand ist das Steuergut mit dem Inhalt und Umfang der Tatbestandsverwirklichung. Das ist hier gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 BAS der Aufwand des Beherbergungsgastes, um die Möglichkeit einer entgeltlichen privaten Übernachtung zu erlangen.
126Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 21.8.2012 ‑ 14 A 1532/12 ‑, NRWE Rn. 10 f.
127Zu diesem Steuergegenstand steht der Betreiber des Beherbergungsbetriebs nur zum Teil in einer besonderen rechtlichen und wirtschaftlichen Beziehung, nur zum Teil leistet er einen maßgebenden Beitrag zur Verwirklichung dieses Tatbestands.
128Zugerechnet werden können ihm die Tatbestandselemente der Möglichkeit einer entgeltlichen Übernachtung und der dafür vom Beherbergungsgast betriebene Konsumaufwand. Der Unternehmer bietet nämlich die Möglichkeit einer entgeltlichen Übernachtung gegen einen bestimmten, vom Beherbergungsgast aufzuwendenden Preis auf dem Markt an. Das ist jedoch nur ein Teil des steuerbegründenden Tatbestands. Zum weiteren Tatbestandsmerkmal des privaten Charakters der Übernachtung steht der Unternehmer in keinerlei Beziehung, zu der Verwirklichung dieses Elements leistet er keinerlei Beitrag.
129Derjenige, dem dieses steuerbegründende Merkmal zugerechnet werden kann, ist vielmehr der Beherbergungsgast, der über den Zweck der Beherbergung entscheidet. Der Unternehmer weiß im Regelfall noch nicht einmal, ob dieses Tatbestandselement vorliegt. Diese nur gelockerte Beziehung des Beherbergungsunternehmers zum Steuergegenstand schließt es aus, ihn zum Steuerschuldner zu bestimmen. Es hätte einerseits zur Folge, dass in der Person des Unternehmers eine Steuerschuld entsteht, wenn eine steuerfreie beruflich bedingte Übernachtung glaubhaft ist, jedoch in Wirklichkeit eine private Übernachtung vorliegt, und andererseits, dass der Unternehmer für ihn unvermeidlich zu einer Steuer herangezogen wird, obwohl keine Steuerschuld entstanden ist, wenn der Beherbergungsgast aus welchen Gründen auch immer die berufliche Veranlassung der Übernachtung nicht offenlegt.
130Dem Umstand, dass das steuerbegründende Merkmal des privaten Charakters der Übernachtung dem Unternehmer nicht zugerechnet werden kann, kann nicht entgegengehalten werden, dass er sich wirtschaftlich schadlos halten kann und nach der Konzeption auch soll, indem er die in seiner Person entstandene Steuer auf den Beherbergungsgast abwälzt.
131So aber wohl OVG S-H, Urteil vom 7.2.2013 ‑ 4 KN 1/12 ‑, NVwZ-RR 2013, 816 Rn. 89.
132Das ist schon tatsächlich in der Konstellation nicht möglich, dass für den Unternehmer glaubhaft, jedoch fälschlich eine steuerfreie beruflich bedingte Übernachtung vorzuliegen scheint. Die These ist aber grundsätzlich verfehlt. Die Abwälzbarkeit ist ein begrifflich notwendiges Merkmal jedweder indirekten Aufwandsteuer, denn besteuertes Steuergut ist der Konsumaufwand, der in der Person des Steuerschuldners bei einer indirekten Steuer nicht anfällt. Die Abwälzbarkeit ist jedoch kein hinreichendes Merkmal dafür, jeden unabhängig von seiner Beziehung zum Steuertatbestand zum Steuerschuldner bestimmen zu dürfen, der die Steuer abwälzen kann. Die genannte Auffassung verkennt, dass das Kommunalabgabengesetz schon das Entstehen einer Steuerschuld in der Person des Steuerschuldners als rechtfertigungsbedürftigen Eingriff in die Rechtssphäre des Steuerschuldners wertet, unabhängig von der Frage, wen die Steuer letztlich wirtschaftlich trifft. Diese Rechtfertigung liegt darin, dass dem Steuerschuldner die Verwirklichung des Steuertatbestands zugerechnet werden kann, nicht darin, dass er die wirtschaftlichen Folgen der Steuer abwälzen kann.
133Die oben dargelegte Nähe des Unternehmers zum Steuergegenstand jenseits des privaten Charakters der Übernachtung rechtfertigt es lediglich, ihn zum Steuerentrichtungspflichtigen zu bestimmen. Gemäß § 12 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b KAG i. V. m. § 43 Satz 2 AO bestimmt die Satzung auch, ob ein Dritter die Steuer für Rechnung des Steuerschuldners zu entrichten hat. In diesem Fall entsteht die Steuer in der Person eines Dritten, nämlich des mit dem Steuerentrichtungspflichtigen nicht identischen Steuerschuldners. Der Steuergläubiger bedient sich des Steuerentrichtungspflichtigen allein dazu, die Steuer beim Steuerschuldner einzuziehen und an den Steuergläubiger abzuführen. Auch eine solche Steuerpflicht bedarf der Rechtfertigung. Diese kann in der Nähe des Steuerentrichtungspflichtigen zum Steuergegenstand und zum Steuerschuldner liegen. Die Beziehung des Steuerentrichtungspflichtigen zum Steuergegenstand und Steuerschuldner muss nicht eine die Steuerschuldnerschaft rechtfertigenden Dichte aufweisen, sondern lediglich die Zumutbarkeit der aus der Steuerentrichtungspflicht entspringenden Steuerpflichten begründen.
134Das Kommunalabgabengesetz selbst enthält vergleichbare Regelungen für eine besondere Abgabe, nämlich den Kurbeitrag.
135Ein bundesrechtliches Beispiel ist die Versicherungssteuer, deren Schuldner der Versicherungsnehmer ist, während der Versicherer die Steuer zu entrichten hat, vgl. § 7 Abs. 1 und 2 des Versicherungsteuergesetzes (VersStG).
136Nach § 11 Abs. 2 Satz 1 KAG ist abgabepflichtig derjenige, der in dem Kurort Unterkunft nimmt. Als Abgabeentrichtungspflichtiger kann der bestimmt werden, der Personen zu Heil- oder Kurzwecken beherbergt oder als Grundeigentümer Unterkunftsmöglichkeiten gewährt (§ 11 Abs. 3 KAG). Ihn trifft nur die Pflicht, die Abgabepflichtigen zu melden, die Abgabe einzuziehen und an den Abgabegläubiger abzuliefern.
137Bei einer entsprechenden Ausgestaltung der Beherbergungsabgabe stellt sich die Frage der Abwälzbarkeit nicht, da es um eine direkte Aufwandsteuer geht. Im Falle unrichtiger Annahme einer steuerfreien beruflich bedingten Übernachtung entsteht die Steuer zu Recht in der Person des Beherbergungsgastes, nicht des steuerentrichtungspflichtigen Unternehmers, der nur für die korrekte Erfüllung seiner - in der Satzung, nicht in einem "Handlungsrahmen" präzise festzulegenden - zumutbaren Pflichten verantwortlich ist. Wird vom Beherbergungsgast zu Unrecht eine Steuer eingezogen, weil er den beruflich bedingten Charakter der Übernachtung nicht hinreichend offenbart, ist das unbedenklich, da dies auf der Verletzung seiner Mitwirkungs- und Auskunftspflichten beruht (§ 12 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. a KAG i. V. m. § 90 Abs. 1, 93 AO). Erstattungsansprüche wegen einer zu Unrecht erhobenen Steuer stehen ihm zu (§ 12 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b KAG i. V. m. § 37 Abs. 2 Satz 1 AO), nicht ‑ wie es in § 2 Abs. 3 Satz 4 BAS geregelt ist ‑ seinem Arbeitgeber.
138Vgl. zu einer ähnlichen Regelung bei Steuerschuldnerschaft des Unternehmers OVG NRW, Urteil vom 23.1.2013 - 14 A 1860/11 ‑, NRWE Rn. 100 ff.; dazu BVerwG, Beschluss vom 18. Juli 2013 - 9 B 16.13 ‑, juris Rn. 3.
139Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.
140Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 VwGO i. V. m. § 708 Nr. 10, 711 der Zivilprozessordnung - ZPO -.
