Verwaltungsgericht Magdeburg Beschluss, 23. Juni 2015 - 9 B 125/15
Gericht
Gründe
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Der Antragsteller wendet sich mit seinem - gleichzeitig mit der Klage – am 06.02.2015 beim Gericht eingegangenen Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 20.01.2015, mit welchem der Asylantrag gemäß § 27 a AsylVfG als unzulässig abgelehnt sowie die Abschiebung des Antragstellers nachBulgarien angeordnet wurde.
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Der zulässige Antrag,
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die aufschiebende Wirkung seiner Klage gegen den Bescheid vom 20.01.2015 anzuordnen,
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ist unbegründet.
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1.) Gemäß § 34 a Abs. 1 AsylVfG in der hier anzuwendenden Fassung des Art. 1 Nr. 27 des Gesetzes zur Umsetzung der Richtlinie 2011/95/EU (sog. Qualifikationsrichtlinie) vom 28. August 2013 (BGBl. I Nr. 54 vom 5. September 2013, S. 3474), die nach Art. 7 Satz 2 dieses Gesetzes am Tag nach der Verkündung - somit dem 6. September 2013 - in Kraft getreten ist, ordnet das Bundesamt, sofern ein Ausländer in einen sicheren Drittstaat (§ 26 a AsylVfG) oder in einen für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat (§ 27 a AsylVfG) abgeschoben werden soll, die Abschiebung in diesen Staat an, sobald feststeht, dass sie durchgeführt werden kann. Dies gilt auch, wenn der Ausländer den Asylantrag in einem anderen auf Grund von Rechtsvorschriften der Europäischen Union oder eines völkerrechtlichen Vertrages für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat gestellt oder vor der Entscheidung des Bundesamtes zurückgenommen hat. Einer vorherigen Androhung und Fristsetzung bedarf es nicht.
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Wegen §§ 27 a, 34 a AsylVfG ist im Rahmen einer Interessenabwägung vorrangig zu beurteilen, ob das Land, auf welches die Abschiebungsanordnung lautet für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist bzw. ob diese Zuständigkeit ausnahmsweise wegen systemischer Mängel im Asyl- oder Aufnahmeverfahren in Durchbrechung des Systems der Bestimmungen der Dublin-Verordnungen entfallen sein könnte.
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Die Klage gegen die Feststellung der Unzulässigkeit des Asylantrages sowie gegen die Abschiebungsandrohung hat keine aufschiebende Wirkung (§ 75 Abs. 1 AsylVfG). Die aufschiebende Wirkung kann jedoch gemäß § 34 a Abs. 2 i. V. m. § 80 Abs. 2 Ziffer 3, Abs. 5 VwGO durch das Gericht angeordnet werden. Die Antragsfrist von einer Woche (§ 34 a Abs. 2 AsylVfG) ist eingehalten.
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2.) Für eine nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO zu treffende Entscheidung ist maßgebend, ob das private Interesse des Antragstellers, von der Vollziehung des angefochtenen Verwaltungsaktes vorerst verschont zu bleiben, das öffentliche Interesse am Vollzug des Verwaltungsaktes überwiegt. Bei dieser Abwägung sind die Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs vorrangig zu berücksichtigen (vgl. BVerwG, B. v. 14.04.2005, 4 VR 1005.04, juris); § 36 Abs. 4 AsylVfG findet keine Anwendung.
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Bei einem offenem Ausgang des Klageverfahrens ist im Rahmen der Interessenabwägung zwar stets zu berücksichtigen, dass der Gesetzgeber in den Fällen, die - wie hier - nicht von § 75 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG erfasst werden, einen grundsätzlichen Vorrang des Vollziehungsinteresses angeordnet hat (§ 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO) und es deshalb besonderer Umstände bedarf, um eine hiervon abweichende Entscheidung zu rechtfertigen. Gleichwohl ist der Rechtsschutzanspruch umso stärker und darf umso weniger zurückstehen, je schwerwiegender die dem Einzelnen auferlegte Belastung ist und je mehr die Maßnahmen der Behörde Unabänderliches bewirken (vgl. BVerfG, B. v. 10. 10. 2003, 1 BvR 2025/03, juris). Deshalb ist wegen der mit der Abschiebung verbundenen (relativen) Unabänderbarkeit bereits dann das Aussetzungsinteresse höher als das nur zeitweilige Absehen von der Abschiebung zu bewerten, wenn infolge derselben eine Verletzung von Grundrechten nach der EU-Grundrechte-Charta nicht ausgeschlossen werden kann (so auch VG Siegmaringen, B. v. 14.07.2014, A 1 K 254/14). Dies ist der Fall, wenn ernst zu nehmende, hinsichtlich der Schwere und Offensichtlichkeit aber noch weiter aufklärungsbedürftige Anhaltspunkte für eine mit Artikel 3 EMRK bzw. Artikel 4 GrCh nicht in Einklang stehende Umstände bestehen. Für einen offenen Ausgang des Hauptsacheverfahrens kann auch sprechen, wenn die beachtliche Frage in der Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte (derzeit noch) gegensätzlich beurteilt wird (vgl. OVG Bautzen, B. v. 24.07.2014, A 1 B 131/14, juris).
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3.) Diese Anforderungen an die gerichtliche Entscheidung gestellt, kann vorliegend ausgeschlossen werden, dass die so von der Antragsgegnerin angenommene Zuständigkeit Bulgarien wegen des Bestehens systemischer Mängel entfallen ist. Anders gewendet: Die Zuständigkeit der Bundesrepublik Deutschland für die Entscheidung über den Asylantrag im Wege des Selbsteintritts (Art. 3 Abs. 2 Dublin III-VO) istauszuschließen. Das Hauptsacheverfahren ist insoweit gerade nicht als offen im oben erörterten Sinne anzusehen.
