Verwaltungsgericht Magdeburg Beschluss, 03. Juli 2017 - 8 B 283/17

ECLI: ECLI:DE:VGMAGDE:2017:0703.8B283.17.0A
published on 03/07/2017 00:00
Verwaltungsgericht Magdeburg Beschluss, 03. Juli 2017 - 8 B 283/17
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Gründe

1

Der Antragsteller wendet sich im vorläufigen Rechtsschutzverfahren gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 07.06.2017, mit welchem der Asylantrag gemäß § 29 Abs. 1 Nr. 1 AsylG wegen der italienischen Zuständigkeit als unzulässig abgelehnt und die Abschiebung nach Italien angeordnet wurde. Der Eilantrag, die aufschiebende Wirkung der Klage gegen die Abschiebungsanordnung anzuordnen, hat Erfolg. Die nach § 80 Abs. 5 VwGO vorzunehmende Interessenabwägung geht zulasten des Bundeamtes aus. Denn der Antragsteller genießt den sog. Minderjährigkeitsschutz und hat nach Art. 8 Abs. 4 Dublin-III-Verordnung einen Anspruch darauf, dass sein Asylverfahren in Deutschland durchgeführt wird. Danach ist derjenige Mitgliedstaat für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig, in dem ein Minderjähriger seinen (wiederholten) Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, sofern sich kein Familienangehöriger, Geschwister oder Verwandter im Sinne von Art. 8 Abs. 1 und 2 Dublin III-Verordnung rechtmäßig in einem Mitgliedstaat aufhält und es dem Wohl des Minderjährigen dient.

2

Diese Voraussetzungen liegen vor. Der Antragsteller ist ein Minderjähriger im Sinne dieser Bestimmung. Minderjähriger ist gemäß Art. 2 Buchstabe i) i.V.m. Art. 7 Abs. 2 Dublin III-Verordnung ein Drittstaatsangehöriger oder Staatenloser, der zu dem Zeitpunkt, zu dem er zum ersten Mal in einem Mitgliedstaat einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, unter 18 Jahre alt war (VG Düsseldorf, Urteil v. 25.11.2016, 12 K 8138/16.A; m. w. Nachw.; juris).

3

Die Bundesrepublik Deutschland ist auch derjenige Mitgliedstaat im Sinne von Art. 8 Abs. 4 Dublin III-Verordnung, in dem der Minderjährige seinen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat. Mitgliedstaat in diesem Sinne ist derjenige, in dem sich der Minderjährige aufhält, nachdem er dort einen (weiteren) Asylantrag gestellt hat (vgl. EuGH, Urteil v. 06.06.2013, C-648/11; OVG Saarland, Urteil v. 09.12.2014, 2 A 313/13; alle juris).

4

Der am 07.02.1999 geborene Antragsteller war zum Zeitpunkt der Antragstellung am 11.01.2017 noch Minderjährig. Es hält sich auch kein Familienangehöriger, Geschwister oder Verwandter des Antragstellers im Sinne von Art. 2 Buchstabe g) und h) Dublin III-Verordnung rechtmäßig in einem Mitgliedstaat auf. Die Durchführung seines Asylverfahrens in der Bundesrepublik Deutschland dient auch dem Wohl des Antragstellers, weil es seinem Klagebegehren entspricht und ihm eine Überstellung in einen anderen Mitgliedstaat erspart bleibt.

5

Erschwerend kommt vorliegend hinzu, dass die Antragsgegnerin die Minderjährigkeit des Antragstellers durchaus erkannt hat und entsprechende Verfahrensschritte und Schutzrechte, wie die Bestellung des Amtsvormundes, eingeräumt hat; dann aber ohne Begründung diesen Weg verlassen, das Dublin-Verfahren eingeleitet und auch auf die gerichtlichen Verfügungen zum substantiierten Vortrag des Antragstellers zur Minderjährigkeit nicht reagiert hat.


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(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a). (2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur 1. bei der

(1) Ein Asylantrag ist unzulässig, wenn1.ein anderer Staata)nach Maßgabe der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 oderb)auf Grund von anderen Rechtsvorschriften der Europäischen Union oder eines völkerrechtlichen Vertragesfür die Durchführung des Asylverfahr
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(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a). (2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur 1. bei der

(1) Ein Asylantrag ist unzulässig, wenn1.ein anderer Staata)nach Maßgabe der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 oderb)auf Grund von anderen Rechtsvorschriften der Europäischen Union oder eines völkerrechtlichen Vertragesfür die Durchführung des Asylverfahr
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published on 09/12/2014 00:00

Tenor Die Berufung wird zurückgewiesen.Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Beklagte; Gerichtskosten werden nicht erhoben.Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar.Die Revision wird zugelassen. Tatbestand Der nach
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Annotations

(1) Ein Asylantrag ist unzulässig, wenn

1.
ein anderer Staat
a)
nach Maßgabe der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 oder
b)
auf Grund von anderen Rechtsvorschriften der Europäischen Union oder eines völkerrechtlichen Vertrages
für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist,
2.
ein anderer Mitgliedstaat der Europäischen Union dem Ausländer bereits internationalen Schutz im Sinne des § 1 Absatz 1 Nummer 2 gewährt hat,
3.
ein Staat, der bereit ist, den Ausländer wieder aufzunehmen, als für den Ausländer sicherer Drittstaat gemäß § 26a betrachtet wird,
4.
ein Staat, der kein Mitgliedstaat der Europäischen Union und bereit ist, den Ausländer wieder aufzunehmen, als sonstiger Drittstaat gemäß § 27 betrachtet wird oder
5.
im Falle eines Folgeantrags nach § 71 oder eines Zweitantrags nach § 71a ein weiteres Asylverfahren nicht durchzuführen ist.

(2) Das Bundesamt hört den Ausländer zu den Gründen nach Absatz 1 Nummer 1 Buchstabe b bis Nummer 4 persönlich an, bevor es über die Zulässigkeit eines Asylantrags entscheidet. Zu den Gründen nach Absatz 1 Nummer 5 gibt es dem Ausländer Gelegenheit zur Stellungnahme nach § 71 Absatz 3.

(3) Erscheint der Ausländer nicht zur Anhörung über die Zulässigkeit, entscheidet das Bundesamt nach Aktenlage. Dies gilt nicht, wenn der Ausländer unverzüglich nachweist, dass das in Satz 1 genannte Versäumnis auf Umstände zurückzuführen war, auf die er keinen Einfluss hatte. Führt der Ausländer diesen Nachweis, ist das Verfahren fortzuführen.

(4) Die Anhörung zur Zulässigkeit des Asylantrags kann gemäß § 24 Absatz 1a dafür geschulten Bediensteten anderer Behörden übertragen werden.

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.