141Die Revision ist nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 132 VwGO nicht vorliegen. Entscheidungstragend ist die Reichweite der landesrechtlichen Ermächtigung des Satzungsgebers, den Steuerschuldner zu bestimmen.
Tenor
Soweit die Beteiligten den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt haben, wird das Verfahren eingestellt. Insoweit ist das angegriffene Urteil wirkungslos.
Die Berufung im Übrigen wird zurückgewiesen.
Unter Einbeziehung der erstinstanzlichen Kostenentscheidung trägt der Kläger die Kosten des Rechtsstreits beider Rechtszüge.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Vollstreckungsschuldner darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Vollstreckungsgläubigerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
1
Tatbestand:
2Der Kläger übt in der G.------straße in Oberhausen die Tätigkeit einer gewerblichen Zimmervermietung an Prostituierte aus. Insgesamt befinden sich dort sechzehn Häuser mit etwa 230 Zimmern, die von Prostituierten angemietet werden können.
3Mit Ratsbeschluss vom 15. Dezember 2008 erließ die Stadt Oberhausen erstmalig eine Vergnügungssteuersatzung, mit der die Besteuerung des Angebots sexueller Handlungen gegen Entgelt vergnügungssteuerpflichtig wurde. Die Satzung sollte am 1. Januar 2009 in Kraft treten.
4Nach § 1 der Vergnügungssteuersatzung unterliegen die im Gebiet der Stadt Oberhausen veranstalteten nachfolgenden Vergnügungen (Veranstaltungen) der Vergnügungssteuer. In der folgenden Auflistung ist unter Nr. 6 genannt die gezielte Einräumung der Gelegenheit zu sexuellen Vergnügungen in Bars, Sauna-, FKK- und Swingerclubs sowie ähnlichen Einrichtungen. Steuermaßstab ist nach § 4 der Satzung hier der Flächenmaßstab. Nr. 7 betrifft das Angebot sexueller Handlungen gegen Entgelt außerhalb der in Nr. 6 genannten Einrichtungen, zum Beispiel in Beherbergungsbetrieben, Privatwohnungen, Wohnwagen und Kraftfahrzeugen mit Ausnahme von Straßenprostitution in Verrichtungsboxen. In diesem Fall beträgt die Steuer nach § 8 der Satzung für jede/n Prostituierte/n 6,00 Euro pro Veranstaltungstag.
5Mit Schreiben vom 22. Januar 2009 wies die Beklagte den Kläger darauf hin, dass nach § 3 Abs. 2 der Vergnügungssteuersatzung auch derjenige Steuerschuldner sei, der die Räume für die Veranstaltung zur Verfügung stelle. Abweichend von der grundsätzlichen Regelung, dass jede Prostituierte eine Steueranmeldung monatlich einreichen müsse, werde ihm - dem Kläger - als gewerblichem Zimmervermieter die Möglichkeit angeboten, für den Betrieb eine zusammengefasste Steueranmeldung je Kalendermonat einzureichen. In der Folgezeit reichte der Kläger zusammengefasste Vergnügungssteueranmeldungen für die Monate Januar bis Juni 2009 ein. In den diesbezüglichen Vordrucken sind unter anderem die Namen der einzelnen Prostituierten sowie die diesen zuzurechnenden Veranstaltungstage aufgeführt.
6Gegen die Anmeldungen hat der Kläger Klage erhoben.
7Die Beklagte hob nach einem Hinweis des Verwaltungsgerichts die eingereichten Vergnügungssteueranmeldungen/Vergnügungssteuerbescheide wegen einer widersprüchlichen Fälligkeitsregelung auf.
8Durch Urteil vom 18. Juni 2009 ‑ 14 A 1577/07 ‑ hat der Senat entschieden, dass die Erhebung einer Vergnügungssteuer auf sexuelle Vergnügungen der ministeriellen Genehmigung gemäß § 2 Abs. 2 des Kommunalabgabengesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen ‑ KAG ‑ bedarf.
9Nachdem das Innenministerium und das Finanzministerium des Landes Nordrhein-Westfalen mit Schreiben vom 10. Mai 2010 zwei Satzungen, die eine Steuer auf sexuelle Vergnügungen vorsahen, genehmigt hatten, beschloss der Rat der Beklagten am 12. Juli 2010 eine Vergnügungssteuersatzung (VS), die auch die Besteuerung sexueller Vergnügungen vorsah, erneut. Die Satzung wurde am 2. August 2010 bekanntgemacht. Sie sollte rückwirkend zum 1. Januar 2009 in Kraft treten. Diese Satzung ist, was die hier in Rede stehende Besteuerung betrifft, wortgleich mit den entsprechenden Regelungen in der Satzung vom Dezember 2008.
10Mit drei Vergnügungssteuerbescheiden vom 29. September 2010 zog die Beklagte den Kläger für die Monate Januar 2009 bis August 2010 zu einer Vergnügungssteuer in Höhe von 46.554,00 Euro für die Veranstaltungen (Angebot sexueller Handlungen in Beherbergungsbetrieben nach § 1 Nr. 7 VS) heran.
11Gegen diese Bescheide hat der Kläger Klage erhoben, die das Verwaltungsgericht abgewiesen hat.
12Nachdem der Senat in einem zu einem Parallelverfahren gehörenden Aussetzungsverfahren die aufschiebende Wirkung einer Klage angeordnet und einen Erörterungstermin durchgeführt hatte, hob die Beklagte die drei Vergnügungssteuerbescheide vom 29. September 2010 auf.
13Mit Schreiben vom 6. Juli 2012 wies die Beklagte den Kläger darauf hin, dass das von ihm betriebene Bordell als ähnliche Einrichtung nach § 1 Nr. 6 VS der Vergnügungssteuersatzung vom 12. Juli 2010 nach dem Flächenmaßstab zu besteuern sei. Es wurden Verhandlungen auch über die Frage geführt, ob die Flächen der Flure in die Besteuerungsgrundlage einzubeziehen seien. Nachdem der Kläger angegeben hatte, er werde die Veranstaltungsfläche nicht mitteilen, zog die Beklagte den Kläger mit Bescheid vom 11. Dezember 2012 für den Zeitraum vom 3. August 2010 bis zum 31. Oktober 2012 für das Haus G.------straße zu einer Vergnügungssteuer in Höhe von 90.576,00 Euro heran. Hierbei legte er den Flächenmaßstab nach § 4 VS zugrunde. § 4 Abs. 1 VS ordnet die Erhebung der Steuer für Veranstaltungen unter anderem nach § 1 Nr. 6 nach der Größe der Veranstaltungsfläche an. Als Veranstaltungsfläche gelten alle für das Publikum zugänglichen Flächen mit Ausnahmen der Toiletten und Garderobenräume. Gemäß § 4 Abs. 3 VS beträgt die Steuer für die Veranstaltungen nach § 1 Nr. 6 je Veranstaltungstag für jede angefangenen 10 qm Veranstaltungsfläche 3,00 Euro. Die Beklagte schätzte die Fläche auf 367 qm. Hierbei wurden die Flure ganz berücksichtigt und die Zimmer entsprechend einer geschätzten Belegungsquote.
14Hiergegen hat der Kläger Klage erhoben und geltend gemacht, in dem genannten Erörterungstermin sei der Beklagten vom OVG NRW nahegelegt worden, eine neue Satzung zu erlassen. Dies sei nicht geschehen. § 1 Nr. 6 VS sei unbestimmt. Bordelle als klassische Form von Einrichtungen, in denen sexuelle Vergnügungen angeboten würden, seien in der Aufzählung gerade nicht genannt. § 1 Nr. 6 und Nr. 7 VS, im Zusammenhang betrachtet, lasse als folgerichtig erscheinen, dass der Satzungsgeber Bordelle als Beherbergungsbetriebe habe erfassen wollen. Mit Beherbergungsbetrieben seien vor allem Bordelle gemeint. Die Schätzung sei nicht nachvollziehbar. Es dürften nur die von den Prostituierten gemieteten Zimmer in Ansatz gebracht werden, weil nur diese unmittelbar dem sexuellen Vergnügen dienten.
15Der Kläger hat beantragt,
16den Vergnügungssteuerbescheid der Beklagten vom 11. Dezember 2012 aufzuheben.