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a.) Dem Gemeinsamen Europäischen Asylsystem, zu dem insbesondere die Dublin-Verordnungen gehören, liegt die Vermutung zugrunde, dass jeder Asylbewerber in jedem Mitgliedsstaat gemäß den Anforderungen der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (ABl. C 83/389 vom 30. März 2010), des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge vom 28. Juli 1951 (BGBl. II 1953, S. 559) sowie der Europäischen Konvention der Menschenrechte und Grundfreiheiten vom 4. November 1950 (BGBl. II 1952, S. 685, ber. S. 953, in der Fassung der Bekanntmachung vom 20. Oktober 2010 (BGBl. II S. 1198)) behandelt wird. Es gilt daher die Vermutung, dass Asylbewerbern in jedem Mitgliedsstaat eine Behandlung entsprechend den Erfordernissen der Charta, der Genfer Flüchtlingskonvention - GFK - und der Europäischen Menschenrechtskonvention - EMRK - zukommt. Die diesem „Prinzip des gegenseitigen Vertrauens“ (EuGH, Urt. v. 21. 12. 2011 - C-411/10 u. C-493/10 -; ders.: Urt. v. 14. November 2013 - C-4/11 -, beide juris) bzw. dem „Konzept der normativen Vergewisserung“ (BVerfG, Urt. v. 14.05. 1996 - 2 BvR 1938/93 u. 2315/93 -, BVerfGE 94, S. 49, juris) zugrunde liegende Vermutung ist jedoch dann als widerlegt zu betrachten, wenn den Mitgliedstaaten „nicht unbekannt sein kann“, also ernsthaft zu befürchten ist, dass dem Asylverfahren einschließlich seiner Aufnahmebedingungen in einem zuständigen Mitgliedstaat derart grundlegende, systemische Mängel anhaften, dass für dorthin überstellte Asylbewerber die Gefahr besteht, einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne von Art. 4 GR-Charta ausgesetzt zu werden (EuGH, Urt. v. 21.12.2011, a.a.O.; ders.: Urt. v. 14.11. 2013, a.a.O.). In einem solchen Fall ist die Prüfung anhand der Zuständigkeitskriterien der Dublin-Verordnungen fortzuführen, um festzustellen, ob anhand der weiteren Kriterien ein anderer Mitgliedstaat als für die Prüfung des Asylantrages zuständig bestimmt werden kann; ist zu befürchten, dass durch ein unangemessen langes Verfahren eine Situation, in der Grundrechte des Asylbewerbers verletzt werden, verschlimmert wird, muss der angegangene Mitgliedstaat den Asylantrag selbst prüfen (EuGH, Urt. v. 21.12.2011, a.a.O.; ders.: Urteil vom 14.11. 2013, a.a.O.).
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b.) Bezüglich dieser prinzipiellen Zuständigkeit Bulgariens besteht zwischen den Beteiligten kein Streit. Allein entscheidend ist, ob in Bulgarien sogenannte systemische Mängel des Asylverfahrens und/oder der Aufnahmebedingungen bestehen, wonach dem Antragsteller im Falle seiner Abschiebung in Bulgarien eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung i. S. v. Art. 3 EMRK droht.
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c.) Systemische Schwachstellen (systemisches Versagen; Funktionsstörungen) sind solche, die entweder bereits im Asyl- und Aufnahmeregime selbst angelegt sind und von denen alle Asylbewerber oder bestimmte Gruppen von Asylbewerbern deshalb nicht zufällig und im Einzelfall, sondern vorhersehbar und regelhaft betroffen sind, oder aber tatsächliche Umstände, die dazu führen, dass ein theoretisch sachgerecht konzipiertes und nicht zu beanstandendes Asyl- und Aufnahmesystem – aus welchen Gründen auch immer – faktisch ganz oder in weiten Teilen seine ihm zugedachte Funktion nicht mehr erfüllen kann und weitgehend unwirksam wird (vgl.: BVerwG, Beschlüsse vom 19.03.2014, 10 B 6.14; Beschluss vom 06.06.2014, 10 B 35.14; juris). Dabei ist der Begriff der systemischen Schwachstelle nicht in einer engen Weise derart zu verstehen, dass er geeignet sein muss, sich auf eine unüberschaubare Vielzahl von Antragstellern auszuwirken. Vielmehr kann ein systemischer Mangel auch dann vorliegen, wenn er von vornherein lediglich eine geringe Zahl von Asylbewerbern betreffen kann, sofern er sich nur vorhersehbar und regelhaft realisieren wird und nicht gewissermaßen dem Zufall oder einer Verkettung unglücklicher Umstände bzw. Fehlleistungen von in das Verfahren involvierten Akteuren geschuldet ist (vgl. nur: VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 10.11.2014, A 11 S 1778/14 mit Verweis auf Lübbe, ZAR 2014, 97 ff).
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a. a.) Wesentliche Kriterien für die zu entscheidende Frage, ob aufgrund solcher systemischer Schwachstellen eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung droht, finden sich in der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte zu Art. 3 EMRK. Dies bedeutet aber nicht, dass die Vertragsparteien verpflichtet sind, jedermann mit einer Wohnung zu versorgen oder die allgemeine Verpflichtung, Flüchtlinge finanzielle Unterstützung zu gewähren oder ihnen einen bestimmten Lebensstandard zu ermöglichen (vgl. EGMR, Urteil vom 21.01.2011, M.S.S./Belgien und Griechenland - 30696/09; Rn. 249 m.w.N.). Mit der Richtlinie 2013/33/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26.06.2013 zur Festlegung von Normen für die Aufnahme von Personen, die internationalen Schutz beantragen, wurden Minimalstandards von Asylsuchenden festgelegt. Sie geben für alle Mitgliedsstaaten verbindlich vor, was das Asylsystem zu leisten imstande sein muss. Dabei wird die Nichterfüllung eines einzelnen Standards der Aufnahmerichtlinie ohne Weiteres eine systemische Schwachstelle nicht ausmachen. Dementsprechend ist ein weites Verständnis der systemischen Schwachstellen zugrunde zu legen (vgl. ausführlich nur: VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 10.11.2014, A 11 S 1778/14; VG B-Stadt, Urteil v. 10.02.2015, 10 KL 1660/14.A; beide juris; Bay.VGH, Urteil v. 29.01.2015, 13a B 14.50038; BAYERN-RECHT online).
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b. b.) Unstreitig gehen alle Gerichte davon aus, dass nach den vorliegenden Erkenntnismitteln bis ins Jahr 2014 hinein das bulgarische Asylsystem durch die im Laufe des Jahres 2013 erheblich angestiegene Zahl von Asylbewerbern trotz entsprechender Warnung völlig unvorbereitet und total überfordert wenn nicht gar kollabiert gewesen war. Dies hatte erhebliche negative Auswirkungen auf alle Phasen und Aspekte des Asylsystems (vgl. dazu nur: VG Oldenburg, Beschluss vom 16.02.2015, 12 B 595/15 und VGH Baden-Württemberg a.a.O.; jeweils mit Verweis auf den Bericht des UNHCR vom 02.01.2014 und April 2014). Bulgarien hat in der Folgezeit mit massiver Unterstützung des UNHCR und anderer Organisationen eine Reihe von erheblichen Verbesserungen in vielen Bereichen erzielen können. Insbesondere seien Mitarbeiter eingestellt und geschult worden, um die Asylantragstellung zu beschleunigen sowie die Entscheidungsqualität zu verbessern. In den Aufnahmeeinrichtungen seien Renovierungen vorgenommen um die Lebensbedingungen in vielen Bereichen zu verbessern (vgl. UNHCR, update des Berichts vom 07. und 21.02.2014 und Bericht vom April 2014; vgl. weiterführend: VG Oldenburg, a.a.O). Den Berichten ist ein Bemühen der bulgarischen Regierung und der bulgarischen Behörden zu entnehmen, in Zusammenarbeit mit den genannten Institutionen eine Verfahrens- und Aufnahmequalität zu erreichen, die den Anforderungen der internationalen und europäischen Vorgaben entspricht. Ihnen ist aber auch zu entnehmen, dass diese Bemühungen aufgrund der bis Januar 2014 bestehenden massiven Defizite in vielen Bereichen bzw. Örtlichkeiten noch nicht zu adäquaten Zuständen bzw. entsprechenden Verfahrensbedingungen geführt hätten und vor allen Dingen nicht sichergestellt sei, dass die Verbesserungen von Dauer seien, weil sie zum Teil auf begrenzte Initiativen beruhten. So weist auch der UNHCR in seinem Bericht vom April 2014 auf eine Reihe von - nach wie vor bestehenden - deutlichen Defiziten hin und spricht diesbezüglich etliche Empfehlungen aus, sieht aber nunmehr von der Empfehlung einer generellen Aussetzung der Abschiebungen ab. Schwächen bestünden noch im Hinblick auf den Zugang nach Bulgarien an den Grenzen, in zwei von sieben Zentren seien die Aufnahmebedingungen ungeeignet, auf Personen mit besonderen Bedürfnissen könne nicht entsprechend reagiert werden und die Asylverfahren müssten nach wie vor qualitativ verbessert werden, einschließlich der Bereitstellung von Informationen in einer Sprache, die die Asylsuchenden verstünden. Dringend notwendig sei, den Personen mit Schutzstatus Zugang zu Bildung, medizinischer Versorgung und Integrationsmaßnahmen zu gewähren.
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Amnesty international hält in seiner Stellungnahme vom 01.04.2014 und der ECRE in seiner Stellungnahme 07.04.2014 fest, dass von Überstellungen nach Bulgarien weiterhin abgesehen werden sollte. Letzte Informationen bieten die Auskunft des UNHCR vom 23.12.2014 an VG B-Stadt und die Dokumentation von PRO ASYL vom April 2015 (Erniedrigt, misshandelt, schutzlos: Flüchtlinge in Bulgarien), welche auf der Zusammenstellung mehrerer Einzelschicksale beruht.
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Zur Darstellung der Rechtsprechung vergleiche zuletzt: VG Oldenburg (Beschluss vom 16.02.2015, 12 B 595/15; juris und vom 27.01.2015, 12 B 245/15 [Rechtsprechungsdatenbank Niedersachen]); VG B-Stadt (Urteil vom 10.02.2015, 10 K 1660/14.A; juris). Zu den Befürwortern systemischer Schwachstellen gehören wohl: VG Stuttgart, Urteil v. 24.06.2014, A 11 K 741/14; (es handelt sich nicht um die Entscheidung die von VGH Bad.-Würrt. aufgehoben wurde); VG München, Beschluss v. 09.07.2014, M 24 S 14.50336; juris; VG Potsdam, Beschluss v. 28.10.2014, VG L 955/14. A; n. v.; VG Ansbach, Urteil v. 21.01.2015, AN 3 K 14.50102 und AN 3 K 14.50104; jedenfalls zu schutzbedürftige Personen; juris). In jüngster Zeit mehren sich die gerichtlichen Entscheidungen, wonach in Bulgarien kein systemisches Versagen mehr festzustellen sei (vgl.: VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 10.11.2014, A 11 S 1778/14; VG B-Stadt, Urteil v. 10.02.2015, 10 KL 1660/14.A; VG Ansbach, Urteil v. 27.02.2015, AN 14 K 14.50218; VG Düsseldorf, Beschluss v.07.05.2015, 13 L 1607/15.A; alle juris; Bay.VGH, Urteil v. 29.01.2015, 13a B 14.50038; VG München, Beschluss v. 18.03.2015, M 24 S 15.50093; beide: BAYERN-RECHT online). Zu Flüchtlingen mit Schutzstatus: VG Bremen, GB v. 19.01.2015 (1 K 1959/14); VG Gelsenkirchen (Urteil v. 08.05.2015, 18a K 3619/14.A; beide juris).
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c. c.) Innerhalb der Prüfung des Zugangs zum Asylsystem in Bulgarien als systemisches Versagen ist das Problem des Zugangs zum Staatsgebiet aufgrund Abschottung im Sinne des sogenannten REFOULEMENT-Verbotes oder auch „Push Back“ zu nennen. Denn die erwähnten vom UNHCR geforderten Verbesserungen hinsichtlich des bulgarischen Asylsystems hatten zur Folge, dass die bulgarische Regierung im Sinne einer Abschottung die Grenzanlagen zur Türkei dahingehend vervollständigte und besser überwachte, dass Zurückschiebungen über die Grenze in die Türkei erfolgten und erfolgen. Damit dürfte Bulgarien gegen das unionsrechtliche wie auch das völkerrechtliche REFOULEMENT-Verbot nach Art. 21 Abs. 1 QRL bzw. Art. 33 GFK verstoßen haben (vgl. dazu VGH Baden-Württemberg a.a.O. mit Verweis auf das Österreichische Bundesverwaltungsgericht; Urteil vom 03.10.2014, W 212 2009059 - 1 und Marx, Handbuch des Flüchtlingsrechts, 2. Auflage 2012, § 52). Denn zum einen ist die Türkei kein sicherer Drittstaat und zum anderen hat sich Bulgarien offensichtlich nicht vergewissert, dass die Türkei nicht in einem potentiell verfolgenden Herkunftsstaat „weiterschiebt“.