17Die Beklagte hat beantragt,
18die Klage abzuweisen.
19Sie hat geltend gemacht, nach der Rechtsprechung des OVG NRW sei das Bordell als ähnliche Einrichtung nach dem einrichtungsbezogenen Steuertatbestand des § 1 Nr. 6 VS zu besteuern. Unter Beherbergungsbetrieben nach § 1 Nr. 7 VS seien Hotels und Pensionen zu verstehen. Dort stattfindende Prostitution werde auch besteuert. Der Flächenmaßstab sei als Wahrscheinlichkeitsmaßstab sachlich gerechtfertigt. Da der Kläger seiner Mitwirkungspflicht nach § 15 VS nicht nachgekommen sei, sei eine Schätzung notwendig geworden, wobei die Flächen aus den Bauakten ermittelt worden seien.
20Durch das angegriffene Urteil hat das Verwaltungsgericht die Klage abgewiesen.
21Hiergegen hat der Kläger einen Antrag auf Zulassung der Berufung gestellt, dem der Senat durch Beschluss vom 26. September 2013 entsprochen hat.
22Der Kläger trägt zur Begründung der Berufung vor: Der Flächenmaßstab in Form einer Pauschbesteuerung sei kein geeignetes Kriterium, Steuergerechtigkeit herzustellen. Ein lockerer Bezug des Vergnügungsaufwands zu dem gewählten Ersatzmaßstab sei nicht feststellbar. Wenn alle Zimmer vermietet worden seien, könne der Umsatz nicht mehr steigen, auch wenn die anderen Flächen des Beherbergungsbetriebes vergrößert würden. Zu Unrecht werde der Steuertatbestand des § 1 Nr. 6 VS angewandt. Anders als bei den dort aufgezählten Clubs und sonstigen Einrichtungen stehe bei Einrichtungen, in denen das Angebot sexueller Handlungen gegen Entgelt besteuert werden solle, nicht das Vergnügen beider im Vordergrund, sondern das Austauschgeschäft der Prostituierten mit dem Gast. Dieser Vergnügungsaufwand sei genau kalkulierbar. Es würden wegen der Besteuerung nach dem Düsseldorfer Verfahren Listen geführt, die für das Steueraufkommen von der Beklagten in der Vergangenheit auch anerkannt worden seien. Bei den in § 1 Nr. 6 VS aufgezählten Etablissements sei hingegen der Konsumaufwand schwer zu greifen, so dass hier eine pauschale Flächenbesteuerung geeignet sei. Nach dem Willen des Satzungsgebers sei ein Bordell unter Beherbergungsbetrieb im Sinne der Satzung zu subsumieren. Es komme auf den milieutypischen Sprachgebrauch an. Die Tatbestände des § 1 Nr. 6 und Nr. 7 VS seien danach abzugrenzen, ob entweder die sich Vergnügenden üblicherweise kein Entgelt für die Vergnügung entrichteten oder die sexuellen Handlungen gegen Entgelt stattfänden. Hier sei daher § 1 Nr. 7 VS anzuwenden. Da die Zimmer regelmäßig größer als 10 qm seien und auch noch die Fläche für die Flure in Ansatz gebracht worden sei, werde durch die Anwendung des falschen Tatbestands des § 1 Nr. 6 VS der in Wirklichkeit anzuwendende Steuersatz von 6 Euro nach § 8 VS regelmäßig überschritten. Jedenfalls dürften die Flure nicht mit berücksichtigt werden, da diese nicht der Kontaktaufnahme dienten. Dort finde insoweit kein Konsumaufwand statt.
23Die Steuer sei nicht abwälzbar. Da das Zimmerentgelt, die Miete, nur von den Prostituierten erhoben werde, könne die Steuer nicht auf die sich Vergnügenden abgewälzt werden. Eine mittelbare Abwälzung von ihm, dem Kläger, über die Prostituierten auf die Freier sei nur in engen Grenzen möglich. Der wirtschaftliche Vorteil bei der Vermietung der Räume an Prostituierte ergebe sich nicht aus der Beziehung zum Steuergegenstand, sondern knüpfe an die Verhältnisse des Immobilienmarkts an. Zwischen Vermieter und Freier bestünden keine vertraglichen Beziehungen, die es dem Kläger erlaubten, von dem Freier etwas zu erlangen.
24Es liege ein strukturelles Vollzugsdefizit bei der Besteuerung in der Stadt Oberhausen vor. Es sei nicht richtig, dass sich aus den Gewerbeanmeldungen Rückschlüsse auf die Anzahl der Prostituierten herleiten ließen. Das Gewerbe "Prostitution" oder ähnliches werde nämlich in der Regel nicht bei einer Gewerbeanmeldung akzeptiert. Eine Liste von Wohnungsprostituierten habe die Beklagte nicht von der Kriminalpolizei erhalten. Hier werde der Besteuerungsanspruch weitgehend nicht durchgesetzt. Die Beklagte habe nichts unternommen, um eine steuerliche Belastungsgleichheit gewährleistende Kontrollmöglichkeiten zu schaffen. Eine Steuererklärungspflicht begründe die Satzung nicht. Die Beklagte habe erst kürzlich in Erwägung gezogen, wegen illegal tätiger Prostituierten mit der Kriminalpolizei Kontakt aufzunehmen. Informationen habe die Beklagte jedoch dann nicht eingeholt. Die spärlich durchgeführten Außendienstkontrollen hätten nicht mehr als Alibiqualität. Bei einer Kalkulation des beabsichtigen zusätzlichen Steueraufkommens seien mindestens 80 bis 100 illegal tätige Prostituierte nicht berücksichtigt worden, wie sich aus der in der G.------straße tätigen Anzahl der Prostituierten und dem Steueraufkommen hierfür ergebe. Ausweislich einer Veröffentlichung in der "Welt" vom 4. November 2013 habe die Beklagte auf Anfrage der Zeitung die Anzahl der in Oberhausen tätigen Prostituierten mit 180 angegeben. Weitere Prostituierten seien nicht einkalkuliert worden und die Beklagte habe auch keine Vorkehrungen getroffen, die illegal tätigen Prostituierten zur Vergnügungssteuer heranzuziehen. Die Satzung sei ausschließlich gemacht worden, um die Vermieter in der G.------straße zur Vergnügungssteuer heranzuziehen. Auch nur diese seien zu einem Informationstreffen Anfang des Jahres 2009 eingeladen worden.
25Der Begriff "illegal" bezeichne in erster Linie solche Prostituierten, die von der Beklagten nicht zur Vergnügungssteuer herangezogen würden. Aus Sicht der Finanzverwaltung sei ein Teil dieser Prostituierten nicht als illegal anzusehen, weil sie am Düsseldorfer Verfahren teilnähmen. Andere Prostituierte hätten keine Arbeitserlaubnis oder gefälschte Ausweispapiere.
26Die Steuer habe erdrosselnde Wirkung. Die vorgelegte betriebswirtschaftliche Auswertung zeige, dass die Überschüsse durch die Steuer aufgezehrt würden. Ein angemessener Unternehmerlohn entsprechend einem Geschäftsführergehalt im Hotelgewerbe verbleibe nicht.
27Während des Berufungsverfahrens hat die Beklagte einen geänderten Vergnügungssteuerbescheid für den Zeitraum vom 3. August 2010 bis 31. Oktober 2012 vom 24. September 2013 erlassen, mit dem der Kläger zu einer Vergnügungssteuer in Höhe von 75.735,00 Euro veranlagt wurde. Dieser Bescheid änderte die Steuerfestsetzung vom 11. Dezember 2012 gemäß § 164 Abs. 2 der Abgabenordnung ‑ AO ‑. Der Bescheid berücksichtigte die nachgereichten Angaben des Klägers zu der Fläche der Zimmer, die kalendertäglich von den Prostituierten in dem oben genannten Zeitraum belegt waren.
28Der Kläger beantragt,
29das angegriffene Urteil zu ändern und den Vergnügungssteuerbescheid der Beklagten vom 11. Dezember 2012 in der Gestalt des Bescheides vom 24. September 2013 aufzuheben.
30Die Beklagte beantragt,
31die Berufung zurückzuweisen.