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Diesen Umstand greift das Verwaltungsgericht Oldenburg (a.a.O.) auf und schlussfolgert aus aktuellen überwiegend Medienberichten, dass es der bulgarischen Regierung weniger um die Finanzierung bzw. Verbesserung eines Integrationsprogramms für Flüchtlinge als vielmehr um die Forderung finanzieller Mittel von der EU zur Grenzsicherung gehe. Das Verwaltungsgericht Oldenburg führt aus, dass dies den Schluss zulasse, „dass die neue Regierung bei der Bewältigung des Flüchtlingsproblems eher auf die europarechtswidrige Verhinderung von Grenzübertritten setzt als auf Integration.“
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Letztendlich kann dieser Verstoß aber dahinstehen. Denn der Antragsteller kann sich mangels individueller Betroffenheit nicht darauf berufen. Er befindet sich im Rechtsgebiet der Europäischen Union und läuft bei einer Abschiebung von Deutschland nach Bulgarien gerade nicht Gefahr zu dem Europäischen Asylsystem – erneut – Zugang erlangen zu müssen (vgl. o. g. Rechtsprechung zur Nichtannahme des systemischen Mangels). Dabei darf rechtlich auch auf diese „individuelle Betroffenheit“ von einem systemischen Mangel abgestellt werden. Denn allein die Feststellung eines systematischen Versagens eines Mitgliedstaates sagt noch nichts darüber aus, ob der betreffende Flüchtling im Falle seiner Rückkehr auch tatsächlich eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung droht. Insoweit müssen sich die „systemische Schwachstelle“ und die „individuelle Menschenrechtsverletzung“ decken. Die Widerlegung der unionsrechtlichen Vermutung des Prinzips des gegenseitigen Vertrauens setzt deshalb voraus, dass das Asylverfahren oder die Aufnahmebedingungen im zuständigen Mitgliedsstaat aufgrund größerer Funktionsstörungen regelhaft so defizitär sind, das anzunehmen ist, das dort auch dem Asylbewerber im konkret zu entscheidenden Einzelfall mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung droht. Diese Prüfung müssen die deutschen Verwaltungsgerichte aufgrund des Untersuchungsgrundsatzes (§ 86 Abs. 1 VwGO) und des Überzeugungsgrundsatzes (§ 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO) vornehmen (BVerwG, Beschluss v. 19.03.2014, 10 B 6.14; juris).
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d. d.) Nimmt man diese „Grenzabschottung“ zum Anlass, deren Auswirkungen auf das bulgarische Asylsystem und hier insbesondere die Unterbringungsmöglichkeiten zu untersuchen, führt dies auch nicht weiter. Zweifellos wird das von der bulgarischen Regierung bestrebte und festzustellende Vorgehen hinsichtlich seiner Grenzsicherung dazu geführt haben, dass die Asylbewerberzahlen drastisch zurückgegangen sind. Dadurch beeinflusst, ja steuert Bulgarien das dortige Asylsystem nachhaltig, sodass eine „Entwarnung“ noch nicht gegeben werden kann (vgl. VG München, Beschluss v. 09.07.2014, M 24 S 14.50336; juris). Das Verwaltungsgericht Oldenburg (a.a.O) stellt zutreffend mit Verweis auf Medienquellen fest, dass von einer generellen „Wende“ der bulgarischen Flüchtlingspolitik nicht ausgegangen werden kann. Denn Äußerungen der seit November 2014 im Amt befindlichen bulgarischen Regierung lassen ahnen, dass die Flüchtlingspolitik eher im Sinne einer Verhinderung als einer Integration der Asylbewerber verstanden wird. Im Nachrichtenmagazin „DER SPIEGEL“ Ausgabe 19/2015 wird der stellvertretende bulgarische Innenminister Filip Gunew zitiert: „Bulgarien ist kein reiches Land. Wir können unsere eigenen Bürger kaum versorgen. Wie sollen wir den Flüchtlingen helfen?“
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e. e.) Gleichwohl kommt das erkennende Gericht nicht daran vorbei, dass nach der Auskunft des UNHCR vom 23.12.2014 an das VG B-Stadt in den sieben Unterbringungseinrichtungen eine Gesamtkapazität von 6000 Personen zur Verfügung stehe, wobei per 03.11.2014 nur 3910 Personen untergebracht seien. Diese Angabe deckt sich mit derjenigen an den VGH Baden-Württemberg vom 07.11.2014, wonach 35 % der Gesamtplätze noch nicht ausgeschöpft seien. Wird hingegen im Wirtschaftsblatt vom 15.01.2105 (http://wirtschaftsblatt.at/home/nachrichten/europa) ausgeführt, dass monatlich bis zu 3.000 Flüchtlinge illegal nach Bulgarien über die Landesgrenze zur Türkei einreisen und momentan rund 8.000 Flüchtlinge in den Aufnahmezentren untergebracht seien, sodass die Aufnahmekapazität der Flüchtlingsheime fast ausgeschöpft sei, erscheint diese Angabe nicht hinreichend belastbar. Denn zum einen widerspricht eine solche hohe Flüchtlingszahl gerade der Grenzsicherung und zum anderen mag die Zahl von damals 8000 Flüchtlingen zum Jahresbeginn 2015 auf ein unterschiedliches Verständnis der Aufnahme- und Unterbringungsmöglichkeiten beruhen. Denn soweit in dem Bericht von Aufnahmezentren im Grenzgebiet gesprochen wird, könnte es sich um Einrichtungen für die „Einwanderungshaft“ handeln. UNHCR führt in seiner Auskunft vom 23.12.2014 zu dem Prozedere der Aufnahme aus (S. 1 unten kleingedruckt):
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„Bulgarien verfügt derzeit über insgesamt drei Einrichtungen für die Einwanderungshaft: zwei SCTAFs (Special Center für Temporary Accommodation of Foreigners – Sondereinrichtungen für die vorübergehende Unterbringung von Ausländern) – eine in Busmantsi (in Sofia) und eine in Lyubimets (Südbulgarien; nahe der türkischen Grenze), und die vorübergehende Einrichtung für Einwanderungshaft, das Allocation Centre (AC) Elhovo (nahe der türkischen Grenze). Während es sich bei den SCTAFS in erster Linie um Einrichtungen für die Abschiebehaft handelt, wurde das AC in Elhove im Oktober 2013 vom Innenministerium eingerichtet, um Asylbewerber und andere unter den illegal gemischt ankommenden Migranten zu identifizieren, deren Zahl stark gestiegen ist (und die bestehende Aufnahmekapazität der Grenzpolizeieinrichtungen überstieg und dazu führt, dass ihre Inhaftierung die gesetzliche Vorgabe für die Grenzpolizei on 24 Stunden überschritt). Diese illegalen gemischten Migranten, die kein Asyl beantragen (wollen) werden an die SCTAFS weitergeleitet, um dort ein reguläres Immigrationsverfahren zu durchlaufen. Viele beantragen während ihrer Inhaftierung im SCTAF Asyl und werden nach Einreichung der Anträge bei der SAR und der hier stattfindenden Bearbeitung der notwendigen Formalitäten aus den SCTAFS an eine SAR-Einrichtung (oder an eine geprüfte/anerkannte externe Adresse, wenn von den einzelnen Personen verlangt) verwiesen. Des Weiteren werden nicht registrierte, bei Polizeidurchsuchungen festgesetzte Ausländer in den SCTAFs festgehalten, die dann an eine SAR-Einrichtung verwiesen werden können, wen sie Asyl beantragen. Außerdem können Ausländer, die von den Grenzbehörden bei der illegalen Ausreise aus Bulgarien oder dem entsprechenden Versuch abgefangen werden, in den SCTAFs festgehalten werden, und nachfolgend an eine SAR-Einrichtung verwiesen werden, wenn ebenso wenig tragen. Zusätzlich können auch „Dublin-Rückkehrer“ unter bestimmten Umständen in einem SCTAF, wie in Absatz 2 oben beschrieben, festgehalten werden.“
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Nach Angeben von PRO ASYL in dem Bericht vom April 2015 (S. 4), hätten mit Verweis auf UNHCR im Jahr 2014 von 38.500 Flüchtlingen nur 6000 bulgarisches Territorium erreicht und 11.080 Personen hätten nach Angaben von Eurostat Schutzgesuche gestellt (ebenso DER SPIEGEL, 19/2015).
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Demnach gibt es für das Gericht zum erheblichen Zeitpunkt seiner Entscheidung (§ 77 Abs. 1 AsylVfG) keine greifbaren Anhaltspunkte dafür, dass die angegebene Aufnahmekapazität von 6000 Flüchtlingen derzeit nicht ausreicht bzw. wegen Überbelegung erschöpft ist und der bulgarische Staat etwa keine Anstrengungen zur Bewältigung eines Ansturms unternimmt. Dies auch unter der Bemerkung des UNHCR vom 23.12.2014, dass sich aufgrund des ständigen Anstiegs (insbesondere seit August 2014) der Anzahl der neuen Anträge, die Registrierung und Bearbeitung der neuen Asylanträge „seit kurzem“ etwas verlangsamt, da die SAR weiterhin nicht über eine ausreichende Zahl an Dolmetschern und Mitarbeiter für die Registrierung und Befragung verfüge. Die neu installierte Vidiokonferenz-Ausrüstung in zwei Einrichtungen solle dabei helfen das Verfahren zu beschleunigen. Da sowohl die Aufnahme- als auch die Bearbeitungskapazität seit Anfang 2014 erhöht worden seinen, „funktioniert das Asylsystem einigermaßen.“ Um allerdings die bisher bei den Aufnahme- und Bearbeitungskapazitäten erfolgten Verbesserungen beizubehalten, benötige die SAR weitere Mittel.
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Gleichwohl in der UNHCR Auskunft vom 23.12.2104 Angaben zu den im Bericht von April 2014 noch als inakzeptabel bezeichneten Aufnahmeeinrichtungen in Vrazdebna und Voenna Rampa fehlen, spricht dies nicht gegen die Verwertbarkeit oder Unschlüssigkeit der Auskunft. Denn insoweit mögen sich die Verhältnisse auch dort verbessert haben.
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Stehen daher verschiedene Flüchtlingszahlen mit den unterschiedlichen Erfassungen bzw. Unterbringungen der Migranten im Zusammenhang, kann aus der Gefahr der möglichen Inhaftierung beim Grenzübertritt allein keine Funktionsstörung abgeleitet werden, zumal der sich in Deutschland befindliche Asylbewerber ebenso wie im Falle des „Push Back“ gerade nicht darauf berufen kann. Denn insoweit gibt es keine Anhaltspunkte für eine drohende Inhaftierung.
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Die nach den zu verwertenden Quellen unstreitig vorgenommenen Verbesserungen des bulgarischen Asylssystems und die daraus resultierenden Entwicklungen im Laufe des Jahres 2014 belegen, dass derzeit bei der Durchführung des Asylverfahrens und bei den Aufnahmebedingungen systemische Schwachstellen, welche zu einer unmenschlichen oder erniedrigende Behandlung der Flüchtlinge führen, nicht (mehr) zu erkennen sind. Es ist nicht (mehr) so, dass sich Bulgarien dem europäischen Asylsystem verweigert bzw. das Asylsystem unvorbereitet aufgrund des hohen Flüchtlingsstroms kollabiert. Am 17.10.2013 wurde der EASO Operating Plan to Bulgaria für den Zeitraum vom November 2013 bis September 2014 und im Anschluss daran am 05.12.2014 der „Special Support Plan“ zwischen der bulgarischen Regierung und dem Europäischen Unterstützungsbüro für Asylfragen (European Asylum Support Office – EASO) beschlossen. EASO überprüfte im Februar 2014 die Situation. Im Gegensatz zum Herbst 2013 sei die ordnungsgemäße Registrierung Asylsuchender einschließlich der notwendigen Informationen über den Zugang zum Asylverfahren gewährleistet. Ein Rückstau bestehe nicht mehr und die Durchführung der Asylverfahren sei verbessert worden. Im Dezember 2014 stellte EASO fest, das die Kapazitäten zur Aufnahme und Registrierung von Asylbewerbern signifikant angestiegen und entsprechende Reaktionsmöglichkeiten vorhanden seien. Trotz dieses bedeutenden Fortschritts sei Bulgarien aber wegen seiner EU Außengrenze weiterhin einem starken Druck ausgesetzt. Die Evaluation des „Operating Plan“ habe deshalb dazu geführt, dass ergänzende bzw. Folgeaktionen vorgeschlagen würden, vor allem für besonders schutzbedürftige Personen. Angesichts der Gesamtumstände bestehe noch – zunächst bis Juni 2016 – die Notwendigkeit zu weiterer, spezieller Unterstützung, deren Ausgestaltung im Einzelnen dargelegt wird. In Erwartung eines im Jahr 2015 weiter ansteigenden Migrationsdrucks sollen der laufende Aktionsplan fortgesetzt und ergänzende Aktionsmöglichkeiten geschaffen werden. Bereits während der letzten zwölf Monate he das bulgarische Asylsystem wichtige Entwicklungen vollzogen. Im Oktober 2015 solle erneut eine Halbzeitbilanz erstellt werden.