32Sie macht geltend: Eine Besteuerung nach der Veranstaltungsfläche sei zulässig, weil die Größe eines Bordells einen Rückschluss auf die Attraktivität und die Besucherzahlen zulasse. Der Vermieter der Zimmer profitiere davon, wenn dort der Prostitution nachgegangen werde. Die Miete werde nämlich deutlich gesenkt, wenn die Prostituierten nicht ihrer Arbeit nachgingen und tatsächlich vorübergehend nur dort wohnten. Da das Bordell als Ganzes besteuert werde, seien auch die Flure zu berücksichtigen. Es hätten auch sämtliche Zimmer täglich der Besteuerung unterworfen werden können. Dennoch habe sie - die Beklagte - nur die täglich konkret zum Zwecke der Prostitution vermieteten Zimmer berücksichtigt.
33Ein strukturelles Vollzugsdefizit liege nicht vor. Die Prostituierten könnten sich in der Gewerbekartei der Stadt Oberhausen anmelden. Auf diese Gewerbekartei könne zurückgegriffen werden. Die mannigfachen Suchergebnisse seien vom Fachbereich Steuern zusammengestellt worden und könnten vorgelegt werden. In der G.------straße gebe es seit jeher 18 Häuser mit einer Gesamtveranstaltungsfläche von 2.015 qm. Vor Einführung der Steuer im Jahre 2009 sei von 250 bis 300 tätigen Prostituierten im Bereich G.------straße mit rückläufiger Tendenz auszugehen. Grundlage der Erkenntnis seien Zahlen aus dem Gesundheitsamt aus Zeiten, in denen noch Untersuchungen nach dem Infektions- und Seuchenschutzgesetz für Prostituierte vorgeschrieben gewesen seien. Im Jahre 2009 seien in der G.------straße ca. 200 Prostituierte monatlich beschäftigt gewesen. Da nicht alle Prostituierten täglich arbeiteten, habe die Zahl der Aktiven pro Kalendertag zwischen 90 und 125 gelegen. Diese Zahlen hätten sich aus den ursprünglichen Steueranmeldungen ergeben. Im Jahre 2010 seien noch ca. 150 Prostituierte gemeldet gewesen. Im Zeitraum 2009 bis 2013 seien im Stadtgebiet außerhalb der G.------straße zwei weitere Bordelle erfasst gewesen, in denen jeweils durchschnittlich fünf Prostituierte monatlich beschäftigt gewesen seien. Außerdem habe es in dem Zeitraum zwei Bars mit einer Veranstaltungsfläche von 60 qm und 76 qm und drei Massagestudios mit einer Fläche von jeweils 50 qm gegeben. 2009 seien fünfzehn Prostituierte in Wohnungen gemeldet gewesen, im Zeitraum 2010 bis 2013 seien etwa zehn Wohnungsprostituierte steuerlich erfasst worden. Die Erfassung neuer Steuerfälle erfolge durch Ermittlungen im Internet durch den Fachbereich Steuern, Ermittlungen über Kontakte mit der Polizei, über Gewerbeanmeldungen und den kommunalen Ordnungsdienst. Ferner werde Hinweisen von Steuerpflichtigen und Informanten nachgegangen. Seit dem Jahr 2009 seien dem kommunalen Ordnungsdienst ca. 30 Aufträge erteilt worden, in denen Ermittlungen durchgeführt worden seien.
34Ferner hat der Senat Auskünfte zu der Anzahl der in Oberhausen vorhandenen Bordelle oder bordellähnlichen Betrieben und der in Oberhausen tätigen Prostituierten durch die Finanzverwaltung und die Kriminalpolizei erbeten. Auf die übersandten Auskünfte wird verwiesen.
35Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Verfahrensakte und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge Bezug genommen.
36Entscheidungsgründe:
37Soweit die Parteien im Hinblick auf die Reduzierung der Steuerforderung von 90.576,00 Euro auf 75.735,00 Euro durch den Bescheid vom 24. September 2013 die Hauptsache für erledigt erklärt haben, war das Verfahren einzustellen und die teilweise Unwirksamkeit des erstinstanzlichen Urteils auszusprechen.
38Die Berufung im Übrigen hat keinen Erfolg.
39Der Steuerbescheid vom 11. Dezember 2012 in der Gestalt des Bescheides vom 24. September 2013 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung ‑ VwGO ‑).
40Der angefochtene Bescheid findet seine Rechtsgrundlage in der Vergnügungssteuersatzung der Beklagten vom 12. Juli 2010, die am 2. August 2010 bekannt gemacht worden ist, und den hier in Rede stehenden Steuerzeitraum vom 3. August 2010 bis zum 31. Oktober 2012 erfasst.
41Das von dem Kläger betriebene Bordell in der G.------straße in Oberhausen erfüllt den Steuertatbestand des § 1 Nr. 6 VS. Es handelt sich um eine Einrichtung, in der gezielt die Gelegenheit zu sexuellen Vergnügungen eingeräumt wird. Bordelle sind zwar in der Aufzählung in § 1 Nr. 6 VS nicht ausdrücklich genannt, sie sind aber als Bars, Sauna-, FKK- und Swingerclubs ähnliche Einrichtungen anzusehen. Entgegen der Auffassung des Klägers erfüllt hingegen der Betrieb des Bordells nicht den Steuertatbestand des § 1 Nr. 7 VS, weil dort - wie der Kläger meint - in einem Beherbergungsbetrieb sexuelle Handlungen gegen Entgelt angeboten würden. Dies folgt aus dem Wortlaut und der Systematik der in § 1 Nr. 6 und 7 VS genannten, sich gegenseitig ausschließenden Steuertatbestände. § 1 Nr. 6 VS schafft einen einrichtungsbezogenen Steuergegenstand. Er erfasst das Steuergut, den Konsumaufwand des sich sexuell Vergnügenden, soweit das sexuelle Vergnügen in dafür bestimmten Einrichtungen stattfindet. § 1 Nr. 7 VS erfasst hingegen den Konsumaufwand des sich sexuell Vergnügenden, soweit das sexuelle Vergnügen auf einem Angebot sexueller Handlungen gegen Entgelt beruht und es nicht in den vorgenannten Einrichtungen, also einrichtungslosgelöst stattfindet. Der allgemeine Sprachgebrauch bezeichnet mit dem Begriff Beherbergungsbetrieb kein Bordell, sondern eine Unterkunft, namentlich ein Hotel.
42Vgl. zur Herkunft des Begriffs Herberge und zu seiner Verfestigung auf "Gasthaus" und "Unterkunft" Grimm, Deutsches Wörterbuch, 1877, Nachdruck 1984, Bd. 10, Sp. 1060 ff. (Stichwort: Herberge).
43So ist auch der ermäßigte Umsatzsteuersatz nach § 12 Abs. 2 Nr. 11 des Umsatzsteuergesetzes für die Vermietung von Wohn- und Schlafräumen, die ein Unternehmer zur kurzfristigen Beherbergung von Fremden bereithält, auf Bordelle nicht anzuwenden.
44Vgl. FG Düsseldorf, Urteil vom 1.6.2012 ‑ 1 K 2723/10 ‑, juris.
45Das Finanzgericht hat hierzu zutreffend ausgeführt, die Prostituierten zahlten ihre "Tagesmiete" nicht für den Empfang einer Beherbergungsleistung, sondern im Wesentlichen für die Bereitstellung einer Infrastruktur zur Ausübung ihres Gewerbes (juris Rn. 24). Beherbergen sei grundsätzlich nicht nur nach allgemeinem Sprachgebrauch das Bereitstellen einer Unterkunft oder Schlafstelle und nicht die Zurverfügungstellung von Räumlichkeiten zur Ausübung der Prostitution (juris Rn. 26). Der Einwand des Klägers, im "Milieu" sei der Begriff Beherbergungsbetrieb als Bordell zu verstehen, verfängt nicht. Es geht hier nicht um die Auslegung einer unter Bordellbetreibern und Prostituierten geäußerten Erklärung nach deren Empfängerhorizont, sondern um die Auslegung einer Satzung, also von Ortsrecht. Dafür mag ein dem Regelungsgegenstand angepasster spezieller juristischer Sprachgebrauch zu berücksichtigen sein, nicht aber der Sprachgebrauch des Rotlichtmilieus.