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Gegen die Versorgung der Flüchtlinge in den Aufnahmeeinrichtungen ist auch nichts einzuwenden. UNHCR führt aus, dass es warme Mahlzeiten (zweimal täglich) und eine medizinische Grundversorgung der Bewohner gebe. Durch die UNHCR-Förderung sorgten Partnerorganisationen (Bulgarisches Rotes Kreuz. Bulgarien Helsinki Committee, CARITAS) für Gemeinde- und Sozialdienste, rechtliche Beratung und nicht offizielle Bulgarisch-Sprachkurse. UNHCR übernehme den Feldschutz und die Überwachung der Gemeindedienste in den Einrichtungen. Der Antwort der Bundesregierung vom 20.05.2014 (Drs. 18/1446) auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten ... u. a. zur Lage im Asylsystem in Bulgarien (Drs. 18/1292), ist mit Verweis auf UNHCR und EASO zu entnehmen, dass die Kapazitäten zur Bewältigung der Asylverfahren durch technische und personelle Aufrüstung sowie Ausbildung des Personals signifikant gestiegen seien. Alle Unterkünfte seien renoviert bzw. moderne Wohncontainer angeschafft worden. Anfangs nur unzureichend vorhandene Duschen und Toiletten seien in fast allen Zentren erneuert worden. Die Räumlichkeiten seien beheizt, es stünden getrennte Einrichtungen für alleinstehende Frauen und Männer zur Verfügung. Eine monatliche Grundsicherung für Schutzsuchende von 33 Euro werde ausgezahlt.
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Soweit von ai und ecre oder Human Rights Watch (Containment Plan – Bulgaria´s Pushbacks and Detention of Syrian and other Asylum Seekers and Migrants, April 2014 – HRW) noch zu Jahresanfang 2014 Mängel aufgezeigt wurden, beruht dies darauf, dass die geschilderten Anstrengungen zur Verbesserung der Flüchtlingssituation noch nicht umgesetzt waren bzw. gegriffen haben.
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Die von PRO ASYL herausgegebene Dokumentation vom April 2015 (Erniedrigt, misshandelt, schutzlos: Flüchtlinge in Bulgarien) ist nicht geeignet, den entscheidungserheblichen augenblicklichen (§ 77 Abs. 1 AsylVfG) Zustand des bulgarischen Asylsystems zu beleuchten. Denn die dort zusammengetragenen zehn Einzelschicksale stammen aus dem Jahr 2013, also einem Zeitraum vor den eingeleiteten Reformen und sind damit nicht aktuell. Gleiches gilt für die Darstellung von bordermonitoring (Gefangen in Europas Morast: Die Situation von Asylsuchenden und Flüchtlingen in Bulgarien; 2014). Ähnliches gilt für immer wieder aufzufindende Medienberichte. So beschreibt auch das Nachrichtenmagazin „DER SPIEGEL“ in seiner Ausgabe 19/2015 („Lieber sterbe ich“) Einzelschicksale und Vorkommnisse aus dem Jahr 2013.
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Die nach der Gesamtschau immer noch festzustellenden vereinzelten Defizite im bulgarischen Asylsystem vermögen demnach die strengen Anforderungen zum Vorliegen einer systemischen Schwachstelle gleichsam als Voraussetzung für die dem Flüchtling drohende unmenschliche oder erniedrigende Behandlung im Sinne des Art. 3 EMRK nicht (mehr) zu rechtfertigen.
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4.) Soweit der Antragsteller Verfahrensfehler bei der Durchführung des Dublin-Verfahrens geltend macht, hilft dies nicht weiter. Denn diese sind unschädlich und zudem wird die Zuständigkeit selbständig vom erkennenden Gericht überprüft. Der Aufenthalt des Antragstellers in Bulgarien ist durch die sogenannte Eurodac-Datenbank nachgewiesen. Bulgarien erklärte seine Zuständigkeit.
- 34
Auch der Einwand des Antragstellers, er sei nicht gemäß Art. 4 Dublin III-VO über die Anwendung der Dublin III-VO und die in Art. 4 Abs. 1 im Einzelnen aufgeführten Aspekte unterrichtet worden, insbesondere sei ihm das nach Art. 4 Abs. 3 Dublin III-VO vorgeschriebene gemeinsame Merkblatt nicht überreicht worden, führt nicht zum Selbsteintritt der Antragsgegnerin.
- 35
Zu dem Dublin-Verfahren hat das Verwaltungsgericht Schwerin in seinem Beschluss vom 17.03.2015 (3 B 687/15 As, juris) umfassend ausgeführt:
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„…Soweit der Antragsteller darauf hinweist, er sei entgegen Art. 4 VO (EU) 604/2013 (Dublin-III VO) nicht über die Anwendung der Dublin-Verordnung informiert worden, vermag er damit nicht durchzudringen. Zwar entspricht das von der Antragsgegnerin verwendete Merkblatt D1260 über das Dublin-Verfahren nicht dem ausführlicheren Merkblatt, das die EU-Kommission in Anlage X ihrer Durchführungsverordnung (EU) vom 30. Januar 2014 zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 1560/2003 vorgesehen hat. Der wesentliche Inhalt des Dublin-Verfahrens wird dem Antragsteller aber durch das vom Bundesamt verwendete Merkblatt und die weiteren dem Antragsteller gegebenen Informationen ausreichend näher gebracht. Insofern liegt nach Auffassung des Gerichts bereits kein Verfahrensfehler vor. Aus Art. 4 Abs. 3 Dublin-III VO folgt insbesondere nicht, dass das Merkblatt der EU-Kommission zur Unterrichtung im Dublin-Verfahren für die Durchführung des Verfahrens von wesentlicher Bedeutung ist. Deshalb spricht auch einiges dafür, dass nach den allgemeinen, in § 46 des Verwaltungsverfahrensgesetzes (VwVfG) zum Ausdruck kommenden Rechtsgrundsätzen ein diesbezüglicher Verfahrensfehler jedenfalls unbeachtlich wäre. Nach § 46 VwVfG darf ein Verwaltungsakt nicht allein deshalb aufgehoben werden, weil sie unter Verletzung von Verfahrens,- Form oder Zuständigkeitsbestimmungen zustande gekommen ist, wenn offensichtlich eine gleichlautende Entscheidung zu treffen wäre. Anderes folgt im vorliegenden Fall auch nicht aus der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union (EUGH) zum harmless error principle. Danach führen wesentliche Verfahrensfehler (vgl. Art. 263 Abs. 2 Vertrag über die Arbeitweise der Europäischen Union [AEUV]) zur Aufhebung der entsprechenden Verwaltungsentscheidung, wenn sie geeignet sind, sich auf die inhaltliche Entscheidung auszuwirken und deshalb ein Kausalzusammenhang zwischen dem Fehler und der Verwaltungsentscheidung besteht (Vgl. ausführlich zum Verhältnis von §§ 45, 46 VwVfG zu den vom EuGH entwickelten Verfahrensprinzipien, Kahl, VerwArch 95 (2004), 1 (22 ff.) m. umfassenden Nachweisen; ferner Sachs, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 8. Aufl. 2014, § 46 Rn. 85a m. § 45 Rn. 158 ff.; Kopp/Ramsauer, VwVfG, 13. Aufl. 2012, § 46 Rn. 5a je mwN).