46Auch die Systematik der Vergnügungssteuersatzung der Stadt Oberhausen vom 12. Juli 2010 spricht gegen die Annahme, Bordelle seien Beherbergungsbetriebe im Sinne des § 1 Nr. 7 VS. Die Satzung differenziert mit den unterschiedlichen Steuertatbeständen nicht nach prostitutionsbezogenen und nicht prostitutionsbezogenen Steuergegenständen, sondern schafft in § 1 Nr. 6 VS einen einrichtungsbezogenen und in § 1 Nr. 7 VS einen einrichtungslosgelösten personenbezogenen Steuergegenstand zur Besteuerung des Aufwandes für sexuelle Vergnügungen. Die in § 1 Nr. 7 VS nur beispielhaft genannten Räumlichkeiten zeichnen sich alle dadurch aus, dass sie nicht schon von ihrer Eigenart zur Veranstaltung sexueller Vergnügungen bestimmt sind. In einem Beherbergungsbetrieb nach dem gewöhnlichen Sprachgebrauch mag auch Prostitution stattfinden (Hotelprostitution), aber die Prostituierten haben dort in der Regel kein Zimmer angemietet, um ihre Leistungen anzubieten. Besondere Räumlichkeiten zu einer Anbahnung der sexuellen Kontakte finden sich dort typischerweise nicht. Eine Infrastruktur zur Ausübung der Prostitution ist nicht vorhanden.
47Vgl. zu diesem Begriff, FG Düsseldorf, Urteil vom 1.6.2012, juris Rn. 24.
48Entsprechendes gilt für Privatwohnungen, Wohnwagen und Kraftfahrzeugen. So können zwar Wohnwagen speziell für die Ausübung der Prostitution angeschafft und hergerichtet werden, aber üblicherweise werden Wohnwagen für Freizeitzwecke, insbesondere zum Camping genutzt. Entsprechendes gilt für Wohnungen, die auch für Zwecke der Prostitution angemietet werden, aber in der Regel der Befriedigung des allgemeinen Wohnbedürfnisses dienen. In einem Bordell wird hingegen die Prostitution erwartet, das Bordell dient von seiner Eigenart her der Ausübung der Prostitution, während die in § 1 Nr. 7 VS namentlich bezeichneten Einrichtungen eine solche begriffliche Zweckbestimmung nicht haben.
49Die Meinung des Klägers, der von § 1 Nr. 6 VS nicht prostitutionsbezogene Vergnügungen und von § 1 Nr. 7 VS prostitutionsbezogene Vergnügungen erfasst sieht, überzeugt nicht. So findet in den in § 1 Nr. 6 VS genannten Bars Prostitution und nicht etwa Sexualverkehr unter Gleichgesinnten statt. In § 1 Nr. 7 VS wird ausdrücklich Prostitution in den in Nr. 6 erwähnten Einrichtungen als nicht Nr. 7 unterfallend ausgeschlossen und damit anerkannt, dass in solchen Einrichtungen Prostitution zu erwarten ist und nur nach Nr. 6 zu besteuern ist.
50Zur Stützung seiner Meinung, der Begriff des Beherbergungsbetriebes erfasse auch Bordelle, kann sich der Kläger nicht mit Erfolg darauf berufen, der Rat der Beklagten habe bei Erlass der Satzung eine solche Einstufung vornehmen wollen, wie auch der zunächst unternommene Versuch der Verwaltung zeige, eine Besteuerung nach § 1 Nr. 7 VS für seinen Betrieb durchzusetzen. Es kommt nämlich für die Auslegung nicht auf die subjektiven Meinungen der Ratsmitglieder oder der Verwaltung an. Für den Inhalt einer Norm ist vielmehr entscheidend der in ihr zum Ausdruck kommende objektivierte Wille des Normgebers, so wie er sich aus dem Wortlaut der Vorschrift und dem Sinnzusammenhang ergibt, in den sie hineingestellt ist.
51Vgl. BVerfG, Urteil vom 20.3.2002 ‑ 2 BvR 794/95 ‑, BVerfGE 105, 135 (157).
52Materialien zum Willen des historischen Gesetzgebers bei der Normsetzung, hier der Satzung, sollen mit Vorsicht, lediglich unterstützend und insgesamt nur insofern herangezogen werden, als sie auf einen objektiven Norminhalt schließen lassen. Der sogenannte Wille des Normgebers bzw. der am Normerlassverfahren Beteiligten kann hiernach bei der Interpretation insoweit berücksichtigt werden, als er auch im Text Niederschlag gefunden hat. Die Materialien dürfen nicht dazu verleiten, die subjektiven Vorstellungen der normgebenden Instanzen dem objektivem Norminhalt gleichzusetzen.
53Vgl. BVerfG, Urteil vom 16.2.1983 ‑ 2 BvE 1‑4/83 ‑, BVerfGE 62, 1 (45); OVG NRW, Urteil vom 15.9.2004 ‑ 15 A 4544/02 ‑, NRWE Rn. 25 ff.
54Einen solchen Niederschlag im Normtext hat die Auffassung, Bordelle seien als Beherbergungsbetriebe im Sinne der Satzung anzusehen, nicht gefunden. Im Gegenteil sprechen Wortlaut und Sinnzusammenhang gerade für die Verneinung einer solchen Einordnung. Daher kommt es auf die subjektiven Vorstellungen der am Erlass der Satzung Beteiligten nicht an.
55Die Steuer ist der Höhe nach richtig festgesetzt worden. Nach § 4 VS richtet sich die Steuer bei der gezielten Einräumung der Gelegenheit zu sexuellen Vergnügungen nach der Größe der Veranstaltungsfläche. § 4 Abs. 1 Satz 2 VS bestimmt, dass als Veranstaltungsfläche alle für das Publikum zugänglichen Flächen mit Ausnahme der Toiletten und Garderobenräume gelten. Die Steuer beträgt nach § 4 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VS je Veranstaltungstag für jede angefangenen 10 qm Veranstaltungsfläche 3,00 Euro. Endet eine Veranstaltung erst am Folgetag, wird ein Veranstaltungstag für die Berechnung zugrunde gelegt (vgl. § 4 Abs. 2 Satz 2 VS).
56Dieser Maßstab erfasst den Vergnügungsaufwand nicht genau. Eigentliches Steuergut ist der Vergnügungsaufwand des einzelnen Besuchers, weil die Steuer darauf abzielt, die mit der Einkommensverwendung für das Vergnügen zum Ausdruck kommende wirtschaftliche Leistungsfähigkeit zu belasten. Da eine konkrete Besteuerung des Aufwandes des sich Vergnügenden, insbesondere des sich vergnügenden Freiers, (Wirklichkeitsmaßstab) praktisch nicht möglich ist,
57vgl. OVG NRW, Beschluss vom 12.4.2012 ‑ 14 B 1520/11 ‑, NRWE Rn. 32; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 23.2.2011 ‑ 2 S 196/10 ‑, KStZ 2011, 231 (233),
58kann die Steuer pauschal bei dem Veranstalter des Vergnügens erhoben werden. Dieser Wahrscheinlichkeitsmaßstab muss aber jedenfalls einen lockeren Bezug zum individuellen Vergnügungsaufwand haben.
59Vgl. BVerwG, Beschluss vom 13.7.2011‑ 9 B 78.10 ‑, juris, Rn. 5 m. w. N.
60Der Satzungsgeber ist dabei nicht gehalten, die zweckmäßigste, vernünftigste oder gerechteste Lösung zu wählen, ihm steht vielmehr ein weiter Gestaltungsspielraum zu, der erst dann überschritten wird, wenn ein einleuchtender Grund für die Gleichbehandlung oder Ungleichbehandlung fehlt und die Steuererhebung daher willkürlich wäre.
61Vgl. BVerfG, Beschluss vom 4.2.2009 ‑ 1 BvL 8/05 ‑, NVwZ 2009, 968 (971); OVG NRW, Urteil vom 23.6.2010 ‑ 14 A 597/09 ‑, NRWE Rn. 68.
62Diesen Anforderungen genügt der hier zu beurteilende Flächenmaßstab. Er weist den erforderlichen lockeren Bezug auf, weil es wahrscheinlich ist, dass der Umfang des Vergnügungsaufwands mit der Größe eines Betriebes wächst. Zwar steht die Größe der Veranstaltungsfläche ersichtlich in keinem direkten Zusammenhang mit dem Aufwand der Besucher der Veranstaltung. Mit der Größe der Veranstaltungsfläche werden typischerweise aber die Einnahmen steigen, weil mehr Freier aufgenommen werden können und so im Regelfall insgesamt auch ein höherer Aufwand betrieben wird. Es ist einleuchtend, dass je mehr Raum für die gezielte Einräumung der Gelegenheit zu sexuellen Vergnügungen zur Verfügung steht, ihn auch desto mehr Personen gleichzeitig nutzen können. Außerdem kann die Größe des zur gezielten Einräumung der Gelegenheit zu sexuellen Vergnügungen zur Verfügung gestellten Raumes auch ein Merkmal großzügig-gehobener Ausstattung sein, die sich in einem tendenziell höheren Aufwand zur Erlangung des Vergnügens niederschlägt. Die Größe des genutzten Raums ist deshalb als zulässiger Vergnügungssteuermaßstab seit langem üblich und anerkannt.
63Vgl. BVerwG, Urteil vom 3.3.2004 ‑ 9 C 3.03 ‑, BVerwGE 120, 175 (185 f.).
64Bei der Berücksichtigung der Veranstaltungsfläche hat die Beklagte zutreffend nicht nur die Zimmer, sondern auch die Flure einbezogen. Diese sind gemäß § 4 Abs. 1 Satz 2 VS Veranstaltungsfläche, weil sie für das Publikum zugänglich sind. Dies ist im Sinne der grundsätzlich gestatteten Pauschalierung zulässig, auch wenn die Flure ausschließlich dem bloßen Zu- und Abgang zu und von den Zimmern dienen sollten. Feinsinnige satzungsrechtliche Unterscheidungen etwa zwischen Bettbereichen, Aufenthaltsräumen, Kontaktzonen, Ruhezonen, Fluren mit und ohne Aufenthaltsfunktion müssen nach höherrangigem Recht nicht vorgenommen werden. Im Übrigen stehen auch die Flure in Zusammenhang mit der Zimmerzahl, weil um so mehr Flure erforderlich sind, je mehr Zimmer zu erschließen sind. Damit haben die Flure grundsätzlich einen ähnlichen Bezug zum individuellen Vergnügungsaufwand wie die Zimmer selbst.
65Vgl. zur Zulässigkeit eines pauschalierenden Flächenmaßstabs VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 23.2.2011 ‑ 2 S 196/10 ‑, KStZ 2011, 231 (233).
66Es ist nicht erkennbar und wird von dem Kläger auch nicht gerügt, dass die Flächen unter Berücksichtigung der oben genannten Kriterien im konkreten Fall, also bei Berücksichtigung der je Tag genutzten Zimmer und der Flurflächen in dem Bordell, falsch berechnet worden wären. Die Beklagte hat in dem die Steuer ermäßigenden Bescheid vom 24. September 2013 entsprechend den Angaben des Klägers nur die Fläche der Zimmer in Ansatz gebracht, die tageweise an die Prostituierten vermietet und damit dem Publikum zugänglich waren. Es kann deshalb dahinstehen, ob die Beklagte - wie sie und das Verwaltungsgericht meinen - alle Zimmer, auch dann, wenn sie nicht an Prostituierte vermietet waren, hätte berücksichtigen dürfen. Gegen eine solche Annahme spricht, dass der Steuermaßstab (Größe der dem Publikum zugängliche Fläche) nach § 4 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VS je Veranstaltungstag anzuwenden ist. Die Steuer erhöht sich nach § 4 Abs. 3 VS bei über 1.00 Uhr nachts hinausgehenden Veranstaltungen. Für mehrtägige Veranstaltungen enthält § 4 Abs. 3 VS ebenfalls eine Sonderregelung. Hiervon ausgehend dürften ‑ wie in dem Bescheid vom 24. September 2013 geschehen ‑ tägliche Einzelveranstaltungen anzunehmen sein mit der Folge, dass auch die jeweils täglich dem Publikum zugängliche, nicht etwa die für das Publikum bestimmte Fläche maßgeblich ist und damit täglich variieren kann. Dass eine solche Abhängigkeit der Steuer von nur schwer überprüfbaren Angaben des Steuerpflichtigen wenig praktikabel und zuverlässig ist, liegt auf der Hand und hat der Verwaltungsgerichtshof des Landes Baden-Württemberg zutreffend beschrieben. Die Beklagte hat sich jedoch mit ihrer Satzung für diesen Steuermaßstab entschieden.
67Ein Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz aus Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes ‑ GG ‑ liegt nicht deshalb vor, weil Prostituierte, die nicht in einer Einrichtung nach § 1 Nr. 6 VS tätig sind, gemäß § 1 Nr. 7 VS i. V. m. § 8 VS je Person und Tag mit einem Steuersatz von 6,00 Euro veranlagt werden. Der Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG bedeutet für den Normgeber die allgemeine Weisung, Gleiches gleich und Ungleiches seiner Eigenart entsprechend verschieden zu behandeln. Dies gilt nicht ausnahmslos, sondern nur, wenn die Gleichheit oder Ungleichheit der Sachverhalte so bedeutsam sind, dass ihre Beachtung unter Gerechtigkeitsgesichtspunkten geboten erscheint. Dabei ist dem Normgeber weitgehende Gestaltungsfreiheit zuzugestehen. Dies gilt auch für die das Steuerrecht beherrschende Ausprägung des Artikels 3 Abs. 1 GG als Grundsatz der Steuergerechtigkeit. Durchbrechungen des Gleichheitssatzes durch Typisierungen und Pauschalierungen können ‑ insbesondere bei der Regelung von Massenerscheinungen ‑ durch Erwägungen der Verwaltungsvereinfachung und Praktikabilität gerechtfertigt sein, solange die durch jede typisierende Regelung entstehende Ungerechtigkeit noch in einem angemessenen Verhältnis zu den steuerliche Vorteilen der Typisierung steht. Die mit der Typisierungsbefugnis einhergehende Gestaltungsfreiheit muss der Normgeber allerdings sachgerecht ausüben. Eine von der Norm vorgenommene ungleiche Behandlung muss sich im Hinblick auf die Eigenart des zu regelenden Sachbereichs auf einen vernünftigen oder sonst wie einleuchtenden Grund zurückführen lassen. Was dabei in Anwendung des Gleichheitssatzes sachlich vertretbar oder sachfremd ist, lässt sich nicht allgemein und abstrakt feststellen, sondern nur in Bezug auf die Eigenart des konkreten Sachbereichs, der geregelt wird.
68Vgl. BVerwG, Urteil vom 19.1.2000 ‑ 11 C 8.99 ‑, BVerwGE 110, 265 (272).
69Hier erfasst die Satzung ‑ wie dargelegt wurde ‑ einrichtungsgebundene und einrichtungslosgelöste Prostitution. Bei einer einrichtungsgebundenen Prostitution ist der Flächenmaßstab wie allgemein bei einrichtungsgebundenen Vergnügungen ein geeigneter Maßstab, während er bei einer Prostitution außerhalb von Einrichtungen nicht sinnvoll anwendbar ist. Dies rechtfertigt die Anwendung eines anderen, ebenfalls pauschalen Wahrscheinlichkeitsmaßstabs, nämlich den eines festen Satzes pro Veranstaltungstag.
70Vgl. dazu, dass dieser Wahrscheinlichkeitsmaßstab angesichts des für unterschiedliche Prostituierte unterschiedlich hohen täglichen Aufwands ebenfalls sehr pauschal ist, OVG NRW, Beschluss vom 21.8.2012 - 14 B 835/12 ‑, NRWE Rn. 36.
71Auch die weitere Voraussetzung für die Erhebung der Sexsteuer als Aufwandsteuer im Sinne des Art. 105 Abs. 2a Satz 1 GG, dass der Steuerschuldner die Steuer auf den sich Vergnügenden abwälzen kann, ist gegeben. Steuergegenstand (Steuerobjekt) ist das Steuergut mit dem Inhalt und Umfang der Tatbestandsverwirklichung. Steuergut ist hier der Konsumaufwand in Form des vom Steuerträger, dem sich sexuell Vergnügenden, aufgewandten Betrags zur Erlangung der Gelegenheit des sexuellen Vergnügens.