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Aus einer fehlenden oder unzureichenden Information zum Verfahren nach der Dublin-III Verordnung kann nicht zwingend geschlossen werden, dass der Fehler für die spätere Entscheidung kausal gewesen ist. Das Informationsrecht nach Art. 4 Dublin-III VO zielt darauf ab, den Antragsteller über seine Rechte zu informieren, damit er diese wahren kann. Der maßgebenden Sachverhalt wird aber erst in der persönlichen Anhörung nach Art. 5 Dublin-III VO bzw. § 25 AsylVfG geklärt, worauf auch Art. 4 Abs. 2 UA 2 Dublin-III VO verweist.
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bb) Ein möglicher Verfahrensfehler hat auch im Übrigen keine Auswirkung auf die Entscheidung des Bundesamtes gehabt. Bei der zu treffenden Entscheidung nach § 27a AsylVfG handelt es sich um eine gebundene Entscheidung. Nach dem Wortlaut dieser Bestimmung („Der Asylantrag ist unzulässig, wenn ein anderer Staat […] zuständig ist.“) hat eine Überstellung in den zuständigen Staat bei Feststellung von dessen Zuständigkeit zwingend zu erfolgen. Dies folgt auch aus Art. 3 Abs. 1 Satz 2 Dublin-III VO, wonach der Asylantrag von einem einzigen Mitgliedstaat geprüft wird, der nach den Kriterien des Kapitels III (Art. 7 ff. Dublin-III VO) als zuständiger Staat bestimmt wird. Nur ausnahmsweise kann der unzuständige Staat in einem zweiten Schritt nach Art. 17 Dublin-III VO die Zuständigkeit an sich ziehen. ...“
- 39
Dem schließt sich das erkennende Gericht an.
- 40
Es besteht auch keine Veranlassung das Verfahren auszusetzen und eine Vorabentscheidung des Europäischen Gerichtshofs gemäß Art. 267 Abs. 1 und 3 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union - EUV - (Konsolidierte Fassung: ABl. EU C 115 vom 09. Mai 2008, S. 47) einzuholen. Diesbezüglich hat das erkennende Gericht bereits im Beschluss vom 23.04.2015 (9 B 160/15 u.v.) ausgeführt:
- 41
„Nach Abs. 1 dieser Bestimmung entscheidet der Gerichtshof der Europäischen Union im Wege der Vorabentscheidung über die Auslegung der Verträge (a) und über die Gültigkeit und Auslegung von Handlungen der Organe, Einrichtungen oder sonstigen Stellen der Union (b). Stellt sich die Frage nach der Auslegung oder Gültigkeit in einem schwebenden Verfahren bei einem erstinstanzlichen Gericht, dessen Entscheidungen selbst nicht mehr mit Rechtsmitteln des innerstaatlichen Rechts angefochten werden können, so ist dieses Gericht gemäß Abs. 3 der zuvor genannten Norm zur Anrufung des Gerichtshofs verpflichtet.
- 42
Das Verwaltungsgericht Magdeburg ist zwar letztinstanzliches Gericht im Sinne von Art. 267 Abs. 3 EUV. Es besteht jedoch im Verfahren vorläufigen Rechtschutzes keine Vorlagepflicht, wenn es – wie hier – jeder Partei unbenommen bleibt, ein Hauptsacheverfahren, in dem die Frage nach der Auslegung der Verträge bzw. der Gültigkeit oder Auslegung einer Unions-Handlung erneut geprüft werden und die den Gegenstand einer Vorlage nach Art. 267 EUV bilden kann, entweder selbst einzuleiten oder dessen Einleitung zu verlangen (vgl. EuGH, Urteile vom 24.05.1977 - 107/76 (Hoffmann-La Roche) -, Slg. 1977, 957 ( 972 f. - Rn. 6 -) und vom 27.10.1982 - 35 und 36/82 (Morson und Jhanjan) -, Slg. 1982, 3723 (3733 f. - Rn. 6 ff. -); BVerfG, Beschluss vom 27.04.2005 - 1 BvR 223/05 -, NVwZ 2005, 1305; Wegener, in: Calliess/Ruffert, EUV/EGV, Kommentar, 3. Auflage, München 2007, Art. 234 EGV Rn. 26 ff.; Pechstein, EU-/EG-Prozessrecht, 3. Auflage, Tübingen 2007, Rn. 840; VG B-Stadt, Beschluss vom 28.09.2010 – 3 L 491/10.A –, Rn. 36, juris ).
- 43
Auch dem schließt sich das Gericht an.
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5.) Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 1 VwGO, 83 b AsylVfG. Der Prozesskostenhilfeantrag ist mangels Erfolgsaussichten abzulehnen (§§ 166 VwGO; 114 ZPO).
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(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).
(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur
- 1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten, - 2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten, - 3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen, - 3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen, - 4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.
(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.
(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.
(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn
- 1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder - 2.
eine Vollstreckung droht.
(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.
(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.
(1) Das Gericht erforscht den Sachverhalt von Amts wegen; die Beteiligten sind dabei heranzuziehen. Es ist an das Vorbringen und an die Beweisanträge der Beteiligten nicht gebunden.