72Vgl. zum Begriff Steuergegenstand und Steuergut Seer in: Tipke/Lang, Steuerrecht, 21. Auflage, § 6 Rn. 36 ff., und Hey, ebd., § 3 Rn. 52, 70 ff.
73Daraus ergibt sich, dass der Steuerschuldner (Betreiber der Einrichtung), der keinen besteuerbaren Aufwand betreibt, die Steuer grundsätzlich auf den Steuerträger abwälzen können muss. Der verfassungsrechtliche Begriff der Aufwandsteuer, soweit sie indirekt erhoben wird, gebietet somit die Abwälzbarkeit der Steuer.
74Vgl. BVerwG, Urteil vom 10.12.2009 ‑ 9 C 12/08 ‑, NVwZ 2010, 784 Rn. 28 ff.
75Diese Abwälzbarkeit der Steuer vom Steuerschuldner auf den Steuerträger hat aber nicht zum Inhalt, dass dem Steuerschuldner die rechtliche Gewähr geboten werden muss, er werde den als Steuer gezahlten Geldbetrag ‑ etwa wie einen durchlaufenden Posten ‑ von dem von der Steuernorm ins Auge gefassten Steuerträger auch ersetzt erhalten. Es genügt vielmehr die Möglichkeit einer kalkulatorischen Überwälzung in dem Sinne, dass der Steuerschuldner den von ihm gezahlten Betrag in die Kalkulation seiner Selbstkosten einsetzen und die hiernach zur Aufrechterhaltung der Wirtschaftlichkeit seines Unternehmens geeigneten Maßnahmen ‑ Preiserhöhung, Umsatzsteigerung oder Senkung der Kosten ‑ treffen kann. Es reicht aus, wenn die Steuer auf eine Überwälzung der Steuerlast vom Steuerschuldner auf den Steuerträger angelegt ist, auch wenn die Überwälzung nicht in jedem Einzelfall gelingt.
76Vgl. BVerfG, Beschluss vom 4.2.2009 ‑ 1 BvL 8/05 ‑ , NVwZ 2009, 968 (972)
77Die Abwälzbarkeit setzt nicht voraus, dass der Unternehmer die Steuer im Voraus exakt berechnen kann. Entscheidend ist vielmehr, dass er die abzuführende Steuer anhand langfristiger Erfahrungs- und Durchschnittswerte verlässlich kalkulieren kann.
78Vgl. BVerwGE, Urteil vom 10. Dezember 2009 ‑ 9 C 12.08 -, NVwZ 2010, 784 Rn. 30.
79Diese Überwälzung ist hier möglich, weil der Bordellbesitzer die Steuer, die er sogar im Voraus exakt berechnen kann, in den Mietpreis der Zimmer, die er den Prostituierten zur Verfügung stellt, einkalkulieren kann. Die Prostituierten ihrerseits können über eine Erhöhung der Preise für ihre Dienstleistungen die Steuer auf die Steuerträger, ihre Kunden, abwälzen. Der Bordellbetreiber kann die Steuer auch unmittelbar auf die Steuerträger abwälzen, indem er einen Eintritt für den Bordellbesuch verlangt. Das alles unterliegt der Ausgestaltung des Verhältnisses zwischen den drei beteiligten Personengruppen der Bordellbetreiber, der Prostituierten und der Kunden.
80Die Rechtmäßigkeit der Steuererhebung wird nicht unter dem Gesichtspunkt der Erdrosselungswirkung der Steuer in Frage gestellt. Eine erdrosselnde Steuer verletzt die Berufsfreiheit des Art. 12 Abs. 1 GG. Das ist dann der Fall, wenn die betroffenen Berufsangehörigen in aller Regel und nicht nur in Ausnahmefällen wirtschaftlich nicht mehr in der Lage wären, den gewählten Beruf ganz oder teilweise zur Grundlage ihrer Lebensführung zu machen.
81Vgl. BVerfG, Beschluss vom 1.4.1971 ‑ 1 BvL 22/67‑, BVerfGE 31, 8 (29); Urteil vom 22.5.1963 ‑ 1 BvR 78/56 ‑, BVerfGE 16, 147 (165).
82Daraus folgt, dass es nicht auf die wirtschaftliche Situation des Klägers ankommt, so dass dessen vorgelegte betriebswirtschaftliche Auswertung rechtlich irrelevant ist. Es kommt vielmehr darauf an, ob eine steuerbedingte Tendenz zum Absterben der Bordellbranche in Oberhausen erkennbar ist. Hierfür ist kein Anhaltspunkt ersichtlich. Wie die Beklagte unwidersprochen vorgetragen hat, ist die Zahl der Bordellbetriebe in der G.------straße seit langer Zeit unverändert. Außerhalb der G.------straße ist es zwar zu einem Rückgang bordellähnlicher Betriebe in Oberhausen gekommen. Diese Entwicklung setzte jedoch schon vor Erhebung der hier in Rede stehenden Sexsteuer ein.
83Legt man die nicht verifizierten Angaben des Klägers zu Grunde, so ergibt sich, dass die Sexsteuer in Oberhausen weit von jeder Erdrosselungswirkung entfernt ist. Veranlagt wurde der Kläger für sein Bordell zu einer Steuer von 75.735 Euro für 27 Monate. Unter Berücksichtigung der Schließungszeiten des Bordells ergibt dies eine Steuer von etwa 94 Euro pro Tag. Bei der von dem Kläger angegebenen Belegungsquote von durchschnittlich neun Zimmern folgt daraus eine Steuer von etwas mehr als zehn Euro pro Tag und Zimmer. Wird angenommen, dass durchschnittlich nur fünf Kunden eine Prostituierte aufsuchen, so beträgt die Steuer pro Kunde etwa 2,00 Euro, bewegt sich also in der Preisklasse eines Bieres. Tatsächlich dürfte die Steuer pro Kunde sogar niedriger liegen. Nach der vorgelegten betriebswirtschaftlichen Auswertung, die sicher nicht zu hohe Erlöse ausweist, erzielte der Kläger 1.108.160,50 Euro in 34 Monaten. Pro Tag wurden somit 1.086 Euro eingenommen, was bei durchschnittlich neun vermieteten Zimmern einem Mietpreis von 120 Euro pro vermietetem Zimmer und Tag entspricht. Legt man einen Preis von 30,00 Euro für die sexuelle Dienstleistung zugrunde, sind allein vier Kunden erforderlich, um überhaupt die Miete zu erwirtschaften. Hinzu kommen Umsatz- und Einkommensteuer bei Teilnahme am Düsseldorfer Verfahren, wie es hier der Fall ist.
84Vgl. dazu das Merkblatt des Finanzministeriums NRW, Grundlegende Informationen zur Besteuerung für ein verschwiegenes Gewerbe, Januar 2010.
85Dies zeigt, dass entweder mehr Kunden bedient werden oder von weniger Kunden höhere Entgelte für die sexuellen Dienstleistungen entrichtet werden. In jedem Falle ist die auf den Kunden abgewälzte Steuer bei großer Kundenanzahl absolut und bei geringer Kundenzahl relativ zum an die Prostituierte gezahlten Gesamtentgelt vernachlässigbar. Ein in das Gewand einer Steuernorm gekleidetes Berufsverbot für Bordellbetreiber ist danach mit Sicherheit auszuschließen.
86Die Steuererhebung ist auch nicht deshalb verfassungswidrig, weil ein gleichheitswidriges strukturelles Vollzugsdefizit vorläge. Der Gleichheitssatz verlangt für das Steuerrecht auch, dass die Steuerpflichtigen durch ein Steuergesetz rechtlich und tatsächlich gleich belastet werden. Die Besteuerungsgleichheit hat mithin als ihre Komponenten die Gleichheit der normativen Steuerpflicht ebenso wie die Gleichheit bei deren Durchsetzung in der Steuererhebung. Daraus folgt, dass das materielle Steuergesetz in ein normatives Umfeld eingebettet sein muss, welches die Gleichheit der Belastung auch hinsichtlich des tatsächlichen Erfolges prinzipiell gewährleistet.