(2) Ein in der mündlichen Verhandlung gestellter Beweisantrag kann nur durch einen Gerichtsbeschluß, der zu begründen ist, abgelehnt werden.
(3) Der Vorsitzende hat darauf hinzuwirken, daß Formfehler beseitigt, unklare Anträge erläutert, sachdienliche Anträge gestellt, ungenügende tatsächliche Angaben ergänzt, ferner alle für die Feststellung und Beurteilung des Sachverhalts wesentlichen Erklärungen abgegeben werden.
(4) Die Beteiligten sollen zur Vorbereitung der mündlichen Verhandlung Schriftsätze einreichen. Hierzu kann sie der Vorsitzende unter Fristsetzung auffordern. Die Schriftsätze sind den Beteiligten von Amts wegen zu übermitteln.
(5) Den Schriftsätzen sind die Urkunden oder elektronischen Dokumente, auf die Bezug genommen wird, in Abschrift ganz oder im Auszug beizufügen. Sind die Urkunden dem Gegner bereits bekannt oder sehr umfangreich, so genügt die genaue Bezeichnung mit dem Anerbieten, Einsicht bei Gericht zu gewähren.
(1) Das Gericht entscheidet nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung. In dem Urteil sind die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind.
(2) Das Urteil darf nur auf Tatsachen und Beweisergebnisse gestützt werden, zu denen die Beteiligten sich äußern konnten.
Die Aufhebung eines Verwaltungsaktes, der nicht nach § 44 nichtig ist, kann nicht allein deshalb beansprucht werden, weil er unter Verletzung von Vorschriften über das Verfahren, die Form oder die örtliche Zuständigkeit zustande gekommen ist, wenn offensichtlich ist, dass die Verletzung die Entscheidung in der Sache nicht beeinflusst hat.
(1) Eine Verletzung von Verfahrens- oder Formvorschriften, die nicht den Verwaltungsakt nach § 44 nichtig macht, ist unbeachtlich, wenn
- 1.
der für den Erlass des Verwaltungsaktes erforderliche Antrag nachträglich gestellt wird; - 2.
die erforderliche Begründung nachträglich gegeben wird; - 3.
die erforderliche Anhörung eines Beteiligten nachgeholt wird; - 4.
der Beschluss eines Ausschusses, dessen Mitwirkung für den Erlass des Verwaltungsaktes erforderlich ist, nachträglich gefasst wird; - 5.
die erforderliche Mitwirkung einer anderen Behörde nachgeholt wird.
(2) Handlungen nach Absatz 1 können bis zum Abschluss der letzten Tatsacheninstanz eines verwaltungsgerichtlichen Verfahrens nachgeholt werden.
(3) Fehlt einem Verwaltungsakt die erforderliche Begründung oder ist die erforderliche Anhörung eines Beteiligten vor Erlass des Verwaltungsaktes unterblieben und ist dadurch die rechtzeitige Anfechtung des Verwaltungsaktes versäumt worden, so gilt die Versäumung der Rechtsbehelfsfrist als nicht verschuldet. Das für die Wiedereinsetzungsfrist nach § 32 Abs. 2 maßgebende Ereignis tritt im Zeitpunkt der Nachholung der unterlassenen Verfahrenshandlung ein.
Die Aufhebung eines Verwaltungsaktes, der nicht nach § 44 nichtig ist, kann nicht allein deshalb beansprucht werden, weil er unter Verletzung von Vorschriften über das Verfahren, die Form oder die örtliche Zuständigkeit zustande gekommen ist, wenn offensichtlich ist, dass die Verletzung die Entscheidung in der Sache nicht beeinflusst hat.
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
(1) Die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Prozesskostenhilfe sowie § 569 Abs. 3 Nr. 2 der Zivilprozessordnung gelten entsprechend. Einem Beteiligten, dem Prozesskostenhilfe bewilligt worden ist, kann auch ein Steuerberater, Steuerbevollmächtigter, Wirtschaftsprüfer oder vereidigter Buchprüfer beigeordnet werden. Die Vergütung richtet sich nach den für den beigeordneten Rechtsanwalt geltenden Vorschriften des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes.
(2) Die Prüfung der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nach den §§ 114 bis 116 der Zivilprozessordnung einschließlich der in § 118 Absatz 2 der Zivilprozessordnung bezeichneten Maßnahmen, der Beurkundung von Vergleichen nach § 118 Absatz 1 Satz 3 der Zivilprozessordnung und der Entscheidungen nach § 118 Absatz 2 Satz 4 der Zivilprozessordnung obliegt dem Urkundsbeamten der Geschäftsstelle des jeweiligen Rechtszugs, wenn der Vorsitzende ihm das Verfahren insoweit überträgt. Liegen die Voraussetzungen für die Bewilligung der Prozesskostenhilfe hiernach nicht vor, erlässt der Urkundsbeamte die den Antrag ablehnende Entscheidung; anderenfalls vermerkt der Urkundsbeamte in den Prozessakten, dass dem Antragsteller nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen Prozesskostenhilfe gewährt werden kann und in welcher Höhe gegebenenfalls Monatsraten oder Beträge aus dem Vermögen zu zahlen sind.
(3) Dem Urkundsbeamten obliegen im Verfahren über die Prozesskostenhilfe ferner die Bestimmung des Zeitpunkts für die Einstellung und eine Wiederaufnahme der Zahlungen nach § 120 Absatz 3 der Zivilprozessordnung sowie die Änderung und die Aufhebung der Bewilligung der Prozesskostenhilfe nach den §§ 120a und 124 Absatz 1 Nummer 2 bis 5 der Zivilprozessordnung.
(4) Der Vorsitzende kann Aufgaben nach den Absätzen 2 und 3 zu jedem Zeitpunkt an sich ziehen. § 5 Absatz 1 Nummer 1, die §§ 6, 7, 8 Absatz 1 bis 4 und § 9 des Rechtspflegergesetzes gelten entsprechend mit der Maßgabe, dass an die Stelle des Rechtspflegers der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle tritt.
(5) § 87a Absatz 3 gilt entsprechend.
(6) Gegen Entscheidungen des Urkundsbeamten nach den Absätzen 2 und 3 kann innerhalb von zwei Wochen nach Bekanntgabe die Entscheidung des Gerichts beantragt werden.
(7) Durch Landesgesetz kann bestimmt werden, dass die Absätze 2 bis 6 für die Gerichte des jeweiligen Landes nicht anzuwenden sind.