87Vgl. BVerfG, Urteil vom 27.6.1991 ‑ 2 BvR 1493/89 ‑, BVerfGE 84, 239 (Leitsatz 1).
88Die steuerliche Lastengleichheit fordert mithin, dass das materielle Steuergesetz die Gewähr einer regelmäßigen Durchsetzbarkeit soweit wie möglich in sich selbst trägt. Der Gesetzgeber hat demgemäß die Besteuerungstatbestände und die ihnen entsprechenden Erhebungsregelungen aufeinander abzustimmen. Führen Erhebungsregelungen dazu, dass ein gleichmäßiger Belastungserfolg prinzipiell verfehlt wird, kann die materielle Steuernorm nicht mehr gewährleisten, dass die Steuerpflichtigen nach Maßgabe gleicher Lastenzuteilung belastet werden; sie wäre dann gerade umgekehrt Anknüpfungspunkt für eine gleichheitswidrige Lastenverteilung.
89Vgl. BVerfG, Urteil vom 27.6.1991 ‑ 2 BvR 1493/89 ‑, BVerfGE 84, 239 (271 f.).
90Regelungen, die die Durchsetzung des Steueranspruchs sichern und Steuerverkürzungen verhindern sollen, müssen auf die Eigenart des konkreten Lebensbereichs und des jeweiligen Steuertatbestands ausgerichtet werden. Wird eine Steuer nicht an der Quelle erhoben, hängt ihre Festsetzung vielmehr von der Erklärung des Steuerschuldners ab, werden erhöhte Anforderungen an die Steuerehrlichkeit des Steuerpflichtigen gestellt. Der Gesetzgeber muss die Steuerehrlichkeit deshalb durch hinreichende, die steuerliche Belastungsgleichheit gewährleistende Kontrollmöglichkeiten abstützen. Im Veranlagungsverfahren bedarf das Deklarationsprinzip der Ergänzung durch das Verifikationsprinzip.
91Vgl. BVerfG, Urteil vom 27.6.1991 ‑ 2 BvR 1493/89 ‑, BVerfGE 84, 239 (273).
92Verfassungsrechtlich verboten ist der Widerspruch zwischen dem normativen Befehl der materiell pflichtbegründenden Steuernorm und der nicht auf Durchsetzung angelegten Erhebungsregelungen. Die empirische Ineffizienz von Rechtsnormen ist für die Gleichheitswidrigkeit unerheblich; erheblich wäre erst das normative Defizit des widersprüchlich auf Ineffektivität angelegten Rechts.
93Vgl. BVerfG, Urteil vom 9. März 2004 ‑ 2 BvL 17/02 ‑, BVerfGE 110, 94 (113).
94Für die hier in Rede stehenden Einrichtungen ist die Steuerpflicht leicht feststellbar, da diese bekannt sind und auf Bekanntheit angewiesen sind. Für sie besteht eine Anmelde- und Anzeigepflicht nach § 12 VS. Der Kläger behauptet noch nicht einmal, dass es in Oberhausen Einrichtungen im Sinne des § 1 Nr. 6 VS gibt, die von der Beklagten nicht zur Steuer veranlagt wurden.
95Für die einrichtungslosgelöst tätigen Einzelprostituierten gilt, dass sie nach § 12 VS die Veranstaltung anmelden und nach § 8 VS die Steuer selbst errechnen müssen. Ob die Beklagte über die Begründung solcher Erklärungspflichten hinaus bezüglich der Einzelprostituierten ausreichend Kontrollen durchführt, um hinsichtlich des Kreises der Einzelprostituierten eine gleiche Besteuerung durchzusetzen, kann dahinstehen. Defizite bei der Durchsetzung gleichmäßiger Besteuerung bezüglich des Steuergegenstandes nach § 1 Nr. 7 VS können von vorneherein keine Unwirksamkeit des gleichheitsgerecht durchgesetzten einrichtungsbezogenen Steuergegenstands nach § 1 Nr. 6 VS begründen. Da der Satzungsgeber nicht verpflichtet ist, den Aufwand für jegliches sexuelle Vergnügen im Stadtgebiet der Besteuerung zu unterwerfen, könnte er sich auch auf solche in dazu bestimmten Einrichtungen beschränken, so wie es auch tatsächlich praktiziert wird.
96S. etwa § 1a der Satzung über die Erhebung einer Steuer für sexuelle Vergnügungen in der Stadt Dorsten vom 20. Mai 2010.
97Daher kann ein - unterstelltes ‑ strukturelles Vollzugsdefizit bei der Besteuerung von Einzelprostituierten unter Gleichheitsgesichtspunkten nicht zur Verfassungswidrigkeit der ‑ gleichheitsgerecht durchgesetzten ‑ Steuervorschriften führen, die die Besteuerung von zu sexuellem Vergnügen bestimmten Einrichtungen regeln.
98Der Kläger durfte gemäß § 3 Abs. 1 Satz 1 VS als Steuerschuldner in Anspruch genommen werden. Nach dieser Vorschrift ist der Unternehmer der Veranstaltung Steuerschuldner. Der Kläger ist Unternehmer der Veranstaltung "gezielte Einräumung der Gelegenheit zu sexuellen Vergnügungen" in der von ihm betriebenen, dem Steuertatbestand unterfallenden Einrichtung.
99Gemäß § 12 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b KAG i. V. m. § 43 Satz 1 AO bestimmt die Satzung, wer Steuerschuldner ist. Dem Satzungsgeber wird damit ein Spielraum eröffnet. Allerdings ist er begrenzt: Der Satzungsgeber ist an die Grundentscheidungen des Kommunalabgabengesetzes gebunden, insbesondere daran, dass es für das Entstehen der Abgabeschuld an einen Abgabetatbestand anknüpft.
100Vgl. Holtbrügge in: Driehaus, Kommunalabgabenrecht, Loseblattsammlung (Stand: September 2013), § 2 Rn. 52; Lenz in: Hamacher u. a., KAG NRW, Loseblattsammlung (Stand: März 2013), § 2 Rn. 50 f.
101Das gilt auch für die Steuer. Gemäß § 12 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b KAG i. V. m. § 38 AO entstehen Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis, sobald der Tatbestand verwirklicht ist, an den das Gesetz die Leistungspflicht knüpft. Daher muss die Satzung nach § 2 Abs. 1 Satz 2 KAG den die Abgabe begründenden Tatbestand angeben. Diese Grundentscheidung des Kommunalabgabengesetzes, das Entstehen der Steuerschuld an die Verwirklichung eines Steuertatbestands zu knüpfen, begrenzt den Kreis der in der Satzung zu bestimmenden möglichen Steuerschuldner. Nur wem die Erfüllung des Steuertatbestands zugerechnet werden kann, darf zum Steuerschuldner bestimmt werden. Daher ist es zumindest erforderlich, dass der Steuerschuldner in einer besonderen rechtlichen oder wirtschaftlichen Beziehung zum Steuergegenstand steht oder einen maßgebenden Beitrag zur Verwirklichung des steuerbegründenden Tatbestands leistet.
102Vgl. OVG NRW, Urteil vom 23.10.2013 ‑ 14 A 316/13 ‑, NRWE Rn. 121 ff. m. w. N.
103Hier geht es um den Konsumaufwand des sich in einer zu sexuellem Vergnügen bestimmten Einrichtung Vergnügenden. Es kann nicht zweifelhaft sein, dass der Kläger als Betreiber der Einrichtung, des Bordells, zu diesem Steuergegenstand die notwendige enge Beziehung aufweist. Das ergibt sich im übrigen auch daraus, dass er mit der Teilnahme am Düsseldorfer Verfahren die Einkommen- und Umsatzsteuer der Prostituierten abwickelt.
104Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 2, 161 Abs. 2 VwGO. Soweit der Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt worden ist, waren dem Kläger die Kosten des Verfahrens beider Rechtszüge aufzuerlegen, weil er sich trotz Aufforderung (ausdrücklich) geweigert hat, die notwendigen Angaben zur Besteuerung nach dem Flächenmaßstab zu machen. Die Beklagte war deshalb gemäß § 12 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. b KAG i. V. m. § 162 AO zur Schätzung berechtigt, wie es geschehen ist.
105Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 167 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 10, 711 der Zivilprozessordnung - ZPO -.
106Die Revision ist nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO nicht vorliegen.
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.